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Wir sollten alle Feministen sein | Chimamanda Ngozi Adichie | TEDxEuston

  • 0:15 - 0:18
    Mein Bruder Chuks
    und mein bester Freund Ike
  • 0:18 - 0:19
    sind Teil des Organisationsteams
  • 0:19 - 0:23
    und als sie mich eingeladen haben,
    konnte ich nicht Nein sagen.
  • 0:23 - 0:25
    Ich bin so froh, hier zu sein.
  • 0:25 - 0:28
    Was für ein tolles Team von Leuten,
    das sich um Afrika kümmert.
  • 0:28 - 0:31
    Ich empfinde so viel Glück
    und Demut, hier zu sein.
  • 0:31 - 0:36
    Mir wurde auch gesagt, dass das schönste,
    verblüffendste kleine Mädchen der Welt
  • 0:36 - 0:37
    im Publikum sitzt.
  • 0:37 - 0:38
    Ihr Name ist Kamzia Adichie
  • 0:38 - 0:42
    und ich möchte, dass sie aufsteht --
    sie ist meine Nichte!
  • 0:42 - 0:46
    (Applaus)
  • 0:51 - 0:57
    Ich würde gerne von einem
    meiner besten Freunde erzählen.
  • 0:57 - 0:59
    Okuloma wohnte in meiner Straße
  • 0:59 - 1:02
    und passte wie
    ein großer Bruder auf mich auf.
  • 1:02 - 1:07
    Wenn ich einen Jungen mochte,
    fragte ich nach Okulomas Meinung.
  • 1:07 - 1:10
    Okuloma starb beim tragischen
    Flugzeugabsturz von Sosolino
  • 1:10 - 1:13
    in Nigeria im Dezember 2005 --
  • 1:13 - 1:16
    vor fast genau sieben Jahren.
  • 1:16 - 1:22
    Okuloma war jemand, mit dem ich streiten,
    lachen und ehrlich reden konnte.
  • 1:22 - 1:25
    Er war auch der erste, der mich
    als Feministin bezeichnete.
  • 1:26 - 1:29
    Ich war etwa 14, als wir bei ihm
    zuhause am Streiten waren.
  • 1:29 - 1:34
    Beide mit haarsträubendem Halbwissen
    aus Büchern, die wir gelesen hatten.
  • 1:34 - 1:37
    Ich erinnere mich nicht daran,
    um was es bei diesem Streit ging,
  • 1:37 - 1:40
    aber ich erinnere mich,
    während ich immer weiter argumentierte,
  • 1:40 - 1:44
    dass Okuloma mich ansah und sagte:
    "Weißt du, du bist eine Feministin."
  • 1:44 - 1:46
    Das war kein Kompliment.
  • 1:47 - 1:49
    Ich konnte es an seinem Ton ausmachen,
  • 1:49 - 1:51
    derselbe Ton, mit dem man etwas wie:
  • 1:51 - 1:53
    "Du unterstützt Terrorismus" sagen würde.
  • 1:53 - 1:55
    (Gelächter)
  • 1:55 - 1:59
    Ich wusste nicht genau,
    was das Wort "Feministin" bedeutete.
  • 1:59 - 2:02
    Ich wollte Okuloma nicht wissen lassen,
    dass ich es nicht wusste,
  • 2:02 - 2:05
    also schob ich es beiseite
    und fuhr fort zu streiten.
  • 2:05 - 2:08
    Als ich nach Hause kam,
    wollte ich zuallererst
  • 2:08 - 2:11
    das Wort "Feministin"
    im Wörterbuch nachschlagen.
  • 2:11 - 2:15
    Einige Jahre später
    schrieb ich einen Roman
  • 2:15 - 2:18
    über einen Mann, der seine Frau schlägt
  • 2:18 - 2:20
    und dessen Geschichte
    nicht sehr gut endet.
  • 2:20 - 2:23
    Während ich in Nigeria für den Roman warb,
  • 2:23 - 2:29
    sagte mir ein gutgesinnter Journalist,
    er wolle mir einen Rat geben.
  • 2:29 - 2:33
    Für alle Nigerianer hier --
    ich bin sicher, wir sind damit vertraut,
  • 2:33 - 2:38
    wie schnell unsere Leute
    unaufgefordert Ratschläge geben.
  • 2:39 - 2:43
    Er sagte mir, dass Leute behaupteten,
    der Roman sei feministisch
  • 2:43 - 2:45
    und sein Rat an mich war,
  • 2:45 - 2:48
    -- und er schüttelte dabei
    traurig seinen Kopf --
  • 2:48 - 2:51
    mich niemals als Feministin zu bezeichnen,
  • 2:51 - 2:55
    weil Feministinnen unglücklich seien,
    weil sie keine Ehemänner fänden.
  • 2:55 - 2:59
    (Gelächter)
  • 3:00 - 3:03
    Also beschloss ich, mich
    "glückliche Feministin" zu nennen.
  • 3:03 - 3:06
    Dann sagte mir eine
    nigerianische Akademikerin,
  • 3:06 - 3:09
    dass Feminismus nicht zu unserer Kultur
    oder zu Afrika gehörte,
  • 3:09 - 3:11
    und dass ich mich
    als Feministin bezeichnete,
  • 3:11 - 3:14
    weil ich mich von "westlichen Büchern"
    verderben hätte lassen.
  • 3:14 - 3:17
    Das hat mich amüsiert,
    denn eine Menge meiner frühen Lektüren
  • 3:17 - 3:19
    waren ausgesprochen unfeministisch.
  • 3:19 - 3:22
    Ich glaube, ich las jeden
    einzelnen Mills-&-Boon-Roman,
  • 3:22 - 3:24
    der veröffentlicht wurde,
    bevor ich 16 war.
  • 3:24 - 3:26
    Jedes Mal, wenn ich versuchte,
  • 3:26 - 3:29
    die sog. "feministischen Klassiker"
    zu lesen, wurde mir langweilig
  • 3:29 - 3:31
    und mir fiel es schwer, sie zu beenden.
  • 3:31 - 3:34
    Da Feminismus unafrikanisch
    war, beschloss ich,
  • 3:34 - 3:38
    mich "glückliche afrikanische
    Feministin" zu nennen.
  • 3:38 - 3:41
    Irgendwann war ich eine
    glückliche afrikanische Feministin,
  • 3:41 - 3:44
    die Männer nicht hasst, Lipgloss mag
  • 3:44 - 3:47
    und hohe Absätze für sich selbst
    statt für Männer trägt.
  • 3:48 - 3:50
    Natürlich war viel davon ironisch gemeint,
  • 3:50 - 3:55
    aber das waren Feministinnen,
    die schweren Ballast trugen.
  • 3:55 - 3:57
    Man hasst Männer, man hasst BHs,
  • 3:57 - 4:00
    man hasst die afrikanische Kultur,
    all diese Sachen.
  • 4:00 - 4:03
    Hier ist eine Geschichte
    aus meiner Kindheit.
  • 4:03 - 4:07
    Als ich in der Grundschule war,
    sagte meine Lehrerin zu Jahresbeginn,
  • 4:07 - 4:09
    dass sie unsere Klasse testen würde.
  • 4:09 - 4:13
    Derjenige mit dem besten Ergebnis
    würde Klassenwächter werden.
  • 4:13 - 4:15
    Klassenwächter zu sein,
    war schon eine große Sache.
  • 4:15 - 4:18
    Wenn man Klassenwächter war,
  • 4:18 - 4:21
    musste man die Namen
    der Krachmacher aufschreiben,
  • 4:21 - 4:24
    was an sich schon genug Macht war.
  • 4:24 - 4:29
    Aber meine Lehrerin würde einem auch
    einen Stock in die Hand geben,
  • 4:29 - 4:33
    während man herumgeht und die Klasse
    auf Krachmacher überprüft.
  • 4:33 - 4:37
    Natürlich durfte man den Stock
    dann nicht einsetzen.
  • 4:37 - 4:41
    Aber das war eine spannende Aussicht
    für mein neunjähriges Ich.
  • 4:41 - 4:43
    Ich wollte unbedingt
    die Klassenwächterin werden.
  • 4:43 - 4:46
    Und ich schnitt im Test am besten ab.
  • 4:46 - 4:48
    Zu meiner Überraschung
    sagte meine Lehrerin dann aber,
  • 4:48 - 4:50
    der Wächter müsse ein Junge sein.
  • 4:50 - 4:52
    Sie hatte vergessen,
    das vorher klarzustellen,
  • 4:52 - 4:55
    weil sie annahm,
    das wäre ... selbstverständlich.
  • 4:55 - 4:57
    (Gelächter)
  • 4:57 - 5:00
    Ein Junge hatte das zweitbeste
    Ergebnis im Test
  • 5:00 - 5:02
    und er wurde Klassenwächter.
  • 5:02 - 5:08
    Noch interessanter war,
    dass es ein sehr sanfter Junge war,
  • 5:08 - 5:13
    der kein Interesse daran hatte,
    die Klasse mit dem Stock zu überwachen,
  • 5:13 - 5:16
    ich aber den großen Ehrgeiz
    verspürte, genau das zu tun.
  • 5:17 - 5:21
    Aber ich war weiblich, und er männlich,
    und deshalb wurde er Klassenwächter.
  • 5:21 - 5:24
    Diesen Vorfall habe ich nie vergessen.
  • 5:24 - 5:27
    Ich mache oft den Fehler und denke:
  • 5:27 - 5:30
    Weil etwas klar für mich ist,
    ist es auch klar für andere.
  • 5:30 - 5:33
    Nehmen wir als Beispiel
    meinen Freund Louis.
  • 5:33 - 5:35
    Louis ist ein brillanter,
    fortschrittlicher Mann
  • 5:35 - 5:37
    und in unseren Gesprächen sagte er mir:
  • 5:37 - 5:41
    "Ich weiß nicht, welche Dinge du meinst,
    die schwieriger für Frauen sein sollen.
  • 5:41 - 5:44
    Vielleicht damals, aber jetzt nicht mehr."
  • 5:44 - 5:47
    Ich konnte nicht verstehen,
    wie Louis etwas so Augenscheinliches
  • 5:47 - 5:49
    nicht sehen konnte.
  • 5:49 - 5:52
    Eines Abends, in Lagos,
    gingen Louis und ich mit Freunden aus.
  • 5:52 - 5:55
    Für diejenigen, die Lagos nicht kennen:
  • 5:55 - 5:57
    Lagos hat eine wunderbare Eigenheit,
  • 5:57 - 6:02
    und zwar einige schwungvolle Männer,
    die vor Gebäuden warten
  • 6:02 - 6:06
    und einem sehr dramatisch
    dabei "helfen", das Auto zu parken.
  • 6:06 - 6:10
    Ich war beeindruckt
    von dem Theater des Mannes,
  • 6:10 - 6:13
    der für uns an diesem Abend
    eine Parklücke fand,
  • 6:13 - 6:16
    und als wir ausstiegen,
    wollte ich ihm etwas Trinkgeld geben.
  • 6:16 - 6:21
    Ich öffnete meine Tasche,
    griff hinein, nahm das Geld heraus,
  • 6:21 - 6:25
    das ich durch meine Arbeit verdient hatte,
    und gab es dem Mann.
  • 6:25 - 6:32
    Und er, ein sehr dankbarer,
    glücklicher Mann, nahm das Geld,
  • 6:32 - 6:34
    schaute rüber zu Louis und sagte:
  • 6:34 - 6:35
    "Danke, Sir!"
  • 6:35 - 6:39
    (Gelächter)
  • 6:42 - 6:45
    Louis schaute mich
    überrascht an und fragte:
  • 6:45 - 6:49
    "Warum dankt er mir?
    Ich habe ihm das Geld nicht gegeben."
  • 6:49 - 6:53
    Dann sah ich Louis an,
    dass ihm etwas bewusst wurde.
  • 6:53 - 7:00
    Der Mann glaubte, dass alles Geld,
    das ich hatte, letztlich von Louis kam.
  • 7:00 - 7:02
    Weil Louis ein Mann ist.
  • 7:03 - 7:05
    Männer und Frauen sind verschieden.
  • 7:05 - 7:07
    Wir haben andere Hormone,
    andere Geschlechtsorgane
  • 7:07 - 7:10
    und andere biologische Fähigkeiten.
  • 7:10 - 7:12
    Frauen können Kinder
    gebären, Männer nicht.
  • 7:13 - 7:15
    Zumindest noch nicht.
  • 7:15 - 7:21
    Männer besitzen Testosteron
    und generell mehr Körperkraft als Frauen.
  • 7:21 - 7:23
    Es gibt etwas mehr Frauen
    als Männer auf der Welt,
  • 7:23 - 7:27
    etwa 52 % der Weltbevölkerung
    sind weiblich.
  • 7:27 - 7:29
    Aber die meisten Positionen
    mit Macht und Prestige
  • 7:29 - 7:31
    werden von Männern besetzt.
  • 7:31 - 7:34
    Die verstorbene kenianische
    Friedensnobelpreisträgerin
  • 7:34 - 7:37
    Wangari Maathai hat es
    einfach und gut ausgedrückt:
  • 7:37 - 7:41
    "Je höher man aufsteigt,
    desto weniger Frauen gibt es."
  • 7:42 - 7:47
    In den letzten US-Wahlen hörten wir
    andauernd vom Lilly-Ledbetter-Gesetz.
  • 7:47 - 7:50
    Hinter diesem schönen
    stabreimenden Namen
  • 7:50 - 7:52
    ging es um einen Mann und eine Frau,
  • 7:52 - 7:56
    die denselben Beruf mit der
    gleichen Qualifizierung ausführten,
  • 7:56 - 7:58
    aber der Mann wurde besser bezahlt,
    weil er ein Mann war.
  • 7:58 - 8:02
    Männer regieren also
    buchstäblich die Welt.
  • 8:02 - 8:05
    Das war vor Tausenden von Jahren sinnvoll,
  • 8:05 - 8:08
    weil Menschen in einer Welt lebten,
  • 8:08 - 8:12
    in der Körperkraft das Wichtigste
    für das Überleben war.
  • 8:12 - 8:16
    Die Stärkere stand eher an der Spitze
  • 8:17 - 8:21
    und Männer sind körperlich
    generell stärker.
  • 8:21 - 8:23
    Natürlich gibt es viele Ausnahmen.
  • 8:23 - 8:28
    Aber heute leben wir
    in einer ganz anderen Welt.
  • 8:28 - 8:32
    Diejenigen, die heute führen,
    sind nicht die körperlich Stärkeren,
  • 8:32 - 8:35
    sondern die Kreativeren,
    die Intelligenteren
  • 8:35 - 8:38
    die Innovativeren,
  • 8:38 - 8:41
    und für diese Eigenschaften
    gibt es keine Hormone.
  • 8:41 - 8:44
    Männer sind ebenso häufig intelligent,
  • 8:44 - 8:46
    kreativ oder innovativ wie Frauen.
  • 8:46 - 8:49
    Wir haben uns entwickelt,
    aber es scheint mir,
  • 8:49 - 8:51
    als ob unsere Vorstellungen
    der Geschlechterrollen
  • 8:51 - 8:52
    das nicht getan haben.
  • 8:52 - 8:56
    Vor einigen Wochen ging ich in die Lobby
    eines der besten nigerianischen Hotels.
  • 8:56 - 8:58
    Ich wollte den Namen verraten,
  • 8:58 - 9:00
    aber das wäre wohl eine schlechte Idee.
  • 9:00 - 9:04
    Ein Wachmann am Eingang hielt mich auf
    und stellte mir nervige Fragen,
  • 9:04 - 9:07
    weil er automatisch annahm,
    dass eine nigerianische Frau,
  • 9:07 - 9:10
    die allein in ein Hotel geht,
    eine Prostituierte ist.
  • 9:11 - 9:14
    Und mal am Rande, warum
    konzentrieren sich diese Hotels
  • 9:14 - 9:19
    auf das angebliche Angebot
    an Sexarbeitern statt auf die Nachfrage?
  • 9:19 - 9:25
    In Lagos kann ich nicht alleine in viele
    "anständige" Bars und Clubs gehen.
  • 9:25 - 9:28
    Die lassen dich einfach nicht rein,
    wenn man als Frau alleine ist,
  • 9:28 - 9:30
    man muss von einem Mann begleitet werden.
  • 9:30 - 9:34
    Jedes Mal, wenn ich mit einem Mann
    in ein nigerianisches Restaurant gehe,
  • 9:34 - 9:36
    grüßt der Kellner den Mann
    und ignoriert mich.
  • 9:36 - 9:40
    Die Kellner sind Produkte ...
  • 9:40 - 9:43
    an dieser Stelle dachten einige Frauen:
    "Ja! Hab ich mir gedacht!"
  • 9:43 - 9:45
    Die Kellner sind Produkte
    einer Gesellschaft,
  • 9:45 - 9:49
    die ihnen beigebracht hat,
    dass Männer wichtiger als Frauen sind.
  • 9:49 - 9:51
    Ich weiß, dass Kellner
    es nicht böse meinen.
  • 9:51 - 9:54
    Aber es ist die eine Sache,
    es intellektuell zu wissen
  • 9:54 - 9:56
    und die andere, es emotional zu fühlen.
  • 9:56 - 9:59
    Jedes Mal, wenn ich ignoriert werde,
    fühle ich mich wie unsichtbar.
  • 9:59 - 10:00
    Ich bin verärgert.
  • 10:00 - 10:04
    Ich will ihnen sagen, dass ich genauso
    ein Mensch bin wie der Mann,
  • 10:04 - 10:07
    dass ich es genauso wert bin,
    anerkannt zu werden.
  • 10:07 - 10:08
    Das sind kleine Dinge,
  • 10:08 - 10:12
    aber manchmal sind es die kleinen Dinge,
    die am meisten wehtun.
  • 10:12 - 10:15
    Vor Kurzem schrieb ich einen Artikel
    darüber, was es bedeutet,
  • 10:15 - 10:17
    in Lagos jung und weiblich zu sein.
  • 10:17 - 10:21
    Die Drucker sagten mir:
    "Das hörte sich so wütend an."
  • 10:21 - 10:23
    Natürlich hörte es sich wütend an!
  • 10:23 - 10:25
    (Gelächter)
  • 10:27 - 10:29
    Ich bin wütend.
  • 10:29 - 10:32
    Die Verteilung der Geschlechterrollen
    ist eine große Ungerechtigkeit.
  • 10:32 - 10:34
    Wir sollten alle wütend sein.
  • 10:34 - 10:38
    Wut hat in der Geschichte oft
    positiven Wandel bewirkt,
  • 10:38 - 10:41
    aber zusätzlich zu meiner Wut
    habe ich auch Hoffnung.
  • 10:41 - 10:43
    Denn ich glaube an
    die menschliche Fähigkeit,
  • 10:43 - 10:46
    sich zum Besseren zu verändern.
  • 10:47 - 10:50
    Geschlechterrollen sind
    überall in der Welt von Bedeutung,
  • 10:50 - 10:53
    aber ich will mich auf Nigeria
    und Afrika konzentrieren,
  • 10:53 - 10:55
    denn davon weiß ich viel,
  • 10:55 - 10:57
    und dort liegt mein Herz.
  • 10:57 - 11:00
    Heute fordere ich Sie auf anzufangen,
  • 11:00 - 11:05
    von einer anderen, gerechteren Welt
    zu träumen und sie vorzubereiten.
  • 11:06 - 11:09
    Eine Welt der glücklicheren Männer
    und glücklicheren Frauen,
  • 11:09 - 11:11
    die sich selbst treuer sind.
  • 11:11 - 11:12
    So fangen wir an:
  • 11:12 - 11:15
    Wir müssen unsere Töchter anders erziehen.
  • 11:15 - 11:18
    Auch unsere Söhne
    müssen wir anders erziehen.
  • 11:18 - 11:22
    Wir schädigen Jungs mit unserer Erziehung,
  • 11:22 - 11:25
    wir unterdrücken ihre Menschlichkeit.
  • 11:25 - 11:28
    Wir definieren Männlichkeit
    in sehr engem Rahmen,
  • 11:28 - 11:31
    Männlicheit wird zu einem
    harten, engen Käfig,
  • 11:31 - 11:33
    in den wir Jungs einsperren.
  • 11:33 - 11:36
    Wir lehren Jungs,
    Angst vor der Angst zu haben.
  • 11:36 - 11:40
    Wir lehren Jungs, sich vor Schwäche
    und Verletzlichkeit zu fürchten.
  • 11:40 - 11:43
    Wir lehren sie,
    ihr wahres Ich zu verbergen,
  • 11:43 - 11:48
    weil sie, wie im Nigerianischen,
    ein "harter Mann!" sein müssen.
  • 11:48 - 11:53
    In der Mittelstufe gehen ein Junge
    und ein Mädchen, beide Jugendliche,
  • 11:53 - 11:55
    beide mit gleichem Taschengeld,
  • 11:55 - 11:58
    miteinander aus,
    aber vom Jungen wird erwartet,
  • 11:58 - 12:01
    dass er zahlt, um seine
    Männlichkeit zu beweisen.
  • 12:01 - 12:03
    Trotzdem fragen wir uns,
  • 12:03 - 12:06
    warum Jungs öfter Geld
    von ihren Eltern stehlen.
  • 12:07 - 12:11
    Was wäre, wenn Jungs und Mädchen
    beide dazu erzogen würden,
  • 12:11 - 12:14
    Männlichkeit nicht mit Geld zu verknüpfen?
  • 12:14 - 12:17
    Was wäre, wenn die Einstellung
    nicht "der Junge muss bezahlen",
  • 12:17 - 12:21
    sondern, "wer mehr Geld hat,
    muss bezahlen" wäre?
  • 12:21 - 12:23
    Natürlich haben Männer
    wegen des historischen Vorteils
  • 12:23 - 12:26
    heute meistens mehr Geld,
  • 12:26 - 12:28
    aber wenn wir anfangen,
    Kinder anders zu erziehen,
  • 12:28 - 12:31
    dann werden Jungs in 50 Jahren,
    in 100 Jahren,
  • 12:31 - 12:36
    nicht mehr den Druck verspüren,
    diese Männlichkeit zu beweisen.
  • 12:36 - 12:39
    Wir tun Jungs mit Abstand
    das Schlimmste an,
  • 12:39 - 12:42
    wenn wir ihnen das Gefühl geben,
    hart sein zu müssen,
  • 12:42 - 12:45
    und ihnen damit ein
    zerbrechliches Ego mitgeben.
  • 12:45 - 12:50
    Je härter der Mann
    sich gezwungen sieht zu sein,
  • 12:50 - 12:52
    desto schwächer ist sein Ego.
  • 12:53 - 12:57
    Daneben schaden wir Mädchen noch mehr,
  • 12:57 - 13:01
    denn wir erziehen sie dazu,
    die schwachen Egos der Männer zu bewirten.
  • 13:01 - 13:04
    Wir lehren Mädchen, sich zu schrumpfen,
    sich selbst kleiner zu machen,
  • 13:04 - 13:06
    wir sagen ihnen:
  • 13:06 - 13:09
    "Du kannst Ehrgeiz haben,
    aber nicht zu viel davon."
  • 13:09 - 13:12
    "Du solltest nach Erfolg streben,
    aber nicht zu sehr,
  • 13:12 - 13:15
    denn ansonsten bedrohst du den Mann."
  • 13:15 - 13:18
    Wenn die Frau in der Beziehung
    mit einem Mann das Geld heimbringt,
  • 13:18 - 13:20
    muss sie vortäuschen, es nicht zu tun,
  • 13:20 - 13:25
    besonders in der Öffentlichkeit,
    ansonsten entmannt sie ihn.
  • 13:25 - 13:28
    Aber was passiert, wenn wir
    die Voraussetzung selbst hinterfragen,
  • 13:28 - 13:31
    warum der Erfolg einer Frau
    eine Gefahr für einen Mann sein sollte?
  • 13:31 - 13:35
    Was, wenn wir beschließen,
    dieses Wort einfach zu beseitigen?
  • 13:35 - 13:40
    Ich glaube nicht, dass es ein Wort gibt,
    das ich weniger mag als "Entmannung".
  • 13:40 - 13:43
    Ein nigerianischer Bekannter
    hat mich einmal gefragt,
  • 13:43 - 13:47
    ob ich besorgt sei, Männer könnten
    von mir eingeschüchtert sein.
  • 13:47 - 13:49
    Ich war überhaupt nicht besorgt.
  • 13:49 - 13:51
    Es wäre mir gar nicht
    eingefallen, besorgt zu sein,
  • 13:51 - 13:54
    denn ein Mann, der sich
    von mir einschüchtern ließe,
  • 13:54 - 13:57
    wäre genau der Mann, für den ich mich
    nicht interessieren würde.
  • 13:57 - 14:01
    (Gelächter)
    (Applaus)
  • 14:04 - 14:08
    Trotzdem war ich davon wirklich getroffen.
  • 14:08 - 14:12
    Weil ich weiblich bin, wird von mir
    erwartet, die Ehe anzustreben.
  • 14:12 - 14:15
    Es wird erwartet, dass ich
    bei meinen Entscheidungen
  • 14:15 - 14:18
    immer im Kopf behalte,
    dass die Ehe das Wichtigste ist.
  • 14:18 - 14:20
    Eine Ehe kann etwas Gutes sein.
  • 14:20 - 14:25
    Sie kann eine Quelle der Freude, Liebe
    und gegenseitiger Unterstützung sein.
  • 14:25 - 14:27
    Aber warum lehren wir Mädchen,
    die Ehe anzustreben,
  • 14:27 - 14:30
    und Jungs nicht, dasselbe zu tun?
  • 14:31 - 14:33
    Ich kenne eine Frau,
    die ihr Haus verkauft hat,
  • 14:33 - 14:38
    weil sie ihren potenziellen Bräutigam
    nicht einschüchtern wollte.
  • 14:38 - 14:41
    Ich kenne eine
    unverheiratete Frau in Nigeria,
  • 14:41 - 14:44
    die auf Konferenzen einen Ehering trägt,
  • 14:44 - 14:49
    weil sie will, dass die anderen Teilnehmer
    ihr "Respekt entgegenbringen".
  • 14:50 - 14:54
    Ich kenne junge Frauen, die unter
    so viel Druck von Familie, Freunden,
  • 14:54 - 14:57
    sogar von Kollegen stehen, zu heiraten,
  • 14:57 - 15:00
    sodass sie deswegen furchtbare
    Entscheidungen treffen.
  • 15:00 - 15:04
    Einer unverheirateten Frau
    wird ab einem gewissen Alter beigebracht,
  • 15:04 - 15:07
    ihre Ehelosigkeit als zutiefst
    persönliches Versagen anzusehen.
  • 15:07 - 15:10
    Von einem Mann, der in einem
    gewissen Alter unverheiratet ist,
  • 15:10 - 15:15
    denken wir nur, er sei nur noch nicht
    dazu gekommen, eine Frau auszuwählen.
  • 15:15 - 15:16
    Es ist leicht, für uns zu sagen:
  • 15:16 - 15:19
    "Frauen können doch einfach
    'Nein' zu all dem sagen",
  • 15:19 - 15:22
    aber die Realität ist schwieriger
    und komplexer.
  • 15:22 - 15:24
    Wir sind alle soziale Wesen.
  • 15:24 - 15:26
    Wir verinnerlichen Vorstellungen
    unserer Sozialisierung.
  • 15:26 - 15:28
    Sogar die Sprache, die wir benutzen,
  • 15:28 - 15:32
    wenn wir von Ehe und Beziehungen
    sprechen, illustriert das.
  • 15:32 - 15:35
    Die Sprache der Ehe ist eher
    eine Sprache des Eigentums
  • 15:35 - 15:37
    statt die Sprache der Partnerschaft.
  • 15:37 - 15:40
    Wir verwenden das Wort "Respekt",
  • 15:40 - 15:43
    um etwas zu beschreiben,
    das die Frau dem Mann zeigt,
  • 15:43 - 15:46
    aber oftmals nicht das,
    was der Mann der Frau zeigt.
  • 15:46 - 15:49
    Sowohl Frauen als auch Männer
    in Nigeria sagen
  • 15:49 - 15:51
    -- ein Ausdruck, der mich sehr amüsiert:
  • 15:51 - 15:55
    "Ich tat es für den Frieden
    in meiner Ehe."
  • 15:55 - 15:56
    Wenn Männer das sagen,
  • 15:56 - 15:59
    geht es normalerweise um etwas,
    das sie ohnehin nicht tun sollten.
  • 15:59 - 16:03
    (Gelächter)
  • 16:03 - 16:05
    Manchmal sagen sie es zu Freunden,
  • 16:05 - 16:08
    in gutgemeint verzweifeltem Ton.
  • 16:08 - 16:11
    Es ist etwas, das letztendlich beweist,
    wie männlich sie sind,
  • 16:11 - 16:13
    wie gebraucht, wie geliebt:
  • 16:13 - 16:16
    "Meine Frau hat gesagt,
    ich kann nicht jede Nacht in Clubs gehen,
  • 16:16 - 16:20
    also gehe ich für den Frieden
    in meiner Ehe nur am Wochenende."
  • 16:20 - 16:24
    Wenn eine Frau sagt: "Ich tat es
    für den Frieden in meiner Ehe",
  • 16:24 - 16:28
    meint sie damit gewöhnlich,
    dass sie ihren Job aufgeben musste,
  • 16:28 - 16:29
    einen Traum
  • 16:29 - 16:31
    oder ihre Karriere.
  • 16:31 - 16:34
    Wir lehren Frauen, dass es in Beziehungen
  • 16:34 - 16:37
    zwingend für Frauen ist,
    Kompromisse einzugehen.
  • 16:37 - 16:40
    Wir erziehen Mädchen so,
    dass sie sich als Konkurrentinnen sehen,
  • 16:40 - 16:43
    nicht um Jobs oder Leistungen,
    was sogar gut sein könnte,
  • 16:43 - 16:46
    sondern um die Aufmerksamkeit von Männern.
  • 16:46 - 16:49
    Wir lehren Mädchen,
    dass sie nicht so sexuell
  • 16:49 - 16:51
    wie Jungs sein können.
  • 16:51 - 16:55
    Haben wir Söhne, macht es uns nichts aus,
    von den Freundinnen zu wissen.
  • 16:55 - 16:57
    Aber die Freunde unserer Töchter?
    Gott behüte!
  • 16:57 - 16:59
    (Gelächter)
  • 16:59 - 17:01
    Aber wenn die Zeit reif ist,
  • 17:01 - 17:05
    erwarten wir natürlich von Mädchen,
    den perfekten Ehemann heimzubringen.
  • 17:05 - 17:06
    Wir überwachen Mädchen,
  • 17:06 - 17:08
    wir loben Mädchen
    für ihre Jungfräulichkeit,
  • 17:08 - 17:10
    aber wir loben Jungs nicht
    für Jungfräulichkeit.
  • 17:10 - 17:13
    Ich habe mich immer gefragt,
    wie genau das funktionieren soll,
  • 17:13 - 17:16
    denn ... (Gelächter)
  • 17:16 - 17:21
    (Applaus)
  • 17:24 - 17:28
    Ich meine, die Entjungferung
    umfasst normalerweise ...
  • 17:29 - 17:31
    Vor Kurzem wurde eine junge Frau
  • 17:31 - 17:33
    in der Universiät von Nigeria
    gruppenvergewaltigt.
  • 17:33 - 17:35
    Ich glaube, einige von uns
    haben davon gehört.
  • 17:35 - 17:37
    Die Reaktion vieler junger Nigerianer,
  • 17:37 - 17:38
    männlich wie weiblich,
  • 17:38 - 17:41
    war ungefähr so:
  • 17:41 - 17:43
    "Ja, Vergewaltigen ist falsch.
  • 17:43 - 17:47
    Aber was macht ein Mädchen
    in einem Raum mit vier Jungs?"
  • 17:47 - 17:52
    Wenn wir die schreckliche Unmenschlichkeit
    dieser Reaktion vergessen können;
  • 17:52 - 17:58
    diese Nigerianer wurden erzogen, Frauen
    als grundsätzlich schuldig anzusehen,
  • 17:58 - 18:01
    und so wenig von Männern zu erwarten,
  • 18:01 - 18:05
    dass die Vorstellung von Männern
    als grausame Wesen ohne Beherrschung
  • 18:05 - 18:07
    irgendwie akzeptabel ist.
  • 18:07 - 18:09
    Wir lehren Mädchen, sich zu schämen.
  • 18:09 - 18:12
    "Schließ die Beine", "Bedecke dich".
  • 18:12 - 18:15
    Wir behandeln sie so, als ob sie sich
    wegen ihres angeborenen Geschlechts
  • 18:15 - 18:17
    bereits an etwas schuldig sind.
  • 18:17 - 18:19
    So werden Mädchen zu Frauen,
  • 18:19 - 18:21
    die ihre Verlangen nicht sehen können.
  • 18:21 - 18:25
    Sie werden zu Frauen,
    die sich selbst zum Schweigen bringen.
  • 18:25 - 18:29
    Sie werden zu Frauen, die nicht
    sehen können, was sie wirklich denken,
  • 18:29 - 18:30
    und sie werden --
  • 18:30 - 18:33
    und das ist das Schlimmste,
    das wir Mädchen antaten --
  • 18:33 - 18:37
    sie werden zu Frauen, die das Vortäuschen
    zur Kunst gemacht haben.
  • 18:37 - 18:41
    (Applaus)
  • 18:43 - 18:46
    Ich kenne eine Frau,
    die Hausarbeiten verabscheut,
  • 18:46 - 18:48
    sie hasst es einfach,
  • 18:48 - 18:51
    aber sie täuscht vor, es zu mögen,
  • 18:51 - 18:55
    weil ihr beigebracht wurde,
    dass man als geeignete Ehefrau,
  • 18:55 - 18:59
    wie Nigerianer sagen,
    sehr "häuslich" sein muss.
  • 18:59 - 19:01
    Dann heiratete sie
  • 19:01 - 19:04
    und nach einer Weile beschwerte sich
    die Familie des Ehemanns,
  • 19:04 - 19:06
    sie habe sich verändert.
  • 19:07 - 19:09
    Eigentlich hatte sie sich
    gar nicht verändert,
  • 19:09 - 19:11
    sie hatte es nur satt,
    etwas vorzutäuschen.
  • 19:11 - 19:14
    Das Problem mit Geschlechterrollen ist,
  • 19:14 - 19:17
    dass sie vorgeben, wie wir sein sollten,
  • 19:17 - 19:20
    statt zu erkennen, wie wir sind.
  • 19:20 - 19:22
    Stellen Sie sich vor,
    wie viel glücklicher wir wären,
  • 19:22 - 19:26
    wie viel freier wir wären,
    unser wahres, individuelles Ich zu sein,
  • 19:26 - 19:27
    wenn wir das Gewicht der Erwartungen
  • 19:27 - 19:30
    an die Geschlechterrollen
    nicht tragen würden.
  • 19:30 - 19:34
    Jungs und Mädchen sind biologisch
    zweifellos verschieden,
  • 19:34 - 19:38
    aber die Sozialisierung
    erhöht diese Unterschiede
  • 19:38 - 19:40
    und dann erfüllt sich
    dieser Vorgang von selbst.
  • 19:40 - 19:43
    Nehmen wir als Beispiel das Kochen.
  • 19:43 - 19:45
    Heute machen Frauen
    mit höherer Wahrscheinlichkeit
  • 19:45 - 19:47
    die Hausarbeiten,
    Kochen und Saubermachen.
  • 19:47 - 19:49
    Aber warum?
  • 19:49 - 19:52
    Weil Frauen mit einem Gen
    zum Kochen geboren sind?
  • 19:53 - 19:58
    Oder weil sie über Jahre gelernt haben,
    Kochen als ihre Aufgabe anzusehen?
  • 19:58 - 20:01
    Eigentlich wollte ich sagen, Frauen sind
    vielleicht mit einem Koch-Gen geboren,
  • 20:01 - 20:05
    bis mir einfiel, dass die meisten
    berühmten Köche der Welt,
  • 20:05 - 20:07
    denen wir den schicken Titel
    "Chefkoch" verleihen,
  • 20:07 - 20:09
    Männer sind.
  • 20:09 - 20:11
    Ich verehrte früher meine Großmutter,
  • 20:11 - 20:13
    eine brillante Frau,
  • 20:13 - 20:15
    und fragte mich, wie es ihr ergangen wäre,
  • 20:15 - 20:19
    hätte sie die gleichen Chancen
    wie die Männer gehabt, als sie aufwuchs.
  • 20:19 - 20:22
    Heute gibt es viel mehr
    Möglichkeiten für Frauen
  • 20:22 - 20:24
    als zu Zeiten meiner Großmutter,
  • 20:24 - 20:26
    wegen Regel- und Gesetzesänderungen,
  • 20:26 - 20:28
    die alle sehr wichtig sind.
  • 20:28 - 20:33
    Aber noch mehr geht es
    um unsere Einstellungen und Denkweisen,
  • 20:33 - 20:36
    was wir glauben und was wir
    an den Geschlechterrollen schätzen.
  • 20:36 - 20:39
    Was wäre, wenn wir uns
    bei der Erziehung von Kindern
  • 20:39 - 20:42
    auf Fähigkeiten statt auf
    Geschlechterrollen konzentrieren?
  • 20:42 - 20:45
    Was wäre, wenn wir uns auf Interessen,
  • 20:45 - 20:47
    statt auf Geschlechterrollen stützen?
  • 20:47 - 20:50
    Ich kenne eine Familie
    mit Sohn und Tochter,
  • 20:50 - 20:51
    beide sind sehr gut in der Schule
  • 20:51 - 20:53
    und wunderbare, liebenswerte Kinder.
  • 20:53 - 20:56
    Wenn der Junge Hunger hat,
    sagen die Eltern zum Mädchen:
  • 20:56 - 20:59
    "Geh und koche Indomie-Nudeln
    für deinen Bruder."
  • 20:59 - 21:03
    Die Tochter kocht nicht gerne
    Indomie-Nudeln,
  • 21:03 - 21:06
    aber sie ist ein Mädchen und muss.
  • 21:06 - 21:09
    Was wäre, wenn die Eltern, von Anfang an,
  • 21:09 - 21:14
    ihnen beiden beigebracht hätten,
    Indomie-Nudeln zu kochen?
  • 21:14 - 21:17
    Kochen zu können ist übrigens
    eine sehr nützliche Fähigkeit für Jungs.
  • 21:17 - 21:20
    Ich dachte schon immer,
    es ergibt keinen Sinn,
  • 21:20 - 21:25
    etwas so Wesentliches wie die Fähigkeit,
    sich selbst zu ernähren,
  • 21:25 - 21:28
    in die Hände anderer legen sollte.
  • 21:28 - 21:31
    (Applaus)
  • 21:33 - 21:35
    Ich kenne eine Frau,
    die den gleichen Abschluss und Beruf
  • 21:35 - 21:36
    wie ihr Ehemann hat.
  • 21:36 - 21:39
    Wenn sie von der Arbeit kommen,
    macht sie die meisten Hausarbeiten,
  • 21:39 - 21:41
    wie in vielen Ehen, glaube ich.
  • 21:41 - 21:43
    Was mir aber aufgefallen ist:
  • 21:43 - 21:46
    Immer wenn der Mann
    die Windeln gewechselt hat,
  • 21:46 - 21:49
    bedankte sie sich bei ihm.
  • 21:49 - 21:53
    Was, wenn sie es als völlig normal
    ansehen würde,
  • 21:53 - 21:58
    dass er sich um sein Kind kümmern sollte?
  • 22:00 - 22:04
    Ich versuche, viele der Lektionen
    über Geschlechterrollen zu verlernen,
  • 22:04 - 22:06
    die ich verinnerlicht habe,
    als ich aufwuchs.
  • 22:06 - 22:09
    Aber manchmal fühle ich mich
    immer noch sehr verwundbar
  • 22:09 - 22:11
    angesichts der
    Geschlechterrollenerwartungen.
  • 22:11 - 22:14
    Als ich das erste Mal einen Schreibkurs
    an der Uni unterrichtete,
  • 22:14 - 22:16
    war ich besorgt,
  • 22:16 - 22:19
    nicht wegen dem Material;
    ich war gut vorbereitet,
  • 22:19 - 22:22
    und ich würde das unterrichten,
    was mir Spaß macht.
  • 22:22 - 22:25
    Stattdessen machte ich mir Sorgen
    darum, was ich anziehen sollte.
  • 22:25 - 22:28
    Ich wollte ernstgenommen werden.
  • 22:28 - 22:29
    Weil ich weiblich bin, wusste ich,
  • 22:29 - 22:34
    dass ich automatisch
    meinen Wert beweisen muss.
  • 22:34 - 22:36
    Wenn ich zu feminin aussah,
  • 22:36 - 22:38
    würde ich nicht ernstgenommen werden.
  • 22:38 - 22:42
    Ich wollte meinen glänzenden Lipgloss
    und meinen femininen Rock tragen,
  • 22:42 - 22:44
    aber ich entschied mich dagegen.
  • 22:44 - 22:46
    Stattdessen trug ich einen sehr ernsten,
  • 22:46 - 22:50
    sehr männlichen und sehr hässlichen Anzug.
  • 22:50 - 22:53
    Denn die traurige Wahrheit ist,
    dass wir beim Aussehen
  • 22:53 - 22:55
    den Mann als Standard betrachten,
  • 22:55 - 22:56
    als die Norm.
  • 22:56 - 22:59
    Wenn sich ein Mann
    für ein Geschäftstreffen fertig macht,
  • 22:59 - 23:01
    sorgt er sich nicht darum,
    zu männlich auszusehen
  • 23:01 - 23:03
    und deshalb nicht respektiert zu werden.
  • 23:03 - 23:06
    Wenn sich eine Frau
    für ein Geschäftstreffen fertig macht,
  • 23:06 - 23:09
    muss sie sich darum sorgen,
    nicht zu feminin auszusehen,
  • 23:09 - 23:14
    und ob sie ernst genommen wird oder nicht.
  • 23:14 - 23:18
    Ich wünschte, ich hätte an diesem Tag
    diesen hässlichen Anzug nicht getragen.
  • 23:18 - 23:21
    Ich habe ihn übrigens
    aus meinem Schrank verbannt.
  • 23:21 - 23:26
    Hätte ich damals mein
    selbstbewusstes Ich von heute gehabt,
  • 23:26 - 23:29
    hätten meine Schüler noch mehr
    von meinem Unterricht profitiert,
  • 23:29 - 23:31
    weil ich mich wohler gefühlt hätte,
  • 23:31 - 23:34
    vollständig und wahrhaftig ich selbst.
  • 23:34 - 23:40
    Ich habe beschlossen, meine Weiblichkeit
    nicht länger zu entschuldigen.
  • 23:40 - 23:44
    (Applaus)
  • 23:47 - 23:50
    Ich will mit all meiner Weiblichkeit
    respektiert werden,
  • 23:50 - 23:52
    denn das verdiene ich.
  • 23:52 - 23:56
    Das Gespräch über Geschlechterrollen
    ist nicht leicht.
  • 23:56 - 23:58
    Für Männer und Frauen
  • 23:58 - 24:00
    bringt die Erwähnung
    der Geschlechterrollen
  • 24:00 - 24:02
    fast sofortigen Widerstand mit sich.
  • 24:02 - 24:05
    Ich kann mir vorstellen,
    dass einige Leute hier denken:
  • 24:05 - 24:09
    "Frauen, sich selbst treu?"
  • 24:09 - 24:11
    Einige Männer hier denken vielleicht:
  • 24:11 - 24:12
    "Okay, ist ja ganz interessant,
  • 24:12 - 24:15
    aber so denke ich nicht."
  • 24:15 - 24:17
    Und das ist Teil des Problems.
  • 24:17 - 24:20
    Dass viele Männer nicht aktiv
    über Geschlechterrollen nachdenken
  • 24:20 - 24:21
    oder sie wahrnehmen,
  • 24:21 - 24:24
    ist Teil des Geschlechterrollenproblems.
  • 24:24 - 24:26
    Dass viele Männer
    wie mein Freund Louis sagen,
  • 24:26 - 24:29
    dass jetzt alles gut ist.
  • 24:29 - 24:32
    Und dass viele Männer
    nichts dafür tun, es zu ändern.
  • 24:32 - 24:35
    Wenn Sie ein Mann sind und mit einer Frau
    in ein Restaurant gehen,
  • 24:35 - 24:37
    und der Kellner nur Sie grüßt,
  • 24:37 - 24:40
    kommt es Ihnen in den Sinn,
    den Kellner zu fragen:
  • 24:40 - 24:42
    "Warum grüßen Sie sie nicht?"
  • 24:44 - 24:46
    Weil Geschlechterrollen ...
  • 24:46 - 24:49
    (Gelächter)
  • 24:56 - 25:00
    Wir lassen einen Teil
    der längeren Version dieser Rede ruhen.
  • 25:00 - 25:04
    Weil das Gespräch über Geschlechterrollen
    sehr unangenehm sein kann,
  • 25:04 - 25:07
    ist es auf vielerei Weise einfach,
    es zu beenden.
  • 25:07 - 25:10
    Einige Menschen ziehen
    evolutionäre Biologie heran,
  • 25:10 - 25:11
    und Affen,
  • 25:11 - 25:15
    wie weibliche Affen sich
    männlichen Affen unterwerfen
  • 25:15 - 25:17
    und so weiter.
  • 25:17 - 25:19
    Es geht aber darum,
    dass wir keine Affen sind.
  • 25:19 - 25:24
    (Gelächter) (Applaus)
  • 25:25 - 25:30
    Affen leben auch auf Bäumen
    und essen Erdwürmer zum Frühstück,
  • 25:30 - 25:32
    wir aber nicht.
  • 25:32 - 25:33
    Einige Leute sagen:
  • 25:33 - 25:37
    "Nun ja, armen Männern
    geht es auch schlecht."
  • 25:37 - 25:39
    Das stimmt.
  • 25:39 - 25:42
    Aber das ist nicht, worum es ...
    (Gelächter)
  • 25:42 - 25:46
    Darum geht es in dieser Diskussion nicht.
  • 25:46 - 25:50
    Geschlechterrollen und Klassen sind
    verschiedene Formen der Unterdrückung.
  • 25:50 - 25:53
    Ich habe einiges über Systeme
    der Unterdrückung gelernt,
  • 25:53 - 25:56
    wie sie sich gegenseitig
    nicht sehen können,
  • 25:56 - 25:58
    als ich mit schwarzen Männern
    geredet habe.
  • 25:58 - 26:02
    Ich habe einmal mit einem schwarzen Mann
    über Geschlechterrollen geredet
  • 26:02 - 26:03
    und er sagte mir:
  • 26:03 - 26:04
    "Warum musst du sagen,
  • 26:04 - 26:06
    'meine Erfahrung als Frau'?
  • 26:06 - 26:08
    Warum kann es nicht,
  • 26:08 - 26:11
    'meine Erfahrung als Mensch' sein?"
  • 26:11 - 26:12
    Das war derselbe Mann,
  • 26:12 - 26:16
    der oft über seine Erfahrung
    als schwarzer Mann redete.
  • 26:18 - 26:20
    Geschlechterrollen sind von Bedeutung.
  • 26:20 - 26:23
    Männer und Frauen
    erleben die Welt unterschiedlich.
  • 26:23 - 26:25
    Unsere Geschlechterrolle
    färbt unsere Erfahrungen.
  • 26:25 - 26:27
    Aber das können wir ändern.
  • 26:27 - 26:29
    Einige Leute sagen:
  • 26:29 - 26:32
    "Aber Frauen haben die echte Macht,
  • 26:32 - 26:34
    die Macht von unten."
  • 26:34 - 26:37
    Für Nicht-Nigerianer:
    Die Macht von unten ist ein Ausdruck,
  • 26:37 - 26:38
    der soviel bedeutet wie eine Frau,
  • 26:38 - 26:42
    die ihre Sexualität einsetzt,
    um dem Mann Gefälligkeiten zu entlocken.
  • 26:42 - 26:46
    Aber Macht von unten
    ist überhaupt keine Macht.
  • 26:47 - 26:50
    Macht von unten heißt, dass eine Frau
  • 26:50 - 26:53
    nur eine Wurzel hat, die sie
    von Zeit zu Zeit anzapfen kann,
  • 26:53 - 26:55
    die Macht eines Anderen.
  • 26:55 - 26:57
    Dann müssen wir uns natürlich fragen,
  • 26:57 - 26:59
    was passiert, wenn dieser Andere
  • 26:59 - 27:00
    schlechte Laune hat,
  • 27:00 - 27:04
    oder krank ist, oder impotent.
  • 27:04 - 27:08
    (Gelächter)
  • 27:08 - 27:14
    Einige Leute sagen, dass einem dem Mann
    untergeordnete Frau unsere Kultur ist.
  • 27:14 - 27:16
    Aber Kultur verändert sich ständig.
  • 27:16 - 27:18
    Ich habe wunderschöne Zwillingsnichten.
  • 27:18 - 27:20
    Sie sind 15 und leben in Lagos.
  • 27:20 - 27:23
    Wären sie vor 100 Jahren geboren,
  • 27:23 - 27:25
    hätte man sie weggebracht und ermordet.
  • 27:25 - 27:29
    Weil es unsere Kultur war,
    Zwillinge zu töten.
  • 27:30 - 27:33
    Worum geht es also bei Kultur?
  • 27:33 - 27:34
    Es gibt die dekorative Kultur,
  • 27:34 - 27:36
    das Tanzen,
  • 27:36 - 27:37
    aber bei Kultur geht es eigentlich
  • 27:37 - 27:40
    um die Erhaltung
    und Fortbestand eines Volkes.
  • 27:40 - 27:43
    In meiner Familie bin ich das Kind,
    das sich am meisten
  • 27:43 - 27:45
    für unsere Geschichte interessiert,
  • 27:45 - 27:46
    für unsere Tradition,
  • 27:46 - 27:49
    für das Wissen über unser Ahnenland.
  • 27:49 - 27:51
    Meine Brüder sind nicht
    so interessiert wie ich.
  • 27:51 - 27:53
    Aber ich kann nicht teilnehmen.
  • 27:53 - 27:55
    Ich kann nicht zu den Treffen gehen.
  • 27:55 - 27:57
    Ich kann nicht mitreden.
  • 27:57 - 27:59
    Weil ich weiblich bin.
  • 27:59 - 28:01
    Kultur macht keine Menschen,
  • 28:01 - 28:05
    Menschen machen Kultur.
  • 28:05 - 28:10
    (Applaus)
  • 28:10 - 28:13
    Wenn es also tatsächlich stimmt,
    dass die Menschlichkeit der Frauen
  • 28:13 - 28:18
    nicht unsere Kultur ist, dann müssen wir
    das zu unserer Kultur machen.
  • 28:18 - 28:22
    Ich denke sehr oft an meinen
    teuren Freund Okulama.
  • 28:22 - 28:27
    Mögen er und all die anderen Opfer
    des Sosoliso-Absturzes
  • 28:27 - 28:29
    weiterhin in Frieden ruhen.
  • 28:29 - 28:34
    Er wird immer von denen
    erinnert werden, die ihn geliebt haben.
  • 28:34 - 28:37
    An jenem Tag vor vielen Jahren
    hatte er Recht,
  • 28:37 - 28:38
    mich eine Feministin zu nennen.
  • 28:38 - 28:40
    Ich bin eine Feministin.
  • 28:40 - 28:43
    Als ich das Wort an jenem Tag
    im Wörterbuch nachgeschlagen habe,
  • 28:43 - 28:44
    las ich das:
  • 28:44 - 28:45
    "Feminist/in,
  • 28:45 - 28:47
    eine Person,
    die an die soziale, politische
  • 28:47 - 28:52
    und wirtschaftliche Gleichheit
    der Geschlechter glaubt."
  • 28:52 - 28:53
    Meine Urgroßmutter war
  • 28:53 - 28:54
    laut der Erzählungen über sie
  • 28:54 - 28:56
    eine Feministin.
  • 28:56 - 29:00
    Sie lief aus dem Haus des Mannes fort,
    den sie nicht heiraten wollte,
  • 29:00 - 29:02
    und heiratete schließlich
    den Mann ihrer Wahl.
  • 29:02 - 29:05
    Sie weigerte sich, protestierte,
    sagte ihre Meinung,
  • 29:05 - 29:11
    wann immer sie das Gefühl hatte,
    dass sie eines Zugangs beraubt wurde.
  • 29:11 - 29:14
    Meine Urgroßmutter kannte
    das Wort "Feministin" nicht,
  • 29:14 - 29:17
    aber das bedeutet nicht,
    dass sie es nicht war.
  • 29:17 - 29:20
    Wir sollten dieses Wort zurückholen.
  • 29:21 - 29:24
    Meine eigene Definition lautet:
  • 29:24 - 29:28
    Feministen sind Männer
    oder Frauen, die sagen ...
  • 29:28 - 29:32
    (Gelächter) (Applaus)
  • 29:38 - 29:41
    Feministen sind Männer
    oder Frauen, die sagen:
  • 29:41 - 29:44
    "Ja, es gibt ein Problem
    mit den Geschlechterrollen heute,
  • 29:44 - 29:46
    und wir müssen es beheben.
  • 29:46 - 29:49
    Wir müssen es besser machen."
  • 29:49 - 29:51
    Der beste Feminist, den ich kenne,
  • 29:51 - 29:54
    ist mein Bruder Kenny.
  • 29:54 - 29:58
    Er ist ein gütiger, gutaussehender,
    liebenswerter Mann
  • 29:58 - 30:01
    und er ist sehr männlich.
  • 30:01 - 30:01
    Danke.
  • 30:01 - 30:07
    (Applaus)
Title:
Wir sollten alle Feministen sein | Chimamanda Ngozi Adichie | TEDxEuston
Description:

Dieser Vortrag wurde bei einem TEDx-Event gehalten, der dem Format für TED-Konferenzen entspricht, aber eigenständig von einem lokalen Veranstalter organisiert wurde. Erfahren Sie mehr unter http://ted.com/tedx.
In diesem humorvollen, aufrichtigen Vortrag hinterfragt Chimamanda Ngozi Adichie die Geschlechterrollen und schlägt vor, anders über sie zu denken – auf eine Weise, die wirklich Gleichberechtigung bringt.

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Video Language:
English
Team:
closed TED
Project:
TEDxTalks
Duration:
30:17

German subtitles

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