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DIE EINKESSELUNG
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Die Demokratie
in den Fängen des Neoliberalismus
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1 . EINLEITUNG
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In den 30er Jahren
galten Regime als totalitär,
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wenn es Regime
mit nur einer Partei waren,
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in denen die Partei den Auftrag hatte,
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alle Aktivitäten innerhalb
der Gesellschaft zu kontrollieren.
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Egal, ob es um Politik, Wirtschaft,
Gesellschaft oder Kultur ging,
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der Staat lenkte alles.
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Als bedauerliche Beispiele hierfür
kennen wir den Faschismus,
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den Nazismus und den Stalinismus
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als totalitäre Regime
mit einer allmächtigen Partei.
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Heute leben wir in einer Demokratie,
jedoch stellen wir fest,
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dass es statt einer Einheitspartei
ein Einheitsdenken gibt
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und dass die Vertreter
dieses Denkens meinen,
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dass es nur eine Lösung,
nämlich die, die der Markt uns vorgibt,
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in Bezug auf alle
gesellschaftlichen Aktivitäten gibt.
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Das heisst, ganz gleich,
um welche Bereiche es geht,
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Politik, Wirtschaft,
Gesellschaft, Kultur oder Sport,
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der Markt soll alles bestimmen.
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Wir sehen ja, wie der Markt heutzutage
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in alle gesellschaftlichen
Räume eindringt,
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vergleichbar mit einer Flüssigkeit,
die überall hingelangt.
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Daher können wir heute
von „globalitären" Regimen sprechen,
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denn es gibt dieses Bestreben,
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unseren verschiedenen Problemen mit
einer Art Einheitslösung zu begegnen.
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Ich habe „La pensée unique" geschrieben,
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im Jahre 1995,
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als der Mehrheit unserer Mitbürger
noch nicht richtig bewusst war,
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dass wir schlussendlich
in eine Ideologie abgeglitten
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und nun in ihr versunken waren.
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Diese Ideologie würden wir heute
als neoliberal bezeichnen.
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Der Neoliberalismus
ist zwar ein ökonomisches Konzept
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oder eine Reihe
von ökonomischen Prinzipien,
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aber eigentlich ist er ein ideologisches
Joch, das wir nicht wahrnehmen.
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Das war es, was ich zunächst
aufzuzeigen versucht habe,
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indem ich beschrieb,
worum es letztlich geht:
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Der Neoliberalismus
vertritt eine Reihe von Prinzipien,
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vor allem das
der unsichtbaren Hand des Marktes,
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die fast alles regelt, ohne dass
Staat und Bürger sich einmischen.
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Der Markt soll sich entfalten.
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Zu den Prinzipien
gehört auch Deregulierung.
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Alles ist zu reguliert,
der Staat ist zu präsent,
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es geht um weniger Staat.
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Ausserdem wird das Kapital
über die Arbeit gestellt.
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Das Kapital ist immer zu bevorzugen.
Und es soll privatisiert werden,
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da der Einflussbereich
des Staates minimal
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und der des Privaten maximal sein soll.
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Der Freihandel soll gefördert werden,
denn Handel heisst Entwicklung.
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Beides wurde im Prinzip gleichgesetzt.
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Kurz gesagt:
Ich habe versucht aufzuzeigen,
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dass diese Prinzipien nicht neu sind.
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Sie wurden seit 1944 entwickelt,
seit der Konferenz von Bretton Woods,
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die den IWF und die Weltbank
ins Leben rief.
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Sie bestimmen die Arbeit des IWF
seit den 60er und 70er Jahren,
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also die „Strukturanpassung"
in den Ländern des Südens,
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in manchen Ländern bekannt
als „Washington Consensus".
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Dabei geht es um die Senkung
der Staatsausgaben um jeden Preis,
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die Vermeidung
von Haushaltsdefiziten und Inflation,
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die Reduzierung der Zahl der Beamten
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sowie der Ausgaben für Gesundheit
und Bildung auf ein Minimum.
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Der Staat soll
derartige Ausgaben nicht tätigen.
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Viele Länder des Südens
haben darunter natürlich sehr gelitten.
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Das habe ich dargelegt. Und wenn
man das alles zusammennimmt,
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dann handelt es sich um eine Ideologie.
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Damals stand Frankreich
kurz vor den Präsidentschaftswahlen,
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die im Mai darauf stattfanden.
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Ich schrieb, dass wir es heute
mit dieser Ideologie zu tun haben,
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mit diesem Einheitsdenken,
das an eine Einheitspartei erinnert.
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„Privatisierung von Links"
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Kurz nach dem Fall
des Eisernen Vorhangs erlebt der Westen
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bei den meisten linken Parteien
eine Neuorientierung nach rechts,
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angefangen bei der britischen
Labour Party über die deutsche SPD,
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bis hin zum Parti Québécois,
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die alle eine „Reform", einen „Umbau"
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oder eine „Modernisierung"
des Staates anstreben,
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was sich unverändert
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in der Umsetzung
einer neoliberalen Politik äussert.
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In Frankreich privatisiert
Lionel Jospins sozialistische Regierung
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von 1997 bis 2002
zirka zehn grosse staatliche Unternehmen.
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Das entspricht der Anzahl
der Privatisierungen
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durch rechte Regierungen
vor oder nach diesem Zeitraum.
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Wie aber ist es
der neoliberalen Ideologie gelungen,
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bis in sogenannte „sozialistische"
Parteien vorzudringen?
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Und woher kommt sie überhaupt?
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2. DIE URSPRÜNGE
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Generalstreik in Winnipeg, 1919
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Der Neoliberalismus
entstand in einem speziellen
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intellektuellen
und institutionellen Umfeld.
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Von 1914 bis 1945 erlebt
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der Kapitalismus
eine beispiellose Krise.
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Es war eine materielle Krise.
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In den 20er Jahren erstarkt der
Kapitalismus im Zuge des Wiederaufbaus.
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Dann führt die Grosse Depression
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zu Entlassungen, Firmenpleiten
und politischem Chaos.
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Das liberale Credo wird abgelöst
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von Forderungen nach
Wirtschaftsplanung, Dirigismus
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und einem Misstrauen
gegenüber dem Laissez-faire.
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Überall gab es Rufe
nach mehr staatlicher Intervention
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zur Lenkung der Wirtschaft.
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Dem folgen konkrete Massnahmen,
in den „Diktaturen" gleichermassen
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wie in demokratischen Staaten.
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Da gab es
den sowjetischen Fünfjahresplan
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oder den New Deal in den USA
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unter der
National Recovery Administration
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und ähnlichen Strukturen.
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In Deutschland war es
das Reichswirtschaftsministerium,
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in Italien
das Ministerium der Korporationen,
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in Frankreich das Ministerium
für nationale Wirtschaft,
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ein mit dem Front Populaire
aufgekommenes Novum.
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Kommunistische Demonstration,
Berlin, 1929
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Wichtig für das neoliberale Netzwerk
in Frankreich
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war die Gründung des Verlages
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„Les éditions de la Librairie
de Médicis" im Jahr 1937.
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Dieser Verlag wurde von
Marie-Thérése Génin gegründet,
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was in dieser Männerdomäne
ungewöhnlich war.
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Sie war verbunden mit dem führenden
Arbeitgebervertreter Marcel Bourgeois.
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Er bewegte sie
zur Gründung eines Verlages,
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der Texte von Intellektuellen
für Intellektuelle veröffentlichte.
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Dort erschien „La cité libre"
von Walter Lippmann
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als Vorbote des Lippmann-Kolloquiums,
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aber auch Texte
von Hayek, Rueff oder Ludwig von Mises.
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Zwischen 1937 und 1940
waren es über 40 Texte,
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darunter die Protokolle
des Lippmann-Kolloquiums
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im Internationalen Institut
für geistige Zusammenarbeit.
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An seine Stelle trat später die UNESCO.
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Der Rahmen
war also ziemlich offiziell.
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Es gab 26 Teilnehmer,
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deren wichtige Rolle
rückblickend deutlich wird:
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Friedrich Hayek gewann später
den Wirtschaftsnobelpreis,
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Robert Marjolin ist einer der
Architekten des vereinten Europas.
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Anwesend waren auch die Begründer
der Sozialen Marktwirtschaft,
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Alexander Rüstow und Wilhelm Röpke,
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de Gaulles Finanzberater Jacques Rueff
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sowie Stefan Possony, der Urheber
von Reagans „Star-Wars-Programm".
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Damals waren diese Leute
natürlich weniger bekannt.
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Das Kolloquium dauerte vier Tage,
und dabei ging es
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um den möglichen Beitrag des
Liberalismus zur Krise der 30er Jahre,
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um Möglichkeiten für seine Erneuerung
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und um eine weltweite Opposition
gegen Planwirtschaft und Sozialismus.
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Bereits auf dem
Walter-Lippmann-Kolloquium trifft sich
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die Vorhut des bevorstehenden Kampfes
der Neoliberalen.
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Unter den erbittertsten Gegnern
des Kollektivismus
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heben sich Friedrich von Hayek
und Ludwig von Mises besonders hervor.
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Hayek und von Mises vertreten eine
spezielle Strömung des Neoliberalismus,
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die Österreichische Schule.
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Der von ihnen vertretene Liberalismus
gibt dem Staat nur minimale Befugnisse.
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Den Ausdruck „Minimalstaat"
griffen ihre Anhänger häufig auf.
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lhre Konzepte
wichen etwas voneinander ab.
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Die Liberalen vertuschen oft
ihre verschiedenen Ansichten.
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Aber es gab auch Gemeinsamkeiten:
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Beide sahen die Wirtschaftslehre
nur als Teil ihres Schaffens an.
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Für von Mises war sie Teil
der Lehre vom menschlichen Handeln.
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Und Hayek kam bald
von der reinen Ökonomie
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zur Psychologie, zur Hirnforschung,
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zur Politik und zur Rechtslehre.
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Die Wirtschaftslehre
war ihre Ursprungsdisziplin,
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aber sie umfasst
nicht alle Humanwissenschaften.
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Dann hatten beide ein besonderes
Verständnis von Ökonomie.
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Die Österreichische Schule
ist sehr unsachlich:
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Es gibt weder Statistiken
noch Zahlenangaben,
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sondern lediglich Axiome.
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Man geht von
„idealtypischen" Situationen aus
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und betrachtet,
wie ein rationales Individuum
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zwischen bestimmten Dingen wählt,
zwischen Arbeit oder Freizeit,
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schlafen oder sich bereichern,
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anhand von Bildern à la Robinson Crusoe
auf der einsamen Insel.
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Die dritte, für das Verständnis
dieser Bewegung wichtige Gemeinsamkeit
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ist das Verständnis von geistiger Arbeit
und deren Rolle im Sozialismus.
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Hayeks und von Mises Denken
war elitär und aristokratisch:
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„Die grosse Mehrheit denkt nicht nach."
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Diesen Satz findet man in
von Mises Buch „Die Gemeinwirtschaft".
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Nur ein paar Intellektuelle
denken für alle anderen.
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Die Intellektuellen
müssen also in Ruhe denken,
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um ein Gegengewicht
zum Sozialismus zu bilden,
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den andere Intellektuelle
erfunden haben.
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Er wurde dem Volk von diesen
Intellektuellen in den Kopf gesetzt.
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Die Intellektuellen
spielen also bei sozialen,
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politischen und wirtschaftlichen
Umbrüchen eine grosse Rolle.
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Aus diesem Grund entstand auch
die Mont-Pélerin-Gesellschaft.
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Der Krieg setzt dem Kampf
der Neoliberalen vorläufig ein Ende.
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Das Internationale Forschungszentrum
zur Erneuerung des Liberalismus (CIRL),
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das nach dem Lippmann-Kolloquium
gegründet wurde,
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löst sich
nach nur einjährigem Bestehen auf.
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Doch direkt nach Kriegsende
führt von Hayek sein Werk fort.
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Er lädt mehrere Befürworter
einer Umgestaltung des Liberalismus
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zu einem für die neoliberale Bewegung
zukunftsweisenden Treffen ein.
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Das Treffen von Mont Pélerin fand ...
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... vom 1. bis 10. April 1947 statt,
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im Hôtel du Parc
nahe Vevey in der Schweiz.
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Das Treffen hatte
die ausdrückliche Zielsetzung,
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liberale Intellektuelle
aus Europa und Amerika zu vereinen
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und eine internationale Organisation
zur Liberalismusförderung zu gründen.
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Hayek nahm bereits
zwei Jahre zuvor Kontakt
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zu den Teilnehmern
des Lippmann-Kolloquiums
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und zu einigen Briten
und Amerikanern auf.
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Diesen Kreis lädt er dann
nach Mont Pélerin ein,
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dem namensgebenden Ort
für die Gesellschaft.
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Beim ersten Treffen
waren es 39 Teilnehmer,
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darunter wieder
wichtige Persönlichkeiten:
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die drei späteren Nobelpreisträger
Milton Friedman,
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George Stigler und Maurice Allais.
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Es kamen Autoren politischer
oder philosophischer Essays,
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Karl Popper und Bertrand de Jouvenel,
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und Leute mit politischem Einfluss
in ihrem Land,
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etwa die Deutschen
Wilhelm Röpke und Walter Eucken,
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die für die Soziale Marktwirtschaft
von Bedeutung waren.
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Es wurde dann über relativ
allgemeine Themen diskutiert,
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wie Christentum und Liberalismus,
die Wettbewerbsordnung,
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die mögliche Gründung
eines europäischen Wirtschaftsverbandes.
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Dies dauerte mehrere Tage.
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Hayek wollte eine flexible Struktur,
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die nur hinzu gewählte
Mitglieder aufnimmt,
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ohne Büro und mit einer
in Illinois hinterlegten Satzung
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mit zweijährlichen Treffen
an wechselnden Orten.
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Diese abstrakte Struktur
sprach jene Intellektuellen an,
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die den Liberalismus als eine vorrangig
an sie gerichtete Doktrin ansahen.
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3. IM HERZEN
DES NEOLIBERALEN NETZWERKS
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DlE THINKTANKS
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Die Mont-Pélerin-Gesellschaft
ist kein Thinktank,
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sondern eine Art Akademie für Liberale.
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Dennoch gibt es eine Art Arbeitsteilung
zwischen dieser Gesellschaft,
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die nur die renommiertesten
Liberalen aufnimmt,
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und den nationalen Aktivitäten
ihrer Mitglieder,
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wie zum Beispiel die Gründung
von Verbänden oder Thinktanks.
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So gibt es in Frankreich seit den 60ern
den Verband für wirtschaftliche Freiheit
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und sozialen Fortschritt als
französische Sparte von Mont Pélerin.
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Dessen Mitglieder kommen aus der Politik
und aus Arbeitgeberkreisen.
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Dadurch werden
auch Gruppen einbezogen,
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die nicht im intellektuellen Milieu
angesiedelt sind.
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Ein anderes Model sind Thinktanks,
die Mont Pélerin oft hervorbrachte.
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Da wären
das Institute of Economic Affairs,
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das 1955 in England gegründet wurde,
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oder die 1973 in den USA
gegründete Heritage Foundation,
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die den Republikanern nahesteht.
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Und diese Thinktanks
beschäftigen eine Reihe von Leuten,
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die Mitteilungen schreiben oder
ganze Gesetzesentwürfe verfassen lassen,
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die sie dann an Politiker
und Journalisten weitergeben,
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um zur Bildung einer liberalen
öffentlichen Meinung beizutragen.
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Heute gibt es
Hunderte solcher Thinktanks,
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die man nur noch
schwer überblicken kann.
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Einige von ihnen,
wie die Atlas Foundation,
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sollen Thinktanks an sich fördern,
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indem sie „Handbücher" für den
Aufbau eines Thinktanks verteilen.
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Das nimmt verschiedene Formen an.
Manche Gruppen
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bilden sich um einen Autor,
wie das Hayek Center.
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Beim Ludwig von Mises Institute
dreht sich alles um dessen Werk.
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Andere Gruppen beschäftigen sich
mit bestimmten Themen
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wie Umwelt, Aussenpolitik
und dergleichen.
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Das Mass an Qualität und Macht dieser
Thinktanks ist unterschiedlich gross.
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Ein starker Thinktank
vereint in sich Intellektuelle,
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Unternehmer und hat eine Verankerung
in den konservativen Parteien.
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Ein solcher Thinktank
wäre das Center for Policy Studies
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von Keith Joseph,
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das Margaret Thatcher förderte
und sie dabei unterstützte,
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die Konservative Partei
in den 70er Jahren umzugestalten.
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Diese Organisation arbeitet
an der Nahtstelle der drei Milieus.
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Ein rein intellektueller Thinktank,
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der sich allgemein
mit Liberalismus befasst,
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hat meist nur wenig Einfluss
auf politische Debatten.
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Nationaler Industriellenverband
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Von Mises und Hayek
waren auch deshalb erfolgreich,
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weil sie den führenden
Arbeitgebervertretern sehr nahestanden.
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Von Mises war in den USA verbunden mit
der Foundation for Economic Education
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und dadurch mit Arbeitgebern.
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Hayek liess sich in Chicago
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von amerikanischen Unternehmern
finanzieren,
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die eine auf Amerika bezogene Version
von „Der Weg zur Knechtschaft" wollten.
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Diese Intellektuellen
bekamen mehr Macht,
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als sie sich mit einflussreichen
Leuten zusammenschlossen.
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Hayeks Werk
mag etwas Utopisches beinhalten,
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aber es ist die Utopie der Mächtigen,
nicht die der Benachteiligten.
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Finanziert durch Konzerne
und grosse Privatvermögen,
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profitieren
die neoliberalen Thinktanks sehr oft
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vom Status
gemeinnütziger Organisationen.
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Die grosszügigen Spender haben somit
Anspruch auf Steuerminderungen.
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Dennoch schreibt das Gesetz vor,
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dass gemeinnützige Organisationen
nicht politisch tätig sein dürfen.
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1989 wurde Greenpeace der Status
einer gemeinnützigen Organisation
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von der Kanadischen Regierung
aberkannt.
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Die kanadische Steueraufsicht befand,
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dass diese NGO nicht immer
im öffentlichen Interesse handele.
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Sie trage dazu bei,
„Menschen durch die Forderung
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nach Abschaffung umweltschädlicher
Industrien in Armut zu stürzen."
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Jedoch wurde bisher
bei keinem liberalen Thinktank
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mit gemeinnützigem Status
derartig eingegriffen.
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Bei ihrer Jahreserklärung
vor der Kanadischen Regierung
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bekunden diese „unparteiischen"
Forschungsinstitute feierlich,
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„weder die öffentliche Meinung
beeinflussen noch die Änderung
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eines Gesetzes oder einer
politischen Linie bewirken zu wollen."
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Es gab immer
rechtsgerichtete Thinktanks,
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aber das Phänomen nahm erst in den
frühen 70ern bedeutende Ausmasse an.
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Das war Teil
einer sehr breiten Reaktion ...
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... auf den Aktivismus der 60er,
der die Eliten in Angst versetzt hatte.
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Denn er demokratisierte die Gesellschaft,
und das missfiel ihnen natürlich.
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Der deutlichste Ausdruck
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von liberalen
internationalistischen Ansichten
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war eine Studie
der Trilateralen Kommission,
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die liberale Internationalisten
aus Europa, den USA und Japan vereint.
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Drei starke Regionen.
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Sie erschien 1974
und hiess „Die Krise der Demokratie".
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Darin hiess es, dass die Länder
zu demokratisch werden.
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Das nannte man
„ein Übermass an Demokratie".
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Menschen, die eigentlich
passiv und apathisch waren,
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wurden aktiv und stellten Forderungen.
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Das waren
„besondere Interessengruppen",
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wie Frauen, junge Leute, alte Leute,
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Bauern, Arbeiter,
also das ganze Land.
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Nur eine Gruppe wurde nicht dazugezählt:
die Privatwirtschaft.
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Sie lenkte ja die Welt und das Land,
war also von „nationalem Interesse".
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Aber der Rest der Bevölkerung
wurde einfach zu aktiv,
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in der Studentenbewegung,
in der Frauenbewegung,
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in Umweltfragen.
Diese Zeit ...
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... hatte eine sehr zivilisatorische
Wirkung auf die Gesellschaft.
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Sie veränderte viel
und das war beängstigend.
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Es gab heftige Gegenreaktionen.
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Die Trilaterale Kommission rief
zu einer Mässigung in der Demokratie auf:
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Der Druck sei zu gross,
der Staat könne nicht allem nachkommen.
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Die „Institutionen
zur Indoktrinierung der Jugend..."
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Untereinander konnten sie ja offen sein.
Diese Institutionen also
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sollten härter durchgreifen.
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Die Presse sei ausser Kontrolle,
was Unsinn ist,
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und vielleicht müsse
der Staat eingreifen.
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Dies spiegelte das allgemeine Befinden
der liberalen Internationalisten
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in der Welt,
also in Europa, den USA und Japan wider.
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Deshalb sprach man auch
von der „Zeit der Unruhen".
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Die wachsende Teilhabe an Demokratie
und Aktivismus war für sie ein Ärgernis.
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Das rief an vielen Fronten
starke Reaktionen hervor.
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Eine davon war die Erstarkung
von rechtsgerichteten Thinktanks,
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die versuchten, den Tenor der Diskussion
zumindest innerhalb der breiten Masse
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nach rechts zu verschieben.
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Zugleich verstärkten die Unternehmen
ihre Lobbyarbeit,
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um ihren Einfluss
auf die Gesetzgebung sicherzustellen.
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„Wie kann der Markt
die Wahlmöglichkeiten
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und die Freiheit des Einzelnen stärken?
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Studentisches Seminar
des Fraser Institutes
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zum Thema Politik
im öffentlichen Sektor,
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in Kooperation mit dem
Wirtschaftsinstitut Montreal,
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am Samstag, den 10.2.2001,
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gefördert von den Spendern
des Fraser Institutes in Quebec."
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Überlässt man das Monopol
auf die Ausübung von Druck
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einer Kraft,
die wir Regierung nennen,
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gibt es immer die Tendenz
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zu einer unwissenden oder aber
missbräuchlichen Nutzung dieser Macht.
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Und Macht neigt immer dazu,
weiter zu wachsen.
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Deshalb möchte das Fraser Institute
untersuchen und untermauern,
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wo die Grenzen
der Regierung liegen sollen
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und wo die der privaten
Unternehmen liegen sollen,
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also des freiwilligen
Austauschs zwischen Individuen.
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Und genau das ist ...
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... die Trennlinie
zwischen Zwang und Freiwilligkeit,
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um die es in meinem
heutigen Vortrag gehen wird.
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Sie werden auch andere Redner hören,
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die an dem heutigen Seminar teilnehmen.
-
„Dinner-Konferenz der Foundation
for Economic Education in New York.
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In seiner Präsentation
„Gesundet durch den Kapitalismus"
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erklärt der Liberalismus-Experte,
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wie unser gestiegener Lebensstandard
uns den „Luxus" gestattet,
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zum Beispiel über Umweltfragen
nachzudenken."
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Ich bin der Präsident der Foundation
for Economic Education in New York,
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die 1946 gegründet wurde.
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Damals war sie
die einzige marktorientierte,
-
klassisch-liberale
Organisation der Welt.
-
Seit dieser Zeit
sind andere hinzugekommen.
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Aber uns gibt es seit 1946,
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und unser Ziel ist die Heranführung
der Menschen an die Ideen
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und Ideale einer liberalen,
dezentralisierten Gesellschaft,
-
die vom Privateigentum
und weniger vom Staat gesteuert wird.
-
Mir ging es gar nicht darum,
zu bestreiten,
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dass der industrielle Kapitalismus
zu Umweltverschmutzung geführt hat.
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Mir ging es darum,
dass diese Verschmutzung,
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ganz gleich, als wie gravierend
man sie einschätzen mag,
-
in ein Verhältnis gesetzt werden muss
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zu den Lebensumständen
in der Vergangenheit,
-
vor der Industrialisierung.
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Gemessen an heutigen Standards
war das Lebensumfeld damals
-
extrem schmutzig,
ungesund und gefährlich.
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Und zwar aufgrund von
natürlichen Schadstoffen,
-
mit denen es unsere Vorfahren
täglich zu tun hatten.
-
Viele von ihnen
sind durch sie umgekommen.
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Das kapitalistische System
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hat viele dieser Gefahren eliminiert
-
und die Konsequenzen
fast aller anderen Gefahren reduziert.
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Ich sage nicht, dass es
keine Umweltverschmutzung gibt,
-
sondern dass wir den heutigen Zustand
-
mit dem damaligen vergleichen sollten,
-
wenn es darum geht,
ob man für den Kapitalismus ...
-
... oder gegen ihn ist.
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Das Seminar wird nicht von der Regierung
sondern aus privater Hand finanziert.
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Es ist ermutigend,
wenn Leute bereit sind,
-
in ihre Überzeugungen zu investieren.
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Ich finde,
es gibt zu viele Leistungen,
-
wie die Arbeitslosenversicherung,
Gesundheit, Bildung,
-
die einem Monopol unterliegen,
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nämlich dem der Regierung
als einzigem Anbieter dieser Leistungen.
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Warum soll es da
keinen Wettbewerb geben?
-
Wir könnten bei der Bereitstellung
dieser Leistungen Wettbewerb zulassen.
-
Unsere Fürsorge
für die Armen könnte sich
-
dann in Beihilfen
zu diesen Leistungen äussern.
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Es geht um die Abkopplung
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der Produktion, die privat
und wettbewerbsorientiert sein soll,
-
von der Finanzierung,
die in Teilen staatlich sein könnte.
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Ich spreche ungern von „Märkten",
-
denn Märkte existieren nicht
ohne den Staat.
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Jeder Markt braucht Regeln.
-
Jeder Markt braucht
ein gewisses Mass an Zwang.
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Ich spreche auch ungern
von Freiheit als einem Wert in sich.
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Viele Menschen wollen keine Freiheit.
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Ich hätte gern die Freiheit,
meine Machthaber selbst auszuwählen.
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Was ich ...
-
... in meinen Vorträgen
zu erörtern versuche, ist,
-
wie wir ...
-
... eine Staatsform erlangen können,
-
in der wir die Art unserer Vertreter,
die Art der Zwänge selbst wählen können.
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Wir alle müssen uns Zwängen fügen,
auch die überzeugtesten Libertäre.
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4. KURZE ANTHOLOGIE
DES LIBERALISMUS
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LIBERALISMUS
UND PUBLIC-CHOICE-THEORIE
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Le Québécois Libre,
Leitartikel
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„Was sollen die Libertäre tun?"
-
Der Libertarismus ging hervor
-
aus der klassischen
liberalen Philosophie.
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Er betont die Freiheit des Individuums.
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Ökonomisch gesehen
geht es um einen freien Markt,
-
politisch gesehen um einen Minimalstaat
-
mit minimalen Zwängen,
einer minimaler Regulierung,
-
der dem Individuum Raum gibt,
um sich zu entfalten
-
und freiwillige Beziehungen
zu anderen zu unterhalten.
-
Gesellschaftlich gesehen
ist dies das Gegenteil der Philosophien,
-
die eine soziale, religiöse oder
kulturelle Ordnung durchsetzen wollen.
-
Wenn sich freie Individuen
innerhalb eines Rahmens bewegen,
-
in dem Eigentum
und Individuum geschützt sind,
-
wird jeder Beziehungen auf
freiwilliger Basis unterhalten können.
-
Das erzeugt Harmonie
und keine Anarchie,
-
keinen „Raubtierkapitalismus",
in dem jeder gegen jeden kämpft.
-
Im Gegenteil,
man lässt den Menschen Raum
-
für freiwillige, friedliche Beziehungen
zu anderen Individuen.
-
Le Québécois Libre,
Leitartikel
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Neoliberal, anarchistisch oder libertär?"
-
Der Libertarismus
ging hervor aus dem Liberalismus,
-
einer Philosophie, die sich im 17.
und 18. Jahrhundert entwickelt hat.
-
Er war eine Reaktion auf
die autoritären Monarchien von damals.
-
Der Liberalismus besagte:
-
Gegenüber dem Monarchen
braucht das Individuum mehr Freiheiten.
-
Daraus entwickelte sich
über die Jahrhunderte
-
der heutige Liberalismus,
der einen freien Markt propagiert.
-
Aber die Libertäre des 20. Jahrhunderts
heben sich etwas von den Liberalen ab,
-
da „liberal"
heute anders definiert wird.
-
In den USA ist ein Liberaler heute ...
-
... ein Sozialdemokrat oder ein Linker.
-
In Europa bedeutet „liberal" gemäss
der französischen Tradition „liberal".
-
Das ist etwas verwirrend.
Die Amerikaner als klassische Liberale
-
nannten sich seit den 20er
oder 30er Jahren „Libertäre",
-
in Abgrenzung zu den „liberals".
-
Auch die libertäre Philosophie
ist schlüssiger und radikaler
-
als der klassische Liberalismus,
-
nämlich in ihrer Forderung
nach einem Rückzug des Staates,
-
der nach Auffassung mancher Libertäre
komplett abgeschafft werden soll.
-
Dann würden sogar Armee,
Polizei und Justiz privatisiert.
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Le Québécois Libre,
Leitartikel
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„Umverteilung von Reichtum
ist unmoralisch."
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In der heutigen Gesellschaft,
in der die Staatsausgaben
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einem Anteil von 45 bis 55 Prozent
vom Bruttoinlandsprodukt entsprechen,
-
kontrolliert der Staat
das Gesundheits- und Bildungswesen
-
sowie verschiedene andere Bereiche.
-
Er subventioniert fast jeden.
Ein Grossteil der Bevölkerung ...
-
... lebt nur von der Umverteilung
von Reichtum.
-
Sie produzieren nichts, was auf
dem freien Markt nachgefragt wird,
-
sondern erhalten nur Geld vom Staat,
-
das dieser
von den Steuerzahlern einzieht.
-
Es gibt also sehr viele Leute ...
-
... die auf Kosten anderer leben.
-
Aus libertärer Sicht kann man
die Gesellschaft aufteilen in jene,
-
die produzieren und jene,
die auf Kosten anderer leben
-
und letztlich Parasiten sind.
-
Das klingt hart, trifft aber zu.
-
Man kann nicht für Eigenverantwortung
sein und so etwas vertreten.
-
Alle, die von anderen abhängig leben,
sind wirklich unverantwortlich.
-
Sie bringen nichts Nützliches hervor
-
und profitieren von staatlichen Zwängen,
-
also der Umverteilung des Reichtums
von einer Gruppe an eine andere.
-
Wenn man also Freiheit
und Verantwortung fördern will,
-
kann man diese Abhängigkeit grosser
Bevölkerungsteile nicht hinnehmen.
-
Die Public-Choice-Theorie besagt,
dass die Politik der Regierung
-
nicht vom Interesse
der Gemeinschaft bestimmt wird,
-
sondern von Einzelinteressen
verschiedener Gesellschaftsgruppen.
-
1986 gewinnt James M. Buchanan,
der geistige Vater dieser Theorie,
-
die die Ineffizienz des Staates beklagt
-
und eine Begrenzung der
Staatsausgaben predigt,
-
den Wirtschaftsnobelpreis.
-
Die Regierungen ...
-
Entgegen der Auffassung,
die hier bei uns verbreitet wird,
-
leben wir in Quebec
in einer etatistischen Kultur.
-
Wir sind so durchdrungen davon,
dass wir es gar nicht merken.
-
Aber es ist eine etatistische Kultur,
die ganz naiv ...
-
... davon ausgeht, dass der Staat
das Gemeingut maximiert.
-
Mit anderen Worten ...
Das ist eine Auffassung ...
-
Wie soll ich sagen? Das ist eine
komplette Verklärung des Staates.
-
Das hat mit der Realität nichts zu tun.
-
Wieso glauben wir,
dass unsere Regierungen,
-
so demokratisch,
wie sie zum Glück sind,
-
das Gemeingut maximieren?
Das tun sie nicht.
-
Regierungen gehorchen den Spielregeln,
die für sie gelten.
-
Und welche sind das?
Es ist der Wahlvorgang.
-
Das ist ja das Gute daran.
-
Was heisst das?
-
Das heisst zunächst ...
-
... dass wir oft das erleben werden,
-
was „Diktatur der Mehrheit" heisst.
-
Da die Politik in erster Linie
auf Mehrheiten angewiesen ist,
-
wird eine neu gewählte Regierung
zuerst die Mehrheit begünstigen.
-
Wenn diese Mehrheit
aber kleine und mittlere Einkommen hat,
-
dann heisst das, dass die Politik
-
den Reichtum zugunsten
dieser Mehrheit umverteilen wird.
-
Sie will ihn weder maximieren
noch das Wachstum ankurbeln.
-
Effizienz ist einer Regierung
kein grosses Anliegen.
-
Ihr erstes Ziel
ist die Umverteilung des Reichtums
-
an ihre Wähler, also an die Mehrheit.
-
Deshalb gibt es
umfassende Sozialsysteme.
-
Deshalb gibt es ...
-
... diese Vorliebe der Mehrheit,
wohlgemerkt der Mehrheit,
-
für staatliche Monopole
auf Gesundheit und Bildung.
-
Es ist weder Mitgefühl
noch das Anliegen,
-
den Reichtum zu verteilen,
was diesen Standpunkt bedingt.
-
Die Mehrheit lässt sich Dinge
von einer Minderheit bezahlen,
-
die ein etwas höheres Einkommen hat.
Darum geht es.
-
Es ist also ein grosser Schwindel
zu behaupten,
-
dass Mitgefühl der Grund ...
-
... für ein staatliches Gesundheits-
und Bildungswesen sei.
-
Die zweite Dimension ist die,
dass die Leute, also die Mehrheit,
-
eher unpolitisch sind.
-
In der Ökonomie
nennen wir das „rationale Ignoranz".
-
Es wäre doch dumm von uns ...
-
... uns viel Wissen
über Politik anzueignen,
-
über deren Auswirkungen auf uns,
abgesehen von ein paar Sonderfällen.
-
Wieso? Weil wir in der Vielzahl
der Wähler sowieso untergehen.
-
Ob wir informiert sind oder nicht,
ob wir klug wählen oder nicht,
-
ist am Ende egal.
-
Also werden alle
möglichst wenig unternehmen,
-
um Politik zu verstehen
und sich über sie zu informieren.
-
Viele kennen ja nicht mal
den Namen ihres Abgeordneten.
-
Sie wären nicht in der Lage zu erklären,
-
welchen Sinn
eine politische Massnahme für sie hat.
-
Es wäre, wie gesagt, mühsam,
sich zu informieren,
-
wenn der Einfluss, den man hätte,
eigentlich gleich null ist.
-
Also sind die Leute
apathisch, unpolitisch
-
und nehmen nicht an der Politik teil,
weil es sich nicht lohnt.
-
Das wiederum ebnet den Weg
-
für strategisch eingesetzte Gruppen,
also Interessengruppen.
-
Deshalb sind die so dominant.
-
Organisationen wie
der kanadische Gewerkschaftsbund
-
oder der Bund der Industrie
sind schon da.
-
Sie betreiben Politik,
Propaganda und Lobby-Arbeit.
-
Es kostet sie fast nichts,
weil sie bereits organisiert sind.
-
Das bedeutet,
dass politische Entscheidungen
-
von strategisch eingesetzten,
organisierten Gruppen bestimmt werden.
-
„Alle grossen Regierungen dieser Welt,
-
von damals wie von heute,
-
waren nichts als Diebesbanden,
deren Ziel die Plünderung,
-
Eroberung und Versklavung
ihrer Mitmenschen war.
-
lhre Gesetze, wie sie sie nennen,
sind lediglich Abmachungen,
-
die sie für nötig befanden,
um ihre Organisation zu erhalten
-
und um andere Menschen
gemeinschaftlich auszurauben,
-
sie zu versklaven
-
und um allen den verabredeten Teil
der Beute zu sichern.
-
Aus all diesen Gesetzen
-
ergeben sich nicht mehr Verpflichtungen
-
als aus Abmachungen, die Ganoven,
Banditen und Piraten schliessen."
-
Lysander Spooner
-
in: „Natural Law;
or the Science of Justice", 1882
-
Wenn wir die objektiven Fakten
betrachten, ist der Staat ...
-
... eine Zwangsinstitution. Er kann
Dinge nur durch Zwang durchsetzen.
-
Zum Beispiel ...
-
... besitzt unser Staat
das Monopol Hydro Québec.
-
Wenn ich mich entscheide,
Strom zu produzieren und zu verkaufen,
-
ausserhalb des Monopols,
-
dann bekomme ich dafür
nicht nur ein paar auf die Finger,
-
sondern ich muss ins Gefängnis,
-
wenn ich darauf bestehe,
etwas zu tun, das der Staat verbietet.
-
Der Staat greift mich also physisch an,
wenn ich etwas anbiete,
-
das der Staat, also dessen Vertreter,
zum Monopol erklärt hat.
-
Wenn der Staat
mir 50 Prozent meines Gehalts stiehlt ...
-
Es tut mir leid, aber niemand
hat mich gefragt, also ist es Diebstahl.
-
Da kann man noch so oft sagen,
dass wir Leute gewählt haben,
-
die das für uns entscheiden.
-
Die Demokratie
ist eine „friedliche" Form
-
von staatlichem Banditentum.
-
Ich habe nicht für die Wegnahme meines
Gehaltes gestimmt, andere wollen das.
-
Weil sie auf Staatskosten leben.
-
Der Staat nimmt mir etwas weg
und gibt es ihnen.
-
Demokratie ist also
keine richtige Freiheit.
-
Ich bin kein Anti-Demokrat,
der einen autoritären Staat will.
-
Wer etwas gegen Demokratie sagt,
gilt immer als Befürworter
-
eines autoritären Staates.
Aber ich bin für einen Staat,
-
der absolut nicht autoritär ist,
insoweit als er ...
-
... sein Handeln nicht
mit Demokratie rechtfertigt.
-
Individuelle und demokratische
Freiheit sind nicht dasselbe.
-
Wenn man Leute
demokratisch dazu ermächtigt,
-
uns Dinge wegzunehmen
oder aufzuzwingen,
-
ist das gegen die individuelle Freiheit.
-
Wenn man individuelle Freiheit will,
ist man nicht für mehr Demokratie,
-
sprich für eine
noch weitergehende Umverteilung
-
von gestohlenen Ressourcen.
-
Wir sind für einen
drastischen Rückzug des Staates,
-
damit die Individuen frei sind.
-
Sie sollen nicht entscheiden,
-
welchen Fuchs sie
in den Hühnerstall schicken,
-
sondern darüber,
was mit ihrem Eigentum passiert.
-
Die Anreize
in der Sozialpolitik sind falsch,
-
für die Armen und die Allgemeinheit.
-
Ich meine, bei uns gibt es
eine öffentliche Sozialwirtschaft
-
parallel zur
kapitalistischen Marktwirtschaft.
-
Die eine ist produktiv, die andere fusst
auf dem Modell der früheren UdSSR.
-
Sie schafft Anreize, die allen schaden.
-
Wir belohnen die Leute dafür,
dass sie nicht arbeiten.
-
Wir belohnen sie
für instabile Familienverhältnisse.
-
Durch Beihilfen
für alleinerziehende Mütter
-
fördern wir Geburten
ausserhalb der Familie.
-
Und wir belohnen die Armut,
so muss man es sagen.
-
Armut folgt denselben Regeln
wie alles andere auch:
-
Subventionen begünstigen die Armut,
-
denn die Leute finden Gefallen an ihr.
-
Das wurde in Ontario und in den USA
in den letzten fünf Jahren deutlich.
-
Dort hat man
-
den Zugang zu Beihilfen und staatlichen
Leistungen wirklich begrenzt.
-
Und die Zahl der Armen hat sich
innerhalb weniger Jahre halbiert!
-
Es gab kein Geld mehr,
die Bedingungen wurden geändert,
-
man zwang die Leute zu arbeiten,
wie auch immer.
-
Das heisst ...
-
... es gibt Mittel zur Förderung
der Wiedereingliederung der Leute
-
in die produktive Wirtschaft.
-
Anstatt sie in Sozialwohnungen
zu stecken, in Gettos,
-
in denen alle arm sind.
-
Gäbe man ihnen
Coupons oder Gutscheine,
-
mit denen sie Zugang zu Eigentum haben,
-
anstatt Arbeitslosigkeit
zu subventionieren ...
-
Auch die Arbeitslosenversicherung
subventioniert die Arbeitslosigkeit.
-
Wer nicht arbeitslos ist,
bekommt nichts.
-
Man könnte stattdessen
Sparfonds einrichten,
-
durch die sich die Menschen absichern,
-
steuerfrei, im Falle einer
Arbeitslosigkeit sogar bezuschusst.
-
Jeder würde also versuchen,
eine Arbeitslosigkeit zu vermeiden,
-
denn es ist das eigene Ersparte.
-
Jeder würde also
von seiner Sparsamkeit profitieren.
-
Vieles wäre denkbar.
Doch unsere Sozialpolitik
-
fördert die Entstehung einer Industrie
der Armut, der Abhängigkeit,
-
die dem Beamtenapparat,
der sie umgibt, zugute kommt.
-
Sie erzeugt
in der Gesellschaft Abhängigkeit,
-
aber auch politischen Zuspruch.
-
Allerdings ohne Langzeiteffekt.
-
Die Sozialpolitik
hat nirgends die Armut reduziert.
-
Das ist der Schluss, zu dem wir
in dieserAngelegenheit kommen.
-
„Wie die Sozialhilfe Kindern schadet"
-
Wir stellen fest ...
-
... dass Wachstum ...
-
In der Geschichte aller Länder
-
war das Wachstum der wirtschaftlichen
Erträge das Einzige,
-
was den Armen hilft.
-
Das ist eindeutig belegt.
-
Die einzige Variable,
-
durch die Armut reduziert wird,
-
und zwar in verschiedenen Ländern,
ist wachsender Wohlstand.
-
Die Sozialpolitik ist nutzlos.
-
Wessen Anliegen es also ist,
-
den Armen
und Unterprivilegierten zu helfen,
-
muss das Wachstum fördern.
-
Daraus folgt, dass alle,
die gegen den Freihandel sind,
-
im Namen der armen Länder
und im Namen der Armen in den Ländern,
-
unrecht haben,
sie schätzen das falsch ein.
-
Die Fakten sagen etwas anderes.
-
Die beste Hilfe ist der Freihandel,
da er die Einkommen steigen lässt.
-
Statistisch gesehen steigt das Einkommen
der Armen mit dem aller anderen.
-
Damit das passiert,
muss man die Wirtschaft öffnen.
-
Und ganz abgesehen ...
-
... von der Unterstützung der Armen
durch sinnvolle Massnahmen,
-
sehe ich ...
-
... keinen Grund
für die Umverteilung des Reichtums.
-
Die Regierungen verteilen jedoch
sehr viel Reichtum um,
-
zugunsten der Mittelschicht,
weil sie die entscheidende Kraft ist.
-
Doch die moralische Grundlage fehlt.
-
Die einzige soziale Gerechtigkeit
ist der Schutz der Eigentumsrechte.
-
Aus libertärer Sicht
gibt es kein Allgemeingut.
-
Es wurde erfunden, um staatliches
Eingreifen zu rechtfertigen.
-
Die Logik ist, dass es immer äussere
Faktoren gibt, wie etwa Verschmutzung.
-
Wir können nicht produzieren,
ohne dass Rauch entsteht,
-
ohne dass es Rückstände gibt,
die in den Fluss geleitet werden.
-
Der Grund dafür ist,
-
dass es etwa für Wasser
kein Eigentumsrecht gibt.
-
Flüsse sind öffentlich,
das heisst ...
-
... der Grund, wieso die Industrie
im 19. Jahrhundert ...
-
... die Flüsse verunreinigen durfte,
was sie noch bis vor Kurzem tat,
-
ist der, dass der Fluss
staatlicher Kontrolle unterlag.
-
Er war also eine staatliche Ressource.
-
Und der Staat erlaubte den Unternehmen,
ihn zu verschmutzen.
-
Hätte man den Fluss aber privatisiert
-
und hätte jeder der Eigentümer
befragt werden müssen,
-
ob er dem Unternehmen
das Einleiten von Rückständen erlaubt,
-
dann wäre das sicher nicht passiert.
-
Oder es wäre passiert, wenn die Firma
den wahren Preis dafür bezahlt hätte,
-
also wenn sie für die Erlaubnis
des Eigentümers hätte zahlen müssen.
-
Die Ressourcenverteilung
wäre ganz anderes gewesen.
-
Man hätte sich stärker bemüht,
-
andere Lösungen zu finden.
-
Die Unternehmen hätten
in „saubere" Technologien investiert
-
oder sich auf bestimmte Orte
zur Entsorgung geeinigt,
-
etwa bei jemandem, der die
Verschmutzung gegen Bezahlung zulässt.
-
Die Prioritäten bei der Produktion
wären anders angeordnet.
-
„Allgemeingut" ist also etwas,
das nur existiert, weil der Staat ...
-
... die Produktion verzerrt,
-
indem er die Umwelt verstaatlicht.
-
5. KRITIK
-
Liberalismus
stand einmal für Fortschritt.
-
Aber der klassische Liberalismus,
den Adam Smith vertrat,
-
der Begründer der Politischen Ökonomie,
hat wenig mit dem gemein,
-
was derzeit als „Liberalismus"
in dem Wort „Neoliberalismus" kursiert.
-
Das hat wenig miteinander zu tun.
-
Der war historisch gesehen
ein Fortschritt,
-
da er sich gegen
den königlichen Absolutismus wendete
-
und dem Individuum Rechte zusprach.
-
Zu diesen Rechten gehörte,
im Liberalismus von Locke und Smith,
-
das Recht auf privates Eigentum.
Das war ein Fortschritt.
-
Es ist nicht abwegig,
dass der Anarchismus
-
aus dem Liberalismus hervorging.
-
Der frühe Liberalismus
hatte etwas Radikales.
-
Angesichts
der „liberalen" Denker von heute
-
würde sich Adam Smith
im Grab umdrehen,
-
da er nicht wiedererkennen würde,
was heute als seine Theorie kursiert.
-
Nehmen wir das Privateigentum:
-
Wenn es aus Interaktionen resultiert,
-
deren Akteure
transnationale Konzerne sind,
-
dann ist das im Rahmen des
klassischen Liberalismus nicht denkbar.
-
Da wäre es ausgeschlossen,
dass private Tyrannen
-
wie GM oder Bombardier Rechte haben,
-
seien es Eigentumsrechte oder
über dem Menschen stehende Rechte.
-
Doch die Frage
der Eigentumsrechte ist schwierig.
-
Eine einfache Antwort gibt es da nicht.
-
Allerdings wären,
selbst im Rahmen des Liberalismus,
-
die aktuellen Praktiken der Akteure,
also der grossen Konzerne,
-
deren Rechte, im klassischen
Liberalismus nicht denkbar.
-
Wir müssen die Eigentumsrechte prüfen.
Ich folge dem klassischen Anarchismus:
-
Das Privateigentum an Produktionsmitteln
scheint mir unsinnig.
-
Aber das, was Proudhon „Eigentum"
nennt, ist sinnvoll und gesund.
-
Doch die heutige Liberalismus-
oder Neoliberalismus-Doktrin ist absurd.
-
Nehmen wir einmal an,
in unserer Welt könnte sich jemand
-
mit den Mitteln, durch die man sich
üblicherweise Eigentum verschafft ...
-
Nehmen wir an, ich würde mir
mit legalen Mitteln etwas aneignen,
-
was für das Leben
aller Menschen unabdingbar ist.
-
Sie könnten sterben
oder sich mir verkaufen.
-
Der Neoliberalismus sieht so etwas
als richtig an, aber es ist falsch.
-
Die Antwort ist nicht so einfach,
wie die Welt es uns weismachen will.
-
Die Frage bleibt schwierig.
Ich sage:
-
Produktionsmittel
sollten nicht privat sein,
-
aber Eigentumsrechte an Dingen,
die wir nutzen, sind gut.
-
Der Begriff
des „Neoliberalismus" ist seltsam.
-
Zunächst ist er nicht liberal.
-
In keiner Weise.
Und er ist auch nicht neu.
-
Die neoliberale Politik
im weitesten Sinne
-
hat die Dritte Welt geschaffen.
-
Blickt man zurück ins 18. Jahrhundert,
-
da waren die Zentren der Weltwirtschaft
vor allem Indien und China.
-
Das ist jetzt anders.
-
Die Kluft zwischen Arm und Reich
war bei Weitem nicht so gross wie heute.
-
Europa entwickelte sich,
zuerst England, dann die USA,
-
Deutschland, Italien ...
-
Und das geschah durch massive Verstösse
gegen neoliberale Prinzipien.
-
Starke Staaten,
direkte Eingriffe in die Wirtschaft usw.
-
Das war verheerend
für Indien und später China.
-
Genauso ergeht es
der heutigen Dritten Welt. Wieso?
-
Weil ihr die Marktprinzipien
aufgezwungen werden.
-
Das ist weithin bekannt.
-
Ein ernst zu nehmender
Wirtschaftshistoriker wie Paul Bairoch
-
legt dar, dass Protektionismus
und staatliche Intervention
-
die reichen Nationen entstehen liessen.
-
Er nennt das erzwungene Liberalisierung,
nicht Neoliberalismus.
-
Durch sie entstand die Dritte Welt.
Das erkannte man im 18. Jahrhundert.
-
Nehmen wir Adam Smith,
den alle verehren, aber keiner liest.
-
Wenn man ihn liest ...
Er war ja ein intelligenter Mann.
-
Jeder kennt die „unsichtbare Hand",
-
aber nur wenige kennen
den Ursprung des Begriffs.
-
Er verwendet ihn ein Mal
in „Der Wohlstand der Nationen".
-
Und es ist eine Kritik
an besagtem „Neoliberalismus".
-
Er bezog sich dabei
auf England und schrieb:
-
„Nehmen wir an,
dass Händler und Produzenten,
-
die das Land und die Politik steuern,
-
im Ausland investieren und
aus dem Ausland importieren wollen.
-
Dann ist das einträglich für sie,
aber schädlich für England."
-
Und aus mehreren Gründen,
sei es ihre Verbundenheit zu England,
-
Sicherheit oder was auch immer,
würden alle das verwerfen.
-
Daher würde,
wie durch eine unsichtbare Hand,
-
England von den Verwüstungen
des Neoliberalismus verschont bleiben.
-
Die Vorahnung stimmte,
die Argumente nicht.
-
David Ricardo,
ein anderer führender Ökonom,
-
sagte im Prinzip dasselbe.
Er erkannte ...
-
Nehmen wir das Standardbeispiel
Portugal und England.
-
Er sagte,
wenn britische Kapitalisten
-
in Portugal in Wein
und Textilien investieren wollten,
-
könnten sie profitieren,
aber, und das untergrub seine Theorie
-
vom komparativen Vorteil,
zum Schaden des englische Volkes.
-
Sie würden es also nicht tun.
-
Er nennt psychologische
und andere Gründe dafür,
-
Heimatliebe und dergleichen.
Doch die Erkenntnis stimmt.
-
Das erkannte man im 18. Jahrhundert,
und es hat sich bewahrheitet:
-
Die erzwungene Liberalisierung
war enorm schädlich.
-
Alle reichen Länder
würden sie für sich ablehnen.
-
Der Freihandel
ist ein sehr schönes Konzept.
-
Er kam im 18. Jahrhundert auf
und hat sich sicher verdient gemacht,
-
denn es ist logisch zu sagen:
-
Ihr müsst besser
und billiger produzieren
-
und mit anderen Handel treiben.
-
Anstatt Wein in England herzustellen,
kauft ihn in Portugal.
-
Dafür kaufen
die Portugiesen eure Wollstoffe.
-
Das war Ricardos Originalbeispiel.
-
Aber die grossen Theoretiker
des 18. Jahrhunderts
-
hätten sich nie träumen lassen,
dass das Kapital dahin fliesst,
-
wohin es will,
-
und dass eine Firma
aus Amerika oder England
-
in China investieren könnte,
-
um das repressive System
in China auszunutzen,
-
das Gewerkschaften ablehnt,
-
weshalb die Löhne dort
extrem niedrig sind.
-
Die Umweltkosten werden „ausgelagert",
-
und der Planet zahlt dafür, denn
Verschmutzung kostet die Firma weniger.
-
Anstelle eines
komparativen Kostenvorteils,
-
ich produziere Wein billiger als ihr,
ihr produziert Stoff billiger als ich,
-
gibt es einen absoluten Kostenvorteil.
-
Mein Kapital fliesst dahin,
-
wo es die besten Aussichten
auf Gewinn vorfindet.
-
Und das verzerrt den Handel
-
und bringt
die transnationalen Konzerne dazu,
-
die grösstmögliche Freiheit
für sich selbst zu fordern.
-
Aber es steht ausser Frage,
dass Arbeit umherwandern kann,
-
abgesehen
von den „modernen Nomaden",
-
also hoch qualifizierten Fachkräften,
-
die Dienstleistungsabkommen unterliegen.
-
Sie hätten das Recht,
sich niederzulassen, wo sie wollen.
-
Aber für die meisten Menschen
trifft das nicht zu.
-
Am 17. Dezember 1992 unterzeichnete
der US-Präsident H. W. Bush
-
das nordamerikanische
Freihandelsabkommen (NAFTA)
-
mit Kanada und Mexiko.
-
14 Jahre später,
am 26. Oktober 2006,
-
verkündete sein Sohn, George W. Bush,
den „Secure Fence Act".
-
Dieses Gesetz sieht den Bau
eines 4,5 m hohen und 1200 km langen,
-
doppelten Sicherheitszaunes
entlang der mexikanischen Grenze vor.
-
Dieser ist zudem mit modernster
Überwachungstechnik ausgestattet:
-
Wachtürme, Kameras,
Bodensensoren, Drohnen usw.
-
Beim komparativen Vorteil
geht es um Spezialisierung.
-
Diese Theorie besagt,
dass sich die Nationen
-
entsprechend ihrer komparativen Vorteile
spezialisieren müssen.
-
Diese Theorie ist starr.
Man ordnet Figuren in einer Box an,
-
ohne zu fragen, warum die Box diese
Form hat und ob sie sich verändern wird.
-
Es ist eine Theorie für den Augenblick.
Warum funktioniert sie nicht?
-
Weil der Welthandel
kein neutraler Handel ist,
-
bei dem nette Eingeborene
-
mit den netten Eroberern
Geschäfte machen.
-
Das war und ist niemals der Fall.
-
Erst mal töten die Eroberer alle,
-
und dann kommt der Handel
als zweite Phase der Befriedung.
-
Im internationalen Handel
als Matrix der Wirtschaft ...
-
Das ist auch so ein Vorurteil.
-
Handel findet nicht in Dörfern,
dann in Städten, Regionen, Nationen
-
und schliesslich
zwischen den Nationen statt.
-
Es ist umgekehrt.
-
Der internationale Handel
folgt dem Militär, er folgt dem Raubzug,
-
und dann kommt ein Prozess,
die Befriedung nach innen.
-
DER WOHLSTAND DER NATIONEN
-
Adam Smiths Theorie
ist aussergewöhnlich.
-
Sie geht davon aus,
dass die Menschen schlecht sind.
-
Sie ist scharfsinnig.
Und bezieht diese Annahme ein:
-
Die Menschen sind egoistisch, gierig,
-
gemein, denken nur an sich,
mögen die Gemeinschaft nicht,
-
sie sind unsolidarisch,
unsozial, eigennützig.
-
Sorgen wir also dafür,
dass diese schlechten Eigenschaften
-
sich zum Vorteil
der Gemeinschaft auswirken.
-
Lassen wir alles laufen,
-
und aus ihrem Egoismus
wird allgemeines Glück erwachsen.
-
Das ist die Theorie
der „unsichtbaren Hand".
-
Bei jedem Eingreifen,
bei jedem Versuch,
-
diesen Antagonismus
der Egoismen aufzuheben,
-
wird alles noch schlimmer.
-
Eine bekannte These der Reaktionäre
ist die vom gegenteiligen Effekt.
-
Hirschmann hat das toll beschrieben.
-
Die rechte Reaktion
warf den Linken immer vor,
-
Gutes zu wollen,
aber Schlechtes zu bewirken.
-
Ihr wollt den Armen helfen,
aber die Armut wird zunehmen.
-
Am prägnantesten fand ich
ein Bild im Economist
-
nach dem Treffen von Seattle.
-
Es zeigte hungernde Menschen
aus der Dritten Welt,
-
schwarze Kinder, und da stand:
-
„Die Opfer des Scheitern von Seattle"
-
Das ist widerwärtig,
schlimmer als die Benetton-Werbung.
-
Die Botschaft war:
Ihr wolltet die WTO aufhalten
-
und wozu hat das geführt?
Zu Armut, Unglück und Hunger.
-
Wo doch dieses System
die Armut und den Hunger erzeugt.
-
Aber die „unsichtbare Hand",
das bedeutet Laissez-faire.
-
Ihr könnt nichts tun.
Der Mensch ist böse.
-
Nur die Bosheit eines anderen
kann ihn stoppen.
-
Das gleicht sich aus.
Man muss sie nur machen lassen.
-
Seit 1776 studieren die Ökonomen
die „unsichtbare Hand".
-
Sie untersuchen das Problem
also schon seit einer ganzen Weile.
-
Damit das funktioniert,
müssten die Menschen autonom sein.
-
Ohne Beziehungen,
ohne die Gemeinschaft.
-
Ihre Rationalität müsste
von der aller anderen losgelöst sein.
-
Ein absoluter Individualismus,
das ist die erste Bedingung.
-
Die zweite ist umfassende Information.
-
Man müsste Jahrhunderte
im Voraus wissen, was passieren wird.
-
Die zweite Bedingung.
Nein, das war die dritte.
-
Also, umfassende Information.
Und drittens
-
dürfte es keine Unsicherheit geben,
wie einen Sturm, einen Zufall,
-
derAbsturz der Ariane beim 25. Flug
-
und nicht beim dritten.
-
Die Welt müsste frei von Risiken sein,
eine Folge umfassender Information.
-
Unter diesen Bedingungen ...
-
... könnte das Ganze funktionieren,
aber sicher wäre es nicht.
-
Denn Folgendes muss man wissen:
-
Die grössten liberalen Ökonomen,
die Mathematiker unter ihnen,
-
die Renommiertesten,
die Nobelpreisträger
-
beweisen es seit etwa 25 Jahren.
-
Die Lehre von der „unsichtbaren Hand"
ist nicht haltbar.
-
Sie ist Blödsinn, erwiesenermassen.
Viele hatten es ja seit Langem geahnt.
-
Keynes zum Beispiel.
-
Die Idee eines Gleichgewichts
in der Wirtschaft war für ihn abwegig.
-
Er sagte das Gegenteil:
Wirtschaft ist chaotisch.
-
Auch die Hardliner unter den Ökonomen,
die angesehensten Liberalen
-
mit dem höchsten Prestige,
der unerbittlichsten Wissenschaft,
-
allen voran der Nobelpreisträger
Gérard Debreu, sagen seit 25 Jahren:
-
Das funktioniert nicht.
Es führt zu keinem Gleichgewicht,
-
es ist nicht effizient.
-
Der Markt ist nicht im Gleichgewicht,
-
also Angebot und Nachfrage
bedeuten nichts,
-
und er ist nicht effizient,
also Laissez-faire ist das Schlimmste.
-
Das Schlimmste, was man tun kann.
-
Danke, ihr lieben Liberalen!
Gut, dass ihr das auch mal sagt.
-
Wer heute von der „unsichtbaren Hand",
Marktgleichgewicht und Ähnlichem redet,
-
ist entweder ein Betrüger,
und davon gibt es viele,
-
einer, der seine Augen verschliesst,
das kommt auch vor,
-
ein Lump nach Sartre,
der wissend schweigt,
-
oder er ist inkompetent,
das gibt es auch.
-
Angeblich wollen alle Freihandel.
Aber was heisst das eigentlich?
-
Zunächst können Länder wie die USA
oder auch die Länder Westeuropas
-
keine Freihandelsabkommen schliessen,
aus einem einfachen Grund:
-
Sie akzeptieren den Markt
zu Hause nicht.
-
Da kann man
keine Freihandelsabkommen schliessen.
-
Nehmen wir die US-Wirtschaft als Zentrum
der Weltwirtschaft seit dem Krieg.
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Sie basiert zu grossen Teilen auf
dem dynamischen öffentlichen Sektor.
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Nehmen wir diesen Ort hier, das MIT.
Was ist das MIT?
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Eines der grössten
technischen Institute der Welt,
-
aber es ist auch ein Kanal,
durch den staatliche Mittel
-
in die Taschen
privater Konzerne fliessen.
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Hier wurden Technologien
wie das Internet,
-
Computer und andere
Spitzentechnologien entwickelt,
-
wobei grösstenteils der Staat
die Kosten und das Risiko trägt.
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Das geschah
unter dem Deckmantel des Pentagons,
-
was sich für die elektronikbasierte
Hightech-Industrie anbietet.
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Das ging über Jahrzehnte.
Computer und das Internet
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blieben 30 Jahre lang im Staatssektor,
-
bevor sie der Privatwirtschaft
übergeben wurden.
-
Das gilt für fast alles um uns herum.
-
Denken wir nur an die zivile Luftfahrt,
die viel exportiert wird.
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Sie ist fast ein Ableger der Air Force.
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Deshalb interessieren sich Europäer,
Amerikaner, Japaner und andere
-
so sehr für die Entwicklung
von Militärflugzeugen:
-
wegen der Spin-Off-Effekte
auf die zivile Luftfahrt,
-
die Wachstum
in der Tourismusbranche generiert.
-
Oder nehmen wir einfach den Handel.
Dafür braucht man Container.
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Wo kommen die her?
Von der US-Navy.
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Bei Adam Smith, David Ricardo,
Karl Marx, John Stuart Mill,
-
bei Malthus mehr oder weniger ...
-
Bei allen klassischen Ökonomen
gab es eine soziale Komponente.
-
Sie waren eher Sozialphilosophen
als reine Ökonomen im heutigen Sinne.
-
Aber die Neoklassiker seit Auguste
und Léon Walras, Vater und Sohn,
-
begründeten seit Mitte des
19. Jahrhunderts eine Wirtschaftslehre,
-
die sich als
wissenschaftlich bezeichnet.
-
Sie klammerte moralische
oder philosophische Überlegungen aus
-
und befreite sich von allem,
was die Klassiker bis Marx umtrieb,
-
nämlich folgende Fragestellungen:
-
Wer verdient Geld?
Warum verdient er Geld?
-
Darf er so viel Geld verdienen?
-
Ist das gerecht?
Ist es gut für die Gemeinschaft?
-
Da gab es eine ethische Dimension.
-
Doch diese verschwand
mit dem neoklassischen Denken.
-
Das hat dem neoliberalen Denken
den Weg geebnet.
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Das neoliberale Denken verlieh
dem neoklassischen Denken eine Art ...
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... wissenschaftlichen Status.
Bei uns ist es wie in der Physik:
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Wir stellen fest,
das Geld fliesst von A nach B.
-
Wir zählen, beobachten, klassifizieren,
aber wir hüten uns vor einem Urteil.
-
Denn die Physik als Mutter
aller Wissenschaft urteilt nicht.
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Der Vorteil der Ökonomie ist,
dass sie neutral zu sein scheint,
-
ein neutraler Diskurs,
der weder Gut noch Böse kennt,
-
sondern der
einfach wissenschaftlich ist
-
und uns ganz normal vorkommt.
-
Druck auf die Löhne ist nötig,
damit es keine Inflation gibt.
-
Es darf keine Inflation geben.
-
Auch wenn dafür die Ungleichheit wächst,
-
auch wenn Menschen verelenden,
die Kluft zwischen Nord und Süd wächst,
-
eine Kaste von Reichen
das Geschehen bestimmt,
-
wenn Staatsgewalt
und Sozialsysteme sich auflösen.
-
Ungeachtet all dessen
gibt es nur eine Wahrheit:
-
Sie können doch keine Inflation wollen!
-
In der Geschichte sehen wir aber,
dass die seltenen Momente
-
des „gebändigten" Kapitals,
etwa die 30er Jahre,
-
eher inflationäre Phasen waren,
in denen die Löhne stiegen,
-
so dass die Kredite für Hausbau
und dergleichen durch die Inflation
-
schnell abgetragen werden konnten.
-
Heute regieren die Reichen.
-
Man könnte fragen: „Wollt ihr,
dass die Reichen die Welt regieren?"
-
Aber man fragt:
„Sie sind doch gegen Inflation?"
-
Zur Durchsetzung ihrer Ideologie
entwickelten die Neoliberalen
-
im Laufe der Jahre eine bedrohliche
Strategie zur Gedankenmanipulation.
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Diese beruht zu grossen Teilen auf
den Aktivitäten eines globalen Netzwerks
-
für Propaganda, Willenslenkung
und Indoktrinierung,
-
das sich in vielerlei Gestalt
auf allen Tribünen Gehör verschafft.
-
Die zum Grossteil in Thinktanks
erdachte neoliberale Propaganda
-
wird daher über
viele Kanäle vermittelt.
-
Die Bildung ist zu einem
der wichtigsten Kanäle geworden.
-
6. PROPAGANDA UND INDOKTRINIERUNG
-
6. PROPAGANDA UND INDOKTRINIERUNG
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BILDUNG
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Als die Idee von nationaler Bildung
im 18. Jahrhundert aufkam,
-
unter anderem im Zuge der Französischen
Revolution, entstand der Gedanke,
-
dass ein öffentlicher demokratischer
Raum informierte Menschen voraussetzt,
-
die dazu befähigt wurden,
nachzudenken, zu diskutieren,
-
an politischen Debatten teilzunehmen.
Es gab zwei wichtige Institutionen,
-
die gewährleisten sollten,
dass die Leute zu „Bürgern" wurden:
-
Das war zum einen die Bildung,
zu deren Aufgaben es zählte,
-
Bürger auszubilden,
sie vorzubereiten.
-
Und es waren die Medien.
Dazu kommen wir noch.
-
Der Auftrag der Bildung,
auch wenn der nicht immer erfüllt
-
oder korrekt erfüllt wurde,
-
war die Ausbildung der Bürger,
-
ihre Befähigung,
an politischen Debatten teilzunehmen
-
und jenseits ihrer eigenen Interessen
über Politik nachzudenken.
-
Darum ging es.
Um eine Sicht auf Politik,
-
auf Wirtschaft und Gesellschaft,
die uneigennützig war,
-
um die Fähigkeit, vom Interesse
der Allgemeinheit auszugehen.
-
Das wollte Bildung.
-
Doch im Zuge des „neoliberalen" Wandels
in den letzten 30 Jahren
-
erkannten die grossen Institutionen,
-
dass es wichtig ist,
sich der Bildung zu ermächtigen.
-
Nun kann man fragen: Dringen sie
wirklich ins Bildungswesen ein?
-
Wer genau hinsieht, stellt fest:
Es stimmt.
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Von der Grundschule bis zur Universität.
-
Natürlich hängt das vom Land ab
-
und von der Geschichte
des jeweiligen Systems.
-
Doch wir beobachten
einen massiven Vorstoss der Konzerne,
-
der privaten Industrie
in das Bildungswesen.
-
Warum tun sie das?
Die Antwort ist recht einfach.
-
Der Bildungsmarkt ist sehr einträglich.
Es ist reizvoll,
-
diesen Raum sozialer und
wirtschaftlicher Aktivität einzunehmen.
-
Damit erobert man
die Köpfe der Kinder.
-
Es ist brutal:
Bildung heisst Köpfe erobern.
-
Das ist etwas ...
-
... sehr Schwerwiegendes,
wenn man Kinder für sich vereinnahmt.
-
Das erfordert einen guten Grund,
und ich weiss nicht,
-
ob wir einen benennen können.
-
Die Wirtschaft möchte also
die Kinder für sich vereinnahmen.
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Sie will die Lerninhalte verändern.
-
Dann liegt das Augenmerk nicht mehr
-
auf Staatsbürgerlichkeit
und dem Allgemeinwohl,
-
sondern auf den Interessen
der privaten Unternehmen,
-
die das Bildungswesen erobern.
-
Man begreift die Welt durch Kultur,
Wissen, aus der Aussensicht anders,
-
als durch die Frage,
was einem ein Unternehmen gibt.
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Und um Letzteres geht es immer.
-
Also, Eroberung des Marktes,
der Köpfe der Kinder,
-
Vorbereitung der Arbeitskräfte.
So verliert Bildung zusehends
-
ihre anderen Zielsetzungen,
-
Vorbereitung auf das bürgerliche Leben,
-
Weltoffenheit,
-
Freude am Verstehen,
am Lernen um des Lernens willen.
-
Es geht nur
um den Dienst auf dem Markt,
-
um die Vorbereitung der Subjekte
auf wirtschaftliche Funktionen.
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Bildung als Auftakt
für ein Leben in der Wirtschaft,
-
für das Arbeitsleben.
Das ist beunruhigend.
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Diese Entwicklung können wir
seit etwa 20 Jahren beobachten.
-
Aber im Zuge derAusbreitung dieses
Phänomens regt sich auch Widerstand.
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Zum Glück.
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Channel One ist
ein amerikanisches Unternehmen.
-
Es ist an der Börse notiert.
Diese Leute gehen an Schulen,
-
denen es natürlich an Geld mangelt,
-
und sagen: „Ihr bekommt von uns
Fernseher und Videorekorder,
-
wenn ihr 20 Minuten pro Tag
-
von uns produzierte
pädagogische Sendungen zeigt."
-
Zum Beispiel Nachrichten für Kinder.
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Das Publikum hat dabei
natürlich keine freie Wahl.
-
Dann gibt es also diese Sendungen.
-
Und natürlich kommt darin
auch Werbung vor.
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Diese wenigen Minuten
ermöglichen den Werbetreibenden,
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sich in einem
sehr privilegierten Kontext
-
an dieses Publikum zu wenden.
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In den USA ist das verbreitet,
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hier in Kanada hat die Firma Athéna
versucht, das zu etablieren.
-
Sie arbeiten seit einigen Jahren daran,
-
allerdings haben
die Schulbehörden das abgelehnt.
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Wir haben hier andere
öffentliche Haushalte als die USA.
-
Aber das ist ein erneuter Angriff
auf das Bildungswesen.
-
Die Formen, die das annimmt,
sind wie gesagt überall verschieden.
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Die Firma Mobil liefert Beiträge
über Energie und Umweltschutz,
-
die Firma NutraSweet über Ernährung.
-
Dabei sollen Kinder
etwas über Ernährung lernen.
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GM erklärt die Vorzüge des NAFTA.
-
Zum Thema Wald- und Umweltschutz
-
sehen wir Beiträge von Firmen,
die die Wälder abholzen lassen.
-
Dieses Modell erstreckt sich
von der Grundschule bis zur Universität.
-
Am Ende gibt es dann,
das ist natürlich etwas übertrieben,
-
Institute für Ökologie,
die für Umweltverschmutzung sind.
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Das ist das Beunruhigende.
-
Der Sinnverlust von geistigen,
von menschlichen Aktivitäten,
-
zu dem das führt.
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Je mehr wir glauben,
effizient zu sein ...
-
Also finanziell effizient, denn es geht
um die Vermehrung von Geld.
-
Je effizienter wir also dabei sind,
umso mehr Sinn geht verloren.
-
Wo ist der Sinn,
wenn man sagt, dass General Motors,
-
nur als Beispiel, effizient ist,
-
weil der Konzern 23 oder 24 Milliarden
Dollar Reingewinn gemacht hat,
-
in den letzten zehn Jahren,
-
es aber zugleich
300 000 Entlassungen gab?
-
Ist das sinnvoll?
-
GM ist angeblich effizient,
aber was bedeutet das?
-
Die US-Wirtschaft
gilt als sehr effizient.
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Das ist sie in finanzieller Hinsicht,
-
in Bezug auf Kapitalerträge
und dergleichen.
-
Aber in den USA lebten noch nie so viele
Menschen unterhalb derArmutsgrenze,
-
also unter der amerikanischen.
-
Noch nie hatten so viele
keine Gesundheitsversorgung.
-
40% derAmerikaner haben praktisch
keinen Zugang zum Gesundheitswesen.
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Nie zuvor war das Bildungsniveau
in den USA so niedrig.
-
50% der Amerikaner wissen nicht,
wo sie England auf einer Karte finden.
-
Das ist verrückt,
-
wenn pro Haushalt mindestens
50 Fernsehkanäle empfangen werden.
-
Das belegt
im Prinzip diesen Sinnverlust.
-
Wirtschaftlich werden wir
immer effizienter,
-
aber ökologisch,
gesellschaftlich, politisch
-
und menschlich gesehen
verlieren wir immer mehr an Werten
-
und an Lebensqualität.
Das ist der Sinnverlust.
-
Wir müssen uns komplett
vom ökonomischen Diskurs lösen,
-
um wieder Sinn zu stiften.
Das Problem muss neu formuliert werden.
-
Von Grund auf. Dafür müssen wir
zurückgehen zu Aristoteles.
-
Der sagte bereits:
Verwechselt nicht Wirtschaft,
-
also Oikonomia, die Regeln
der Hauswirtschaft und der Gemeinschaft,
-
mit der Chrematistik,
der Kunst des Gelderwerbs.
-
Da sind wir wieder bei der Bildung.
-
In welchem Masse
wird heute noch Aristoteles gelehrt?
-
Wer kennt ihn?
Wer liest ihn?
-
Ich könnte auch Victor Hugo nehmen,
Jean-Paul Sartre ...
-
... Archimedes und so weiter.
-
Heutzutage ...
-
... gilt unsere Wirtschaft
als wissensbasiert,
-
aber noch nie waren wir
so schlecht gebildet.
-
Doch wir haben
auch noch nie so viel Wert
-
auf so genannte
Bildungseinrichtungen gelegt.
-
Der Widerspruch und die Unsinnigkeit
liegen in folgendem Umstand:
-
Fast überall, vor allem in den USA,
werden Bildungseinrichtungen
-
in Reproduktionsstätten
für Systemdiener umgewandelt.
-
Oder anderes gesagt,
für denkende Zweibeiner,
-
denen nur daran gelegen sein soll,
-
dass der freie,
selbstregulierende Markt erhalten bleibt
-
sowie die Mechanismen
der Geldvermehrung.
-
Das nennt man „Beschäftigungsfähigkeit".
Wir bilden „Beschäftigungsfähige" aus.
-
Das heisst, wir reformieren
unser gesamtes Bildungssystem,
-
um Menschen auszubilden,
die auf dem Arbeitsmarkt unterkommen.
-
Das ist schrecklich.
-
Wäre Victor Hugo
heute beschäftigungsfähig?
-
Wäre es Sokrates?
-
Wären Paul Verlaine oder Rimbaud
beschäftigungsfähig?
-
Nein! Keiner von ihnen.
-
Aber was wäre die Menschheit
ohne Sokrates, Aristoteles,
-
ohne Rimbaud, Verlaine und Hugo?
-
Was wären wir ohne sie?
Wir wären Tiere.
-
Unter dem Vorwand,
dass der Markt sie nicht will,
-
bilden wir heute keine Poeten,
keine Literaten,
-
keinen reinen Mathematiker,
keine theoretischen Physiker mehr aus.
-
Wir stellen bereit,
was die Industrie, die Finanzwelt will,
-
um ihr System aufrechtzuerhalten.
-
Wer ist beschäftigungsfähig?
-
Die Menschen an den Universitäten,
an denen ich lehre.
-
Also auf höchstem Niveau,
Master-Studenten und Doktoranden.
-
Die nenne ich Technokraten.
Also Menschen, die ...
-
Analytische Technokraten
auf dem Gebiet des Problem Solving.
-
Man redet ihnen ein,
sie seien intelligent.
-
Problem Solving ist nicht intelligent,
aber Problemformulierung ist es.
-
Intelligent ist jemand,
der das Problem formuliert,
-
der es in Worte fasst
und es in einen Kontext setzt,
-
der eine Frage aufwirft.
Das ist Intelligenz.
-
Sich mit einem bekannten Problem
zu befassen,
-
um eine Lösung dafür zu finden,
ist nicht intelligent.
-
Das wird nur behauptet.
Analytische Technokraten
-
können analysieren und kalkulieren,
-
und das verwechseln sie mit Nachdenken.
-
Sie treffen gewissenlose Entscheidungen,
entlassen 60 000 Leute am Tag,
-
verdoppeln ihr Gehalt um eine Million
und sagen, sie leiden.
-
Wegen der schweren Entscheidungen.
Das sind Unmenschen.
-
Wer dabei kein schlechtes Gewissen hat
und das auch sagt,
-
sagt eigentlich:
„Ich bin ein Unmensch."
-
Wieso lassen wir zu, dass Unmenschen
über menschliche Wesen entscheiden?
-
Er hat kein schlechtes Gewissen,
also hat er kein Gewissen. Ein Unmensch.
-
Das sind die Technokraten ganz oben.
-
Die auf mittlerer Ebene nenne ich
die „produzierenden Techniker".
-
Diese Techniker bedienen Maschinen.
Sie sind Maschinenbediener.
-
Vom Computer
bis zur digitalen Anlage,
-
die Plastik-, Eisen-
oder Aluminiumteile ausspuckt.
-
Diese Menschen sorgen dafür,
-
dass diese
Produktionsmaschinerie nie ausfällt.
-
Alles, was sie kennen müssen,
-
ist die Funktionsweise der Maschine,
die sie beaufsichtigen.
-
Das ist alles.
Ansonsten müssen sie lediglich
-
verstehen können,
was die Maschine benötigt.
-
Das heisst, es sind nicht einmal sie,
die die Maschine beherrschen oder ...
-
... die der Maschine menschlich,
verstandesmässig überlegen sind,
-
sondern die Maschine sagt:
„Wenn du intelligent bist,
-
dann entnimm den defekten Chip,
wechsle die Karte."
-
Ist er zu langsam, taugt er nichts.
-
Auf der unteren Ebene
bilden wir gar nicht mehr aus.
-
45% derArbeitskräfte
der multinationalen Konzerne,
-
vor allem der amerikanischen,
sind totale Analphabeten.
-
Die Konzerne
wollen daran nichts ändern.
-
Sie wollen nicht, dass diese Menschen
die geringste Bildung haben,
-
denn sonst würden sie Fragen stellen.
-
Wenn sie Zeitungen,
Finanzanalysen lesen könnten,
-
würden sie Fragen stellen,
sich organisieren, nachdenken.
-
Um Gottes willen!
-
Wir haben heute in Nordamerika,
vor allem in den USA,
-
Grund- und Gesamtschulabsolventen ...
-
Und diese Zahlen
sind wirklich erschütternd:
-
25% hier in Quebec,
-
und in den USA sind es wahrscheinlich
genauso viele, wenn nicht mehr,
-
die trotz Abschluss Analphabeten sind,
-
also kaum lesen und schreiben können.
-
Sie waren lange genug da
und bekamen ein Zeugnis.
-
Durch Anwesenheit und Alter.
Das kommt dem System zupass.
-
Denn wenn man Bedienpersonal hat,
-
das quasi hirnlos ist
und nicht nachdenken kann ...
-
Um denken zu lernen,
muss man lesen.
-
Um das Denken zu erlernen,
muss ich Hugo lesen, Gedichte ...
-
... Philosophen, Schriftsteller.
Dadurch lernt man Denken.
-
Um zu denken, muss ich Wörter im Kopf
haben und mit ihnen umgehen können.
-
Wenn das fehlt,
kann ich nicht denken.
-
Aber ich kann ein wunderbarer
Vervielfältiger des Systems sein,
-
der nicht nachdenkt
und der das System verteidigt.
-
Es gibt Arbeiter, die sagen ...
Das habe ich erlebt,
-
in schlimmen Situationen,
wie Firmenschliessungen mit Entlassungen.
-
Wenn ich die Arbeiter
nach ihrer Meinung frage,
-
höre ich oft:
„Das ist das Gesetz des Marktes.
-
Wir müssen wettbewerbsfähiger
als die Japaner sein..."
-
Sie werden zu Anwälten eines Systems,
das sie zermalmt.
-
Vorhin haben wir besprochen,
wie Netzwerke Ideen verbreiten.
-
Bei der Bildung ist es ähnlich.
Da gibt es ideologische Begründungen
-
von Theoretikern,
nach denen sich das Bildungswesen
-
in einer Weise verändern soll,
die ich gleich beschreibe.
-
Dann gibt es die grossen
transnationalen Konzerne,
-
die das gleiche anstreben.
-
Sie bewegen die Akteure,
Regierungen, Professoren dazu,
-
nach ihren Idealen zu handeln.
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Und es gibt die Interessengruppen,
die Thinktanks, die dasselbe tun.
-
Bei der Bildung kommt
das alles zusammen.
-
Der einflussreichste Bildungstheoretiker
der letzten 50 Jahre
-
war kein Pädagoge, sondern ein Ökonom.
-
Der wichtigste Bildungstheoretiker
war wahrscheinlich Gary Becker.
-
Er lehrt an der Universität
von Chicago.
-
Er entwickelte
die Theorie vom Humankapital,
-
nach welcher der Mensch
und sein Wissen ein Kapital darstellen,
-
in das man investiert,
um es wirtschaftlich rentabel zu machen.
-
In der Theorie vom Humankapital
-
lassen sich mathematische
Grundsätze aus der Ökonomie
-
auf Bildung als Kapital anwenden,
-
ein Kapital,
das man in Zahlen erfassen kann.
-
Das war die einflussreichste
Theorie der letzten 50 Jahre,
-
und zwar dort, wo Entscheidungsträger
beeinflusst werden.
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Orte, an denen Regierungen,
Bildungsminister
-
und sonstige Schlüsselfiguren
beeinflusst werden.
-
Der zweite Theoretiker, der die heute
bestehenden Mechanismen begründete,
-
ist Milton Friedmann,
der Vater des Monetarismus.
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Er war für die Einführung
von Bildungsgutscheinen.
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Dadurch sollten Marktmechanismen
ins Bildungswesen einfliessen,
-
wie Wettbewerb unter den Schulen.
-
Diese zwei Theorien,
-
die an pädagogischen Instituten
sicher nie diskutiert werden,
-
sind die führenden Bildungsansätze
der letzten Jahre.
-
Und diese dringen dann zum IWF,
zur OECD, zur Weltbank vor.
-
Die beurteilen nationale Bildungssysteme
von dieser Warte aus
-
und geben
entsprechende Empfehlungen.
-
Thinktanks und grosse Mediengruppen
-
stehen oft
in einem privilegierten Verhältnis:
-
die Propaganda der Ersteren
-
gelangt daher
ganz unbeschwert in die Medien.
-
Vor allem durch
diesen medialen Übertragungsweg
-
wurde die neoliberale Ideologie
zu einer Selbstverständlichkeit.
-
7. PROPAGANDA UND INDOKTRINIERUNG
-
7. PROPAGANDA UND INDOKTRINIERUNG
-
DIE MEDIEN
-
Hitler gilt als Erfinder
der Propaganda.
-
Man liest oft, dass er ihre Wichtigkeit
im Zweiten Weltkrieg verstanden habe.
-
Und es ist richtig,
dass Hitler ihre Bedeutung
-
für die Gesellschaft verstand.
Aber er erfand sie nicht.
-
Er lernte von uns,
den westlichen Demokratien,
-
vor allem von den Engländern
und von den Amerikanern.
-
Seit dem Aufkommen
der modernen Gesellschaften
-
herrschen zwei Ansätze vor:
-
der von der partizipativen Demokratie,
in der informierte Menschen diskutieren,
-
handeln und Entscheidungen
beeinflussen können,
-
und der Ansatz, dass ein Teil
der Menschen abgedrängt werden muss.
-
Sie dürfen sich nicht um Dinge kümmern,
die sie betreffen.
-
Diese Sicht auf die Gesellschaft
-
und die Wirtschaft
gibt es auch in unserer Kultur.
-
Besonders sichtbar war dies
im Ersten Weltkrieg in den USA.
-
Die damalige Regierung wurde gewählt,
weil sie einen Kriegseintritt ablehnte.
-
Doch nach der Wahl
kam es aus Gründen,
-
die in der Innenpolitik und
in der Rolle der Industriellen lagen,
-
zu der Entscheidung,
doch in den Krieg einzutreten.
-
Das Problem war nun, dass ein grosser
Teil der Bevölkerung dagegen war.
-
Also wurde eine Kommission einberufen,
der ein Journalist namens Creel vorsass,
-
die Creel-Kommission.
-
Diese Kommission wird die Techniken
der modernen Propaganda entwickeln,
-
Techniken zur Beeinflussung
der öffentlichen Meinung.
-
Die Creel-Kommission
erfüllte ihre Mission erfolgreich
-
und stimmte
die Öffentlichkeit schnell um.
-
In ihr arbeiteten sehr bekannte Leute,
namhafte Intellektuelle,
-
darunter Edward Bernays,
der Begründer der Öffentlichkeitsarbeit.
-
Sie verliessen später die Kommission
-
und richteten in der Gesellschaft
Kommunikationsinstrumente ein,
-
die es bis heute gibt und die Teil
der Propagandamaschinerie sind.
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Das politische Ziel war der Ausschluss
eines Teils der Bevölkerung,
-
die Bildung einer öffentlichen Meinung,
eines gesellschaftlichen Konsenses.
-
Sie erschufen Institutionen
wie PR-Firmen,
-
aber auch eine neue Konzeption
des Unternehmens, der PR im Unternehmen,
-
der sozialen Kommunikation, der Medien,
der Rolle der Intellektuellen,
-
der Rolle der Werbung
und der Information im Allgemeinen.
-
All das prägte sich Hitler ein,
zurecht übrigens.
-
Die Mechanismen,
die heute das Einheitsdenken erzeugen,
-
gingen aus besagter
Creel-Kommission hervor.
-
Und wenn man noch weiter zurückgeht,
auch aus der politischen Auffassung,
-
dass eine funktionierende Gesellschaft
einige Menschen ausschliessen muss.
-
Und das beobachten wir.
-
Doch wenn die erwähnten Akteure
so gross, mächtig und zahlreich sind,
-
entsteht auch ein Gegendiskurs.
-
Uns werden auch
andere Analysen präsentiert.
-
Es gibt alternative Medien,
Intellektuelle,
-
gesellschaftliche Gruppen
mit einem neuen Denken.
-
Es gibt beide Seiten.
-
Leider überwiegt aber
das Einheitsdenken.
-
Die Propaganda erfüllt ihren Zweck.
-
Durch solche Mechanismen
und Institutionen
-
sorgt eine Weltanschauung,
ein Vokabular, eine Denkweise dafür,
-
dass nur bestimmte Fragen möglich sind,
-
nur bestimmte Antworten und Analysen,
während andere ausgeschlossen sind.
-
Die herrschende Ideologie
ist eine allumfassende Ideologie,
-
deren offizielle Seite
das besagte Einheitsdenken ist.
-
Ihre inoffizielle Seite ist die Sprache,
die die Medien ...
-
... oder alle Verhaltensweisen,
die die Medien vorgeben.
-
Sie kommt uns
nicht wie eine Ideologie vor,
-
sondern wie etwas ganz Normales,
das man ganz selbstverständlich tut.
-
Ein Fernseher
ist eine Selbstverständlichkeit.
-
„Wie kann man Ende des 20. Jahrhunderts
keinen Fernseher haben?"
-
Es ist selbstverständlich,
dass wir Werbung akzeptieren.
-
„Sie werden doch nicht ...
-
... am Anfang des 21 . Jahrhunderts
die Werbung in Frage stellen!"
-
Alles, was ideologisch ist,
was eine Wahl darstellt,
-
was das System,
ohne uns zu fragen, organisiert hat,
-
wird uns
als selbstverständlich präsentiert,
-
worüber man gar nicht reden muss.
-
Das ist interessant.
Was das Einheitsdenken betrifft ...
-
Es stellt eine uniforme,
partielle und sektiererische Art dar,
-
Wirtschaft zu interpretieren
oder zu betreiben.
-
Alain Minc ersetzte „Einheitsdenken"
durch „Einheitswirklichkeit".
-
Von da an stellte niemand mehr in Frage,
-
was die liberale
oder ultraliberale Wirtschaft trieb.
-
Das war eben die Realität,
der man sich fügen musste.
-
Man sagt:
„Die Globalisierung ist eine Realität."
-
Natürlich ist sie das,
aber nicht zwangsläufig eine gute.
-
Die Ideologie sagt: „Es ist Realität,
also müssen wir diesen Weg gehen."
-
Das gilt auch für die Globalisierung.
-
Und für die Privatisierung.
-
Es wird gemacht,
also muss es gemacht werden.
-
Man musste es machen.
-
Man präsentiert vollendete Tatsachen,
-
die die Leute akzeptieren müssen,
anstatt sie vorher zu fragen.
-
Das ist dem zuzuordnen,
-
was ich über den Trugschluss des
Unvermeidbaren geschrieben habe.
-
Die meisten Politiker stellen
ihr Handeln und ihre Entscheidungen,
-
die ja richtungsweisend sind,
als etwas Unvermeidbares dar.
-
„Wir konnten nicht anders.
-
Es wurde verfügt.
Die Amerikaner machen es."
-
Und jeder weiss:
Das, was heute in Frankreich passiert,
-
passierte zehn Jahre vorher in den USA.
-
Also müssen wir es hier auch tun.
-
Renault hatte in Belgien
ein Werk geschlossen.
-
Sie wollten umstrukturieren ...
-
... und anderswo Werke eröffnen,
-
in denen die gleiche Arbeit
geringer entlohnt wird.
-
Das hatte also
mit wirtschaftlichem Kalkül zu tun.
-
Über diese Schliessung äusserte sich
der französische Staatschef wie folgt:
-
„Werkschliessungen passieren leider.
-
Bäume wachsen, leben und sterben.
-
Genau wie Pflanzen, Tiere,
Menschen und Unternehmen."
-
Das ist ein gutes Beispiel
für die „Naturalisierung"
-
des Geschehens,
also eine Depolitisierung.
-
Die Leute müssen
als natürlich hinnehmen,
-
als vom Willen der Politiker unabhängig,
-
was um sie herum entschieden wird.
-
Dadurch ...
-
... manipuliert man letztlich die Bürger
-
und bringt sie davon ab,
an ihr eigenes Votum zu glauben.
-
Heute ermöglicht die Funktionsweise
der Medien die Erzeugung von Wahrheit.
-
Natürlich ergibt sich Wahrheit
nur aus der Konfrontation ...
-
... aus der Überprüfung
einer gegebenen Version,
-
für die es verschiedene Zeugen gibt.
-
Wahrheitsfindung ist schwer.
Das sehen wir bei Ermittlungsrichtern,
-
bei Wissenschaftlern,
die Analysen durchführen,
-
um die Wahrheit herauszufinden.
-
Aber in der heutigen
Medienlandschaft genügt es,
-
wenn alle Medien dasselbe
über ein bestimmtes Ereignis berichten,
-
die Presse, das Radio, das Fernsehen,
-
damit etwas als Wahrheit gilt,
selbst wenn es unwahr ist.
-
Das war der Fall beim Golfkrieg und bei
Grossereignissen der jüngeren Geschichte.
-
Hier stellen wir
eine falsche Gleichung auf, nämlich:
-
Wiederholung ist gleich Beweis.
-
Vor Kurzem habe ich
-
noch einmal „Schöne neue Welt"
von Aldous Huxley gelesen
-
und einen Satz
über Hypnopädie wiedergefunden,
-
also diese Art von Hypnose,
die kleine Kinder überzeugen soll,
-
dass sie glücklich mit sich selbst sind.
-
Und einer der Direktoren
des Konditionierungszentrums
-
lässt verlauten,
-
dass 64 000 Wiederholungen
gleich Wahrheit sind.
-
Wir leben heute in Huxleys Welt.
-
Unterstützt durch die Propaganda
und den Bekehrungseifer,
-
die unaufhörlich aus den
diversen Sprachrohren
-
eines verflochtenen Netzwerks
zur Bewusstseinskontrolle dringen,
-
setzen sich die neoliberalen Reformen
-
allmählich im narkotisierten Bewusstsein
der westlichen Demokratien fest.
-
Im Namen eines notwendigen „Realismus"
-
verabschieden rechte wie linke Parteien
dieser Länder Massnahmen,
-
die den Sozialstaat
jeden Tag ein Stück mehr
-
zugunsten des Marktes untergraben.
-
Andernorts, wo die Propaganda
nicht so erfolgreich ist,
-
vor allem in den Entwicklungsländern,
-
werden andere Massnahmen angewendet.
-
Drastische Massnahmen.
-
Was verbirgt sich hinter
dem ideologischen Rauchvorhang,
-
hinter den schönen Konzepten
von spontaner Ordnung,
-
von Interessenharmonie
auf einem freiem Markt?
-
Was verbirgt sich hinter dem
Allheilmittel der „unsichtbaren Hand"?
-
Was sind die wahren Motive
der Bankiers und der Industriellen,
-
die den Aufbau des neoliberalen
Netzwerks finanziert haben?
-
8. NEOLIBERALISMUS
ODER NEOKOLONIALISMUS?
-
DIE DRUCKAUSÜBUNG
DURCH DlE FINANZMÄRKTE
-
Es ist schon frappierend zu sehen,
-
dass jedes Element des Neoliberalismus
-
entworfen wurde,
um die Demokratie zu schwächen.
-
Aber man bespricht
nur die wirtschaftlichen Effekte.
-
Denken Sie nur einmal
an die finanzielle Globalisierung.
-
Für Keynes war die grösste Errungenschaft
-
des Bretton-Woods-Systems
die finanzielle Regulierung.
-
Das hat seinen Grund:
Es verschafft den Regierungen Raum,
-
um Programme durchzuführen,
die von der Bevölkerung gewollt sind.
-
Wenn der Kapitalfluss
keinen Regeln unterliegt,
-
können Währungen
einfach so angegriffen werden.
-
Dann entsteht das,
was internationale Ökonomen
-
ein virtuelles Parlament
von Investoren und Kapitalgebern nennen,
-
die, ich zitiere aus der Fachliteratur,
-
„jederzeit über die Politik
der Regierung abstimmen können".
-
Halten sie die Politik für irrational,
-
stimmen sie durch Kapitalabzug
oder Angriffe auf die Währungen dagegen.
-
„Irrational" wäre die Politik für sie,
wenn sie die Menschen begünstigt
-
und nicht den Profit erhöht
oder den Marktzugang verbessert.
-
Die Regierungen haben es
mit zwei Wählerschaften zu tun:
-
der Bevölkerung
und dem virtuellen Parlament.
-
Meist gewinnt Letzteres,
vor allem in armen Ländern.
-
In den reichen Staaten
ist es differenzierter.
-
Dort wurde das neoliberale „Paket"
nicht in vollem Umfang angenommen,
-
wie etwa in Lateinamerika.
Da sind die Auswirkungen vorhersehbar.
-
Das gleiche gilt für andere Elemente
des Neoliberalismus.
-
Privatisierung ist
zu einem Mantra geworden.
-
Privatisierung
untergräbt die Demokratie.
-
Öffentliche Güter geraten in die Hände
-
von nicht haftenden, privaten Tyrannen,
die der Staat erschafft und fördert:
-
die Konzerne.
-
Früher ...
-
... bis in die 70er Jahre, wurden fast
alle Aktivitäten der Banken überwacht.
-
Alle Operationen liefen
über die französische Zentralbank,
-
die alles nachverfolgte.
-
Heute agieren die Banken im Freiverkehr.
-
Etwas mehr als die Hälfte
ihres Umsatzes erwirtschaften sie
-
durch Geschäfte,
die keiner Kontrolle unterliegen.
-
So, als gäbe es einen „normalen" Markt
und einen Schwarzmarkt.
-
Also hier ein Laden mit ausgewiesenen
Preisen und einer Kasse
-
und gleich daneben der Schwarzmarkt.
-
Laut der Banque de France,
die die Bilanzen der Banken überprüft,
-
werden 50% der Transaktionen
nicht bilanziert.
-
Sie unterliegen keiner Aufsicht
durch ein höheres Gremium,
-
wie einem Schatzamt
oder einer Zentralbank.
-
Diese Geschäfte
ausserhalb der Bilanz bewirken,
-
dass Staaten bedeutungslos werden.
-
Ungefähr ...
-
... 500 Milliarden US-Dollar
-
wandern täglich in Offshore-Fonds
und dergleichen.
-
Wenn der Staat einer Bank dumm kommt,
ist der Bank das egal.
-
Sie transferiert ihr Geld
mit einem ihrer ausländischen Partner,
-
einer anderen multinationalen Bank,
in einen Offshore-Fonds.
-
Kein Problem, das Geld ist frei.
Es gibt keine staatliche Aufsicht.
-
Ausserbilanzgeschäfte ...
-
... sind ein grosses Problem,
denn die Kontrolle der Wirtschaft
-
fängt beim Geld an.
-
Ausserbilanzgeschäfte
werden im Allgemeinen
-
mit relativ neuen Finanzinstrumenten,
den Derivaten, getätigt:
-
Futures, Forwards, Optionen, Swaps usw.
-
Es sind im Grunde Versicherungsverträge,
das heisst,
-
man versichert sich
gegen zukünftige Schwankungen,
-
also Zins- oder Kursschwankungen.
-
Du schliesst
einen Vertrag mit jemandem ab,
-
an den du
in sechs Monaten zahlen musst.
-
Der Vertrag wird in Dollar geschlossen.
-
Steigt der Dollar, hast du ein Problem,
-
denn dann musst du Dollar
mit 10% Aufschlag kaufen.
-
Also schliesst du eine Versicherung
-
über den Wert des Dollar ab.
-
Dabei übernimmt jemand das Risiko,
was dich etwa 3% oder 4% mehr kostet.
-
Egal, wie der Kurs ist ...
Der Versicherer gewinnt, wenn er fällt.
-
Du bist entspannt. Du bist versichert.
Das sind Derivate.
-
Das Interessante ist, dass dadurch
eine Risikowirtschaft entsteht.
-
Währungen, Kapitalflüsse
werden ja nicht mehr kontrolliert.
-
Das Risiko wird also unterhalten,
-
um oberhalb dieses Systems
-
ein System einzurichten,
das diese Risiken abdeckt.
-
Aber der Unterschied
zu Gefahren wie Autounfällen ist,
-
dass Autounfälle vorhersagbar sind.
Das ist das Gesetz der grossen Zahlen.
-
Die Risiken auf dem Finanzmarkt
-
sind dagegen seltene Epiphänomene.
-
Sie können nicht
statistisch erfasst werden.
-
Es sind absolute,
unvorhersehbare Risiken.
-
Diese Versicherungsverträge
oberhalb der normalen Wirtschaft
-
bilden eine zweite,
noch risikoreichere Schicht.
-
Manche Versicherungen versichern also
das Risiko von Versicherungsverträgen.
-
Dadurch entsteht eine Risikopyramide,
-
auf deren Basis die Leute spekulieren.
-
Man erzeugt ein rein spekulatives System
durch Erhaltung des Risikos.
-
Der heutige Kapitalismus zeichnet sich
dadurch aus, dass das finanzielle Risiko
-
systematisch aufrechterhalten
und systematisch vermarktet wird.
-
So ist das.
-
In den 80er Jahren
verabschieden mehrere Länder
-
unter dem Einfluss
von Thatcher und Reagan
-
Reformen zur Deregulierung
der Finanzmärkte.
-
Doch durch die Autorisierung
eines freien Kapitalflusses
-
potenzieren die Regierungen die Macht
grosser institutioneller Spekulanten:
-
Hedge Fonds,
Handelsbanken, Pensionsfonds,
-
Versicherungsgesellschaften usw.
-
Aus ihrer Position der Macht heraus
fungieren diese
-
als neue Übermittler
der neoliberalen Ideologie.
-
Dabei zwingen sie sogar
die aufmüpfigsten Staaten,
-
die Liberalisierung
ihrer Wirtschaft zu beschleunigen.
-
Von den hierfür eingesetzten Methoden
erweisen sich Spekulationsattacken
-
als besonders wirksam ...
und verheerend.
-
Zwar bestehen des Kaisers neue Kleider
aus komplexen Mechanismen,
-
die selbst
die neugierigsten Geister verschrecken.
-
Doch auch wenn der Kolonialismus
nun ein anderes Gesicht hat,
-
bleibt sein Ziel
die Anhäufung von Kapital.
-
Zunächst einmal
verfügt die Spekulation ...
-
... über mehrere Instrumente.
-
Ohne zu sehr ins Detail gehen zu wollen,
-
möchte ich einmal darlegen, was während
derAsienkrise im Jahr 1997 passierte.
-
Sie führte in mehreren Ländern
zum Zusammenbruch der Währungen.
-
Und zwar in Ländern, die als
„Tigerstaaten" eingestuft wurden,
-
die also eine
leistungsfähige Wirtschaft hatten.
-
Die Krise hatte mehrere Ursachen.
-
Doch meiner Meinung nach
war einer der wesentlichen Faktoren
-
die vorherige Deregulierung
der Devisenmärkte.
-
In einigen Fällen
war diese Deregulierung erzwungen
-
oder wurde sogar vom
Internationalen Währungsfonds gefordert.
-
Die Spekulanten ...
-
... ermächtigten sich
der Reserven der Zentralbanken,
-
und zwar durch folgenden Mechanismus:
-
Sie spekulierten gegen ...
-
... die nationalen Währungen,
-
indem sie Leerverkäufe tätigten.
-
Bei Leerverkäufen
wird darauf spekuliert,
-
dass der Preis eines Wertpapiers
sinkt und nicht steigt,
-
wie es gewöhnlich der Fall ist.
-
Ist ein Wertpapier jedoch Gegenstand
eines massiven Leerverkaufs,
-
führt das zu einem Absinken
der Nachfrage und somit des Preises.
-
Man kann also
von einer Spekulationsattacke sprechen,
-
da die Spekulanten selbst
den Wertverlust verursachen,
-
indem sie auf einen
Preisrückgang spekulieren.
-
Nehmen wir an, ich möchte
koreanische Won leerverkaufen.
-
Dafür verkaufe ich
riesige Summen koreanischer Won,
-
die irgendwann fällig werden.
-
Die Verträge laufen
über drei oder sechs Monate.
-
Am Fälligkeitstag muss ich also
-
eine riesige Summe koreanischer Won
oder thailändischer Baht liefern.
-
Aber ich besitze sie nicht.
Ich kann verkaufen, so viel ich will.
-
Ich kann Won im Wert
von Milliarden von Dollar verkaufen.
-
Und wer kauft diese Won?
-
Die koreanische Zentralbank.
-
Diese ist durch Abkommen
mit dem IWF dazu verpflichtet,
-
ihre Währung zu stabilisieren.
-
Praktisch ist Folgendes passiert:
-
Als der Wert
der koreanischen Währung fiel,
-
liefen einige Monate später
die Verträge über die Leerverkäufe aus,
-
und in diesem Moment ...
-
... erfolgte eine Beschlagnahme
der Reserven dieser Zentralbank.
-
Die Währung ist ja nichts mehr wert.
-
Die Spekulanten mussten die Won
lediglich auf dem Spotmarkt aufkaufen,
-
um ihren vertraglichen Verpflichtungen
nachkommen zu können.
-
Die Zentralbank kauft nun ihre Währung
zurück, was nicht rentabel ist.
-
Dafür werden
ihre Reserven beschlagnahmt
-
und wandern in die Taschen
von grossen westlichen Banken.
-
Das ist der Mechanismus.
-
Nun wurden die Reserven geplündert.
-
Korea muss nun zum Internationalen
Währungsfonds gehen und sagen:
-
„Unsere Reserven wurden geplündert.
Wir müssen..."
-
Das Geld ist ja noch nicht
unterwegs zu den Gläubigern.
-
„Wir müssen es
an die Gläubiger zurückzahlen."
-
Was nun?
-
Wenn der Internationale Währungsfonds
-
einen Kredit
von 56 Millionen Dollar gewährt,
-
dann sind dabei
mehrere Länder involviert.
-
Es waren 24 Länder.
-
Da ging es ja
um astronomische Summen.
-
Also Staatsgelder aus Amerika,
Kanada ...
-
Die grossen westlichen Staaten.
-
Wenn aber
der amerikanische, der kanadische
-
oder ein anderer westlicher Staat
einen Kredit von 56 Milliarden vergibt,
-
steigt dessen Schuldenniveau.
-
Das heisst, sie müssen ...
-
... mit ihren Schulden
an den Börsen verhandeln.
-
Es ist ein Markt der Schulden.
Und wer kontrolliert diesen Markt ...
-
... der westlichen Staatsschulden?
-
Diese Bank hier, also die Spekulanten.
Hier schliesst sich der Kreis.
-
Man greift Korea an,
kommt dem Land zu Hilfe,
-
beschlagnahmt seine Staatsreserven,
leiht im Geld ...
-
... aus den öffentlichen Kassen
der westlichen Staaten.
-
Und um den Schuldenstand
der westlichen Länder anzuheben,
-
ist eine Absicherung durch diese Banken
aus dem privaten Sektor nötig,
-
die ja die Zeichner
für diese Staatsschulden sind.
-
Am Ende verschulden sich also alle,
-
ausser die Spekulanten,
die ja die Gläubiger von Korea sind,
-
aber auch die
der westlichen Regierungen,
-
die Korea in Form von Hilfsprogrammen
des IWF unterstützt haben.
-
Was passiert also?
-
Die koreanische Wirtschaft
ist dem Bankrott geweiht.
-
Die Vermögenswerte der Banken
-
und die Hightech-lndustrie
werden billig verkauft.
-
Und gegenwärtig beobachten wir,
-
dass der gesamte
industrielle Reichtum dieses Landes
-
an amerikanische Investoren übergeht.
-
Letztlich werden diese Vermögenswerte
praktisch übernommen,
-
und das zu absolut
lächerlichen Beträgen.
-
Nehmen wir das Beispiel ...
-
... einer der führenden
koreanischen Banken,
-
die auf Empfehlung des IWF
umstrukturiert wurde.
-
Infolge dieses Vorgangs,
denn dafür gab es Bedingungen.
-
Diese Bank, die Korea First Bank,
wurde für 450 Millionen Dollar verkauft,
-
und zwar an kalifornische
und texanische Investoren.
-
Aber eine der Bedingungen
für den Verkauf war,
-
dass die koreanische Regierung
-
für die uneinbringlichen
Forderungen dieser Bank
-
in Form von Subventionen aufkommt,
-
die 35 Mal höher
als der Kaufpreis waren.
-
Das heisst, etwa 15 Milliarden Dollar.
-
Diese Investoren
kommen also nach Korea
-
und erobern praktisch über Nacht
-
den gesamten koreanischen Finanzmarkt,
die Handelsbanken.
-
Und sie verwalten die Schulden
grosser koreanischer Konzerne
-
wie Hyundai oder Daewoo.
-
Sie sind also in der Lage, eine Spaltung
dieser Unternehmen anzuordnen.
-
Ein Teil von Daewoo
wurde an General Motors verkauft.
-
Andere koreanische Unternehmen
werden verkauft.
-
Durch einen Mechanismus, der mit der
Manipulation der Finanzmärkte beginnt,
-
ermächtigt man sich
der Wirtschaft eines ganzen Landes.
-
„Koreanische Unternehmen fürchten
wegen Bankenkrise um ihre Kredite
-
Eine Million Menschen arbeitslos
-
Die 'Bettler beim IWF'
-
Die schwerste soziale Krise
in Südkorea seit Kriegsbeginn:
-
seit März über
eine Million Arbeitslose"
-
Die von den Finanzmärkten
durchgeführte Kampagne
-
zur Liberalisierung der Wirtschaft
wäre nicht so erfolgreich gewesen
-
ohne die wertvolle Unterstützung
der Institutionen von Bretton Woods,
-
die ebenfalls wichtige Transporteure
der neoliberalen Ideologie sind:
-
der Internatonale Währungsfonds (IWF),
-
die Weltbank (WB)
-
und die Welthandelsorganisation
(WTO, ehemals GATT).
-
Der IWF und die Weltbank wurden 1944
-
zur Gewährleistung
der Stabilität der Wechselkurse
-
und zur Unterstützung
des Wiederaufbaus
-
in den durch den Zweiten Weltkrieg
zerstörten Ländern gegründet.
-
Mit der Zeit jedoch
veränderten die USA und Europa
-
in beachtlichem Masse den Auftrag
-
der Schwesterorganisationen
mit Sitz in Washington.
-
Kurz nach der einseitigen
Entscheidung der USA im Jahr 1971 ,
-
dem internationalen Währungssystem
ein Ende zu setzen,
-
wurde dem IWF und der Weltbank
eine völlig neue Mission zuteil:
-
die Durchsetzung der Liberalisierung der
Wirtschaft in den Entwicklungsländern
-
mittels einer „Konditionalität",
nach der die Kreditvergabe
-
an die Umsetzung einer Reihe von
neoliberalen Massnahmen gebunden ist.
-
Manche bezeichneten
diese Wirtschaftsreformen
-
als „Schocktherapie",
-
während sie andere ironisch
den „Washington Consensus" nannten.
-
9. NEOLlBERALISMUS
ODER NEOKOLONIALISMUS?
-
9. NEOLIBERALISMUS
ODER NEOKOLONIALISMUS?
-
DIE DRUCKAUSÜBUNG DURCH
DIE INSTITUTIONEN VON BRETTON WOODS
-
ODER
-
DER WASHINGTON CONSENSUS
-
Washington, wo die Weltbank
und der IWF ihren Sitz haben,
-
begann, dem Rest der Welt,
vor allem den ärmsten Ländern,
-
die quasi bankrott waren,
-
vorzuschreiben,
wie Wirtschaft funktioniert.
-
Das nannte man
„Strukturanpassungsmassnahmen"
-
oder „Strukturanpassungsprogramme",
auferlegt vom IWF
-
im Zusammenhang mit den Krediten der
Weltbank für die betreffenden Länder.
-
ÄQUATORIALGUINEA, 2006
-
Eine grosse Zahl von Ländern
wurde ins Chaos gestürzt,
-
aufgrund eben dieser Massnahmen
des IWF und der Weltbank.
-
Sie sind zahlreich. Es ginge zu weit,
fundamentale Anpassungsmassnahmen,
-
zyklische Massnahmen
und Ähnliches zu erörtern.
-
lm Prinzip ...
-
... lässt sich das auf drei oder vier
Massnahmen zusammenfassen.
-
ERSTE MASSNAHME:
SENKUNG DER STAATSAUSGABEN
-
Die erste Massnahme für Länder,
denen Zahlungsunfähigkeit drohte,
-
also die absolute Misere,
war ...
-
... die Beseitigung oder Reduzierung
des Staatsdefizits,
-
also die Senkung der Staatsausgaben.
-
Der Staat soll weniger ausgeben.
-
ZWEITE MASSNAHME:
PRIVATISIERUNGEN
-
Wer kauft bei Privatisierungen?
-
Lokale Akteure gibt es ja keine.
-
Gäbe es genügend
lokale Mittel für den Kauf
-
ganzer Firmen aus der Öl-,
Phosphat- oder Eisenindustrie,
-
wäre das Land ja nicht so arm.
-
Die Öffnung der Wirtschaft dieser
verarmten Drittweltstaaten geht so weit,
-
dass sie ihre letzten
nationalen Wirtschaftsinteressen
-
an ausländische Investoren
verschleudern.
-
Multinationale Konzerne
kaufen die Firmen
-
und siedeln in diese Ländern um,
-
aufgrund der dortigen
Lohn- und Preisstruktur.
-
Für diese Konzerne
wird es zunehmend günstiger,
-
dort zu produzieren,
als in ihren Herkunftsländern.
-
Aber es geht ihnen auch
um den günstigen Erwerb
-
von Produktionsanlagen und -kapazitäten:
-
für die Produktion
und Raffination von Zucker,
-
für die Förderung
und Verarbeitung von Öl oder Gas,
-
für die Gasverflüssigung
oder die Förderung von Erz.
-
Es wird verschleudert, was die lokale
Wirtschaft Jahre gekostet hat.
-
DRITTE MASSNAHME:
WÄHRUNGSABWERTUNG
-
Währungsabwertung bedeutet
für die Länder, die bereits arm sind,
-
dass sich alle importierten Waren
plötzlich in dem Masse verteuern,
-
in dem der Wert der Währung sinkt.
-
Als der CFA-Franc plötzlich
nur noch die Hälfte wert war,
-
Anfang der 90er Jahre,
-
besass ein Drittel Afrikas oder mehr,
-
das diese Währung hatten,
-
von einem Tag auf den anderen
nur noch die Hälfte seiner Kaufkraft.
-
Ihr Lohn, der ihnen bisher einen
gewissen Lebensstandard sicherte,
-
reicht jetzt nur noch für die Hälfte.
-
Das ist eine
plötzliche Inflation von 100%.
-
Hinzu kommt,
dass Halbfertigerzeugnisse,
-
Fertigerzeugnisse, raffinierte Produkte,
-
also alles, was in dieser Region Afrikas
aus dem Ausland importiert wird,
-
durch die Abwertung des CFA-Francs
plötzlich doppelt so teuer ist.
-
Hinzu kommen auch die lokalen
Auswirkungen dieser Abwertung.
-
Alle Produkte und Dienstleistungen
werden um ein Vielfaches teurer.
-
Aber wirklich über Nacht!
-
Und die Zeit tut noch das Ihrige.
-
Denn alles, was aus importierten
Halbfertigerzeugnissen hergestellt wird,
-
oder was importierte Bindemittel, Leim,
Lösungsmittel oder Farbe erfordert,
-
wird auf längere Sicht,
-
nach mehreren Monaten
ebenfalls um ein Vielfaches teurer sein.
-
VIERTE MASSNAHME:
-
NEUORIENTIERUNG DER NATIONALEN
WIRTSCHAFT AUF DEN EXPORT
-
Wenn wir betrachten, wie sich
die Verpflichtung dieser Länder,
-
in denen IWF und Weltbank eingreifen,
-
vermehrt für den Export zu produzieren,
auswirkt,
-
sehen wir, dass diese Länder
zu Konkurrenten werden.
-
Die Kaffee produzierenden Länder
werden mehr Kaffee produzieren,
-
das gleiche gilt für Kakao oder Öl.
-
Bauxit ...
-
Ich weiss nicht ...
-
Zucker, Weizen ...
-
Alle Basisprodukte ...
-
... unterliegen einem Preisverfall
aufgrund der Überproduktion.
-
Die Preise fallen,
die Länder werden zu Konkurrenten,
-
und hinzu kommt die Inflation
durch besagte Währungsabwertung
-
sowie die automatische Verteuerung
aller importierten Produkte.
-
Wir beobachten also eine Umkehrung
der Interessen dieser Länder,
-
denen man angeblich helfen will.
-
Und zwar schon deswegen,
-
weil alles, was sie importieren,
immer teurer wird
-
und ihre Exporte
immer weniger einbringen.
-
Sie geraten in eine Schuldenspirale,
-
so dass heute, im Jahr 2002,
-
allein die Zinslast
der ärmsten Länder ...
-
Ich spreche von Ländern
wie Bangladesch, Ruanda, Burundi,
-
Togo und solchen Ländern,
-
die bereits bei minus 250% liegen.
-
Nur die Zinsen können da 600 Mal höher
als die Erlöse aus dem Export sein.
-
FÜNFTE MASSNAHME:
ANPASSUNG DER PREISE
-
Diese Massnahme beinhaltet Folgendes:
-
keine Subventionen mehr
für Grundbedürfnisse,
-
also für das Wohnungs-
und Gesundheitswesen,
-
für Öl, Reis ...
-
... Transport und dergleichen.
-
Dadurch sollen die Preise
entzerrt werden. Was bedeutet das?
-
Das heisst, dass sich die Preise
gemessen am Dollar weltweit angleichen.
-
Wenn Sie mit Dollar verreisen,
so wie ich als Kanadier,
-
kosten Produkte und Dienstleistungen
überall etwa gleich viel.
-
Sei es in Cotonou in Benin,
einem der ärmsten Länder der Welt,
-
in Chicago, in New York oder Paris.
-
Ihr Zimmer im Holiday Inn, im Sheraton,
Ihr Essen im Holiday Inn
-
kostet in Dollar
überall ungefähr gleich viel.
-
Aber in Cotonou, der Hauptstadt Benins,
einem der ärmsten Länder der Welt,
-
kostet eine Nacht im Sheraton,
wo ich dann schlafen würde,
-
so viel, wie ein Beamter in Benin
in sechs Monaten verdient.
-
Für ein Essen im Restaurant
dieses Hotels in Cotonou
-
müsste ein kleiner Beamter in Benin
eine Woche arbeiten.
-
SECHSTE MASSNAHME:
-
OFFENHEIT FÜR INVESTITIONEN
UND ANPASSUNG DER LÖHNE
-
Diese Massnahme lässt sich im Prinzip
auf eine einfache Formel reduzieren:
-
Die Löhne werden an die niedrigsten
Löhne einer Branche angenähert.
-
Und zwar ...
-
... in Übereinstimmung mit der
sogenannten Liberalisierung des Handels.
-
Zur Erklärung:
Durch ein Abkommen wie das NAFTA,
-
das Freihandelsabkommen
zwischen Mexiko, USA und Kanada,
-
werden die Löhne vom Niveau der USA
auf das Niveau von Mexiko sinken.
-
Weil Wettbewerb unter den Arbeitern
Mexikos, Kanadas und der USA herrscht.
-
Bei Standortverlagerungen heisst es:
-
Das NAFTA
schafft Arbeitsplätze in Mexiko.
-
Das heisst ...
-
... etwa sechs oder sieben Jahre
nach dem NAFTA ...
-
... sind die Löhne
in der Gegend um Leôn,
-
im Norden von Mexiko,
wo sich die US-Konzerne niederliessen ...
-
Wobei es in den USA Entlassungen gab.
-
Es wurden Arbeitsplätze abgebaut,
-
die im mexikanischen Vergleich
sehr gut bezahlt waren,
-
um in Mexiko
„Arbeitsplätze zu schaffen",
-
bei weitaus niedrigerer Bezahlung.
-
In den letzten fünf Jahren
-
sind die Löhne in dieser Region,
der reichsten Region Mexikos,
-
in der sich die
US-Konzerne ansiedelten,
-
dort sind die Löhne und damit
die Kaufkraft um 23% gesunken.
-
Das heisst, vor fünf Jahren
-
konnte ein Arbeiter
bei General Motors im Norden Mexikos
-
eine Familie mit zwei Kindern ernähren.
-
Heute kann dieserArbeiter
nicht einmal für sich selbst sorgen,
-
selbst überleben.
-
Und nun, kurz vor dem Gipfel,
der im Norden von Mexiko stattfindet,
-
wird in Monterrey eine Mauer gebaut,
damit man die Elendsviertel nicht sieht.
-
Eine drei Meter hohe
und kilometerlange Mauer
-
soll die Armut
vor den Gipfelteilnehmern verbergen.
-
Das steckt dahinter.
-
Die Löhne werden auf das niedrigste
Niveau einer Branche gesenkt.
-
Und da die modernen Branchen,
wie Informatik
-
oder Elektronik,
-
zunehmend auch in der
Dritten Welt betreibbar sind,
-
gibt es Fluggesellschaften,
wie Swissair, glaube ich,
-
oder Firmen aus der Stahlindustrie
und so weiter,
-
die alles, was mit Buchhaltung, Finanzen
und IT zu tun hat, nach Bombay verlegen.
-
Ein Buchhalter,
der dort die gleiche Arbeit
-
wie ein Buchhalter in der Schweiz oder
in Kanada macht, kostet 100 Mal weniger.
-
Jemand, der ein Lufftahrtprogramm
erstellt, kostet 200 Mal weniger.
-
Und so weiter.
Das ist die Anpassung der Löhne.
-
Was mich dabei stört,
ist, dass alles zusammengenommen,
-
die Währungsabwertung,
die Exporte, die Schulden,
-
Privatisierung,
Kürzung der Staatsausgaben,
-
was zu Entlassungen,
zu Arbeitslosigkeit führt ...
-
Das alles in Verbindung
mit der Preis- und Lohnanpassung
-
führt zur aktuellen Lage:
-
Die reichen Länder sind unendlich reich,
-
und die armen Länder sind unendlich arm.
-
Ich bin bestürzt darüber,
-
dass der IWF und die Weltbank in
Argentinien genau das wiederholen wollen,
-
was die argentinische Wirtschaft
zugrunde gerichtet hat.
-
So, als wären wir unbelehrbar.
-
Und das ist nicht ohne Grund so.
-
Es gibt ein Interesse daran,
-
dass diese Ideologie,
die die Welt erklärt, so lange besteht,
-
wie der gesamte Planet
in diesem Sinne verwertbar ist.
-
Beim Internationalen Währungsfonds
wird das Stimmrecht
-
innerhalb des Gouverneursrates ausgeübt.
-
Dieses Stimmrecht basiert auf ...
-
... der finanziellen Partizipation,
-
dem finanziellen Beitrag
der einzelnen Staaten.
-
Sie sind die Aktionäre des IWF.
So ist es auch bei der Weltbank.
-
Das ist nicht wie bei der UNO.
-
Und die Hauptaktionäre des IWF
sind natürlich die Vereinigten Staaten,
-
Deutschland, Japan,
Grossbritannien, Frankreich.
-
Aber am Ende ist das nur ein Aspekt,
-
denn neben
der politischen Repräsentation
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in einer zwischenstaatlichen
Organisation geht es um andere Belange:
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Das sind die Korridore ...
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Es geht um die Zuspielung von Macht
zwischen der Wall Street und Washington,
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um die Verbindungen
zwischen IWF und den Thinktanks,
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der Heritage Foundation,
dem Brookings Institute.
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Die Staatskasse der USA ist involviert,
die US Federal Reserve.
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All das bildet
den sogenannten „Washington Consensus".
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Es ist ein Machtpoker.
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Im Jahr 2005 kommt Paul Wolfowitz,
einer der radikalsten Ideologen
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der imperialistischen Politik
und Kriegstreiberei von Präsident Bush,
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vom Verteidigungsministerium
direkt an die Spitze der Weltbank.
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Diese Ernennung, die jegliche Zweifel
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an den tatsächlichen Zielen
der Weltbank ausräumt,
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enthüllt das wahre Gesicht
der Institutionen von Bretton Woods.
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KONFERENZ VON BRETTON WOODS,
MOUNT WASHINGTON HOTEL, 1944
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Nach dem Krieg
kam es natürlich zur Gründung
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des IWF und der Weltbank.
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Nach John Maynard Keynes,
dem Architekten dieser Institutionen,
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fehlte aber noch ein dritter „Gauner",
eine dritte Organisation,
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also eigentlich
die Welthandelsorganisation.
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Aber das wollten die Amerikaner nicht.
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Also wurde als Ausweichlösung
das GATT ins Leben gerufen,
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das „General Agreement
on Tariffs and Trade".
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Es wurde 1947 abgeschlossen
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und hatte die Senkung
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der Zölle
für Industrieerzeugnisse zum Ziel.
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Das GATT erfüllte seinen Zweck,
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denn in den 50 Jahren seines Bestehens
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kam es immerhin
zu beachtlichen Senkungen der Zölle,
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von durchschnittlich 40% bis 50%
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auf 4% oder 5%.
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Aber das betraf
nur die industriellen Erzeugnisse.
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Dadurch wurde die Notwendigkeit gesehen,
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vor allem auf Seiten
der transnationalen Finanzunternehmen,
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eine Organisation ins Leben zu rufen,
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die viele andere Bereiche umfasste
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als nur industrielle Erzeugnisse.
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Und deshalb wurde
am Ende der Uruguay-Runde,
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der letzten Welthandelsrunde
im Rahmen des GATT,
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die Entscheidung für die Gründung
der Welthandelsorganisation gefällt,
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die am 1 . Januar 1995
in die Tat umgesetzt wurde.
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Dabei wurden zahlreiche Abkommen
miterfasst, nicht nur das GATT,
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sondern auch
das Landwirtschaftsabkommen,
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das TRIPS-Abkommen
über geistiges Eigentum,
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das Allgemeine Dienstleistungsabkommen,
das sehr umfassend ist
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und elf Hauptbereiche
und 160 Unterbereiche einschliesst.
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Dadurch unterliegen
sämtliche menschliche Aktivitäten ...
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... den GATT-Regelungen,
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von Bildung über Gesundheit,
Kultur bis hin zur Umwelt.
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Dann gibt es noch
andere technische Abkommen,
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die zumindest technisch erscheinen,
aber eigentlich sehr politisch sind:
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das Abkommen
über technische Handelshemmnisse,
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über Gesundheits- und Pflanzenschutz.
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Das sind Abkommen über Normen,
die die Mitglieder, also die Staaten,
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umsetzen können.
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Diese Normen sind im Grunde genommen
technische Handelshemmnisse.
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Das vielleicht weniger bekannte
und doch wichtigste Abkommen
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ist der Beschluss
des Streitschlichtungsverfahrens,
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das ein sehr mächtiges
rechtliches Instrument
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der WTO darstellt.
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Damit kann sie Streitigkeiten
zwischen Mitgliedern beilegen
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und Recht sprechen.
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Wer urteilt also?
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Das weiss man nicht genau.
Es sind von Listen ausgewählte Experten.
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Die Länder können Personen
für diese Listen vorschlagen.
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Meistens sind es Privatpersonen,
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Wirtschaftsanwälte oder manchmal
auch ehemalige Geschäftsführer.
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Aber ihre Namen sind unbekannt.
Sie treffen sich im Geheimen,
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meist zu dritt.
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Sie entscheiden recht schnell.
Es kann Widerspruch eingelegt werden,
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aber die Bedingungen sind dieselben:
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Es ist ein neues Gremium,
und es wird im Geheimen entschieden.
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Über dieses Streitschlichtungsgremium
muss man wissen,
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dass es zugleich ...
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... gesetzgebende, rechtsprechende
und ausführende Gewalt ist,
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denn es spricht Urteile aus
und stellt eine Rechtsprechung auf.
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Es stellt sich über alle Gesetze,
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welche die Rechtsprechungen
der einzelnen Länder beschlossen haben,
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aber auch über Internationales Recht,
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das in 50 Jahren
mühsam erarbeitet wurde.
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Die Menschenrechte,
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multilaterale Umweltabkommen,
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die grundlegenden Arbeitsnormen
der Internationalen Arbeitsorganisation.
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All das ist hinfällig.
Die WTO fällt Entscheidungen,
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die besagen:
„Der Handel steht über allem.
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Von euren Umweltabkommen
wollen wir nichts hören."
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Und die WTO hat die ausführende Gewalt,
denn sie kann Sanktionen anordnen.
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Ist ein Land nicht einverstanden
mit dem Urteil, heisst es: „Gut!
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Dann ändert ihr eure Gesetze eben nicht,
sondern ihr zahlt.
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Jedes Jahr.
Und zwar in Form von Zöllen,
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die euer Gegner im
Streitschlichtungsverfahren festlegt."
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Wenn die USA entscheiden,
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in Europa Zölle anzuordnen,
für Frankreich,
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auf Stopfleber, Senf und Roquefort,
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dann ist das ihr gutes Recht.
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Das wird teuer,
und nur wenige Länder können
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diese jährlichen Einschnitte verkraften.
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Bei der WTO werden mehrere
Verhandlungen gleichzeitig geführt.
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Ein Land,
das keinen Botschafter in Genf hat
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oder sich einen
mit anderen Ländern teilt,
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was bei den afrikanischen Staaten
oder den Kleinststaaten der Fall ist ...
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... dann ist es diesem Land unmöglich,
die Verhandlungen zu verfolgen.
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Das heisst, der Süden ...
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... ist nicht umfassend informiert.
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Ein Botschafter
aus dem Süden sagte einmal:
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„Die WTO ist wie ein Multiplex-Kino.
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Man muss sich
für einen Film entscheiden."
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Also wählen sie das aus, was ihnen
für ihr Land wichtig erscheint.
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Wer entscheidet also wirklich?
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Man spricht von einem Konsens.
In der WTO wurde noch nie abgestimmt.
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Ein Botschafter der USA sagte mal,
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eine Abstimmung wäre
ein schlechter Präzedenzfall.
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So viel zum Thema Demokratie.
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In Wahrheit
hat die Vierer-Gruppe das Sagen:
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Kanada, die USA,
die Europäische Union und Japan.
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Sie treffen sich ständig,
haben sehr viel Personal bei der WTO
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und finden ihren eigenen Konsens.
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Dann kommen sie
in die Plenarsitzung und sagen:
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„lhr seid doch einverstanden, oder?"
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Es ist sehr schwer
für die Länder des Südens,
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Nein zu sagen.
Das erfordert viel Mut und Überzeugung.
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Denn die Druckmittel gegen sie
sind vorhanden.
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Da darf man sich nichts vormachen:
Wenn Sie vom IWF abhängig sind
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oder wenn Sie Probleme
mit den USA haben,
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dann dürfen Sie nicht allzu sehr
aus der Reihe tanzen.
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Gewiss sind die Finanzmärkte
und die Institutionen von Bretton Woods
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zu den privilegierten Instrumenten
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des neoliberalen
Eroberungsfeldzuges geworden.
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Aber es gibt noch immer Länder,
die sich hartnäckig weigern,
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sich diesem erzwungenen
Markt hinzugeben.
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Und genau dann wirft der Kolonialismus
seine neuen Kleider ab
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und präsentiert sich
in seiner alten Kriegsmontur.
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Angefangen beim
auseinanderbrechen Jugoslawien
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über den Darfur-Konflikt
bis hin zum Afghanistankrieg:
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Die Konflikte aus der Zeit
nach dem Kalten Krieg
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werden von
ganz anderen Interessen bestimmt,
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als es uns die westliche Propaganda
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unter der Überschrift eines „neuen
militärischen Humanismus" darlegt.
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Die Kontrolle von Ressourcen,
aber auch von Geldflüssen
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und von geostrategischen Räumen,
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sowie das Diktat des IWF,
der Weltbank und der WTO
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festigen die Herrschaft
der grossen Konzerne
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und der Grossanleger
über den gesamten Planeten.
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Zudem haben die von den Eroberern
eingesetzten Kolonialregierungen
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die Dogmen der neoliberalen Ideologie
zügig umgesetzt.
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Die Einkesselung ist vollführt.
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10. NEOLIBERALISMUS
ODER NEOKOLONIALISMUS?
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10. NEOLIBERALISMUS
ODER NEOKOLONIALISMUS?
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DIE DRUCKAUSÜBUNG
DURCH DEN MILITÄRISCHEN HUMANISMUS
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ODER
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„KRIEG IST FRIEDEN"
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Das Abkommen von Dayton wurde 1995
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auf einer US-Militärbasis unterzeichnet.
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Wenn man
die Texte des Abkommens durchsieht,
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taucht da die Verfassung
von Bosnien-Herzegowina
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im Anhang des Dayton-Abkommens auf.
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Sie wurde von amerikanischen Beratern
und Rechtsanwälten geschrieben.
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Die versammelten sich und verfassten
ein so wichtiges Dokument,
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und zwar ohne
eine Verfassungsgebende Versammlung
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der Bürger in Bosnien-Herzegowina.
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Und in dieser Verfassung,
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die von den Vereinigten Staaten
aufgesetzt wurde,
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gibt es diesen Artikel:
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Die Zentralbank von Bosnien-Herzegowina
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fungiert nicht als Zentralbank,
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sondern als Ausgabestelle,
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Currency Board genannt,
also eigentlich eine Kolonialbank,
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die keine Möglichkeit
zur Geldschöpfung hat.
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Das heisst, sie ist ihren externen
Gläubigern völlig ausgeliefert.
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Das ist das Modell,
das es zur Zeit in Argentinien gibt.
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Zudem besagt diese in Dayton entstandene
Verfassung von Bosnien-Herzegowina,
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dass der Internationale Währungsfonds
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den Präsidenten der Zentralbank
von Bosnien-Herzegowina ernennt.
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Dieser darf ...
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... kein Bürger Bosnien-Herzegowinas
oder eines Nachbarlandes sein.
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Mit anderen Worten:
Man sieht, dass diese Verfassung,
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die einfach angefertigt wurde
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und die keine bürgerliche Grundlage
in Bosnien-Herzegowina hat,
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eine Kolonialregierung einrichtet.
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So nennen wir das natürlich nicht.
Es ist die Internationale Gemeinschaft.
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Aber letzten Endes sieht man,
dass alle ...
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... dass alle Verwaltungsstrukturen
von Ausländern beherrscht werden.
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Ausländer bestimmen über die Etats,
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eine Währungspolitik
gibt es erst gar nicht.
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Und trotzdem wird
das Abkommen von Dayton heute
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von der sogenannten
Internationalen Gemeinschaft
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als Antwort auf die Probleme
verschiedener Länder präsentiert.
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Sie wollen sogar
dasselbe Modell für die Verwaltung,
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eine Kolonialverwaltung,
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in Ländern wie Mazedonien
oder Jugoslawien einsetzen.
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Eigentlich sprechen wir über ein Mosaik,
ein Mosaik von Protektoraten.
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„Militärischer Humanismus"
ist ein schöner Begriff,
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der Nötigung, Eroberung
und Unterdrückung verschleiern soll.
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Aber das einzig Neue ist der Begriff.
Wenn man in die Geschichte blickt,
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dann wurden Eroberungen, Imperialismus,
Unterdrückung und Gewalt
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fast immer
in humanistische Worte gefasst.
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Die Franzosen verwirklichten
eine „zivilisatorische Mission",
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während ihr Kriegsminister
zum Völkermord in Algerien aufrief.
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Die Briten brachten den Barbaren
in Indien selbstlos die Zivilisation,
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wobei sie dann das weltweit
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grösste Drogenimperium schufen,
um auf chinesische Märkte vorzustossen,
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während sie von Freihandel redeten.
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In den USA heisst das
„American exceptionalism".
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Wir sind so edelmütig,
keiner ist wie wir.
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Jedes andere mächtige System
behauptet dasselbe von sich.
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Aus der Zeit, als die Japaner
die Mandschurei in Nordchina eroberten,
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gibt es Dokumente,
denn sie wurden ja erobert,
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die nur so
vor humanistischer Rhetorik strotzen.
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Sie würden ein Paradies auf Erden
erschaffen und Japan sei so selbstlos ...
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... sich für das Wohl
anderer Menschen aufzugeben.
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Es gab da vor Kurzem einen interessanten
Artikel in The Globe and Mail,
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von einem russischen Emigranten,
der Soldat in Afghanistan war.
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Er lebt heute in Kanada und verglich ...
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... die Beschreibung
der russischen Invasion in Afghanistan
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mit jener der US-Invasion
im Irak und in Afghanistan,
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am Beispiel kanadischer Truppen
in Afghanistan: nahezu dasselbe.
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Er war selbst Soldat,
und alle glaubten daran,
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dass sie den armen Menschen
in Afghanistan helfen würden,
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dass sie, bedrängt von den
vom ClA ausgebildeten Terroristen,
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sich für medizinische
Versorgung einsetzten,
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für Frauenrechte und so weiter.
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Und sie schafften es nicht
wegen der enthemmten Terroristen,
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was ja zum Teil auch stimmt.
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Aber das ist etwa die Art,
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wie Kanada seine Mission
in Afghanistan beschreibt,
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wie die Irak-Mission beschrieben wird.
Das ist beinahe universell.
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Jetzt heisst es
„militärischer Humanismus".
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Der Neoliberalismus
soll reine Wirtschaft sein,
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aber wenn man genau hinsieht,
wird klar, dass es ein Machtspiel
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der multinationalen Konzerne
und einiger Staaten ist,
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die sich für deren Interessen einsetzen.
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Eigentlich ist es Neokolonialismus,
es heisst lediglich anders.
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Das zieht sich durch die Geschichte.
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Hätten wir Dokumente
von Attila, dem Hunnen,
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wären sie wahrscheinlich
voll von tugendhafter Rhetorik.
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BABELFISCH TRANSLATIONS
Untertitel: Melanie Molnàr
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Ripped & srt:
Tokadime