Elizabeth Pisani: Sex, Drogen und HIV -- gehen wir rational heran
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0:01 - 0:03"Leute machen dumme Sachen.
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0:03 - 0:05So wird HIV verbreitet."
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0:05 - 0:07Das war eine Schlagzeile in einer britischen Zeitung,
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0:07 - 0:09dem Guardian, vor nicht allzu langer Zeit.
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0:09 - 0:12Ich bin neugierig -- Handzeichen -- wer stimmt dem zu?
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0:14 - 0:16Nun, ein oder zwei tapfere Seelen.
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0:16 - 0:19Das ist tatsächlich ein direktes Zitat einer Epidemiologin,
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0:19 - 0:21die 15 Jahre lang auf dem Gebiet HIV
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0:21 - 0:23auf vier Kontinenten gearbeitet hat,
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0:23 - 0:25und sie steht vor Ihnen.
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0:25 - 0:27Und ich werde nun argumentieren,
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0:27 - 0:29dass das nur halb stimmt.
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0:29 - 0:32Leute bekommen HIV, weil sie dumme Sachen machen,
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0:32 - 0:34aber die meisten von ihnen machen dumme Sachen
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0:34 - 0:37aus absolut rationalen Gründen.
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0:37 - 0:40Nun, "rational" ist das vorherrschende Paradigma
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0:40 - 0:42im Gesundheitswesen.
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0:42 - 0:45Und wenn man seine Gesundheitswesen-Fanatiker-Brille aufsetzt
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0:45 - 0:48sieht man, dass wenn wir Leuten die nötigen Informationen darüber
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0:48 - 0:50geben, was gut für sie ist und was schlecht für sie ist,
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0:50 - 0:52wenn man ihnen die Dienstleistungen gibt,
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0:52 - 0:54die sie nutzen können, um nach diesen Informationen zu handeln,
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0:54 - 0:56ein kleines bisschen Motivation,
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0:56 - 0:58werden Leute rationale Entscheidungen treffen
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0:58 - 1:00und lange und gesund leben.
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1:00 - 1:02Wunderbar.
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1:02 - 1:05Etwas problematisch für mich, weil ich auf dem Gebiet des HIV arbeite,
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1:05 - 1:07und obwohl ich mir sicher bin, dass Sie alle wissen,
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1:07 - 1:10dass es bei HIV um Armut und Ungleichheit der Geschlechter geht,
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1:10 - 1:12und wenn Sie bei TED '07 waren,
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1:12 - 1:14dass es um Kaffeepreise geht,
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1:14 - 1:17geht es bei HIV tatsächlich um Sex und Drogen.
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1:17 - 1:19Und wenn es zwei Dinge gibt, die
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1:19 - 1:21menschliche Wesen ein klein wenig irrational machen
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1:21 - 1:24sind das Erektionen und Abhängigkeit.
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1:24 - 1:26(Gelächter)
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1:26 - 1:29Fangen wir also damit an, was für einen Abhängigen rational ist.
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1:29 - 1:32Nun, ich erinnere mich an ein Gespräch mit einem indonesischen Freund, Frankie.
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1:32 - 1:34Wir saßen beim Mittagessen und er erzählte mir davon,
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1:34 - 1:37wie er im Gefängnis in Bali war, weil er sich Drogen gespritzt hatte.
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1:37 - 1:39Und jemand hatte Geburtstag, und sie hatten freundlicherweise
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1:39 - 1:41etwas Heroin in das Gefängnis geschmuggelt,
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1:41 - 1:44und er teilte das sehr großzügig
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1:44 - 1:46mit all seinen Kollegen.
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1:46 - 1:48Und so bildeten alle eine Reihe,
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1:48 - 1:50all die Heroinabhängigen in einer Reihe.
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1:50 - 1:52Und der Typ, der Geburtstag hatte
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1:52 - 1:55zog die Nadel auf
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1:55 - 1:57und ging hin und fing an, Leute zu spritzen.
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1:57 - 1:59Er spritzt also den ersten Typ,
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1:59 - 2:02dann wischt er die Nadel an seinem Hemd ab
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2:02 - 2:04und er spritzt den zweiten Typ.
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2:04 - 2:08Und Frankie sagte: "Ich bin als 22. an der Reihe,
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2:08 - 2:11und ich sehe die Nadel auf mich zukommen,
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2:11 - 2:13und da ist überall Blut.
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2:13 - 2:15Sie wird immer stumpfer.
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2:15 - 2:18Und ein kleiner Teil von mir denkt:
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2:18 - 2:20'Das ist so ekelhaft
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2:20 - 2:22und wirklich gefährlich',
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2:22 - 2:24aber der größte Teil von mir denkt:
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2:24 - 2:26'Bitte lass da noch Heroin übrig sein,
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2:26 - 2:28wenn sie zu mir kommt.
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2:28 - 2:30Bitte lass da noch was übrig sein.' "
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2:30 - 2:32Und dann, wie er mir diese Geschichte erzählt,
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2:32 - 2:34sagt Frankie:
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2:34 - 2:36"Weißt du, Drogen
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2:36 - 2:39machen einen weiß Gott wirklich dumm."
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2:40 - 2:43Und wissen Sie, man kann ihm seine Richtigkeit nicht vorwerfen,
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2:43 - 2:46aber tatsächlich war Frankie zu diesem Zeitpunkt
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2:46 - 2:48ein Heroinabhängiger, und er war im Gefängnis.
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2:48 - 2:50Seine Wahl war also, entweder
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2:50 - 2:53diese schmutzige Nadel anzunehmen oder nicht high zu werden.
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2:53 - 2:55Und wenn es nur einen Ort gibt, an dem man wirklich high werden will,
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2:55 - 2:57ist das im Gefängnis.
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2:57 - 2:59Ich bin aber nun Wissenschaftlerin,
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2:59 - 3:01und ich mache nicht gerne Daten aus Anekdoten,
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3:01 - 3:03schauen wir uns also ein paar Daten an.
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3:03 - 3:06Wir sprachen mit 600 Drogenabhängigen
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3:06 - 3:08in drei Städten in Indonesien
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3:08 - 3:10und wir sagten: "Na, wissen Sie, wie Sie HIV bekommen?"
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3:10 - 3:12"O ja. Durch das Teilen von Nadeln."
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3:12 - 3:15Ich meine, fast 100 Prozent. Ja, durch das Teilen von Nadeln.
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3:15 - 3:17Und: "Wissen Sie, wo Sie eine saubere bezahlbare Nadel
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3:17 - 3:19bekommen können, um das zu verhindern?"
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3:19 - 3:21"O ja." 100 Prozent.
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3:21 - 3:23"Wir sind Junkies; wir wissen, wo wir saubere Nadeln bekommen können."
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3:23 - 3:25"Haben Sie also eine Nadel dabei?"
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3:25 - 3:27Wir befragten tatsächlich Leute auf der Straße,
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3:27 - 3:29an den Orten, wo sie sich aufhalten und Drogen nehmen.
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3:29 - 3:31"Haben Sie saubere Nadeln dabei?"
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3:31 - 3:34Einer von vier, maximal.
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3:34 - 3:36Keine Überraschung also, dass der Anteil,
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3:36 - 3:38der tatsächlich saubere Nadeln bei jeder Injektion
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3:38 - 3:40in der letzten Woche benutzt hatte,
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3:40 - 3:43nur ungefähr einer von 10 war,
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3:43 - 3:46und die anderen neun von 10 haben geteilt.
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3:46 - 3:48Man hat also diese gewaltige Diskrepanz.
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3:48 - 3:50Jeder weiß, dass er,
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3:50 - 3:52wenn er teilt, HIV bekommen wird,
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3:52 - 3:54aber sie teilen alle trotzdem.
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3:54 - 3:57Worum geht es da? Bekommt man einen besseren Rausch, wenn man teilt oder so?
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3:57 - 4:00Wir haben das einen Junkie gefragt und der so: "Spinnst du?
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4:00 - 4:02Du willst eine Nadel genau so wenig teilen wie du eine
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4:02 - 4:05Zahnbürste teilen willst, selbst mit jemandem, mit dem du schläfst.
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4:05 - 4:07Da ist einfach eine Art Igitt-Faktor vorhanden.
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4:07 - 4:10Nein nein. Wir teilen Nadeln, weil wir nicht ins Gefängnis kommen wollen."
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4:11 - 4:14Wenn man also zu dieser Zeit in Indonesien
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4:14 - 4:17eine Nadel dabei hatte, und die Polizei einen verhaftete,
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4:17 - 4:19konnten sie einen ins Gefängnis schicken.
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4:19 - 4:21Und das ändert die Rechnung ein wenig, nicht wahr.
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4:21 - 4:24Denn Ihre Wahl ist nun, entweder
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4:24 - 4:28benutzte ich jetzt meine eigene Nadel,
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4:28 - 4:30oder ich teile jetzt eine Nadel
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4:30 - 4:32und bekomme eine Krankheit, die mich
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4:32 - 4:34vielleicht in 10 Jahren umbringt,
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4:34 - 4:37oder ich könnte jetzt meine eigene Nadel benutzen
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4:37 - 4:40und morgen ins Gefängnis kommen.
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4:40 - 4:42Und obwohl Junkies glauben,
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4:42 - 4:45dass es eine ganz schlechte Idee ist, sich HIV auszusetzen,
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4:45 - 4:47glauben sie, dass es eine noch viel schlechtere Idee ist,
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4:47 - 4:49das nächste Jahr im Gefängnis zu verbringen,
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4:49 - 4:51wo sie sich wahrscheinlich in Frankies Lage wiederfinden
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4:51 - 4:54und sich trotzdem HIV aussetzen werden.
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4:54 - 4:56Plötzlich wird es also absolut rational,
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4:56 - 4:58Nadeln zu teilen.
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4:58 - 5:00Schauen wir uns das nun aus der Sicht eines politischen Entscheidungsträgers an.
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5:00 - 5:02Das ist ein ganz einfaches Problem.
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5:02 - 5:05Ausnahmsweise passt alles zusammen.
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5:05 - 5:08Wir haben das, was fürs Gesundheitswesen rational ist.
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5:08 - 5:10Sie wollen, dass die Leute saubere Nadeln benutzen
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5:10 - 5:12und Junkies wollen saubere Nadeln benutzen.
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5:12 - 5:14Wir könnten dieses Problem also lösen,
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5:14 - 5:17indem wir einfach saubere Nadeln allgemein verfügbar machen
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5:17 - 5:19und die Angst vor der Festnahme nehmen.
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5:19 - 5:21Nun, wer das als erster herausgefunden
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5:21 - 5:23und auf nationaler Ebene etwas dagegen unternommen hat
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5:23 - 5:26ist die wohlbekannte, liberale, mitfühlende Seele
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5:26 - 5:28Margaret Thatcher.
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5:28 - 5:30Und sie hat das erste nationale
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5:30 - 5:32Nadel-Austauschprogramm auf der Welt aufgesetzt,
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5:32 - 5:35und andere Länder folgten ihr. Australien, die Niederlande und ein paar andere,
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5:35 - 5:37und Sie können sehen, dass in all diesen Ländern
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5:37 - 5:39nicht mehr als vier Prozent der
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5:39 - 5:42injizierenden Drogenkonsumenten sich je mit HIV infizierten.
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5:42 - 5:45Nun, Orte, in denen man das nicht gemacht hat, zum Beispiel New York,
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5:45 - 5:47Moskau, Jakarta,
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5:47 - 5:49da sprechen wir von auf dem Höhepunkt
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5:49 - 5:52einem von zwei injizierenden Drogenkonsumenten,
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5:52 - 5:55die sich mit dieser tödlichen Krankheit infiziert haben.
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5:55 - 5:57Na, Margaret Thatcher hat das nicht gemacht,
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5:57 - 6:00weil sie Junkies besonders gerne hat.
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6:00 - 6:03Sie hat das gemacht, weil sie ein Land regierte,
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6:03 - 6:05das ein staatliches Gesundheitswesen hatte.
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6:05 - 6:08Wenn sie also nicht in wirksame Prävention investiert hätte,
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6:08 - 6:10hätte sie die später die Kosten für die Behandlung
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6:10 - 6:12übernehmen müssen,
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6:12 - 6:14und die sind natürlich viel höher.
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6:14 - 6:17Sie hat also eine politisch rationale Entscheidung getroffen.
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6:17 - 6:19Wenn ich jetzt meine
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6:19 - 6:21Gesundheitswesen-Fanatiker-Brille hervorhole
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6:21 - 6:24und mir diese Daten anschaue,
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6:24 - 6:27liegt das auf der Hand, nicht wahr.
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6:27 - 6:29Aber in diesem Land,
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6:29 - 6:32wo die Regierung sich offenbar nicht verpflichtet fühlt, ihren Bürgern
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6:32 - 6:34medizinische Versorgung zur Verfügung zu stellen,
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6:34 - 6:37haben wir einen ganz anderen Ansatz gewählt.
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6:37 - 6:39Was wir also in den Vereinigten Staaten gemacht haben ist,
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6:39 - 6:42die Daten zu prüfen, endlos lang die Daten zu prüfen.
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6:42 - 6:45Das hier ist also ein Überblick über hunderte Studien
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6:45 - 6:47von allen den hohen Tieren
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6:47 - 6:50des Wissenschafts-Olymps in den Vereinigten Staaten,
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6:50 - 6:52und das hier sind die Studien, die zeigen,
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6:52 - 6:54dass Nadel-Austauschprogramme wirksam sind, ziemlich viele davon.
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6:54 - 6:57Nun, diejenigen, die zeigen, dass Nadel-Austauschprogramme nicht wirksam sind --
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6:57 - 7:00Sie denken, das hier ist eine dieser nervigen animierten Folien,
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7:00 - 7:02und ich werde meinen Knopf drücken und der Rest wird erscheinen,
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7:02 - 7:05aber nein, das ist die ganze Folie.
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7:05 - 7:07(Gelächter)
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7:07 - 7:10Es gibt nichts auf der anderen Seite.
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7:12 - 7:14Völlig irrational also,
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7:14 - 7:16würde man denken,
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7:16 - 7:19außer dass, Moment mal, Politiker auch rational sind,
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7:19 - 7:22und sie reagieren auf das, was sie denken, dass die Wähler wollen.
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7:22 - 7:24Was wir also sehen ist, dass Wähler sehr
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7:24 - 7:26gut auf so etwas wie das hier reagieren
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7:26 - 7:29und nicht ganz so gut auf so etwas wie das.
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7:29 - 7:36(Gelächter)
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7:36 - 7:39Es wird also ganz rational,
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7:39 - 7:42Injizierenden Dienstleistungen vorzuenthalten.
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7:42 - 7:44Reden wir nun über Sex.
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7:44 - 7:47Sind wir in Bezug auf Sex rationaler?
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7:47 - 7:49Na, ich werde die eindeutig irrationalen
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7:49 - 7:51Positionen von Leuten wie der
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7:51 - 7:53katholischen Kirche nicht mal ansprechen,
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7:53 - 7:56die irgendwie glaubt, dass wenn man Kondome verteilt
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7:56 - 8:00jeder hingehen und Sex haben wird.
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8:00 - 8:02Ich weiß nicht, ob Papst Benedikt
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8:02 - 8:04TEDTalks online schaut,
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8:04 - 8:07aber wenn Sie das tun, habe ich gute Neuigkeiten für Sie, Benedikt.
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8:07 - 8:10Ich habe die ganze Zeit Kondome dabei,
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8:10 - 8:12und nie hat jemand mit mir Sex.
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8:12 - 8:14(Gelächter)
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8:14 - 8:16So einfach ist das nicht.
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8:16 - 8:18Hier, vielleicht haben Sie mehr Glück.
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8:18 - 8:24(Beifall)
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8:24 - 8:26Okay, im Ernst.
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8:26 - 8:29Es ist tatsächlich gar nicht so einfach,
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8:29 - 8:31HIV sexuell zu übertragen.
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8:31 - 8:33Das hängt davon ab, wie viel Virus
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8:33 - 8:35in Ihrem Blut und Ihren Körperflüssigkeiten ist.
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8:35 - 8:38Und wir haben einen sehr, sehr hohen Gehalt des Virus
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8:38 - 8:40ganz am Anfang, wenn man sich gerade angesteckt hat,
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8:40 - 8:42dann fängt man an, Antikörper zu produzieren,
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8:42 - 8:44und dann hopst das auf ziemlich niedrigem Niveau
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8:44 - 8:46eine lange Zeit herum, 10 oder 12 Jahre,
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8:46 - 8:49es gibt Ausschläge, wenn man eine andere sexuell übertragbare Infektion bekommt,
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8:49 - 8:51aber im Grunde ist da nicht viel los
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8:51 - 8:53bis Sie anfangen, AIDS-Symptome zu bekommen.
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8:53 - 8:55Und in dieser Phase, hier drüben,
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8:55 - 8:57sieht man nicht gut aus, fühlt man sich nicht gut,
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8:57 - 8:59hat man nicht so viel Sex.
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8:59 - 9:01Die sexuelle Übertragung von HIV
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9:01 - 9:04hängt im Wesentlichen davon ab, wie viele Partner man
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9:04 - 9:07in diesen sehr kurzen Zeiträumen hat,
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9:07 - 9:09wenn man Virämie-Spitzen hat.
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9:09 - 9:12Das macht nun die Leute verrückt,
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9:12 - 9:15weil es bedeutet, dass man darüber sprechen muss,
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9:15 - 9:17dass manche Gruppen mehr Sexualpartner
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9:17 - 9:19in kürzeren Zeiträumen haben als andere Gruppen,
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9:19 - 9:21und das wird als Stigmatisierung betrachtet.
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9:21 - 9:23Ich war immer etwas gespannt darauf,
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9:23 - 9:25weil ich denke, dass Stigma etwas Schlechtes ist,
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9:25 - 9:27wohingegen viel Sex etwas ziemlich Gutes ist,
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9:27 - 9:30aber lassen wir das.
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9:30 - 9:32In Wahrheit haben uns 20 Jahre
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9:32 - 9:34sehr guter Forschung
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9:34 - 9:36gezeigt, dass es Gruppen gibt,
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9:36 - 9:39die mit größerer Wahrscheinlichkeit große Mengen
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9:39 - 9:41von Partnern innerhalb einer kurzen Zeitspanne haben,
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9:41 - 9:43und diese Gruppen sind weltweit
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9:43 - 9:46Leute, die Sex verkaufen und ihre regelmäßigeren Partner,
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9:46 - 9:48es sind homosexuelle Männer in der Partyszene,
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9:48 - 9:50die im Schnitt drei Mal so viele Partner haben wie
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9:50 - 9:52heterosexuelle Leute in der Partyszene,
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9:52 - 9:54und es sind Heterosexuelle,
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9:54 - 9:56die aus Ländern kommen, die den
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9:56 - 9:58Brauch der Vielehe
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9:58 - 10:01und ziemlich hohe Grade weiblicher Autonomie haben,
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10:01 - 10:04und fast all diese Länder sind in Südost-Afrika.
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10:04 - 10:07Und das spiegelt sich wider in der Epidemie, die wir heute haben.
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10:07 - 10:10Sie können also diese entsetzlichen Bilder aus Afrika sehen.
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10:10 - 10:12Das sind all die Länder in Südafrika,
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10:12 - 10:14wo zwischen einem von sieben
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10:14 - 10:16und einem von drei
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10:16 - 10:18Erwachsenen
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10:18 - 10:20HIV-infiziert sind.
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10:20 - 10:22Im Rest der Welt passiert nun
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10:22 - 10:25im Grunde nichts in der allgemeinen Bevölkerung,
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10:25 - 10:27sehr, sehr niedrige Level,
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10:27 - 10:30aber wir haben außergewöhnlich hohe Level von HIV
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10:30 - 10:33in diesen anderen Gruppen, die das höchste Risiko tragen,
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10:33 - 10:35also injizierende Drogenkonsumenten, Sexarbeiter
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10:35 - 10:37und homosexuelle Männer.
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10:37 - 10:39Und Sie werden bemerkt haben, dass das die lokalen Daten aus Los Angeles sind.
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10:39 - 10:4225 Prozent Prävalenz unter homosexuellen Männern.
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10:43 - 10:46Sie können also natürlich nicht HIV bekommen, indem Sie einfach ungeschützten Sex haben.
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10:46 - 10:49Sie können nur HIV bekommen, wenn Sie ungeschützten Sex
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10:49 - 10:52mit einer HIV-positiven Person haben.
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10:52 - 10:54Im größten Teil der Welt,
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10:54 - 10:56trotz dieser wenigen
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10:56 - 10:58Präventions-Versagen,
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10:58 - 11:00schneiden wir heute ziemlich gut ab
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11:00 - 11:02bezüglich käuflichem Sex.
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11:02 - 11:04Die Kondomnutzung liegt zwischen 80 und 100 Prozent
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11:04 - 11:07für käuflichen Sex in den meisten Ländern.
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11:07 - 11:10Und das liegt wieder daran, dass alles zusammen passt.
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11:10 - 11:12Was rational fürs Gesundheitswesen ist,
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11:12 - 11:14ist auch rational für den einzelnen Sexarbeiter,
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11:14 - 11:17weil es ganz schlecht fürs Geschäft ist, eine andere sexuell übertragbare Erkankung zu haben.
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11:17 - 11:19Niemand will das.
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11:19 - 11:21Und die Kunden wollen auch nicht mit einem Ausfluss nach Hause kommen.
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11:21 - 11:24Im Grunde kann man also relativ hohe
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11:24 - 11:27Raten der Kondomnutzung in käuflichem Sex erreichen.
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11:27 - 11:29Aber in "innigen" Beziehungen
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11:29 - 11:31ist das viel schwieriger, denn
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11:31 - 11:33bei seiner Ehefrau oder seinem Freund,
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11:33 - 11:36oder jemandem, von dem man hofft, dass er das mal wird,
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11:36 - 11:39haben wir diese Illusion von Romantik
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11:39 - 11:41und Vertrauen und Intimität,
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11:41 - 11:44und nichts ist so unromantisch wie
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11:44 - 11:47die Frage: "Mein Kondom oder deins, Schatz?".
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11:47 - 11:50Angesichts dessen braucht
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11:50 - 11:53man also einen ziemlich starken Anreiz,
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11:53 - 11:56um Kondome zu benutzen.
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11:56 - 11:59Das hier zum Beispiel. Dieser Herr heißt Joseph.
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11:59 - 12:01Er kommt aus Haiti und er hat AIDS,
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12:01 - 12:04und er hat wahrscheinlich im Moment nicht viel Sex,
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12:04 - 12:06aber er erinnert die Bevölkerung daran,
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12:06 - 12:08warum man vielleicht
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12:08 - 12:10Kondome benutzen sollte.
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12:10 - 12:12Das ist auch in Haiti und es erinnert einen
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12:12 - 12:15vielleicht daran, warum man Sex haben möchte.
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12:16 - 12:19Lustigerweise ist das nun auch Joseph,
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12:19 - 12:22nach sechs Monaten antiretroviraler Behandlung.
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12:23 - 12:26Nicht umsonst nennen wir das den Lazarus-Effekt.
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12:28 - 12:31Aber er verändert die Rechnung,
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12:31 - 12:33was rational ist
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12:33 - 12:36beim Treffen sexueller Entscheidungen.
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12:36 - 12:38Was wir also haben --
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12:38 - 12:40manche Leute sagen: "Oh, das macht nicht viel aus,
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12:40 - 12:43weil Behandlung tatsächlich wirksame Vorbeugung ist,
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12:43 - 12:45weil sie die Viruslast verringert und es deshalb
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12:45 - 12:47schwieriger macht, HIV zu übertragen."
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12:47 - 12:50Wenn man sich also diese Virämie-Sache noch mal anschaut,
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12:50 - 12:52wenn man eine Behandlung beginnt, wenn man krank ist,
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12:52 - 12:55ist, was passiert, dass die Viruslast sinkt.
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12:55 - 12:58Aber verglichen womit? Was passiert, wenn man nicht behandelt wird?
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12:59 - 13:01Nun, man stirbt,
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13:01 - 13:03also sinkt die Viruslast auf Null.
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13:03 - 13:06Und all das Grün hier, einschließlich der Ausschläge,
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13:06 - 13:10die es gibt, weil Sie nicht in die Apotheke gehen konnten
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13:10 - 13:13oder keine Medikamente mehr haben, oder drei Tage exzessiv Party gemacht
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13:13 - 13:15und vergessen haben, die Medikamente zu nehmen,
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13:15 - 13:18oder weil Sie anfangen, resistent zu werden, oder warum auch immer,
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13:18 - 13:20all das ist Virus,
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13:20 - 13:23der nicht da wäre, wenn es keine Behandlung gäbe.
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13:23 - 13:26Sage ich nun, ach ja, super Präventions-Strategie,
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13:26 - 13:28hören wir einfach auf, die Leute zu behandeln?
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13:28 - 13:30Natürlich nicht. Natürlich nicht,
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13:30 - 13:33wir müssen retrovirale Therapie so gut wir können ausbauen.
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13:33 - 13:35Aber was ich mache, ist die Leute in Frage zu stellen,
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13:35 - 13:37die sagen, dass mehr Behandlung
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13:37 - 13:39all die Prävention ist, die wir brauchen.
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13:39 - 13:42Das stimmt einfach nicht unbedingt,
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13:42 - 13:44und ich denke, wir können viel von den Erfahrungen homosexueller Männer
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13:44 - 13:47in reichen Ländern lernen, wo Behandlung jetzt seit 15 Jahren
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13:47 - 13:49weitgehend verfügbar ist,
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13:49 - 13:51und wir haben gesehen,
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13:51 - 13:53dass in der Tat Kondomnutzungsraten,
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13:53 - 13:55die sehr, sehr hoch waren --
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13:55 - 13:58die homosexuelle Gemeinschaft hat sehr schnell auf HIV reagiert,
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13:58 - 14:00mit ganz wenig Hilfe
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14:00 - 14:02von Gesundheitswesen-Fanatikern, würde ich sagen --
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14:02 - 14:05dass die Kondomnutzungsrate seit der Behandlung drastisch gesunken ist,
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14:05 - 14:07aus zwei Gründen.
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14:07 - 14:09Einer ist die Annahme: "Ach ja,
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14:09 - 14:11wenn er infiziert ist, nimmt er wahrscheinlich Medikamente
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14:11 - 14:14und seine Viruslast wird gering sein, also bin ich ziemlich geschützt."
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14:14 - 14:16Und das andere ist, dass die Leute einfach nicht
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14:16 - 14:18so viel Angst vor HIV
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14:18 - 14:21haben wie sie vor AIDS hatten, und mit Recht.
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14:21 - 14:24AIDS war eine entstellende Krankheit, die einen umbrachte,
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14:24 - 14:26und HIV ist ein unsichtbarer Virus,
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14:26 - 14:28der bewirkt, dass man jeden Tag eine Tablette nehmen muss.
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14:28 - 14:30Und das ist langweilig,
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14:30 - 14:33aber ist es so langweilig
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14:33 - 14:35wie jedes Mal ein Kondom nutzen zu müssen, wenn man Sex hat,
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14:35 - 14:37egal wie betrunken man ist,
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14:37 - 14:40egal wie viele Poppers man genommen hat, was auch immer.
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14:40 - 14:42Wenn wir uns die Daten anschauen, können wir sehen,
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14:42 - 14:44dass die Antwort auf diese Frage
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14:44 - 14:46hmmm ist.
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14:46 - 14:48Diese Daten sind also aus Schottland.
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14:48 - 14:50Sie sehen die Spitze der injizierenden Drogenkonsumenten
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14:50 - 14:52bevor das nationale Nadel-Austauschprogramm angefangen hatte.
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14:52 - 14:54Dann ist das stark gesunken,
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14:54 - 14:56und sowohl unter Heterosexuellen, großteils bei käuflichem Sex
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14:56 - 14:58und unter Drogenkonsumenten,
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14:58 - 15:01da passiert wirklich nicht viel nach Beginn der Behandlung,
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15:01 - 15:03und das liegt an der Anreiz-Lage,
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15:03 - 15:05über die ich vorhin gesprochen habe.
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15:05 - 15:07Aber unter homosexuellen Männern
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15:07 - 15:09gibt es einen ziemlich drastischen Anstieg,
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15:09 - 15:11der drei oder vier Jahre, nachdem
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15:11 - 15:13Behandlung weithin verfügbar wurde anfing.
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15:13 - 15:15Das sind Neuansteckungen.
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15:15 - 15:17Was bedeutet das?
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15:17 - 15:20Es bedeutet, dass der gemeinsame Effekt von mehr Sorglosigkeit
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15:20 - 15:23und mehr Virus in der Population,
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15:23 - 15:25von mehr Leuten, die länger, gesünder leben,
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15:25 - 15:27und die mit größerer Wahrscheinlichkeit
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15:27 - 15:29mit HIV Sex haben,
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15:29 - 15:32den Effekt der niedrigeren Viruslast aufhebt,
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15:32 - 15:34und das ist sehr besorgniserregend.
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15:34 - 15:36Was bedeutet das?
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15:36 - 15:39Es bedeutet, dass wir umso mehr Prävention machen müssen, je mehr Behandlung wir haben.
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15:39 - 15:41Und passiert das?
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15:41 - 15:44Nein, und ich nenne das das Rätsel des Mitgefühls.
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15:44 - 15:47Wir haben in den letzten paar Tagen viel über Mitgefühl gesprochen.
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15:47 - 15:50Und was wirklich passiert, ist dass die Leute
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15:50 - 15:52unfähig sind, sich dazu zu bringen,
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15:52 - 15:55gute Sexual- und Fortpflanzungsmedizin-Dienstleistungen für Sexarbeiter einzurichten,
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15:55 - 15:58unfähig, Nadeln an Junkies auszugeben,
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15:58 - 16:01aber sobald sie von übergriffigen Leuten,
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16:01 - 16:04deren Verhalten wir nicht dulden wollen
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16:04 - 16:06zu AIDS-Opfern werden,
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16:06 - 16:08werden wir mitfühlend
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16:08 - 16:10und kaufen ihnen unglaublich teure Medikamente für den Rest ihres Lebens.
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16:10 - 16:12Das macht keinen Sinn
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16:12 - 16:14aus Sicht des Gesundheitswesens.
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16:14 - 16:18Ich möchte das beinahe letzte Wort Ines überlassen.
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16:18 - 16:21Ines ist eine Transgender-Nutte auf den Straßen Jakartas.
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16:21 - 16:23Sie ist ein Mädchen mit Schwanz.
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16:23 - 16:25Warum macht sie diesen Job?
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16:25 - 16:28Na, natürlich, weil sie dazu gezwungen ist,
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16:28 - 16:30weil sie keine Wahl hat, und so weiter und so fort,
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16:30 - 16:32und wenn wir ihr nur das Nähen beibringen könnten
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16:32 - 16:35und ihr einen netten Job in einer Fabrik verschaffen, wäre alles gut.
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16:35 - 16:37Das verdienen Fabrikarbeiter pro Stunde in Indonesien,
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16:37 - 16:39im Schnitt 20 Cents.
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16:39 - 16:41Das variiert ein bisschen von Provinz zu Provinz.
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16:41 - 16:44Ich spreche mit Sexarbeitern, 15.000 von ihnen,
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16:44 - 16:46was die Daten auf dieser Folie betrifft.
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16:46 - 16:48Und das sagen Sexarbeiter,
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16:48 - 16:50was sie pro Stunde verdienen.
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16:50 - 16:53Es ist also kein toller Job, aber für viele Leute
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16:53 - 16:55ist es wirklich eine ziemlich rationale Wahl.
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16:55 - 16:57Okay, Ines.
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17:00 - 17:05Wir haben die Werkzeuge, das Wissen und das Geld,
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17:05 - 17:09und auch die Verpflichtung, HIV vorzubeugen.
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17:09 - 17:15Ines: Warum steigt die Prävalenz dann noch?
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17:15 - 17:18Das liegt an der Politik.
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17:18 - 17:21Wenn man zur Politik gelangt, ergibt nichts einen Sinn.
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17:21 - 17:24Elizabeth Pisani: "Wenn man zur Politik gelangt, ergibt nichts einen Sinn."
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17:24 - 17:27Vom Standpunkt einer Sexarbeiterin ergeben
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17:27 - 17:29Poltiker also keinen Sinn.
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17:29 - 17:31Vom Standpunkt eines Gesundheitswesens-Fanatikers
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17:31 - 17:34machen Junkies dumme Sachen.
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17:35 - 17:38Ich meine, die Wahrheit ist, dass jeder ein anderes Grundprinzip anlegt.
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17:38 - 17:40Es gibt so viele unterschiedliche Arten, rational zu sein
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17:40 - 17:42wie Menschen auf diesem Planeten,
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17:42 - 17:44und das ist eine der Herrlichkeiten menschlicher Existenz.
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17:44 - 17:46Aber diese Arten, rational zu sein
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17:46 - 17:48sind nicht unabhängig voneinander.
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17:48 - 17:50Es ist also rational für
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17:50 - 17:52einen Drogen-Injizierenden, Nadeln zu teilen,
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17:52 - 17:55aufgrund einer dummen Entscheidung, die ein Politiker getroffen hat,
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17:55 - 17:57und es ist rational für einen Politiker,
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17:57 - 18:00diese dumme Entscheidung zu treffen,
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18:00 - 18:02weil sie darauf reagieren,
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18:02 - 18:04was sie denken, das die Wähler wollen.
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18:04 - 18:06Aber hier ist der Clou:
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18:06 - 18:08Wir sind die Wähler.
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18:08 - 18:11Wir sind natürlich nicht alle Wähler, aber TED ist eine Gemeinschaft von Meinungsführern,
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18:11 - 18:13und jeder in diesem Raum
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18:13 - 18:16und jeder, der das draußen im Netz anschaut, hat,
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18:16 - 18:19denke ich, die Pflicht, von seinen Politikern zu verlangen,
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18:19 - 18:22dass sie Politik machen, die auf wissenschaftliche Evidenz
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18:22 - 18:24und gesunden Menschenverstand gründet.
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18:24 - 18:26Es wird wirklich schwer für uns werden,
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18:26 - 18:29individuell zu beeinflussen, was für jeden
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18:29 - 18:31Frankie und jede Ines da draußen rational ist.
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18:31 - 18:34Aber Sie können wenigstens Ihre Stimme nutzen,
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18:34 - 18:37um Politiker aufzuhalten, die dumme Sachen machen,
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18:37 - 18:39die HIV verbreiten.
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18:39 - 18:41Danke.
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18:41 - 18:50(Beifall)
- Title:
- Elizabeth Pisani: Sex, Drogen und HIV -- gehen wir rational heran
- Speaker:
- Elizabeth Pisani
- Description:
-
Ausgerüstet mit erfrischender Logik, Witz und ihrer "Gesundheitswesen-Fanatiker" Brille enthüllt Elizabeth Pisani die unzähligen Unstimmigkeiten in den heutigen politischen Systemen, die verhindern, dass unser Geld die Verbreitung von HIV erfolgreich bekämpft. Ihre Forschung mit Risiko-Populationen -- von Junkies im Gefängnis zu Sexarbeitern auf der Straße in Kambodscha -- zeigt die manchmal kontraintuitiven Maßnahmen, die die Verbreitung dieser verheerenden Krankheit aufhalten könnten.
- Video Language:
- English
- Team:
closed TED
- Project:
- TEDTalks
- Duration:
- 18:54