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Deutsch – Überwachen und Sprache

  • Not Synced
    Herzlich willkommen zu meinem Talk. Vielen Dank für die nette Einführung
  • Not Synced
    Ihr seht der Talk hat den anspruchsvollen Titel "Überwachen und Sprache"
  • Not Synced
    Spielt natürlich auf Foucault an "Überwachen und Strafen"
  • Not Synced
    Allerdings, lange bevor Foucault die Genese der Disziplinargesellschaft dargestellt hat
  • Not Synced
    findet man in einem Kinderbuch eine sehr schöne moralische Erzählung
  • Not Synced
    die heißt "Das Kind im Glashaus" von Heinrich Oswalt entstanden 1877 und sehr weitsichtig
  • Not Synced
    In Frankfurt lebt ein Glasermeister,
    Herr Lebrecht Scheibenmann, so heißt er;

  • Not Synced
    Der hat ein kleines Töchterlein,
    Das wollte nie gewaschen sein.
  • Not Synced
    Und kam mit Schwamm und Seif sein Gretchen,
    Da lief davon das böse Mädchen;
  • Not Synced
    Es warf sogar den Waschtisch um -
    Das Wasser floß im Haus herum.
  • Not Synced
    Da fing Herr Lebrecht Scheibenmann
    Ein seltsam Haus zu bauen an,
  • Not Synced
    Aus lauter Glas ein Haus, das, ach!
    Durchsichtig war bis unters Dach.
  • Not Synced
    Und in dies Glashaus setzte man
    Das böse Töchterlein sodann.
  • Not Synced
    Da blieben, um es anzusehn,
    Die Leute auf der Straße stehn.
  • Not Synced
    […]
    Da schämte sich das Kind und lief
    Im ganzen Haus herum und rief:
  • Not Synced
    “Wo soll ich mich denn nur verstecken?
    Man sieht mich ja in allen Ecken!
  • Not Synced
    Das Dach, der Keller, jedes Zimmer
    Ist ja von Glas! man sieht mich immer!”
  • Not Synced
    Die Mutter sprach: “Mein liebes Kind!
    Ein Mittel gibt’s, das hilft geschwind:
  • Not Synced
    Wenn dich die Leute artig sehn
    Dann werden sie vorübergehn;
  • Not Synced
    […]
    Das merkte sich das Töchterlein;
    Es nahm sich vor, geschickt zu sein.
  • Not Synced
    Und weil’s beim Waschen nicht mehr schrie,
    Da lachten auch die Leute nie;
  • Not Synced
    Denn jeder, der ins Haus jetzt blickt,
    Der sieht ein Kind, das ganz geschickt.
  • Not Synced
    Und habt Ihr selbst ein Kind, Ihr Leut’,
    Das bei dem Waschen immer schreit,
  • Not Synced
    Sagts nur Herrn Lebrecht Scheibenmann,
    Der schafft Euch gleich ein Glashaus an.
  • Not Synced
    Ja, da … erste Applausansätze
    [Applaus]
  • Not Synced
    Ja, interessante Geschichte, die natürlich sehr gut auf unsere Zeit passt
  • Not Synced
    denn Lebrecht Scheibenmann heißt Keith Alexander und arbeitet für die NSA
  • Not Synced
    Die NSA hat aus unser aller Zuhause Glashäuser gemacht
  • Not Synced
    wir können alle gesehen werden in diesen Glashäusern
  • Not Synced
    und man weiß nicht, bzw. ich bin mir ziemlich sicher, dass man damit pädagogische Ziele verfolgt
  • Not Synced
    dass bestimmte Handlungen nicht mehr als akzeptabel gelten
  • Not Synced
    und dass wir diese Beobachtung verinnerlichen
  • Not Synced
    Bei dieser Beobachtung spielt Sprache natürlich eine ganz wichtige Rolle
  • Not Synced
    Viele unserer Äußerungen finden im Medium der Sprache statt
  • Not Synced
    Das hat auch viele Hacker auf die Idee gebracht, dass wir die NSA austricksen mit einer Seite wie "Hallo NSA"
  • Not Synced
    Eine Website, die wie ein „Bullshitter“ verdächtige Wörter zu Botschaften zusammensetzt
  • Not Synced
    und diese dann getweetet, gemailt oder verchattet werden sollen
  • Not Synced
    um soetwas zu erreichen wie hier "Operation Troll the NSA“
  • Not Synced
    dass man die NSA-Scanners jammen kann, dass man eine DDOS Attacke machen kann.
  • Not Synced
    indem man einfach zu viel Content schickt, der quasi verdächtig ist auf der Basis von Keywords
  • Not Synced
    In meinem Vortrag soll es darum gehen, dass dieses Bild von der NSA falsch ist.
  • Not Synced
    Wir können nicht davon ausgehen, dass in der NSA die Leute tatsächlich bei Anzeige eines Keywords
  • Not Synced
    sofort etwas ausdrucken und zu einer [Gelächter]
    Analyse schreiten und sich das genauer anschauen
  • Not Synced
    in der Annahme das sei eine sehr intensive Tätigkeit
  • Not Synced
    und deswegen ist ein Keyword-Spam-DDoS natürlich erfolglos
  • Not Synced
    Ihr alle werdet vermutlich die thanksgiving taklkingpoints der NSA gelesen haben.
  • Not Synced
    Ich weiß nicht, ob ihr darüber gestolpert seid, dass unter Punkt 4 etwas ganz wichtiges steht
  • Not Synced
    “NSA brings together the best linguists, analysts, mathematicians, engineers and computer scientists
  • Not Synced
    in the United States.“
    und die Linguisten werden als erstes genannt.
  • Not Synced
    [Lachen]
  • Not Synced
    Also da sieht man, der NSA ist durchaus bewusst, dass Sprache ein wichtiges Medium ist
  • Not Synced
    und das auch für sie sehr wichtig ist. Insofern macht es
    durchaus Sinn, sich damit zu beschäftigen
  • Not Synced
    Zufälligerweise wurde vom Innenminister die neuste Analysesoftware geleakt, der "Advanced Security Toolkit"
  • Not Synced
    Entwickelt vom Leibnitz-institut für verteiltes Echtzeit-Java. [Gelächter]
  • Not Synced
    Wir gucken uns zunächst unsere heutige Mission an.
  • Not Synced
    Die heutige Aufgabe besteht darin, die deutsche Bloggerszene unter die Lupe zu nehmen
  • Not Synced
    die radikalisiert sich ja offenbar seit Regierungsübernahme durch die Große Koalition
  • Not Synced
    wichtig ist es, zu schauen, ob Aktionen in Vorbereitung sind, und ggf. radikale Subjekte zu identifizieren,
  • Not Synced
    die sich da besonders hervortun. Zunächst wählen wir unsere Targets, wir kriegen natürlich welche vorgeschlagen
  • Not Synced
    Leider kann ich nur eine kleine Auswahl möglicher Targets präsentieren. Ich hätte gerne noch viel mehr genommen
  • Not Synced
    Es gibt ein paar gesellschaftskritische Blogs und Newssites
  • Not Synced
    wie blog.fefe.de, indymedia, Mädchenmannschaft, Netzpolitik.org, rebellmarkt.blogger.de
  • Not Synced
    Und religiös motivierte Webseiten, wie kreuz.net, islambruderschaft.com-blog und Diskussionsforum salafistisches
  • Not Synced
    und wir bestätigen natürlich die Auswahl. Das ist eine sehr sinnvolle Auswahl
  • Not Synced
    Folgende Analysen sind möglich. Ich kann natürlich nur eine Auswahl an möglichen Analysetools heute zeigen
  • Not Synced
    Ich würde gerne viel mehr zeigen, aber die Zeit wird nicht reichen.
  • Not Synced
    Zunächst gucken wir uns an, was schreiben Autoren über mögliche sensible Ziele
  • Not Synced
    Wir machen also mal eine Zielanalyse.
  • Not Synced
    diese untersucht auf Basis von Named-Entity-Recognition die Kollokation zu möglichen Terrorzielen
  • Not Synced
    Wir müssen … was ist das denn? … wir gucken mal ins Handbuch rein, was Named Intities sind
  • Not Synced
    ist ja unser erster Tag heute
  • Not Synced
    Named-Entities sind zunächst mal Ausdrücke, die eine Identität eindeutig von anderen Entitäten mit ähnlichen Attributen unterscheiden
  • Not Synced
    Man denkt spontan an Namen, aber es ist nicht so trivial zu sagen was ein Name ist
  • Not Synced
    Named-Entitiy-Recognition ist entsprechend das Verfahren, wie man solche Named Entities identifiziert
  • Not Synced
    Es gibt sicherlich unterschiedliche Klassen von Named Entities, bspw. Personen, Organisationen, Orte
  • Not Synced
    Manchmal ist auch nicht so deutlich zu was eine bestimmte Named Entity gehört. z.B. „der Bundestag“
  • Not Synced
    das kann sowohl ein geografischer Ort sein, als auch eine Organisation
  • Not Synced
    Jetzt müssen wir noch wissen, was Kollokationen sind
  • Not Synced
    Das sind statistisch überzufällig häufige Wortkombinationen
  • Not Synced
    d.h. “we define a collocation as a combination of two words, that exhibit a tendency to occur near each other in natural language that is to cooccur”
  • Not Synced
    also z.B. „ein Weg einschlagen“, „ein Weg gehen“
  • Not Synced
    Das sind typische Verbindungen zwischen den Worten „Weg“, „gehen“ bzw. „einschlagen“
  • Not Synced
    und diese Verbindungen bilden Kollokationen, wenn sie überzufällig sind
  • Not Synced
    wie wir mit statistischen Tests feststellen können
  • Not Synced
    und wir können die in natürlicher Sprache beobachten
  • Not Synced
    Ein Beispiel – ihr müsst das jetzt nicht lesen können – ich wollte ein Beispiel zeigen zum Wort „Spezialexperte“
  • Not Synced
    man sieht hier das “keyword in context”, also das gesuchte Schlüsselwort
  • Not Synced
    und man sieht die Kontexte dieses Wortes, also einen „ausgesuchten Spezialexperten für Internetfragen“ haben sie wohl nicht gefunden
  • Not Synced
    Wir müssen kein Ratespiel machen, aus welchem Blog das wohl stammen könnte
  • Not Synced
    Was man dann macht, bei einer Kollokationsanalse
    man untersucht Kontexte
  • Not Synced
    z.B. hier fünf Wörter links, fünf Wörter rechts bis Satzanfang oder -ende
  • Not Synced
    Man zählt einfach die Wörter, die im blauen Bereich stehen
  • Not Synced
    und vergleicht die relative Frequenz mit Wörtern, die links und rechts im weißen Bereich stehen
  • Not Synced
    Wenn ein Wort signifikant häufiger im blauen Bereich vorkommt, kann man sagen, es ist eine Kollokation des Worts „Spezialexperte“
  • Not Synced
    Hier fällt bspw. auf „kriegen“ oder „Adobe-Spezialexperten“
  • Not Synced
    Man kann Kollokationen als Graphen visualisieren
    [Gelächter]
  • Not Synced
    Die Knoten bezeichnen Lexeme, (ich weiß jetzt nicht, wass es da zu lachen gibt) [mehr Gelächter]
  • Not Synced
    (das ist ernste Linguistik!) und die Kanten bezeichnen „ist Kollokation von“
  • Not Synced
    Sie sehen also hier „die besten der besten, Sir“, Sarrazin und Mehdorn gehören dazu.
  • Not Synced
    Es wuchert ein bisschen weiter. „Adobe-Backup“, „Backup-Spezialexperten“ … interessant
  • Not Synced
    Ok. Wir sind im Bereich der Zielanalyse. Wir starten mal die Analyse.
  • Not Synced
    Was machen wir da eigentlich? Was wir machen ist, wir erkennen in allen Corpora alle Named Entities
  • Not Synced
    Wir berechnen das erstmal mit Methoden maschinellen Lernens.
  • Not Synced
    D.h. man untersucht bestimmte Kontexte in denen Named Entities stehen.
  • Not Synced
    Wir haben einen Trainings-Corpus, in dem steht bereits drin, was Named Entities sind
  • Not Synced
    bspw. dass „Bundestag“ eine Organisation ist und die Software lernt aus diesen Kontexten
  • Not Synced
    was typische Kontexte für solche Named Intities sind und versucht diese auf neue Corpora anzuwenden
  • Not Synced
    Was wir hier machen: wir identifizieren in allen Corpora, in allen Blogs, die wir untersuchen die Named Entities.
  • Not Synced
    wir kategorisieren diese Named Entities nach Personen, Organisationen, geografischen Orten und sonstigen
  • Not Synced
    und dann berechnen wir die Kollokationen eben zu relevanten Named Entities.
  • Not Synced
    z.B. „Angela Merkel” könnte interessant sein oder sowas.
  • Not Synced
    Und dann schauen wir auch in den Kollokationen, ob darin irgendwelche Gefährderwörter sind.
  • Not Synced
    Also Wörter, die auf Anschlagsplanungen oder sonstiges hindeuten. Das machen wir jetzt.
  • Not Synced
    die Analyse ist offenbar abgeschlossen und Ergebnis ist, wir haben Gefahrenstufe 1 von 5, also nicht weiter tragisch
  • Not Synced
    die Software schlägt uns eine Überprüfung der Gefährdungslage in Hinblick auf Berlin vor
  • Not Synced
    also der Ortsangabe bei donalphonso, Rebellmarkt-Blogger
  • Not Synced
    Potentielles Ziel bei Fefe ist SPD und bei der Mädchenmanschaft sollen wir nach Christina Schröder als Person gucken [Gelächter]
  • Not Synced
    Wir haben jetzt zum Beispiel als Auftrag bekommen, warum donalphonso Böses über Berlin schreibt und ggf. etwas plant
  • Not Synced
    Wir können uns jetzt Kollokationsgraphen anzeigen lassen oder Geokollokationen
  • Not Synced
    D.h. wir haben eine Landkarte und darauf stehen an den Orten, über donalphonso schreibt, die Kollokationen zu den Orten
  • Not Synced
    In Amerika schreibt er über Boy(?) und Kultur, Einzeltäter, verwirrt und „hassen Mail“ und sowas
  • Not Synced
    Deutschland, Mitteleuropa ist natürlich im Fokus. Das geht auch bis Italien runter
  • Not Synced
    Da sieht man auch, worüber donalphonso so schreibt.
  • Not Synced
    Wir nähern uns Berlin. Da sind zu viele Kollokationen als dass wir sie alle auswerten könnten
  • Not Synced
    Deswegen schauen wir uns den Kollokationsgraphen an und suchen nach Hinweisen auf Terror, der stattfinden könnte
  • Not Synced
    Ich lese einige vor: „Berlin“, „Slum“, „Reichshauptslum“, „arm“, „Transferleistung“, „abscheulich“, „Berliner Hipster“ [Gelächter]
  • Not Synced
    Das zeigt zwar eine sehr negative Haltung zu dem Gegenstand, aber ich würde nicht sagen terrorverdächtig.
  • Not Synced
    Das weitere potentielle Ziel waren die Organisationen „SPD“ bei Fefe
  • Not Synced
    Wir lassen uns den Kollokationsgraphen anschauen. Fefe und die SPD. [Gelächter]
    [Gelächter]
  • Not Synced
    hey „Verräterpartei“, „Umfallerpartei“, mal kurz zurück
  • Not Synced
    Insgesamt in der gesamten Liste fanden sich tatsächlich so Wörter wie:
  • Not Synced
    „erhängen“, „erzwingen“, „Spitzenkandidat“, „Verräterpartei“, „Umfallerpartei“, „Pest“, „Cholera“ [Gelächter, Applaus]
  • Not Synced
    Wenn wir uns den Kollokationsgraphen anschauen, dann merken wir schon, das sind Vorwurfshandlungen.
  • Not Synced
    Aber da wird nicht geplant, dass der Spitzenkandidat um die Ecke gebracht werden soll von Fefe
  • Not Synced
    Wir machen jetzt weiter mit dem Ideologiemonitor. Wir wollen jetzt mal messen …
  • Not Synced
    Es ist belegt, dass die NSA viele Softwarepatente für Algorithmen zu Named-Entity-Recognition angemeldet hat
  • Not Synced
    Es wurde in der Tat viel in dem Bereich Forschung betrieben vor einiger Zeit
  • Not Synced
    Aber man findet zunächst heraus, was interessante Targets sind und was über sie gesagt wird
  • Not Synced
    Das kan man sicherlich noch besser machen, in dem man Idieologien misst.
  • Not Synced
    Was wir jetzt berechnen wollen ist die Ähnlichkeit von Texten, von Blogs zu bestimmten weltanschaulichen Ideologien
  • Not Synced
    Wir haben die Möglichkeit, linksextreme, rechtsextreme oder islamistische Einstellungen zu messen
  • Not Synced
    Das machen wir so, dass wir typische Kollokationen berechnen … also zu einem bestimmten Korpus
  • Not Synced
    Von diesem Korpus lernen wir. Das ist also das Vergleichsmodell.
  • Not Synced
    Wir nehmen mal die „Islambruderschaft“. Die hat ein Blog und da schreiben sie böse Sachen
  • Not Synced
    und wir lernen von diesem Blog: was sind typische Wortverbindungen, die wir als islamistisch betrachten können
  • Not Synced
    wir wollen gerne wissen, wer in einem salafistischen Diskussionsforum besonders viel von radikalislamischer Ideologie hat
  • Not Synced
    also das ist ein ganz fieses Untersuchungsprogramm, das wir hier starten. Ja, die Analyse läuft
  • Not Synced
    Das Ziel ist es, wie sind bestimte Texte von bestimmter Ideologie durchdrungen
  • Not Synced
    und wir gleichen ein salafistisches Diskussionsforum mit unserem Trainingskorpus ab
  • Not Synced
    und dieses Trainingscorpus ist ein Blog von der Islambruderschaft
  • Not Synced
    was wir bekommen sind Wortverbindungen, die womöglich auf islamistische Grundhaltungen verweisen
  • Not Synced
    – also ich hoffe, ihr denkt die Anführungszeichen immer mit –
  • Not Synced
    Wir haben hier „Allah -> Krieg“, „Bombe -> Jahr -> Feind“, „Kufr -> beleidigen“, „Gesetz -> Islam“, „Bedeutung -> Jihad“, „Allah -> Afghanistan“, „martern -> Kufr“, usw.
  • Not Synced
    Also es gibt eine ganze Reihe dieser Wortverbindungen, die wir aus diesem Korpus lernen
  • Not Synced
    und jetzt schauen wir, wie diese Wortverbindugnen in personenspezifischen Korpora von Mitgliedern
  • Not Synced
    in diesem Diskussionsforum vorkommen. Wir sehen hier einen User – natürlich ist der Nickname nicht echt
  • Not Synced
    man sieht es ein bisschen schlecht, aber hier sind rote Verbindungen angeleuchtet
  • Not Synced
    Das sind islamistische
    [Gelächter]
  • Not Synced
    Das sind sämtliche Kollokationen in diesem Korpus mit der höchsten Typizität
  • Not Synced
    und solche Verdichtungspunkte verweisen auf bestimmte Themen
  • Not Synced
    Wir haben auch den User „JihadFan“ [Gelächter] – der aber offenbar auch nicht so jihadistisch unterwegs ist
  • Not Synced
    weil es sind relativ wenige – wir haben aber die Userin „Muslima“ – und leider sieht man das jetzt wirklich nicht so gut
  • Not Synced
    ich mach es mal ein bisschen größer – bei ihr sehen wir relativ viele rote Verbindungen
  • Not Synced
    wir können uns natürlich auch ein paar verdächtige Verbindungen anschauen
  • Not Synced
    jetzt müssen wir wieder klein werden – da sind solche Verbindungen wie „der -> ganzen -> Welt -> Frieden -> Krieg -> bringen“
  • Not Synced
    Da sind Verbindungen wie „Bombadierung -> Zivilist -> schlachten -> martern -> Invasoren“, „erfolgreiche -> Operation“
  • Not Synced
    oder Verbindungen wie „Koran -> Taliban -> edel -> Sieg“, die vielleicht auf das Schreiben über das Thema hindeuten
  • Not Synced
    das heißt, wir würden sagen, das wäre ein Ziel für weitere operative Maßnahmen, diese Userin,
  • Not Synced
    und das schicken wir ab und dann geht es weiter.
  • Not Synced
    Damit haben wir aber nichts mehr zu tun, denn wir sind ja nur Linguisten. [Gelächter, Applaus]
  • Not Synced
    Ich deute das als Zustimmung. Gut, wir fahren mit weiteren Analyseschritten fort.
  • Not Synced
    Und zwar messen wir Radikalität. Radikalität ist etwas, das man so ohne weiteres erstmal nicht messen kann
  • Not Synced
    denn es ist ja selbst ein ideologisches Konzept
  • Not Synced
    Wir – vom Innenministerium – verstehen unter Radikalität zunächst eine stark negative Weltsicht
  • Not Synced
    wir verstehen darunter eine Intoleranz gegenüber abweichenden Auffassungen, also ein schwarz-weißes Weltbild
  • Not Synced
    wir verstehen darunter eine hohe emotionale Involviertheit
  • Not Synced
    und eine Neigung zu Verschwörungstheorien
    [vereinzeltes Gelächter] Ja!
  • Not Synced
    Das ist nicht ganz vom Himmel gefallen. Es gibt tatsächlich Forschungsliteratur, die diese Punkte nennt
  • Not Synced
    wie operationalisieren wir das jetzt, also eine negative Weltsicht? Ich möchte euch zwei Ansätze vorstellen
  • Not Synced
    Es gibt also den sehr einfachen, listenbasierten Ansatz. Man sagt, wir haben eine bestimmte Liste von Wörten,
  • Not Synced
    deren Bedeutung wir kennen und gucken, wie häufig finden sich die Listenelemente in Texten
  • Not Synced
    Bspw. wenn wir „negative Weltsicht“ operationalisieren wollten, könnten wir sagen, wir suchen nach Phrasen
  • Not Synced
    oder auch Vokabeln, die skandalisieren, wie: „Blindheit“, „Blödheit“, „Bodenlosigkeit“, „Chaos“, „Debakel“,
  • Not Synced
    „Desaster“, „Dreistigkeit“, „Dummheit“, das könnte man alles anders nennen, könnte Indikator sein für negative Weltsicht
  • Not Synced
    Wir haben auch den Gebrauch von negativ wertenden Adjektiven. Nur mal die ersten: „abartig“, „aberwitzig“,
  • Not Synced
    „abfällig“, „abgedroschen“, „abgegriffen“, „abgeschmackt“, usw. Insgesamt 700, oder so
  • Not Synced
    das wäre also der listenbasierte Ansatz.
  • Not Synced
    Was wir natürlich auch machen können ist ein schwarzweißes Weltbild operationalisieren
  • Not Synced
    das kann man mit Hilfe von „semantischen Taxonomien“ machen. Semantische Taxonomien beschreiben die Relationen
  • Not Synced
    zwischen Wörtern in unserem Wortschatz, bspw. könnte auf schwarzweiß-Denken in Texten hindeuten
  • Not Synced
    eine hohe Frequenz von „polaren Antonymen“, also Gegensatzwörtern, die man ohne degradierte Form gebracht
  • Not Synced
    also dass man sagt „lang“ und „kurz“ statt „länger …“ oder „kürzer als“.
  • Not Synced
    Noch deutlicher wird es vielleicht bei Wörtern, die gar nicht gradierbar sind, wie „wahr“ oder „falsch“,
  • Not Synced
    „tot oder lebendig“, „anwesend oder abwesend“, „dafür oder dagegen“. Da gibt es nichts dazwischen,
  • Not Synced
    die sind komplementär und ihr Gebrauch, könnte man meinen, lässt Rückschlüsse auf ein schwarzweißes Weltbild zu.
  • Not Synced
    Emotionale Involviertheit könnte man operationalisieren mit Hilfe von Gradpartikeln
  • Not Synced
    das ist sowas wie „ich finde das absolut toll“, oder „total toll“. Ja, nicht nur „toll“, sondern „total“
  • Not Synced
    Das wäre bspw. ein Gradpartikel aus dem absoluten Intensivierungsbereich
  • Not Synced
    wir können Gradpartikel unterscheiden nach Intensivierungsbereichen und es gibt unterschiedliche Abstufungen
  • Not Synced
    wie den „absoluten“ Intensivierungsbereich, in den „absolut“, „gänzlich“, „grundlegend“, „gründlich“,
  • Not Synced
    „im geringsten“, „komplett“, „längst“, „rein“ usw. reinfallen, den „extrem hohen“ Intensivierungsbereich:
  • Not Synced
    „höchst“, „äußerst“, „zutiefst“, „aufs äußerste“, „aufs höchste“, „aufs Tiefste“, „höchstlichst“, usw.
  • Not Synced
    und den hohen Intensivierungsbereich mit „sehr“, „stark“, „gewaltig“, „besonders“, „so“, „arg“, „übertrieben“ usw.
  • Not Synced
    Wenn wir die Distribution dieser Gradpartikel in Korpora messen, dann könnten wir sagen:
  • Not Synced
    vielleicht sind die Indikator für emotionale Involviertheit. Und die Neigung zu Verschwörungstheorien
  • Not Synced
    das ist natürlich besonders schwierig zu operationalisieren, da haben wir einfach
  • Not Synced
    eine Liste von Wörtern genommen, die darauf verweisen, dass vielleicht etwas nicht so ist, wie es sein könnte
  • Not Synced
    wenn man Wörter hat wie „angeblich“, „vermeintlich“, „scheinbar“, „behaupten“, „heucheln“,
  • Not Synced
    „verheimlichen“, „verschweigen“, „fingieren“, „vorgaukeln“, „entlarven“, usw
  • Not Synced
    das sind natürlich Wörter, die zumindest das Potential haben, darauf zu verweisen,
  • Not Synced
    dass die Welt nicht so ist, wie sie uns verkauft wird oder dargestellt wird.
  • Not Synced
    Und das findet man natürlich eher bei Personen, die Verschwörungstheorien anhängen
  • Not Synced
    Wenn man jetzt den Radikalitätsindex berechnet – das hier sind normalisierte Werte – dann kann man sehen
  • Not Synced
    dass Fefe, knapp gefolgt von donalphonso und mit kleinem Abstand das salafistische Forum [Gelächter]
  • Not Synced
    und weiterem Abstand kreuz.net hier aufschlagen. Fefe hat nirgendwo die erste Position, muss man dazu sagen
  • Not Synced
    also auch bei den Verschwörungen nicht, da schlägt kreuz.net Fefe noch um Längen
  • Not Synced
    – interessanterweise übrigens, wie ich fand –
  • Not Synced
    und donalphonso ist also tatsächlich ein großer Skandalisierer und Intensivierer, kann man feststellen
  • Not Synced
    wenn man sich noch einmal das Ranking anschaut, dann sieht das so aus … Fefe, donalphonso, salafistische …
  • Not Synced
    Also ob wir operative Maßnahmen einleiten überlasse ich euch. Ich würde sagen, wir behalten die im Auge.
  • Not Synced
    Das waren jetzt ein paar Techniken, die ich euch darstellen wollte, die wenig zu tun haben mit dem „Keywordbullshitter“
  • Not Synced
    den wir gesehen haben. Denn diese Keywords selbst spielen eine sehr geringe Rolle bei den Analysen, besonders wie zuletzt gesehen
  • Not Synced
    Ich denke die Linguistik und die NSA-Linguisten sind sicherlich sehr viel weiter um e-Mails zu filtern
  • Not Synced
    Ich denke, wenn man sich den Rechenschaftsbericht der G10-Kommission anschaut, die die deutschen Geheimdienste überwachen
  • Not Synced
    die hatten ja zunächst so dargestellt es wurden so wahnsinnig viele e-Mails gescreent, aber das meiste davon war Spam
  • Not Synced
    und wenn man sich den neueren Bericht anschaut, dann steht da, wir haben die Spamerkennung verbessert
  • Not Synced
    und es wurden deswegen sehr viel weniger e-Mails. Aber es ist auch die Rede von mehreren Ebenen des Screenings
  • Not Synced
    und es werden erst zu einem sehr späten Zeitpunkt e-Mails tatsächlich in die Hand genommen und qualitativ ausgewertet
  • Not Synced
    und ich denke, dass vielleicht der allererste Zugriff über ein Keyword erfolgt, das auch sehr allgemein gehalten sein kann
  • Not Synced
    dass die weiteren Ebenen dann natürlich viel feinere Analysen beinhalten, die eben Kollokation, semantische Taxonomien
  • Not Synced
    oder Topic-Modelling, über das ich heute leider nicht sprechen kann, benutzen
  • Not Synced
    Ja, ich bin noch nicht fertig. Vielleicht kennen einige von euch den Film „Alphaville“?
  • Not Synced
    Alphaville ist ein Film von Jean-Luc Godard, in dem es darum geht dass Lemmy Caution, ein Spion,
  • Not Synced
    in die Stadt Alphaville kommt, die von einem allmächtigen, diktatorischen, totalitären Computer beherrscht wird: Alpha 60
  • Not Synced
    und ein Teil seiner Aufgabe ist es, diesen Computer auzuschalten und den Erzeuger von Braun zu finden.
  • Not Synced
    Er spricht dann mit einem der Programmierer dieses Computers, einem Assistenten von von Braun
  • Not Synced
    und der Assistent fragt ihn: „Sind Sie auch ein Spion?“ – Ich kann den Screenshot wegen Urheberrecht leider nur so zeigen
  • Not Synced
    Darauf sagt Lemmy Caution: „Nein, das wissen Sie genau, ich bin nämlich ein freier Mann!“
  • Not Synced
    Daraufhin sagt der Assistent: „Ihre Antwort ist bedeutungslos. Wir wissen nichts.
  • Not Synced
    Wir registrieren, berechnen und ziehen unsere Schlussfolgerungen.“
  • Not Synced
    Und dieser Satz erfasst eigentlich das Problem, das wir mit den Diensten haben, relativ gut.
  • Not Synced
    Denn die Dienste unterwerfen unsere Lebensäußerungen einer Logik, die zunächst nicht unsere Logik ist
  • Not Synced
    sie werten sie nach bestimmten Mustern aus: „Wir registrieren, berechnen…“, sie ziehen Schlussfolgerungen daraus
  • Not Synced
    aber sie müssen sich dafür nicht rechtfertigen. Sie müssen ihre Methoden nicht offenlegen
  • Not Synced
    und ihre Logik nicht zur Diskussion stellen. Und genau das ist das Problem.
  • Not Synced
    Das ist aber ein Kennzeichen für alle totalitären Systeme, dass sie ihre Logik nicht rechtfertigen müssen.
  • Not Synced
    Wir wissen überhaupt nicht, was überhaupt verdächtig sein könnte
  • Not Synced
    und der Grund dafür ist, dass diese Diese eben im Geheimen operieren können
  • Not Synced
    und unsere Aufgabe sollte es sein, diese Methoden öffentlich zu machen, diese Methoden zu diskutieren
  • Not Synced
    zu beweisen, dass diese Methoden fehlerhaft sind und unglaublich viele „false positives“ produzieren
  • Not Synced
    und dass wir es deswegen lieber lassen sollten und wir vielleicht ein paar Scheiben ins Glashaus werfen
  • Not Synced
    Vielen Dank
  • Not Synced
    [Applaus]
  • Not Synced
    Ja vielen Dank, Josh, für diesen richtig coolen Talk. Was auch cool ist:
  • Not Synced
    Was auch cool ist, wir haben noch richtig viel Zeit für Fragen und Antworten
  • Not Synced
    Wir haben vier Saalmikrofone hier, wir haben zwei auf jeder Seite
  • Not Synced
    für Leute, denen es schwerer fällt, zum Saalmikro zu kommen, habe ich auch das tragbare Handmikro
  • Not Synced
    und wir können noch gucken, ob es Fragen aus dem Internet gibt und die dann dem Signal Angel stellen
  • Not Synced
    seid nicht so schüchtern, wir haben noch eine halbe Stunde, das war ja wohl ein guter Input
  • Not Synced
    wenn ihr also ne Frage habt, dann bewegt euch da.
  • Not Synced
    Ja vielleicht fangt ihr an, euch zu den Mikrofonen zu bewegen, geht das auch für euch beide?
  • Not Synced
    Dann komm ich gleich zu dir, dann die erste Frage
  • Not Synced
    Wie ist denn das mit diesen Kollokationen und Kultureller Kontext? Also es könnte sein, dass wir jetzt bspw.
  • Not Synced
    da wollte jetzt ein Osama ein Konto eröffnen und das wurde ihm verweigert, weil er Osama heißt
  • Not Synced
    dass wir dann diese Kollokation zwar feststellen, aber dass der Name Osama ein recht häufiger im arabischen Kontext ist
  • Not Synced
    wie wird damit umgegangen, dass das etwas ganz normales dort ist, für uns aber sofort verdächtig erscheint?
  • Not Synced
    Vielen Dank, ich weiß nicht auf welcher Ebene ich die Frage beantworten soll.
  • Not Synced
    Aus linguistischer Perspektive kann man damit, glaube ich, recht gut umgehen, indem man weiteren Kontext hinzunimmt
  • Not Synced
    und relativ schnell disambiguieren könnte, dass es sich eben nicht um Osama bin Laden handelt,
  • Not Synced
    vor allem weil der ja auch schon tot ist
    [Gelächter]
  • Not Synced
    aus Sicht eines Analytikers, der vielleicht gar nicht versteht, was unter der Haube eines solchen Toolkits läuft, ist es erstmal egal
  • Not Synced
    denn er folgt seiner Logik, er hat seine Mission und wie gesagt, die Menge an False positives ist riesig
  • Not Synced
    das wird eben damit gerechtfertig, dass das, was auf dem Spiel steht, so monströs ist, wenn es denn fiele, dass jedes Mittel rechtfertigt
Title:
Deutsch – Überwachen und Sprache
Description:

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Video Language:
German
Duration:
58:48

German subtitles

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