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Andres Lozano: Parkinson, Depression und der mögliche Knopf zum Abdrehen.

  • 0:00 - 0:03
    Eine Sache, die ich gleich
    klarstellen möchte ist,
  • 0:03 - 0:06
    dass nicht alle Neurochirurgen
    Cowboystiefel tragen.
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    Ich wollte bloß, dass Sie das wissen.
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    Ich bin also in der Tat ein Neurochirurg
  • 0:10 - 0:14
    und folge einer langen
    Tradition der Neurochirurgie.
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    Heute erzähle ich Ihnen von
  • 0:16 - 0:18
    der Regulierung der
    Schaltkreise im Gehirn,
  • 0:18 - 0:20
    wie wir jede Stelle im Gehirn erreichen
  • 0:20 - 0:23
    und wir Hirnareale hinauf-
    oder herunterschalten,
  • 0:23 - 0:25
    um unseren Patienten zu helfen.
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    Die Neurochirurgie hat eine lange Tradition.
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    Es gibt sie schon seit ca. 7.000 Jahren.
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    In Mesoamerika gab es bereits Neurochirurgie,
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    wo Neurochirurgen ihre Patienten behandelten.
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    Und sie wussten, dass das
    Gehirn mit neurologischen
  • 0:43 - 0:45
    und psychischen Krankheiten zu tun hatte.
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    Sie wussten nicht genau, was sie da taten.
  • 0:47 - 0:50
    Übrigens hat sich daran nicht viel geändert. (Lachen)
  • 0:50 - 0:52
    Aber sie glaubten, dass
  • 0:52 - 0:54
    jemand neurologische oder
    psychische Krankheiten bekam,
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    weil er von einem bösen Geist
  • 0:56 - 0:59
    besessen war.
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    Wenn man von einem
    bösen Geist besessen war,
  • 1:01 - 1:04
    der neurologische oder psychische
    Probleme verursachte,
  • 1:04 - 1:06
    war die richtige Behandlung natürlich
  • 1:06 - 1:11
    das Bohren eines Lochs in den
    Schädel, um ihn wieder freizulassen.
  • 1:11 - 1:13
    So dachte man damals,
  • 1:13 - 1:17
    und diese Leute bohrten diese Löcher.
  • 1:17 - 1:20
    Manchmal waren die Patienten etwas unwillig
  • 1:20 - 1:22
    sich dem zu unterziehen, das zeigen
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    die nur partiell ausgeführten Löcher, und ich glaube
  • 1:25 - 1:27
    dann wurde ein Loch gebohrt,
    sie verschwanden blitzschnell,
  • 1:27 - 1:29
    und es gab nur ein partielles Loch,
  • 1:29 - 1:31
    und wir wissen, dass sie diese
    Prozeduren überlebten.
  • 1:31 - 1:32
    Aber das war damals üblich.
  • 1:32 - 1:33
    Es gibt Orte, wo 1%
  • 1:33 - 1:36
    aller Schädel diese Löcher aufweisen.
  • 1:36 - 1:39
    Daran erkennt man, dass neurologische und
    psychische Krankheiten sehr verbreitet sind.
  • 1:39 - 1:44
    Das war auch vor 7.000 Jahren so.
  • 1:44 - 1:46
    Aber im Laufe der Jahre
  • 1:46 - 1:48
    haben wir herausgefunden,
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    dass unterschiedliche Gehirnareale
    unterschiedliche Dinge tun.
  • 1:50 - 1:52
    So gibt es Gehirnareale, die für
  • 1:52 - 1:54
    Bewegung zuständig sind,
    oder für das Sehen,
  • 1:54 - 1:57
    das Gedächtnis oder für den Appetit usw.
  • 1:57 - 2:00
    Wenn alles richtig läuft,
    dann funktioniert
  • 2:00 - 2:02
    das Nervensystem auch gut,
    und alles funktioniert.
  • 2:02 - 2:04
    Aber manchmal läuft nicht alles so glatt,
  • 2:04 - 2:06
    und dann kommt es in diesen
    Schaltkreisen zu Störungen,
  • 2:06 - 2:09
    und einige defekte Neuronen
    liefern falsche Signale und
  • 2:09 - 2:12
    verursachen Probleme.
    Manchmal sind sie weniger aktiv
  • 2:12 - 2:15
    und arbeiten nicht ganz so, wie sie sollten.
  • 2:15 - 2:17
    Die Auswirkungen
  • 2:17 - 2:19
    hängen von der Position
    der Neuronen im Gehirn ab.
  • 2:19 - 2:22
    Wenn sie sich im Bewegungsschaltkreis befinden,
  • 2:22 - 2:24
    gibt es Störungen im Bewegungsapparat,
  • 2:24 - 2:26
    und man bekommt Krankheiten wie Parkinson.
  • 2:26 - 2:30
    Liegt die Fehlfunktion in einem Schaltkreis,
    der die Stimmung reguliert,
  • 2:30 - 2:32
    erkrankt man z.B. an Depression.
  • 2:32 - 2:36
    Im Schaltkreis für das Gedächtnis
    oder für kognitive Fähigkeiten
  • 2:36 - 2:38
    entstehen dann Krankheiten wie Alzheimer.
  • 2:38 - 2:41
    Wir können präzise feststellen,
  • 2:41 - 2:43
    wo genau sich die Störung im Gehirn befindet,
  • 2:43 - 2:46
    und wir können in diese Schaltkreise eingreifen,
  • 2:46 - 2:50
    und sie entweder hinauf- oder herunterschalten.
  • 2:50 - 2:52
    Das ähnelt der Suche
  • 2:52 - 2:54
    nach der richtigen Frequenz im Radio.
  • 2:54 - 2:57
    Wenn der richtige Sender ausgewählt ist –
    sei es Jazz oder Oper,
  • 2:57 - 2:59
    in unserem Fall Bewegung oder Stimmung –
  • 2:59 - 3:01
    können wir die Frequenz einstellen
  • 3:01 - 3:04
    und mit einem zweiten Knopf
    die Lautstärke regulieren
  • 3:04 - 3:06
    und sie hinauf- oder herunterdrehen.
  • 3:06 - 3:07
    Ich möchte Ihnen also erzählen,
  • 3:07 - 3:11
    wie wir die Schaltkreise des Gehirns
    nutzen, um Elektroden zu implantieren
  • 3:11 - 3:14
    und Gehirnareale hinauf-
    bzw. herunterschalten,
  • 3:14 - 3:16
    um unseren Patienten vielleicht zu helfen.
  • 3:16 - 3:18
    Dabei wenden wir das Verfahren
  • 3:18 - 3:20
    der "Tiefen Hirnstimulation" an.
  • 3:20 - 3:23
    Wir platzieren also diese
    Elektroden überall im Gehirn.
  • 3:23 - 3:27
    Wieder bohren wir Löcher in der Größe
    eines 10-Cent-Stücks in den Schädel
  • 3:27 - 3:30
    und legen eine Elektrode hinein.
    Diese befindet sich dann
  • 3:30 - 3:32
    vollständig unter der Haut,
  • 3:32 - 3:34
    verbunden mit einem
    Schrittmacher in der Brust.
  • 3:34 - 3:38
    Mit einer Fernbedienung
    ähnlich der für einen Fernseher
  • 3:38 - 3:41
    können wir regulieren,
    wie viel Strom wir in
  • 3:41 - 3:43
    diese Gehirnareale abgeben wollen.
  • 3:43 - 3:46
    Wir können sie hoch- oder herunterschalten,
    an- oder ausmachen.
  • 3:46 - 3:49
    Ungefähr 100.00 Patienten auf dieser Welt
  • 3:49 - 3:51
    haben Tiefe Hirnstimulation erhalten.
  • 3:51 - 3:52
    Ich zeigen Ihnen einige Beispiele,
  • 3:52 - 3:55
    wie diese Tiefe Hirnstimulation
    Bewegungsstörungen,
  • 3:55 - 3:59
    Stimmungsschwankungen oder
    Kognitionsstörungen behandelt.
  • 3:59 - 4:02
    Im Gehirn sieht das ungefähr so aus.
  • 4:02 - 4:04
    Sie sehen, wie die Elektrode durch
    den Schädel ins Gehirn geht
  • 4:04 - 4:07
    und dort bleibt. Wir können sie
    tatsächlich überall im Gehirn einpflanzen.
  • 4:07 - 4:10
    Ich sage meinen Freunden,
    dass kein Neuron
  • 4:10 - 4:12
    vor einem Neurochirurgen sicher ist,
    denn wir können heute tatsächlich
  • 4:12 - 4:15
    ziemlich sicher in jeden Gehirnwinkel gelangen.
  • 4:15 - 4:17
    Mein erstes Beispiel
  • 4:17 - 4:19
    ist eine Parkinson-Patientin.
  • 4:19 - 4:21
    Diese Frau hat Parkinson,
  • 4:21 - 4:23
    und sie hat Elektroden in ihrem Gehirn.
  • 4:23 - 4:24
    Ich zeige Ihnen, wie es ihr geht,
  • 4:24 - 4:28
    wenn die Elektroden aus sind und sie
    ihre Parkinsonsymptome aufweist,
  • 4:28 - 4:30
    und dann werden wir sie einschalten.
  • 4:30 - 4:33
    Das sieht ungefähr so aus.
  • 4:33 - 4:37
    Die Elektroden sind im Moment ausgeschaltet,
    und sie zittert am ganzen Körper
  • 4:37 - 4:41
    (Video) Mann: Ok. Frau: Ich kann nicht. Mann:
    Können Sie meinen Finger berühren?
  • 4:41 - 4:45
    (Video) Mann: Das ist besser.
    Frau: Diese Seite ist besser.
  • 4:45 - 4:49
    Jetzt schalten wir sie ein.
  • 4:49 - 4:53
    Es ist an. Gerade angeschaltet.
  • 4:55 - 4:58
    Und so klappt das, nämlich sofort.
  • 4:58 - 5:01
    Und der Unterschied zwischen
    Zittern und Nicht-Zittern –
  • 5:01 - 5:05
    (Applaus)
  • 5:05 - 5:10
    der Unterschied zwischen
    Zittern und Nicht-Zittern liegt am
  • 5:10 - 5:13
    Fehlverhalten von 25.000 Neuronen
    im Nukleus ihres Subthalamus.
  • 5:13 - 5:16
    Wir können diese Unruhestifter finden
  • 5:16 - 5:17
    und ihnen sagen: "Leute, es reicht".
  • 5:17 - 5:19
    Hört damit auf."
  • 5:19 - 5:20
    Dazu benutzen wir Strom.
  • 5:20 - 5:23
    Mithilfe von Strom sagen wir ihnen,
    wie sie feuern sollen,
  • 5:23 - 5:27
    und ihr Fehlverhalten
    blockieren wir mit Strom.
  • 5:27 - 5:30
    In diesem Fall blockieren wir also
    die Aktivität abnormer Neuronen.
  • 5:30 - 5:33
    Wir setzen diese Technik auch
    bei anderen Problemen ein.
  • 5:33 - 5:34
    Ich werde Ihnen über ein
    faszinierendes Problem berichten,
  • 5:34 - 5:37
    einem Fall von Dystonie.
  • 5:37 - 5:40
    Dystonie ist eine Krankheit, die Kinder befällt.
  • 5:40 - 5:43
    Es ist eine genetische Erkrankung,
    die sich in Verdrehungen äußert.
  • 5:43 - 5:46
    Diese Kinder verdrehen sich immer mehr,
  • 5:46 - 5:48
    bis sie nicht mehr atmen können,
    offene Wunden und
  • 5:48 - 5:50
    eine Harnwegsinfektion bekommen und sterben.
  • 5:50 - 5:53
    1997 sollte ich mir diesen Jungen ansehen,
  • 5:53 - 5:56
    vollkommen normal. Er hat
    genetisch bedingte Dystonie.
  • 5:56 - 5:58
    Diese Familie hat acht Kinder.
  • 5:58 - 6:02
    Fünf haben Dystonie.
  • 6:02 - 6:04
    Da ist er.
  • 6:04 - 6:08
    Dieser Junge ist neun, bis zu seinem
    6. Lebensjahr war er völlig normal.
  • 6:08 - 6:13
    Aber dann verdrehte sich sein Körper,
    zuerst war es sein rechter Fuß
  • 6:13 - 6:16
    dann sein linker, dann sein
    rechter Arm, dann sein linker,
  • 6:16 - 6:19
    dann der Rumpf. Als er zu uns kam,
  • 6:19 - 6:22
    hatte er diese Krankheit schon 2-3 Jahre,
  • 6:22 - 6:24
    er konnte nicht mehr laufen
    und auch nicht mehr stehen.
  • 6:24 - 6:27
    Er war verkrüppelt. Der natürliche Verlauf
  • 6:27 - 6:31
    dieser Krankheit ist eine
    fortschreitende Verdrehung,
  • 6:31 - 6:36
    eine fortschreitende Behinderung.
    Viele dieser Kinder überleben nicht.
  • 6:36 - 6:38
    Er ist einer von fünf Kindern.
  • 6:38 - 6:43
    Er konnte sich nur kriechend
    fortbewegen, wie hier.
  • 6:43 - 6:44
    Kein Medikament schlug an.
  • 6:44 - 6:46
    Wir wussten nicht, was wir machen sollten,
  • 6:46 - 6:49
    welche Operation angebracht wäre,
  • 6:49 - 6:51
    wo im Gehirn ansetzen,
  • 6:51 - 6:54
    aber aufgrund unserer
    Ergebnisse bei Parkinson
  • 6:54 - 6:56
    kamen wir auf die Idee,
  • 6:56 - 6:59
    dasselbe Gehirnareal zu unterdrücken
  • 6:59 - 7:02
    wie bei Parkinson, und zu
    beobachten, was geschieht.
  • 7:02 - 7:04
    Da war er also. Wir operierten ihn.
  • 7:04 - 7:08
    Wir hofften, es würde ihm dann
    besser gehen. Wir wussten es nicht.
  • 7:08 - 7:12
    Sehen Sie sich ihn jetzt an, er ist
    zurück in Israel, wo er lebt.
  • 7:12 - 7:16
    3 Monate nach der OP, sehen Sie sich das an.
  • 7:16 - 7:21
    (Applaus)
  • 7:25 - 7:27
    Aufgrund dieses Ergebnisses ist das heute
  • 7:27 - 7:29
    ein Eingriff, der weltweit vorgenommen wird,
  • 7:29 - 7:30
    und es wurde Hunderten von Kindern
  • 7:30 - 7:34
    mit diesen chirurgischen Eingriffen geholfen.
  • 7:34 - 7:36
    Dieser Junge ist jetzt auf der Uni
  • 7:36 - 7:38
    und führt ein ziemlich normales Leben.
  • 7:38 - 7:41
    Dies war einer der befriedigendsten Fälle,
  • 7:41 - 7:43
    den ich in meiner ganzen Karriere hatte,
  • 7:43 - 7:46
    bei einem solchen Kind Bewegung
    und Gang wiederherzustellen.
  • 7:46 - 7:52
    (Applaus)
  • 7:52 - 7:55
    Plötzlich merkten wir, dass wir diese Technologie
  • 7:55 - 7:57
    nicht nur für die Schaltkreise der Bewegung,
  • 7:57 - 7:59
    sondern auch für andere
    Schaltkreise verwenden könnten.
  • 7:59 - 8:00
    Unser nächstes Projekt
  • 8:00 - 8:03
    waren die Schaltkreise, die
    unsere Stimmung kontrollieren.
  • 8:03 - 8:05
    Wir konzentrierten uns
    dabei auf die Depression,
  • 8:05 - 8:08
    da sie so weit verbreitet ist
  • 8:08 - 8:10
    und es so viele Behandlungen dafür gibt:
  • 8:10 - 8:12
    Medikamente, Psychotherapie
  • 8:12 - 8:14
    und sogar Elektroschock-Therapie.
  • 8:14 - 8:16
    Aber es gibt Millionen Menschen,
  • 8:16 - 8:18
    und es gibt immer noch 10 oder 20%
    Patienten mit Depressionen,
  • 8:18 - 8:22
    die darauf nicht ansprechen,
    und diesen Patienten wollen wir helfen.
  • 8:22 - 8:24
    Sehen wir uns einmal an,
    ob wir mit dieser Technik
  • 8:24 - 8:26
    Patienten mit Depressionen helfen können.
  • 8:26 - 8:28
    Zuallererst wollten wir wissen, was
  • 8:28 - 8:30
    an einem Gehirn mit Depression
  • 8:30 - 8:31
    anders ist als bei einem normalen Gehirn.
  • 8:31 - 8:35
    Mit PET-Scans maßen wir
    den Blutstrom im Gehirn.
  • 8:35 - 8:37
    Wir beobachteten, dass bei
    Patienten mit Depression
  • 8:37 - 8:39
    verglichen mit normalen Patienten
  • 8:39 - 8:41
    gewisse Areale abgeschaltet waren.
  • 8:41 - 8:42
    Das sind diese Areale in blau.
  • 8:42 - 8:44
    Die haben also wirklich den "Blues".
  • 8:44 - 8:47
    Die blauen Areale sind bei Motivation,
  • 8:47 - 8:50
    Antrieb oder bei Entscheidungen beteiligt.
  • 8:50 - 8:52
    Wenn man so schwer depressiv
    ist wie diese Patienten,
  • 8:52 - 8:55
    sind diese Areale beeinträchtigt. Man hat
    keine Motivation mehr, keinen Antrieb.
  • 8:55 - 8:57
    Wir fanden auch etwas anderes,
  • 8:57 - 8:59
    ein hyperaktives Areal, das Areal 25,
  • 8:59 - 9:01
    hier in rot abgebildet.
  • 9:01 - 9:04
    Das Areal 25 ist das Traurigkeitszentrum
    unseres Gehirns.
  • 9:04 - 9:07
    Wenn ich Sie traurig mache,
    indem ich Sie zum Beispiel
  • 9:07 - 9:09
    an einen Elternteil kurz
    vor seinem Tod erinnere,
  • 9:09 - 9:10
    oder an einen Freund kurz vor seinem Tod,
  • 9:10 - 9:12
    leuchtet dieses Areal im Gehirn auf.
  • 9:12 - 9:13
    Es ist das Zentrum für
    Traurigkeit in unserem Gehirn.
  • 9:13 - 9:17
    Und Patienten mit Depressionen
    weisen dort eine Hyperaktivität auf.
  • 9:17 - 9:19
    Das Gehirnareal der
    Traurigkeit ist rot vor Glut.
  • 9:19 - 9:21
    Der Thermostat ist auf 100 Grad eingestellt.
  • 9:21 - 9:25
    Die anderen Gehirnareale, die des Antriebs
    und der Motivation, sind ausgeschaltet.
  • 9:25 - 9:28
    Wir wollten nun wissen, ob wir Elektroden
    in dieses Traurigkeitsareal platzieren
  • 9:28 - 9:30
    und den Thermostat
    herunterschalten können,
  • 9:30 - 9:32
    seine Aktivität verringern können,
  • 9:32 - 9:34
    und was die Konsequenzen daraus sind.
  • 9:34 - 9:37
    Wir pflanzten also depressiven
    Patienten Elektroden ein.
  • 9:37 - 9:39
    Dies machte ich zusammen mit meiner
    Kollegin Helen Mayberg aus Emory.
  • 9:39 - 9:41
    Wir implantierten Elektroden in das Areal 25,
  • 9:41 - 9:44
    und im Scan oben sehen Sie
    es vor der Operation:
  • 9:44 - 9:46
    Das Areal 25, das Areal der
    Traurigkeit, ist glühend rot,
  • 9:46 - 9:48
    die ausgeschaltenen Frontallappen sind blau.
  • 9:48 - 9:51
    Nach einer konstanten dreimonatigen Stimulation
  • 9:51 - 9:54
    von 24 Stunden täglich, oder einer
    sechsmonatigen kontinuierlichen Stimulation,
  • 9:54 - 9:55
    hatten wir eine komplette Umkehr dieser Lage.
  • 9:55 - 9:58
    Wir sind in der Lage, das Areal 25
  • 9:58 - 10:00
    auf ein normaleres Niveau zu senken,
  • 10:00 - 10:02
    und die Frontallappen
  • 10:02 - 10:04
    unseres Gehirns zu reaktivieren.
  • 10:04 - 10:06
    Und wir können in der Tat bei
    Patienten mit schwerer Depression
  • 10:06 - 10:08
    auffallende Ergebnisse beobachten.
  • 10:08 - 10:11
    Wir befinden uns gerade in
    klinischen Versuchen der Phase III,
  • 10:11 - 10:14
    und dies wird vielleicht ein
    neues Verfahren werden,
  • 10:14 - 10:16
    wenn wir es für sicher und effektiv erachten,
  • 10:16 - 10:20
    um Patienten mit schwerer
    Depression zu behandeln.
  • 10:20 - 10:23
    Ich habe Ihnen gezeigt, dass
    wir Tiefe Hirnstimulation
  • 10:23 - 10:25
    für den Bewegungsapparat
    bei Krankheiten wie
  • 10:25 - 10:27
    Parkinson und Dystonie einsetzen können.
  • 10:27 - 10:29
    Ich habe Ihnen gezeigt, dass wir es
    in den Schaltkreisen der Stimmung
  • 10:29 - 10:31
    bei Fällen von Depression anwenden können.
  • 10:31 - 10:36
    Können wir Tiefe Hirnstimulation
    dazu benutzen, uns klüger zu machen?
  • 10:36 - 10:38
    (Lachen)
  • 10:38 - 10:40
    Ist irgendjemand daran interessiert?
  • 10:40 - 10:43
    (Applaus)
  • 10:43 - 10:46
    Natürlich können wir das, richtig?
  • 10:46 - 10:48
    Wir haben also beschlossen,
  • 10:48 - 10:50
    die Schaltkreise des Gedächtnisses im Gehirn
  • 10:50 - 10:52
    "turboaufzuladen".
  • 10:52 - 10:55
    Wir implantieren Elektroden in die Schaltkreise,
  • 10:55 - 10:58
    die Ihr Gedächtnis und kognitive
    Funktionen regulieren
  • 10:58 - 11:01
    und beobachten, ob deren Aktivität
    gesteigert werden kann.
  • 11:01 - 11:03
    Wir werden dies nicht an
    normalen Patienten durchführen.
  • 11:03 - 11:07
    Wir werden dies an Patienten
    mit kognitiven Störungen durchführen.
  • 11:07 - 11:10
    Wir haben beschlossen, damit
    Alzheimer-Patienten zu behandeln,
  • 11:10 - 11:12
    die kognitive Störungen und
    Gedächtnisdefizite aufweisen.
  • 11:12 - 11:14
    Wie Sie wissen, ist dies das Hauptsymptom
  • 11:14 - 11:17
    im Frühstadium der Alzheimer-Erkrankung.
  • 11:17 - 11:19
    Wir haben also Elektroden
    in diese Schaltkreise gelegt,
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    in ein Gehirnareal namens Fornix.
  • 11:21 - 11:24
    Das ist die Autobahn in und aus
    dem Gedächtnis-Schaltkreis.
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    Vielleicht können wir den
    Gedächtnis-Schaltkreis aktivieren
  • 11:27 - 11:30
    und feststellen, ob dies den Patienten
  • 11:30 - 11:33
    mit Alzheimer hilft.
  • 11:33 - 11:35
    Wir wissen, dass Alzheimer
  • 11:35 - 11:39
    mit einem großen Defizit an
    Glukose-Stoffwechsel im Gehirn einhergeht.
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    Das Gehirn ist sehr gefräßig, wenn
    es um den Glukoseverbrauch geht.
  • 11:42 - 11:44
    Es benutzt 20% all unserer –
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    auch wenn es nur 2%
    des Gewichtes ausmacht,
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    verbraucht es 10 mal mehr Glukose,
    als es das aufgrund seines Gewichts sollte.
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    20% der Glukose in unserem
    Körper wird vom Gehirn verbraucht.
  • 11:51 - 11:54
    Beim Übergang zu einer
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    leichten kognitiven Beeinträchtigung –
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    die ein Alzheimervorbote ist –
    und weiter zu Alzheimer selbst,
  • 11:58 - 12:01
    erkennt man Gehirnareale, die
    keine Glukose mehr verbrauchen.
  • 12:01 - 12:03
    Sie sind aus. Sie haben sich abgeschaltet.
  • 12:03 - 12:06
    Wir sehen auch,
    dass diese roten Areale
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    um die Außenseite des Gehirns herum
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    progressiv immer blauer werden,
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    bis sie sich komplett abschalten.
  • 12:13 - 12:15
    Dies kommt einem Stromausfall
    in einem Gehirnareal
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    gleich, einem lokalen Stromausfall.
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    Die Lichter sind also bei
    Patienten mit Alzheimer
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    in bestimmten Gehirnarealen aus.
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    Die Frage ist: "Sind sie das endgültig,
  • 12:25 - 12:28
    oder können wir sie wieder anmachen?"
  • 12:28 - 12:31
    "Können wir diese Gehirnregionen wieder
    dazu bringen Glukose zu verbrauchen?"
  • 12:31 - 12:34
    Wir implantierten also
    bei Alzheimerpatienten
  • 12:34 - 12:37
    Elektroden in den Fornix
    und schalteten sie ein,
  • 12:37 - 12:40
    und beobachteten, was mit dem
    Glukoseverbrauch im Gehirn passierte.
  • 12:40 - 12:43
    Und in der Tat, oben können Sie die blauen Felder
  • 12:43 - 12:47
    vor dem Eingriff sehen, die weniger
    Glukose als normal verbrauchen,
  • 12:47 - 12:49
    besonders hier in den
    Scheitel-und Schläfenlappen.
  • 12:49 - 12:51
    Diese Felder des Gehirns sind abgeschaltet.
  • 12:51 - 12:53
    Die Lichter sind bei diesen Gehirnfeldern aus.
  • 12:53 - 12:56
    Dann legten wir die DBS-Elektroden ein
    und warteten einen Monat lang
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    bzw. ein Jahr. Die roten Felder
  • 12:58 - 13:01
    sind die Felder, wo wir den
    Glukoseverbrauch steigerten.
  • 13:01 - 13:03
    Und in der Tat erreichten wir,
    dass diese Gehirnfelder,
  • 13:03 - 13:07
    die keine Glukose mehr verbrauchten,
    wieder Glukose verbrauchten.
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    Die Botschaft hier ist also, dass bei Alzheimer
  • 13:09 - 13:11
    die Lichter aus sind, aber noch jemand daheim ist
  • 13:11 - 13:13
    und wir in der Lage sind, den Strom
  • 13:13 - 13:16
    in diesen Gehirnarealen wieder
    einzuschalten und wir uns
  • 13:16 - 13:19
    davon erwarten, dass ihre Funktionen
    wiederhergestellt werden.
  • 13:19 - 13:21
    Im Moment sind es noch klinische Versuche.
  • 13:21 - 13:23
    Wir werden 50 Patienten operieren,
  • 13:23 - 13:25
    die frühe Alzheimersymptome aufweisen,
  • 13:25 - 13:27
    um festzustellen, ob das
    sicher und effektiv ist,
  • 13:27 - 13:30
    ob wir ihre neurologischen
    Funktionen verbessern können.
  • 13:30 - 13:37
    (Applaus)
  • 13:37 - 13:40
    Meine Botschaft an Sie heute ist,
  • 13:40 - 13:43
    dass wir im Gehirn tatsächlich
    einige Schaltkreise haben,
  • 13:43 - 13:47
    die in vielen Krankheitsstadien
    nicht richtig funktionieren,
  • 13:47 - 13:49
    egal, ob es Parkinson,
  • 13:49 - 13:52
    Depression, Schizophrenie oder Alzheimer ist.
  • 13:52 - 13:55
    Wir sind dabei zu begreifen,
    was diese Schaltkreise sind
  • 13:55 - 13:57
    und welche Gehirnareale für
    die klinischen Anzeichen
  • 13:57 - 14:00
    und Symptome jener Krankheiten
    verantwortlich sind.
  • 14:00 - 14:02
    Wir können nun zu diesen
    Schaltkreisen vordringen.
  • 14:02 - 14:05
    Wir können Elektroden in
    diese Schaltkreise implantieren.
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    Wir können deren Aktivität regulieren.
  • 14:08 - 14:11
    Wir können sie herunterschalten,
    wenn sie überreagieren,
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    wenn sie im gesamten
    Gehirn Probleme bereiten,
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    oder hochschalten, wenn sie zu wenig machen.
  • 14:16 - 14:19
    Wir denken, wir können so
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    der gesamten Gehirnfunktion helfen.
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    In Folge könnten wir
    natürlich in der Lage sein,
  • 14:24 - 14:26
    Krankheitssymptome zu verändern.
  • 14:26 - 14:28
    Ich habe Ihnen noch gar nicht
    erzählt, dass es Hinweise dafür gibt,
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    dass wir eventuell auch durch Strom
    beschädigte Gehirnfelder reparieren könnten.
  • 14:32 - 14:34
    Die Zukunft wird es weisen,
  • 14:34 - 14:37
    ob wir nicht nur die Gehirnaktivität
    verändern, sondern auch
  • 14:37 - 14:39
    einige Selbstheilungsfunktionen des Gehirns
  • 14:39 - 14:40
    aktivieren können.
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    Ich glaube, wir werden
    bald eine große Expansion
  • 14:43 - 14:46
    in den Anwendungen
    dieser Technik erleben.
  • 14:46 - 14:49
    Wir werden erleben, wie Elektroden viele
    Probleme im Gehirn lösen werden.
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    Das Aufregendste dabei ist aber, dass
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    es multidisziplinäres Arbeiten erfordert.
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    Ingenieure werden beteiligt sein,
    bildgebende Verfahren,
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    Grundlagenforscher, Neurologen,
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    Psychiater, Neurochirurgen, und
    sicherlich wird die Schnittstelle
  • 15:01 - 15:04
    dieser verschieden Disziplinen
    sehr aufregend sein.
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    Und ich glaube, wir werden erleben,
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    wie mehr dieser bösen Geister mit der Zeit
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    aus dem Gehirn verjagt werden können.
  • 15:12 - 15:14
    Natürlich wird die Konsequenz daraus sein,
  • 15:14 - 15:16
    dass wir viel mehr Patienten
    helfen können werden.
  • 15:16 - 15:18
    Vielen Dank.
Title:
Andres Lozano: Parkinson, Depression und der mögliche Knopf zum Abdrehen.
Speaker:
Andres Lozano
Description:

Tiefe Hirnstimulation ist sehr präzise geworden. Mit dieser Technik können Chirurgen Elektroden in fast allen Gehirnareale platzieren und sie hinauf- oder herunterschalten – wie den Regler eines Radios oder einen Thermostat – um Fehlfunktionen zu korrigieren. Ein dramatischer Blick auf diese neuen Techniken, bei der eine Parkinson-Patientin sofort aufhört zu zittern oder von Alzheimer lahmgelegte Gehirnareale wieder ins Leben gerufen werden. (Gefilmt in TEDxCaltech.)

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Video Language:
English
Team:
closed TED
Project:
TEDTalks
Duration:
15:34

German subtitles

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