< Return to Video

Das komplexe Wirtschaftssystem des Terrors

  • 0:01 - 0:03
    Ich werde Ihnen demonstrieren, wie eng Terrorismus
  • 0:03 - 0:06
    mit unserem täglichen Leben verbunden ist.
  • 0:06 - 0:10
    Vor 15 Jahren erhielt ich einen Anruf von einem Freund.
  • 0:10 - 0:13
    Damals beschäftigte er sich mit den Rechten politischer Gefangener
  • 0:13 - 0:16
    in italienischen Gefängnissen.
  • 0:16 - 0:20
    Er fragte mich, ob ich Lust hätte, die Roten Brigaden zu interviewen.
  • 0:20 - 0:22
    Nun, wie viele von Ihnen sich vielleicht erinnern,
  • 0:22 - 0:26
    waren die Roten Brigaden eine marxistisch ausgerichtete Terrororganisation,
  • 0:26 - 0:28
    die von den 60ern bis in die Mitte der 80er Jahre
  • 0:28 - 0:32
    in Italien sehr aktiv war.
  • 0:32 - 0:34
    Es war ein Teil der Strategie der Roten Brigaden,
  • 0:34 - 0:38
    niemals mit jemandem zu sprechen, nicht einmal mit ihren Anwälten.
  • 0:38 - 0:42
    Sie saßen ihre Prozesse in völligem Stillschweigen ab,
  • 0:42 - 0:46
    und winkten nur ab und zu Familie und Freunden zu.
  • 0:46 - 0:52
    1993 verkündeten sie das Ende des bewaffneten Kampfes.
  • 0:52 - 0:54
    Und sie stellten eine Liste mit Personen zusammen, mit denen sie sprechen
  • 0:54 - 0:56
    und ihre Geschichte erzählen würden.
  • 0:56 - 0:59
    Und ich war eine dieser Personen.
  • 0:59 - 1:02
    Als ich meinen Freund fragte, warum die Roten Brigaden mit mir sprechen wollten,
  • 1:02 - 1:06
    sagte er, dass die weiblichen Mitglieder der Organisation
  • 1:06 - 1:09
    sich für mich ausgesprochen hätten.
  • 1:09 - 1:12
    Eine Person hatte sich besonders dafür eingesetzt.
  • 1:12 - 1:15
    Sie war meine Kindheitsfreundin.
  • 1:15 - 1:17
    Sie war den Roten Brigaden beigetreten
  • 1:17 - 1:20
    und eine führende Persönlichkeit innerhalb der Organisation geworden.
  • 1:20 - 1:22
    Natürlich hatte ich davon keine Ahnung,
  • 1:22 - 1:24
    bis zu dem Tag, an dem sie verhaftet wurde.
  • 1:24 - 1:28
    Genau genommen habe ich es in der Zeitung gelesen.
  • 1:28 - 1:30
    Als ich den Anruf erhielt,
  • 1:30 - 1:32
    hatte ich gerade ein Kind bekommen,
  • 1:32 - 1:34
    und erfolgreich eine Übernahme
  • 1:34 - 1:37
    für das Unternehmen durchgeführt, für das ich arbeitete,
  • 1:37 - 1:40
    und das Letzte, was ich wollte, war nach Hause zurückzugehen
  • 1:40 - 1:43
    und mich durch die Hochsicherheitsgefängnisse zu arbeiten.
  • 1:43 - 1:46
    Dennoch war es genau das, was ich tat,
  • 1:46 - 1:48
    weil ich wissen wollte,
  • 1:48 - 1:50
    wie aus meiner besten Freundin
  • 1:50 - 1:52
    eine Terroristin geworden war,
  • 1:52 - 1:56
    und warum sie niemals versucht hatte, mich zu rekrutieren.
  • 1:56 - 1:58
    (Gelächter)
  • 1:58 - 2:01
    (Applaus)
  • 2:01 - 2:06
    Genau das habe ich also getan.
  • 2:06 - 2:10
    Nun, die Antwort habe ich ziemlich schnell gefunden.
  • 2:10 - 2:12
    Ich war schlicht und ergreifend durchgefallen,
  • 2:12 - 2:15
    weil ich mich aufgrund meines psychologisches Profil nicht zur Terroristin eignete.
  • 2:15 - 2:17
    Das Zentralkomitee der Roten Brigaden
  • 2:17 - 2:19
    hatte befunden, dass ich zu festgelegt sei
  • 2:19 - 2:23
    in meinen Ansichten, um eine gute Terroristin zu werden.
  • 2:23 - 2:26
    Meine Freundin dagegen war eine gute Terroristin,
  • 2:26 - 2:29
    weil sie sehr gut darin war, Befehle zu befolgen.
  • 2:29 - 2:32
    Sie war außerdem bereit, Gewalt anzuwenden.
  • 2:32 - 2:34
    Sie glaubte nämlich, dass dies der einzige Weg sei,
  • 2:34 - 2:37
    um das, was damals als blockierte Demokratie bezeichnet wurde,
  • 2:37 - 2:39
    zu befreien.
  • 2:39 - 2:43
    In Italien, einem Land, das seit 35 Jahren von derselben Partei geführt wurde,
  • 2:43 - 2:47
    wurde der bewaffnete Kampf geführt.
  • 2:47 - 2:50
    Zu der Zeit, als ich die Roten Brigaden interviewte,
  • 2:50 - 2:53
    entdeckte ich außerdem, dass deren Leben nicht
  • 2:53 - 2:56
    von Ideologie und Politik bestimmt war,
  • 2:56 - 2:59
    sondern von wirtschaftlichen Zwängen.
  • 2:59 - 3:02
    Sie waren dauernd knapp bei Kasse.
  • 3:02 - 3:05
    Sie waren dauernd auf der Suche nach Geld.
  • 3:05 - 3:07
    Obwohl viele Leute sich das nicht vorstellen können,
  • 3:07 - 3:11
    ist Terrorismus nämlich ein äußerst kostspieliges Geschäft.
  • 3:11 - 3:13
    Lassen Sie mich Ihnen ein Beispiel geben.
  • 3:13 - 3:18
    In den 1970ern betrug der Umsatz der Roten Brigaden
  • 3:18 - 3:20
    jährlich
  • 3:20 - 3:22
    sieben Millionen Dollar.
  • 3:22 - 3:24
    Das sind in etwa zwischen 100
  • 3:24 - 3:26
    und 150 Millionen heutzutage.
  • 3:26 - 3:29
    Wissen Sie, wenn man im Untergrund agiert,
  • 3:29 - 3:34
    ist es ziemlich schwierig, eine solche Summe aufzubringen.
  • 3:34 - 3:38
    Aber das erklärt auch, warum in meinen Interviews mit den Roten Brigaden
  • 3:38 - 3:41
    und in späteren Interviews mit anderen militanten Organisationen,
  • 3:41 - 3:46
    unter anderem Mitgliedern der al-Zarqawi-Gruppe im Nahen Osten,
  • 3:46 - 3:49
    alle nur sehr zögerlich
  • 3:49 - 3:52
    über Ideologie oder Politik sprachen.
  • 3:52 - 3:54
    Weil sie keine Ahnung davon hatten.
  • 3:54 - 3:58
    Die politische Einstellung einer Terrororganisation
  • 3:58 - 4:01
    wird von deren Führung festgelegt,
  • 4:01 - 4:04
    die im Normalfall nie mehr als fünf bis sieben Personen umfasst.
  • 4:04 - 4:07
    Alles, womit die anderen tagein, tagaus, beschäftigt sind,
  • 4:07 - 4:09
    ist die Suche nach Geld.
  • 4:09 - 4:11
    Einmal führte ich zum Beispiel ein Interview
  • 4:11 - 4:14
    mit diesem Teilzeitbeschäftigten der Roten Brigaden.
  • 4:14 - 4:16
    Er war ein Psychiater und segelte für sein Leben gern.
  • 4:16 - 4:20
    Er war wirklich ein leidenschaftlicher Segler. Und er besaß ein wunderschönes Boot.
  • 4:20 - 4:22
    Und er erzählte mir, dass die beste Zeit seines Lebens war,
  • 4:22 - 4:25
    als er ein Mitglied der Roten Brigaden war
  • 4:25 - 4:27
    und jeden Sommer hin- und hersegelte, und zwar zwischen
  • 4:27 - 4:29
    dem Libanon, wo er
  • 4:29 - 4:31
    sowjetische Waffen bei der PLO abholte
  • 4:31 - 4:34
    um sie dann den ganzen Weg nach Syrien zu schippern,
  • 4:34 - 4:37
    wo die anderen militanten Organisationen Europas hingingen,
  • 4:37 - 4:40
    um ihren Anteil an den Waffen abzuholen.
  • 4:40 - 4:44
    Für diesen Dienst erhielten die Roten Brigaden eine Vergütung,
  • 4:44 - 4:47
    die zur Finanzierung ihrer Organisation verwendet wurde.
  • 4:47 - 4:50
    Und da ich ausgebildete Wirtschaftswissenschaftlerin bin
  • 4:50 - 4:52
    und in ökonomischen Kategorien denke,
  • 4:52 - 4:54
    dachte ich plötzlich,
  • 4:54 - 4:56
    vielleicht gibt es hier etwas.
  • 4:56 - 4:58
    Vielleicht gibt es eine Verbindung, eine wirtschaftliche Verbindung,
  • 4:58 - 5:02
    zwischen den verschiedenen Organisationen.
  • 5:02 - 5:05
    Aber erst als ich ein Interview mit
  • 5:05 - 5:09
    Mario Moretti, dem Chef der Roten Brigaden, führte,
  • 5:09 - 5:12
    dem Mann, der Aldo Moro, den ehemaligen italienischen Premierminister,
  • 5:12 - 5:15
    entführt und umgebracht hat,
  • 5:15 - 5:17
    da erst habe ich endlich begriffen,
  • 5:17 - 5:20
    dass der Terrorismus nichts anderes ist als Business.
  • 5:20 - 5:22
    Ich saß mit ihm beim Mittagessen
  • 5:22 - 5:24
    in einem Hochsicherheitsgefängnis in Italien.
  • 5:24 - 5:27
    Und während des Essens
  • 5:27 - 5:29
    hatte ich das Gefühl, wieder in London
  • 5:29 - 5:32
    zu sein, beim Mittagessen mit einem Kollegen
  • 5:32 - 5:36
    aus der Bank oder einem Wirtschaftswissenschaftler.
  • 5:36 - 5:40
    Dieser Typ dachte genau wie ich.
  • 5:40 - 5:46
    Also beschloss ich, die Ökonomie des Terrors zu untersuchen.
  • 5:46 - 5:50
    Natürlich wollte niemand mein Projekt finanzieren.
  • 5:50 - 5:52
    Ich glaube, viele Leute hielten mich sogar für ein bißchen übergeschnappt.
  • 5:52 - 5:55
    Sie wissen schon, die Frau, die bei Stiftungen aufkreuzt
  • 5:55 - 5:59
    und nach Geld fragt, um über das Wirtschaftssystem des Terrors nachzudenken.
  • 5:59 - 6:02
    Schließlich traf ich eine Entscheidung,
  • 6:02 - 6:05
    die, wenn ich es mir heute so überlege, mein Leben veränderte.
  • 6:05 - 6:07
    Ich verkaufte mein Unternehmen
  • 6:07 - 6:10
    und finanzierte meine Untersuchung selber.
  • 6:10 - 6:12
    Und was ich dabei aufdeckte,
  • 6:12 - 6:14
    war eine Parallelwelt,
  • 6:14 - 6:18
    ein weiteres internationales Wirtschaftssystem,
  • 6:18 - 6:21
    das parallel zu unserem eigenen existiert
  • 6:21 - 6:23
    und das seit dem Zweiten Weltkrieg
  • 6:23 - 6:25
    von Terrororganisationen unterhalten wird.
  • 6:25 - 6:27
    Und was noch schockierender ist,
  • 6:27 - 6:31
    ist, dass dieses System
  • 6:31 - 6:34
    Schritt für Schritt der Entwicklung gefolgt ist,
  • 6:34 - 6:36
    die unser eigenes System machte,
  • 6:36 - 6:38
    das System des westlichen Kapitalismus.
  • 6:38 - 6:41
    Es gibt drei große Etappen in dieser Entwicklung.
  • 6:41 - 6:44
    Die erste ist die Finanzierung von Terror durch den Staat.
  • 6:44 - 6:47
    Die zweite ist die Privatisierung des Terrorismus.
  • 6:47 - 6:51
    Und die dritte ist natürlich die Globalisierung des Terrorismus.
  • 6:51 - 6:54
    Staatliche Finanzierung von Terrorismus
  • 6:54 - 6:56
    war ein Merkmal des Kalten Krieges.
  • 6:56 - 6:58
    Das passierte, als zwei Supermächte
  • 6:58 - 7:00
    einen Krieg aus der Entfernung führten,
  • 7:00 - 7:03
    sozusagen an den Grenzen ihres Machtbereichs
  • 7:03 - 7:06
    und dabei bewaffnete Organisationen finanzierten.
  • 7:06 - 7:09
    Man bediente sich sowohl legaler als auch illegaler Methoden.
  • 7:09 - 7:12
    Das heißt, dass die Verbindung zwischen Kriminalität und Terror
  • 7:12 - 7:15
    schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt hergestellt wurde.
  • 7:15 - 7:17
    Hier ist das beste Beispiel dafür.
  • 7:17 - 7:20
    Die Contras in Nikaragua wurden vom CIA gegründet,
  • 7:20 - 7:23
    wurden auf legalem Wege vom US-Kongress finanziert
  • 7:23 - 7:26
    und auf illegalem Wege von der Regierung unter Reagan,
  • 7:26 - 7:32
    und zwar durch verdeckte Operationen, etwa die Iran-Contra Affäre.
  • 7:32 - 7:35
    Dann kamen die späten 70er und frühen 80er
  • 7:35 - 7:38
    und einige Gruppen führten erfolgreich
  • 7:38 - 7:40
    die Privatisierung des Terrors durch.
  • 7:40 - 7:43
    Sie wurden unabhängig von Geldgebern
  • 7:43 - 7:47
    und begannen, sich selbst zu finanzieren.
  • 7:47 - 7:52
    Das führte wieder zu einer Kombination aus legalen und illegalen Aktivitäten.
  • 7:52 - 7:55
    So erhielt zum Beispiel Arafat einen Anteil
  • 7:55 - 7:58
    vom Haschischschmuggel
  • 7:58 - 8:02
    im Bekaa-Tal, einem Tal zwischen dem Libanon und Syrien.
  • 8:02 - 8:06
    Mit der IRA, die die privaten Transportsysteme
  • 8:06 - 8:09
    in Nordirland kontrolliert, war es genau dasselbe.
  • 8:09 - 8:11
    Jedes Mal,
  • 8:11 - 8:14
    wenn jemand in Belfast in ein Taxi einstieg,
  • 8:14 - 8:16
    wurde ohne dessen Wissen
  • 8:16 - 8:19
    die IRA finanziert.
  • 8:19 - 8:21
    Diese Dinge veränderten sich naürlich gewaltig
  • 8:21 - 8:24
    mit der Globalisierung und Liberalisierung.
  • 8:24 - 8:27
    Nun waren militante Organisationen in der Lage,
  • 8:27 - 8:29
    sich untereinander zu vernetzten, auch in finanzieller Hinsicht.
  • 8:29 - 8:31
    Aber vor allem stiegen sie in ernsthafte Geschäftsbeziehungen
  • 8:31 - 8:34
    mit dem organisierten Verbrechen ein.
  • 8:34 - 8:36
    Und gemeinsam wickelten sie ihre schmutzigen Geschäfte
  • 8:36 - 8:40
    durch dieselben Geldwäschekanäle ab.
  • 8:40 - 8:43
    Das ist die Geburtsstunde der internationalen
  • 8:43 - 8:46
    Terrororganisation Al Qaida.
  • 8:46 - 8:49
    Diese Organisation kann über Grenzen hinweg Geld beschaffen.
  • 8:49 - 8:52
    Aber sie ist außerdem in der Lage, Anschläge
  • 8:52 - 8:55
    in mehr als einem Land auszuführen.
  • 8:55 - 8:58
    Nun brachte die Liberalisierung
  • 8:58 - 9:00
    auch die Schurkenwirtschaft zurück.
  • 9:00 - 9:02
    Was ist Schurkenwirtschaft?
  • 9:02 - 9:04
    Schurkenwirtschaft ist ein Phänomen, das ständig
  • 9:04 - 9:08
    im Verlauf der Geschichte irgendwo im Hintergrund lauert.
  • 9:08 - 9:11
    In Zeiten großer Umwälzungen kommt es immer wieder zum Vorschein,
  • 9:11 - 9:14
    und Globalisierung ist eine dieser Umwälzungen.
  • 9:14 - 9:17
    In solchen Zeiten
  • 9:17 - 9:20
    verliert die Politik die Kontrolle über die Wirtschaft
  • 9:20 - 9:23
    und die Wirtschaft entwickelt sich zu einer brutalen Gewalt,
  • 9:23 - 9:25
    die gegen uns arbeitet.
  • 9:25 - 9:26
    Das passiert nicht zum ersten Mal in der Geschichte.
  • 9:26 - 9:30
    Es passierte, als das Römische Reich zusammenbrach.
  • 9:30 - 9:32
    Es passierte, als die Industrielle Revolution ausbrach.
  • 9:32 - 9:37
    Und es passierte wieder, als die Berliner Mauer fiel.
  • 9:37 - 9:42
    Nun, ich habe ausgerechnet, wie groß dieses internationale
  • 9:42 - 9:44
    Wirtschaftssystem aus Kriminalität,
  • 9:44 - 9:47
    Terror und illegalen Wirtschaftsaktivitäten
  • 9:47 - 9:49
    vor dem 11. September war.
  • 9:49 - 9:54
    Und es war die schwindelerregende Summe von 1,5 Billionen Dollar.
  • 9:54 - 9:56
    Nicht Milliarden, sondern Billionen.
  • 9:56 - 9:59
    Das ist ungefähr das Doppelte des Bruttoinlandsprodukts des Vereinigten Königreiches,
  • 9:59 - 10:01
    und wird bald noch mehr sein als das,
  • 10:01 - 10:03
    wenn man sich anschaut, wo dieses Land hinsteuert.
  • 10:03 - 10:06
    (Gelächter)
  • 10:06 - 10:08
    Nun, bis zum 11. September
  • 10:08 - 10:10
    floss der Großteil dieser Summe
  • 10:10 - 10:12
    in die US-Wirtschaft,
  • 10:12 - 10:16
    weil der Großteil des Geldes in US-Dollar angegeben war
  • 10:16 - 10:19
    und die Geldwäsche
  • 10:19 - 10:21
    innerhalb der Vereinigten Staaten stattfand.
  • 10:21 - 10:24
    Die Stelle, an der das meiste Geld ins Land kam,
  • 10:24 - 10:26
    waren Unternehmen außerhalb des Landes.
  • 10:26 - 10:30
    Es handelte sich also um eine wichtige Geldspritze
  • 10:30 - 10:33
    für die US-Wirtschaft.
  • 10:33 - 10:38
    Dann schaute ich mir das Geldvolumen der USA näher an,
  • 10:38 - 10:40
    und dieses Geldvolumen der USA ist genau die Menge
  • 10:40 - 10:43
    an Dollar, die die US-Notenbank
  • 10:43 - 10:45
    jedes Jahr druckt,
  • 10:45 - 10:47
    um die steigende Nachfrage nach Geld
  • 10:47 - 10:50
    zu befriedigen,
  • 10:50 - 10:52
    was natürlich das Wachstum
  • 10:52 - 10:54
    der Wirtschaft widerspiegelt.
  • 10:54 - 10:58
    Als ich mir die Zahlen näher ansah, stellte ich fest, dass seit den späten 1960er Jahren
  • 10:58 - 11:02
    ein ständig wachsender Dollar-Betrag
  • 11:02 - 11:04
    die Vereinigten Staaten
  • 11:04 - 11:07
    auf Nimmerwiedersehen verließ.
  • 11:07 - 11:09
    Dieses Geld wurde
  • 11:09 - 11:13
    in Koffern und Containern hinausgeschafft - in bar, versteht sich.
  • 11:13 - 11:16
    Es war Geld, das von Kriminellen und Geldwäschern außer Landes geschafft wurde.
  • 11:16 - 11:19
    Es war Geld, das hinausgeschafft wurde
  • 11:19 - 11:21
    um die Ausweitung des Terrors
  • 11:21 - 11:25
    und illegale, kriminelle Wirtschaft zu finanzieren.
  • 11:25 - 11:29
    Also, erkennen Sie den Zusammenhang?
  • 11:29 - 11:33
    Die Währung der USA
  • 11:33 - 11:37
    ist die Leitwährung der Welt.
  • 11:37 - 11:39
    Was bedeutet das? Es bedeutet, dass
  • 11:39 - 11:42
    die USA Vorteile genießen, die andere Länder nicht haben.
  • 11:42 - 11:46
    Die USA können sich Geld im Gesamtwert aller US-Dollar leihen,
  • 11:46 - 11:48
    die weltweit in Umlauf sind.
  • 11:48 - 11:51
    Dieses Privileg nennt man Seigniorage.
  • 11:51 - 11:54
    Es gibt kein anderes Land, das das tun kann.
  • 11:54 - 11:56
    Alle anderen Länder, zum Beispiel Großbritannien,
  • 11:56 - 12:00
    können sich nur soviel Geld leihen,
  • 12:00 - 12:04
    wie innerhalb ihrer eigenen Grenzen in Umlauf ist.
  • 12:04 - 12:06
    Und damit haben Sie die Verbindung
  • 12:06 - 12:11
    zwischen organisierter Kriminalität, Terror, illegaler Wirtschaft, und unserer Volkswirtschaft.
  • 12:11 - 12:14
    In den 1990ern liehen sich die Vereinigten Staaten
  • 12:14 - 12:16
    Geld im Wert
  • 12:16 - 12:20
    dieses Terrors und der illegalen, kriminellen Wirtschaft.
  • 12:20 - 12:25
    Sie sehen, in welcher Näher zu dieser Parallelwelt wir uns befinden.
  • 12:25 - 12:27
    Die Situation änderte sich natürlich nach dem 11. September,
  • 12:27 - 12:30
    als George Bush den Krieg gegen den Terror ausrief.
  • 12:30 - 12:32
    Teil des Krieges gegen den Terror
  • 12:32 - 12:35
    war die Verabschiedung des PATRIOT Acts.
  • 12:35 - 12:37
    Viele unter Ihnen wissen, dass es sich bei dem PATRIOT Act
  • 12:37 - 12:40
    um ein Gesetz handelt, das
  • 12:40 - 12:43
    die Freiheitsrechte der Amerikaner einschränkt, um sie
  • 12:43 - 12:45
    vor Terrorismus zu schützen.
  • 12:45 - 12:47
    Aber es gibt einen Absatz im PATRIOT Act,
  • 12:47 - 12:49
    der sich speziell auf das Finanzwesen bezieht.
  • 12:49 - 12:53
    Genau genommen handelt es sich dabei um ein Gesetz gegen Geldwäsche.
  • 12:53 - 12:55
    Der PATRIOT Act untersagte
  • 12:55 - 12:57
    amerikanischen Banken
  • 12:57 - 12:59
    und Banken, die in den USA registriert waren,
  • 12:59 - 13:03
    Geschäfte mit Unternehmen außerhalb des Landes.
  • 13:03 - 13:06
    Das schob einen Riegel zwischen die Geldwäsche
  • 13:06 - 13:09
    in US-Dollar und die US-Wirtschaft.
  • 13:09 - 13:14
    Außerdem gab es den Finanzaufsichtsbehörden in den USA
  • 13:14 - 13:17
    das Recht, alle Transaktionen weltweit zu überwachen,
  • 13:17 - 13:21
    die in Dollar getätigt wurden.
  • 13:21 - 13:23
    Sie können sich vorstellen, wie die internationale
  • 13:23 - 13:25
    Finanzwelt darauf reagierte.
  • 13:25 - 13:28
    Alle Bankberater sagten zu ihren Kunden:
  • 13:28 - 13:31
    "Sie sollten sofort aus dem Dollar-Geschäft aussteigen und woanders investieren."
  • 13:31 - 13:34
    Der Euro war damals eine sehr junge Währung
  • 13:34 - 13:38
    und bot gute Geschäftsbedingungen, natürlich auch für Investoren.
  • 13:38 - 13:40
    Also investierten die Leute in den Euro.
  • 13:40 - 13:42
    Niemand möchte, dass die US-Finanzaufsicht
  • 13:42 - 13:44
    seine Verhältnisse kontrolliert
  • 13:44 - 13:48
    und seine Geschäftsbeziehungen mit Kunden überwacht.
  • 13:48 - 13:50
    Natürlich spielte sich das gleiche Szenario
  • 13:50 - 13:54
    in der Welt der Kriminalität und des Terrors ab.
  • 13:54 - 13:59
    Man verlegte schlicht und einfach die Geldwäsche-Aktivitäten
  • 13:59 - 14:02
    von den Vereinigten Staaten
  • 14:02 - 14:05
    nach Europa.
  • 14:05 - 14:07
    Warum das passierte? Es passierte, weil
  • 14:07 - 14:10
    der PATRIOT Act ein unilaterales Gesetz ist.
  • 14:10 - 14:12
    Es wurde nur in den USA verabschiedet.
  • 14:12 - 14:15
    Und es bezog sich ausschließlich auf US-Dollar.
  • 14:15 - 14:17
    In Europa wurde kein vergleichbares Gesetz
  • 14:17 - 14:19
    verabschiedet.
  • 14:19 - 14:21
    Und so wurde Europa innerhalb von sechs Monaten
  • 14:21 - 14:23
    zum Epizentrum
  • 14:23 - 14:26
    der Geldwäsche-Aktivitäten
  • 14:26 - 14:29
    der Welt.
  • 14:29 - 14:33
    Also, das ist das unglaubliche Beziehungsgeflecht
  • 14:33 - 14:35
    zwischen der Welt des organisierten Verbrechens
  • 14:35 - 14:37
    und der Welt des Terrors
  • 14:37 - 14:40
    und unserem eigenen Leben.
  • 14:40 - 14:42
    Warum ich Ihnen diese Geschichte erzählt habe?
  • 14:42 - 14:44
    Ich habe Ihnen diese Geschichte erzählt, damit Sie
  • 14:44 - 14:47
    verstehen, dass es eine Welt gibt,
  • 14:47 - 14:51
    die weit über die Schlagzeilen der Zeitungen hinausgeht,
  • 14:51 - 14:53
    und das gilt auch für Ihre persönlichen Beziehungen
  • 14:53 - 14:56
    mit Ihren Freunden und Ihrer Familie.
  • 14:56 - 14:59
    Sie müssen alles hinterfragen, was man Ihnen erzählt,
  • 14:59 - 15:01
    auch das, was ich Ihnen heute gerade erzählt habe.
  • 15:01 - 15:03
    (Gelächter)
  • 15:03 - 15:05
    Das ist die einzige Möglichkeit, wie Sie sich
  • 15:05 - 15:08
    auf die dunkle Seite begeben und einen Blick darauf werfen können.
  • 15:08 - 15:10
    Und glauben Sie mir,
  • 15:10 - 15:12
    es wird Sie erschrecken.
  • 15:12 - 15:15
    Es wird Sie schockieren, aber es wird Ihnen auch ein Licht aufgehen.
  • 15:15 - 15:18
    Und vor allem: es wird Sie nicht langweilen.
  • 15:18 - 15:20
    (Gelächter)
  • 15:20 - 15:24
    (Applaus)
Title:
Das komplexe Wirtschaftssystem des Terrors
Speaker:
Loretta Napoleoni
Description:

Loretta Napoleoni erzählt, wie sie die seltene Gelegenheit bekam, die verschwiegene italienische Organisation der Roten Brigaden zu interviewen - eine Erfahrung, die ein lebenslanges Interesse am Phänomen des Terrors auslöste. Sie gibt einen Einblick hinter die Kulissen des komplexen ökonomischen Systems des Terrors und zeigt dabei eine verblüffende Verbindung zwischen Geldwäsche und dem PATRIOT Act der USA auf.

more » « less
Video Language:
English
Team:
closed TED
Project:
TEDTalks
Duration:
15:24
Janina Ziesche added a translation

German subtitles

Revisions