WEBVTT 00:00:06.769 --> 00:00:09.708 Du hörst das sanfte Rauschen der Wellen, 00:00:09.708 --> 00:00:11.913 das weit entfernte Krächzen einer Seemöwe. 00:00:11.913 --> 00:00:15.820 Aber dann stört ein nerviges Summen die Ruhe, 00:00:15.820 --> 00:00:19.459 es kommt näher, und näher, und näher. 00:00:19.459 --> 00:00:21.568 Bis ... klatsch! 00:00:21.568 --> 00:00:25.937 Du erledigst die angreifende Mücke und es kehrt wieder Ruhe ein. NOTE Paragraph 00:00:26.617 --> 00:00:29.190 Wie hast du das Geräusch von weitem erkannt 00:00:29.190 --> 00:00:31.730 und den Verursacher so genau ins Ziel genommen? 00:00:31.730 --> 00:00:35.466 Die Fähigkeit, Geräusche zu erkennen und ihre Herkunft zu identifizieren, 00:00:35.466 --> 00:00:38.518 verdanken wir unserem Hörsystem. 00:00:38.518 --> 00:00:42.900 Das hat zwei Hauptbestandteile: das Ohr und das Gehirn. 00:00:42.900 --> 00:00:47.174 Die Aufgabe des Ohrs ist es, Schallenergie in neurale Signale zu verwandeln; 00:00:47.174 --> 00:00:50.889 die des Gehirns ist es, die Informationen dieser Signale zu empfangen 00:00:50.889 --> 00:00:52.079 und zu verarbeiten. NOTE Paragraph 00:00:52.079 --> 00:00:53.898 Um zu verstehen wie das funktioniert, 00:00:53.898 --> 00:00:57.547 können wir einem Geräusch auf seiner Reise ins Ohr folgen. 00:00:57.547 --> 00:00:59.621 Die Quelle des Geräuschs macht Vibrationen, 00:00:59.621 --> 00:01:03.323 die sich als Druckwellen durch Partikel in der Luft, 00:01:03.323 --> 00:01:05.721 Flüssigkeiten oder Feststoffe verbreiten. 00:01:05.725 --> 00:01:07.986 Aber unser inneres Ohr, Cochlea genannt, 00:01:07.986 --> 00:01:11.966 ist eigentlich mit salzwasserähnlichen Flüssigkeiten gefüllt. 00:01:11.966 --> 00:01:15.852 Das erste Problem ist also, wie man diese Schallwellen, 00:01:15.852 --> 00:01:17.532 wo immer sie auch herkommen, 00:01:17.532 --> 00:01:20.249 in Wellen in der Flüssigkeit umwandelt. 00:01:20.249 --> 00:01:23.833 Die Lösung ist das Trommelfell, auch Myrinx genannt, 00:01:23.833 --> 00:01:27.230 und die winzigen Knochen des Mittelohrs. 00:01:27.230 --> 00:01:30.170 Diese wandeln die großen Bewegungen des Trommelfells 00:01:30.170 --> 00:01:33.928 in Druckwellen in der Flüssigkeit der Cochlea um. NOTE Paragraph 00:01:33.928 --> 00:01:35.986 Wenn Schall in unseren Gehörgang eintritt, 00:01:35.986 --> 00:01:40.013 trifft er auf das Trommelfell, sodass es wie eine Trommel vibriert. 00:01:40.013 --> 00:01:43.939 Das vibrierende Trommelfell stößt gegen einen Knochen, genannt Hammer, 00:01:43.939 --> 00:01:47.378 der auf den Amboss schlägt und den dritten Knochen bewegt, 00:01:47.378 --> 00:01:48.677 genannt Steigbügel. 00:01:48.677 --> 00:01:53.042 Seine Bewegung drückt die Flüssigkeit innerhalb der langen Kammern der Cochlea. 00:01:53.042 --> 00:01:54.389 Dort angelangt, 00:01:54.389 --> 00:01:58.909 werden die Schallvibrationen endlich zu Vibrationen der Flüssigkeit, 00:01:58.909 --> 00:02:00.731 und bewegen sich wie eine Welle 00:02:00.731 --> 00:02:03.204 von einem Ende der Cochlea zum anderen fort. 00:02:03.204 --> 00:02:07.983 Eine Oberfläche, Basilarmembran genannt, erstreckt sich entlang der Cochlea. 00:02:07.983 --> 00:02:11.803 Sie ist gesäumt von Haarzellen mit speziellen Bauteilen, 00:02:11.803 --> 00:02:13.536 genannt Stereozilien, 00:02:13.536 --> 00:02:16.246 die sich mit den Vibrationen der Cochleaflüssigkeit 00:02:16.246 --> 00:02:18.086 und der Basilarmembran bewegen. 00:02:18.086 --> 00:02:20.365 Diese Bewegung erzeugt ein Signal, 00:02:20.365 --> 00:02:25.874 das durch die Haarzelle in den Hörnerv und dann zum Gehirn wandert, 00:02:25.874 --> 00:02:28.691 wo es als bestimmtes Geräusch interpretiert wird. NOTE Paragraph 00:02:28.691 --> 00:02:31.720 Wenn ein Geräusch die Basilarmembran vibrieren lässt, 00:02:31.720 --> 00:02:34.369 bewegt sich nicht jede Haarzelle -- 00:02:34.369 --> 00:02:39.084 nur ausgewählte Zellen, abhängig von der Geräuschfrequenz. 00:02:39.084 --> 00:02:42.035 Das hat mit der Feinkonstruktion der Membran zu tun. 00:02:42.035 --> 00:02:45.438 An einem Ende ist die Basilarmembran steif 00:02:45.438 --> 00:02:50.926 und vibriert nur bei Geräuschen mit kurzer Wellenlänge und hoher Frequenz. 00:02:50.926 --> 00:02:52.745 Das andere Ende ist flexibler 00:02:52.745 --> 00:02:57.513 und vibriert nur bei Geräuschen mit langer Wellenlänge und niedriger Frequenz. 00:02:57.513 --> 00:03:00.461 Die Geräusche der Seemöwe und der Mücke 00:03:00.461 --> 00:03:03.537 lassen also verschiedene Stellen der Basilarmembran vibrieren, 00:03:03.537 --> 00:03:06.751 wie wenn man verschiedene Tasten auf einem Klavier spielt. NOTE Paragraph 00:03:06.751 --> 00:03:08.663 Aber das ist nicht alles. 00:03:08.663 --> 00:03:12.639 Das Gehirn hat noch eine andere wichtige Aufgabe zu erfüllen: 00:03:12.639 --> 00:03:15.576 identifizieren, woher ein Geräusch kommt. 00:03:15.576 --> 00:03:19.613 Dazu vergleicht es die Geräusche, die durch die Ohren kommen, 00:03:19.613 --> 00:03:22.126 um die Quelle im Raum zu verorten. NOTE Paragraph 00:03:22.126 --> 00:03:26.950 Ein Geräusch direkt vor uns erreicht beide Ohren zur gleichen Zeit. 00:03:26.950 --> 00:03:30.744 Man hört es auch mit der gleichen Intensität in jedem Ohr. 00:03:30.744 --> 00:03:34.305 Ein Geräusch mit niedriger Frequenz, das von einer Seite kommt, 00:03:34.305 --> 00:03:38.847 erreicht das nähere Ohr jedoch Mikrosekunden vor dem ferneren. 00:03:38.847 --> 00:03:42.775 Und Hochfrequenz-Geräusche klingen intensiver für das nähere Ohr, 00:03:42.775 --> 00:03:46.010 weil sie für das fernere Ohr durch den Kopf blockiert werden. NOTE Paragraph 00:03:46.010 --> 00:03:49.765 Diese Informationstränge erreichen spezielle Teile des Hirnstamms, 00:03:49.765 --> 00:03:54.124 die Zeit- und Intensitätsunterschiede zwischen den Ohren analysieren. 00:03:54.124 --> 00:03:58.747 Sie senden die Resultate ihrer Analyse hoch zum Hörzentrum. 00:03:58.747 --> 00:04:01.733 Jetzt hat das Gehirn alles, was es braucht: 00:04:01.733 --> 00:04:04.539 die Aktivitätsmuster, die uns sagen, was das Geräusch ist, 00:04:04.539 --> 00:04:08.433 und die Information, wo es herkommt. NOTE Paragraph 00:04:08.433 --> 00:04:10.604 Nicht jeder hat ein normales Gehör. 00:04:10.604 --> 00:04:15.049 Hörverlust ist die dritthäufigste chronische Krankheit der Welt. 00:04:15.049 --> 00:04:19.115 Laute Geräusche und manche Drogen können Haarzellen abtöten, 00:04:19.115 --> 00:04:23.012 was Signale davon abhält, vom Gehör ins Gehirn zu wandern. 00:04:23.012 --> 00:04:27.671 Krankheiten wie Osteosklerose lassen die kleinen Knochen im Ohr erstarren, 00:04:27.671 --> 00:04:29.841 sodass sie nicht länger vibrieren. 00:04:29.841 --> 00:04:32.985 Auch beim Tinnitus macht das Gehirn seltsame Dinge, 00:04:32.985 --> 00:04:36.672 sodass wir Geräusche hören, wo keine sind. NOTE Paragraph 00:04:36.672 --> 00:04:38.208 Aber wenn es funktioniert, 00:04:38.208 --> 00:04:40.970 ist unser Gehör ein unglaublich elegantes System. 00:04:40.970 --> 00:04:44.723 Unsere Ohren umfassen ein ausgefeiltes Stück biologischer Maschinerie, 00:04:44.723 --> 00:04:48.397 das die Kakophonie von Vibrationen in der Luft um uns herum 00:04:48.397 --> 00:04:51.537 in genau abgestimmte elektrische Impulse verwandelt, 00:04:51.537 --> 00:04:53.988 die zwischen Klatschen, Wassertropfen, 00:04:53.988 --> 00:04:56.679 Seufzen und Fliegen unterscheiden können.