35C3 Vorspannmusik Herald: So, und jetzt können wir auch direkt anfangen mit unserem nächsten Talk, "Mind the Trap: Die Netzpolitik der AfD im Bundestag". Unsere Sprecherin dafür ist Miriam und ich denke Miriam ist ungefähr die beste Person, die diesen Talk geben könnte. Denn Miriam arbeitet seit 2016 im Bundestag für Tabea Rößner von den Grünen zu netzpolitischen Themen und bekommt deswegen sozusagen am eigenen Leibe mit, wie sich diese ganzen Parteien dort so aufführen und insbesondere die AfD. So, bitte begrüßt Miriam. Applaus Noujoum (Miriam): Ja, herzlich willkommen zu diesem Talk über die Netzpolitik der AfD im Bundestag. Ich möchte als erstes vorab sagen dass ich hier heute als Privatperson spreche und weder meine Arbeitgeberin noch irgendeine andere Partei vertrete, und ich selber bin auch gar nicht Mitglied in irgendeiner Partei. Die AfD hat sich getreu ihrem rechtsextremen Markenkern seitdem sie 2017, also letztes Jahr im Herbst, in den Bundestag eingezogen ist, im Bundestag seitdem tatsächlich auch hauptsächlich an den Themen Migration, Asyl, Islam und innere Sicherheit abgearbeitet. Und dementsprechend sind in der Öffentlichkeit und in den Medien auch vor allem die ausländerfeindlichen Reden der AfD- Abgeordneten oder die rassistischen Anträge oder Anfragen wahrgenommen worden und es wurde auch immer vor allem darüber berichtet in den Medien. Einfach nur mal kurz zwei Beispiele dafür: Der AfD Abgeordnete Gottfried Kurio hat gerade erst im September in einer Rede ganz besonders tief in die Kiste mit den faschistischen Redewendungen gegriffen und hat gesagt, den Deutschen wird in Chemnitz wie anderswo ihr täglicher friedlicher Lebensraum genommen. Und ein zweites Beispiel: Die AfD-Abgeordnete Birgit Malsack-Winkelmann hat auch im September in einer Rede zum Haushalt des Gesundheitsministeriums gesprochen, und da hat sie davon fantasiert, dass jeder vierte Geflüchtete bedrohliche Krankheiten und antibiotikaresistente Keime nach Deutschland einschleppt und dass deswegen alle Migrantinnen und Migranten per se erst einmal in Quarantäne gesteckt werden müssten. Es ist echt so eine Rede zum abgewöhnen, da wird einem total schlecht. Und mir ist irgendwann aufgefallen, dass vor diesem ausländerfeindlichen und islamfeindlichen Rauschen überhaupt niemand außerhalb des Bundestages mitkriegt, was eigentlich im Bereich Netzpolitik so los ist bei der AfD. Und wenn ich mich mit Leuten darüber unterhalten habe, dann war auch meistens die erste Reaktion, ach die AfD mache irgendwas mit Netzpolitik? Weil ungefähr niemand auf dem Schirm hat dass da überhaupt irgendwas passiert, dass die da aktiv sind und wer die Abgeordneten sind die sich in dem Bereich überhaupt engagieren. Deswegen jetzt mal ganz kurz eine kleine Umfrage: Wer von euch, ich bitte jetzt um Handzeichen, wer von euch könnte auch nur einen einzigen AfD- Abgeordneten mit Namen nennen, der sich netzpolitisch im Bundestag engagiert? Oder, ihr habt zwei Optionen, oder hat bei irgendeiner netzpolitischen Diskussion im letzten Jahr mitbekommen was die AfD dazu sagt? Also, wenn eins von beidem auf euch zutrifft, bitte jetzt Handzeichen. Publikum Gemurmel Ich sehe 3 Hände. Also ich sehe literally 3 Hände in diesem Raum. OK, und ich finde das ist schon ziemlich aussagekräftig, weil wer wenn nicht ihr hier in diesem Raum würde das mitkriegen, ja? Weil ihr seid ja diejenigen die sensibilisiert sind und die sich immer informieren und mitkriegen was im Bereich Netzpolitik los ist. Und das ist auch ein ganz gutes Beispiel, auch wenn das jetzt nur anekdotische Evidenz aus diesem Saal ist, dass die AfD also eher nicht mit dem Thema Netzpolitik verknüpft wird. Und es ist ja auch kein Wunder , weil eben bei der Berichterstattung über die netzpolitischen Debatten im Bundestag meistens nur darüber berichtet wird, wie sich die Große Koalition mit den demokratischen Oppositionsparteien auseinandersetzt. Also das steht immer im Fokus der Berichterstattung. Das läuft dann ungefähr so: Union und SPD machen irgendeinen dummen Vorschlag, z.B. Staatstrojaner einsetzen, und Grüne, Linke und FDP sind dann dagegen. Und von denen werden dann die Zitate berichtet und so weiter. Aber was die AfD-Fraktion dazu sagt, das kriegt überhaupt niemand mit, und das nimmt auch keiner wahr. Und auch in den Ausschüssen – Ausschüsse Digitale Agenda oder in der Enquete-Kommission Künstliche Intelligenz – ist es ziemlich irrelevant was die AfD so beizutragen hat. Aber sie sind nunmal halt trotzdem da und sie beteiligen sich im Bundestag an den Debatten, und sie sprechen in den Ausschüssen und sie tauchen auch bei verschiedenen netzpolitischen Veranstaltungen auf von netzpolitischen Organisationen wo ihr vielleicht auch aktiv seid. Und deswegen müssen wir uns doch mal damit beschäftigen. Und in diesem Talk will ich jetzt mit euch zusammen diesen toten Winkel von uns allen etwas genauer untersuchen und mal schauen was es eigentlich bei der Bundestagsfraktion der Alternative für Deutschland, wie's da so um die Netzpolitik bestellt ist. Und ich dachte zum Einstieg fragen wir einfach mal Alexander Gauland, den Partei- und Fraktionsvorsitzenden der AfD. Video Alexander Gauland: "Es ist allgemein bekannt, dass ich persönlich keine enge Beziehung, sagen wir vorsichtig, zum Internet habe, ich bin auch kein Fachmann für diese Fragen. Ich sehe nur das Problem, und das sehen wir alle, dass Arbeitsplätze wegfallen werden durch die Digitalisierung ohne dass wir schon über Alternativen genügend nachgedacht haben. Aber von einer Strategie zur Digitalisierung kann nicht die Rede sein und ich wüsste auch im Moment keine." Noujoum (Miriam): Ja, jetzt könnte man denken, dass damit schon alles gesagt ist. Aber wir haben ja noch ein bisschen Zeit, das heißt wir können versuchen noch ein bisschen tiefer einzutauchen in das Thema. Erst mal ganz grundsätzlich, die AfD hat im Bundestag aktuell 91 Mitglieder. Das liegt daran, dass ja auch schon welche ausgetreten sind, z.B. Frauke Petry, das habt ihr vielleicht mitbekommen. Und ihr seht hier auf diesem Tortendiagramm, da gibt es ganz rechts am Rand diese vier Fraktionslosen, aber die AfD-Fraktion hat im Moment 91 Mitglieder und ist damit auch die größte Oppositionsfraktion. Ihr seht, dass sie mehr Mitglieder haben als die FDP, die Grünen oder die Linken. Und im Bundestagsplenum sitzen sie vom Redepult aus gesehen auf der ganz rechten Seite neben der FDP; das ist also auf diesem Bild das ganz rechte Pizzastück sozusagen. Ihr seht da vorne in der ersten Reihe da Alice Weidel und Alexander Gauland. Und als größte Oppositionsfraktion im Bundestag dürfen sie immer bei allgemeinen Aussprachen oder wenn es um Gesetzesentwürfe geht, sie dürfen immer als Allererstes reden weil sie eben die größte Oppositionsfraktion sind. Und sie haben auch im Verhältnis zu den anderen Oppositionsfraktionen mehr Redezeit und das gilt im Plenum sowohl wie in den Ausschüssen. Und wie alle anderen Fraktionen auch hat die AfD im Bundestag die Möglichkeit im Plenum zu allen Tagesordnungspunkten zu sprechen. Sie können Anträge stellen, Gesetzesentwürfe vorschlagen, sie können kleine oder große Anfragen stellen oder schriftliche oder mündliche Fragen an die Bundesregierung stellen. Bei Fachgesprächen oder Sachverständigen-Anhörungen in den Ausschüssen haben sie das Recht Sachverständige vorzuschlagen obwohl sie nicht in allen Fällen von diesem Recht Gebrauch machen. Und sie können auch Vorschläge machen zu welchen Themen überhaupt Anhörungen durchgeführt werden sollen. Die meisten netzpolitischen Diskussionen im Bundestag finden neben dem Plenum, was ihr gerade auf dem Bild gesehen habt, auch im Ausschuss Digitale Agenda statt. Aber es gibt noch andere Ausschüsse in denen es auch immer mal wieder um Netzpolitik geht. Also z.B. den Innenausschuss weil der sich mit Datenschutz beschäftigt, oder auch der Verkehrsausschuss, da geht es dann um digitale Infrastruktur also z.B. Breitbandausbau oder 5G. Und in dieser Legislaturperiode sind auch noch zwei Enquete-Kommissionen dazugekommen. Nämlich einmal die Enquete-Kommission Künstliche Intelligenz und die Enquete- Kommission Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt. Und Enquete- Kommissionen, das sind Gremien die sind den Ausschüssen relativ ähnlich, aber die sind nur für die Dauer einer einzigen Wahlperiode eingesetzt und die beschäftigen sich meistens mit einer ganz konkreten Fragestellung oder einem ganz bestimmten Thema. Und daneben haben die Fraktionen, und so eben auch die AfD, das Recht, noch Vertreter in verschiedene Gremien zu schicken, die jetzt nicht direkt mit dem Bundestag zu tun haben. Zwei Beispiele: Dazu gehört unter anderem der Beirat der Bundesnetzagentur oder zum Beispiel auch der Beirat digitale Marktwächter der Verbraucherzentrale Bundesverband. Das heißt in solche Gremien kann die AfD auch Vertreter schicken. Und uns interessieren heute vor allem drei Abgeordnete der AfD Bundestagsfraktion, und zwar sind das die drei, die auch im Ausschuss Digitale Agenda sitzen und in der Enquete-Kommission Künstliche Intelligenz und das sind die drei, die sich hauptsächlich mit Netzpolitik beschäftigen. Und das sind Uwe Kamann, Uwe Schulz und Joana Cotar. Jetzt lagen mir schon jede Menge geschmacklose Scherze auf der Zunge über ein rechtsextremes Trio das aus zwei Uwes besteht und einer Frau. Aber während ich diesen Vortrag vorbereitet habe und mich mit den dreien beschäftigt habe, hat mich vor exakt 10 Tagen diese Nachricht ereilt: Uwe Kamann ist überraschend aus der AfD-Fraktion ausgetreten und hat auch die Partei verlassen. Wir wissen jetzt noch nicht so besonders viel darüber, warum Kamann genau ausgetreten ist. Ich habe dazu so ein paar Vermutungen und darauf werde ich aber ganz am Ende von diesem Talk nochmal eingehen. Und da habe ich gedacht, ist ja interessant, ich versuche mich mal auf der Webseite von Uwe Kammann zu informieren, vielleicht schreibt er da ja irgendwas über seine Beweggründe. Aber da habe ich festgestellt, dass nicht lange gefackelt wurde, und ihm offenbar auch direkt seine Webseite abgestellt wurde. Und das deutet meiner Meinung nach darauf hin, dass Kamann und die AfD nicht unbedingt im Guten auseinandergegangen sind. Und weil er aber bis vor 10 Tagen noch Mitglied der AfD-Bundestagsfraktion und dieses netzpolitischen Trios gewesen ist und ich an diesem Talk vor allem darüber reden will, was im letzten Jahr so los war, will ich diese Bei... Austrittsgeschichte erst mal beiseite lassen und, wie gesagt, erst ganz am Ende wieder darüber reden. Wenn man sich mit diesen dreien beschäftigt und die so ein bisschen beobachtet, ich habe ja nun jeden Tag und jede Woche bei meiner Arbeit die Gelegenheit dazu, weil ich sie im Ausschuss sehe, und in der Enquete- Kommission und im Plenum, dann fällt vor allem auf, dass die einen relativ normalen Kommunikationsstil pflegen. Also im Gegensatz zu dieser Krawallerie, die man sonst von der AfD gewohnt ist. Wenn normalerweise so Videoschnipsel im Internet rumgereicht werden, bei Twitter oder bei YouTube, wenn irgendeiner sagt: "Oh, hier, guck mal, krasse Rede von nem AfD-Abgeordneten", dann ist das ja meistens irgendwas ganz krasses und... also, oder ihr erinnert euch vielleicht daran, Gauland, der gesagt hat: "Wir wer- den die Mitglieder der anderen Fraktionen jagen." Und im Verhältnis dazu sind diese drei relativ ruhig. Die haben so ein normales Parlamentsauftreten und die zeichnen sich jetzt auch nicht durch so eine gewaltvolle Sprache aus wie viele an- dere Abgeordnete. Und im Vergleich zu den anderen Mitgliedern ihrer Fraktion gehören sie auch tatsächlich jetzt nicht zu den hardcore Nazis. Die taz hat eine sehr gute interaktive Seite gebaut, wo man sich über die Vernetzungen und Verstrickungen der AfD Abgeordneten und ihrer Mitarbeiter informieren kann. In die rechte Szene, aber auch in verschiedene andere Netzwerke. Und ich hab das mal für unsere drei Netzpolitiker rausgesucht, aber damit ihr den Kontrast besonders gut wertschätzen könnt, zeige ich euch erst mal wie diese Analyse von der taz aussieht bei einem anderen Mitglied der AfD- Fraktion und zwar bei Peter Felser. Peter Felser ist ehemaliger Bundeswehroffizier und hängt in verschiedenen neurechten Verlags-Strukturen drin. So hat er z.B. schon mal ein Buch mit Götz Kubitschek veröffentlicht. Anfang der 1990er Jahre war er Mitglied in der rechtsextremen Partei Die Republikaner und er hat für die auch Wahl-Werbespots produziert. Ja, und Felsers Hobbys sind Holocaustleugnung und Antisemitismus. Und Mitarbeiter von ihm waren bei der NPD, wie wir hier sehen und im Verhältnis dazu sind die Verbindungen, die die taz recherchiert hat für die drei Netzpolitiker, doch relativ harmlos. Also, Kamann z.B., Mitarbeiter von ihm haben Kontakte in die Medien und die Wirtschaftswelt, Uwe Schulz war früher mal Mitglied bei der CDU/CSU und hat Verbindungen in die Wirtschaft. Und Joana Cotar war ebenfalls früher bei der CDU/CSU und Mitarbeitende von ihr haben Verbindungen in neurechte Verlagsstrukturen und in die Medien- und Arbeitswelt. Im Verhältnis zu den anderen AfDlern kann man also sagen, dass Kamann, Cotar und Schulz einfach aus so einer konservativen Ecke kommen, aber jetzt oberflächlich betrachtet noch nicht die ganz krassen rechtsextremen Tendenzen an den Tag legen. Und das schlägt sich natürlich auch darin nieder, wie sie Politik machen oder wie sie sich im parlamentarischen Alltag verhalten. Das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung hat 2017 eine sehr interessante Studie veröffentlicht, die untersucht hat, wie sich AfD Abgeordnete in den verschiedenen deutschen Landesparlamenten verhalten. Und auf Seite 25 und 26 macht diese Studie eine Unterscheidung zwischen auf der einen Seite den Bewegungsorientierten und auf der anderen Seite den Parlamentsorientierten Landtagsfraktionen der AfD. Und hier sind diese Definitionen. Ich lese euch ganz kurz mal das Zitat für die Bewegungsorientierten vor: die Bewegungsorientierten "(...) leben von situativen Momenten, in denen sie sich vom Parlament als solchem abgrenzen, sich als Sprachrohr der rechten Vororganisationen sehen bzw. versuchen, selbst die eigenen Anhänger auf der Straße zu mobilisieren. Diesem Idealtyp am nächsten kommt die thüringische Fraktion rund um ihren Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke." 'Bewegungsorientiert' kann man also meiner Meinung nach auch mit krawallorientiert übersetzen. Das sind also die Abgeordneten, die mit voller Absicht und vollem Kalkül in ihren Reden provozieren, die mal ganz.. ganz nah an die Grenze des Sagbaren gehen, damit die Rechten im Land, wenn sie das sehen, sagen können: "Ah, der traut sich was" oder "Endlich sagts mal einer". Und das sind auch die Abgeordneten oder die Fraktionen, die im Prinzip das Parlament als solches ablehnen, obwohl sie ja eigentlich ein Teil davon sind. Und demgegenüber stehen auf der anderen Seite die Parlamentsorientierten. Ich lese euch auch dieses Zitat kurz vor: "Die Parlamentsorientierten legen Wert darauf, durch Sacharbeit aufzufallen, schnell einen arbeitsfähigen und professionellen Fraktionsapparat zu installieren und im Plenum argumentativ zu überzeugen, selbst wenn dafür Reden oder kurze Wortbeiträge detailliert vorbereitet und eingeplant werden müssen. Dies alles wird mit der strategischen Grundorientierung verbunden, dass die AfD einen dauerhaften Platz rechts von der Union im Parteiensystem erkämpfen und einnehmen will." Die Parlamentsorientierten könnte man also auch in gewisser Hinsicht die Kooperationsorientierten nennen. Während die Krawallorientierten, wie der Name schon sagt, vor allem Konflikt erzeugen wollen und sich von den anderen Fraktionen möglichst deutlich abgrenzen und diese angreifen und verächtlich machen wollen, sind die Parlamentsorientierten oder Kooperationsorientierten eher an sachlicher Zusammenarbeit interessiert und sie lehnen das Parlament auch nicht als solches ab. Statt also zu provozieren und immer Eklats zu produzieren, versuchen die Parlamentsorientierten in einem ruhigen und sachlichen Tonfall Politik zu machen und auch realistische oder sinnvolle Vorschläge zu machen. Und in dieser Studie von der WZB sind jetzt eigentlich verschiedene Fraktionen nach diesen beiden Kriterien unterschieden worden. Aber ich denke, dass man diese Systematik und diese Unterscheidung nach diesen beiden Kriterien auch auf einzelne Abgeordnete der Bundestagsfraktion der AfD übertragen kann. Und man kann die quasi alle so sortieren, die einen in das Töpfchen und die anderen in das Töpfchen. Und dann kommt so was raus, dass man sagen könnte, es gibt quasi zwei Flügel in der AfD- Bundestagsfraktion, die einen und die anderen. Und nach meiner Einschätzung gehören die drei Netzpolitiker der AfD- Bundestagsfraktion auf jeden Fall zu den Kooperationsorientierten. Während nämlich in anderen Ausschüssen im Bundestag jede einzelne Sitzung ein einziger Eklat ist, dank der AfD Abgeordneten, fallen die AfD Netzpolitiker im Ausschuss Digitale Agenda eigentlich so gut wie gar nicht auf. Sie halten sich an die parlamentarischen Abläufe. Sie treten betont höflich und freundlich auf. Sie scherzen in der Pause mit der FDP. Sie gratulieren dem Ausschussvorsitzenden nochmal ganz besonders schleimig zum Geburtstag und in ihren Redebeiträgen stimmen sie auch relativ häufig Vorrednern von FDP, Grünen oder sogar Linken zu oder unterstützen sogar deren Anträge bei Abstimmungen. Und jetzt werfen wir mal einen Blick darauf, was die Netzpolitiker von der AfD inhaltlich eigentlich so treiben. Als ich angefangen hab, darauf zu achten, wie sich die AfD-Abgeordneten zu verschiedenen netzpolitischen Fragen verhalten, ist mir aufgefallen, dass ihre Positionierung eigentlich fast immer in einer von drei Kategorien fällt. Die erste Kategorie ist: entweder, es ist.. sie, sie positionieren sich anti-europäisch bzw. nationalistisch, oder zweitens: sie finden irgendeinen Weg ihren eigenen Opfermythos zu betonen oder sich als Opfer zu inszenieren, oder drittens: sie sagen einfach das, was alle anderen auch sagen und surfen so ein bisschen auf der Welle mit und... ja, tragen nichts eigenes bei, sozusagen, wiederholen nur das, was alle anderen auch schon vertreten haben. Und als Beispiel jetzt für diese erste Kategorie der Positionierung, anti-europäisch bzw. nationalistisch: von der AfD wird grundsätzlich alles abgelehnt, was aus Europa kommt, was aus Brüssel kommt und diese anti-europäische Haltung ist ja auch schon ein programmatischer Kern bei der Parteigründung der AfD gewesen. Die AfD macht in jedem Ausschuss und bei jedem Thema um jede EU-Verordnung, um jede EU- Richtlinie ein riesiges Gewese. Und wenns nach denen gehen würde, würde der Bundestag jeden zweiten Tag eine Subsidiaritätsrüge anstoßen. Und ein EU- Beispiel jetzt aus dem letzten Jahr ist natürlich die Datenschutzgrundverordnung. Da hat die AfD im Bundestag beantragt, dass die DSGVO mit sofortiger Wirkung ausgesetzt werden soll. Jetzt ist die DSGVO vielleicht nicht das allerbeste Beispiel, denn es gibt ja auch Europa- Freunde, die viele gute Gründe haben warum sie die DSGVO ablehnen, aber ich finde, das steht exemplarisch für diesen Anti- Europa-Fimmel, den die AfD hat. Und ein anderes schönes Beispiel, oder eine andere schöne Situation, aus dieser Kategorie war, vor kurzem gab es eine Referentenrunde im Bundestag, da besprechen die Referenten der verschiedenen Fraktionen schon mal die Ausschussarbeit vor. Und da ging es um eine Vorbesprechung des Internet Governance Forum, das ist ein internationaler Politik Gipfel, und da sagte der AfD-Referent wörtlich, hier das Zitat: "Internationales ist nicht so unser Ding." Lachen Das ist natürlich bemerkenswert vor dem Hintergrund, dass das ganze Internet ja eigentlich auf internationalem Austausch basiert. Also müssten Sie eigentlich gegen alles sein, was mit dem Internet zu tun hat. Jetzt zu der zweiten Kategorie: Opfermythos der AfD betonend. Sehr viele Debatten im Bundestag werden von der AfD genutzt, um sich mal wieder als Opfer oder in ihrer Opferrolle zu inszenieren. Und gerade die Debatten um das Netzwerkdurchsetzungsgesetz oder eine mögliche Regulierung von Social Bots wurden von der AfD genutzt, um gegen Zensur zu wettern und die angebliche Abschaffung der Meinungsfreiheit anzuprangern, weil aus ihrer Sicht die anderen Fraktionen diese Themen nur nutzen, um ihnen nicht genehme und politisch unkorrekte Positionen aus dem Onlinediskurs zu drängen. Und damit meint die AfD natürlich politisch unkorrekte Positionen wie solche, die sie selber vertreten. Aber diese Haltung kann man nur haben, also diese Haltung, die die AfD da vertritt, wenn man findet, dass Rassismus, Antisemitismus, Islamhass, Homo- Trans- und Frauenfeindlichkeit, Holocaustleugnung sowie Hassrede allgemein auf jeden Fall von der Meinungsfreiheit gedeckt sein sollte. Und meine Haltung ist, dass Hass keine Meinung ist. Die AfD hat außerdem eine ganze Reihe von kleinen Anfragen an die Bundesregierung gestellt, die sie auch genutzt hat, um sich wieder in ihrer Opferrolle zu inszenieren. Das hat meistens irgendwas mit Meinungsfreiheit zu tun oder mit Öffentlich-rechtlichem Rundfunk. Ich geb euch ein paar kleine Beispiele dafür. Sie haben gleich zwei Anfragen gestellt zu der Aktion "Reconquista Internet" von Jan Böhmermann, die Punchline war da im Wesentlichen "Warum hat der CDF, äh ZDF- Fernsehrat das nicht verhindert?" Sie haben eine Anfrage gestellt zu einer Aktion des Zentrums für Politische Schönheit, die ja in der Vergangenheit auch schon ein paar Mal hier auf dem Kongress waren. Sie haben eine Anfrage gestellt zur "Ankommen" App, die es Geflüchteten leichter machen soll, sich in Deutschland zurechtzufinden. Eine Anfrage mit dem Titel "Linksextreme Internetseiten". Da ging es im Wesentlichen um linksunten.indymedia. Und sie haben eine Anfrage gestellt zur Mediathek "Vielfalt" aus dem Programm "Demokratie leben", das von der Bundesregierung unterstützt wird. Und in dieser Mediathek Vielfalt wird die AfD als rechtsextrem dargestellt. Und da hatten sie doch sehr viele Nachfragen in ihrer Kleinen Anfrage dazu. Und zudem kann man feststellen, dass bei verschiedenen netzpolitischen Debatten die AfD es im Zweifel auch immer schafft, statt über das eigentliche Thema zu reden, einen Bogen zu ihrem Lieblingsthema zu schlagen. Also der Abgeordnete Uwe Schulz hat zum Beispiel vor kurzem eine Rede zu einem FDP-Antrag gehalten im Plenum und da ging es eigentlich um die Beschleunigung der Digitalisierung, aber er hat es trotzdem geschafft irgendwie immer wieder über die Flüchtlingskrise 2015 zu sprechen. Und die dritte Kategorie, wir haben "das, was alle sagen" sehr oft, in meiner Wahrnehmung sogar in der Mehrzahl der Fälle, hat die AfD gar keine eigene originäre Position zu irgendeiner netzpolitischen Frage. Sondern sie hängen sich einfach an alle anderen dran. Gibt es verschiedene thematische Beispiele, z.B. als es um den Cambridge Analytica Skandal von Facebook ging. Als es um den Bundesregierungshack ging, da haben sich alle Fraktionen aufgeregt, dass die Bundesregierung ihre Aufarbeitung nicht transparent gemacht hat für die Abgeordneten, haben sie auch immer einfach das gesagt, was alle anderen gesagt haben. Beim Breitbandausbau, beim Thema künstliche Intelligenz ist das auch so. Die AfD stimmt dann einfach den anderen zu und betont, dass sich ja in dieser Sache alle einig sind, also auch sie. Und hier haben wir jetzt noch mal ein Beispiel, das ist eine Rede von Uwe Kamann. Da geht es um die Einsetzung der Enquete-Kommission künstliche Intelligenz und da könnt ihr mal hören wie das klingt, wenn immer zugestimmt wird. Applaus im Video Kamann: "Bei der künstlichen Intelligenz, meine Damen und Herren, darf es nicht um parteipolitische Profilierung gehen, denn es handelt sich um technologische Quantensprünge, die wir als Nation mitgehen müssen, wenn wir unsere wirtschaftliche Stellung in der Welt und den Wohlstand unseres Landes nicht aufs Spiel setzen wollen. Meine Fraktion, die AfD, wird sich hier mit Sachverstand und großem Engagement einbringen. Applaus im Video Ich will aus Zeitgründen nicht auf die Versäumnisse der Vergangenheit eingehen, denn die sind offensichtlich jedem bekannt. Außerdem müssten wir dann bis morgen früh hier sitzen. Gefragt ist nun konstruktives und vorausschauendes Handeln für die Zukunft unseres Landes. Nur darum gehts." Miriam: Ja. Klingt wahnsinnig vernünftig, ist aber auch nichts Neues. Nochmal zusammenfassend: die AfD hat bei der Netzpolitik inhaltlich nichts Interessantes zu sagen, sie haben keine Lösungen oder eigene Vorschläge, auf die bisher noch niemand anders gekommen ist, sie lehnen europäische oder internationale Lösungen ab. Und Sie schwenken auch gerne mal vom eigentlichen netzpolitischen Thema ab, wenn sie da inhaltlich schwach sind und verbinden das dann lieber mit irgendwas, was mit ihrem Markenkern zu tun hat. Und sie stimmen eben sehr häufig und in großen Teilen den anderen Fraktionen zu und betonen immer die Gemeinsamkeiten. Und gerade in diesem letzten Punkt sehe ich eine große Gefahr, weil ich nämlich glaube, dass die Netzpolitik der AfD- Fraktion zur Normalisierung dient. Weil grade, wenn sie den anderen immer so viel zustimmen, dann läuft man Gefahr zu vergessen, dass man es mit Leuten zu tun hat die Mitglied in einer Fraktion sind, die menschenverachtende Positionen vertritt. Wo eben so Sachen gesagt werden wie "Wir werden sie jagen" oder wo von Messermännern und Kopftuchmädchen die Rede ist. Und durch dieses parlamentsorientierte oder kooperationsorientierte Auftreten kommen sie einem einfach wie normale Politiker vor, man sieht die halt jeden Tag im Ausschuss und die benehmen sich relativ normal. Aber sie sind eben keine normalen Politiker, weil sie kein Problem mit dieser Fraktion und Partei haben, in der sie Mitglied sind und wo diese menschenverachtenden Positionen vertreten werden. Jetzt agiert die AfD ja nicht im luftleeren Raum, sondern es gibt noch viele andere Player in der netzpolitischen Szene. Die AfD hat zum Beispiel hier eine kleine Anfrage gestellt zum Digitalrat. Das ist dieses Gremium, das die Bundesregierung mit innovativen Fragen und Ideen inspirieren soll. Das ist diese Gelegenheit, wo jetzt auch hippe Start-Up Leute mal ins Bundeskanzleramt dürfen. Und Frage 2 in dieser kleinen Anfrage lautet: "Aus welchen Gründen wurden lediglich Experten aus den Bereichen Wissenschaft und Privatwirtschaft, nicht aber aus der Zivilgesellschaft, wie z. B. dem Chaos Computer Club oder dem Verein Digitale Gesellschaft, berufen?" Das ist also ein Beispiel dafür, wie sie gezielt versuchen, Brücken und Verbindungen zu schlagen zu verschiedenen netzpolitischen Akteuren und Organisationen. Ich hoffe jetzt allerdings, ihr habt euch nicht zu sehr über die Nachricht gefreut, dass die AfD im Bundestag den CCC und die DigiGes pusht, es ist nämlich nicht alles Gold, was glänzt. Die AfD hat nämlich auch einen Antrag gestellt zur finanziellen Unterstützung der Konferenz re:publica. Und da es aber nicht, wie man meinen könnte, darum, dass es Geld auf die re:publica regnen soll, sondern die Bundesregierung soll mit sofortiger Wirkung jegliche finanzielle Zuwendungen für die re:publica streichen. Vielleicht erinnert ihr euch noch darum, das war dieses Jahr, da ging es darum, dass die Organisatorinnen und Organisatoren der re:publica nicht wollten, dass Bundeswehr- Mitglieder in Uniform auf dem Gelände der re:publica Werbung machen für die Bundeswehr. Naja, und da hat dann die AfD gesagt: "Das, das muss ein Ende haben. So gehts nicht weiter!" und haben das gefordert. Fun Fact: Es gibt personelle Überschneidungen zwischen der DigiGes und dem Orga-Team der re:publica, das heißt, in der Kleinen Anfrage wird die DigiGes gepusht und versucht, eine Brücke zu denen zu schlagen, aber hier bei dem Antrag zur re:publica, wo personell doch zu großen Teilen die gleichen Leute sich engagieren, positionieren sie sich dagegen. Ich habe mich jetzt in Vorbereitung für diesen Talk mit ziemlich vielen Leuten aus unterschiedlichen Organisationen und Netzwerken unterhalten und mal gefragt, was eigentlich ihr Umgang mit der AfD- Fraktion ist. Und ich habe den Eindruck, dass man hier auch wieder das Verhalten der Organisationen im Verhältnis zur AfD in drei Kategorien einteilen kann. Die erste Kategorie ist: Es gibt viele Organisationen, die die AfD wie alle anderen Parteien verhalten... behandeln. Zwei Beispiele: Die Open Source Business Alliance zum Beispiel macht manchmal so parlamentarische Veranstaltungen, parlamentarisches Frühstück. Und da werden dann die Netzpolitiker von allen Fraktionen eingeladen und eben auch die von der AfD. Und diesen Sommer, ich weiß nicht, ob ihr das mitgekriegt habt, da hat Wikimedia Deutschland auch so einen parlamentarischen Sommerabend gemacht, und da waren auch die Vertreter der AfD- Fraktion eingeladen. Die zweite Kategorie: Es gibt Organisationen, die sich abgrenzen von der AfD, das aber nicht klar nach außen kommunizieren. Das sind sehr viele, ich habe mich mit sehr vielen unterhalten aus dem Bereich Menschenrechte, netzpolitische Think Tanks, Lobbyorganisation für Breitbandausbau. Und das ist dann ganz häufig so, dass die sagen: "Wir reden nicht mit der AfD." Oder das wird dann so formuliert: "Wir reden nur mit den demokratischen Parteien." Aber das kriegt man eben nur raus, wenn man sich direkt mit denen unterhält. So von außen würde man diese Policy nicht erkennen. Und die dritte Gruppe, das sind die, die sich auch ganz klar für alle anderen transparent von der AfD abgrenzen. Ein kleines Beispiel möchte ich euch erzählen, das fand ich besonders schön. Vor etwa einem Jahr gab es eine Sachverständigenanhörung zu Quanten- Computing im Ausschuss Digitale Agenda, und die verschiedenen Fraktionen dürfen dann immer Sachverständige vorschlagen. Das sind dann meistens Leute die weltanschaulich den verschiedenen Fraktionen nahestehen. Die werden dann vom Ausschuss-Sekretariat eingeladen und können dann den Abgeordneten mal etwas über Quantencomputing erzählen. Die AfD hatte einen Sachverständigen vorgeschlagen, hatte dem aber nicht Bescheid gesagt. Der hat dann die Einladung bekommen vom Ausschuss- Sekretariat, hat sich gefreut, dass endlich mal der Bundestag was von ihm über Quanten-Computing wissen will und hat dann mitgekriegt, dass er auf Vorschlag der AfD da ist, dann wollte er eigentlich erst gar nicht kommen. Dann haben die anderen Fraktionen ihn angerufen und haben gesagt: "Nee, nee. Wir würden uns auch freuen, wenn Sie kommen!", dann ist er gekommen. Und dann haben die Sachverständigen am Anfang immer ein paar Minuten, um ein Eingangsstatement zu halten, und er hat die ersten Minuten seines Eingangsstatement erst einmal dafür genutzt, um sich ganz klar von menschenverachtenden Positionen, von Rassismus, von Antisemitismus, Islamhass und so weiter abzugrenzen, und zu sagen, dass es ihm sehr leid tut, unter welchen Umständen er hier heute da ist, dass er aber mit diesen Positionen nichts zu tun hat, und dass er sich sehr freut, jetzt über Quanten-Computing zu sprechen. Das fand ich sehr schön. Applaus Ein anderes Beispiel sind die Wahlprüfsteine von Netzpolitik.org von der Bundestagswahl aus dem letzten Jahr, das ist mir auch sehr positiv aufgefallen. Die haben Wahlprüfsteine an alle Parteien geschickt, wie man hier sehen kann, die schon einmal über fünf Prozent waren, aber Parteien, deren Wertesystem auf gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit basiert, sind leider nicht gefragt worden. Und das kann eben auch jeder sehen, wenn man sich auf der Webseite von Netzpolitik.org dann diese Wahlprüfsteine anschaut. Der CCC selber hat, das fanden einige im Vorfeld überraschend, es gab ja auf Twitter Diskussionen jetzt vor dem Congress darüber, wie antifaschistisch oder nicht der Congress ist, und manche waren überrascht zu erfahren, dass der CCC schon 2005 eine Unvereinbarkeitserklärung mit rechtsextremen Positionen veröffentlicht hat, die man hier nachlesen kann. Und es gibt auch noch andere Organisationen, soweit ich weiß hat der CCC Darmstadt auch eine eigene Policy, die habe ich jetzt auf die Schnelle nicht gefunden, habe ich aber gehört. Ein letztes Beispiel aus dieser Kategorie... Das passt jetzt nicht zur AfD, aber ich finde es ist ein extrem gutes Beispiel, wie man sich verhalten kann. Das ist bei der Open Knowledge Foundation in Berlin passiert. Die sitzen in einem Haus, wo auch noch viele andere Organisationen und Firmen arbeiten, und irgendwann ist Ihnen aufgefallen, dass in einer dieser anderen Firmen, die in dem Haus sitzen, so ein richtiger Hardcore Nazi arbeitet. Also ich sage jetzt nicht AfD, sondern so ein richtiger Hardcore Nazi. Sie haben dann... Es war nicht schwer, über den zu recherchieren, sie haben dann rausgefunden, der hat Verbindungen zu Combat 18, der war aber auch bei dem Frauenmarsch der AfD dabei. Also so ein richtig krasser Nazi. Und dann haben sie sich überlegt, was sie machen können, und haben eine ziemlich coole Aktion angestoßen, haben erst einmal innerhalb ihrer Organisation mit allen geredet, ob sich alle einig sind, dass das irgendwie ein Problem ist, dass das unangenehm ist, was man tun könnte. Und obwohl es da so ein bisschen unterschiedliche Positionen gab, was jetzt der beste Umgang damit ist, hat man dann sich darauf geeinigt, dass man aktiv werden möchte. Dann haben sie sich zusammengesetzt auch mit allen anderen Parteien, also Hausparteien aus diesem Haus, mit den anderen Organisationen, mit den anderen Firmen, haben sich an die Mobile Beratung gegen Rechts in Berlin gewendet, und sind zu dem Schluss gekommen, dass sie... Also, sie können ihn ja nicht rausklagen aus dem Haus, aber dass sie zumindest überall, wo es möglich ist, zum Beispiel an den Türen der Organisation, Sticker auffällig anbringen, die so ein bisschen deutlich machen, dass rassistische Positionen in diesem Haus nicht so gern gesehen werden, damit dieser konkrete Nazi sich eben nicht so wohl fühlt, und sieht, alle anderen stimmen vielleicht nicht heimlich implizit seinen Positionen zu, sondern es gibt da eine klare Abgrenzung. Und das finde ich, ist ein ganz gutes Beispiel für was man tun kann, weil ihr alle seid auch in Organisationen, in Netzwerken, in Hackerspaces, in irgendwelchen Zusammenhängen. Und ihr habt auch die Möglichkeit, das Thema anzusprechen, die Leute dafür zu sensibilisieren. Ihr müsst das Rad auch nicht neu erfinden, es gibt wirklich viele Organisationen, die schon Policies gemacht haben, zum Beispiel sowas wie: "Wenn wir irgendwo eingeladen werden, und die AfD ist auch eingeladen, dann gehen wir nicht hin", zum Beispiel. Ihr könnt wahlweise hier diese Erklärung vom CCC zum Beispiel verwenden, oder ihr könnt euch auch auf den Berliner Konsens beziehen. Das ist eine Vereinbarung der demokratischen Parteien in Berlin zu den Landtagswahlen 2011 und 2016, wo sich die ganzen Parteien darauf geeinigt haben, dass sie im Wahlkampf darauf achten wollen, dass rassistische Positionen nicht instrumentalisiert werden, dass der Wahlkampf nicht auf dem Rücken von Geflüchteten ausgetragen wird. Und den haben sie zusammen auch mit der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus in Berlin gemacht. Das ist sowieso eine sehr gute Anlaufstelle, wenn ihr Infos braucht, wenn ihr euch fragt, wie könnte man damit umgehen, wenn ihr irgendwelche negativen Erfahrungen macht und sagt: "Irgendwie kommt mir das alles sehr rechts vor, aber ich weiß jetzt gar nicht, was meine Handlungsoptionen sind." Ganz zum Schluss kommen wir noch einmal zurück zu Uwe Kamann. Wir können wirklich nur rätseln, was ihn zu seinem Austritt bewogen hat, bei dieser Presseerklärung zitiert er fachpolitische Differenzen. Es hat aber neben ihm und Cotar in dieser ganzen Bundestagsfraktion eigentlich niemand mehr netzpolitischen Sachverstand, und das ist auch extern bestätigt, nämlich Prof. Dr. Katharina Zweig hat das... diesen Tweet geschickt als Antwort auf seinen Austrittstweet und bestätigt quasi, dass er jemand ist, der Ahnung hatte vom Thema, der sich zumindest Mühe gegeben hat, und der insgesamt nicht so unangenehm aufgefallen ist in der Zusammenarbeit. Und meine Theorie oder meine Spekulation ist, dass vielleicht die Fraktionsführung der AfD-Bundestagsfraktion gerade mit diesem kooperationsorientierten Stil der Netzpolitiker und vor allem von Kamann so ein bisschen ihre Probleme hatte. Weil Kamann ja eben immer nach seinem gesunden Menschenverstand geurteilt hat, und wenn er bei irgendeinem Thema dann doch mal zu einer Haltung gefunden hat, eben häufig auch Grünen, Linken oder FDP zugestimmt hat. Und durch den Weggang Kamanns wird die AfD jetzt also weniger sachkundig und mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit noch krawalliger und rechtsextremer. Es bleibt auf jeden Fall spannend, wo sich die AfD im kommenden Jahr netzpolitisch hinentwickelt. Aber wenn ihr euch dafür interessiert, dann reicht es meiner Meinung nach aus, wenn ihr euch die Reden in der Mediathek des Bundestages anschaut, ihr müsst die nicht zu euren Veranstaltungen oder euren Podiumsdiskussionen einladen. Und ich möchte euch auch abschließend dazu ermutigen, dass ihr in euren Organisationen oder euren netzpolitischen Kontexten darauf hinarbeitet, dass ihr eine klare und transparente Abgrenzung zur AfD-Fraktion oder auch zur Partei macht, und euch vor allem von diesen neutral erscheinenden Positionen nicht reinlegen lasst, das sind dann eben häufig keine interessanten Positionen, die haben nichts zu sagen. Die sagen dann das, was alle anderen sagen, und ich hoffe, dass ihr euch davon nicht blenden lasst. Denn ich habe den Eindruck, dieser kooperationsorientierte Politikstil der Netzpolitiker ist innerhalb der Bundestagsfraktion auf dem absteigenden Ast. Kamann hat jetzt festgestellt, dass sein Stil nicht mehrheitsfähig ist, das ist meine Vermutung, und sein Austritt ist vermutlich ein Beispiel für die allgemeine Radikalisierung der AfD. Das sehen wir ja allenthalben, dass die allerletzten Gemäßigten jetzt wirklich austreten und dann nur noch die Krawallorientierten übrig bleiben. Am Ende war es schon immer, und wird jetzt noch mehr sein, eine Fraktion, die vor allem durch Nationalismus und Rassismus und gruppenbezogene Menschlichkeit auffällt und Geschichtsrevisionismus. Und das sollte man im Hinterkopf behalten. Ganz vielen herzlichen Dank. Applaus Herald: Ja, Danke Miriam. So, ihr kennt das Spiel. Es gibt fünf Mikrofone. Wenn ihr jetzt geht, dann tut es am Besten einfach nicht und bleibt. Aber wenn ihr unbedingt müsst, dann nimmt diesen Eingang und seid ganz leise. Okay, also fünf Mikrofone. Bitte an den Mikrofonen aufreihen oder im IRC oder auf dem Twitter und bitte kurze Fragen, denn die Zeit ist ein wenig knapp. Mikrofon Nummer 2 bitte. Frage: Ja, Hallo. Vielen Dank für den sehr schönen Talk. Was mich interessieren würde ist: die AfD wird ja gerne als Law-and-Order-Partei wahrgenommen. Und das steht nun in einem gewissen Widerspruch zu der Tatsache, dass sie ja selber auf diversen Watchlists stehen. Also, wie positioniert sich die AfD denn in diesem Umfeld? Miriam: Ja, also da gibt es tatsächlich sehr viele Diskrepanzen. Also, das ist ein guter Punkt den du ansprichst. Das ist ja wie mit diesen Meinungsfreiheit-Sachen, ne. Also sie finden irgendwie in diesen ganzen kleinen Anfragen, die ich vorhin als Beispiel angeführt hatte. Da geht es ja immer darum, dass irgendjemand, z.B. die AfD als rechtsextrem bezeichnet und dann sagen sie immer "Oh, Verleumdung, gemein, kann ja gar nicht sein." Aber das würde ja auch unter Meinungsfreiheit fallen, aber wenn es um ihre Positionen geht, dann ist sozusagen den Grenzen der Meinungsfreiheit, sind keine Grenzen gesetzt, so. Also, da gibt es eine kognitive Dissonanz und das schlägt sich auch in vielen anderen Bereichen nieder. Also, es ist nicht logisch. Es ist mit logischem Verstand nicht nachzuvollziehen. Herald: Nr. 4 bitte Mikro 4: Ich hätte eine Frage und zwar gerade auch zum Thema Meinungsfreiheit. Für die eigene Meinungsfreiheit kämpft eigentlich jeder. Für die fremde Meinungsfreiheit kämpfen deutlich weniger. Wenn die AfD jetzt sagt, sie würde für die Meinungsfreiheit kämpfen und bestimmte, vielleicht auch nicht ganz unkritische Tendenzen thematisieren, setzt sie sich dann immer nur für ihre eigene Meinungsfreiheit ein, oder setzt sie sich dann auch mal für fremde Meinungsfreiheit ein, z.B. für die Meinungsfreiheit der Antifa. Miriam: Also, es ist mir jetzt im letzten Jahr an genau gar keiner Stelle aufgefallen dass sich die AfD für die Meinungsfreiheit der Antifa eingesetzt hätte. Wenn das passiert, lasse ich es euch wissen. Lachen Herald: So, weitere Fragen, bitte. Wir haben noch ein paar Minuten Zeit. Hat das Internet eine Frage? Ich glaube nicht, nein. Mikrofon zwei bitte. F: Mich würde interessieren welche Positionen die AfD sicherheitspolitisch hat, ganz speziell. Also, ich glaube es war auch ein bisschen Anschluss an die Frage vorhin, wenn es darum geht, dass sie beobachtet werden sind sie vermutlich dagegen, aber wie sind sie ansonsten bei sicherheitspolitischen Verfahren. Miriam: Da bin ich jetzt tatsächlich leider die falsche Fachfrau, weil ich meine Zeit im Ausschuss Digitale Agenda verschwende und parallel der Innenausschuss tagt, wo diese sicherheitspolitischen Fragen verhandelt werden. Ich bin sicher darüber könnte man auch einen wahnsinnig interessanten Talk halten wie es mit dieser kognitiven Dissonanz aussieht und wie sie sich zu diesen Law and Order-Fragen verhalten. Kann ich jetzt leider keine Beispiele aus der Tasche zaubern und nichts erzählen, weil ich da bei den Diskussionen immer nicht dabei bin, sorry. Herald: Einmal die 5, bitte F: Ja, Hallo, ich habe eine Frage und zwar wie die AfD zum neuen EU- Urheberrecht steht und zwar, ja. Miriam: Das ist eine gute Frage. Ich überlege gerade, ob ich das mitgekriegt habe. In meinem Kopf gehen so die ganzen Positionierungen der AfD zu verschiedenen EU-Themen so ein bisschen durcheinander. Ich will jetzt nicht lügen, ich will keinen Quatsch erzählen, deswegen sage ich dazu jetzt nichts. Ich bin mir relativ sicher, dass zum Beispiel Julia Reda eine gute Ansprechperson wäre um sie danach zu fragen. Ich kriege so ein bisschen von Kolleginnen und Kollegen, die im EU- Parlament aktiv sind, kriege ich mit, dass die AfD da häufig entweder. Also, sie ist häufig dagegen oder sie ist auch sehr häufig abwesend und das ist dann immer interessant, weil auch da eine kognitive Dissonanz entsteht, weil sie dann im Bundestag im Plenum große Reden schwingen und sagen "Wir waren schon immer gegen das Thema." Und wenn ich dann meine Kollegen in Brüssel anrufe sagen die "Du, die haben in jeder Ausschusssitzung gefehlt und bei jeder Gelegenheit, wo sie einen Gegenvorschlag hätten machen können oder so waren sie gar nicht da." Also, da gibt es auch so eine Dissonanz, aber Urheberrecht ist leider auch nicht mein Fachgebiet. Herald: So, für eine hätten wir noch Zeit, will noch wer? Eins, bitte F: Ja, vielen Dank für den Talk. Ich würde dir zustimmen. Im Sinne dessen, dass du alle dazu aufrufst, sich klar zur AfD oder gegen die AfD zu positionieren. Auch ich finde das super wichtig, nicht nur als einzelner Mensch, sondern auch als Organisation. Meine Frage geht dahin: Wie können wir solche Fakten, von denen du gerade redest, also spezifische Reaktionen der AfD sammeln, um diese argumentativ gegen das allgegenwärtige Argument heranzuführen, dass die AfD ja auch eine demokratisch legitimierte Partei sei. Was sie meiner Meinung nach übrigens ist. Aber wie können wir diese Fakten sammeln und sharen, um eine gemeinsame Positionierung, inhaltliche Positionierung gegen die AfD als Partei zu schärfen. Miriam: Also, da ist ja jeder und jede frei, wie er oder sie das machen möchte und wo und auf welcher Plattform oder welchem Kontext ihr das sammeln wollt. Es gibt auf jeden Fall jede Menge Material, das zur Verfügung steht um eben sich darüber zu informieren. Also, die Reden, die ich euch gezeigt habe, die sind in der Mediathek des Bundestages. Ihr könnt da alle Reden von allen AfD-Abgeordneten zu allen Themen jederzeit euch nochmal anschauen. Könnt ihr auch runterladen. Ihr könnt alle Anträge und kleinen Anfragen euch anschauen und runterladen und das ist quasi ein riesiger Haufen an Informationsmaterial, durch den man sich durchwühlen kann, wenn man das denn möchte. Ich war jetzt froh, dass ich mich für diesen Talk einfach auf einzelne, spezifische, netzpolitische Themen fokussiert habe. Aber es ist manchmal schon interessant einfach so eine lange Liste runter zu scrollen von den ganzen kleinen Anfragen, die sie gestellt haben: Waffen aus dem 3D-Drucker, ganz viel zu Gesundheit, ganz viel auch zu innerer Sicherheit übrigens. Wir hatten ja hier Fragen zu innerer Sicherheit. In dem Bereich stellen sie tatsächlich auch viele kleine Anfragen und das kann man einfach selber durchführen und durcharbeiten. Das Material ist da. Es ist alles, alles öffentlich im Prinzip. Herald: So das war's auch dann. Dankt bitte noch einmal Miriam. Applaus 35C3 Abspannmusik Untertitel erstellt von c3subtitles.de im Jahr 2018. Mach mit und hilf uns!