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35c3 Vorspannmusik
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Herald: Nun folgt der Vortrag "Mehr
schlecht als recht: Grauzone
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Sicherheitsforschung" mit Dominik und
Fabian. Stellt euch vor ihr seid Forscher.
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Ihr wollt euch ein Stück Software genauer
angucken, verstehen wie es funktioniert,
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und macht das, was üblich ist: Reverse
Engineering. Dabei findet eine
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Sicherheitslücke. Wenn man so in den
Programm-Schedule von diesem Kongress
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guckt, ist das jetzt nicht allzu
unübliches was passiert. Aber plötzlich
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kommt Post vom Anwalt. Von dieser
Geschichte erzählen uns die beiden
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Forscher Dominik und Fabian. Begrüßt sie
und ihren Leidensweg mit einem großen
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Applaus.
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Dominik: Danke schön. Genau, wir halten,
mein Kollege Fabian und ich halten einen
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Talk. Warum stehen wir hier? Hats gerade
schon angedeutet, das hat irgendwas mit
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rechtlichen Dingen zu tun. Disclaimer
vorweg: Wir sind keine Rechtsanwälte.
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Applaus
D: Ich muss auch dazu sagen: Es sind nicht
-
nur wir beide betroffen gewesen, es waren
acht Leute insgesamt die rechtliche
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Turbulenzen verwickelt waren. Das waren
zwei Gruppen komplett unabhängiger
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Forscher, einmal das Team, im Folgenden
Team FAU, von der Friedrich-Alexander-
-
Universität Erlangen. Das sind drei Leute
von der FAU und mich, Ich bin inzwischen
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an der TU Berlin, und das andere Team, des
Team TUM aus München, TU München, vier
-
Leute inklusive Fabian. Und eigentlich
einer noch von der TU Eindhoven, der wurde
-
aber im Laufe des Prozesses irgendwie von
der Gegenseite einfach ignoriert. Ja, ist
-
okay, er hat sich nicht darüber beschwert.
Gelächter
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D: Das einzige was wir gemeinsam haben
ist, dass wir keiner Lösung trauen, die
-
absolute Sicherheit bewirkt. Wer macht so
was? Die sogenannte Antragstellerin, das
-
ist eine Anbieterin von Sicherheitslösung.
Das Versprechen ist: "Gib mir deine
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Software, ich mache sie sicher, egal wie
böse das Betriebssystem ist." Schützt vor
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Malware, Man-in-the-Middle, Code
Injektionen, Spyware. Also einfach vor
-
allem. Und warum haben wir beide Gruppen
uns das angeschaut? Wegen der relativ
-
hohen Verbreitung im deutschen Markt, das
war der Grund. Genau. Wie ist das Ganze,
-
wie hat das angefangen? Wir haben das
letztes Jahr angeschaut, und daraus ging
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dann so eine Veröffentlichung hervor.
Langsam ging das los, erst einmal einen
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Artikel in der Süddeutschen ende letzten
Jahres. Ihr seht rechts auf den Folien
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immer schön die Zeitleiste - Blau ist
dafür das color coding des Team FAU, Grün
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ist die TU München. Wir haben das gemeldet
und ohne weitere Details einen
-
Zeitungsartikel veröffentlicht, und dann
einen Monat später gab es einen Vortrag
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auf dem Kongress dazu, "Die fabelhafte
Welt des Mobilebankings" von Vincent
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Haupert von der FAU in Nürnberg. Und
darauf ausliegend haben wir dann ein Paper
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noch geschrieben, also ein
wissenschaftliches Papier, das wir auf der
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DIMVA dieses Jahres vorgestellt haben,
"Honey, I Shrunk Your App Security". Da
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haben wir dann nicht nur die
Antragstellerin betrachtet, sondern auch
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noch das umliegende Umfeld. Also, wir
haben uns auch nicht auf diese eine Firma
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verschossen, sondern wir haben uns dann
auch noch ein bisschen den Markt
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angeschaut. Das war eigentlich so das von
uns, und dann war es für uns auch vorbei
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das Thema. Deswegen kommt jetzt Fabian.
Fabian: Ja, danke Dominik, das Problem an
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dieser ganzen Geschichte ist, das es
leider ziemlich verzwickt ist, und es gibt
-
zwei Zeitstränge, die quasi an einigen
Stellen parallel ablaufen, ich erzähl euch
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jetzt, was gleichzeitig an der TUM
geschah. Was passiert ist, ist dass ein
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Kollege von mir aus unserer Autorengruppe
an der TUM sich die Elster-App für die
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Elektronische Lohnsteuererklärung
angeschaut hat und festgestellt hat "naja,
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das was da drinne ist, dass sieht ziemlich
nach dem aus, was der Vincent auf dem 34c3
-
schon mal auf dem Talk erwähnt hat". So
ist der allererste Kontakt zu Stande
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gekommen. Zu dem Zeitpunkt war das Paper
auf der DIMVA gerade conditionally
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accepted, wenn ich mich richtig entsinne,
und dann floss ein bisschen was von
-
unserer Analyse in das Paper noch mit ein.
Was wir außerdem gefunden haben ist ein
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sogenannte Whitebox-Kryptografie, die ein
zusätzlicher Schutz-Baustein in der
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Software der Antragstellerin ist. Und wir
hatten eigentlich, wir wollten uns das
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schon immer mal länger anschauen, und
haben gedacht "okay, zu diesem
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akademischen Diskurs 'bringt Whitebox-
Kryptographie etwas, bringt ist nichts'
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ohne jetzt genau zu wissen, was das genau
ist" wollten wir was beitragen. Wir haben
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dann versucht, ein Paper zu
veröffentlichen und haben ein Paper auf
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dem 12. USENIX-Workshop on offensive
Technologies, der kurz WOOT'18,
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eingereicht und wir haben uns dann sehr
gefreut, dass es conditionally accepted
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wurde, knapp einen Monat später. Haben wir
tatsächlich nicht mit gerechnet. Dann sind
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wir überrascht worden das erste Mal so
knapp, man sieht das hier an der
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Zeitleiste, ein paar Wochen nach dem wir
das conditionally accepted bekommen haben,
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gab es eine E-Mail vom CTO der
Antragstellerin mit dem Betreff
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"Responsible Disclosure violation", da
sind das erste mal aus allen Wolken
-
gefallen. Eigentlich, man muss dazu sagen,
unsere Findings, das es eigentlich... Wir
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haben da zwar reverse engineering
betrieben, aber es war eigentlich, wir
-
haben nicht so direkt ein Sicherheitsleck
da gefunden tatsächlich. Es ging
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eigentlich mehr um etwas vergleich mit der
akademischen Welt. Wir haben trotzdem die
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Forschungsergebnisse, die wir hatten, und
einen Vorabzug des Papers der Firma um die
-
es da ging zur Verfügung gestellt, und
haben dann, die waren natürlich nicht
-
begeistert, und dann haben wir über
verschiedene Aspekte unseres Papiers mit
-
denen zehn Tage lang diskutiert.
D: Hm, ja, Überraschung. Wir hatten ja zu
-
dem Zeitpunkt, habe ich vorhin schon
dargelegt, eigentlich abgeschlossen gehabt
-
mit dem Thema, wir hatten unser Papier
released, das ist so in der Wissenschaft
-
üblicherweise, da hat man dann nicht mehr
so viel damit zu tun. Und plötzlich
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flattert so ein Schreiben, offiziell
aussehendes Schreiben, also erstmal eine
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Mail am Freitagabend, am Montag kam dann
auch das per Post: "Bitte einmal
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unterschreiben". Im Volksmund wird das
eine Abmahnung genannt. Worum ging es da?
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In E-Mails von der Rechtsanwaltskanzlei
zur "Forderung der Abgabe einer
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strafebewährten Unterlassungserklärung",
das muss ablesen. Mit der Frist von, also
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Freitag Abend kam das an, nur zwei
Werktagen, was nicht sehr viel ist.
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Verstoß gegen, ja gegen was könnten wir
verstoßen haben? Wir sind böse Hacker,
-
deswegen wahrscheinlich irgendwas mit
Hackersachen, genau, Urheberrecht, und
-
natürlich waren wir auch noch Wettbewerber
und haben unlauteren Wettbewerb betrieben.
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Wir haben uns gewundert. Die Forderungen
waren folgendermaßen: kein Reverse
-
Engineering mehr machen, also zumindest
der Software der Antragstellerin, keine
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Schutzmaßnahmen umgehen, die die hier
irgendwie, das ist ja irgendwie ihr Job,
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ne? Die machen Schutzmaßnahmen, wir dürfen
die nicht mehr umgehen. Damit ist dann der
-
Schutz perfekt.
Gelächter und Applaus
-
D: Nichts mehr veröffentlichen, und keine
Software mehr erwerben oder besitzen, die
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entweder A oder B ermöglicht, also kein,
hört auf mit eurem Job, ein Leben lang.
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Strafe je Verstoß 10 000 Euro. Also jedes
mal, wenn ich IDA aus versehen irgendwo...
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Egal. Strafrechtliche Konsequenzen auch
noch angedroht. Also so ein böser
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Nebensatz der sagt "ja übrigens, obwohl
ihr hier vielleicht das unterschreibt, ihr
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könntet dann trotzdem noch auf anderem
Wege belangt werden". Das fanden wir nicht
-
so gut. Ich hatte jetzt die glückliche
Situation: Easy, an der Uni, ich bin ja
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Forscher und so. Ich habe da angerufen
"Ja, ich hab ein Problem, brauche die
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Rechtsabteilung." Und die Rechtsabteilung
sofort: "Ja, überhaupt gar kein Problem,
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machen Sie sich keine Sorgen, Wir kümmern
uns um das Thema." Damit bin ich fertig,
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danke für eure Aufmerksamkeit, ich gebe
zurück an Fabian.
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Gelächter und Applaus
F: Ja, jetzt wäre es ja schön gewesen,
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wenn das für uns auch so einfach gewesen
wäre. Wir haben diesen schönen Brief in
-
Form eines Vorabzugs per E-Mail an einem
Freitag bekommen, ich glaube es war
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irgendwie so 15:00, 15:30 oderso. Wir
saßen glücklicherweise noch in einer
-
Besprechung meiner Chefin, meiner
Professorin, die mein Promotionsprojekt
-
betreut, und die hat dann gleich reagiert
und mal die Rechtsabteilung angerufen. Na
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gut, Uni, ich weiß nicht, könnt ihr euch
überlegen, was passiert, wenn mal mal um
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16 Uhr an einem Freitag da versucht
irgendjemanden zu erreichen. Es war zum
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Glück tatsächlich noch jemand da, also es
war noch jemand da der unsere Anfrage erst
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mal aufgenommen hat. Es hieß allerdings
tatsächlich nur, dass der Herr
-
Oberregierungsrat, der sich das anschauen
könnte, der ist leider nicht mehr im Haus,
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ich gebe ihm das gleich am Montag. Ihr
habt hier so einen kleinen Kalender, um zu
-
sehen wie knapp das war: Also am 20. haben
wir es bekommen, der 24. war die Frist -
-
bis dahin sollten wir das Zurückschicken,
unterschrieben, dann könnten wir
-
vielleicht den zivilrechtlichen
Forderungen entgehen, wurde uns
-
versprochen in diesem Abmahnschreiben.
Gut, am Wochenende ist da nichts passiert,
-
wir mussten dann zähneknirschend ins
Wochenende gehen, ohne etwas bewegen zu
-
können. Am 23. und 24. haben wir dauernd
mit der Rechtsabteilung telefoniert,
-
mehrfach, oft. Und haben versucht,
irgendwie denen zu erklären, was
-
eigentlich passiert ist. Tatsächlich die
sind erstmal aus allen Wolken gefallen,
-
"Oh Gott was ist denn da schiefgelaufen?".
Dann haben wir erstmal versucht zu sagen:
-
Okay, was ist die Historie? Wir haben ja
schon im Vorfeld eine Diskussion zu
-
unserem Paper mit denen geführt, haben
denen unser Paper gegeben, und dann gleich
-
das nächste Problem: Naja das sind... Ich
will jetzt hier Juristen nicht
-
runtermachen, keineswegs, aber die haben
halt ein anderes Fachgebiet, und wir
-
machen unsere Forschung. Wir machen unsere
Forschung da und sollen denen jetzt auf
-
einmal erzählen, was unsere verschiedenen
Analyse-Techniken bedeuten und wie das
-
rechtlich einzuordnen ist. Das war sehr
schwierig. Und die Rechtsabteilung hat das
-
auch am Anfang nicht so locker gesehen.
Die erste Reaktion war glaube ich "Oh
-
Gott, wir informieren erst mal den
Vizekanzler. Wir sehen da potenziell auch
-
noch Schadenersatzforderungen auf uns
zukommen, potenziell auch nach
-
ausländischem Recht". Und das war nicht
witzig. Wir haben dann um eine
-
Fristverlängerung gebeten. Die
Rechtsabteilung hat das netterweise für
-
uns übernommen. Das ist ein Schreiben an
den gegnerischen Rechtsanwalt. Wichtig ist
-
eigentlich nur das fette: wir bitten um
eine Fristverlängerung bis Dienstag den
-
31. Juli. Wie ihr jetzt auf diesem
Kalender sehen könnt, das wäre jetzt genau
-
eine Woche gewesen. Gekriegt: Einen Tag
haben wir. Danke. Okay, also weiter
-
hetzen. Wir müssen irgendwie mit unserer
Rechtsabteilung klären, was wir jetzt
-
machen können. Wir haben mit denen
tatsächlich juristische Fachartikel
-
gewälzt. Dann kam am 25. leider noch der
nächste Brüller: "Wir können das
-
Antwortschreiben leider nur vorbereiten,
unterschreiben müsst ihr es selbst, wir
-
können es als Uni nicht zurückweisen. Auf
dem Briefkopf steht euer Name, ihr müsst
-
es unterschreiben, die TUM ist nicht
offiziell Prozesspartei bis jetzt." Da war
-
auf unserer Seite erst einmal Stille. Wir
konnten es nicht fassen. Wir mussten dann
-
tatsächlich darauf eingehen und haben
deren vorbereitetes Antwortschreiben dann
-
selbst unterzeichnet und die Forderungen
der Antragstellerin zurückgewiesen.
-
D: Ganz kurz, erinnert mich daran, Ich
habe es komplett vergessen. Das (verweist
-
auf Slides) war natürlich nicht wie es
war. Also, sie haben sofort gesagt "Ja es
-
steht ihr Name drauf, good luck, have fun.
Sie sollten sich dringend einen Anwalt
-
nehmen. Geht uns nichts an." Also, das war
dann Geil. Weiter: rechtlicher
-
Hintergrund. Fabian.
F: Okay. Also das was jetzt folgt, das
-
wussten wir natürlich zu dem damaligen
Zeitpunkt noch nicht, das ist das was wir
-
jetzt über den, also das was jetzt noch
alles kommt im Vortrag, da haben wir das
-
so angesammelt an Wissen. Wie gesagt,
Disclaimer: Wir sind keine Anwälte, aber
-
ich versuche trotzdem mal so ein bisschen
euch auseinander zu nehmen: Wo ist das
-
Problem, juristisch, soweit wir es
verstehen? Wir haben uns für unsere
-
Analyse der Software, um die es da ging,
verschiedener Methoden aus dem Reverse
-
Engineering Baukasten-bedient. Der ist
jetzt hier mal als Querbalken grün
-
dargestellt. Und da ist zum Beispiel halt
drin: dekompilieren, verschiedene
-
statische Analyse-Techniken. Man kann das
Programm zum Beispiel testen indem man es
-
in einem Emulator ausführt und nicht
direkt auf der Hardware, und den Emulator
-
kann man dann ein bisschen pimpen an ein
paar Stellen. Man kann das Programm auch
-
einfach nur als Blackbox nehmen und
einfach dem zuschauen, was es tut. Wenn
-
man es im Debugger ausführt tatsächlich,
dann sieht man auch wie sich die
-
Registerwerte verändern. Disassemblieren
tatsächlich wird auch durch den Debugger
-
gemacht, tatsächlich ist das ja, man kann
es auch bei Objectdump rein schmeißen.
-
Juristisch ist es so: dekompilieren, never
do it, das ist verboten. Nach
-
verschiedenen Paragrafen aus dem
Urheberrecht, und einen Teilanspruch, je
-
nachdem welchen Anwalt man trifft, leiten
die das auch her aus dem Gesetz gegen den
-
unlauteren Wettbewerb, wo steht: man darf
nicht mit technischen Maßnahmen
-
Geschäftsgeheimnisse einer anderen Firma
sich aneignen. Testen und beobachten
-
wiederum tatsächlich ist völlig okay, das
ist explizit erlaubt nach dem
-
Urheberrecht. Und dankenswerterweise auch
nicht ausschließbar nach den AGB. Bei den
-
ganzen Zwischendingern ist es so: Joa.
Also, je nachdem in welchem juristischen
-
Fachartikel man da liest, wenn es denn da
mal, und da gibt es nur ein paar davon.
-
Wir haben gefragt, keiner konnte uns das
so richtig sagen, wir mussten uns im
-
Vorgang dann auch Anwälte nehmen, auch die
meinten "Ja, das ist nicht abschließend
-
geklärt nach unserer Meinung". Es gibt bei
dem dekompilieren netterweise eine
-
Ausnahme, das ist die Herstellung von
Interoperabilität. Wie gesagt, ich bin
-
wieder kein Jurist, aber ich vermute, das
trifft zum Beispiel sowas wie Treiber-
-
Entwicklung - ihr habt einen Closed-
Source-Treiber und es gibt eine
-
Schnittstelle, und ihr wollt jetzt ein
Open-Source-Pendant dazu anbieten, oder es
-
gibt irgendeine klar definierte
Schnittstelle und aus Wettbewerbsgründen,
-
damit der Wettbewerb bestehen kann, darf
man im Notfall auch dekompilieren um
-
herauszukriegen, wie diese Schnittstelle
zu bedienen ist. In einem Emulator
-
ausführen: Wir haben mal unsere Anwälte
dann später gefragt, die meinen es ist
-
wahrscheinlich eher verboten. Das müsst
ihr euch jetzt mal auf der Zunge zergehen
-
lassen: Also das ausführen, also die
Begründung war dann: naja, das Programm
-
läuft dann ja nicht mehr in seiner
natürlichen Umgebung.
-
Gelächter
Schwierig. Und statische Analyse
-
teilweise, wir haben auch juristische
Fachartikel gelesen da war disassemblieren
-
schon verboten. Also, wenn ihr im Hex-
editor das Programm aufmacht und den
-
Disassemblierer in eurem Kopf habt
tatsächlich, ihr könnt dann aus den Hex-
-
Ziffern die Opcodes herleiten, und selbst
wenn ihr in eurem Kopf dekompilieren
-
könnt, das ist fein. Wenn ihr aber ein
Tool dafür benutzt, dass das automatisch
-
macht, ist schwierig. Eigentlich war unser
Ziel des Ganzen: Wir wollten eigentlich
-
gerne mit der... Also, wir hatten kein
Interesse an Streit. Wir haben gesagt "Na
-
ja okay, was können wir denn machen ohne
unsere wissenschaftliche Unabhängigkeit zu
-
verlieren um das der Gegenseite so ein
bisschen schmackhaft zu machen dass wir
-
das Paper veröffentlichen?" Wir haben mit
denen diskutiert, ein paar Formulierungen
-
die wirklich einfach drin waren, die
wissenschaftlich null Relevanz haben, wo
-
man nicht sagen kann "Hey wir hätten uns
da einen faulen Kompromiss gemacht" haben
-
wir gestrichen. Aber das hat alles nichts
gebracht. Letzten Endes haben wir trotz
-
intensiver Diskussion mit der
Antragsgegnerin das Paper dann finally
-
zurückgezogen. Obwohl die WOOT uns
signalisiert hat, also es kam
-
zwischenzeitlich von der WOOT die eMail
"Wir nehmen das an in der Fassung", es war
-
also nicht mehr conditionally accepted, es
war finally accepted zu dem Zeitpunkt. Wir
-
haben gesagt wir bringen das dann
irgendwann später vielleicht mal. Und dann
-
sind wir in Urlaub gefahren und haben
gehofft, Na ja, jetzt ist ja hoffentlich
-
Ruhe. Oder?
D: Das war dann auch, so ein Wochenende
-
war Ruhe. Hier ist das unboxing-Video, was
dann die nächste Woche ankam. (Sound aus
-
dem Video: Papier reißt "Aah, zur
Wiederverwendung eher schlecht, dafür sehr
-
gehaltvoll") Ja, das war das Schreiben.
(Video: An Inhalt, oder zumindest an Masse
-
fehlt es nicht.) Das Schreiben vom
Gericht, vom Nürnberger Landesgericht war
-
sehr gehaltvoll. Und was war das dann? Sie
haben versucht, eine einstweilige
-
Verfügung zu erreichen. Das Gericht hat es
aber nicht direkt akzeptiert, sondern hat
-
gesagt "Das ist ein sehr komplexes Thema."
Erstmal großer Wert und so, wir wollen das
-
gerne, also man kann da als Gericht sagen
"ja, das winken wir direkt durch,
-
einstweilige Verfügung wird akzeptiert"
und dann muss man dagegen klagen und so
-
weiter, oder man sagt als Gericht, das
würde man gerne mal verhandeln. Das hätten
-
Sie gerne verhandelt, mit Anwaltszwang,
also wir haben uns dann auch Anwälte
-
genommen. Und volles Programm natürlich,
und persönliches Erscheinen wird
-
angeordnet. Dann sind wir alle nach
ziemlich viel Schriftwechsel, also dann,
-
man denkt so "Verhandlungen, da geht man
hin und schaut mal was passiert". In
-
Wirklichkeit war da mit unseren Anwälten
wirklich Beschuss, also es gab seitenweise
-
von der Gegenseite von uns irgendwelche
Schreiben die das Recht interpretiert
-
haben und dem Gericht versuchen, im
Vorfeld schon mal klarzumachen, dass die
-
jeweilige Gegenseite Quatsch redet.
Jedenfalls nach diesen gesamten hin und
-
her haben wir uns dann auch getroffen im
Gerichtssaal, und war alles überfüllt. Die
-
Richter haben gemeint "Naja, so eine volle
zivil-Verhandlung hatten sie noch nie".
-
Wir waren acht Leute, der komplette
Lehrstuhl ist noch mit angereist aus
-
Interesse.
Gelächter und Applaus
-
War sehr interessant, also es waren recht
lange Verhandlungen, unser Anwalt hat mit
-
zwei Stunden gerechnet, maximal, und es
waren dann sieben.
-
Gelächter
Es war, also, und da waren natürlich sehr
-
interessante Stilblüten mit dabei, die ich
jetzt hier nicht zeitlich alle vorbringen
-
will, aber solche Sachen wie, die
Verteidiger, oder ne, waren ja keine
-
Verteidiger, die Rechtsanwälte der
Antragstellerin haben so Sachen
-
losgelassen wie: "Es kann der Sicherheit
der Software unserer Klientin ja nicht
-
dienlich sein, wenn die Sicherheit in der
öffentlichkeit diskutiert wird".
-
Gelächter
Genau, also das war interessant. Die
-
Richter haben ihren Job tatsächlich
verhältnismäßig, also wir hatten Glück
-
dass sie sich wirklich darauf eingelassen
haben auf das Thema, nicht nur Täter, wie
-
Schreibtischtäter, sondern wirklich sich
damit auseinandergesetzt haben. Die
-
Schriftführerin ist irgendwann nach Hause
gegangen weil sie Feierabend machen
-
musste, und sieben Stunden später hat dann
die, sieben Stunden später hat dann die
-
dritte Richterin das niedertippen dürfen,
die Schriftführerin war weg. Wir haben
-
einen Vergleich geschlossen mit der
Gegenseite. Wir haben uns darauf geeinigt,
-
dass die Gegenseite erst mal alles zahlt.
Das war uns sehr wichtig. Aber dafür haben
-
wir zugestanden, dass wir in Zukunft
Responsible Disclosure ihnen gegenüber
-
einhalten. Wenn wir jemals wieder deren
App anschauen, dann sagen wir erst mal
-
Bescheid, "Wir haben eine neue
Sicherheitslücke, wir geben Ihnen X Tage
-
Zeit, die wir für angemessen halten."
Daraufhin darf die Gegenseite dann sagen,
-
"Ja, das ist uns nicht genug" oder "Wir
brauchen mehr Infos" oder "ja, passt, wir
-
fixen das", im Idealfall. Und wir dürfen
dann die Kommentare der Gegenseite prüfen
-
und dürfen entsprechend agieren, und, was
uns besonders wichtig war: Wir dürfen
-
weiterhin veröffentlichen, trotzdem, und
sie tragen komplett die
-
Verhandlungskosten. Sagen wir mal ein
okay-es Ergebnis, nach dem Vergleich waren
-
wir alle super durch, und es gab auch
einen Heise-Artikel dazu, der rege
-
kommentiert wurde. Also eigentlich gerade
nochmal alles gut gegangen, oder? Also, es
-
klingt jetzt so mittelgut. Acht Forscher
wurden wochenlang, es ist echt Stress, wie
-
gesagt, Papierkrieg bis zum Umkippen,
lauter Sachen, die man noch nie hätte
-
träumen lassen wollen können. Wir haben
keinerlei Unklarheiten beantwortet, nur
-
dadurch dass wir gesagt haben "Ja, wir
nehmen den Vergleich an". Bis jetzt. Also,
-
wenn wir gewonnen hätten, dann wäre
dekompilieren trotzdem nicht legal
-
gewesen, dann hätten wir nur gesagt "Wir
haben nicht dekompiliert" oder so was, und
-
das Paper von der TU ist weiterhin nicht
veröffentlicht, das wird aber, also sie
-
sind auf dem Weg, das kommt dann schon
doch irgendwann, ist halt jetzt ein halbes
-
Jahr später oder so. Was nehmen wir aus
dem gesamten mit? Erst mal: keine Panik,
-
aber... also, das ist so ein Standar-Ding,
don't Panik. Aber ich habe natürlich zu
-
wenig gepanikt. Ich habe am Freitag
gedacht, ja, ist ja eh Wochenende, Montag
-
wird es meine Uni schon richten. Äh, ne.
gelächter
-
Nicht blind Sachen unterschreiben
natürlich. Ich glaube dass ist auch
-
obvious. Wenn wir den ersten Wisch
unterschrieben hätten, dann hätten wir
-
einfach unsere Jobs an den Haken hängen
können. Kompletter Käse. Die Uni-Juristen
-
sind keine IT-Experten, also selbst da an
den Unis wo sie das gemacht haben war's
-
nicht so leicht, das denen zu vermitteln.
Die FAU zum Beispiel, da die Juristen
-
haben sich hervorgetan, die waren Positiv
zu erwähnen. Ja, wie auch immer. Nicht
-
übertreiben in Publikatoinen, das ist so
ein bisschen gegen uns selbst. Wir
-
tendieren dazu in der Wissenschaft immer
alle so "voll gut, was wir gemach haben"
-
und so weiter. Wenn wir Sachen rein
schreiben die am Schluss vielleicht
-
rechtlich belangen, verwerflich sind dann
problematisch, und auch warum den
-
Firmennamen groß in den Titel packen wenn
man es nicht muss oder so etwas könnte man
-
sich dann für die Zukunft überlegen ob man
das wirklich will und das Wichtigste
-
natürlich: never decompile. Niemals jemals
einen decompiler verwenden. Kein F5 mehr,
-
Taste gleich rausreißen aus der Tastatur.
Glücklicherweise: Die Beweislast liegt
-
beim Gegner. Falls doch jemand mal
ausrutscht auf der Maus oder der Tastatur:
-
Die Beweislast liegt beim Gegner. Nicht
reinschreiben. Also wenn man wirklich ein
-
Papier oder sowas veröffentlicht: Man hat
nicht dekompiliert. Hat man einfach nicht.
-
Problem ist: Es gibt irgendwie wieder
Ansprüche, also wenn ein Verdacht besteht
-
dann könnten da auch wieder... Das geht
jetzt auch zu tief ins Detail. Never
-
decompile. Dann haben wir uns einige
Fragen gestellt, die jetzt im verlauf der
-
Fabian noch ein bisschen beantworten
möchte.
-
Fabian: Bevor wir jetzt zum Ende des talks
und zum Resume kommen, wir haben natürlich
-
uns selber während des Prozesses schon
einige Fragen gestellt und auch von
-
außerhalb welche bekommen. Das best-of
möchte ich euch jetzt nicht vorenthalten.
-
Natürlich, naja, wenn die Richter... Das
muss man klar sagen, während es
-
Gerichtsprozesses haben sich die Richter
sehr tief in die Karten schauen lassen, haben
-
der Gegenseite quasi wortwörtlich gesagt:
"Also Leute, vor dieser Kammer habt ihr
-
mit euren Forderungen keine Chance. Das
könnte vergessen." Da kann man sich
-
natürlich jetzt fragen: Warum haben wir
das dann nicht einfach durchgezogen
-
sondern uns verglichen? Na ja, ich habe
euch mal so ein bisschen aufgemalt. Was
-
wir ja gekriegt haben... das ist der
Instanz-Weg, wir haben jetzt ein
-
einstweilige-Verfügungs-Verfahren gehabt.
Das ist das worum es bei uns ging. Die
-
Abmahnung haben wir gekriegt, die haben
wir alle unabhängig voneinander
-
zurückgewiesen. Und dann geht der Weg,
weil es ein einstweiliges-Verfügungs-
-
Verfahren ist, erst einmal zum
Landgericht, dann zum Oberlandesgericht
-
wenn die Gegenseite Berufung oder Revision
geht. Und danach gibts auf jeden Fall erst
-
einmal beim einstweiligen Verfahren eine
Entscheidung. Davon unberührt ist aber
-
noch ein eigentliches Verfügungs-Verfahren
das ist quasi, also einstweilig ist das
-
Eilverfahren. Ich habe mal gehört, ich
hoffe es stimmt, in Bayern muss man zum
-
Beispiel auch einen Monat nach Kenntnis
als Firma des Vorfalls einreichen sonst
-
ist es offensichtlich nicht mehr eilig
wenn man einen Monat damit wartet bis man
-
zu Gericht geht. Unabhängig davon kann man
noch mal versuchen die gleichen Ansprüche
-
in einem normalen Verfügungs-Verfahren
durchsetzen. Einstweilige ist einfach nur
-
die Eilig-Geschichte. Das eben der Zustand
eingefroren wird. So, wo waren wir denn
-
jetzt? Wir haben die erste Stufe dieser
fünfstündigen Pyramide, die haben wir
-
quasi gezündet. Wir waren beim Landgericht
haben auch auf ein Urteil, also waren da
-
und hätten es auf ein Urteil ankommen
lassen können, es wäre wahrscheinlich in
-
unserem Sinne ausgegangen. Die meisten
Fälle von denen wir wissen, und von denen
-
auch die TUM-Anwälte wussten oder von
unserem Team die Anwälte wussten, die
-
enden schon bei der Abmahnung. Die meisten
Firmen haben null Interesse da dran, in
-
einem öffentlichen Rechtsstreit die
Sicherheit ihrer Software zu diskutieren.
-
War bei uns nicht so. Mit dem Vergleich,
darin enthalten ist eine
-
Abgeltungsklausel. Das bedeutet: Alle
Ansprüche sind erledigt, völlig egal ob
-
sie berechtigt sind oder nicht. Damit kann
man nicht in Berufung oder Revision gehen.
-
Das heißt wir haben dem Gegner die vier
Stufen, die noch hätten gezündet werden
-
können, alle erspart, haben wir uns
erspart. Dem Gegner auch. Wobei wir
-
vermuten, dass wir am Ende die gewesen
wären, die den vielleicht etwas kürzeren
-
Atem gehabt hätten. Und wie gesagt, dieser
Vergleich für uns ist in unserem Sinne.
-
Wir wollen sowieso eigentlich responsible
disclosen dass uns im Laufe des Verfahrens
-
immer wieder mal vorgeworfen wurde "na ja,
die Kommunikation war ich jetzt nicht so
-
gut." Das tut uns leid, aber war halt ein
Missgeschick. Was auch nicht, also zum
-
Beispiel: Man könnte auch einen Gutachter
bestellen, Verfügungsverfahren ist viel
-
länger, das kann sich über Jahre
hinziehen, man muss auch nicht gleich
-
machen da gibts Verjährungsfristen, und so
weiter. Wir wollten dann nicht auf einer
-
tickenden Zeitbombe sitzen bleiben. Jetzt
gibt es natürlich das nächste Problem:
-
Kann man IT-Sicherheitsforscher jetzt denn
durch rechtliche Schritte zum Schweigen
-
bringen? Hm, Schwierig. unsere Meinung.
Jein. Also. bei uns hat es irgendwie nicht
-
funktioniert. Also wir haben uns das Recht
erkämpft unsere Forschung jetzt gerade auf
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Seiten der TUM, also dass wir es immer
noch veröffentlichen können, wenn wir das
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wollen. Wir haben kein NDA unterzeichnet,
wir können hier mit euch heute über den
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Vorfall sprechen und tun das auch um die
Awareness für dieses Problem zu steigern,
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damit euch hoffentlich nicht so etwas
ähnliches passiert wie uns. Auf der
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anderen Seite hatten wir schon das Gefühl,
da das alles so ungeklärt ist, besonders
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diese verschiedenen Nuancen der Analysen,
dass man eigentlich ja irgendwie immer
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einen Grund konstruieren kann der
rechtlich für einen Juristen scheinbar ja
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auch plausibel zu klingen scheint, sodass
man sagen kann "naja, Anspruch ist
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vielleicht berechtigt" und dann ist der
Forscher, wenn er keinen Bock hat durch
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einen wahnsinnig lange Instanz-Weg zu
gehen, eigentlich immer mundtot machen.
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Und der psychische Druck ist enorm, das
sage ich, euch das war einer der
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stressigsten, vielleicht der stressigste
Sommer in meinem Leben. Wer vertritt denn
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Uni-Sicherheitsforscher? Eigentlich haben
mich viele Leute gefragt "Naja Leute, ihr
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seid doch Arbeitnehmer. Ihr seid alle
abhängige Forscher, ihr habt ja ne Uni,
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also wieso kümmert sich eigentlich nicht
die Uni darum, warum müsst ihr das
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machen?" Warum das geht, das kann ich euch
rechtlich leider nicht komplett
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auseinander nehmen, es gibt da zwei im
bayerischen Beamtenrecht, oh Gott ich
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glaube Abschnitt 8 Absatz 2, 3 in
Verbindung mit 2(1), lasst mich lügen. Ihr
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seht schon wie sehr ich mich mit diesem
Scheiß beschäftigen musste obwohl ich kein
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Jurist bin. Aber beantragt haben wir das,
eine Antwort haben wir dazu heute noch nicht.
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Im schlimmsten Fall muss das ins
bayerische Wissenschaftsministerium rauf,
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um eine Aussage zu kriegen ob das geht
oder nicht, aber das ist tatsächlich auf
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TUM-Seite bis heute ungeklärt. Wie geht
man als Forscher mit Nebentätigkeiten um?
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Mehrere von uns haben ein kleines Gewerbe
nebenbei in dem sie zum Beispiel
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Pentesting oder allgemeine IT-Tätigkeiten,
die man halt so macht, dass wir das
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irgendwie abrechnen können und ordentlich
abrechnen kann. Wenn jetzt, das ist
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tatsächlich ja in der Abmahnung aktiv
passiert, vonseiten einer Firma
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konstruiert werden kann "Na Ja, deine
Firma, das ist ein Konkurrent, der steht
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ja im Wettbewerb mit mir und unterliegt
dann viel strengeren Regeln." Das finde
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ich sehr kritisch. Also zum Glück haben die
Richter tatsächlich gesagt: "Na ja, also,
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stellen die jetzt ein Konkurrenzprodukt
her? Nein.". Aber trotzdem, der Vorwurf
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steht natürlich erstmal im Raum. Was wäre
schön zu haben, was würde, was hätten wir
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gewünscht zu haben? Es wäre natürlich
kurzfristig erst mal cool wenn man das
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ganze Risiko von dem Unternehmen verklagt
zu werden irgendwie versichern könnte
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sodass man, wenn der Worst Case eintritt,
dass man da wirklich jemanden hat er will
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sich nicht einigen und er will dich durch
die vollen fünf Instanzen durchschicken,
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dass man das irgendwie abfangen kann und
dass man das nicht auf private Rechnung
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machen muss. Man kriegt vielleicht mal
Geld wieder bei Gericht wenn man Recht
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kriegt, aber die Anwälte, jedenfalls
unsere, die wir engagiert haben, die
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wollten natürlich monatlich bezahlt
werden. Man kann ja auch mal eine Instanz
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verlieren. Da wäre es natürlich cool, man
hätte irgendeine Art
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Rechtschutzversicherung. Keiner von uns
hatte eine. Nächstes Problem: Das sind
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Sachen aus dem Urheberrecht, das ist ja
ein Copyright-Verfahren, das ist wohl,
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haben uns unsere Anwälte gesagt, "selbst
wenn es eine gehabt hätten, Urheberrecht
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ist meistens ausgeschlossen." Das liegt an
den ganzen Filesharing-Geschichten,
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normalerweise fallen nämlich die alle
darein. Und wenn man wegen unlauteren
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Wettbewerb verklagt wird weil man nebenbei
eine Firma hat, dann braucht man ja
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eigentlich, also Gewerbe ist dann auch
irgendwie gerne ausgeschlossen bei der
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Rechtsschutzversicherung. Also tatsächlich
haben sie genau die beiden Punkte
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getroffen, wo es weh tut. Okay es wäre gut
wenn es da eine Versicherung geben würde,
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die auch für Sicherheitsforscher so ein
Risiko versichern würde. Unterstützung
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durch Forschungsinstitute. Auch vor allen
Dingen, also wir hätten durch die Uni
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Unterstützung gebraucht. Ich hatte schon
den Eindruck tatsächlich dass da durchaus
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viele Leute waren die bemüht waren uns zu
helfen und die die das auch versucht haben
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aber die dann irgendwie über einen
Paragraphen gestolpert sind, sodass sie es
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nicht machen konnten. Und es hat sich an
einigen Stellen tatsächlich auch leider
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das Gefühl gehabt es gibt so einen
Unwillen im System der hat sagt "Naja, das
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fassen wir lieber nicht an." Da bräuchte
man eine klare Bekennung zu Forschern,
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halt auch externen Forschern, weil nur den
Mitarbeitern, das hätte jetzt Dominik zum
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Beispiel nichts gebracht und vor allen
Dingen auch Studenten, wenn die auf so
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einer Arbeit mit drauf stehen. Sowas wie
Rechtsschutz und Mithaftung wäre
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interessant. Vielleicht gibt es eine
Mithaftung tatsächlich, aber ihr wollt ja
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auch als Arbeitnehmer einer Uni nicht
unbedingt gleich eure eigene Uni
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verklagen, oder? Also, das haben wir kurz
überlegt, aber einen mehr-Fronten-Krieg
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gegen eine Firma und unseren Arbeitgeber
das ist nicht so cool. Dann natürlich wäre
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Gelächter
Dann wäre natürlich
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auch noch cool eine rechtliche Basis für
Sicherheitsforschung zu haben, die viele
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oder am besten alle Analysen die man als
Sicherheitsforscher so macht irgendwie
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erlaubt. Also, wir sind da ja mit
irgendwelchen Copyright, das ist sowieso
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schon eigentlich ein bisschen wahnsinnig,
mit irgendwelchen Copyright-Klagen
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überzogen worden. Frag mich bitte nicht
genau aus, aber soweit ich weiß gibts seit
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2016 da im Digital Millennium Copyright
Act, das ist das Entsprechung zum
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Urheberrechtsgesetz in den USA, eine
explizite Ausnahmeregelung für
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Sicherheitsforschung. Wenn die da wäre,
könnte man vielleicht viele rechtliche
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Fragen gleich im Keim ersticken und hätte
auch mehr Sicherheit, wenn man mit Juristen
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drüber redet, die sich jetzt nicht, also
diese ganzen Nuancen in der
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Sicherheitsforschung der Analysen, die das
eigentlich gar nicht so genau beurteilen
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können. Gut, das wars von unserer Seite,
wir stehen euch jetzt für Fragen zur
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Verfügung.
D: Danke schön.
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Applaus
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Herald: Vielen Dank erst einmal für diese
Vorstellung dieses Leidensweges, das ist
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ja wirklich erschreckend. Genau, wir
kommen zur Q&A. Wer Fragen hat kommt bitte
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an eins der Mikros. Meine Lieblingsansage
ist immer: Fragen, Punkt 1, bestehen aus
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einem Satz mit einem Fragezeichen am Ende.
Zweitens, wenn in in ein Mikro redet
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wirklich nah ran, nicht in den Mund
stecken aber kurz davor. Der Nachredner
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wird es euch danken. Und für alle die ganz
dringend wohin müssen: bitte macht das so
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leise wie irgendwie möglich damit ihr
nicht den Rest stört. Und damit kommen wir
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zu den Fragen und beginnen direkt beim
Mikro Nr. 2.
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Mikro 2: Danke für die aufregende Story.
Vergleich mit einseitiger Kostenübernahme
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ist ja nicht der Standard. Meine Frage
wäre: könnt ihr wenigstens beschreiben wie
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hoch die Kosten waren, die die Gegenseite
übernehmen musste, jetzt die
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Gerichtskosten und die Kosten eurer
Anwälte?
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F: Also da gibts so eine rechtsanwaltliche
Gebührentabelle, die bestimmt nicht
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rechtsanwaltliche Gebührentabelle heißt
sondern irgendwie anders. Es gibt bestimmt
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einen coolen juristischen Begriff dafür,
und nach der wird das berechnet, und nach
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dem Teil sind auch die Kosten abgerechnet
worden.
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D: Streitwert 200.000 Euro am Schluss.
F: Genau. Also, wir hatten auch erst mal
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Angst bei diesem Streitwert, der so
wahnsinnig hoch ist. Tatsächlich bei einer
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einstweiligen Verfügung wollen sie
eigentlich nur diese
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Unterlassungserklärung haben, "hey, wir
dürfen das nicht mehr", bei Androhung
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einer Strafe, und diese Streitwert-
Geschichte, danach berechnen sich
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eigentlich nur die Kosten für Gericht und
die Anwälte. Soweit ich weiß.
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H: Mikrofon Nr. 1
Mikro 1: Eine Frage, die ihr mit Ja oder
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Nein beantworten könnt: Hatte es für einen
von euch acht noch berufliche
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Konsequenzen?
D: Ja. Nicht mich, aber ja.
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F: Okay, also wir sind zwei verschiedene
Teams, deswegen teilen wir das so...
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D: Für eins von acht ja.
F: Okay, eins von acht, also auf unserer
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Seite, nicht dass ich wüsste. Also keine
direkten beruflichen Konsequenzen. Also
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nervlich auf jeden Fall, also auch schon
so dass man sich überlegt, hey, will man
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so ein Projekt nochmal anschieben? Aber
ich persönlich bin froh, dass ich
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durchgefochten habe bis zum Schluss. Ich
bin auch mit dem Vergleich zufrieden.
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H: Mikrofon Nr. 3
Mikro 3: Hi. Haben Eure Anwälte mal die
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Frage beantwortet, ob das was da im
juristischen Text als dekompilieren steht
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auch wirklich das ist, was wir als
Techniker darunter verstehen. Ist es
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wirklich F5 drücken oder ist es mehr so
dass kompilierte Programm in eine andere
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Form überführen.
D: Irgendwie sowas in der Richtung.
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Deswegen sagen wir Grauzone.
Sicherheitsforschung. Dekompilieren ist
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auf jeden Fall böse. Deswegen hat wir
diese schönen Grafiken. Es könnte alles
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irgendwie mit drunterfallen, übersetzen in
andere Formen.
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F: Also wenn du ganz viel Lust hast 69e
tatsächlich aus dem Urheberrechtsgesetz
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das ist tatsächlich der
Dekompilierungsparagraf, der allerdings
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erst mal die Ausnahmen regelt wo man noch
dekompilieren darf. Da steht tatsächlich
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als Überschrift ganz groß dekompilieren
und es wird nicht näher bestimmt, was jetzt
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genau dekompilieren ist. Ich gehe davon
aus, also das weiß ich tatsächlich jetzt
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nicht das ist was genau jetzt für den
Juristen dekompilieren ist. Also wie
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gesagt wir haben einen juristischen
Fachartikel gelesen da war Disassemblieren
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schon dekompilieren.
D: Und genau diese Frage kann unser
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Rechtsanwalt nicht beantworten. Das müsste
dann quasi das Gericht entscheiden.
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F: Also da kam von unserer Seite ganz klar
die Ansage: Wir kennen keine Referenz
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Urteil dazu. Wir haben keine Datenbasis
dass wir sagen können Hey so wird das dann
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schon ausgehen. Das müsste man mal klären.
Juristisch. Alles was wir ihnen sagen
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können sind nur Meinungen. Das kann jeder
Richter anders sehen und entscheiden wie
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er möchte.
H: Haben wir eine Frage aus dem Internet?
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Signal Angel: Es stellt sich die Frage, es
wurde im Vortrag angemerkt, dass die
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Studenten und Forscher ein Recht auf
Versicherung haben sollten. Es ist weniger
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so eine klare Frage, als: Hätten nicht alle
Recht darauf eine Versicherung zu haben,
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wenn sie ihre eigene Software, die Sie
verwenden, auf Sicherheit überprüfen
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wollen.
F: Das war so gemeint die Forderung: Es
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wäre erst mal schön eine Versicherung
gäbe, die es dann versichern würde
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D: Also kurzfristig.
F: Also kurzfristig. Das wäre erst mal
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schön. Wir kennen kein. Wir haben uns
gefragt: Schließen wir erst mal eine
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Rechtsschutzversicherung ab, als das
Schreiben reingekommen ist. Die nicht mehr
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den Schaden bezahlt, der jetzt gerade
eingetreten ist. Aber für zukünftige Fälle
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wäre das ja sinnvoll gewesen. Wir haben
uns dann also ein bisschen informiert und
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sind auf diese Probleme gestoßen. Selbst
wenn wir eine Rechtsschutzversicherung
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gehabt hätten, hätten wir vielleicht das
gleiche Problem gehabt. Naja ist nicht
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abgedeckt durch die Police, könnt ihr
selber zahlen.
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D: Natürlich stimme ich dem Internet dann
auch zu. Es wäre das was man also man
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sollte sich das dann selbst anschauen
dürfen. Aber das ist das Recht das muss
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geändert werden vielleicht
H: Mikrofon Nummer zwei bitte.
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Mikro 2: Der CCC macht ja auch so was wenn
jemand Daten findet oder wie auch immer
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ran kommt, dass sich da dann mit
einschaltet. Habt ihr den CCC bei euch
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auch mit angesprochen und wenn ja wie ist
das gelaufen und und aus gegangen?
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D: Da hatten wir wechselnde Erfahrungen.
Ich hab recht eng mit dem CCC kommuniziert
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gehabt und war ziemlich gute. Wir hatten
auch unsere Anwälte über den CCC empfohlen
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bekommen. JBB war zum Beispiel sehr zwei
Daumen hoch wenn man mal sowas hat.
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Aber das ist halt irgendwie bei acht Leuten
verzwickt gewesen das zu kommunizieren.
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F: Also auf unserer Seite tatsächlich ist
das so ein bisschen. Ich will jetzt dem
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CCC das nicht vorwerfen. Es kann doch
einfach nur ein Kommunikationsproblem auf
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unserer Seite gewesen sein. Aber
tatsächlich bei uns ist von der
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Ausgestaltung der CCCler nicht ganz so
viel angekommen. Der Herr Jäger, die
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Kanzlei JBB, der die Nürnberger
Forschungsgruppe vertreten hat in dieser
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Sache, der wollte uns nicht auch mit
vertreten. Das war einfach Pech dass die
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Gegenseite uns vor ein Gericht gezerrt wo
wir eigentlich völlig separat voneinander
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geforscht haben. Der wollte potenzielle
Interessenkonflikte vermeiden, weil wir ja
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doch sehr heterogen sind und dann hat er
gesagt: "Naja ich empfehle euch einen
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Kollegen." Tatsächlich. Aber ja. Das war
dann halt schon sehr sehr weit weg.
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H: Mikrofon Nummer 1
Mikro 1: Vielen Dank für den Talk erst mal
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und die Frage bei den ganzen
zurückgebliebenen Unklarheiten und ja auch
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so einer klagewilligen Antragstellerin was
ja wohl auch nicht selbstverständlich ist.
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Wäre es nicht voll sinnvoll gewesen das
einmal durch zu klagen um irgendwie ein
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Grundsatzurteil zu bekommen oder einen
Präzedenzfall und die Kosten die dabei
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entstehen, die natürlich gefährlich sind,
nicht eher solidarisch zu tragen.
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D: Meiner Meinung nach hätten wir am
Schluss nur bewiesen gehabt dass man uns
-
nicht beweisen kann dass wir dekompiliert
haben. Das wäre das, was am Schluss dabei
-
hätte raus kommen können. Medienwirksam
wäre es vielleicht sinnvoll gewesen zu
-
verlieren, aber da hatte absolut niemand
Lust drauf.
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F: Also meintest du jetzt tatsächlich dass
die Gegenseite das versucht das bis zum
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Ende durch zu klagen um das irgendwie zu
gewinnen und sich nicht zu einigen oder
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worauf bezog sich die Frage?
D: Ja schon auf uns.
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Mikro 1: Die Frage bezieht sich darauf ob
diese Praktiken die bei dieser
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Sicherheitsforschung angewendet werden
nicht dann doch durch die Gerichte so
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eingeordnet werden ob das legal ist oder
nicht weil so bleibt ja das jein.
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F: Ja das ist richtig. Das Problem ist
dass die Komponente die man dabei nicht
-
ganz vergessen darf. Das sind acht
Forscher, die alle auch im Leben noch was
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anderes vorhaben. Einige waren zu dem
Zeitpunkt der Klage zum Beispiel schon gar
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nicht mehr bei uns an der TU. Du stehst
mit dieser riesigen Autorengruppe da vor
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Gericht und das musst du über zwei oder
drei Jahre. Wir haben versucht alle
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Entscheidung im Konsens zu treffen. Das
habe ich einen Sommer lang war ich quasi
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Telefonzentrale für die Münchner Seite der
Autorengruppe und es war ein Vollzeitjob
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weil jeder überall wo anders war und das
versuchen irgendwie über Jahre hinaus
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zusammenzuhalten ist ein Albtraum. Das ist
ein wahnsinnig psychologischer Druck und
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du weißt da auch vom Gericht. Du versuchst
ja erst einmal die niedrig hängenden
-
Früchte zu nehmen. Also zum Beispiel in
dem Schreiben der gegnerischen
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Rechtsanwälte - da waren formale Fehler
drin. Da fehlt mal ein Paragraph
-
tatsächlich. Du liest das Dokument und
stellst fest
-
D: Ne Seite.
F: Stellst fest da fehlen Absätze. Das
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Dokument ist nicht schlüssig an sich. Rein
formal. Natürlich fängst du nicht erst mal
-
in den Brunnen der Dekompilierung ganz
tief hinabzusteigen. Du sagt erst einmal
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Hey Leute, da fehlen Seiten - wie viel Mühe
gebt euch denn mit euren Schreiben? Das
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ziehst du ihm ja als erstes mal um die
Ohren. Und ob dann am Ende wir wirklich
-
uns jetzt auf das Dekompilierungs-Ding da
gestürzt hätten. Das ist völlig, völlig
-
offen.
H: Gut, Zeit ist um. Wer noch Fragen hat.
-
Ihr beide seid vielleicht ja noch einen
Moment hier vorne erreichbar. Wer noch
-
eine Frage loswerden will, kommt einfach
nach vorne. Ansonsten war's das und damit
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wünsche ich mir noch einmal einen großen
Applaus für die beiden.
-
Applaus
-
Abspannmusik
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im Jahr 2020. Mach mit und hilf uns!