Mark Bittman über was wir essen – und was falsch daran ist
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0:00 - 0:02Ich schreibe übers Essen, übers Kochen.
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0:02 - 0:04Ich nehme das ziemlich ernst,
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0:04 - 0:06aber ich möchte über etwas sprechen,
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0:06 - 0:10das mir in den letzten paar Jahren sehr wichtig geworden ist.
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0:10 - 0:14Es geht ums Essen, aber nicht unbedingt ums Kochen.
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0:15 - 0:17Zuerst einmal ein Bild einer schönen Kuh.
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0:18 - 0:21Ich bin kein Vegetarier, und das ist vielleicht ein Widerspruch,
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0:21 - 0:23aber trotzdem glaube ich, dass die Kuh hier –
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0:23 - 0:24(Gelächter)
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0:24 - 0:26– die heutige Version von dem hier sein könnte.
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0:27 - 0:31Ich übertreibe nur ein klein wenig.
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0:31 - 0:33Warum sage ich das?
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0:33 - 0:37Weil nur einmal zuvor das Schicksal einzelner Menschen
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0:37 - 0:39und das Schicksal der gesamten Menschheit
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0:39 - 0:41so miteinander verflochten gewesen ist.
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0:41 - 0:43Damals war's die Atombombe, und nun stehen wir hier.
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0:44 - 0:46Wie wir jetzt handeln, wird entscheidend sein,
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0:46 - 0:50nicht nur für die Lebensqualität und -länge von Einzelnen.
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0:50 - 0:52Wenn wir die Erde in hundert Jahren sehen könnten,
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0:52 - 0:54würden wir das erkennen.
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0:54 - 0:56Es ist ein Holocaust einer anderen Art,
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0:56 - 0:59und das zu ignorieren, hilft niemandem.
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0:59 - 1:01Die globale Erwärmung ist nicht nur
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1:01 - 1:03ein reales, sondern auch ein gefährliches Problem.
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1:03 - 1:06Sämtliche Wissenschaftler weltweit sind dieser Meinung,
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1:06 - 1:09sogar Präsident Bush erkennt das nun oder tut also ob.
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1:09 - 1:11Wir können sie daher als Tatsache anerkennen.
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1:12 - 1:14Ein weiterer Fakt für Sie:
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1:14 - 1:18Nach der Erzeugung von Energie ist die Viehzucht der zweitgrößte Erzeuger
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1:18 - 1:20von Gasen, die die Erdatmosphäre verändern.
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1:20 - 1:24Fast ein Fünftel aller Treibhausgase
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1:24 - 1:26stammt aus der Viehzucht –
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1:26 - 1:28das ist mehr als vom Verkehr.
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1:28 - 1:32Sie können über Kuhfürze Witze machen,
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1:32 - 1:35aber Methan ist 20-mal giftiger als CO2
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1:35 - 1:37und dann gibt's noch mehr.
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1:37 - 1:41Viehzucht trägt auch wesentlich zum Landabbau bei, zur Wasser-
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1:41 - 1:46und Luftverschmutzung, Wasserengpässen und Verlust der Artenvielfalt.
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1:46 - 1:47Und dann kommt noch dazu,
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1:47 - 1:50dass die Hälfte der Antibiotika in den Vereinigten Staaten
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1:50 - 1:53nicht Menschen verabreicht wird, sondern Tieren.
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1:53 - 1:56Aber diese Auflistungen schläfern schnell ein, also lassen Sie mich nur sagen:
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1:56 - 1:58wenn Sie fortschrittlich sind,
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1:58 - 2:01einen Toyota Prius fahren, umweltfreundlich oder
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2:01 - 2:03oder biologisch einkaufen,
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2:03 - 2:06dann sollten Sie wahrscheinlich Halbvegetarier sein.
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2:07 - 2:11Ich bin genauso wenig gegen Kühe wie gegen die Atomkraft,
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2:11 - 2:13aber wie wir diese Dinge nutzen, macht den Unterschied.
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2:13 - 2:15Und noch etwas –
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2:15 - 2:17Ann Cooper hat gestern großartig darüber gesprochen,
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2:17 - 2:19und Sie wissen, worum es geht.
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2:20 - 2:24Es gibt überhaupt keinen Zweifel, dass die "Zivilisationskrankheiten" –
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2:24 - 2:28Diabetes, Herzleiden, Schlaganfall, einige Krebserkrankungen –
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2:28 - 2:31hier wesentlich häufiger vorkommen
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2:31 - 2:33als irgendwo sonst auf der Welt.
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2:33 - 2:37Sie sind die Folge unserer westlichen Essgewohnheiten.
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2:37 - 2:41Unser Verlangen nach Fleisch, Milchprodukten und raffinierten Kohlehydraten –
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2:41 - 2:46weltweit werden eine Milliarde Dosen oder Flaschen Cola pro Tag konsumiert –
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2:46 - 2:50unser Verlangen nach – nicht Bedarf an – diesen Dingen
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2:50 - 2:54führt dazu, dass wir viel zu viele Kalorien aufnehmen.
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2:54 - 2:59Diese Kalorien kommen von Nahrungsmitteln, die Krankheiten fördern, nicht verhindern.
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2:59 - 3:01Die Erderwärmung war unvorhersehbar.
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3:01 - 3:05Wir wussten nicht, dass Luftverschmutzung mehr als nur schlechte Sicht verursacht.
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3:05 - 3:07Na ja, vielleicht ein paar Lungenkrankheiten,
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3:07 - 3:10aber das ist ja nicht so wichtig.
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3:10 - 3:12Die jetzige Gesundheitskrise ist allerdings
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3:12 - 3:15mehr wie das Werk von finsteren Mächten.
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3:15 - 3:18Uns wurde versichert,
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3:18 - 3:20je mehr Fleisch, Milch- und Geflügelprodukte wir essen würden,
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3:20 - 3:22desto gesünder würden wir sein.
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3:22 - 3:25Nein. Übermäßiger Genuss von Tierprodukten und Junkfood
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3:25 - 3:29ist das Problem, sowie der zu geringe Verzehr von Pflanzen.
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3:29 - 3:32Ich habe keine Zeit, über die Vorteile von pflanzlicher Kost zu sprechen,
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3:32 - 3:35aber das ist nachgewiesen – und ich möchte das ganz deutlich machen –
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3:35 - 3:39es sind nicht Bestandteile der Pflanzen, es sind die Pflanzen an sich.
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3:39 - 3:42Nicht Vitamin A, sondern die Karotte selbst.
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3:42 - 3:46Es ist eindeutig nachgewiesen, dass Pflanzen unsere Gesundheit fördern.
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3:46 - 3:48Die Nachweise dafür sind inzwischen sogar überwältigend.
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3:48 - 3:52Mehr Pflanzenkost, weniger von anderen Sachen, und umso länger lebt man.
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3:52 - 3:54Nicht schlecht.
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3:54 - 3:56Aber zurück zu Tieren und Junkfood.
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3:56 - 3:58Was haben sie gemeinsam?
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3:58 - 4:01Erstens: Beide sind für unsere Gesundheit nicht notwendig.
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4:01 - 4:03Wir brauchen keine Tierprodukte,
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4:03 - 4:06und ganz sicher brauchen wir kein Weißbrot und keine Cola.
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4:06 - 4:08Zweitens: Beide werden intensiv vermarktet,
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4:08 - 4:10und kreieren ein unnatürliches Verlangen in uns.
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4:10 - 4:15Wir werden nicht mit einem Heißhunger auf Whopper oder Skittles geboren.
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4:15 - 4:18Drittens: Ihre Produktion wird von den Regierungsbehörden unterstützt,
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4:18 - 4:21auf Kosten einer gesünderen und umweltfreundlicheren Ernährung.
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4:21 - 4:25Denken wir uns einen Vergleich dazu aus.
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4:25 - 4:28Nehmen wir an, dass die Regierung eine Wirtschaft unterstützt, die auf Öl basiert,
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4:28 - 4:32und dabei erneuerbare Energien einschränkt,
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4:32 - 4:34obwohl sie weiß, dass das zu Umweltverschmutzung,
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4:34 - 4:36Krieg und steigenden Kosten führt.
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4:36 - 4:38Kaum zu glauben, oder?
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4:38 - 4:40Aber sie tun es trotzdem.
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4:40 - 4:42Und sie tun es auch hier. Es ist genau das gleiche.
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4:42 - 4:44Das Traurige an der Sache ist, dass, wenn es um Ernährung geht,
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4:44 - 4:46sogar die Regierungsmitglieder, die es gut mit uns meinen
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4:46 - 4:50und das Richtige tun wollen, scheitern.
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4:51 - 4:54Entweder werden sie von den Marionetten der Agrarindustrie überstimmt,
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4:54 - 4:56oder sie sind selbst Marionetten der Agrarindustrie.
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4:56 - 5:00Als die USDA (die amerikanische Agrarbehörde) endlich zugab,
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5:00 - 5:04dass Pflanzen und nicht Tiere die Gesundheit fördern,
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5:04 - 5:08ermunterten sie uns mit ihrer stark vereinfachten Ernährungspyramide,
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5:08 - 5:11fünf Portionen Obst und Gemüse pro Tag zu essen,
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5:11 - 5:13sowie zusätzliche Kohlenhydrate.
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5:13 - 5:16Sie verschwiegen dabei, dass manche Kohlenhydrate gesünder sind
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5:16 - 5:18und dass Pflanzen und Vollkornprodukte
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5:18 - 5:20Junkfood ersetzen sollten.
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5:20 - 5:23Aber die Lobbyisten der Lebensmittelindustrie würden das nie zulassen.
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5:23 - 5:25Und wissen Sie was?
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5:25 - 5:27Die Ernährungspyramide wird zur Hälfte von Leuten erstellt,
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5:27 - 5:29die Verbindungen zur Agrarindustrie haben.
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5:29 - 5:32Tierprodukte werden nicht durch Pflanzenkost ersetzt,
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5:32 - 5:35und unsere Esslust wird immer größer,
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5:35 - 5:39und so bleibt das Gefährlichste an der Pyramide unverändert.
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5:39 - 5:43Sogenannte Low-Carb- oder Low-Fat-Diäten –
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5:43 - 5:45das sind keine Lösungen.
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5:45 - 5:47Und obwohl viele intelligente Leute
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5:47 - 5:50über Bio-Produkte, Produkte aus der Region
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5:50 - 5:52und über artgerechte Tierhaltung diskutieren,
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5:52 - 5:55werden die allerwichtigsten Fragen nicht gestellt.
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5:55 - 5:57Verstehen Sie mich nicht falsch.
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5:57 - 5:59Ich mag Tiere,
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5:59 - 6:02und die Tierhaltung zu industrialisieren und Tiere
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6:02 - 6:05am Fließband wie Werkzeuge zu produzieren, ist nicht einfach so in Ordnung.
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6:05 - 6:08Aber es ist unmöglich, Tiere artgerecht zu behandeln,
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6:08 - 6:11wenn man zehn Milliarden von ihnen im Jahr tötet.
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6:11 - 6:13Das ist die Zahl. Zehn Milliarden.
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6:13 - 6:15Hintereinander aufgereiht –
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6:15 - 6:19Hühner, Kühe, Schweine und Schafe –
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6:19 - 6:21ergeben sie die Strecke zum Mond – fünfmal, hin und zurück.
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6:21 - 6:24Ich bin zwar nicht sonderlich gut in Mathe,
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6:24 - 6:27und natürlich hängt es auch von der genauen Größe der Tiere ab,
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6:27 - 6:29aber Sie bekommen eine Vorstellung.
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6:29 - 6:31Und das sind nur die Zahlen für die Vereinigten Staaten.
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6:32 - 6:34Bei unserem übermäßigen Verzehr von Tierprodukten,
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6:34 - 6:37der Treibhausgase produziert und zu Herzerkrankungen beiträgt,
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6:37 - 6:40führt Mitgefühl vielleicht auf die falsche Fährte.
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6:40 - 6:44Wir sollten erst die Anzahl der Tiere, die wir essen, senken,
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6:44 - 6:48dann können wir uns darum kümmern, wie wir die übrig gebliebenen am besten behandeln.
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6:48 - 6:52Eine weitere falsche Fährte könnte das Wort "locavore" ("Lokalfresser") sein,
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6:52 - 6:55das gerade vom New Oxford American Dictionary zum 'Wort des Jahres' ernannt worden ist.
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6:55 - 6:57Im Ernst.
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6:57 - 6:59Falls Sie das Wort nicht kennen, ein Lokalfresser
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6:59 - 7:01ist jemand, der nur regionale Produkte konsumiert.
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7:01 - 7:04Das funktioniert ganz gut in Kalifornien, aber
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7:04 - 7:07für den Rest der USA ist das bloß ein schlechter Witz.
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7:07 - 7:10Das – die offizielle Ernährungspyramide
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7:10 - 7:12und die trendigen Lokalfresser –
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7:12 - 7:14sind zwei Arten, unsere Ernährung zu verbessern.
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7:14 - 7:16(Gelächter)
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7:16 - 7:18Beide liegen allerdings falsch.
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7:18 - 7:22Die erste Vision ist populistisch, die zweite elitär.
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7:22 - 7:26Die Geschichte des Essens in Amerika verrät, wie wir an diesem Punkt angelangt sind.
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7:26 - 7:28Also werde ich darüber sprechen,
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7:28 - 7:31zumindest über die letzten hundert Jahre oder so.
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7:31 - 7:33Vor hundert Jahren war jeder Amerikaner
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7:33 - 7:37ein Lokalfresser. Sogar in der Nähe von New York gab es Schweinefarmen.
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7:37 - 7:40Essen von einem Landesteil in einen anderen zu transportieren war eine lächerliche Vorstellung.
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7:41 - 7:44In jeder Familie wurde gekocht, meistens von den Müttern.
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7:44 - 7:47Diese Mütter kauften Nahrungsmittel und bereiteten sie zu –
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7:47 - 7:49genau wie in unserer romantischen Vorstellung von Europa.
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7:49 - 7:51Es gab keine Margarine.
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7:51 - 7:54Als Margarine erfunden wurde, wurde tatsächlich
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7:54 - 7:58in einigen Landesteilen gesetzlich verordnet, sie rosa zu färben,
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7:58 - 8:01damit man ihre Künstlichkeit erkennen konnte.
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8:01 - 8:03Es gab kein Knabberkram, und bis zu den zwanziger Jahren,
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8:03 - 8:06als die Firma Clarence Birdseye gegründet wurde, keine Tiefkühlkost.
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8:06 - 8:09Es gab keine Restaurantketten,
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8:09 - 8:11bloß Nachbarschaftslokale, die von Einheimischen betrieben wurden,
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8:11 - 8:13und die dachten niemals daran, ein zweites Lokal zu eröffnen.
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8:13 - 8:16Essen aus anderen Ländern war völlig unbekannt, außer bei Leuten, die aus anderen Ländern stammten.
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8:16 - 8:19Feinkost war eine rein französische Angelegenheit.
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8:19 - 8:22Eine kurze Nebenbemerkung –
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8:22 - 8:26Dan Aykroyd imitierte Köchin Julia Child in den Siebzigern –
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8:26 - 8:31Sie können auf diesem großartigen Bild sehen, woher seine Idee stammt, sich selbst zu erstechen.
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8:31 - 8:32(Gelächter)
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8:32 - 8:36In jenen Tagen, noch bevor Julia Child kochte,
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8:36 - 8:38gab es keine Ernährungsphilosophien.
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8:38 - 8:40Man aß einfach.
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8:40 - 8:42Man versuchte nicht irgendetwas zu sein.
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8:42 - 8:45Es gab keine Werbung. Keine landesweiten Marken.
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8:45 - 8:48Vitamine waren noch nicht erfunden.
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8:48 - 8:51Kein Gesundheitsamt machte gesundheitsbezogene Angaben bei Lebensmitteln.
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8:51 - 8:55Fette, Kohlenhydrate, Eiweiß – sie waren weder gut noch schlecht, sondern ein Teil des Essens.
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8:55 - 8:58Man aß Essen.
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8:58 - 9:00Kaum etwas hatte mehr als eine Zutat,
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9:00 - 9:02denn es war selbst eine Zutat.
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9:02 - 9:04Cornflakes waren noch nicht erfunden.
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9:04 - 9:05(Gelächter)
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9:05 - 9:08Pop-Tarts, Pringles, Cheez Whiz – all diese Knabbereien gab es noch nicht.
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9:08 - 9:10Goldfischli schwammen noch.
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9:10 - 9:12(Gelächter)
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9:12 - 9:15Man kann sich das nur schwer vorstellen. Nahrung wurde angepflanzt und dann konsumiert.
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9:15 - 9:18Und, noch einmal, jeder aß Produkte aus der Region.
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9:18 - 9:21Orangen waren in New York ein beliebtes Weihnachtsgeschenk,
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9:21 - 9:24denn sie kamen von weit her, aus Florida.
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9:25 - 9:27Dann, in den Dreißigern, wurden die Straßen ausgebaut,
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9:27 - 9:29Lastwagen ersetzten den Zugverkehr,
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9:29 - 9:31und frische Lebensmittel wurden immer weiter transportiert.
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9:31 - 9:33Bald konnte man überall in New York Orangen bekommen.
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9:33 - 9:36Der Süden und der Westen der USA wurden zu Agrarzonen,
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9:36 - 9:39und in den anderen Landesteilen verdrängten die Vorstädte den Agraranbau.
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9:39 - 9:42Die Auswirkungen davon sind bekannt und überall zu sehen.
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9:42 - 9:45Kleinbauernhöfe, seit Jahren in Familienbesitz,
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9:45 - 9:47konnten nicht mehr überleben,
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9:47 - 9:49echte Gemeinschaften verschwanden,
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9:49 - 9:53und es wurde schwierig, gute Tomaten zu finden, sogar im Sommer.
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9:53 - 9:57Schließlich produzierte man in Kalifornien zu viele Lebensmittel,
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9:57 - 10:00und so begann man, Lebensmittel in Dosen und Tiefkühlkost zu vermarkten.
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10:00 - 10:02So kam die Bequemlichkeit ins Spiel.
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10:02 - 10:04Sie wurden an protofeministische Hausfrauen
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10:04 - 10:06als Möglichkeit, die Hausarbeit zu reduzieren, verkauft.
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10:06 - 10:09Ich weiß, dass den über 45-Jährigen unter Ihnen
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10:09 - 10:11gerade das Wasser im Mund zusammenläuft.
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10:11 - 10:12(Gelächter)
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10:12 - 10:13(Applaus)
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10:13 - 10:17Ein Bild von Fischstäbchen wäre noch besser, oder?
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10:17 - 10:18(Gelächter)
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10:19 - 10:21Diese Produkte haben zwar die Hausarbeit reduziert,
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10:21 - 10:24aber auch die Vielfalt der Lebensmittel, die wir zu uns nahmen.
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10:24 - 10:28Viele von uns wuchsen auf, ohne je frisches Gemüse zu essen,
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10:28 - 10:32nur gelegentlich gab es einmal eine Karotte oder einen Salat.
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10:32 - 10:34Ich selbst – und ich mache keine Witze –
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10:34 - 10:38habe echten Spinat oder Brokkoli zum ersten Mal probiert, als ich 19 war.
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10:38 - 10:40Aber wer brauchte schon frisches Gemüse? Es gab ja überall Fleisch.
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10:40 - 10:43Es gab nichts einfacheres als ein Steak für die ganze Familie zu braten,
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10:43 - 10:45nichts sättigte mehr, nichts war gesünder.
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10:45 - 10:49Aber zu dem Zeitpunkt wurden Kühe bereits auf unnatürliche Art und Weise gehalten.
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10:49 - 10:51Anstatt Gras zu fressen
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10:51 - 10:54– wofür ihre Mägen ausgerichtet sind –
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10:54 - 10:56wurde Soja und Mais an sie verfüttert.
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10:56 - 10:59Und obwohl die Tiere Probleme hatten, dieses Futter zu verdauen,
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10:59 - 11:02war das kein Problem für die Züchter.
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11:02 - 11:05Die Tiere bekamen neue Medikamente, die sie gesund machten
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11:05 - 11:07oder zumindest am Leben hielten.
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11:07 - 11:09"Gesund" war etwas anderes.
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11:09 - 11:11Dank der Subventionen,
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11:11 - 11:14der fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen Agrarindustrie und amerikanischem Kongress,
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11:14 - 11:16nahmen Soja, Mais und Rind überhand.
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11:16 - 11:19Und Huhn schloss bald auf.
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11:19 - 11:22Zu dieser Zeit begannen wir dann auch,
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11:22 - 11:24gesunde Essgewohnheiten und den Planeten zu zerstören
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11:24 - 11:26– auch wenn wir uns dessen erst jetzt bewusst werden.
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11:26 - 11:28Hören Sie sich das an:
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11:28 - 11:33Zwischen 1950 und 2000 hat sich die Bevölkerung der Erde mehr als verdoppelt.
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11:33 - 11:36Der Konsum von Fleisch hat sich dagegen verfünffacht.
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11:36 - 11:42Irgendjemand musste all das konsumieren, und so wurde uns Fastfood serviert.
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11:43 - 11:46Eine geniale Veränderung.
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11:46 - 11:50Man aß weiterhin zu Hause, aber die Qualität des Essens stürzte ab.
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11:50 - 11:54Selbstgebackenes Brot, selbstgemachte Suppen und Nachspeisen wurden seltener,
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11:54 - 11:56denn man konnte ja alles fertig in jedem Geschäft kaufen.
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11:56 - 11:59Die Fertigprodukte schmeckten zwar nicht sonderlich, aber sie waren eben da.
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11:59 - 12:01Die meisten Mütter kochten wie meine:
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12:01 - 12:05ein Stück Fleisch, ein schneller Salat mit einem Dressing aus der Flasche,
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12:05 - 12:07Suppe aus der Dose, Obstsalat ebenfalls aus der Dose.
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12:07 - 12:10Dazu vielleicht Ofenkartoffeln oder Püree,
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12:10 - 12:13oder das dümmste Essen überhaupt: Express- oder Fertigreis.
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12:13 - 12:17Als Nachspeise gab's Eis oder Kekse aus dem Supermarkt.
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12:17 - 12:21Meine Mutter ist nicht hier, also kann ich das jetzt sagen:
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12:21 - 12:25Dieses Essen brachte mich dazu, selbst kochen zu lernen.
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12:25 - 12:26(Gelächter)
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12:26 - 12:28Es war also nicht ganz schlecht.
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12:28 - 12:30Spätestens in den siebziger Jahren begannen einige fortschrittliche Leute,
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12:30 - 12:33den Wert regionaler Produkte zu erkennen.
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12:33 - 12:36Gärten wurden angepflanzt und wir begannen uns für Bioprodukte zu interessieren,
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12:36 - 12:38wir kannten Vegetarier oder waren selbst welche.
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12:38 - 12:40Und nicht alle von uns waren Hippies.
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12:40 - 12:43Ein paar von uns aßen in guten Restaurants und übten sich in der Kochkunst.
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12:43 - 12:48Die Herstellung von Lebensmitteln war inzwischen industriell geworden. Industriell.
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12:48 - 12:51Lebensmittel wurden auf rationaler Basis hergestellt,
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12:51 - 12:53wie Plastikprodukte,
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12:53 - 12:57und konnten vielleicht deswegen ihre magischen und/oder giftigen Kräfte ausüben.
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12:57 - 12:59Viele Leute entwickelten eine Fettphobie.
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12:59 - 13:03Andere vergötterten Brokkoli,
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13:03 - 13:05auch wenn sie kaum Brokkoli aßen.
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13:05 - 13:07Sie verschlangen stattdessen Joghurt,
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13:07 - 13:09da der ja fast so gesund wie Brokkoli war.
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13:09 - 13:12Das Problem war nur, dass der in den Supermärkten verkaufte Joghurt
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13:12 - 13:15so verändert war, dass er eher Eiscremecharakter hatte.
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13:15 - 13:18Ein anderes Beispiel: Müsliriegel.
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13:18 - 13:20Sie glauben vielleicht, dass Müsliriegel gesund sind,
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13:20 - 13:22aber die Zutatenliste wird Ihnen verraten,
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13:22 - 13:26dass ein Müsliriegel näher am Snickers als am Haferbrei ist.
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13:27 - 13:30Das gemeinsame Abendessen mit der Familie wurde immer seltener,
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13:30 - 13:32falls es nicht sogar völlig verschwand.
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13:33 - 13:36Das war der Anfang der Blütezeit von Lebensmitteln mit Zusätzen,
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13:36 - 13:38Soja, Mais, alles mögliche und so viel wie möglich
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13:38 - 13:40wurde den Lebensmitteln zugesetzt.
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13:40 - 13:42Zum Beispiel die Chicken Nuggets aus der Tiefkühltruhe.
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13:42 - 13:45Die Hühner werden mit Mais gefüttert, ihr Fleisch faschiert,
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13:45 - 13:49und dazu kommen noch mehr Maisprodukte als Bindemittel.
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13:49 - 13:52Dann werden die Nuggets in Maisöl frittiert.
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13:53 - 13:55Dann ab in die Mikrowelle damit. Was könnte besser sein?
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13:56 - 13:58Erbärmliches Mikrowellenessen.
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13:59 - 14:03Selbstgekochtes Essen konnte da nicht mithalten,
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14:03 - 14:06denn der hohe Fettanteil, die starken Gewürze in Produkten
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14:06 - 14:08wie McNuggets oder Hot Pockets –
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14:08 - 14:11wir haben alle unsere persönlichen Favoriten –
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14:11 - 14:13führten dazu, dass selbstgemachtes Essen
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14:13 - 14:15nur fade schmeckte.
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14:15 - 14:19Zur gleichen Zeit begannen immer mehr und mehr Frauen zu arbeiten
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14:19 - 14:21und den Männern war das Kochen nicht wichtig genug,
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14:21 - 14:23um sich die Arbeit mit den Frauen zu teilen.
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14:23 - 14:26Und nun haben wir unsere Pizza-Abende, unsere Mikrowellen-Abende,
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14:26 - 14:28unsere Knabber-Abende,
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14:28 - 14:30unsere Reste-Essen-Abende und so weiter.
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14:31 - 14:34Und am meisten essen wir – Sie erraten es sicher:
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14:34 - 14:36Fleisch, Junkfood, Käse.
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14:36 - 14:38Genau das, was uns umbringen wird.
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14:38 - 14:40Und darum verlangen wir nun Bio-Produkte –
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14:40 - 14:42und das ist gut so.
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14:42 - 14:44Es ist ein Beweis, dass Dinge sich ändern können,
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14:44 - 14:46und darum kann man jetzt Bio im Supermarkt kaufen,
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14:46 - 14:48und Bio sogar in Fastfoodlokalen finden.
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14:48 - 14:50Aber Bio-Produkte sind auch nicht die Lösung des Problems,
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14:50 - 14:53oder zumindest nicht, wenn wir uns die derzeitige Bio-Verordnung genauer anschauen.
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14:53 - 14:55Ich werde Ihnen eine Frage stellen:
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14:55 - 14:57Können wir Farmlachs als ökologisch bezeichnen,
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14:57 - 15:02wenn die Futtermittel nichts mit der natürlichen Nahrung des Lachses zu tun haben,
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15:02 - 15:06auch wenn die Futtermittel bio sind, wenn die Fische
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15:06 - 15:11eingepfercht sind und in ihrem eigenen Dreck schwimmen?
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15:11 - 15:15Und wenn dieser Lachs in Chile gezüchtet wird, dort getötet wird
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15:15 - 15:18und dann 8000 Kilometer weit geflogen wird?
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15:18 - 15:21Wie ist da die CO2-Bilanz?
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15:21 - 15:23ich will's lieber nicht wissen.
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15:23 - 15:25Der Lachs wird natürlich in Styropor verpackt,
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15:25 - 15:28landet irgendwo in den Vereinigten Staaten
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15:28 - 15:30und wird dann einige hunderte Kilometer weiter transportiert.
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15:30 - 15:35Das ist vielleicht laut der Bioverordnung "biologisch", aber sonst wohl kaum.
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15:36 - 15:38Aber hier kommen wir alle zusammen.
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15:38 - 15:41Die Lokalfresser, die Biofresser, die Vegetarier,
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15:41 - 15:43die Veganer, die Feinschmecker
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15:43 - 15:47und diejenigen, die einfach nur an gutem Essen interessiert sind.
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15:47 - 15:50Unsere Ausgangspunkte sind vielleicht unterschiedlich,
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15:50 - 15:52aber wir müssen unser Wissen nützen,
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15:52 - 15:56um den allgemeinen Umgang mit Essen zu verändern.
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15:56 - 15:58Wir müssen anfangen zu handeln,
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15:58 - 16:02und es geht dabei nicht nur um soziale Gerechtigkeit, wie Ann Cooper sagte –
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16:02 - 16:04auch wenn sie völlig recht damit hat –
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16:04 - 16:06es ist eine Frage des globalen Überlebens.
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16:06 - 16:11Das bringt mich wieder zurück zum Hauptthema:
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16:11 - 16:15der Überproduktion und dem übermäßigen Genuss von Fleisch und Junkfood.
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16:15 - 16:18Ich habe bereits erwähnt, dass 18 Prozent der Treibhausgase
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16:18 - 16:21aus der Viehzucht stammen.
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16:21 - 16:24Wie viel Zuchtvieh braucht man dafür?
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16:24 - 16:27Von 70 Prozent Agrarland weltweit
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16:27 - 16:33werden 30 Prozent direkt oder indirekt für die Zucht
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16:33 - 16:36von Tieren verwendet, die wir konsumieren.
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16:36 - 16:39Laut Prognosen wird sich diese Zahl in den nächsten 40 Jahren oder so verdoppeln.
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16:39 - 16:41Und wenn die Daten, die wir aus China kriegen,
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16:41 - 16:44sich so weiter entwickeln wie jetzt,
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16:44 - 16:46dann wird es nicht einmal 40 Jahre dauern.
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16:46 - 16:50Es gibt keinen guten Grund, so viel Fleisch zu essen, wie wir es jetzt tun.
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16:50 - 16:55Ich sage das als jemand, der eine Menge Corned Beef in seinem Leben gegessen hat.
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16:55 - 16:58Das geläufigste Argument ist, dass wir Nährstoffe brauchen –
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16:58 - 17:01auch wenn wir durchschnittlich doppelt so viel Eiweiß konsumieren
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17:01 - 17:06wie selbst von der industriegesteuerten Agrarbehörde empfohlen wird.
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17:06 - 17:10Die Experten, die ernsthaft an unserer Gesundheit interessiert sind,
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17:10 - 17:16empfehlen etwas mehr als 200 Gramm Fleisch pro Woche für einen Erwachsenen.
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17:16 - 17:20Und wie viel, glauben Sie, essen wir im Moment pro Tag? Etwas mehr als 200 Gramm.
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17:20 - 17:23Aber brauchen wir Fleisch nicht, um groß und stark zu werden?
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17:23 - 17:26Ist Fleisch nicht für unsere Gesundheit absolut unentbehrlich?
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17:26 - 17:28Wird uns der Konsum von Obst und Gemüse
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17:28 - 17:31nicht in gottlose Weichlinge und Linksliberale verwandeln?
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17:31 - 17:32(Gelächter)
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17:32 - 17:35Manche von uns würden meinen, dass das vielleicht gar nicht so schlecht wäre.
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17:35 - 17:40Aber die Antwort ist Nein. Auch wenn wir alle mit Anabolika vollgestopfte American- Football-Spieler wären,
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17:40 - 17:42die Antwort ist Nein.
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17:42 - 17:46Die Wahrheit ist, dass sämtliche Ernährungsweisen weltweit,
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17:46 - 17:50die den menschlichen Grundbedarf an Nährstoffen erfüllen, Wachstum fördern.
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17:50 - 17:53Und die Ernährungsweisen der meisten anderen Länder sind wesentlich gesünder als unsere.
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17:53 - 17:56Wir essen Tierprodukte nicht, um ausreichend Nährstoffe zu bekommen,
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17:56 - 18:02es ist eher eine seltsame Art der Fehlernährung, die uns langsam umbringt.
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18:02 - 18:05Im Interesse der Gesundheit jedes Einzelnen und der Menschheit insgesamt
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18:05 - 18:08sollten wir Amerikaner den Fleischkonsum um 50 Prozent reduzieren.
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18:08 - 18:11Das ist zwar nicht genug, aber das wäre zumindest ein Anfang.
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18:11 - 18:16Auch wenn es absurd scheint – aber genau das muss passieren,
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18:16 - 18:19und fortschrittliche Menschen, fortschrittlich denkende Menschen
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18:19 - 18:22sollten sich dafür sowie auch für den vermehrten Konsum
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18:22 - 18:25von Obst und Gemüse einsetzen.
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18:26 - 18:29Seit etwa dreißig Jahren schreibe ich – man könnte behaupten,
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18:29 - 18:32ohne viel darüber nachgedacht zu haben – übers Essen als "Allesfresser".
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18:32 - 18:34Ich habe in dieser Zeit so gut wie alles
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18:34 - 18:37probiert und empfohlen.
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18:38 - 18:40Ich bin mir sicher, dass ich immer Fleisch essen werde,
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18:41 - 18:43aber ich glaube – und das ist zum Vorteil aller –,
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18:43 - 18:46dass es an der Zeit ist, Tiere nicht mehr industriell zu züchten
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18:46 - 18:48und nicht mehr gedankenlos zu essen.
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18:48 - 18:50Ann Cooper hat recht.
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18:50 - 18:55Die amerikanische Agrarbehörde ist nicht unser Verbündeter.
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18:55 - 18:57Wir müssen es selbst in die Hand nehmen,
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18:57 - 19:00uns nicht nur für eine bessere Ernährung für alle einzusetzen –
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19:00 - 19:04– und das ist das Schwierige – sondern auch unsere eigene Ernährung zu verbessern.
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19:04 - 19:06Das allerdings ist ganz leicht.
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19:06 - 19:09Weniger Fleisch, weniger Junkfood, mehr Pflanzen.
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19:09 - 19:11Es ist ganz einfach: esst Essen.
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19:11 - 19:13Esst richtiges Essen.
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19:13 - 19:17Wir können unser Essen weiterhin genießen, wir können weiterhin gut essen
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19:17 - 19:19und wir können sogar besser essen.
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19:19 - 19:22Wir können weiterhin nach Zutaten suchen, die wir lieben,
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19:22 - 19:27und stundenlang über unsere Lieblingsspeisen reden.
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19:27 - 19:31Aber zusätzlich werden wir Kalorien reduzieren und unsere CO2-Bilanz verbessern.
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19:31 - 19:34Wir können Essen einen hohen, anstatt niedrigen, Stellenwert geben
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19:34 - 19:36und uns selbst damit retten.
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19:36 - 19:39Wir müssen diesen Weg wählen.
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19:39 - 19:41Vielen dank fürs Zuhören.
- Title:
- Mark Bittman über was wir essen – und was falsch daran ist
- Speaker:
- Mark Bittman
- Description:
-
Mark Bittman, Kolumnist der New York Times, spricht in diesem anregenden sowie auch humorvollen Vortrag über was wir essen, was falsch daran ist (zu viel Fleisch, zu wenig Gemüse, zu viel Take-away Fastfood, zu wenig selbstgekochtes Essen) und warum dies den gesamten Planeten gefährdet.
- Video Language:
- English
- Team:
closed TED
- Project:
- TEDTalks
- Duration:
- 19:43
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