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Die unkomplizierte Wahrheit über die weibliche Sexualität

  • 0:01 - 0:03
    In unserer Kultur glauben wir,
  • 0:03 - 0:07
    dass Sex für Männer
    wichtiger ist als für Frauen.
  • 0:07 - 0:09
    Aber das ist falsch.
  • 0:09 - 0:13
    Allerdings schämen sich Frauen
    oft mehr, darüber zu reden.
  • 0:14 - 0:19
    Mehr als die Hälfte der Frauen
    leidet an einer Art sexueller Dysfunktion.
  • 0:20 - 0:23
    Wir hören mehr vom Orgasmusunterschied.
  • 0:23 - 0:26
    Er ist wie der Lohnunterschied,
    nur klebriger ...
  • 0:26 - 0:30
    (Lachen)
  • 0:30 - 0:33
    Heterosexuelle Frauen
    erreichen den Höhepunkt
  • 0:33 - 0:36
    bei weniger als 60 Prozent
    ihrer sexuellen Aktivitäten.
  • 0:37 - 0:41
    Männer erreichen den Höhepunkt
    bei 90 Prozent ihrer Sexualakte.
  • 0:42 - 0:44
    Zur Behandlung der Probleme
  • 0:44 - 0:48
    verkauft man Frauen mangelhafte
    Medikamente wie Testosteron-Cremes
  • 0:48 - 0:51
    und sogar ungeprüfte Genitalspritzen.
  • 0:53 - 0:57
    Allerdings kann weibliche Sexualität
    nicht mit einer Pille repariert werden.
  • 0:58 - 1:01
    Denn sie ist gar nicht defekt --
    sie wird missverstanden.
  • 1:03 - 1:07
    Unsere Kultur hat ein verzerrtes
    und medizinisch falsches Bild
  • 1:07 - 1:09
    von weiblicher Sexualität --
  • 1:09 - 1:11
    und das seit Jahrhunderten.
  • 1:12 - 1:16
    Wenn mehr als die Hälfte der Frauen
    sexuelle Probleme hat,
  • 1:16 - 1:21
    funktioniert unser Bild von Sexualität
    vielleicht bei Frauen nicht .
  • 1:21 - 1:25
    Wir müssen besser verstehen,
    wie Frauen wirklich funktionieren.
  • 1:27 - 1:30
    Ich bin Journalistin
    und habe ein Buch geschrieben,
  • 1:30 - 1:34
    wie sich unser Verständnis
    von weiblicher Sexualität entwickelt.
  • 1:35 - 1:40
    Die Sexualität wurde definiert,
    als Männer die Wissenschaften dominierten.
  • 1:41 - 1:46
    Diese Forscher sahen den weiblichen Körper
    durch ihre eigene verzerrte Brille.
  • 1:46 - 1:50
    Sie hätten Frauen einfach
    nach ihren Erfahrungen fragen können.
  • 1:50 - 1:55
    Doch sie erforschten den Frauenkörper
    wie eine fremde Landschaft.
  • 1:55 - 2:01
    Noch heute wird über die weibliche
    Ejakulation und den G-Punkt diskutiert,
  • 2:01 - 2:04
    als spräche man von Aliens oder Ufos.
  • 2:05 - 2:08
    "Gibt es sie wirklich?"
  • 2:08 - 2:10
    (Lachen)
  • 2:10 - 2:14
    All das zählt doppelt
    bei der Sexualität von LGBTQI-Frauen,
  • 2:14 - 2:17
    die auf bestimmte Weise
    gehasst und ausgelöscht wird.
  • 2:18 - 2:22
    Die Ignoranz gegenüber
    dem weiblichen Körper ist sehr alt.
  • 2:23 - 2:26
    Sie reicht zurück zum Beginn
    der modernen Medizin.
  • 2:26 - 2:28
    Versetzen Sie sich ins 16. Jahrhundert,
  • 2:28 - 2:32
    eine Zeit der wissenschaftlichen
    Revolution in Europa.
  • 2:33 - 2:36
    Kreative Männer
    stellten alte Dogmen in Frage.
  • 2:37 - 2:40
    Sie bauten Teleskope,
    um in die Sterne zu schauen.
  • 2:41 - 2:44
    Wir kamen voran ... manchmal.
  • 2:45 - 2:47
    De Väter der Anatomie --
  • 2:47 - 2:51
    und ich sage "Väter",
    denn ehrlich, es waren nur Kerle --
  • 2:52 - 2:54
    stöberten zwischen den Beinen
    der Frauen herum
  • 2:54 - 2:57
    und versuchten zu benennen, was sie sahen.
  • 2:58 - 3:02
    Sie waren nicht ganz sicher,
    was sie mit der Klitoris machen sollten.
  • 3:03 - 3:06
    Zum Kindermachen schien sie
    nicht notwendig zu sein.
  • 3:07 - 3:10
    Der damals führende Anatom verkündete,
  • 3:10 - 3:13
    sie sei wahrscheinlich
    eine Art abnormaler Wucherung,
  • 3:13 - 3:14
    (Lachen)
  • 3:14 - 3:19
    und dass Frauen, die eine hatten,
    wohl Hermaphroditen seien.
  • 3:20 - 3:25
    Es wurde so schlimm, dass Eltern manchmal
    die Klitoris der Töchter entfernen ließen,
  • 3:25 - 3:27
    wenn sie als zu groß erachtet wurde.
  • 3:27 - 3:29
    Ja, richtig.
  • 3:29 - 3:32
    Was wir heute als weibliche
    Genitalverstümmelung betrachten,
  • 3:33 - 3:37
    wurde im Westen
    bis ins 20. Jahrhundert praktiziert.
  • 3:38 - 3:39
    Man muss sich wundern:
  • 3:39 - 3:42
    Wenn Männer so verwirrt
    vom weiblichen Körper waren,
  • 3:42 - 3:45
    warum baten sie nicht einfach
    Frauen um etwas Hilfe?
  • 3:47 - 3:50
    Aber Sie denken jetzt sicher:
    "All das war Geschichte.
  • 3:50 - 3:52
    Die Welt ist jetzt anders.
  • 3:53 - 3:54
    Frauen haben alles.
  • 3:54 - 3:56
    Sie haben die Antibabypille,
  • 3:56 - 4:00
    sie haben Sexting
    und Tinder und Vajazzling."
  • 4:00 - 4:03
    (Lachen)
  • 4:04 - 4:06
    Es muss doch jetzt besser sein.
  • 4:07 - 4:11
    Aber die medizinische Ignoranz
    gegenüber dem weiblichen Körper hält an.
  • 4:14 - 4:16
    Wie viele von Ihnen erkennen das?
  • 4:17 - 4:20
    Das ist die komplette
    Struktur der Klitoris.
  • 4:20 - 4:23
    Wir sehen die Klitoris
    als kleinen, erbsengroßen Stummel;
  • 4:24 - 4:27
    tatsächlich reicht sie jedoch
    tief in den Körper hinein.
  • 4:27 - 4:29
    Der Großteil liegt unter der Haut.
  • 4:29 - 4:33
    Sie hat fast genau so viele
    Schwellkörper wie der Penis.
  • 4:34 - 4:36
    Sie ist wunderschön, oder?
  • 4:36 - 4:38
    Sie ähnelt etwas einem Schwan.
  • 4:38 - 4:40
    (Lachen)
  • 4:40 - 4:43
    Diese Skulptur stammt
    von der Künstlerin Sophia Wallace,
  • 4:43 - 4:46
    und ist Teil ihres Projekts "Cliteracy".
  • 4:46 - 4:48
    (Lachen)
  • 4:48 - 4:50
    Sie denkt, wir brauchen mehr "Cliteracy".
  • 4:50 - 4:52
    Das ist wahr, wenn man bedenkt,
  • 4:52 - 4:54
    dass diese Struktur von der Wissenschaft
  • 4:54 - 4:58
    erst 2009 komplett in 3D abgebildet wurde.
  • 4:59 - 5:03
    Das war nach der vollständigen Abbildung
    des gesamten menschlichen Genoms.
  • 5:03 - 5:08
    (Lachen)
  • 5:08 - 5:11
    Diese Ignoranz hat Folgen in der Praxis.
  • 5:12 - 5:14
    2005 machte die Urologin
    Dr. Helen O'Connell
  • 5:14 - 5:18
    die Fachwelt in einem Artikel
    darauf aufmerksam,
  • 5:18 - 5:22
    dass diese Struktur in allgemeinen
    medizinischen Publikationen
  • 5:22 - 5:24
    noch immer nirgendwo zu finden sei,
  • 5:24 - 5:26
    etwa in Lehrbüchern wie "Gray's Anatomy".
  • 5:27 - 5:31
    Das könne schwerwiegende Folgen
    für die Chirurgie haben.
  • 5:32 - 5:33
    Bedenken Sie das einmal.
  • 5:33 - 5:38
    Meine Herren, stellen Sie sich vor,
    Sie könnten Ihren Penis verlieren,
  • 5:39 - 5:41
    weil sich die Chirurgen
    nicht ganz sicher sind,
  • 5:41 - 5:44
    wo er ist oder wie er aussieht.
  • 5:46 - 5:47
    Es überrascht wenig,
  • 5:47 - 5:51
    dass viele Frauen über die Anatomie
    ihrer Genitalien recht wenig wissen.
  • 5:51 - 5:53
    Das ist nicht ihre Schuld.
  • 5:53 - 5:57
    Die Klitoris fehlt auch in den meisten
    Diagrammen der Sexualkunde.
  • 5:59 - 6:03
    Frauen spüren, dass ihre Kultur
    ihren Körper bestenfalls mit Verwirrung,
  • 6:03 - 6:07
    schlimmstenfalls mit offener Verachtung
    oder Ekel betrachtet.
  • 6:07 - 6:12
    Viele Frauen betrachten ihre Genitalien
    immer noch als schmutzig oder mangelhaft.
  • 6:13 - 6:16
    Sie vergleichen zunehmend ihre Vulva
  • 6:16 - 6:20
    mit den adretten, kleinen,
    die sie in Pornos sehen.
  • 6:21 - 6:25
    Deshalb werden bei Frauen
    und jungen Mädchen
  • 6:25 - 6:28
    Schamlippenkorrekturen immer beliebter.
  • 6:30 - 6:33
    Manche empfinden all das als belanglos.
  • 6:34 - 6:38
    Als ich an meinem Buch schrieb,
    sagte jemand bei einer Dinnerparty:
  • 6:38 - 6:41
    "Ist Sexualität nicht
    ein Erste-Welt-Problem?
  • 6:43 - 6:46
    Haben Frauen weltweit
    nicht größere Probleme?"
  • 6:48 - 6:49
    Natürlich.
  • 6:49 - 6:54
    Aber ich denke, Sex zu banalisieren,
    ist Teil unseres Problems.
  • 6:54 - 6:58
    Wir leben in einer Kultur,
    die von Sex besessen scheint.
  • 6:58 - 7:01
    Wir benutzen ihn,
    um alles Mögliche zu verkaufen.
  • 7:01 - 7:06
    Wir erzählen Frauen, wie unglaublich
    wichtig es ist, sexy auszusehen.
  • 7:07 - 7:09
    Aber wir degradieren Sex eigentlich nur.
  • 7:10 - 7:14
    Wir reduzieren ihn auf einen
    traurigen Schatten seiner selbst.
  • 7:14 - 7:17
    Sex ist mehr als nur ein Akt.
  • 7:18 - 7:21
    Ich sprach mit der Psychologin
    Dr. Lori Brotto.
  • 7:21 - 7:25
    Sie behandelt sexuelle Probleme
    bei Frauen, auch Traumaüberlebenden.
  • 7:26 - 7:31
    Ihre vielen hundert Patientinnen
    sagen ihr alle das Gleiche:
  • 7:32 - 7:35
    "Ich fühle mich nicht als Ganzes."
  • 7:35 - 7:40
    Sie fühlen den Verlust der Bindung
    zu ihrem Partner und zu sich selbst.
  • 7:40 - 7:42
    Was ist also Sex?
  • 7:43 - 7:46
    Traditionell definieren wir den Sexualakt
  • 7:46 - 7:50
    als linearen, zielorientierten Prozess.
  • 7:50 - 7:53
    Er beginnt mit Lust,
  • 7:53 - 7:56
    führt zu einem intensiven Vorspiel
  • 7:56 - 7:59
    und hat schließlich ein Happy End.
  • 8:00 - 8:03
    Nur erleben das viele Frauen nicht so.
  • 8:06 - 8:10
    Der Akt ist für sie weniger linear
    und eher kreisförmig.
  • 8:11 - 8:14
    Dies ist ein neues Modell
    der weiblichen Erregung und Lust,
  • 8:14 - 8:17
    entwickelt von Dr. Rosemary Basson.
  • 8:17 - 8:19
    Es sagt viele Dinge aus,
  • 8:19 - 8:23
    etwa, dass Frauen eine Begegnung
    aus vielerlei Gründen initiieren können,
  • 8:24 - 8:27
    nicht nur aus Verlangen,
    auch beispielsweise aus Neugier.
  • 8:28 - 8:32
    Sie können einen
    oder mehrere Höhepunkte haben
  • 8:33 - 8:36
    oder auch Befriedigung
    ganz ohne Höhepunkt empfinden.
  • 8:38 - 8:39
    Alle Optionen sind normal.
  • 8:41 - 8:46
    Einige Menschen verfechten inzwischen
    eine komplexere Definition von Sexualität.
  • 8:47 - 8:51
    Egal ob man sich als männlich, weiblich
    oder keins von beiden bezeichnet,
  • 8:51 - 8:55
    beim Sex geht es
    um die Beziehung zu den Sinnen.
  • 8:55 - 8:58
    Es geht darum, innezuhalten,
  • 8:58 - 9:00
    auf den Körper zu hören,
  • 9:00 - 9:02
    den Augenblick zu erleben.
  • 9:03 - 9:05
    Es geht um Gesundheit und Wohlbefinden.
  • 9:07 - 9:08
    Anders gesagt:
  • 9:08 - 9:14
    Sex in seinem ganzen Spektrum
    ist nicht profan, sondern heilig.
  • 9:16 - 9:21
    Deshalb definieren Frauen
    heute ihre Sexualität neu.
  • 9:21 - 9:24
    Sie fragen: Was bedeutet Sex für mich?
  • 9:26 - 9:31
    Sie experimentieren mit Methoden,
    die weniger auf das Happy End abzielen,
  • 9:31 - 9:33
    sondern mehr auf ein Ganzheitsgefühl.
  • 9:34 - 9:38
    Sie probieren spirituelle Sex-Kurse aus,
    Masturbation-Workshops,
  • 9:39 - 9:42
    sogar das Filmen eigener Pornos,
  • 9:42 - 9:45
    die die Diversität echter Körper feiern.
  • 9:46 - 9:50
    Wer das immer noch für ein
    belangloses Problem hält, sollte bedenken:
  • 9:51 - 9:52
    Den eigenen Körper zu verstehen,
  • 9:52 - 9:57
    ist unerlässlich für das große Thema
    sexueller Aufklärung und Einwilligung.
  • 9:58 - 10:02
    Durch genaue, intime Kenntnis,
    welche Berührung sich richtig anfühlt,
  • 10:03 - 10:06
    welcher Druck, welcher Kontext,
    welche Geschwindigkeit,
  • 10:07 - 10:10
    wissen wir besser, welche
    Berührung sich falsch anfühlt,
  • 10:10 - 10:13
    und das gibt uns Selbstvertrauen,
    das auszusprechen
  • 10:13 - 10:17
    Es geht letztlich nicht darum,
    dass Frauen mehr oder besseren Sex haben.
  • 10:18 - 10:22
    Es geht nicht darum, dass Frauen
    so viele Orgasmen haben wie Männer.
  • 10:23 - 10:28
    Es geht darum, sich selbst und seine
    einzigartigen Erfahrungen zu akzeptieren.
  • 10:29 - 10:32
    Es geht darum, Experte
    des eigenen Körpers zu sein.
  • 10:33 - 10:38
    Es geht darum, Lust und Befriedigung
    nach eigenen Bedingungen zu definieren.
  • 10:39 - 10:42
    Und wenn das heißt, dass man
    ganz ohne Sex am glücklichsten ist,
  • 10:42 - 10:44
    dann ist das auch in Ordnung.
  • 10:45 - 10:49
    Wenn wir Sex als Teil der Gesundheit
    und des Wohlbefindens definieren,
  • 10:49 - 10:53
    dann ist die Ermunterung von Frauen
    und Mädchen, ihn für sich zu erobern,
  • 10:53 - 10:57
    ein wichtiger nächster Schritt
    zur Gleichberechtigung.
  • 10:57 - 11:01
    Ich denke, dann wäre die Welt
    nicht nur für Frauen besser,
  • 11:01 - 11:02
    sondern für uns alle.
  • 11:03 - 11:04
    Danke.
  • 11:04 - 11:07
    (Applaus)
Title:
Die unkomplizierte Wahrheit über die weibliche Sexualität
Speaker:
Sarah Barmak
Description:

Ist die weibliche Sexualität tatsächlich komplizierter als die männliche? Nein, sagt Sarah Barmak. In einem aufschlussreichen Vortrag zeigt sie, wie ein fehlerhaftes Verständnis des weiblichen Körpers unsere Kultur seit Jahrhunderten prägt, sie widerlegt einige uralte Mythen und bietet eine umfassendere Definition von Lust, die näher an der (tatsächlichen) Wahrheit über weibliche Sexualität liegt.

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Video Language:
English
Team:
closed TED
Project:
TEDTalks
Duration:
11:20

German subtitles

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