WEBVTT 00:00:09.128 --> 00:00:11.056 Tabula rasa! 00:00:11.194 --> 00:00:15.301 Das klingt nach ordentlich Remmidemmi, den Hammer kreisen und die Sau rauslassen. 00:00:15.398 --> 00:00:18.007 Aber eigentlich bedeutet dieser Ausdruck etwas ganz anderes. 00:00:18.007 --> 00:00:22.663 Tabula rasa ist Latein und bedeutet soviel wie „unbeschriebene Tafel“. 00:00:22.802 --> 00:00:24.962 Die Idee, die dahinter steckt, ist folgende: 00:00:24.962 --> 00:00:28.116 Wenn wir auf die Welt kommen, sind wir ein unbeschriebenes Blatt, 00:00:28.116 --> 00:00:31.784 dass nach und nach mit Eindrücken und Erfahrungen vollgekritzelt wird, 00:00:31.784 --> 00:00:34.696 aus denen wir unsere Wirklichkeit zusammenbauen. 00:00:34.696 --> 00:00:36.377 Es geht also mal wieder um die Frage: 00:00:36.377 --> 00:00:39.043 Was ist die Wirklichkeit und wo kommt sie her? 00:00:39.636 --> 00:00:42.664 Einer der ersten, der das so anschaulich erklärte war John Locke – 00:00:42.746 --> 00:00:45.064 nein, nicht der Rollstuhlfahrer aus Lost. 00:00:45.250 --> 00:00:47.451 Sondern der Englische Philosoph der als Hauptvertreter 00:00:47.451 --> 00:00:49.741 des sogenannten Empirismus gilt. 00:00:50.085 --> 00:00:51.382 „Empirisch“, 00:00:51.605 --> 00:00:53.643 das klingt immer gleich nach Nerds, die mit dicken Brillen 00:00:53.643 --> 00:00:55.647 vor riesigen Computerbildschirmen hocken. 00:00:55.854 --> 00:00:57.297 Und auch nicht ohne Grund. 00:00:57.297 --> 00:01:00.713 Der Empirismus leitetet alle Erkenntnisse aus der Sinneserfahrung, 00:01:00.713 --> 00:01:03.394 der Beobachtung oder dem Experiment. 00:01:03.628 --> 00:01:06.121 So wie es damals unsere Kassenbrillentragenden Klassenkameraden 00:01:06.121 --> 00:01:08.457 an ihren Chemie- und Physikbaukästen taten. 00:01:08.995 --> 00:01:12.097 Der Empirist glaubt nur, was er sehen und nachprüfen kann. 00:01:12.741 --> 00:01:15.566 Deshalb wundert es nicht, dass ein zweiter Star des Empirismus 00:01:15.566 --> 00:01:18.090 nicht nur Philosoph, sondern auch Naturwissenschaftler war: 00:01:18.090 --> 00:01:19.513 Francis Bacon. 00:01:20.151 --> 00:01:23.080 Ihm wird der Ausspruch „Wissen ist Macht“ zugeschrieben. 00:01:23.245 --> 00:01:27.110 Ganz wie Sherlock Holmes kann der Mensch das Kennen und Sammeln von Erfahrungen, 00:01:27.110 --> 00:01:29.355 Fakten, Nachforschungen und Beweismitteln 00:01:29.355 --> 00:01:32.076 den Gesetzen der Welt auf die Schliche kommen. 00:01:32.320 --> 00:01:36.414 Dieses Wissen kann er dann anwenden und sich die Natur zum Untertan machen. 00:01:36.466 --> 00:01:39.411 Der Empirismus geht davon aus, dass alles Wissen über die Wirklichkeit 00:01:39.411 --> 00:01:41.272 aus der Sinneserfahrung stammt. 00:01:41.301 --> 00:01:45.752 „Nichts ist im Verstand, das nicht vorher durch die Sinne erfasst worden wäre“. 00:01:46.400 --> 00:01:51.103 Daran stimmen Aristoteles, Thomas von Aquin und dann auch John Locke überein! 00:01:51.247 --> 00:01:55.387 Logisch: Die Keksdose ist leer, wenn man nicht vorher Kekse reingefüllt hat. 00:01:55.709 --> 00:01:57.952 Aber dann stellt sich die Frage ob eine leere Dose 00:01:57.952 --> 00:02:00.992 überhaupt eine Keksdose ist, bevor sie gefüllt war 00:02:00.992 --> 00:02:04.406 und ob es nicht nur leere und volle Keksdosen gibt? 00:02:04.509 --> 00:02:08.552 Voll sind jetzt auf jeden Fall unsere Köpfe mit Theorien und Erklärungsmodellen. 00:02:08.612 --> 00:02:10.990 Da ist es doch vielleicht einfach mal Zeit den Resetknopf 00:02:10.990 --> 00:02:12.554 unseres Hirncomputers zu drücken 00:02:12.554 --> 00:02:15.719 und unsere eigene Tabula rasa zu veranstalten. 00:02:15.750 --> 00:02:18.873 Vielleicht kommt dann die Erkenntnis ja ganz von allein!?