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Was wir über das Coronavirus wissen (und nicht wissen)

  • 0:00 - 0:03
    [Zum Zeitpunkt des 27. Februars 2020
    gab es weltweit mindestens
  • 0:03 - 0:06
    82.000 bestätigte Coronavirusfälle
    sowie 2.810 Todesfälle.
  • 0:06 - 0:08
    Zu Gast bei TED ist Dr. David Heymann,
  • 0:08 - 0:11
    um über die jüngsten Erkenntnisse
    des Ausbruchs zu berichten.]
  • 0:11 - 0:14
    [Wie verläuft eine Ansteckung
    mit dem Coronavirus?]
  • 0:14 - 0:16
    In den meisten Leuten verhält sie sich
  • 0:16 - 0:18
    wie eine sehr milde Erkrankung,
    wie eine Erkältung.
  • 0:18 - 0:21
    Manche Personen erkranken jedoch schwer,
  • 0:21 - 0:24
    unter ihnen auch
    Beschäftigte des Gesundheitswesens.
  • 0:24 - 0:26
    Sie entwickeln eine schwere Infektion,
  • 0:26 - 0:28
    da sie im Vergleich zu anderen Menschen
  • 0:28 - 0:30
    einer höheren Dosis ausgesetzt sind
  • 0:30 - 0:32
    und gleichzeitig keine Immunität besitzen.
  • 0:32 - 0:35
    In der Allgemeinbevölkerung
  • 0:35 - 0:39
    ist die Virusdosis bei einer Ansteckung
    höchstwahrscheinlich viel geringer
  • 0:39 - 0:42
    als für das Gesundheitspersonal,
  • 0:42 - 0:45
    das ernstere Infektionen entwickelt.
  • 0:45 - 0:48
    Ihre Infektion würde also hoffentlich
    eher harmlos verlaufen.
  • 0:48 - 0:50
    Das bedeutet,
    dass sichergestellt werden muss,
  • 0:50 - 0:54
    dass vor allem ältere Menschen
    und Menschen mit Begleiterkrankungen
  • 0:54 - 0:56
    eine Krankenhausversorgung erhalten.
  • 0:56 - 1:00
    [Welche Menschen
    sind besonders davon betroffen?]
  • 1:00 - 1:03
    Besonders betroffen sind in erster Linie
  • 1:03 - 1:05
    Menschen in Entwicklungsländern,
  • 1:05 - 1:09
    die keinen Zugang
    zu guter medizinischer Versorgung
  • 1:09 - 1:12
    oder sogar gar keinen Zugang
    zu einem Krankenhaus haben,
  • 1:12 - 1:14
    falls eine Epidemie
    in ihrem Land auftritt.
  • 1:14 - 1:16
    Diese Menschen sind besonders gefährdet,
  • 1:16 - 1:18
    vor allem die älteren Menschen.
  • 1:18 - 1:21
    Ältere Menschen sind
    in allen Bevölkerungsgruppen gefährdet,
  • 1:21 - 1:23
    insbesondere wenn sie keinen Zugang
    zu Sauerstoff haben.
  • 1:23 - 1:26
    In den Industrieländern
    besteht das größte Risiko
  • 1:26 - 1:28
    für sehr alte Menschen,
    die an Vorerkrankungen leiden
  • 1:28 - 1:31
    oder die Diabetes
    oder sonstige Krankheiten haben.
  • 1:31 - 1:34
    Für die Allgemeinbevölkerung
    ist das Risiko jedoch eher gering.
  • 1:34 - 1:37
    [Welche Vorerkrankungen
    erhöhen das Risiko?]
  • 1:37 - 1:43
    Besonders von Bedeutung
    sind vorhandene Vorerkrankungen der Lunge.
  • 1:43 - 1:46
    Grundsätzlich besteht ein höheres Risiko
    für ältere Menschen,
  • 1:46 - 1:49
    besonders für Menschen über 70,
    weil ihre Immunabwehr
  • 1:49 - 1:52
    im Vergleich zu früher
    weniger effizient ist
  • 1:52 - 1:55
    und sie deshalb empfänglicher
    für Infektionen sind.
  • 1:55 - 1:59
    Zudem gibt es bei einigen Fällen in China
  • 1:59 - 2:02
    eine Koinfektion mit Influenza
  • 2:02 - 2:07
    und es kommen auch Lungenentzündungen
    mit bakteriellen Superinfektionen vor.
  • 2:08 - 2:10
    [Wo findet man aktuelle Informationen?]
  • 2:10 - 2:13
    Das Zentrum für Seuchenkontrolle
    in Atlanta
  • 2:13 - 2:15
    verfolgt die Ereignisse
    und liefert regelmäßig
  • 2:15 - 2:18
    aktualisierte Informationen
    auf seiner Internetseite.
  • 2:18 - 2:20
    Die Weltgesundheitsorganisation in Genf
  • 2:20 - 2:23
    koordiniert viele
    der internationalen Aktivitäten
  • 2:23 - 2:26
    und informiert auf ihrer Website täglich
    über den neuesten Stand.
  • 2:26 - 2:30
    Es liegt in unser aller Verantwortung,
    uns diese Informationen zu beschaffen,
  • 2:30 - 2:31
    sodass wir die Lage verstehen
  • 2:31 - 2:33
    und auf unsere Weise
    dazu beitragen können,
  • 2:33 - 2:36
    eine weitreichende Ausbreitung
    zu verhindern.
  • 2:36 - 2:39
    [Sie haben 2003 die globale Antwort
    auf den SARS Ausbruch geleitet.]
  • 2:39 - 2:41
    [Inwiefern ist der aktuelle Ausbruch
    vergleichbar?]
  • 2:41 - 2:44
    Das Problem mit allen
    neu auftretenden Infektionen ist,
  • 2:44 - 2:46
    dass die Menschen
  • 2:46 - 2:48
    diesem Virus nie zuvor ausgesetzt waren.
  • 2:48 - 2:51
    Sie besitzen keinen Antikörperschutz
  • 2:51 - 2:52
    und es ist unklar,
  • 2:52 - 2:55
    ob ihr Immunsystem mit dem Virus
    klarkommen wird oder nicht.
  • 2:55 - 2:59
    Das Virus kommt normalerweise
    in Fledermäusen oder anderen Tieren vor
  • 2:59 - 3:02
    und plötzlich geht es auf Menschen über.
  • 3:02 - 3:05
    Und Menschen haben schlicht und einfach
    keine Erfahrung mit diesem Virus.
  • 3:05 - 3:07
    Aber nach und nach beginnen wir,
  • 3:07 - 3:09
    mehr darüber zu erfahren,
    ebenso wie damals über SARS.
  • 3:09 - 3:14
    Im Vergleich zu SARS gibt es
    eindeutig mehr Todesfälle,
  • 3:14 - 3:19
    teilt man diese Zahl jedoch
    durch die Zahl an infizierten Personen,
  • 3:19 - 3:23
    und die Zahl an Infektionen
    ist viel höher als bei SARS.
  • 3:23 - 3:24
    Die Todesfallrate,
  • 3:24 - 3:29
    also die Zahl der Todesfälle
    im Vergleich zur Zahl der Erkrankten
  • 3:29 - 3:31
    lag für SARS bei etwa 10 %.
  • 3:31 - 3:33
    Bei dem aktuellen Coronavirus, COVID-19,
  • 3:33 - 3:36
    liegt die Todesfallrate
    jedoch bei 2 % oder weniger.
  • 3:36 - 3:39
    Es handelt sich somit
    um ein deutlich weniger virulentes Virus,
  • 3:39 - 3:42
    das nichtsdestoweniger Todesopfer fordert
  • 3:42 - 3:45
    und so etwas wollen wir nicht
    in der menschlichen Population haben.
  • 3:45 - 3:49
    [Ist die Reaktion an unseren Grenzen,
    wie z.B. an Flughäfen, angemessen?]
  • 3:49 - 3:52
    Es ist offensichtlich,
    dass Flughäfen oder jegliche Landgrenzen
  • 3:52 - 3:55
    das Eintreten einer Krankheit
    nicht verhindern können.
  • 3:55 - 3:57
    Menschen in der Inkubationsphase
  • 3:57 - 4:00
    können diese Grenzen überschreiten
    und in Länder einreisen
  • 4:00 - 4:03
    und dann bei Ausbruch der Krankheit
    andere Menschen anstecken.
  • 4:03 - 4:08
    Man kann also nicht verhindern,
    dass eine Krankheit in ein Land gelangt
  • 4:08 - 4:10
    durch Temperaturkontrollen
    an den Grenzübergängen.
  • 4:10 - 4:12
    Grenzen sind jedoch wichtig,
  • 4:12 - 4:17
    weil man die aus potenziellen
    Risiko- und Infektionsgebieten
  • 4:17 - 4:20
    anreisenden Menschen aufklären kann,
  • 4:20 - 4:23
    entweder durch ausgedruckte Informationen
    oder durch mündliche Aufklärung
  • 4:23 - 4:26
    über die typischen Anzeichen
    und Symptome der Infektion
  • 4:26 - 4:30
    und wie sie sich bei Verdacht
    einer Infektion verhalten sollen.
  • 4:30 - 4:33
    [Ab wann kann man
    mit einem Impfstoff rechnen?]
  • 4:33 - 4:34
    Es wird derzeit intensiv
  • 4:34 - 4:37
    an der Entwicklung
    eines Impfstoffes geforscht.
  • 4:37 - 4:41
    Zuerst muss der Impfstoff
    entwickelt werden,
  • 4:41 - 4:45
    dann in Versuchstieren auf Sicherheit
    und Wirksamkeit geprüft werden,
  • 4:45 - 4:49
    indem diese geimpft
    und dann mit dem Virus infiziert werden,
  • 4:49 - 4:51
    und schließlich in Humanstudien
    getestet werden.
  • 4:51 - 4:53
    Die Tierversuche haben
    noch nicht begonnen,
  • 4:53 - 4:56
    werden aber bald
    für einige Impfstoffe starten.
  • 4:56 - 4:58
    Und es wird vermutlich
    bis zum Ende des Jahres
  • 4:58 - 5:00
    oder bis Anfang nächsten Jahres
  • 5:00 - 5:02
    einige Impfstoffkanditaten geben,
  • 5:02 - 5:07
    die dann von den Zulassungsbehörden
    auf Zulassung geprüft werden.
  • 5:07 - 5:11
    Es wird also mindestens ein Jahr dauern,
    bevor ein Impfstoff verfügbar sein wird,
  • 5:11 - 5:14
    der in vielen Populationen
    eingesetzt werden kann.
  • 5:14 - 5:17
    [Welche Unklarheiten gibt es noch
    in Bezug auf den Ausbruch?]
  • 5:17 - 5:19
    Wir kennen die Übertragungswege,
  • 5:19 - 5:22
    wissen aber nicht, wie leicht es sich
    von Mensch zu Mensch
  • 5:22 - 5:26
    in Gemeinschaften
    oder in offenen Bereichen überträgt.
  • 5:26 - 5:29
    Wir wissen zum Beispiel, dass es sich
    in der geschlossenen Umgebung
  • 5:29 - 5:32
    eines Kreuzfahrtschiffs
    sehr leicht ausbreitet.
  • 5:32 - 5:33
    Wir müssen besser verstehen,
  • 5:33 - 5:37
    wie es sich in offeneren Umgebungen
    ausbreiten wird,
  • 5:37 - 5:41
    in denen Menschen Kontakt
    zu womöglich erkrankten Personen haben.
  • 5:41 - 5:44
    [Wie kann die globale Antwort
    verbessert werden?]
  • 5:44 - 5:47
    Ein Hautproblem der heutigen Zeit ist,
  • 5:47 - 5:50
    dass Krankheitsausbrüche
    in Entwicklungsländern
  • 5:50 - 5:53
    als etwas angesehen werden,
    das vor Ort bekämpft werden muss.
  • 5:53 - 5:55
    Bei einem Ausbruch an Ebola überlegen wir:
  • 5:55 - 5:58
    "Wie können wir
    den Ausbruch vor Ort aufhalten?"
  • 5:58 - 6:01
    Wir überlegen aber nicht:
    "Wie können wir diesem Land helfen,
  • 6:01 - 6:03
    seine Kapazitäten auszubauen,
  • 6:03 - 6:07
    sodass es Infektionen nachweisen
    und darauf reagieren kann?"
  • 6:07 - 6:09
    Es wurde also bislang
    nicht genug darin investiert,
  • 6:09 - 6:11
    Ländern dabei zu helfen,
  • 6:11 - 6:14
    die Kernkapazität
    ihres Gesundheitswesens zu verbessern.
  • 6:14 - 6:17
    Es wurde bereits viel
    in globale Strategien investiert,
  • 6:17 - 6:19
    die anderen Ländern
    Unterstützung bieten können,
  • 6:19 - 6:22
    um vor Ort und Stelle
    einen Ausbruch zu verhindern.
  • 6:22 - 6:25
    Aber wir brauchen eine Welt,
    in der jedes Land in der Lage ist,
  • 6:25 - 6:27
    seine Ausbrüche bestmöglich
    selbst zu bekämpfen.
  • 6:27 - 6:31
    [Wird es in Zukunft einen Anstieg
    an neuen Krankheitsausbrüchen geben?]
  • 6:31 - 6:33
    Es gibt heutzutage weltweit
    über 7 Milliarden Menschen.
  • 6:33 - 6:35
    Diese Menschen brauchen mehr Essen,
  • 6:35 - 6:37
    sie brauchen eine ganze Reihe an Dingen
  • 6:37 - 6:39
    und sie leben auf engerem Raum zusammen.
  • 6:39 - 6:43
    Wir leben in einer urbanen Welt
    und die Menschen in städtischen Gebieten.
  • 6:43 - 6:49
    Gleichzeitig werden mehr Tiere
    für unsere Nahrungsversorgung gezüchtet.
  • 6:50 - 6:53
    Es gibt also
    eine immer größere Schnittfläche
  • 6:53 - 6:56
    und engere Interaktion
    zwischen Menschen und Tieren.
  • 6:56 - 7:00
    Die intensive landwirtschaftliche
    Haltung von Tieren
  • 7:00 - 7:02
    sowie der starke Anstieg
    der menschlichen Bevölkerung,
  • 7:02 - 7:05
    die alle auf dem gleichen Planeten leben,
  • 7:05 - 7:07
    ist im wahrsten Sinne ein Sammelbecken,
  • 7:07 - 7:10
    in dem Ausbrüche vorkommen können
    und vorkommen werden.
  • 7:10 - 7:14
    Früher oder später wird es immer mehr
    dieser Krankheitsausbrüche geben.
  • 7:14 - 7:18
    Eine heutzutage auftretende Infektion
    ist also nur eine Warnung für die Zukunft.
  • 7:18 - 7:23
    Eine technische Zusammenarbeit
    muss weltweit sichergestellt werden,
  • 7:23 - 7:28
    um beim Auftreten solcher Ausbrüche
    dafür zu sorgen, dass wir sie verstehen
  • 7:28 - 7:31
    und rasch die nötigen Informationen
    beschaffen können,
  • 7:31 - 7:32
    um sie zu kontrollieren.
  • 7:32 - 7:34
    [Liegt das Schlimmste hinter uns?]
  • 7:34 - 7:36
    Das kann ich nicht sicher vorhersagen.
  • 7:36 - 7:39
    Alles, was ich sagen kann,
    ist, dass wir alle
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    auf den schlimmsten Fall
    vorbereitet sein müssen.
  • 7:41 - 7:43
    Gleichzeitig müssen wir lernen,
  • 7:43 - 7:46
    wie wir uns selbst
    und andere schützen können,
  • 7:46 - 7:49
    falls wir ein Teil dieser Epidemie werden.
  • 7:49 - 7:50
    [Erfahren Sie mehr unter:
  • 7:50 - 7:52
    Zentren für Seuchenkontrolle
    und -prävention
  • 7:52 - 7:54
    Weltgesundheitsorganisation]
Title:
Was wir über das Coronavirus wissen (und nicht wissen)
Speaker:
David Heymann
Description:

Was passiert bei einer Ansteckung mit dem Coronavirus? Für wen besteht das größte Risiko? Wie kann man sich schützen? Der Gesundheitsexperte David Heymann, der 2004 die globale Antwort auf den SARS Ausbruch geleitet hat, berichtet über die neuesten Erkenntnisse zu COVID-19 und was die Zukunft uns bringen mag.

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Video Language:
English
Team:
closed TED
Project:
TEDTalks
Duration:
08:06

German subtitles

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