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36C3 Vorspannmusik
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Herald: „Wenn das was die taz da schreibt,
stimmt, dann ist es wirklich schlimm!"
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Diesen Satz hat eine Journalistin
zu mir gesagt, als wir uns
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über den Fall Hannibal vor einiger Zeit
unterhalten haben.
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Und gemeint ist damit
eine Recherche, die zahlreiche
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Journalisten durchgeführt haben, unter
anderem ein Recherche-Team der taz, die
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zwei Jahre lang an diesem Fall gesessen
haben und etwas aufgedeckt haben, das so
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ungeheuerlich war, dass es zuerst kaum
jemand glauben wollte. Worum ging es? Es
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ging unter anderem um einen SEK-Beamten,
der 60.000 Schuss Munition geklaut hat und
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im Garten vergraben hat, um sich auf einen
ominösen Tag X vorzubereiten. Es ging um
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Soldaten, die Todeslisten erstellt haben,
auf denen dann Journalisten und Politiker
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standen, und es ging um einen
gemeinnützigen Verein, der
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paramilitärische Trainings für Mitglieder
einer geheimen Chat-Gruppe organisiert
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hat. Das klingt alles wie ein richtig
schlechter Thriller aus der
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Bahnhofsbuchhandlung, ist aber tatsächlich
Realität. Das ist Deutschland im Jahr
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2019. Die beiden nächsten Referenten sind
Teil des taz-Teams, die diesen ganzen
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Vorfall … oder diese ganzen Strukturen
zwei Jahre lang intensiv recherchiert
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haben und dafür vollkommen zurecht mit
zahlreichen Preisen überhäuft wurden.
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Bitte begrüsst gemeinsam mit mir ganz
herzlich Sebastian Erb und Daniel Schulz,
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die euch jetzt etwas erzählen werden über
die Affäre Hannibal.
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Applaus
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Sebastian: Hallo, guten Tag! Wir freuen
uns, in so einem großen Saal
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… oder Halle sprechen zu können.
Daniel: Stadion.
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S: Wir, das sind Daniel Schulz hier zu
meiner Rechten
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D: und Sebastian Erb. Unser Vortrag hat
den Titel „Die Affäre Hannibal“. Wir
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sprechen, wie gesagt, über ein Netzwerk
von Soldaten, Polizisten und anderen
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Behörden, Mitarbeitern, die rechtsextrem
sind, und mit diesem Netzwerk haben wir
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die vergangenen zwei Jahre verbracht
darüber was herauszufinden. Inzwischen ist
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der Hashtag, den wir diesem Netzwerk
gegeben haben, nämlich Hannibal, so'n
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bisschen zu 'ner Art Chiffre geworden für
alles, was schiefläuft in den sogenannten
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Sicherheitsbehörden.
S: Moment! Rechtes Netzwerk in der
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Bundeswehr? War da was? Fragen wir doch
mal diesen Herrn.
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Christoph Gramm: Insbesondere haben wir
bislang
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keine extremistischen Netzwerke entdeckt.
Politisch motivierte Gewaltbereitschaft
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spielt in der Bundeswehr derzeit keine
Rolle.
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S: Das ist Christoph Gramm. Er ist
Präsident des Bundesamtes für den
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Militärischen Abschirmdienst, auch bekannt
als MAD, das ist der Geheimdienst der
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Bundeswehr. Und er hat das gesagt im
November 2018, am 16. November 2018. Das
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war bei der Anhörung der Chefs der
Nachrichtendienste im Bundestag im
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Parlamentarischen Kontrollgremium, das
normalerweise streng geheim tagt, aber
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eben einmal im Jahr das auch öffentlich
macht und da hat sich eben der MAD-Chef
-
geäußert.
D: Der Zeitpunkt ist insofern interessant,
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weil er zwischen zwei Veröffentlichungen
liegt. Einmal hat der Focus, einmal hat
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die taz zu diesem Zeitpunkt einen Text
über eben jenes Netzwerk gebracht – noch
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in einem sehr frühen Stadium. Und der
Der Focus und die taz bilden,
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man mag es nicht glauben,
keinen Rechercheverbund, natürlich.
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Sondern wir haben unabhängig
voneinander recherchiert.
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Und wir fragen heute in dem
Vortrag: Was ist seitdem passiert? Was hat
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sich geändert und was würde oder wird Herr
Gramm eigentlich heute zu diesem Thema
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sagen?
S: Das Netzwerk, über das wir sprechen,
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eben dann Hannibals Schattennetzwerk, ein
geheimes Netzwerk von Männern, die sich
-
verbunden haben, einerseits in
Chatgruppen, aber auch sozusagen außerhalb
-
des Internet. Und das sind Männer, die den
Staat eigentlich schützen sollten, die ihm
-
aber misstrauen oder gar, ja, in Gefahr
bringen. Im Zentrum des Netzwerks steht
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ein Mann. Er heißt Andre S. Anfang 30 ist
er, Soldat der Bundeswehr im Rang eines
-
Hauptfeldwebels. Er ist nicht irgendein
Soldat sondern Elitesoldat des Kommando
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Spezialkräfte der Bundeswehr. Das ist die
Einheit für die härtesten Einsätze, wenn's
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um Geiselbefreiung im Ausland geht von
deutschen Staatsbürgern oder auch
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Terroristenjagd in Afghanistan. Das KSK
ist geheim unterwegs, selbst der Bundestag
-
erfährt erst im Nachhinein, ob's überhaupt
irgendwelche Einsätze gab. Sie machen aber
-
auch Imagewerbung auf YouTube oder Alexa.
Andre S. nennt sich mit seinem Spitznamen
-
Hannibal. Und zwar das hat nichts mit
Elefanten zu tun, sondern es geht um
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Hannibal, aus dem A-Team.
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John "Hannibal" Smith: Hehehehe
Templeton "Faceman" Peck: Was steht
-
denn drauf?
"Hannibal": Was draufsteht? Ich liebe es,
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wenn ein Plan funktioniert.
A-Team Thema
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D: Hannibal vernetzt sich
in verschiedenen Chats mit anderen
-
Gleichgesinnten, sogenannten Preppern.
Da redet man dann darüber,
-
Safehäuser anzulegen, Lebensmittel zu
horten oder auch Fluchtrouten
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für den Fall einer Katastrophe
auszukundschaften. Diese Katastrophe
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ist der ominöse Tag X. Tag X kann
vieles sein: von einer Naturkatastrophe
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über eine russische Invasion bis hin zu
der rassistischen Vision, dass uns
-
sozusagen Migranten alle überrennen werden
eines Tages. Und für diesen Fall, finden
-
einige radikalisierte Mitglieder, sei es
auch okay, Waffen zu horten und vielleicht
-
auch politische Gegner umzubringen und
dafür Feindeslisten anzulegen.
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S: Hannibal hat auch einen Verein
gegründet. Der heißt Uniter e.V. mit Sitz
-
in Stuttgart. Eine NGO, wie sie sich
selbst bezeichnet. Ein Berufsnetzwerk von
-
aktiven und ehemaligen Spezialkräften,
unter anderem aus der Bundeswehr und auch
-
der Polizei. Das ist die offizielle
Darstellung. Hinter den Kulissen sieht es
-
ein bisschen anders aus, wie wir
herausfinden konnten. Dort heißt es dann
-
nämlich von Aussteigern, der Verein sei
organisiert wie eine Sekte. Und in diesem
-
Verein hat der Bundeswehrsoldat Hannibal
Zivilisten trainiert in Militärtaktik und
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es wurde … oder wird … es wurde zumindest
gearbeitet an einem Aufbau einer
-
bewaffneten Einheit, der sogenannten
Defence. Der Verein hat auch wenig
-
Berührungsängste mit fragwürdigen
Akteuren. So wollte er zum Beispiel mit
-
dem Präsidenten Duterte in den Philippinen
kooperieren. Das ist, viele werden es
-
wissen, der Autokrat, der unter anderem
dafür bekannt wurde, dass er vermeintliche
-
Drogenkriminelle ohne Prozess hinrichten
lässt.
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D: Der Verein Uniter an sich ist nicht per
se rechtsextrem, aber Rechtsextreme fühlen
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sich dort sehr wohl. So könnte man es
rechtlich vielleicht ausdrücken …rechtlich
-
abgesichert. Da ist zum Beispiel Franco A.
unterwegs gewesen. Das ist der
-
Bundeswehrsoldat, der sich als syrischer
Flüchtling ausgegeben hat und der
-
Anschläge geplant haben soll. Der steht
deswegen auch bald vor Gericht. Im
-
Hannibal-Komplex, im Hannibal Netzwerk
auch unterwegs die Leute aus der
-
sogenannten Nordkreuz-Gruppe. Mindestens
zwei von denen gelten dem
-
Generalbundesanwalt als verdächtig rechts-
terroristische Straftaten geplant zu
-
haben. Der Gründer und Administrator des
Nordkreuz-Netzwerkes, Marco G. ist gerade
-
vom Landgericht Schwerin verurteilt worden
wegen illegalen Waffen- und
-
Munitionsbesitzes.
S: Wichtig an dieser Stelle ist: Wenn wir
-
hier die männliche Form benutzen und von
Männern reden – das ist kein generisches
-
Maskulinum. Sondern es gibt in diesem
Netzwerk, soweit wir es herausfinden
-
konnten, so gut wie keine Frauen. Und
wenn, dann sind das irgendwie die
-
Ehefrauen von manchen oder so. Also die
spielen da wirklich keine Rolle. Das ist
-
ein elitärer Männerbund, den wir uns hier
anschauen. Wir haben hier mal leicht
-
vereinfacht das Netzwerk skizziert so wie
wir es recherchieren konnten. Man sieht,
-
dass im Zentrum oben Hannibal steht, der
verschiedene Sachen gegründet hat: einmal
-
diese Prepper-Chats. Die waren aufgeteilt
nach den Himmelsrichtungen. Im Süden war
-
Franco A. unterwegs. Dann im Norden die
Männer von Nordkreuz, gegen die auch
-
ermittelt wird. Im Westen, Osten, gab's
auch. Auch Österreich und die Schweiz und
-
verschiedene andere Gruppen. Er hat eben
auch den Verein gegründet, Uniter e.V., wo
-
verschiedene Leute drin waren. Und wir
haben manche Sachen hier auch weggelassen.
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Zum Beispiel wer alles von denen
Freimaurer ist.
-
Die spielen da auch eine Rolle,
dass da viele Freimaurer sind. Und
-
manche Polizisten, Soldaten sind in einen
Lazarus-Orden feierlich eingetreten.
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Solche Dinge sehen wir da auch.
Wichtig ist, dass das Netzwerk
-
keine feste Organisationsstruktur
hat. Also es ist nicht so, dass von oben
-
jemand sagt, was gemacht wird, sondern das
sind Verbindungen, die mal enger sind, mal
-
loser, manche inzwischen wieder gekappt,
die sich auch ändern und einer, der jetzt
-
hier irgendwie links unten im Netzwerk
ist, der muss gar nicht unbedingt wissen,
-
was die anderen rechts oben so machen. Und
das ist nicht unbedingt nur Zufall,
-
sondern teilweise auch so gewollt, dass
die Leute sich auch gar nicht mit echtem
-
Namen vielleicht kennen, sondern dass sie,
sozusagen in den einzelnen Gruppen dann
-
irgendwo unterwegs sind und vielleicht die
anderen nur per Nickname kennen. Wir
-
werden jetzt bisschen berichten, wie wir
überhaupt dazu gekommen sind zu dem Thema
-
zu recherchieren und wie wir das gemacht
haben und dann ganz am Ende dann auch
-
gerne Fragen beantworten. Also wie hat das
angefangen? Wie kamen wir zu Hannibal oder
-
Hannibal zu uns? Wie war das?
D: Ganz am Anfang stand eine Meldung wie
-
diese, wahrscheinlich genau die, von der
dpa. Also das war irgendwie
-
klar, in Mecklenburg-Vorpommern wird wegen
Terrorverdacht untersucht und unsere
-
Reporterin Kristina Schmidt ist dann da
hingefahren. Damals war von Hannibal
-
natürlich noch nicht die Rede. Wir kannten
diesen Decknamen noch nicht, aber es gab
-
eine Besonderheit: und zwar hat der
Generalbundesanwalt nicht Polizeikräfte
-
aus Mecklenburg-Vorpommern hinzugezogen.
Die wurden bewusst ausgeschlossen. Das
-
liegt unter anderem daran, dass es zwei
Verdächtige gab. Einer von denen war
-
Kriminalpolizist. Auch unter den Zeugen
waren Polizisten und Leute, die mit dem
-
Militär zu tun hatten. Und deswegen
wurden die nicht mit hinzugezogen.
-
Wir haben uns natürlich zu
diesem Zeitpunkt gefragt … also es war
-
dann klar, oder relativ bald klar:
Die Leute sind im Netzwerk unterwegs.
-
Es hat so 30 – manchmal hat man
auch 40 – Mitglieder oder Leute, die damit
-
zu tun haben. Wir haben uns damals
gefragt: auch als Journalisten wollten wir
-
aus dem NSU-Debakel lernen, was auch ein
journalistisches Versagen teilweise war:
-
Ist es ein neuer NSU? Das haben nicht nur
wir uns gefragt. Das haben sich auch
-
andere gefragt und in dieser Stimmung
entschied sich dann – das wissen wir
-
heute, dass das eine strategische
Entscheidung war – einer der Leute,
-
nämlich der führende Kopf dieses Netzwerks
im Norden, ein Interview im Panorama zu
-
geben.
Marko G.: Der Grund der Gruppe ist im
-
Grunde nur … nur eine, wie soll ich das
nennen, neumodern nennt man das die
-
Prepper-Szene, wenn Ihnen das 'was sagt:
Prepper, vorbereiten. Das sind so Leute,
-
die sich auf 'ne Krise, auf 'ne
Umweltkatastrophe, auf irgendwelche
-
Engpässe in der Versorgung und dergleichen
versuchen im Rahmen ihrer Möglichkeiten
-
vorzubereiten. Es ging los eben mit
Nahrungsmittelvorräten,
-
Wasseraufbereitung, Energieversorgung.
Einige haben sich ein Aggregat gekauft,
-
ne? Stromaggregat und so weiter.
D: Ja (räuspert sich), das ist Marco G.
-
Den Namen kann man sich mal vormerken. Der
kommt später öfter nochmal.
-
Marco G ist eine Schlüsselfigur im
Hannibal-Komplex, weil er der Gründer und
-
Administrator von Nordkreuz ist, also
diesem Chat-Netzwerk im Norden. Marco G.
-
ist seit 30 Jahren Polizist, 13 Jahre
Landeskriminalamt, sehr lange
-
Spezialeinsatzkräfte, war früher sozusagen
Fernspäher bei der Bundeswehr, also
-
Elitesoldat. So Leute, die man über die
feindlichen Linien abwirft und die dann
-
selbst zurechtkommen müssen. Ist also
sehr, sehr gut ausgebildet. Und nach
-
diesem Interview gab's so'n, wie soll ich
sagen, bundesweites Durchatmen.
-
Erleichterung: „Puh, es sind ja nur
Prepper.“ Die einen dachten: „Okay, das
-
sind harmlose Typen, die Konserven
horten.“ Die anderen dachten: „Hm, okay
-
schon Spinner irgendwie, aber auch nicht
gefährlich.“ Und mitten in dieser
-
Erleichterung hinein haben wir dann von so
einer Szene erfahren an einem Imbiss, an
-
einer Landstraße nach Schwerin, wo sich
vier Männer verabredet haben. Linke, also
-
am Tag X könnte man ja eventuell in so
Bundeswehr-Lkws beiseite schaffen und
-
verschwinden lassen. Also wir reden hier
sozusagen über ein, weiß ich nicht,
-
Geiselnahmen- oder vielleicht auch
Vorbereitung-zur-Tötungs-Szenario. Die
-
Sache ist die: Bundeswehr-Lkws – das ist
für diese Männer nicht so weit hergeholt
-
gewesen, die sich da getroffen haben,
weil: die waren allesamt Reservisten der
-
Bundeswehr. Die wären da durchaus
rangekommen. Das ist auch recht praktisch.
-
Wenn es so einen Tag X wirklich mal gäbe,
kommt man wahrscheinlich mit dem
-
Bundeswehr-Lkw noch am ehesten durch
irgendwelche Straßensperren oder so durch.
-
Reservisten – das klingt erst mal so nach
alten Männern, die vielleicht auch schon
-
mal ein bisschen dicker sind und die sich
irgendwie über die guten alten Zeiten bei
-
der Armee unterhalten. Es gibt aber
durchaus auch aktive Reservistenkompanien
-
und die werden tatsächlich bei
Naturkatastrophen oder wie zum Beispiel
-
bei so Ereignissen wie beim G20-Gipfel
eingesetzt. Sieht ja schon mal so ein
-
bisschen nach Tag X aus, ne? Ausgerechnet
die Reservistenkompanie aus Mecklenburg-
-
Vorpommern sollte in Hamburg eingesetzt
werden beim G-20-Gipfel. Der Kommandant
-
wäre ein Nordkreuz-Prepper gewesen. Das
haben die Nachrichtendienste kurz vorher
-
noch gemerkt und ihn aus dem Verkehr
gezogen. Also, sozusagen, er hat diese
-
Einheit nicht kommandiert. Und wir sind ja
ihm und verschiedenen anderen Leuten
-
während unserer Recherchen begegnet und
wir haben uns halt oft gefragt: Sind diese
-
Leute rechtsextrem? Wir können das ja
vielleicht schon im Vorhinein mal sagen.
-
Also wir sind dem klassischen
Rechtsextremen nicht begegnet, so
-
Kameradschaftsleute, NPDler, was weiß ich.
Was wir gefunden haben, sind so mittelalte
-
bis ältere, ja, weiße Männer, die sich
nach der stärkeren Zuwanderung ab 2015 und
-
der darauf folgenden Organisationskrise
quasi radikalisiert haben, teilweise
-
innerhalb von relativ kurzer Zeit. Und
diese Männer wähnten sich im Besitz einer
-
exklusiven Wahrheit, wie die Lage in
Deutschland wirklich ist. Diese exklusive
-
Wahrheit bekam sie unter anderem von
Hannibal, der nämlich dann in den Chats so
-
geschrieben hat mit seiner Autorität als
KSK-Soldaten, als hätte er Informationen,
-
die anderen verschwiegen werden.
S: Sogenannter investigativer Journalismus
-
sieht ja oft so aus, dass man gute
Kontakte hat zu jemandem, der ein Papier
-
hat, eine ganze Akte vielleicht, die er
einem rüberschieben kann. Und dann kann
-
man sich alles anschauen, analysieren,
gewichten, aufschreiben und hat dann einen
-
exklusiven Text oder was auch immer für
eine Veröffentlichungsform. Das war in dem
-
Fall nicht so. Die Akte mussten wir
sozusagen selber füllen. Und was haben wir
-
also gemacht? Das war im Prinzip wie eine
eigene Ermittlung, kann man sagen. Und
-
wichtig an der Stelle ist: die Prepper-
Chats als solche in dieser Form gab es zu
-
dem Zeitpunkt schon gar nicht mehr. Weil
da hat Hannibal gesagt: „Macht die mal
-
lieber wieder zu.“ Das war zu dem
Zeitpunkt als Franco A. Anfang 2017
-
aufgeflogen ist. Da war's dann doch so ein
bisschen zu heiß. Und so kennt man dann
-
auch nicht unbedingt die kompletten
Chatverläufe. Teile davon konnten wir mal
-
lesen oder haben es gehört. Im Gericht
wurden auch Sachen vorgelesen. Was haben
-
wir also gemacht? Ein Teil der Recherche
war online. Wir haben uns dann also auch
-
im Zweifel mal 287 Likes bei
Hochzeitsfotos angeschaut, irgendwelche
-
Bilderstrecken über Bodyguard-Workshops –
immer auf der Suche nach Leuten, die
-
vielleicht 'ne Rolle spielen, die man
wiedererkennt, die relevant sein könnten.
-
Manchmal muss man Profilnamen erraten oder
ausprobieren, über die Rückwärtssuche,
-
dass man mit einem Foto wieder zu
anderen Profilen kommt. Manchmal konnten
-
wir auch Usernames oder Telefonnummern,
die wir aus den Chats kannten, dann einem
-
Profil zuordnen. Und so erfährt man dann
von vielen Verbindungen und Personen, die
-
einem noch unbekannt waren. Instagram ist
sehr beliebt bei diesen Leuten. Da können
-
sie dann was posten mit Waffen, mit
Patches oder auch mal mit Zigarren. Und
-
das war dann auffällig, dass wenn wir dann
intensiv da recherchiert haben, dann auch
-
viele Sachen verschwunden sind. Also mal
da 'n Like, hier mal 'ne Freundschaft
-
bei Facebook gekündigt, hier mal ein
ganzer Beitrag gelöscht. Also es wurde
-
aufgeräumt, Verbindung gekappt. Wir haben
natürlich das Wichtigste gesichert. Bei
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Facebook sind die Männer sehr aktiv. Sie
laden sich zu Veranstaltungen ein oder
-
sagen was für ein tolles Training das doch
war oder dieses Patch sieht doch super aus
-
oder sie teilen auch die
Rechercheergebnisse der taz. Das dann, in
-
Klammern, meistens nicht so wohlwollend.
Aktiv sind sie auch sehr bei LinkedIn. Ich
-
persönlich wusste gar nicht, dass das ein
richtiges soziales Netzwerk ist, wo man
-
irgendwie auch liken und posten und teilen
kann. Das hier zum Beispiel ist das Profil
-
von Hannibal. Er nennt sich da auch
Hannibal. Rechts neben dem Namen ist ein
-
Freimaurer Symbol. Er hat hier zum
Beispiel so Global-Crisis-Management
-
angeboten und 77 Personen bezeugen, dass
er militärische Kenntnisse habe und er
-
wollte auch mal Investoren suchen für ein
14 Millionen Euro Projekt. Auch der Verein
-
Uniter, schon erwähnt, der hat natürlich
auch einen eigenen Auftritt mit Website
-
und Accounts. Was sehen wir da? Wir sehen
zum Beispiel dieses Organigramm. Das ist
-
(kichert) nicht irgendwie so 'ne Behörde
oder eine größere Firma, sondern ein
-
Verein mit vielleicht ein paar hundert
Mitgliedern, die dann so Sachen haben wie
-
District Leader und eine sogenannte
Medical Response Unit, also relativ
-
komplex. Wir sehen aber auch so Sachen wie
einen Tanzkurs oder Fan-Artikel oder eine
-
Weltkarte. Uniter behauptet in 64 Ländern
unterwegs und aktiv zu sein. Natürlich gibt
-
es auch eine Über-Uns-Seite auf der
Website, wo dann steht, dass radikale
-
Ansichten in dem Verein nichts zu suchen
haben. Was ein Bild bekommt man also, wenn
-
man da so drauf schaut? Ja, ein bisschen …
vielleicht ein bisschen größenwahnsinnig.
-
Vielleicht sind das irgendwie auch
Spinner, aber vielleicht doch harmlos. Das
-
ist zumindest das Bild, das Uniter ganz
gerne vermitteln möchte. Und das
-
funktioniert auch bis zu einem gewissen
Grad. Es ist ja auch so, dass auch eine
-
Behörde wie der Verfassungsschutz zu einem
Zeitpunkt, wo der Verein zum Beispiel
-
keinen Beobachtungsobjekt ist, offiziell
gar nicht so viel mehr darf wie sich
-
Webseiten anschauen. Und dann klickt man
sich da durch und dann … ja, kommt man
-
vielleicht zu so einem Schluss: Alles
nicht so schlimm. Und das ist zumindest
-
öffentlich nach allen Äußerungen auch so,
dass: Der Verein wird nicht beobachtet vom
-
Verfassungsschutz, also auch nicht als
extremistisch eingestuft. Wir konnten
-
online auch sehr, sehr wichtige Sachen
finden. Das zum Beispiel ist ein Post von
-
einem … freundlicherweise von einem
Provinzpolitiker in den Philippinen. Der
-
hat mal ganz viele Powerpoint-
Präsentationsfolien von so einem Treffen
-
abfotografiert, wo eben Uniter sich
angedient hat mit Sicherheitskräften von
-
Duterte in den Philippinen aktiv zu
werden. Und das konnte man einfach so auf
-
Facebook finden. Man findet auch Sachen
natürlich online oft, die vielleicht
-
interessant sind, mehr oder weniger, aber
nicht so besonders relevant. Ein Beispiel
-
– jetzt wirklich exklusiv hier zum ersten
Mal überhaupt präsentiert: ein Foto von
-
Hannibals Hund. Das ist der Hund. Er heißt
E.. Ja nicht so wichtig, aber man findet
-
ihn, wenn man lange genug sucht. Diese
ganzen Recherchen online, die waren sehr
-
zeitaufwendig und wichtig. Aber sie waren
nicht das Entscheidende. Denn viel
-
wichtiger war es rauszugehen. Weil,
natürlich sind die entscheidenden
-
Sachen nicht online oder wurden schon
gelöscht und viele Sachen kann auch erst
-
richtig einschätzen, wenn man mit den
Leuten geredet hat. Also, welche Online-
-
Verbindung? Was spielt die wirklich für
eine Rolle dann da draußen? Und dann haben
-
wir eben an vielen Türen geklingelt. Wir
waren unterwegs an, ja allen möglichen
-
Gegenden, haben dann manchmal Leute
getroffen, an seltsamen Orten – Stichwort
-
McDonalds – oder auch vor irgendeinem
Einfamilienhaus in Mecklenburg-Vorpommern.
-
Es war komischerweise immer kalt, also wir
haben im Winter irgendwie hauptsächlich
-
dann diese
D: Warum ist denn da 'ne Palme zu sehen?
-
Das Geschichtsfeld. Ich kann mich da nur
an (unverständlich) erinnern.
-
S: Ah so. Ja das ist: Symbolfoto. Soweit
wären wir nicht gereist wahrschenlich.
-
Zumindest spielte das da keine Rolle. Und
irgendwann haben wir dann auch Unterlagen
-
gehabt, paar interne Vereinsunterlagen
bekommen oder dann auch in
-
Ermittlungsakten einsehen können. Sehr gut
war, das nach den ersten
-
Veröffentlichungen sich Leute bei uns
gemeldet haben, also Informanten, die aus
-
dem Netzwerk waren, drumherum, die, was
gehört haben. Und das war interessant und
-
auch wichtig für uns. Einmal wegen der
Inhalte, die sie uns erzählt haben, aber
-
auch: das waren Leute, die tendenziell,
würde ich jetzt mal so vermuten,
-
tendenziell weit rechts von uns stehen
politisch, die aber das, was sie da erlebt
-
haben, gesehen haben, nicht okay fanden,
die das sehr problematisch fanden. Und das
-
hat uns dann auch nochmal bestärkt da
dranzubleiben, wenn sogar die Leute, die
-
das, sozusagen, vielleicht alles ein
bisschen lockerer sehen, dann auch schon
-
als Problem wahrgenommen haben. Und ein
bisschen schwierig für uns war, dass dann
-
die Leute uns teilweise gespiegelt haben,
dass sie selber Angst haben und nicht
-
genau wissen, ob sie in Gefahr sind, wenn
sie mit uns reden. Und das sind alles
-
Leute, die im Zweifel in Afghanistan
irgendwie im Krieg unterwegs waren und
-
ganz andere Sachen schon erlebt haben. Und
das hat uns auch ein bisschen zu denken
-
gegeben. Was ist wirklich da in dem
Netzwerk da alles passiert. Und es war
-
auch die Rede, dass ein Kopfgeld
ausgesetzt wurde für eben dann Menschen,
-
die mit der Presse reden, was natürlich
einmal mehr noch uns dazu gebracht hat,
-
natürlich möglichst sichere
Kommunikationswege und so weiter zu
-
benutzen. Vielen Dank immer an dieser
Stelle auch an die Leute, die sich … ja,
-
die uns Informationen gegeben haben, weil
ohne die hätten wir das gar nicht
-
recherchieren können.
Applaus
-
D: Ja, es gab am Anfang, als wir
angefangen zu berichten, immer so die
-
Frage: „Warum wird nicht über Hannibal
berichtet?“ Und dann gab es Berichte
-
darüber, dass nicht berichtet wird. Es
gibt aber erstens schon seit Anfang an
-
durchaus auch Recherchen großer
Medienhäuser wie z.B. Focus – hatte er
-
schon erwähnt – aber auch
RedaktionsNetzwerk Deutschland oder so,
-
die relativ am Anfang schon mit dabei
waren. Und dann waren es vor allen Dingen
-
aber die, sagen wir mal, nicht so
etablierten Medien, die uns am Anfang auch
-
schon quasi unterstützt
haben oder die die,
-
weiß ich nicht, mehr
Resonanz auf die Recherche
-
eingefordert haben. Das ist zum
Beispiel Übermedien, das ist ja hier zu
-
sehen. Das war einer der ersten, die quasi
reagiert haben und gefragt haben, wo denn
-
so die Reaktionen bleiben. Auch das ist
hier in Leipzig beheimatete, sehr schöne
-
Radio detektor.fm hat uns zum Beispiel zu
einem Podcast eingeladen und da hat dann
-
Christina Schmidt, die das Team da schon
geleitet hat, dann darüber gesprochen über
-
die Frage „Wie rechts steht die
Bundeswehr?“. Es gab doch auch sozusagen
-
Resonanz ganz stark in der – ich sag jetzt
mal dieses unbeliebte Wort –
-
Netzöffentlichkeit, also auf Twitter zum
Beispiel: wichtige Accounts wie
-
Reconquista Internet, die dann Redebedarf
hatten. Ob da nicht doch mehr dran ist und
-
ob man diesen Dingen nicht nachgehen
sollte? Sehr schnell angekommen ist die
-
Recherche auch in den deutschen
Parlamenten, im Bundestag, in den
-
Länderparlamenten. Das spiegelt sich vor
allen Dingen in der Zahl der Anfragen
-
wider. Es gibt inzwischen halt allein im
Bundestag über ein Dutzend solcher
-
Anfragen. Die Sache ist immer: da kommt
oft nicht so viel bei raus. In NRW heißt
-
es dann: „Es gibt keine Erkenntnisse.“ In
Bayern hieß es dann: „Es gibt keine
-
gewichtigen tatsächlichen Anhaltspunkte
für eine Bewertung der Aktivitäten.“ Da
-
merkt man halt einfach immer so
Schwierigkeiten in der Einschätzung, die
-
wir ja manchmal auch hatten. So ist es ja
nicht. Wenn dann zum Beispiel Peter
-
Tauber, der Staatssekretär im
Verteidigungsministerium ist, sagt: „Ja,
-
meine Oma hatte auch Konserven im Schrank.
Ist die jetzt auch 'ne Prepperin, oder
-
was? Ist die jetzt auch gefährlich?“ Dann
dazwischen immer wieder der Chef des MAD,
-
der irgendwie sagt: „Wir haben keine
gewaltbereiten Extremisten in der
-
Bundeswehr gefunden.“ Das hat der
Verteidigungsausschuss gesagt, im
-
Innenausschuss, im Parlamentarischen
Kontrollgremium. Und das Parlamentarische
-
Kontrollgremium hat sich dann trotzdem mal
über 100 Aktenordner kommen lassen, unter
-
anderem vom Generalbundesanwalt, um sich
mit dem Komplex zu beschäftigen, und die
-
haben auch einen speziellen Bericht dazu
angefordert, der noch nicht fertig ist und
-
der mal Auskunft über dieses Netzwerk
geben soll. Was der MAD-Chef hätte wissen
-
können bei all der Beschwichtigung und all
dem Sagen, dass er keine gewaltbereiten
-
Extremisten festgestellt hat, ist, dass es
von seiner Behörde aus ja durchaus eine
-
Verbindung zu Hannibal gab damals schon.
Hannibal war nämlich eine sogenannte
-
Auskunftsperson des Militärischen
Abschirmdienstes. Das ist eine Quelle,
-
könnte man sagen. Also da hat Hannibal
auch schon über die Chats und über Uniter
-
erzählt. Seine Verbindung in den
Geheimdienst war Dieter W. Hier ist er zu
-
sehen, ohne Kopf, weil … Ja, aus
rechtlichen Gründen. Dieter W., Stand
-
Anfang dieses Jahres vor Gericht in Köln,
weil er in dem Verdacht stand, Hannibal
-
vor Razzien gewarnt zu haben. Der
Generalbundesanwalt hat nämlich 2017 bei
-
mehreren KSK-Soldaten Durchsuchungen
veranstaltet, um herauszufinden, inwieweit
-
Franco A. und dieses Netzwerk um ihn herum
und die Soldaten etwas miteinander zu tun
-
haben. Sie haben bei Hannibal nicht viel
gefunden, was unter anderem daran liegt,
-
dass mindestens ein Laptop und mehrere
Datenträger verschwunden sind. Die
-
Ermittler hatten den Verdacht, Dieter W.
könnte da etwas nachgeholfen haben. Das
-
Gericht konnte ihm das nicht nachweisen
und er ist in erster Instanz entsprechend
-
freigesprochen worden.
S: Das war nicht die einzige seltsame
-
Verbindung, die wir gefunden haben
zwischen einem Nachrichtendienst und
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diesem Netzwerk. Meine Kollegin Christina
Schmidt und ich waren im Februar an einem
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kalten Winterabend mal … haben wir an der
Tür geklingelt in 'nem Stuttgarter Vorort,
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weil wir mit Ringo M. sprechen wollten.
Den Namen haben wir ganz normal im
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Vereinsregister gefunden. Das war nämlich
einer, der den Verein mitgegründet hat,
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Uniter e.V. 2016, und der auch der
Gründungsvorsitzende war. Also eigentlich
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eine ganz normale Person, die man eben mal
befragt, wenn man über diesen Verein etwas
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wissen will. Kleine Randnotiz: Manche
kennen vielleicht Ringo M. noch als Ringo
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L., so hieß er früher und er war Polizist
und Kollege und Vorgesetzter in der
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Böblinger Bereitschaftspolizei von Michèle
Kiesewetter, dem letzten Opfer des NSU.
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Wir sind also an diesem Haus, das ist so'n
mehrstöckiges Wohnhaus mit so'nem
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Außentreppenhaus, und klingeln an der Tür.
Es ist jemand da, weil innen ist Licht.
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Das Licht geht aus, im Flur geht die
innere Tür zu. Also offenkundig will da
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jemand nicht mit uns reden. Kein Problem.
Was wir immer machen dann: wir
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hinterlassen eine schriftliche Nachricht.
Christina Schmidt hat angefangen zu
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schreiben und sie war noch nicht fertig
mit einem halben DINA5-Zettel als wir
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Türen schlagen hören unten an der Straße.
Und dann schauen wir runter und sehen
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einen schwarzen Porsche Cayenne, der
vorgefahren ist und vier Männer die so in
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Formation auf das Haus zulaufen. Und wir
so: „Hmm, okay.“ Wir konnten nicht viel
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machen außer da runter zu gehen und zu
fragen: „Wer ist denn da?“ Wir haben ihn
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auch schon erkannt. Einer von den Vieren
war Ringo M, einer hat sich als sein
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Anwalt vorgestellt, aber der … der war
kein Anwalt. Interessant war, Ringo
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M. hatte Redebedarf. Er war da mit
Badelatschen und Socken – wie gesagt, ein
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kalter Februar – und dann plauderten wir
halt ein bisschen, weil jetzt oder nie.
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Das war klar: die Chance kommt nicht
nochmal. Und dann haben wir ihn gefragt,
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wie das so war mit dem Verein. Wir wussten
schon, dass er relativ kurzfristig vom
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Vorstand wieder zurückgetreten ist. Sagt
er: „Ja, das lag an meinem Arbeitgeber.
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Das war irgendwie nicht so gut, das zu
kombinieren.“ Dann fragen wir: „Ja, wer
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war denn der Arbeitgeber? Sie müssen auch
nicht den Namen sagen. Aber war das 'ne
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Behörde? Ist das 'ne Firma?“ Auf die Frage
wollte er nicht so richtig antworten. Wir
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hatten schon eine ganz gute Vermutung, wer
der Arbeitgeber sein könnte. Und dann
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haben wir am Schluss auch gefragt: „Sie
arbeiten doch hier in Baden-Württemberg
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für den Verfassungsschutz?“ Dann sagt er:
„Nein“. Das war aber gelogen. Das konnten
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wir dann auch nachweisen, haben das dann
geschrieben, wurde auch ziemlich schnell
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vom Innenministerium Baden-Württemberg
bestätigt und gab dann da auch in
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Baden-Württemberg so ein bisschen
Aufregung. Was ja schon interessant ist,
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dass der Mitarbeiter des Landesamts für
Verfassungsschutz eben diesen Verein
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überhaupt erst gründet und dann wenige
Monate später ganz abrupt sich zurückzieht
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von einem Vorstandsposten. Kurz danach
fliegt Franco A. auf, der auch eben in
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diesem Uniter-Preppergruppen-Umfeld da
unterwegs war und der auch sogar ein
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Uniter-Patch zu Haus hatte. Also zumindest
offiziell Mitglied war er nicht, so wird
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beteuert, aber er hat ja zumindest eine
sehr große Nähe zu diesem Verein. Das
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Landesamt für Verfassungsschutz Baden-
Württemberg wäre ja dafür zuständig zu
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schauen: Was macht dieser Verein? Sind die
so, wie sie sich geben, oder vielleicht
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ist es doch ein bisschen problematisch?
Müssen wir da genauer hinschauen? Da kann
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man sich schon die Frage stellen: Wie
objektiv kann ein Geheimdienst denn
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eigentlich sich so'ne Organisation
anschauen, wenn der eigene Mitarbeiter sie
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überhaupt erst mit ins Leben gerufen hat?
Also gibt es da vielleicht eine Nähe, die
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im Zweifel ein bisschen zu groß ist? Jetzt
kommen die konkreten Folgen, die unsere
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Recherchen dann doch auch hatten. Also in
dem Fall haben wir das geschrieben
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und dann gab es überhaupt
einige Folgen, die unsere Recherchen
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hatten. Es haben sich nämlich einige
Organisationen dann auch distanziert von
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Uniter e.V.
D: Also zum Beispiel dieses
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Trainingsgelände in der Ortschaft Mosbach,
wo Uniter paramilitärische Trainings
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durchgeführt hat. Da darf Uniter nicht
mehr drauf.
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S: Das Innenministerium Baden-Württemberg
hat sich distanziert und hat Ringo M. dann
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vor allem erst mal weg versetzt vom
Verfassungsschutz in eine andere Behörde
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und auch beteuert, er sei rein privat dort
gewesen, nicht im offiziellen Auftrag. Und
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Innenminister Thomas Strobl von der CDU in
Baden-Württemberg sprach von einem
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Störgefühl.
D: Die Bundespolizei hat Ermittlungen
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eingeleitet gegen mindestens einen
Polizisten, von denen wir wissen, wegen
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Tragen eines Uniter-Patches.
S: Der Waffenhersteller Heckler & Koch hat
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sich auch von … will mit dem Verein nichts
mehr zu tun haben. Er hatte geschäftliche
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Kontakte mit einigen Uniter-Leuten und
auch das Uniter-Logo, wie man hier sehen
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kann, war auch mal auf einer offiziellen
Werbeanzeige zu sehen.
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D: Der Autovermieter Sixt hat seinen
Sicherheitschef und einige Sicherheits
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Mitarbeiter entlassen. Der Sicherheitschef
von Sixt war bei Uniter sehr aktiv.
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S: Und auch der Energiekonzern RWE hat
reagiert. Da waren Uniter-Mitglieder …
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hatten eine Sicherheitsfirma und haben
unter anderem auch Uniter-Mitglieder
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eingesetzt bei Einsätzen rund um den
Hambacher Forst. Andere sind da
-
zögerlicher, andere Organisationen. Und
das ist ja auch, muss man ja auch sagen,
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das ist eine Grauzone, die wir hier sehen,
wenn man diesen Verein jetzt mal speziell
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sich anschaut. Und die Grauzone nutzen
aber die Leute auch ganz geschickt. Also
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sie üben Militär-Taktik mit sogenannten
Anscheinswaffen in aller Regel. Das heißt,
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dass ist ein Sturmgewehr, das aussieht wie
ein Sturmgewehr, sich so anfühlt, man mit
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dem üben kann, aber es ist keine echte
Waffe, sondern eine Airsoft-Waffe und
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deshalb nicht verboten. Dann üben sie
Schießen auf einem Schießstand, die ja
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auch so Schieß-Kino kann man ja alles
super üben. Aber wenn man Sportschütze
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ist, dann – oder sogar auch
Behördenmitarbeiter – dann ist das auch
-
völlig legal. Man kann natürlich an einem
Tag X oder wann auch immer diese Sachen
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dann kombinieren und dann hat man Leute,
die gut schießen können vom Schießstand,
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die Militärtaktik können und wenn man das
dann kombiniert, dann ist es ja vielleicht
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eine Gefahr. Und dieses Netzwerk ist, so
in der Form, wie wir es kennen, vor einem
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Tag X aufgeflogen, als auch zu einem
relativ frühen Zeitpunkt und
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glücklicherweise sozusagen ist nichts
richtig Schlimmes passiert. Aber das
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erschwert natürlich auch ein bisschen dann
die eindeutige Bewertung.
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D: Also wir wollen noch mal sagen dazu
kurz, was sich dort eigentlich für Männer
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finden. Also der Verfassungsschutz schätzt
Franco A. und sein Umfeld schon durchaus
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als rechtsextrem ein, genauso auch die
Verdächtigen, die im Umfeld der Nordkreuz-
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Ermittlungen aufgefallen sind. Es ist aber
schon so, dass ein Großteil davon sich
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eher sozusagen in Wochen oder Monaten
irgendwie quasi blitzradikalisiert haben.
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Das ist so ein Terminus, den man eher so
vom islamistischen Terror sonst
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normalerweise kennt, zumindestens von
Teilen davon. Das heißt also Leute, die
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eigentlich keine bekannten Rechtsextremen
sind, sondern die sich nach 2015
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radikalisiert haben und in Richtung des
Rechtsextremen gewandert sind. Wir finden
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meistens auch nicht das, was man ein
geschlossenes rechtsextremes Weltbild
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nennt, sondern ein je nach Persönlichkeit
zusammengestelltes Puzzle aus
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Ideologiefragmenten. Wichtig dabei sind
zwei Dinge: Rassismus und eine Feindschaft
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gegenüber der Linken, also dem Antifa e.V.
und so. Also sozusagen relativ
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undifferenziert das Feindbild sozusagen,
was die Linke betrifft. Und diese Analyse
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stammt gar nicht von uns, obwohl sie von
uns hätte kommen können, sondern vom
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Verfassungsschutz, der quasi eine Analyse
erstellt hat, wie man denn künftig mit den
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neuen Erscheinungsformen des
Rechtsextremismus umgehen soll. Der
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Verfassungsschutz sagt natürlich auch
immer gleich, was ihm fehlt, nämlich, wenn
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das so ist, wie es jetzt ist, oft auch
offensichtliche Ansatzpunkte für die
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nachrichtendienstliche Aufklärung. Was
möchte der Verfassungsschutz dann? Horst
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Seehofer hat einen Gesetzentwurf schon
länger, also schon länger vor diesen
-
Recherchen veröffentlicht. Und da möchte
er zum Beispiel, dass Verfassungsschutz
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unter bestimmten Bedingungen, wie es immer
so schön heißt, in die Smartphones seiner
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Zielpersonen eindringen kann, um Chats
mitzulesen, zum Beispiel.
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S: Schauen wir noch mal dorthin, wo die
Recherchen begonnen haben: nach
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Mecklenburg-Vorpommern. Dort wurden im
Juni dieses Jahres … gab es da noch mal
-
große Durchsuchungsmaßnahmen. Es wurde bei
vier SEK-Beamten durchsucht und die wurden
-
auch festgenommen, weil sie massenhaft
Munition und auch Waffenmunition geklaut
-
haben sollen, teilweise auch aus
Polizeibeständen, und dann vor allem
-
aufbewahrt und auch Waffen. Und gesammelt
das ganze soll halt Marco G. demacht
-
haben, der Polizist, den wir vorhin ja
schon im Panorama-Interview gesehen haben.
-
Eben die Munition sammeln für einen Tag X.
Und da war dann die Rede von knapp 60.000
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Schuss Munition. Und noch was ist passiert
im Sommer dieses Jahres. Es wurden Leute
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informiert, vor allem in Mecklenburg-
Vorpommern, die sich auf einer sogenannten
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Feindesliste, sogar auf der wichtigsten
von diesen Adresssammlungen und der
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bedeutendsten, befunden haben. Die wurden
nicht informiert, um sie zu warnen, oder
-
zu sagen "Hier, jetzt passt mal auf. Es
könnte sein, jemand hat was Böses vor."
-
sondern die wurden dann irgendwann
informiert, weil das BKA sie als Zeugen
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befragt hat und dadurch erst haben sie
mitbekommen, was da eigentlich sozusagen,
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dass sie auf so'ner Liste stehen. Es
wurden dann auf öffentlichen Druck hin –
-
es gab dann sehr viel Berichterstattung
über das Thema – dann auch alle möglichen
-
anderen Leute informiert, die dann auf
allen möglichen Listen standen, die dann
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teilweise auch jetzt nicht die allergrößte
sozusagen direkte Gefährdungseinschätzung
-
haben. Wobei man auch sagen muss:
Offiziell ist überhaupt niemand auf diesen
-
Listen überhaupt wirklich gefährdet. Auf
einer acht-stufigen Skala ist das
-
sozusagen die zweitunterste Stufe nach
offizieller Einschätzung. Und in diesen
-
Schreiben, die die Leute dann bekommen
haben, da stand nicht mal drin um was es
-
überhaupt geht. Das heißt, das war für
viele ein Rätsel, die dann uns angerufen
-
haben und gefragt haben: „Was bedeutet das
eigentlich, wenn ich diese Schreiben
-
bekomme?“ Und in Mecklenburg ist noch dann
was passiert, was wir recherchieren
-
konnten. Und zwar hat Innenminister
Caffier von der CDU hat, kurz nachdem die
-
Prepper da zum ersten Mal Thema waren, im
Spätsommer 2017 irgendwie gesagt: „Jaa …
-
diese Prepper … wir wissen gar nicht, wie
viele gibt's da? Sind sie gefährlich oder
-
nicht?“ Und er hat eine Kommission
eingerichtet, die sogenannte Prepper-
-
Kommission mit ganz vielen Polizisten,
Innenministeriumsleuten und aber auch so
-
Landeszentrale für politische Bildung und
ein paar Wissenschaftler. Diese Kommission
-
wollte eigentlich einen Abschlussbericht
veröffentlichen. Das hat sie bis heute
-
nicht gemacht. Wir kennen den auch nicht,
aber wir kennen interne Unterlagen dieser
-
Kommission und können inzwischen ganz gut
sagen, was diese Kommission eigentlich
-
herausgefunden hat inzwischen. Ähm, nicht
viel. Das mal so kurz gespoilert. Sie
-
haben nämlich erst mal haben sie
sozusagen mal den aktuellen
-
also alles was mit
Nordkreuz zu tun hat,
-
erst mal ausgeklammert,
alles, was Ermittlungen
-
sind und natürlich haben
-
sie dann erst mal
ganz viel gar nicht mit rein nehmen
-
können. Sie haben in dem Polizeisystem
nicht viel gefunden, weil natürlich
-
Prepper da gar nicht da irgendwie
ausdrücklich genannt werden. Sie haben
-
dann gesagt: Okay, wir müssen nochmal
online noch suchen, was wir da so finden.
-
Ein Mitarbeiter des Verfassungsschutzes
war zuständig vom Landesamt, also bzw. der
-
Abteilung im Innenministerium für
Verfassungsschutz, und der hat dann in
-
zwei Sitzungen, waren das glaub' ich, hat
der dann sozusagen präsentiert, was sie
-
herausgefunden, was er herausgefunden hat.
Er hat herausgefunden, dass es bei
-
Facebook offene und – es waren 6 Stück,
glaub' ich – offene und geschlossene
-
Gruppen gibt, wo sich Prepper
organisieren. Und dann bei der nächsten
-
Siztung sagt er: „Ja in den offenen …
eigentlich nichts Problematisches. Und die
-
geschlossen … pfft … da sieht man ja
nicht, kommt man nicht rein. Das wäre zu
-
aufwendig.“ Also das war ungefähr das
Niveau wie sich diese Kommission damit
-
beschäftigt hat. Sie hat sehr viel Zeit
damit verbracht zu überlegen: Ja, wie
-
nennen wir eigentlich diese Prepper? Vor
allem wie nennen wir diese problematischen
-
Prepper? Weil sozusagen alle irgendwie
problematisch zu finden, das ist nicht
-
okay. Es gibt irgendwie auch Gute, die ja
sich eben für Katastrophen vorbereiten,
-
wie ja auch irgendwie empfohlen wird? Und
dann gibt's irgendwie die bösen Prepper.
-
Und sie haben sich dann geeinigt auf einen
Begriff: RadiPre. Das sind sozusagen die
-
bösen Trepper. Ich glaube nicht, dass er
sich durchsetzen wird. Die
-
Kommissionsmitgliedern haben immer wieder
darauf gedrängt, diesen Bericht zu
-
veröffentlichen. Und zwar zum ersten Mal
wollten sie veröffentlichen im November
-
2018 rum. Da kamen dann dummerweise
Medienartikel dazwischen, die irgendwie
-
nicht so übereingestimmt haben mit dem,
was in diesem Bericht drin gestanden wäre.
-
Also haben sie es verschoben. Dann eben
jetzt im August 2019 nochmal. Die
-
Kommisionsmitglieder haben dann glaub' ich
da auch keine Lust mehr länger zu tagen,
-
auch in sehr großen Abständen, inzwischen,
haben gesagt: „Lass uns doch das was wir
-
haben veröffentlichen und dann schauen wir
weiter.“ Da hieß es dann in einem internen
-
Vermerk: „Der Bericht hat erhebliche
Mängel.“ Also das ist ein Zitat. Und das
-
sei der Öffentlichkeit nicht zu
vermitteln, und deshalb wird er weiterhin
-
nicht veröffentlicht. Es gibt noch eine
andere Kommission, die dann eingesetzt
-
wurde von Caffier, die sogenannte SEK-
Kommission, als unabhängige Kommission.
-
Und die sollten herausfinden, was
eigentlich mit diesen SEKs da los ist, wo
-
ja dann irgendwie Leute Munition abzweigen
und für den Tag X sammeln und einer davon
-
irgendwie jetzt dann auch vor Gericht
stand. Und dieser Bericht, da steht dann
-
so was drin, dass in einer von drei SEK-
Einsatzgruppen. Zitat:
-
„rechtsextremistische, insbesondere
fremdenfeindlich geprägte Einstellungen
-
entsprechende Fehlverhaltensweisen
vorzufinden seien, außerdem eine mangelnde
-
Aufmerksamkeit und fehlende Konsequenz von
Vorgesetzten auf allen Ebenen und Defizite
-
im Bereich der Fach- und Dienstaufsicht.“
Also ein ziemliches Desaster. In einer
-
normalen Welt würde das vielleicht einen
Rücktritt mit sich bringen – in
-
Mecklenburg-Vorpommern auf jeden Fall
nicht. Aber Caffier hat Änderungen
-
angekündigt. Das SEK, zum Beispiel, soll
der Landes- und Bereitschaftspolizei
-
zugeordnet werden, nicht mehr dem LKA. Es
soll in Zukunft auch immer ein Psychologe
-
dabei sein im Auswahlverfahren. Und es
soll en mehr Frauen in die Landespolizei,
-
weil dann sei das schon alles … mit diesen
… nicht mehr so problematisch. Und es gab
-
auch personelle … ja … Konsequenzen, so
wurde das genannt: Zwei leitende
-
Polizisten werden versetzt. Der eine
innerhalb des Innenministeriums, und der
-
andere wechselt vom LKA … der LKA-Chef
wechselt zum Verfassungsschutz.
-
D: Genau. Eine weitere Konsequenz aus den
Ermittlungen, könnte man sagen, war der
-
Prozess gegen Marco G., eben diese
Schlüsselfigur, den Gründer und
-
Administrator von Nordkreuz. Marco G.
stand vorm Landgericht Schwerin im
-
November und Dezember, war angeklagt wegen
Verstößen gegen das Waffengesetz,
-
Kriegswaffenkontrollgesetz und
Sprengstoffgesetz. Die Staatsanwältin hat
-
42 Minuten gebraucht, um vorzulesen, was
er alles so gehortet hatte an Waffen,
-
Munition – also ungefähr so eine
Schulstunde lang. Wir haben es gestoppt.
-
Also von daher: die Zahl ist gerichtsfest.
Und Marco G. hat sich … also und um
-
Nordkreuz ging es eigentlich nur am Rande.
Es ist sozusagen quasi als Motiv
-
vielleicht fürs Waffensammeln oder so hat
die Staatsanwaltschaft das in Betracht
-
gezogen. Aber darüber ist eigentlich nicht
verhandelt worden. Marco G. hat sich im
-
Prozess eingelassen, also er hat
schriftlich und mündlich auf Fragen
-
geantwortet und hat quasi gesagt: „Ja, ok,
vielleicht war ich etwas unordentlich mit
-
dieser Munition und ja, diese
Maschinenpistole, die aus
-
Bundeswehrbeständen geklaut wurde, die
habe ich aus Abenteuerlust auf einem
-
halbdunklen Parkplatz gekauft und dann bei
meinen Schwiegereltern irgendwie vergessen
-
im Schrank. Und meine Chats? Ja, die gab's
zwar, aber die waren völlig unpolitisch.“
-
Mal so die Gegenprobe: also die jetzt
nicht als antifaschistische Gruppe
-
bekannte Bundesregierung schätzt den Chat
Vier Gewinnt, in dem Marco G. auch unter
-
anderem war, als rechtsextrem ein. Es war
in diesem Gerichtsprozess ein
-
Kriminalpolizist vor Ort, der die
Kommunikation von Marco G. ausgewertet
-
hat. Nordkreuz-Chats konnte er nur bedingt
auswerten, weil vor 2017 ja quasi viele
-
Löschungen quasi dabei sind. Aber andere
Chats wie Reisegruppe DD oder
-
Dräschdn, die uns auch bekannt sind,
konnte er auswerten. Und da hat hat dann
-
Marco G. unter anderem zum Beispiel, fast
schon einen Klassiker leider, zum 20.
-
April 2017 ein Bild von Adolf Hitler
verschickt, wo drunter stand: „Happy
-
Birthday!“ Er hat ein Bild verschickt von
Soldaten, die aussehen wie
-
Wehrmachtssoldaten und die auf eine Person
zielen, die am Boden liegt –
-
augenscheinlich tot. Da drauf stand dann:
„Asylantrag abgelehnt“. Genau. Also das
-
ist dort im Gericht aufgetaucht und auch
dementsprechend, wie gesagt, auch länglich
-
an einem Verhandlungstag ausgebreitet
worden. Das Gericht hat trotzdem die
-
Beweise des Prozesses sehr zugunsten von
Marco G ausgelegt. Es hat zum Beispiel
-
gesagt – und das ist wirklich eine
Lieblingsstrecke von mir aus allen
-
Gerichtsprozessen, die ich jemals erlebt
habe – also Marco G hat, so hat der
-
Richter gesagt, nach einer ersten
Durchsuchung bei ihm, da ist ja sehr viel
-
Munition gefunden worden. Dann vor der
zweiten Durchsuchung ja schon viel weniger
-
illegale Munition erworben und der Richter
hat gesagt: „Das ist ja schon ein Schritt
-
in die richtige Richtung.“
Lachen im Publikum
-
Und der Richter hat es ihm auch als … wie
soll ich das nennen … als Vorteil
-
ausgelegt, dass er über seine Einnahmen
dieser Gruppe Buch geführt hat, weil:
-
Terroristen führen keine Kassenbücher. Ja,
weiß jeder! Also dieser schlagende Beweis
-
ist auch dort zum Tragen gekommen. Das
Urteil jedenfalls: ein Jahr und neun
-
Monate auf Bewährung. Zu Weihnachten war
Marco G. wieder zu Hause bei Mutti.
-
S: Der Prozess in Schwerin hat also
gezeigt, dass es ziemlich schwierig ist,
-
offenbar sich juristisch mit diesem
Netzwerk … dem sozusagen irgendwie Herr zu
-
werden. Und schauen wir noch mal genauer
sozusagen auf die Lage da im Nordosten der
-
Republik. Wir haben hier also eine Gruppe
Nordkreuz, gegründet von Marco G und in
-
dieser Gruppe sind zwei Leute. Gegen die
wird ermittelt wegen Vorbereitung einer
-
schweren staatsgefährdenden Gewalttat, wie
es Paragraph 89a Strafgesetzbuch, also
-
Terror. Da ermittelt der
Generalbundesanwalt. In der selben Gruppe
-
haben wir … und diese Männer sollen
irgendwie diese Feindeslisten angelegt
-
haben und irgendwie Tötung irgendwie
vielleicht im Sinn gehabt haben. In dieser
-
selben Gruppe ist eben der Gründer Marco
G., der zusammen dann offen– vielleicht,
-
da wird noch ermittelt – mit anderen SEK-
Beamten Munition irgendwie sich beschafft
-
hat. Vieles davon war in der Tat dann auch
legal, weil er Sportschütze auch war und
-
sozusagen vieles legal haben durfte. Aber
da er bestimmte Waffen, Munition für den
-
Tag X, so hat das das Gericht auch
festgestellt, gehortet hat. Und der ist
-
inzwischen verurteilt, wenn es auch noch
nicht rechtskräftig ist, weil die
-
Staatsanwaltschaft Revision eingelegt hat
und das wird getrennt betrachtet, obwohl
-
es sozusagen diese eine Gruppe ist. Da
fragen sich manche ja: Wieso wird hier
-
nicht wegen Bildung einer terroristischen
Vereinigung ermittelt? Man hat 3 Leute,
-
die man braucht, könnte man machen. Das
ist eine gute Frage, die wir uns natürlich
-
auch stellen, die sich Viele stellen. Der
Generalbundesanwalt, der dann zuständig
-
wäre und ist, der hat sich die auch
gestellt, immer wieder geprüft, ob das
-
irgendwie möglich wäre, hat da offenkundig
keine Anhaltspunkte gesehen eben dieser
-
Gruppe das gemeinsame Ziel nachzuweisen,
dass sie gemeinsam schwere Straftaten
-
begehen wollen mit einem politischen
Hintergrund. Das hat er bisher zumindest
-
so nicht gesehen und eben das Verfahren
Marco G. an die Staatsanwaltschaft in
-
Schwerin abgegeben wurde, wo dann eben der
Prozess vor dem Landgericht gemacht werden
-
konnte. Hier ist auch wieder auffällig,
dass das getrennt gemacht wird. Die einen
-
haben sozusagen die Feindeslisten und der
andere hat die Munition und noch andere
-
haben dann vielleicht die Waffen. Das kann
Zufall sein. Vielleicht ist es aber auch
-
Strategie. Apropos Netzwerksgrafik: auch
das BKA, das Bundeskriminalamt, hat, mal
-
so'ne Grafik inzwischen öffentlich
vorgestellt. Das ist hier Holger Münch,
-
der Chef des BKA auf der Herbsttagung der
Behörde in diesem Jahr. Und das war sogar
-
ein Beispiel, wo er so forsch vorgestellt
hat, wie man so ermittelt. Und man muss
-
sagen: okay, er hat es ein bisschen
übersichtlicher hinbekommen als wir. Der
-
schon erwähnte Bericht für das
Parlamentarische Kontrollgremium, der soll
-
in Kürze fertig gestellt werden. Der
dürfte ziemlich interessant werden. Das
-
Problem ist: geheim. Aber zumindest
drängen da Oppositionspolitiker drauf:
-
soll er dann, zumindest eine Kurzfassung,
zumindest auch öffentlich sein.
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D: Ja, von Uniter hat inzwischen irgendwie
wahrscheinlich ganz Deutschland nochmal
-
gehört. War ja vor wenigen Wochen erst die
Affäre um Robert Möritz, einen
-
Lokalpolitiker aus Sachsen-Anhalt. Da hat
jemand auf Twitter gemerkt, dass er
-
offenbar bei Uniter aktiv ist. Und dann
hatte er auch eine rechtsextreme
-
Vergangenheit, und er hat die schwarze
Sonne tätowiert. Ein Symbol, was stark mit
-
der SS in Verbindung gebracht wird. Die
CDU hat da lange darüber diskutiert. Es
-
hieß dann er interessierte sich irgendwie
doch nur für die keltische Mythologie.
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Deswegen hat er sich tätowieren lassen.
Man fragt sich immer, was passiert wäre,
-
wenn er irgendwie, keine Ahnung, sich für
Wale interessiert hätte. Dann wär das so
-
groß, das wär ein Familientattoo geworden.
Da hätten sich alle irgendwie so'nen Wal
-
tätowieren müssen. Man weiß es nicht. Aber
jedenfalls … Die CDU hat fast die
-
Regierung zerlegt über diesen Mann, weil
die Grünen natürlich wollten, dass … also
-
zum Beispiel Teile der Grünen wollten,
dass der Mann ausgeschlossen wird aus der
-
Partei. Es gab sozusagen eine
Regierungskrise in Sachsen-Anhalt und die
-
hat dann Robert Möritz selbst gelöst,
indem er aus der CDU ausgetreten ist. Also
-
die Chance wäre … er hätte auch der CDU
was sagen können über seine rechtsextremen
-
Kontakte und ob er sich distanziert hat.
Aber er hat den Austritt gewählt. In der
-
CDU Sachsen-Anhalt mag es also noch nicht
in allen Teilen angekommen sein, dass
-
Uniter ein problematischer Verein ist, in
dem sich Rechtsextreme sehr wohl fühlen.
-
Die Parteivorsitzende Annegret Kramp-
Karrenbauer, die auch
-
Verteidigungsministerin ist, sieht das
anders. Die sagte ja inzwischen: Wer sich
-
also Mitglied bei Uniter ist oder sich mit
Uniter-Symbolik schmückt, der setze sich
-
schon dem Verdacht aus rechtsextremen
Vereinen und Chats nahezustehen.
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S: Und was macht Hannibal? Das hier ist
kein Fake oder Satire, sondern von der
-
Uniter-Webseite. Er ist inzwischen von
seinen Vereinsämtern offiziell
-
zurückgetreten. Er hat zum Abschied ein
eigens geschmiedetes Schwert geschenkt
-
bekommen. Auch aus der Bundeswehr ist er
raus seit Kurzem und er muss sich in Kürze
-
verantworten vor Gericht wegen Verstoßes
gegen das Waffen- und das
-
Sprengstoffgesetz. Und was macht der MAD?
Das noch zum Schluss.
-
D: Also nach … nicht nur nach den
Hannibal-Recherchen, sondern auch nach dem
-
Mord an Walter Lübke und anderen
Recherchen, die es inzwischen gibt über,
-
ich sage mal rechtsextreme Rechtsradikale
bei verschiedenen Sicherheitsbehörden,
-
auch bei der Polizei, sollen das BKA und
die Geheimdienste umgebaut werden. Den MAD
-
trifft dieser Umbau am stärksten. Es soll
mal ganz grundsätzlich ein bisschen
-
weggegangen werden von dem Prinzip, dass
Soldaten dort Soldaten beobachten. Da soll
-
mehr Distanz reinkommen. Das heißt, 400
zivile Mitarbeiter sollen eingestellt
-
werden. Das soll auch einen zivilen
Vizepräsidenten des MAD geben. Nur zum
-
Vergleich: der MAD hat jetzt so geschätzt
1200 Mitarbeiter ungefähr. Das heißt, es
-
wären ganz schön viele. Und es soll auch
eine Stelle beim Verteidigungsministerium
-
geben, die dafür sorgt, dass so wenn der
MAD die Hinweise auf rechtsextreme
-
Gesinnung hat, dass die irgendwie auch
disziplinarisch verfolgt werden diese
-
Hinweise. Dann hat sich in diesem Jahr
wieder in dieser öffentlichen Anhörung der
-
MAD-Chef Herr Gramm nochmal geäußert zu
der Frage: Gibt es rechtsextreme
-
Netzwerke?
Konstantin von Notz: Können Sie das kurz
-
und knackig sagen? Gibt es Netzwerke oder
ein Netz von Rechtsextremisten in der
-
Bundeswehr?
Gramm: Kurz und knackig antworte ich
-
darauf. Jein. Der Begriff des Netzwerks
ist ja nun – und da haben wir uns ja schon
-
mehrfach versucht zu verständigen – nicht
so richtig scharf greifbar. Für den einen
-
besteht ein Netzwerk darin, wenn drei
Leute miteinander telefonieren und sich
-
darüber austauschen, wie schrecklich
unsere Bundeskanzlerin hilfsweise gegen
-
viele Gesetze verstößt. Für andere ist ein
Netzwerk eine Chatgruppe im Internet und
-
ein Forum. Für wieder andere besteht ein
Netzwerk aus einer entschlossenen
-
Personengruppe, die das Ziel hat, die
freiheitlich demokratische Grundordnung zu
-
beseitigen. So wie die dritte Gruppe ist,
ist unser Verständnis vom Netzwerk im
-
Sinne eines Rechtsbegriff, weil so steht
es in Paragraf 4
-
Bundesverfassungsschutzgesetz drin. Das
schließt aber selbstverständlich nicht
-
aus, dass wir blind sind für
Vernetzungprozesse unterhalb dieser
-
entschlossenen Gruppierung. Dafür war ein
bisschen der Begriff der Schattenarmee
-
gebraucht. Und selbstverständlich sehen
wir, dass es hier Personen, Bildungen,
-
Zusammenschlüsse gibt auch unterhalb
dieser Schwelle. Anders formuliert: auch
-
Verfassungsfeinde können
selbstverständlich sich untereinander
-
vernetzen, sich austauschen, sich
wechselseitig in ihrer
-
verfassungsfeindlichen Überzeugung
verstärken. Und das tun die auch. Und
-
solche Zusammenhänge haben wir auch in der
Bundeswehr festgestellt.
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von Notz: Okay.
D: Also einmal im vergangengen Jahr ein
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Nein. Jetzt ein längliches Jein. Also kein
Netzwerk, aber eine doch deutliche
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Vernetzung. Uns bleibt nichts anderes
übrig als weiter zu recherchieren und das
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werden wir tun.
S: Wenn ihr unsere Texte lesen wollt, und
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taz.de/hannibal findet ihr sie. Ansonsten
gibt's da auch noch den Hashtag
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tazzahlich. Wir haben ein freiwilliges
Bezahlmodell. Bezahlt uns doch Geld.
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Darüber freuen wir uns auch. Vielen Dank
für die Aufmerksamkeit, auf jeden Fall,
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dass Ihr so früh aufgestanden seid, wenn
jetzt noch Fragen sind, fragt!
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Applaus
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Herald: Vielen herzlichen Dank für diesen
wirklich äußerst spannenden, aber auch
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sehr erschreckenden Vortrag. Wir haben
jetzt noch ein wenig Zeit für Fragen und
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wir würden mit einer Frage aus dem
Internet beginnen.
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Signal-Engel: Zunächst einmal danken Euch
sehr viele Leute im IRC und sie fragen, ob
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es personelle oder Zusammenhänge oder
Kontakte zu den Stay-Behind- und Gladio-
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Netzwerken gibt, die von der CIA initiiert
wurden.
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S: Das ist auch eine beliebte Frage von
Anfang an. Hashtag Hannibal gleich mit dem
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Hashtag Gladio? Wir haben da … also wir
sind grundsätzlich auf der Suche, auch wie
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viele andere, was für Kontinuitäten es
möglicherweise gibt von längeren sozusagen
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Organisationen, die vielleicht früher
anders hießen. Wir haben da bisher keine
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Erkenntnisse, dass es da ähnliche
Kontinuitäten oder Zusammenhänge zu diesem
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Phänomen gibt.
H: Als nächstes eine Frage aus dem Saal
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und zwar von der Nummer 7.
Mikro 7: Ist irgendwie bekannt, wie es
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dazu kommt, dass viele deutsche
Geheimdienste, Inlandsgeheimdienste so ein
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unvorstellbar enges, sehr beschränktes
Bild vom Rechtsextremismus haben? Wisst
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ihr dazu was?
D: Na ja, man kann dann natürlich, wie
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soll ich sagen, verschiedene Theorien
haben. Also der … Ich sag mal so: der
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Punkt ist, dass uns während dieser ganzen
Recherche relativ oft von Behörden gerade
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am Anfang vermittelt wurde, da wäre
nichts. Und wir haben auch öfter mal an
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uns selbst gezweifelt, ob wir vielleicht
etwas sehen, was gar nicht da ist. Der
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Punkt ist nur: es gab da es immer so
verschiedene Motivationen weiterzumachen.
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Ich zum Beispiel, ich bin ja Hashtag
Baseballschlägerjahre, in den 90ern in
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Ostdeutschland aufgewachsen. Ich kenne
dieses Gefühl, dass einem Behörden sagen,
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dass irgendwas nicht da ist (was dann
vielleicht doch da ist). Und von anderen
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sozusagen – wir hatten 'ne relativ diverse
Gruppe – wurden dann wiederum andere
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Gründe gesehen, warum man immer
weitermachen sollte. Ich würde zum
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Beispiel sagen. Stichwort Diversität. Es
ist ein Problem, zum Beispiel, der
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Geheimdienste, wenn dort nur männliche
weiße Juristen arbeiten, – und zum großen
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Teil ist es so – die sozusagen eine
bestimmte Ausbildung haben oder so. Dann
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zum Beispiel sehen wir das nicht. Also ich
weiß, Diversity klingt immer so als so'n
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soft, weiß ich nicht, so'n softes Wort
aber sozusagen bei deutschen
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Sicherheitsbehörden wäre es 'ne richtig
harte Nummer, wenn man das dort mal
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einziehen würde, weil es einfach
tatsächlich so ist. Leute mit
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unterschiedlichen Erfahrungen sehen
unterschiedliche Dinge. Dann gibt's
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irgendwie teilweise ziemlich … da gibt's
diese personellen Ü berschneidungen
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teilweise, von denen wir ja irgendwie
gesprochen haben, und personelle Nähe. Und
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dann ist das einfach auch so. Es ist
schwer … also auch wenn wir diesen Leuten
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gegenübergestanden haben, haben wir uns
öfter gefragt: Ist der jetzt rechtsextrem
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oder nicht? Ist das irgend so'n Spinner-
Opa, der irgendwie einfach zu viel
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irgendwie über, weiß ich nicht, seine
Vorfahren nachliest, die bei der SS sind?
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Oder ist das wirklich gefährlich? Es ist
oftmals einfach nicht so leicht
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einzuschätzen, vor allen Dingen nicht für
Geheimdienste und Organisationen, die
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gerne mit juristischen Begriffen und
Kategorien arbeiten. Also ist jemand so
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und so hart einzuordnen? Und daran ist ja
auch nicht alles falsch. Denn wenn wir
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sozusagen alles irgendwie mit Verdacht
erledigen würden in solchen Organisationen
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ist ja auch irgendwie klar, dass es nicht
nur sich auf Rechts beschränken würde,
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sondern auch bei … auch sozusagen sich im
linken Spektrum sozusagen manifestieren
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würde. Ich weiß nicht, ob das sozusagen
die Frage beantwortet. Das wäre sozusagen
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mein Gedanke dazu.
S: Noch ein ganz kurzer Hinweis zum
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Stichpunkt Diversität. Eigentlich stände
hier auch Christina Schmidt, unsere
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Kollegin. Achten wir auch drauf. Sie kann
leider heute nicht, aber es ist ganz viel
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nachzuhören zum Beispiel ein Podcast mit
kattascha, wo Christina noch viel mehr
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erzählt. Findet man alles online.
Kattascha: Genau. Unter denkangebot.org.
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Als nächstes noch eine Frage aus dem
Internet.
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Signal: Ja, es wird gefragt, ob es für
Euch wegen der Recherchen persönliche
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Konsequenzen gab oder
Einschüchterungsversuche.
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S: Ähm
D: Ähm … ja. Also sozusagen. Sebastian hat
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ja erzählt von diesem Beispiel. Wenn da so
Leute plötzlich vor einem stehen. Es gibt
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auch so Mails, in denen könnte man sagen
Dinge, die man als Morddrohung verstehen
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könnte, geäußert worden sind.
S: Aber nicht besonders spezifisch jetzt
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wegen dieser Recherche, würde ich sagen.
Also eigentlich eher erstaunlich wenig,
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sozusagen. Es gibt schon Leute, die uns da
nicht so richtig leiden können. Was immer
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ein bisschen inzwischen sehr witzig ist:
Der Verein Uniter. Am Anfang konnten sie
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sich, wenn man sie angefragt hat, noch
eine teure Rechtsanwaltskanzlei, eine sehr
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bekannte aus Köln leisten. Später haben
sie dann selbst geantwortet und so viel
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Quatsch immer geantwortet, dass es dann
irgendwie auch eher witzig war. So auf die
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Art haben die eben versucht uns am Anfang
so'n bisschen einzuschüchtern juristisch.
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Aber das war so absurd, dass es uns auch
nicht interessiert hat, ja.
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H: Dann hätten wir noch Zeit für eine
Frage aus dem Saal und zwar bei der Nummer
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8.
Mikro 8: Hallo? Ja. Vielen Dank für die
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Recherche und eine Frage zu dem Tag X, der
ja ganz oft genannt wurde. Gibt es da
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irgendwelche näheren Definitionen bzw. wer
definiert das? Und dann vor allen Dingen
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auch: wer ruft ihn denn aus?
S: Das ist auch 'ne gute Frage. Das weiß
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keiner so richtig. Es ist auch nicht klar
definiert, was ist der Tag X. Es gibt da,
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zumindest sozusagen, die öffentliche …
wenn man sie fragt ist dann eben dieses …
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'ne Naturkatastrophe. Es kann ja mal 'nen
Stromausfall geben, was es ja auch
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wirklich jetzt in Berlin-Köpenick ja zum
Beispiel auch mal ein, zwei Tage, drei
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Tage irgendwie gibt. Das ist ja alles
nicht unrealistisch. Und dass dann aber
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irgendwie … dass der nächste Schritt ist,
dass die staatliche Ordnung
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zusammenbricht, wie genau man das dann
auch definieren mag. Es gibt da keine
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klare Definition, aber innerhalb dieses
Netzwerks, ganz schnell kommt dann eben
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das: „Wir haben irgendwie zu viele
Migranten, die hier nach Deutschland
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kommen“, also das als Zitat, „ und die
überrennen uns und da müssen wir dann
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gucken und dann kann keiner mehr uns
irgendwie schützen. Dann müssen wir selber
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machen.“ Es gibt keine klare Definition.
Das macht's natürlich auch gefährlich,
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weil's auch 'ne Kleingruppe geben kann,
die sagen kann, die vielleicht, das jetzt
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mal als Beispiel, dass in Hamburg die
sagen kann: Hier brennt's irgendwie. In
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ein paar Straßen im Schanzenviertel gibt's
irgendwie Feuer. Vielleicht ist das schon
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Tag X und dann agieren sie. Oder ob der
Tag X vielleicht – auch eine These –
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ausgelöst werden kann künstlich. Und da
ist eben … Franco A. kommt da ins Spiel.
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Das ist 'ne These erstmal, die kann man …
da kommt ja der Prozess aber erst noch. Da
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weiß man nicht so im Detail, ob's da so'n
Zusammenhang gibt. Aber es könnte
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theoretisch sein, dass man sagt: „Ich als
Flüchtling, zum Beispiel als Syrer
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getarnt, begehe irgendwie einen Anschlag.“
Und dann könnte das ein Tag X sein, wo
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andere wieder reagieren. Das ist so zum
Beispiel eine Möglichkeit. Aber das ist in
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der Tat nicht klar definiert und deshalb
auch, ja, sehr diffus.
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H: So. Ich sehe hier noch ganz viele
Fragen. Wir haben leider nur noch Zeit für
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eine einzige und da würden wir das Mikro
Nummer 3 nochmal nehmen.
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Mikro 3: Hi. Ihr hattet auf Eurer
Netzwerkfolie den Timo H. erwähnt, der
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meines Wissens nach auch im NSU mit drin
hang. Wie sieht da genau die Beziehung
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aus?
S: Wir haben das hier mal aufgemalt. Diese
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Verbindung sind alle nicht zum NSU selbst,
sondern zu dem Umfeld eines NSU-Opfers,
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eben Michèle Kiesewetter in Böblingenbei
der Bereitschaftspolizei. Das ist uns eben
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aufgefallen, dass da einige Leute, die
damals in dieser Polizeieinheit waren,
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dann wieder aufgetaucht sind. Vor allem
Ringo M., der eben den Verein gegründet
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hat. Es tauchen auch so Leute auf wie
Thomas B., der unter anderem auch vorher
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mal aufgefallen ist, weil er illegal
Polizisten in Libyen ausgebildet hat. Und
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da ein Kollege war eben auch Timo H. Ob's
da ne Bedeutung weiterhin gibt, wissen wir
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nicht. Wir haben natürlich da viel
gesucht. Uns ist aber nur aufgefallen,
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dass da viele Leute wieder auftauchen.
Martin Hess, zum Beispiel, der auch in der
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Einheit war, sitzt jetzt im Bundestag für
die AfD und auch im Innenausschuss, wo
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dann eben Uniter, der Verein, den eben
dann andere Ex-Kollegen da unterwegs sind,
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dann auch sozusagen thematisiert. Das war
einfach nur 'ne Auffälligkeit. Und eben
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dann auch Timo H, der ja mal im Ku-Klux-
Klan unterwegs war. Das sind
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Auffälligkeiten, wo wir aber nicht wissen,
ob es da noch irgendeine Bedeutung
-
überhaupt gibt dahinter.
H: Ja. Vielen, vielen Dank Euch beiden!
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Noch einmal für diese sehr interessante
Recherche, ich würde sagen, nochmal einen
-
donnernden Applaus für Euch Beide und Euer
Team!
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Applaus
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36C3 Abspannmusik
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