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33c3 Vorspannmusik
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Herald: Hier steht Rechtsanwalt
Ulrich Kerner, er ist Fachanwalt
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für Strafrecht, und hier kommt
jetzt ein How-To für uns alle:
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„Check Your Police Record“.
Ihr habt alle, ob ihr es wisst oder nicht
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ein Auskunfts- und Rechtsanpsruch, und
Ulrich wird euch gleich erklären, wie man
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den nutzt und wie das eigentlich geht, und
warum wir das alle massenhaft tun sollten
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und nutzten sollten. Er vertritt ansonsten
auch gerne kritische Bloggerinnen,
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politsche Künstlergruppen, und natürlich
Netzaktivistinnen, vielleicht erinnert der
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eine oder andere sich vielleicht noch an
diesen Hackerparagraphen. Anyone?
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Ulrich war einer der Beschwerdeführer vor
dem Bundesverfassungsgericht, ich würde
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sagen allein dafür hat er
euren Applaus verdient.
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Applaus
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Ulrich Kerner: Hallo zusammen, bin ich
gut zu verstehen? Schön, dass sich so
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viele Leute für das Thema interessieren,
Check Your Police Records, über
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polizeiliche Datenbanken,
Auskunfts- und Löschungsanspruch.
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Wir leben im Informationszeitalter, das
ist hier allen bestens bewusst. Daten
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fallen mehr und mehr an, werden mehr und
mehr gesammelt. Und das grundsätzlich
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kritisch zu sehen, was bei der Polizei
passiert will ich jetzt im folgendem zeigen.
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Folgendes Thema hab ich mir hier
ausgedacht oder folgende Übersicht.
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Erstmal kurze Einführung, ganz kurz will
ich anreißen, was ist hier das Problem,
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was ist unsere Rechtsposition des Eingriff
in Grundrecht. Wie sehen die Rechtsgrund-
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lagen aus auf denen Polizei als Strafver-
folgungs- und -gefahrenabwehrbehörde,
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die Polizeien Daten erfassen. Ich zeige
eine kleine Übersicht über Datenbanken
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die kann nicht vollständig sein. Es ist so,
dass regelmäßig die Datenschutzbeauftragten
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der Länder erfahren, das es mal wieder eine
neue Datenbank gibt von der sie noch gar
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nichts wussten. Beispielsweise. Es geht
über den – dann sozusagen der Kern hier –
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Auskunftsanspruch, den wir alle haben,
über Daten die über uns gespeichert werden.
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Auskunftsanspruch ist die Frage: Wo und wie
muss ich meinen Auskunftsantrag stellen?
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Ich habe einen solchen, eine solche
Auskunft exemplarisch und geschwärzt dabei.
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Das wir mal sehen können, wie sieht sowas
aus. Zur Zeit bei der Berliner Polizei.
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Dann geht's um Löschung, um Löschungs-
anspruch. Um Fragen der Löschung.
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Ein bisschen um, wenn wir Zeit haben, noch
spezielle Fragen, die es in dem Bereich gibt.
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Und zuletzt um die gerichtliche Durch-
setzung, denn wenn ich möchte, dass
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die Behörde Daten, die sie über mich
erfasst hat löscht, und das nicht tut,
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dann bleibt mir der Rechtsweg, oder dann
habe ich den …, ist mir möglich, dass ich
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zu Gerichten gehe und Klage erhebe auf
Löschung, und da muss man immer genau
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schauen, welches Gericht ist einschlägig.
Datenbanken, Polizeiliche gehen uns alle an.
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Ich erlebe immer mal, das Leute sagen:
„Naja, mich aber nicht“, „Ich komm / mit
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der Polizei war ich noch nie in Konflikt.“,
„Die haben nichts über mich.“ und ähnliches.
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Ich meine das ist die falsche Einstellung
dazu. Ganz einfach. Menschen machen Fehler.
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Polizeibeamte sind Menschen,
also machen die auch Fehler. Und
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Applaus
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ich bin ja überrascht, dass hier keiner
widerspricht. Wenn etwas, das, wenn etwas
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in polizeiliche Datenbanken Einfluss findet,
da gespeichert wird heißt das noch lang
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nicht, dass es jemals einen, sozusagen
tatsächliche Situation gab die diese
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Speicherung überhaupt gerechtfertigt hat.
Ein bisschen bin ich auf das Thema gekommen
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im Rahmen meiner Strafverteidigung, als
ich eines Tages eine Akte in der Hand hatte.
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Da stand über meinen Mandanten drin:
„Vermerk Polizeilich bekannt wegen fahren
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ohne Fahrerlaubnis, Hausfriendensbruch
und als BTM Konsument“ und mein Mandant
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sagte mir: „Ja Hausfriedensbruch da kann
ich mich dran erinnern, Rigaer Straße,
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10 Jahre her. BTM hatte ich auch schon mal
was aber auch ganz lange her, aber fahren ohne
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Fahrerlaubnis. Ich hab 1984 mein Führerschein
gemacht, und ich hab den nie abgeben müssen.
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Ich hatte immer einen Führerschein seit dem.“
Darufhin hab ich, die, das LKA in Brandenburg
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angeschrieben, das Ermittlungsverfahren,
also Fall war in Brandenburg, und habe
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beantragt, bitte Auskunft was ist ge-
speichert und zweitens Löschung. Dann kam
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zurück: Wir haben die Daten gelöscht. Dann
hab ich zurückgeschrieben: Hm, Dankeschön,
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aber zuerst wollte ich mal wissen, was
ist denn überhaupt über meinen Mandanten
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gespeichert. Und dann kam orginal ein
Schreiben zurück:
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Das können wir nicht mehr mitteilen,
wir haben die Daten gelöscht.
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Gelächter
Dankeschön.
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Also erstens es können dort Sachen rein-
kommen, die haben, sind entweder
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wahnsinnig alt, oder sind gar nicht,
sollten gar nicht gespeichert werden.
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Oder sie sind schlichtweg falsch. Und jeder
kann sich vorstellen, wenn man abends
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angehalten wird, beispielsweise auf der
Landstraße im Auto oder meinetwegen auch
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in der Stadt, ganz allgemeine Verkehrs-
kontrolle oder Vorkontrollen bei
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der Anreise zu irgend einer großen
internationalen Veranstaltung. G7 Gipfel
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oder ähnliches. Das es einen entscheidenden
Einfluss hat, wie diese Kontrolle weiter
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verläuft, wenn die Polizeibeamtin da vor
Ort die Daten eingeben und dann dort
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bestimmte Treffer haben. LIMO also Straf-
täter links orientiert, oder Gewaltbereit,
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oder vielleicht Widerstand gegen Voll-
streckungsbeamte und qualifizierte
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Körperverletzung und ähnliches.
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Das ist jetzt im Bereich der Gefahrenabwehr.
Aber ich meine es ist auch ganz entscheidend
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im Bereich der Strafverfolgung. Denn wenn
im Bereich der Strafverfolgung die Polizei
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ermittelt und sie hat diverse Personen
gegen die sie ermittelt, und der eine hat
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einschlägige Einträge in dem polizeilichen
Datensystem, dann würde ich davon ausgehen,
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ist es eine ganz menschliche Eigenschaft,
sich irgendwie bisschen mehr vielleicht auf
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diese Person zu konzentrieren. Oder
irgendwie zu denken: Hoho der hat ja hier
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schon volles Register, da müssen
wir mal genauer schauen.
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Ok das als Einführung. Wenn ich sage es
geht hier um Grundrechte, möchte ich das
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kurz abhandeln. Es geht um das Grundrecht
auf informationelle Selbstbestimmung.
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Wir finden das so nicht im Grundgesetz,
es ist abgeleitet aus Artikel 2 Absatz 1
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in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 und
die Leitentscheidung dazu war das
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Volkszählungsurteil des Bundesverfassungs-
gerichtes. Wer das nachlesen will. In eine
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bessere Bibliothek gehen. Bundesverfassungs-
gerichtsentscheidungen Band 65 ab Seite 1ff.
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Was ist so Inhalt dieses Rechtes? Das
Bundesverfassungsgericht hat ausgeführt
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es ist das Recht selbst über die Preisgabe
und Verwendung von persönlichen Daten zu
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bestimmen und das Bundesverfassungsgericht
sagt dieses Recht soll insbesondere einem
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Einschüchterungseffekt vorbeugen. Das
Bundesverfassungsgericht sagt weiter,
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solche Eingriffe, also das ist, sozusagen,
wir haben das Recht, auf informationelle
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Selbstbestimmung, ein Eingriff ist jede
Verkürzung, jede Speicherung von Daten
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ist ein Eingriff. Das Recht wird nicht
schrankenlos gewährt, es kann eingegriffen
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werden, aber nur auf Rechtsgrundlage.
Und diese Rechtsgrundlage muss auch
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sozusagen das gesamte Verfahren regeln,
muss bereichsspezifisch und präzise
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bestimmen, wie Daten erhoben werden,
wie sie weiterverarbeitet werden, wie lange
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sie gespeichert werden dürfen und wie sie
auch irgendwann wieder zu löschen sind.
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Die üblichen Rechtsgrundlagen dafür finden
wir vor allem in der Strafprozessordnung,
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finden wir im Bundeskriminalamtsgesetz,
finden wir im Bundesdatenschutzgesetz,
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finden wir in den Polizeigesetzen,
finden wir in allen anderen Gesetzen
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von Strafverfolgungs- und
Strafermittlungsbehörden.
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Und das ist nachher wichtig für den
Rechtsschutz, wir müssen da sozusagen
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unterscheiden zwischen repressivem und
präventivem Vorgehen, also: Wird etwas
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erfasst, gespeichert, um Strafverfolgung, der
Aufgabe der Strafverfolgung nachzukommen
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oder zur Gefahrenabwehr? Beides
Tätigkeiten, für die die Polizei auch
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zuständig ist, weshalb wir hier
typischerweise Mischdateien haben,
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die für beides herangezogen werden.
Ich zeige mal ganz kurz so eine Regelung
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aus dem Bundespolizeigesetz, §29 BPolG:
Speicherung, Veränderung, Nutzung von
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personenbezogenen Daten. Den brauchen wir
jetzt hier nicht im Einzelnen durchgehen,
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ich meine, das entscheidende ist, dass
hier steht in Abs. 2: Die Bundespolizei
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kann, soweit gesetzlich nichts anderes
bestimmt ist, personenbezogene Daten,
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die sie bei Wahrnehmung der polizeilichen
Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung
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über eine einer Straftat verdächtige Person
erlangt hat, in Dateien speichern, verändern,
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und nutzen, soweit dies zur Abwehr von
Gefahren im Rahmen der von der Bundespolizei
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obliegenden Aufgaben oder für die Zwecke
zukünftiger Strafverfahren erforderlich ist.
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Ich fasse noch mal das kurz zusammen:
Die dürfen Daten erheben und speichern,
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wenn dies erforderlich ist.
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Wann das erforderlich ist, ist naheliegend.
Da scheiden sich die Geister, und das ist
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einer der Punkte, worüber wir streiten,
wenn es darum geht, war das ganze
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rechtmäßig und sind die Sachen vielleicht
auch wieder zu löschen
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– und zwar jetzt zu löschen.
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Kleiner Überblick: Wir haben Datenbanken
auf polizeilicher Ebene, Gefahrenabwehr-
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Strafverfolgung auf der Ebene der
Landespolizei, der Bundespolizei – die
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hat alleine 4 mir jetzt bekannte …
Bundesgrenzschutz Aktennachweis,
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geschützter Grenzfahndungsbestand,
TaFas – Taschendiebstahlfahndungsbestand
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und PIKus – das ist die polizeiliche
Informations-, Kommunikations- und
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Unterstützungsdatei. Wir haben beim BKA
INPOL Neu, eine Mischdatei, auf die auch
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die Länder zugreifen, EUROPOL auf
EU-Ebene haben wir solche Datensammlungen,
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Staatsanwaltschaften haben die, es
gibt das Bundeszentralregister, in das
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Verurteilungen eingetragen werden.
Staatsschutz, Verfassungsschutz, BND,
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alle führen Datenbanken. Wer ein bisschen
aufmerksam die Presse verfolgt hat,
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nachdem Edward Snowden die uns allen
zumindest mehr oder weniger bekannten
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Unterlagen, also dieses wahnsinnige
Überwachungsprogramm, geleakt hat, ist
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die Bundesdatenschutzbeauftragte nach
Bad Aibling gefahren und hat gesagt, das
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wollen wir uns noch mal anschauen.
Hat einen vernichtenden Bericht verfasst
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danach, in dem sie gesagt hat, wir
wurden hier ganz systematisch an unserer
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Kontrollfunktion gehindert. Hat dann
weiter festgestellt, der BND hat, ich
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glaube es waren sieben Datenbanken, die
ohne jegliche Rechtsgrundlage betrieben
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werden – diese sind sofort zu löschen.
Kurzer Sprung zurück: Ich habe eben gesagt
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das Bundesverfassungsgericht hat ganz
deutlich gesagt, keine Erfassung ohne
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rechtliche Grundlage.
Strafverfolgungsbehörden sehen das
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eben gerne anders. Oder
sind da sehr sehr großzügig.
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Ich scrolle hier jetzt mal durch –
Einzeldatenbanken auf EU-Ebene, das ist
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hier alles andere als vollständig. Es gibt
hier immer zum Beispiel noch Diskussionen
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über Fluggastdaten, die an die USA
weitergegeben werden und ob es hier
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eine Zentraldatei gibt oder nicht, oder
ob das nur die Flugunternehmen sozusagen
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eigenständig machen müssen. Hier mal
Datenbanken, Einzeldatenbanken INPOL.
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INPOL ist also eine Datei, die nach dem
Bundeskriminalamtsgesetz geführt wird,
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die besteht aus Verbunddateien, Zentral-
dateien und Amtsdateien mit verschiedenen
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Zugriffsrechten, verschiedenen Möglich-
keiten, wer dort einspeisen kann, da gibt
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es also einen Haufen von Einzeldatenbanken.
… ich gehe hier noch mal zurück.
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Zum Beispiel die DAD, das ist die DNS-
Auskunftsdatenbank, sogenannte Gendatei,
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mitunter sehr problematisch, was da getan
wird, was man dort für Recherchemöglichkeiten
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hat, Querverbindungen über familiäre
Verhältnisse und ähnliches, zum Beispiel,
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zu sammeln. Wir haben hier die typischen
Dateien: Straftäter linksmotiviert,
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rechtsmotiviert, Rockerkriminalität, auch
diese Aufzählung hier nicht abschließend.
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Zum Beispiel angeschlossen hier ist auch
ZEVIS, das ist die Datei vom Kraftfahrt-
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Bundesamt, die wieder aus verschiedenen
Unterdateien besteht, da haben also auch
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die Landespolizeibeamten/-beamtinnen
Zugriff, wenn sie jemanden vor Ort anhalten.
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Dort eine Eintragung zu haben kann äußerst
unangenehm sein, beispielsweise wenn jemand
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in Deutschland seinen Führerschein verloren
hat, der mal den in Deutschland auch
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erworben hat, ist dann ins Ausland
gezogen, hat im Ausland seinen
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Führerschein gemacht, nachdem er keine
Sperre mehr in Deutschland hatte.
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Ich hatte also einen Mandanten, der hat
irgendwann den Führer…, der ist nach
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Spanien gegangen, hat dort wieder einen
Führerschein gemacht, der hat seine
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Sperrzeit nicht umgangen und in Spanien
gab's für den Zeitpunkt, oder gibt es
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meine ich, immer noch nicht eine MPU, er
hat sie also auch nicht sozusagen listig
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umgangen; wenn er hier angehalten wurde,
ich weiß nicht – zweimal im Jahr –, wenn
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er nach Deutschland gekommen ist … lange
Haare, bunte Klamotten, buntes Wohnmobil,
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dann war sozusagen die Kontrolle früher
oder später vorprogrammiert, dann haben
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dort die Beamten immer gefunden,
Führerschein entzogen, dann haben sie
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jemanden, der hat einen ausländischen
Führerschein, dann wissen die nicht,
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ist der jetzt gültig oder nicht, das hängt
dann davon ab, wann der erworben wurde.
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Während der Sperrzeit oder danach – da war
dann immer erstmal Ende der Fahrt, dann
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wurde gesagt: Freitagabend kriegen wir
nichts mehr raus, bis Montag dürfen Sie
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nicht mehr fahren. Das zeigt auch, in
solchen Datenbanken zu stehen, ist, kann
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mitunter ziemlich unangenehm sein.
Eintragungen in der Antiterrordatenbank
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beispielsweise möchte ich nicht erleben,
dort falsch drinzustehen, wenn ich
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vielleicht gerade ausreisen will. Oder
irgendwas anderes machen will.
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Ich hab gesagt, ich bin aus Berlin –
in Berlin haben wir eine ganze Reihe
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Datenbanken; die Polizei nutzt POLIX,
das ist ein in Berlin betriebenes System.
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Adere Bundesländer hat die Polizei
POLAS. In Berlin beispielsweise, ich habe
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vorhin gesagt, diese Übersichten sind
nicht abschließend, weil immer mal wieder
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neue Datenbanken zum Vorschein kommen.
Zum Beispiel die Veranstalterdatenbank.
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Es wurde also irgendwann aufgedeckt, durch,
maßgeblich durch eine IFG-Anfrage, durch
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das Informationsfreiheitsgesetz, dass die
Berliner Polizei Anmelder von
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Demonstrationen systematisch speichert.
Aber nicht nur Leute, die Demonstrationen,
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Kundgebungen anmelden, sondern auch
prominente Besucher, die dort hingehen.
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Ich halte das für höchst problematisch
vor dem Hintergrund der Wichtigkeit, die
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die Versammlungsfreiheit für uns alle
bedeutet, für die Demokratie bedeutet,
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ein ganz entscheidendes Grundrecht. Und
wieso die hier systematisch gespeichert
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werden sollten – in Berlin ist die Ver-
sammlungsbehörde beim Polizeipräsidenten
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angesiedelt –, das ist unklar und
das ist höchst bedenklich.
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Wir haben immer solche sog. Arbeitsdateien
szenekundiger Beamten, die Sachen werden
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eingespeist beispielsweise in die
Sportgewaltdateien, die auch Teil des
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INPOL-Systems vom BKA sind, da hat auch
das Niedersächsische OVG irgendwann mal
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festgestellt: Dafür gibt’s überhaupt keine
Rechtsgrundlage, bzw. keine Rechts-
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verordnung, die das regelt und dann dürfen
die eben nicht erfasst werden.
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Der Berliner Datenschutzbeauftragte
hat beispielsweise mit Erstaunen 2010
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festgestellt, dass auch die Wasserschutz-
polizei eine eigene Datei hält, unterhält
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die Schiffskontrolldatei, das war bisher
rechtsunbekannt, hat festgestellt, Rechts-
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grundlage gibt es nicht, Rechtsgrundlage
brauchen wir aber. Ich hab jetzt einen
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Mandanten, wo ich da mal eine Anfrage
machen werde, weil der sehr viel in Berlin
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auf dem Wasser unterwegs ist, aber ich bin
gespannt, was ich da für eine Auskunft kriege.
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Gut, wir alle haben ein Recht auf Daten-
auskunft, und die sind auch gesetzlich
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gereglt. Sozusagen die Mutter der Norm ist
in § 19 des Bundesdatenschutzgesetzes
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geregelt und da finden wir auch, das nicht
nur mitgeteilt werden muss, was gespeichert
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ist, sondern auch an welche Stellen das
weiter gegeben wurde und zu welchem Zweck.
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Alle Landespolizeigesetze haben solche
Regelungen. In Berlin ist es Beispielsweise
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§ 50. Das ist jetzt hier, wenn wir hier
mal ins BDSG gucken. § 19 Absatz 1 Satz 1
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und Absatz 2 kommen dann die Ein-
schränkungen. Der § 19 hat 7 Absätze,
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Absatz 7 ist: Die Auskunft ist kostenlos.
Das ist ja schon mal schön, anders beim
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Informationsfreiheitsgesetz wo versucht
wird regelmäßig mit hohen Kosten da die
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Antragssteller davon Abzuhalten. Aber es
gibt eben viele viele Einschränkungen.
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Ich lese mal hier kurz vor § 50 Absatz 2
ASOG, also die Berliner Regelung:
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Eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung
besteht nicht, soweit eine Abwägung ergibt,
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dass die schutzwürdigen Belange der
betroffenen Person hinter dem öffentlichen
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Interesse an der Geheimhaltung oder einem
überwiegendem Geheimhaltungsinteresse
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Dritter zurückstehen muss. Und solche
Regelungen geben den Behörden natürlich
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viele Möglichkeiten die gewünschte Daten-
auskunft nicht zu geben oder zumindest für
-
eine bestimmte Zeit zu verschleiern oder
dem Betroffenen gerade nicht mitzuteilen:
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Wir haben hier noch sehr sehr viel mehr
gespeichert. Was höchst problematisch ist.
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Wo muss die Auskunft beantragt werden,
um jetzt mal sozusagen noch zu dem
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praktischem Teil zu kommen, was ihr alle
machen könnt. Was die gespeicherten Dateien
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der Landespolizeien angeht beim
zuständigen LKA, beim BKA was die Bundes-
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polizei angeht, was in INPOL und im Scheng-
ner Informations System gespeichert ist.
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Bei der Bundespolizei direkt. Aber INPOL
beim BKA das ist hier nicht ganz korrekt
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sozusagen. Bei den Verfassungsschutzämtern
kann man anfragen, also alle Stellen, die
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in dem Bereich Strafverfolgung
und Gefahrenabwehr tätig sind.
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Wie wird dieser Antrag gestellt? Es wird
immer gesagt, das ist ein höchst
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persönliches Recht. Wenn ich als Anwalt
eine normale Vollmacht hinschicke,
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eine strafprozessuale Vollmacht, dann krieg
ich immer ein Schreiben zurück: Ja das
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reicht nicht, wir brauchen eine Vollmacht,
da muss ausdrücklich drinstehen
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Datenauskunft, das ist ein höchst persön-
liches Recht, wir wissen doch gar nicht ob
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ihr Mandant das überhaupt will. Ich hab das
jetzt im Kleingedruckten in der Vollmacht.
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Ich bin mal gespannt, wann mir einer sagt,
dieses höchst persönliche Recht kann man
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nicht mit einer allgemeinen, sozusagen mit
den allgemeinen Vertragsbedingungen,
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wie eine Vollmacht das darstellt, ja
sozusagen, das Auskunftsrecht übertragen.
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Es werden Ausweiskopien verlangt, damit
soll sichergestellt werden, dass die Person,
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die anschreibt tatsächlich die Person ist,
sozusagen, die die Daten abfragt.
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Da werden zum Teil sehr hohe Hürden
aufgebaut. Das BKA beispielsweise möchte
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eine bestätigte Ausweiskopie. Die sagen
ihr müsst zur nächsten Polizeidienststelle
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gehen und euch bestätigen lassen, dass ihr
die Person seid, die diesen Ausweis vorlegt
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und die da abgebildet ist. Das scheint in
Berlin kein Problem zu sein. In ländlichen
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Regionen sieht das anders aus, da haben
die zum Teil noch nie davon gehört.
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Da hilft es dann nur BKA Anschreiben, dann
schreiben die einem zurück: Gehen Sie zur
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nächsten Polizeidienststelle, lassen sich
das bestätigen. Und dann kann man damit
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wieder zu seiner Polizei gehen und sagen:
Schauen Sie mal, lesen können sie ja alle.
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da steht's!
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Sie können natürlich alle lesen. So und
jetzt mal, sicher interessant hier.
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Ein mehrseitigen Auszug den ich bekommen
habe, da steht nichts schlimmes drin. Der
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zeigt aber ganz gut, was gespeichert wird.
Noch mal einen Schritt zurück, wenn ihr
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Auskunft beantragt habt, dann kommt in der
Regel ein Bestätigungsschreiben, Eingangs-
-
bestätigung, wo drin steht: Das wird jetzt
lange dauern. Das dauert auch lange.
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Lachen aus den hinteren Reihen
-
Das dauert wirklich lange, das ist nicht
lustig. Der Berliner Innensenat hat sich
-
dazu geäußert. Das ist Drucksache 132267
aus Berlin. Die Bearbeitung eines Datenaus-
-
kunftsverlangens dauert 6 Stunden, ein
Datenlöschungs und -vernichtungsantrag
-
dauert 15 Stunden. Die müssen dazu
sämtliche Stellen anschreiben. Ja, so,
-
die Zeit läuft mir ein bisschen davon, wir
müssen weiter machen. Was ist hier
-
gespeichert… oder was wird hier wiedergegeben?
Erstmal haben wir hier Eintragungen immer
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unter Fettdruck 1. Verdacht der Beförderungs-
erschleichung in drei Fällen. Das ist die
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kriminalpolizeiliche personenbezogene
Sammlung. Da sind jetzt verschiedene
-
Ermittlungsverfahren drin. Es steht hier
wurde, gab es nie eine Rückmeldung wie das
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ausgegangen ist. Zum Teil steht das auch
drin. Zum Teil steht dann: Eingestellt
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gemäß 170 2, weil keine Strafbarkeit oder
nicht nachweisbar. Dann meine Ich gehören
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die Sachen schon immer gleich gelöscht.
Zum Teil steht: Ausgang unbekannt, oder
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Einstellung. Was haben wir
hier weiter? Unter anderem
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steht hier: „Im Zuge der Festnahme zum
Verfahren Laufende Nummer 2 wurde bei
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ihrem Mandanten Cannabis und Speed auf-
gefunden.“ Ok, dann geht's weiter:
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Sonstige Daten. Wohn- und Aufenthaltsorte:
Verschiedene. Dann haben wir: Personen
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bezogener Hinweis „BTM-Konsument“ und wann
er erfasst wurde. Dann haben wir eine Alias
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Person, da hat sich jemand mal mit
falschem Namen ausgewiesen. Und dann lesen
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wir hier, dass er mal ED-Behandlt wurde,
und für welches Verfahren das war.
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Und wir haben eine Personenbeschreibung
allgemeine und besondere persönliche
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Merkmale. Da steht dann immer sowas wie
Tätowierungen, Körpergröße, Schuhgröße, Augen-
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farbe et cetera. Jetzt kommt das interessante
man kann's vielleicht lesen. Sozusagen oben
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2. Block. Da steht dann. Diese gesamten
Daten einschließlich zugehöriger sonstiger
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Daten habe ich gelöscht, da im Zuge der
Einzelfallbearbeitung festgestellt wurde,
-
dass ihre weitere Speicherung für unsere
Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich
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ist. Danke, das wollte ich auch. Einzelfall-
bearbeitung, es gibt turnusmäßig, hat die
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Polizei bestimmte Fristen, da muss sie
sich sowas anschauen, oder die Behörden
-
die sowas speichern. Aber wenn sie sozu-
sagen, in einem Einzelfall die Sache
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vorlegen, dann müssen sie, vorknöpfen
dann müssen sie das auch machen, und eine
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Anfrage ist immer ein so ein Fall. So ist ja
schön ist schon mal weg. Jetzt geht's hier
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weiter, dann kommt als nächstes kommen
Eintragungen aus der Vorgangsverwaltung.
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Das sind also aus anderen Verfahren. Da
kann alles mögliche stehen. Zeuge zu einem
-
Verfahren, Verletzter, allerdings auch
Ermittlungsverfahren oder wenn jemand
-
Betroffener ist von einem OWi-Verfahren,
oder ähnliches. Personenfahndungen.
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Und solche Sachen. Auch hier dann wieder
der Hinweis, kleingedruckt:
-
Haben wir gelöscht. Dann ist es zur Zeit
so, das überall ein Hinweis ist, das die
-
Daten für den 2. NSU Untersuchungsauschuss
nochmal weiter gegeben wurden, hier aber
-
jetzt auch gespeichert wurden, speziell
hier auch gelöscht. Dann heißt es,
-
die Daten, oder bestimmte Daten, die die
Polizei bei INPOL eingespeichert hat wurden
-
auch gelöscht. Und ansonsten heißt es,
ansonsten fragen sie doch bitte beim BKA
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(INPOL). Und da weiß ich,
da steht da noch was.
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So, ich hab noch 5 Minuten, wenn wir noch
Fragen klären wollen, dann muss ich jetzt
-
hier ein bisschen scrollen. Ich geh mal
gleich zu den Löschungsregelungen.
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Weil das ist vielleicht das interessante.
Wir haben gesehen Teile werden schon
-
gelöscht, wenn einfach angefragt wird.
Wenn man dann sieht da sind noch Sachen
-
die möchte man gelöscht haben, dann muss
man das beantragen. Die Regelungen heißt
-
Berichtigung wenn falsch, Überprüfung wenn
Frist erreicht, oder Einzelfall, nämlich
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die Anfrage kommt und dann Sperrung oder
Löschung, wenn Speicherung nicht mehr
-
erforderlich. Die Fristen bei Ermittlungs-
verfahren sind 10 Jahre bei Erwachsenen,
-
5 bei Jugendlichen, 2 bei Kindern. Dann
muss die Behörde sich das eigentlich von
-
Amts Wegen vornehmen und sagen jetzt
gucken wir durch. Dazu fehlt das Personal.
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Und deshalb lohnt sich eine Anfrage zu
machen, weil es dann häufig zu Löschungen
-
kommt. Dann sagen sie: Jetzt haben wir das auf
dem Tisch, dann machen wir das jetzt mal.
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Spezielle Probleme, wir fragen uns, es ist
immer die Frage: Wann ist das denn notwendig?
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Und da wird viel gestritten. Beispielsweise
Kontrolldelikte. Ein Kontrolldelikt ist
-
ein Delikt wo nicht die Polizei lang er-
mittelt, sondern diese typischen Zufallsfunde.
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Da wird mal bei wem die Taschen kontrolliert,
da hat der 2 Gramm Cannabis. Und der Konsum
-
ist nicht verboten, aber der Besitz ist
verboten. Und das ist ein typisches
-
Kontrolldelikt. Eigenbesitzdelikte das
sind Zufallsfunde in der Regel und da
-
wird nicht lange ermittelt und TKÜ Telefon-
überwachung und ähnliches betrieben.
-
Und da stellt sich die Frage, warum soll
die Polizei sowas speichern für die Zukunft
-
zur Gefahrenabwehr, oder für zukünftige
Strafverfahren. Denn das sind Sachen die
-
werden eingestellt. Wenn es nur um den
Besitz geht. Das sind Sachen über die wir
-
dann streiten, auch vor Gericht. Rechtsweg,
wenn es um Gefahrenabwehr geht sind immer
-
die Verwaltungsgerichte. Und es gibt aber
bestimmte Situationen da muss man an die
-
ordentlichen Gerichte beziehungsweise an
das Strafgericht wenn es um
-
strafprozessusale Maßnahmen geht, dass
ist immer ein Einzelfall. Also wenn jemand
-
sagt: Ich hab hier Daten, die wollen die
nicht löschen, ich will die aber weg haben.
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Muss man sich anschauen auf welcher
Grundlage sind die gespeichert und dann
-
wo geht's hin.
-
So, ich bin am Ende. Jetzt ein ganz
wichtiger Hinweis. Wer wissen will, was
-
über ihn gespeichert ist, muss beantragen,
dass er Auskunft bekommt. Und die Rote
-
Hilfe hat eine ganz tolle Seite einge-
richtet „Datenschmutz“ mit ganz vielen
-
weiteren Hinweisen und dort gibt es ein
Tool mit dem man sich die Schreiben an
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die für einen zuständige Behörde ausdrucken
lassen kann. Es sind alle Landeskriminalämter
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erfasst. Es ist die Bundespolizei mit
richtiger Adresse – ich hab eben gehört
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die teilt die sogar mit,
wenn die geändert wird –
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Da wird's einem leicht gemacht, da steht
auch immer drin, was für ne Ausweiskopie
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braucht man. Datenschmutz.de ist die
richtige Seite. Die haben auch hier einen
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Stand und man kann sich gleich hier sein
Schreiben schon ausdrucken, damit man es
-
nicht, damit es nicht sozusagen hinten
runter fällt, und das was ist was man
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immer mal machen will, kann man also
gleich heute noch machen. Wer sich weiter
-
informieren will findet auf der Seite
Datenschmutz ganz ganz viel wertvolle
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Information. Kann dann auch mal quer
checken zur Wikipedia, diese ganzen Daten-
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banken, sind dort alle, es gibt dort alle
Eintragungen, die recht umfangreich sind.
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Ansonsten kann ich immer empfehlen mal einen
Blick zu Netzpolitik, auch zu anderen Orten
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anderen Webseiten, die sich dort sehr
intensiv mit diesen Themen beschäftigen.
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Und immer wieder auch einen auf den
aktuellen Stand bringen. So, ich muss hier
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fragen ob ich noch ein oder zwei Fragen
beantworten kann, ich möchte nicht über-
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ziehen sozusagen für den nächsten Redner
oder nächste Rednerin die hier eigentlich
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schon startklar stehen müsste.
Herald: Eine Minute haben wir noch.
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U: Gut.
H: Erstmal einen herzlichen Applaus.
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Applaus
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U: So, spart euch den Applaus, ich
beantworte lieber eine Frage, wenn es eine
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gibt. Aber vielen Dank und danke für, dass
ihr zugehört habt. Ich meine ein sehr
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wichtiges Thema, ihr habt das gesehen,
oder ich meine ich hab ein bisschen das
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zum Ausdruck bringen können, Grundrechte
sind nur wirksam geschützt, wenn der Bürger
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sich permanent darum kümmert, dass sie
eingehalten werden.
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H: Und wir hatten vorher auch gesagt, ihr
könnt ihn auch nochmal persönlich fragen.
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Ist vielleicht bei sensiblen Daten sowieso
nicht die schlechteste Idee. Eine Frage?
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Nagut, schnell.
Frage: Die Landes-, hört man das? Ja, die
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Landespolizeibehörden machen auch gerne
einen Unterschied zwischen den zentralen
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Datenbanken und ihren Vorangsbearbeitungs-
systemen. Und schreiben dann immer zurück:
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In den Vorgangsbearbeitungssystem, das ist
ja nur unser elektronischer Schreibtisch.
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Da wolln wir …
H: Ist das ne Frage? Sorry, ist keine
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wirkliche Frage oder? Wir sind auch jetzt
leider durch mit der Zeit, vielleicht
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könnt ihr gleich im Zwiegespräch …
U: Also, danke ja, ich greif das mal auf
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danke für den Hinweis ja, es ist zum Teil
problematisch. Die Zicken häufig rum,
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um es mal salopp zu sagen. Und insbesondere,
wenn man noch erwartet, dass in der einen
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oder anderen Akte die noch in Papierform
irgendwie vielleicht auch geführt ist;
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dann wollen die häufig das man genauen
Hinweis gibt, wo die suchen sollen.
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Und sagen sonst haben wir hier
einen zu großen Aufwand.
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H: Danke lieber Ulrich.
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33c3 Abspannmusik
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