WEBVTT 00:00:00.000 --> 00:00:19.109 36c3 Vorspannmusik 00:00:19.109 --> 00:00:23.430 Herald: Es freut mich sehr, dass ihr alle da seid für Sven Hilbig. Er ist Referent 00:00:23.430 --> 00:00:29.590 im Verein „Brot für die Welt“ und dort vor allen Dingen für Welthandel und 00:00:29.590 --> 00:00:34.510 Umweltpolitik zuständig. Einige von euch kennen ihn wahrscheinlich auch als 00:00:34.510 --> 00:00:39.760 Vertreter von Brot für die Welt im Träger- Kreis von Bits und Bäume. Ich freue mich 00:00:39.760 --> 00:00:46.470 sehr, dass er heute hier ist, beim Kongress, um über Gerechtigkeit 4.0 zu 00:00:46.470 --> 00:00:51.120 sprechen und Gerechtigkeit vor allen Dingen in der Digitalisierung im globalen 00:00:51.120 --> 00:00:54.545 Süden. Dankeschön Sven, dass du da bist. 00:00:54.545 --> 00:00:58.950 Applaus 00:00:58.950 --> 00:01:03.940 Sven Hilbig: Ja, ganz herzlichen Dank für die Einladung vom Chaos Computer Club zu 00:01:03.940 --> 00:01:08.579 dem Vortrag heute. Wie du gerade schon sagtest: Ich arbeite bei Brot für die Welt 00:01:08.579 --> 00:01:12.670 zu Handel und Umweltpolitik. Und bevor ich zum Vortrag komme, möchte ich 00:01:12.670 --> 00:01:16.710 vielleicht noch ein paar einleitende Worte sagen, warum wir uns von Brot für die Welt 00:01:16.710 --> 00:01:21.050 uns überhaupt mit dem Thema Digitalisierung beschäftigen. Brot für die 00:01:21.050 --> 00:01:26.440 Welt wurde vor 60 Jahren gegründet, ist inzwischen in ungefähr 100 Ländern aktiv. 00:01:26.440 --> 00:01:30.330 Wir kooperieren mit ungefähr 1300 Partnerorganisationen, und unser 00:01:30.330 --> 00:01:33.910 Kernanliegen ist es, die Lebensbedingungen der Menschen in Entwicklungs- und 00:01:33.910 --> 00:01:37.670 Schwellenländern zu verbessern. Dabei konzentrieren wir uns vor allen Dingen auf 00:01:37.670 --> 00:01:41.220 die Überwindung von Armut und Ungleichheit. Wir fördern auch viele 00:01:41.220 --> 00:01:45.340 Projekte in den Bereichen Gesundheit, Bildung, ländliche Entwicklung, 00:01:45.340 --> 00:01:49.860 beschäftigen uns auch mit anderen Themen wie umweltpolitischen Themen und 00:01:49.860 --> 00:01:54.049 ökonomischen Herausforderungen, wie dem Klimawandel, der Rohstoffpolitik und 00:01:54.049 --> 00:01:58.450 Handelsabkommen. Denn Handelsabkommen und auch der Abbau von Rohstoffen 00:01:58.450 --> 00:02:02.120 beeinträchtigen auch ganz stark die Menschen in Entwicklungsländern wie z. B. 00:02:02.120 --> 00:02:07.049 Kleinbauern in Afrika oder indigene Menschen, Indigene im Amazonas. 00:02:07.049 --> 00:02:12.310 Und mit der Digitalisierung ist es nicht anders. Auch das greift weit in die Lebens- 00:02:12.310 --> 00:02:17.950 und Arbeitsbedingungen der Menschen im globalen Süden ein. Wir sehen das – zum 00:02:17.950 --> 00:02:23.599 Beispiel einige Partnerorganisation nutzen Digitalisierung in ihrer Arbeit. Im Kongo 00:02:23.599 --> 00:02:28.379 zum Beispiel setzen sie Cargodrohnen ein, um Medikamente zu transportieren in entlegene 00:02:28.379 --> 00:02:32.889 Gebiete. Und andere Partnerorganisationen berichten davon, dass sie immer mehr 00:02:32.889 --> 00:02:39.369 kontrolliert, überwacht werden von techno- logischen Instrumenten. Und von daher haben 00:02:39.369 --> 00:02:43.186 wir gesagt – verschiedene Kollegen in der Politikabteilung –, dass wir uns damit 00:02:43.186 --> 00:02:46.960 befassen wollen: Was sind denn eigentlich nur die Risiken? Und was sind auch die 00:02:46.960 --> 00:02:51.409 Chancen der Digitalisierung. Und ich tue dies vor allen Dingen aus der 00:02:51.409 --> 00:02:56.120 handelspolitischen Perspektive. Ich habe mich zwei Jahre lang relativ intensiv mit 00:02:56.120 --> 00:03:00.840 der Frage beschäftigt. Das Ergebnis ist unsere Publikation Gerechtigkeit 4.0, die 00:03:00.840 --> 00:03:06.400 vor drei Monaten herausgekommen ist. Und ich möchte Ihnen ein paar Inhalte heute 00:03:06.400 --> 00:03:12.659 vorstellen. Was sind nun die Risiken, was sind nun die Chance Digitalisierung für 00:03:12.659 --> 00:03:18.230 die Menschen in Entwicklungsländern? Viele Akteure in Entwicklungszusammenarbeit sind 00:03:18.230 --> 00:03:23.340 relativ optimistisch. Sie glauben, dass die Digitalisierung dazu beitragen kann, 00:03:23.340 --> 00:03:27.659 viele Potenziale hat, um Armut, Ungleichheit zu überwinden. Ich möchte 00:03:27.659 --> 00:03:31.930 hier nur stellvertretend unseren Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit 00:03:31.930 --> 00:03:38.760 zitieren, Gerd Müller, der sagt: „Neue Technologien beschleunigen unser Leben, 00:03:38.760 --> 00:03:43.159 machen es transparenter und effizienter. Mehr Menschen können mehr Wissen teilen. 00:03:43.159 --> 00:03:48.059 Wertschöpfungsketten werden neu gestaltet, Unternehmergeist in Garagen geweckt.“ Das 00:03:48.059 --> 00:03:52.000 ist eine sehr optimistische Einschätzung. Und diese optimistische Einschätzung 00:03:52.000 --> 00:03:57.490 beruht vor allen Dingen auf zwei Thesen. Da haben wir zum einen die These, die 00:03:57.490 --> 00:04:01.290 sagt, dass die Digitalisierung ganz neue Märkte schaffe, auch in den 00:04:01.290 --> 00:04:05.949 Entwicklungsländern mit einem sehr hohen Wachstumspotenzial. Und dass dies 00:04:05.949 --> 00:04:10.859 schlussendlich dazu führe, dass der Wohlstand gesteigert wird. Und das Andere, 00:04:10.859 --> 00:04:16.020 das steckte ja auch schon im Zitat drin: Man glaubt, dass die Digitalisierung der globalen 00:04:16.020 --> 00:04:20.419 Lieferketten dazu führt, dass diese Lieferketten transparenter sind, 00:04:20.419 --> 00:04:24.010 effizienter, produktiver und schlussendlich dazu führen, dass die 00:04:24.010 --> 00:04:29.169 Menschen, die am Anfang der Kette stehen – der Teepflücker, der Kleinbauer – mehr 00:04:29.169 --> 00:04:34.720 verdient als vorab. Und ich möchte nun in meinem Vortrag auf diese beiden Thesen 00:04:34.720 --> 00:04:39.440 eingehen, schauen: was hat sich bisher verwirklicht, bzw. wie hoch sind die 00:04:39.440 --> 00:04:43.940 Wahrscheinlichkeiten, dass sie sich in der Zukunft verwirklichen und danach ein paar 00:04:43.940 --> 00:04:51.420 Bausteine benennen, die dazu beitragen können, dass die Potenziale stärker betont 00:04:51.420 --> 00:04:55.800 werden und die Risiken gemindert werden. Ich möchte beginnen mit dem Welthandel. 00:04:55.800 --> 00:05:00.940 Die Beschäftigung mit Welthandel ist von daher, meiner Ansicht nach, auch 00:05:00.940 --> 00:05:05.290 interessant, weil uns hier empirische Daten vorliegen. Die Diskussion über die 00:05:05.290 --> 00:05:09.030 Digitalisierung ist ja auch bestimmt von Spekulationen, wie sie sich zukünftig 00:05:09.030 --> 00:05:13.100 entwickeln wird, und schwankt oft hin und her zwischen Dystopie und Utopie. Beim 00:05:13.100 --> 00:05:17.160 Welthandel ist’s ein bisschen anders. Ich fange an mit dem Handeln mit digitalen 00:05:17.160 --> 00:05:22.681 Gütern. Digitale Güter sind alle Güter, die digital hergestellt werden, digital 00:05:22.681 --> 00:05:28.310 gehandelt werden und digital konsumiert werden, das heißt das E-Book, Musik oder 00:05:28.310 --> 00:05:33.010 Videostreaming Software. Und da ist die Frage, wie hat sich das in den letzten 20 00:05:33.010 --> 00:05:37.180 Jahren entwickelt? Welche Regionen, welche Weltregionen profitieren davon und welche 00:05:37.180 --> 00:05:42.780 nicht? Und ein Bericht der Vereinten Nationen gibt dazu Antwort. Hier sehen 00:05:42.780 --> 00:05:47.720 wir, dass 51 Prozent des Handels mit digitalen Gütern auf den asiatisch- 00:05:47.720 --> 00:05:52.560 pazifischen Raum entfallen. Dahinter steckt vor allen Dingen ein Land, das ist 00:05:52.560 --> 00:05:59.740 China. Auf Europa und Nordamerika ungefähr ein Viertel. Auf den afrikanischen 00:05:59.740 --> 00:06:05.760 Kontinent, zusammen mit dem Mittleren Osten nur ein einziger Prozent und selbst 00:06:05.760 --> 00:06:09.900 auf Lateinamerika, wo immerhin vier Schwellenländer liegen – Brasilien, Mexiko, 00:06:09.900 --> 00:06:15.640 Argentinien, Chile – auch nur ein Prozent. Damit zeigt sich, dass die Ungleichheit 00:06:15.640 --> 00:06:21.280 beim Handeln mit digitalen Gütern noch größer ist als beim Handel mit analogen 00:06:21.280 --> 00:06:26.090 Gütern. Denn beim analogen Gütern repräsentieren Lateinamerika und Afrika 00:06:26.090 --> 00:06:31.180 zusammen zumindest acht Prozent und nicht nur zwei Prozent. Die 00:06:31.180 --> 00:06:36.920 Welthandelsorganisation WTO hat sehr früh in Teilbereichen zumindest den digitalen 00:06:36.920 --> 00:06:42.200 Handel liberalisiert. Sie hat bereits 1998 ein Abkommen verabschiedet – Informations- 00:06:42.200 --> 00:06:48.890 und Technologieabkommen –, was den Handel mit IT-Produkten, also Tablets, PCs und so 00:06:48.890 --> 00:06:53.600 weiter liberalisiert, indem es ein Zoll Moratorium verhängt hat. Das heißt, auf 00:06:53.600 --> 00:06:58.750 diese Produkte dürfen von Anfang an keine Zölle erhoben werden. Nun stellt sich die 00:06:58.750 --> 00:07:04.180 Frage, wie sich das auswirkt. So ein Zoll Moratorium. Bei der Beantwortung müssen 00:07:04.180 --> 00:07:08.470 wir unterscheiden zwischen den IT- Konzernen, die Marktführer sind bei der 00:07:08.470 --> 00:07:12.720 Herstellung dieser Produkte, den Tablets, den GPS-Geräten und den Konsumenten auf 00:07:12.720 --> 00:07:17.070 der einen Seite und den Staaten auf der anderen Seite. Für die IT-Konzerne ist’s 00:07:17.070 --> 00:07:20.520 natürlich vorteilhaft, wenn keine Zölle erhoben werden. Die Produkte sind 00:07:20.520 --> 00:07:25.510 günstiger, sie werden stärker nachgefragt, der Umsatz steigt und damit ihre Profite. 00:07:25.510 --> 00:07:29.280 Und wir freuen uns natürlich auch. Wir Konsumenten hätten es natürlich besser, 00:07:29.280 --> 00:07:33.130 wenn wir den Laptop kaufen, der nur 900 und nicht 1000 Euro kostet. Was heißt es 00:07:33.130 --> 00:07:39.520 aber für die Staaten? Für die Staaten hat es vor allem monetäre Konsequenzen. Wir 00:07:39.520 --> 00:07:44.140 sehen das hier: die Mehrzahl der Staaten im südlichen Afrika hat ein 00:07:44.140 --> 00:07:49.490 Handelsbilanzdefizit. Das heißt, sie importieren sehr viel mehr IT-Produkte 00:07:49.490 --> 00:07:57.520 als sie exportieren. Ein kleiner Staat wie Malawi hat ein Handelsbilanzdefizit von 80 00:07:57.520 --> 00:08:03.250 oder fast 80 Millionen US-Dollar. Das ist viel für diesen Staat. Und die 00:08:03.250 --> 00:08:08.871 Schwellenländer, profitieren die zumindest davon? Selbst Schwellenländer, die über 00:08:08.871 --> 00:08:12.570 einen ziemlich hohen industrialisierungsgrad verfügen, wie 00:08:12.570 --> 00:08:18.620 Mexiko, Thailand, Südafrika und Brasilien, haben auch Handelsbilanzdefizite teilweise 00:08:18.620 --> 00:08:22.470 von fast 600 Millionen im Falle von Mexiko. Und die anderen drei Benannten 00:08:22.470 --> 00:08:26.050 liegen bei ungefähr 200 Millionen US-Dollar. Alle haben ein 00:08:26.050 --> 00:08:32.591 Handelsbilanzdefizit. Bei diesem Abkommen von 1998 wurde vereinbart, dass das 00:08:32.591 --> 00:08:37.320 Moratorium nur ein zeitlich befristetes Moratorium ist. Das heißt, es wird alle 00:08:37.320 --> 00:08:41.970 zwei Jahre auf den WTO-Ministerkonferenzen verlängert um weitere zwei Jahre. 00:08:41.970 --> 00:08:46.170 Die Industriestaaten drängen verständlicherweisedarauf, dass das in ein 00:08:46.170 --> 00:08:51.250 permanentes Moratorium verwandelt wird. Und viele Entwicklungsländer sind dagegen 00:08:51.250 --> 00:08:55.240 und das nicht nur aufgrund der negativen Zahlungsbilanz, sondern gerade die ärmsten 00:08:55.240 --> 00:09:01.029 Entwicklungsländer führen noch zwei andere Argumente ins Felde. Das eine Argument 00:09:01.029 --> 00:09:05.100 ist, dass für gerade arme Entwicklungsländer Zolleinnahmen enorm 00:09:05.100 --> 00:09:11.029 wichtig sind für die Staatseinnahmen. Staaten wie Mali oder Sierra Leone, in 00:09:11.029 --> 00:09:16.229 diesen Staaten machen die Zolleinnahmen 40 Prozent der gesamten Staatseinnahmen aus. 00:09:16.229 --> 00:09:20.090 Nun können wir uns vorstellen, wenn diese Zölle nicht mehr vorhanden sind, was das 00:09:20.090 --> 00:09:24.328 bedeutet für die Möglichkeit, noch in Gesundheit oder Bildung zu investieren. 00:09:24.328 --> 00:09:30.170 Und das zweite Argument ist, dass Zölle auch wirtschaftslenkende politische 00:09:30.170 --> 00:09:35.930 Maßnahmen einleiten können. Gerade die Staaten Südostasiens haben es vorgemacht, 00:09:35.930 --> 00:09:41.519 wie eine nachholende Industrialisierung möglich ist. Südkorea, Taiwan, Singapur 00:09:41.519 --> 00:09:45.610 sie haben schon vor 30, 40 Jahren entschieden, dass sie ihre neuen 00:09:45.610 --> 00:09:49.559 Industrien, die sie aufbauen, vor ausländischer Konkurrenz schützen, indem 00:09:49.559 --> 00:09:54.120 sie einfach hohe Schutzzölle erhoben haben. Und erst als ihre Unternehmen 00:09:54.120 --> 00:09:57.839 international wettbewerbsfähig waren, haben sie Schutzzölle zurückgenommen und 00:09:57.839 --> 00:10:04.560 haben ihre Produkte exportiert. Das ist dann nicht mehr möglich. Nun hat sich der 00:10:04.560 --> 00:10:08.720 digitale Handel in den letzten 20, 25 Jahren stark verändert. Er verändert sich 00:10:08.720 --> 00:10:12.730 permanent. Es kommen immer neue Produkte hinzu, es kommen neue Vermittlungswege 00:10:12.730 --> 00:10:16.389 hinzu. Wir könnten uns ja wahrscheinlich auch kein Leben mehr ohne digitale 00:10:16.389 --> 00:10:21.190 Dienstleistungen vorstellen: Hotelreservierungen, Online-Kurse et 00:10:21.190 --> 00:10:26.720 cetera. Das Portfolio wird immer größer. Es ist ziemlich klar, dass es beim 00:10:26.720 --> 00:10:30.410 digitalen Handel um materielle, immaterielle Güter geht und um digitale 00:10:30.410 --> 00:10:35.369 Dienstleistungen. Was vielleicht weniger bewusst ist, dass es mittlerweile auch um 00:10:35.369 --> 00:10:42.100 Daten geht. Nach Ansicht der OECD sind Daten ein handelbares Gut. Und in 00:10:42.100 --> 00:10:46.730 Anbetracht dieser Dynamik kann es nicht verwundern, dass es immer mehr 00:10:46.730 --> 00:10:50.730 Handelsabkommen gibt – bilaterale, multilaterale Handelsabkommen –, indem es 00:10:50.730 --> 00:10:55.509 ein sogenanntes E-Commerce Chapter gibt, in dem genau weitreichende Regelungen 00:10:55.509 --> 00:11:03.829 getroffen werden und auch was den Datenaustausch angeht. Das ist keine 00:11:03.829 --> 00:11:07.449 zufällige Entwicklung, wie uns teilweise IT-Konzerne oder auch das 00:11:07.449 --> 00:11:10.790 Bundeswirtschaftsministerium halt weismachen will. Die sagen: Naja, die 00:11:10.790 --> 00:11:14.500 Technik entwickelt sich weiter, müssen uns anpassen. Sondern vielmehr, wenn wir 00:11:14.500 --> 00:11:17.979 verstehen wollen, was hier eigentlich gerade abgeht und was zum ziemlichen 00:11:17.979 --> 00:11:21.320 Zankapfel wird zwischen Industriestaaten einerseits, Entwicklungsländer 00:11:21.320 --> 00:11:24.850 andererseits, müssen wir einen Schritt zurück machen, und zwar einen weiten 00:11:24.850 --> 00:11:28.469 Schritt zurück. Wir müssen 20 Jahre zurückgehen und müssen uns zurück bewegen 00:11:28.469 --> 00:11:34.910 in das Silicon Valley der ’90er Jahre. Tech- Konzerne planen, wie auch Erdölkonzerne, 00:11:34.910 --> 00:11:39.670 langfristig und strategisch. Und mit langfristig meine ich jetzt nicht fünf 00:11:39.670 --> 00:11:45.978 oder zehn Jahre, sondern mehrere Jahrzehnte im Voraus. Amazon, Facebook, 00:11:45.978 --> 00:11:49.869 die in der zweiten Hälfte der ’90er Jahre eher noch in den Kinderschuhen steckten, 00:11:49.869 --> 00:11:54.940 war natürlich eigentlich bewusst, dass sie im 21. Jahrhundert abräumen werden. Ihr 00:11:54.940 --> 00:11:59.640 technologischer Vorsprung war zu groß, und auch das finanzielle Kapital, was 00:11:59.640 --> 00:12:04.236 hinter ihnen steckte, war auch zu groß, dass irgendjemand sie daran hindern könnte, 00:12:04.236 --> 00:12:08.920 sozusagen die neuen Weltherrscher zu werden. Die Zahlen sind, glaube ich, den 00:12:08.920 --> 00:12:13.380 vielen bekannt. Heutzutage ist es so, dass die Big Five des Silicon Valley das 00:12:13.380 --> 00:12:17.420 Dreieinhalbfache des Börsenwertes repräsentieren wie die vier größten 00:12:17.420 --> 00:12:22.660 Erdölkonzerne. Das wussten die damals schon. Aber sie waren auch so klug. Sie 00:12:22.660 --> 00:12:26.800 wussten auch, wenn sie erst einmal diese dominante Rolle eingenommen haben, wird 00:12:26.800 --> 00:12:31.290 diese dominante Rolle auch zu Widerspruch und auch zu Widerstand führen. Das heißt, 00:12:31.290 --> 00:12:36.129 es werden Forderungen laut nach Regulierung, Kontrolle ihrer Unternehmen. 00:12:36.129 --> 00:12:40.699 Das wollten sie verhindern. Also haben sie sich bereits in ’90er Jahren überlegt: Was 00:12:40.699 --> 00:12:45.079 können wir tun, damit es auch in 20, 30, 40 Jahren keine Regulierung gibt? Und dann 00:12:45.079 --> 00:12:48.658 sind sie auf eine ziemlich gute Idee gekommen aus ihrer Perspektive … sie 00:12:48.658 --> 00:12:52.248 haben sich überlegt, dass sie das internationale Handelsrecht benutzen, um 00:12:52.248 --> 00:12:57.709 es für ihre Interessen zu instrumentalisieren. Warum? Weil die WTO 00:12:57.709 --> 00:13:02.490 als auch bilaterale Handelsabkommen nur ein einziges Ziel haben. Und das ist 00:13:02.490 --> 00:13:07.269 Liberalisierung und Deregulierung. Es geht in Handelsabkommen um nichts anderes, als 00:13:07.269 --> 00:13:11.670 Handelshemmnisse abzubauen und andere Handelshemmnisse, die man vielleicht 00:13:11.670 --> 00:13:16.310 sozusagen sich neu ausdenken könnte, gar nicht erst zu erlauben. Und sie waren auch 00:13:16.310 --> 00:13:24.040 extrem erfolgreich. Im Jahr 2000 hat die USA bereits eine digitale Agenda erlassen, 00:13:24.040 --> 00:13:28.200 in dem die ganze Wunschliste des Silicon Valley enthalten ist. Das ist eine 00:13:28.200 --> 00:13:35.009 Antiverbotsagenda, da steht drin: Verbot von Zöllen, Verbot von Digitalsteuer, 00:13:35.009 --> 00:13:40.790 Verbot, Quellcodes zu öffnen, Verbot von lokaler Datenspeicherung. Die Daten sollen 00:13:40.790 --> 00:13:45.829 schön auf den Servern im Silicon Valley oder in Seattle landen. Das sollte 00:13:45.829 --> 00:13:49.959 zukünftig in die Handelsabkommen hinein verhandelt werden. Zwei Jahre später, 00:13:49.959 --> 00:13:53.720 2002, hat die USA das erste Handelsabkommen zum digitalen Handeln 00:13:53.720 --> 00:13:57.999 abgeschlossen. Da ging es um Kooperation, man ist vorsichtig vorgegangen und mit jedem 00:13:57.999 --> 00:14:03.159 neuen Abkommen ist immer mehr von dem, was ich eben benannt hab, hineinverhandelt worden. 00:14:03.159 --> 00:14:08.179 Wir haben – ich weiß nicht, ob das vielen von euch bekannt ist – seit Januar 2019, also 00:14:08.179 --> 00:14:14.589 ziemlich genau einem Jahr, gibt es eine transpazifische Partnerschaft, an der elf 00:14:14.589 --> 00:14:19.320 Staaten beteiligt sind, darunter wichtige Staaten wie Australien, Chile, Japan, 00:14:19.320 --> 00:14:24.209 Kanada. Und diese Staaten haben sich darauf verständigt, unter anderem Verbot 00:14:24.209 --> 00:14:28.770 lokaler Datenspeicherung, Verbot von Zugriff auf Quellcodes, Verbot auf Zölle 00:14:28.770 --> 00:14:35.060 zu erheben. Das ist Völkerrecht, da kommt man nicht mehr ran. Internationales 00:14:35.060 --> 00:14:38.950 Völkerrecht, Handelsrecht, Handelsabkommen werden nicht aufgehoben. Die haben kein 00:14:38.950 --> 00:14:45.203 Enddatum. Diese elf Staaten ist das alles nicht mehr möglich. Nun könnte der eine 00:14:45.203 --> 00:14:51.389 oder andere – oder die andere – halt sagen: Die USA ist ja gar nicht dabei, die USA hat 00:14:51.389 --> 00:14:57.019 das Ganze doch initiiert. Obama hat … die USA war an diesem Abkommen beteiligt. 00:14:57.019 --> 00:15:03.181 Obama hat dieses Abkommen erfolgreich zu Ende verhandelt. Das war seine, war sein 00:15:03.181 --> 00:15:07.309 großes Projekt im Handelsbereich. Das wollte er verhandeln. Das war ihm viel 00:15:07.309 --> 00:15:12.750 wichtiger als die TTIP-Verhandlungen. Die Verhandlung kamen zu Ende, Trump kam in die 00:15:12.750 --> 00:15:16.608 Regierung und Trump war einfach nicht bereit, ein von Obama erfolgreich zu Ende 00:15:16.608 --> 00:15:20.550 verhandeltes Abkommen zu ratifizieren. Trump hat es nicht ratifiziert, darum sind 00:15:20.550 --> 00:15:25.249 nur diese elf Staaten beteiligt. Das Ganze hat Trump aber nicht daran gehindert, 00:15:25.249 --> 00:15:30.569 jetzt im Oktober vor zwei Monaten mit Japan ein eigenes Abkommen zu verhandeln 00:15:30.569 --> 00:15:35.439 zum digitalen Handel, in dem die ganzen Sachen drinstehen. Und dieses Abkommen: 00:15:35.439 --> 00:15:42.279 USA, Japan kann jetzt möglicherweise im Januar schon ratifiziert werden. Das 00:15:42.279 --> 00:15:46.911 kommende Jahr wird was den Bereich Digital- Handel angeht auch deswegen spannend, weil 00:15:46.911 --> 00:15:51.819 die große Frage ist, ob die WTO anfängt, jetzt ein multilaterales Abkommen zu 00:15:51.819 --> 00:15:55.860 verhandeln, wo es auch um den digitalen Handel geht. Es gibt die sogenannten 00:15:55.860 --> 00:16:02.360 Freunde des E-Commerce. Das sind ungefähr 80 Staaten, darunter EU, Japan, USA, aber 00:16:02.360 --> 00:16:05.819 auch China und verschiedene Schwellenländer. Die haben auf dem 00:16:05.819 --> 00:16:10.939 Weltwirtschaftsforum in Davos 2019 angekündigt, dass sie bei der nächsten WTO 00:16:10.939 --> 00:16:15.000 Ministerkonferenz, die im Juni 2020 in Kasachstan stattfindet, ein Mandat 00:16:15.000 --> 00:16:18.590 bekommen, um genau so ein Abkommen zu verhandeln, in dem genau solche Sachen 00:16:18.590 --> 00:16:25.251 enthalten sind. Wir wissen nicht, was rauskommt, wir sind bei Brot für die Welt, 00:16:25.251 --> 00:16:29.860 wir werden hinfahren nach Kasachstan zwar jetzt im Juni 2020. Klar ist, dass 00:16:29.860 --> 00:16:35.179 grundsätzlich. Tschuldigung, die Bundesregierung, Angela Merkel hinter 00:16:35.179 --> 00:16:39.579 einem solchen Abkommen steht, das hat sie bereits in Davos angekündigt. Auch wenn 00:16:39.579 --> 00:16:43.509 sie gleichzeitig gesagt hat, dass natürlich die EU nicht dem Modell der USA 00:16:43.509 --> 00:16:48.189 und nicht dem Modell Chinas folgen soll, sondern eigenen Weg geht. Vor allem, was 00:16:48.189 --> 00:16:51.499 Privatsphäre angeht und die Datenschutzgrundverordnung. Letzteres ist 00:16:51.499 --> 00:16:58.910 sicherlich ein Zankapfel zwischen der USA und der EU. Ich komme zum zweiten 00:16:58.910 --> 00:17:02.999 Versprechen, wenn ihr euch erinnert, das zweite Versprechen lautete ja, dass die 00:17:02.999 --> 00:17:06.753 Digitalisierung von Lieferketten dazu beiträgt, dass sie transparenter und 00:17:06.753 --> 00:17:10.862 produktiver und effizienter werden und tatsächlich für die Leute vor Ort, für 00:17:10.862 --> 00:17:18.818 Kleinbauern Teepflücker dann auch zur Wertsteigerung führen. Mark Graham, ein 00:17:18.818 --> 00:17:23.880 Brite, hat sich seit über zehn Jahren mit der Digitalisierung in Entwicklungsländern 00:17:23.880 --> 00:17:27.320 beschäftigt, und er hat die Digitalisierung von Lieferketten 00:17:27.320 --> 00:17:32.737 untersucht am Beispiel von Teepflückern in Ostafrika. Dabei hat sich Folgendes 00:17:32.737 --> 00:17:36.717 gezeigt: Die Teepflücker haben anfangs auch gedacht, es ist gut, sozusagen das 00:17:36.717 --> 00:17:40.290 Internet zu benutzen. Sie würden sich stärker in den Markt integrieren. Und 00:17:40.290 --> 00:17:44.012 diese Untersuchung kam zu folgendem Ergebnis. Erstens, tatsächlich führt die 00:17:44.012 --> 00:17:47.340 Digitalisierung dazu, dass die Akteure mehr miteinander kommunizieren, 00:17:47.340 --> 00:17:51.760 untereinander, mit anderen Akteuren der Lieferkette. Es führt auch dazu, dass sie 00:17:51.760 --> 00:17:55.010 ihre Arbeit effizienter gestalten. Und natürlich, das ist klar, bei 00:17:55.010 --> 00:17:59.910 Digitalisierung, die ganze Arbeit wird transparenter. Das wiederum führt dazu, 00:17:59.910 --> 00:18:03.350 dass sie Ihr Management besser organisieren und dass auch die ganze 00:18:03.350 --> 00:18:07.200 Lieferkette besser kontrolliert werden kann. Auch für die Frage, ob Standards 00:18:07.200 --> 00:18:12.450 eingehalten werden, was ja kein unwichtiger Aspekt ist. Bleibt die Frage, 00:18:12.450 --> 00:18:17.710 ob deswegen die Teepflücker mehr verdienen als vorher. Und da kam die Untersuchung zu 00:18:17.710 --> 00:18:21.510 dem Ergebnis, dass neben den genannten Folgen es noch weitere Auswirkung hat, 00:18:21.510 --> 00:18:25.770 wenn man eine Lieferkette digitalisiert. Und da zeigt sich vor allen Dingen der 00:18:25.770 --> 00:18:31.910 Punkt, dass die Konsumenten heutzutage aufgrund mehr Transparenz sehr gut sehen 00:18:31.910 --> 00:18:35.540 können, wo der Tee herkommt und ob der Tee, unter welchen Bedingungen der Tee 00:18:35.540 --> 00:18:38.190 hergestellt wird, welchen Arbeitsbedingungen und welchen 00:18:38.190 --> 00:18:42.980 Umweltbedingungen zu ganz wichtiger … zu ganz wichtigem Element der Wertschöpfung 00:18:42.980 --> 00:18:48.790 wird. Weswegen die Konzerne noch mehr Geld investieren in die Erhebung von Daten. 00:18:48.790 --> 00:18:54.410 Das führt dazu, dass die Einkäufer des Tees heutzutage viel mehr Lieferanten 00:18:54.410 --> 00:18:58.320 haben. Sie wissen nicht nur, dass dieser Tee unter genau den gleichen Bedingungen 00:18:58.320 --> 00:19:03.150 von 4, 5 Produzenten erstellt wird, sondern von 20, 30, 40 Produzenten. Und 00:19:03.150 --> 00:19:07.320 das können sie ausspielen, auch kurzfristig. Aus der Perspektive der 00:19:07.320 --> 00:19:13.130 Teeproduzenten vor Ort heißt das: sie sind einer größeren Konkurrenz ausgesetzt. Und 00:19:13.130 --> 00:19:18.150 sie verdienen heutzutage weniger als vorher, was dieses Schaubild verdeutlicht. 00:19:18.150 --> 00:19:22.320 Das ist, wie gesagt, der erste Teil des Versprechens ist eingetreten, der zweite 00:19:22.320 --> 00:19:26.040 Teil nicht. Auch andere Untersuchungen zeigen, dass es kein Einzelfall ist. Es 00:19:26.040 --> 00:19:29.387 zeigt sich immer mehr bei der Digitalisierung von Wertschöpfungsketten. 00:19:29.387 --> 00:19:33.150 Dass die Wertschöpfung, die der eigentlichen Produktion vorgelagert ist, 00:19:33.150 --> 00:19:37.050 zum Beispiel Produktdesign oder nachgelagert ist, dass da die 00:19:37.050 --> 00:19:41.880 Wertschöpfung abnimmt und gleichzeitig auch die „Smilekurve“, die Wertschöpfung, 00:19:41.880 --> 00:19:50.150 bei denen, die die Produktion betreiben, nach und nach runtergeht. Die 00:19:50.150 --> 00:19:54.240 Wertschöpfungs … die Teekette ist auch von daher interessant, wenn wir uns mit der 00:19:54.240 --> 00:19:57.680 Frage beschäftigen, inwieweit die Digitalisierung dazu beiträgt, dass den 00:19:57.680 --> 00:20:01.290 Entwicklungsländern möglicherweise eine nachholende Industrialisierung oder 00:20:01.290 --> 00:20:07.690 nachholende Entwicklung gelingt. Weil wir sehen ja, dass Daten immer wichtiger 00:20:07.690 --> 00:20:12.080 werden. Die Frage ist natürlich, wer über diese Daten verfügt, wer ist Eigentümer 00:20:12.080 --> 00:20:16.170 dieser Daten. Das wird immer wichtiger, insofern wir uns hin entwickeln auf eine 00:20:16.170 --> 00:20:23.110 Datenökonomie. Die in einer Kette heute erhobenen Daten sind inzwischen auch 00:20:23.110 --> 00:20:28.780 interessant für andere Prozesse. Und meiner Ansicht nach hat es der Economist 00:20:28.780 --> 00:20:32.570 relativ gut auf den Punkt gebracht vor zweieinhalb Jahren mit dieser Metapher, 00:20:32.570 --> 00:20:38.700 dass die Daten das neue Roh-Öl sind. Wir hier im Raum werden natürlich sagen, wir 00:20:38.700 --> 00:20:42.350 können jetzt nicht Daten, Informationen als Rohstoffe klassifizieren. Das ist 00:20:42.350 --> 00:20:47.240 völlig richtig. Zugleich, glaube ich, stimmt die Metapher aber insofern, dass 00:20:47.240 --> 00:20:53.950 zwischen beiden Prozessen, zwischen der Extraktion von Rohstoffen, von Erdöl auf 00:20:53.950 --> 00:21:01.021 der einen Seite und Extraktion von Daten, strukturelle Abhängigkeiten sehr, sehr 00:21:01.021 --> 00:21:04.770 ähnlich sind und sehr deutlich werden. Denn auch wir von Brot für die Welt und 00:21:04.770 --> 00:21:07.972 auch andere entwicklungspolitische Organisationen wissen sehr genau, 00:21:07.972 --> 00:21:10.970 dass nicht die Staaten, wo die Rohstoffe wie das Erdöl vorhanden 00:21:10.970 --> 00:21:13.630 waren, von den Rohstoffen profitiert haben, sondern die 00:21:13.630 --> 00:21:17.750 Konzerne diese Rohstoffe … in der Lage waren, Rohstoffe abzubauen, die die 00:21:17.750 --> 00:21:21.919 Infrastruktur aufstellen konnten. Das heißt die Bohrtürme, die Pipelines, die 00:21:21.919 --> 00:21:25.471 Tanker und schlussendlich auch die Tankstellen. Und das gilt natürlich auch 00:21:25.471 --> 00:21:29.870 genauso für die Digitalisierung. Warum beherrscht denn das Silicon Valley das 00:21:29.870 --> 00:21:34.155 Internet so stark? Weil sie sozusagen die globale Infrastruktur entweder zur Verfügung 00:21:34.155 --> 00:21:45.990 oder sie kontrollieren. Wieviel Minuten? Gut, dann mache ich das Fazit ein bisschen 00:21:45.990 --> 00:21:49.700 dem, was ich bisher gesagt habe. Ist erstens: der digitale Handel hat die Kluft 00:21:49.700 --> 00:21:53.420 zwischen den führenden Industrienationen und der Mehrzahl der Entwicklungs- und 00:21:53.420 --> 00:21:57.510 Schwellenländer weiter vertieft. Zweitens: Die Liberalisierung des digitalen Handels 00:21:57.510 --> 00:22:01.270 im Rahmen von Handelsabkommen geht zu Ungunsten der weniger wettbewerbsfähigen 00:22:01.270 --> 00:22:05.440 Industrien in den ärmsten Ländern des globalen Südens. Die Digitalisierung der 00:22:05.440 --> 00:22:08.890 globalen Lieferketten erhöht zwar die Effizienz des Wirtschaftens und die 00:22:08.890 --> 00:22:12.890 Transparenz der Lieferkette, aber die Wertschöpfung nimmt im Norden zu und nicht 00:22:12.890 --> 00:22:16.860 im Süden, wie uns weisgemacht wird. Und sollte es Entwicklungsländern nicht 00:22:16.860 --> 00:22:20.910 gelingen, die Souveränität über ihre Daten zu erhalten, dann werden die globalen 00:22:20.910 --> 00:22:26.490 Macht-Asymmetrien durch die Datenökonomie weiter zulasten des Südens verschoben. 00:22:26.490 --> 00:22:33.531 Was können wir tun, damit das nicht geschieht? Wir haben in unserer Studie 00:22:33.531 --> 00:22:38.950 Gerechtigkeit 4.0 neun Bausteine formuliert, von denen ich ein paar 00:22:38.950 --> 00:22:42.670 benennen möchte. Das erste ist: Die Vereinte Nation hat ganz klar gesagt: 00:22:42.670 --> 00:22:45.890 das Wichtigste ist, dass die Entwicklungsländer in die Lage versetzt 00:22:45.890 --> 00:22:50.060 werden, dass sie eine eigene, auf ihre nationalen Bedürfnisse zugeschnittene 00:22:50.060 --> 00:22:56.290 Digitalisierung aufbauen können. Und Grundvoraussetzung, nach Ansicht der 00:22:56.290 --> 00:23:01.630 UNCTAD ist dafür, dass die bisher bestehenden Spielräume im Handelsabkommen erstens nicht 00:23:01.630 --> 00:23:06.320 weiter eingeengt werden dürfen und obendrein auch noch erweitert werden 00:23:06.320 --> 00:23:10.870 müssen. Daraus zieht die UNCTAD zwei Konsequenzen. Erstens, es darf keine 00:23:10.870 --> 00:23:15.590 weitere Liberalisierung im Rahmen von digitalen Handelsabkommen geben, sei es 00:23:15.590 --> 00:23:20.809 bilaterale oder multilaterale. Denn wenn man zwei Akteure gleich behandelt, darum 00:23:20.809 --> 00:23:24.630 geht’s um Liberalisierung, geht das immer zu Ungunsten der Staaten, die auf einem 00:23:24.630 --> 00:23:29.670 niedrigen Entwicklungsniveau sind. Der zweite Punkt ist, es muss 00:23:29.670 --> 00:23:34.984 Entwicklungsländern zukünftig mehr möglich sein, dass sie ihre eigene digitale 00:23:34.984 --> 00:23:38.975 Industrie stärker schützen und fördern. Also schützen vor ausländischer Konkurrenz. 00:23:38.975 --> 00:23:44.770 Das ist bisher nur unter sehr restriktiven Konditionen möglich. Da besteht 00:23:44.770 --> 00:23:51.873 Reformbedarf, unter anderem bei der WTO. Der zweite Punkt ist: Wir müssen natürlich 00:23:51.873 --> 00:23:55.250 die digitale Kluft schließen, also digitale Kluft heißt, dass ganz viele 00:23:55.250 --> 00:23:58.980 Menschen in Entwicklungsländern nach wie vor keinen Internetanschluss haben. Im 00:23:58.980 --> 00:24:03.020 südlichen Afrika sind es 3 von 4 Menschen, die keinen Internetanschluss haben. Das ist 00:24:03.020 --> 00:24:07.032 völlig klar, das sagen alle. Das sagt auch das BMZ. Das sagt aber auch Alibaba. Sagt 00:24:07.032 --> 00:24:11.000 auch Amazon. Und die letzteren beiden sind natürlich dabei, Funkmasten aufzustellen, 00:24:11.000 --> 00:24:15.010 Seekabel zu verlegen. Nur geht es natürlich den IT-Konzern aus China und 00:24:15.010 --> 00:24:20.290 USA, handeln die nicht aus altruistischen Gründen, sondern denen geht es darum, Zugang 00:24:20.290 --> 00:24:24.960 zum Markt zu bekommen und Zugang zu Daten zu bekommen. Und wenn wir das umkehren 00:24:24.960 --> 00:24:28.580 wollen, dann müssen wir uns dafür einsetzen, dass es eine öffentliche 00:24:28.580 --> 00:24:32.430 Infrastruktur in den Entwicklungsländern gibt. Und dazu werden sie allein nicht in 00:24:32.430 --> 00:24:35.530 der Lage sein. Dazu brauchen sie Unterstützung, sei es finanzielle 00:24:35.530 --> 00:24:38.740 Unterstützung bzw. Wissens- und Technologietransfer aus dem globalen 00:24:38.740 --> 00:24:46.690 Norden. Der dritte Punkt ist, die Monopole sind so dermaßen dominant auch gerade auf 00:24:46.690 --> 00:24:50.550 dem afrikanischen Kontinent, der oft als ein Kontinent der Hoffnung auch gerade im 00:24:50.550 --> 00:24:56.630 digitalen Bereich genannt wird. Zum einen ist extrem schwer es für neue Unternehmen, 00:24:56.630 --> 00:25:00.330 sich auf dem Markt zu etablieren und selbst etablierte Unternehmen, das gilt 00:25:00.330 --> 00:25:04.160 sowohl für den afrikanischen Kontinent als auch für Indien, geraten immer mehr in 00:25:04.160 --> 00:25:09.830 Bedrängnis. Wir haben hier in Europa vor längerer Zeit schon Diskussionen angestoßen, 00:25:09.830 --> 00:25:13.810 dass diese Monopole kontrolliert reguliert werden müssen. Die EU jetzt mittlerweile 00:25:13.810 --> 00:25:18.010 auch bei aller Kritik, zumindest ist die Diskussion halt da. Es kann aber nicht 00:25:18.010 --> 00:25:22.340 angehen, dass Diskussionen, die der EU-Rat führt, im Endeffekt am Mittelmeer enden. 00:25:22.340 --> 00:25:27.250 Also wenn man eine global gerechte Digitalisierung möchte, dann muss man 00:25:27.250 --> 00:25:34.341 auch Konzepte entwerfen, dass die digitalen großen Konzerne aus China, Japan, USA auf 00:25:34.341 --> 00:25:41.010 globaler Ebene reguliert werden und kontrolliert werden. Und schließlich 00:25:41.010 --> 00:25:45.570 kommen wahrscheinlich auch viele Entwicklungsländer nicht drum herum, auch 00:25:45.570 --> 00:25:50.280 selbst nationale und regionale digitale Plattformen aufzubauen für einige 00:25:50.280 --> 00:25:55.770 regionale kleine Staaten, sowohl in Asien, Lateinamerika, Afrika, werden nicht in der 00:25:55.770 --> 00:26:00.110 Lage sein, digitale Plattformen aufzubauen, die wettbewerbsfähig sind mit 00:26:00.110 --> 00:26:04.370 den großen bestehenden digitalen Konzernen, d. h., eher ein regionaler Ansatz 00:26:04.370 --> 00:26:08.710 ist wichtig. Und dafür braucht man halt auch dementsprechend regionale 00:26:08.710 --> 00:26:12.540 Freihandelszonen. Afrika hat den ersten Schritt gemacht. Es gibt jetzt sozusagen 00:26:12.540 --> 00:26:16.080 die Arbeiten hin auf eine panafrikanische Freihandelszone. Das ist ein ganz 00:26:16.080 --> 00:26:20.160 wichtiger Schritt. Für die EU bedeutet das, dass die EU erst diesen Prozess 00:26:20.160 --> 00:26:24.010 unterstützen muss. Und vor allen Dingen, was die EU nicht machen darf, ist und das 00:26:24.010 --> 00:26:28.140 tut sie seit 15 Jahren, ganz viele bilaterale Handelsabkommen nicht im 00:26:28.140 --> 00:26:31.880 digitalen Bereich, sondern allgemein mit verschiedenen afrikanischen Staaten zu 00:26:31.880 --> 00:26:35.680 schließen. Und damit zerschießen sie im Endeffekt diesen sozusagen kontinentalen 00:26:35.680 --> 00:26:40.800 Ansatz. Und damit auch möglichst viele Leute auch profitieren von solchen 00:26:40.800 --> 00:26:44.650 digitalen Plattformen, ist es sicherlich auch wichtig, dass sie genossenschaftlich 00:26:44.650 --> 00:26:48.120 organisiert werden. Die große Schwierigkeit besteht sicherlich darin, 00:26:48.120 --> 00:26:51.790 eine genossenschaftliche Plattform zu organisieren, einerseits und zum anderen 00:26:51.790 --> 00:26:54.960 international wettbewerbsfähig zu sein. Denn sie konkurrieren mit 00:26:54.960 --> 00:26:59.140 Aktiengesellschaften. Hier müsste man sich wahrscheinlich ein neues Modell überlegen, 00:26:59.140 --> 00:27:02.800 inwieweit auch Industriestaaten, internationale Staatengemeinschaft dies 00:27:02.800 --> 00:27:07.670 fördert mit Kapital. Ganz herzlichen Dank fürs Zuhören. 00:27:07.670 --> 00:27:19.007 Applaus 00:27:19.007 --> 00:27:23.940 Herald: Danke, Sven Hilbig. Punktlandung! Wir haben jetzt noch genau 10 Minuten Zeit 00:27:23.940 --> 00:27:29.380 für eure Fragen, eure Kommentare, unsere Diskussion. Ich habe schon gesehen, der 00:27:29.380 --> 00:27:34.400 Signal Angel hat eine Frage. Deswegen fange ich direkt mit ihm an und ihr könnt in der 00:27:34.400 --> 00:27:42.210 Zwischenzeit euch an die Mikrofone stellen, wenn ihr möchtet. 00:27:42.210 --> 00:27:47.990 Signalengel: Eine Frage, wie sieht es mit SSI aus? Inwieweit wird sich Self Sovereign 00:27:47.990 --> 00:27:51.690 Identity hinsichtlich Direktmarketing als Lösungsstruktur für dieses Problem 00:27:51.690 --> 00:27:58.390 erweisen? Sven: Da müsst ihr mir zunächst kurz 00:27:58.390 --> 00:28:01.580 erklären, was SSI ist. Frage: Ich habe das so reinbekommen, ich 00:28:01.580 --> 00:28:05.507 hab nachgefragt, aber keine Antwort bekommen. Herald: Und Direktmarketing? 00:28:05.507 --> 00:28:10.790 Vielleicht ist für einen anderen Raum gedacht‽ 00:28:10.790 --> 00:28:14.290 Frage: Ist eventuell eine Option vielleicht, ich habe noch keine Antwort. 00:28:14.290 --> 00:28:17.860 Herald: Danke schön, dann nehmen wir die nächste Frage. 00:28:17.860 --> 00:28:20.740 Frage: Vielen Dank für den Vortrag. Sehr interessant! 00:28:20.740 --> 00:28:24.990 Inwiefern siehst du den russischen Ansatz, für alle elektronischen 00:28:24.990 --> 00:28:30.220 Geräte jeweils eine nationale Alternative zu schaffen? Direkt vorinstalliert als 00:28:30.220 --> 00:28:35.010 einen guten Lösungsansatz für andere Länder, nationale Plattform zu stärken. Da 00:28:35.010 --> 00:28:40.370 wird ja mal mit sehr viel Kritik gegen argumentiert. Wegen Überwachung. Würd mich 00:28:40.370 --> 00:28:47.700 mal interessieren. Sven: Ja, das ist glaube ich, eine sehr 00:28:47.700 --> 00:28:51.800 gute und gleichzeitig sehr heikle Frage. Ich hab ja das Thema kurz angekreuzt, 00:28:51.800 --> 00:28:56.840 nationale Datenspeicherung. Dieses Thema kann man aus zwei Blickwinkeln betrachten. 00:28:56.840 --> 00:29:02.290 Aus der menschenrechtlichen Perspektive – Reporter ohne Grenzen – sagen die, dass es 00:29:02.290 --> 00:29:05.690 natürlich auch teilweise sehr problematisch ist, weil gerade autoritäre 00:29:05.690 --> 00:29:09.862 Staaten natürlich auch diesen Ansatz von lokaler Datenspeicherung nutzen, um ihre 00:29:09.862 --> 00:29:14.560 Bürger zu kontrollieren. So, das ist das eine. Das Andere aus einer ökonomischen 00:29:14.560 --> 00:29:19.350 Perspektive. Dürfen wir aber daraus aus dieser Problematik nicht die Folgerung 00:29:19.350 --> 00:29:23.660 ziehen, dass keine lokale Datenspeicherung möglich ist, weil dann wird sich der 00:29:23.660 --> 00:29:28.110 digitale Handel, Digitalisierung, genauso zukünftig weiterentwickeln, wie er sich in 00:29:28.110 --> 00:29:34.930 der Vergangenheit entwickelt: ungleich. Was den russischen Ansatz angeht von der 00:29:34.930 --> 00:29:39.820 aktuellen Regierung her. Und auch was Kontrolle von Zivilgesellschaft angeht, 00:29:39.820 --> 00:29:46.340 soziale Bewegung, würde ich von daher zum Teil eher in Richtung einer 00:29:46.340 --> 00:29:53.740 Problematisierung betrachten. Das ist, glaube ich, der entscheidende Punkt ist, 00:29:53.740 --> 00:29:57.520 wozu dient die lokale Datenspeicherung? Lokaler Ansatz dient es dazu, die Bürger 00:29:57.520 --> 00:30:02.140 zu kontrollieren oder dazu, eine eigene Wirtschaft aufzubauen. 00:30:02.140 --> 00:30:10.540 Frage: Vielen Dank für den hochinteressanten Vortrag. Ich war Ende der ’80er Jahre für 00:30:10.540 --> 00:30:17.110 die Open Software Foundation in Brasilien unterwegs. Brasilien hatte damals hohe 00:30:17.110 --> 00:30:26.190 Importzölle für IT mit dem Ergebnis, dass es da ungefähr 60 PC-Hersteller gab. Das 00:30:26.190 --> 00:30:33.070 haben die irgendwann aufgeben müssen, weil alle anderen Bereiche der Wirtschaft in 00:30:33.070 --> 00:30:38.810 Brasilien darunter gelitten haben, dass sie so einen schlechten Zugang zu IT 00:30:38.810 --> 00:30:45.660 hatten. Das heißt also, wenn ich versuche, den digitalen Bereich durch Zölle zu 00:30:45.660 --> 00:30:53.300 schützen, um etwas Eigenes aufzubauen, wenn das Eigene, was ich dort aufbaue, 00:30:53.300 --> 00:30:57.330 geschützt werden muss, weil es nicht wettbewerbsfähig ist, dann behindere ich 00:30:57.330 --> 00:31:03.120 im Prinzip den gesamten Rest der Wirtschaft. Wie kann man dieses 00:31:03.120 --> 00:31:07.440 Problem auflösen? Sven: Das hängt natürlich stark von der 00:31:07.440 --> 00:31:12.141 jeweiligen Regierung ab. Du redest wahrscheinlich von ’98 rückwärts, denke ich 00:31:12.141 --> 00:31:16.050 mal, was Brasilien angeht. Damals Laptops war ja absurd! Die haben in Brasilien das 00:31:16.050 --> 00:31:22.730 Fünffache gekostet. … ok, sehr weit zurück. Das ist natürlich klar. Das ist natürlich; 00:31:22.730 --> 00:31:27.870 die Sache ist ambivalent. Wenn man natürlich nur ’ne Schutzzoll-Politik betreibt, 00:31:27.870 --> 00:31:31.851 ohne gleichzeitig die eigenen Unternehmen zu fördern, dann passiert genau das, was 00:31:31.851 --> 00:31:36.240 du gerade aufgezeigt hast. Aber es geht auch andersherum. Die Regierung von ’89, 00:31:36.240 --> 00:31:40.490 das war ja gerade erst zum ersten Mal ein brasilianischer Präsident direkt vom Volk 00:31:40.490 --> 00:31:45.100 gewählt worden. 13 Jahre später kam die PT an die Regierung. Und bei aller Kritik an 00:31:45.100 --> 00:31:48.981 der Arbeiterpartei, Lula hat eine andere Politik verfolgt. Lula hat auch gerade in 00:31:48.981 --> 00:31:52.521 verschiedenen Wirtschaftszweigen hat gesagt: OK, wir fassen Geld an und wir 00:31:52.521 --> 00:31:56.190 investieren. Und das ist auch genau, was die südostasiatischen Staaten gemacht 00:31:56.190 --> 00:31:59.820 haben: Schutzzölle aufzuheben, um die eigenen Unternehmen zu stützen, weil es 00:31:59.820 --> 00:32:03.670 vielleicht eine Klientelpolitik ist, das geht nach hinten los. Aber wenn man einen 00:32:03.670 --> 00:32:07.630 langfristigen Plan für die nächsten 20, 30 Jahre hat, dass man sagt, man baut eigene 00:32:07.630 --> 00:32:15.570 Industrien auf, dann ist es natürlich schon ein richtiger Ansatz. Was Brasilien 00:32:15.570 --> 00:32:19.550 angeht, das ist ja – führt vielleicht ein bisschen zu weit – Ich habe 5 Jahre in der 00:32:19.550 --> 00:32:24.730 Menschenrechtsorganisation … vielleicht spreche ich deswegen mehr darauf an … Die 00:32:24.730 --> 00:32:28.160 betreiben ja mittlerweile eine Deindustrialisierungspolitik. Die haben ja 00:32:28.160 --> 00:32:32.320 die letzten 8, 10 Jahre ganz stark darauf gesetzt, Agrargüter zu exportieren und der 00:32:32.320 --> 00:32:36.750 Industrialisierungsgrad ist zurückgegangen. Das ist natürlich eine völlig falsche Politik. 00:32:36.750 --> 00:32:43.100 Unter ’nem Liberalisierungsdogma sozusagen. Herald: Vielleicht als Ergänzung: auf der 00:32:43.100 --> 00:32:48.770 Grassroots-Hackerebene, in so einer Organisation arbeite ich, gibt’s halt 00:32:48.770 --> 00:32:53.480 Leute, die zum Beispiel in Kenia, weil sie keine 3D-Drucker importieren können, aus 00:32:53.480 --> 00:32:59.020 E-Waste 3D-Drucker bauen und gleich die lokale Ökonomie mitnutzen und Filament 00:32:59.020 --> 00:33:02.870 muss man dann eben auch selber Precious- Plastic-mäßig herstellen, weil es extrem 00:33:02.870 --> 00:33:07.900 teuer zu importieren ist und schwer zu bekommen, selbst in der Stadt wie in 00:33:07.900 --> 00:33:13.559 Nairobi. Wir haben noch viele Fragen auch vom Signal Angel und hier im Raum und dann 00:33:13.559 --> 00:33:18.410 sicher auch noch Gelegenheit, mit dir draußen zu sprechen. Deswegen will ich als 00:33:18.410 --> 00:33:22.390 erstes den Signal Angel nehmen, weil die Leute im Internet ja nicht danach noch 00:33:22.390 --> 00:33:25.880 kurz sprechen können. Signal-Engel: Was kann man unter dem 00:33:25.880 --> 00:33:30.510 Verbot von lokaler Datenspeicherung verstehen? Welche Daten sind das? 00:33:30.510 --> 00:33:34.650 Gibt’s da ein Beispiel? Sven: Das gilt grundsätzlich für alle 00:33:34.650 --> 00:33:38.410 Daten. Es gibt das Verbot lokaler Datenspeicherung. Gibt’s verschiedene 00:33:38.410 --> 00:33:42.870 Varianten, sozusagen, die umfangreichste Variante ist die, die in dem 00:33:42.870 --> 00:33:48.350 transpazifischen Partnerschaftsabkommen verabschiedet wurde. Das heißt im 00:33:48.350 --> 00:33:55.190 Endeffekt alle möglichen Daten, die in einem Zusammenhang mit einer 00:33:55.190 --> 00:33:59.600 geschäftlichen Vereinbarung stehen, so steht’s drin, dürfen nicht auf einem 00:33:59.600 --> 00:34:03.420 lokalen Server irgendwie gespeichert werden, geschweige denn weiterverarbeitet 00:34:03.420 --> 00:34:07.820 werden. Das ist natürlich der Angelpunkt. Man sagt halt immer, das muss, diese Daten 00:34:07.820 --> 00:34:11.909 müssen in einer geschäftlichen Beziehung halt stehen. Aber das wird in Handelsabkommen 00:34:11.909 --> 00:34:18.369 regelmäßig relativ weit ausgelegt. Herald: Vielleicht noch ein Kommentar, 00:34:18.369 --> 00:34:23.500 bevor wir gleich abgeschnitten werden. Auf eurer Webseite Brot für die Welt hast du 00:34:23.500 --> 00:34:28.280 einen Blog, wo man Artikel von dir auf Deutsch lesen kann. Und es gibt auch diese 00:34:28.280 --> 00:34:32.560 Studie Gerechtigkeit 4.0 auf Englisch zum Runterladen. Das heißt, man kann ja auch 00:34:32.560 --> 00:34:37.460 dann nochmal weiterverbreiten und auch selber lesen, natürlich auf Deutsch oder 00:34:37.460 --> 00:34:42.520 auf Englisch. Für die, die die Übersetzung gerade anhören. Jetzt würde ich noch einmal 00:34:42.520 --> 00:34:45.290 Mikrofon 1, du stehst schon länger da, nehmen. 00:34:45.290 --> 00:34:49.039 Frage: Ja, nochmal vielen Dank für den Vortrag. Ich habe eine ganz kurze Frage. 00:34:49.039 --> 00:34:53.790 Und zwar schlägt Trump relativ viel Porzellan auch bei der WTO um und besetzt 00:34:53.790 --> 00:34:58.830 Richterposten nicht neu. Und die Frage: führt das vielleicht dazu, dass sich da was 00:34:58.830 --> 00:35:02.650 ändert, weil ja keine Schiedsverfahren mehr entschieden werden können? Oder wird 00:35:02.650 --> 00:35:06.860 das eher zum Gegenteil führen, dass alles so bleibt und in Zement gegossen wird? 00:35:06.860 --> 00:35:12.440 Sven: Gut, die aktuellen Entwicklungen der WTO sind sehr kontrovers. Eine Woche 00:35:12.440 --> 00:35:18.970 nachdem die USA komplett die Neubesetzung der Berufungsinstanz blockiert hat, hat 00:35:18.970 --> 00:35:23.840 Trump selbst sich an die Berufungsinstanz gewandt, weil sie in erster Instanz gegen 00:35:23.840 --> 00:35:30.120 Indien verloren haben. Das zweite ist, die EU arbeitet seit Sommer 2019 an einer Mini 00:35:30.120 --> 00:35:35.820 WTO. Sie haben bereits bilaterale Abkommen getroffen, mit ungefähr 15 Staaten sehr 00:35:35.820 --> 00:35:40.630 wichtigen Staaten. Und die wollen jetzt ab Januar nächsten Jahres 2020 darauf 00:35:40.630 --> 00:35:46.370 hinarbeiten, dass es ein sog. plurilaterales Abkommen gibt. Im Rahmen der WTO. Aber 00:35:46.370 --> 00:35:50.460 nicht alle Staaten sind dabei, vielleicht 60, 65 Staaten, die sagen: Wir verständigen 00:35:50.460 --> 00:35:55.470 uns darauf, dass wir ad hoc ein Schiedsgericht, das sieht die WTO vor, ein 00:35:55.470 --> 00:35:58.940 Schiedsgericht anerkennen. Und aus diesem Ad-hoc-Schiedsgericht soll eine 00:35:58.940 --> 00:36:03.510 permanente Institution werden, eine kleine Mini WTO. Das ist aus entwicklungspolitischer 00:36:03.510 --> 00:36:06.640 Perspektive höchst problematisch, weil sich natürlich da die 00:36:06.640 --> 00:36:11.350 Industriestaaten nur darauf verständigen, wie sie zukünftig miteinander umgehen. Und 00:36:11.350 --> 00:36:15.311 ein altes chinesisches Sprichwort sagt: Wer nicht mit am Speisetisch sitzt, steht, 00:36:15.311 --> 00:36:18.810 auf der Speisekarte … Wer nicht am Tisch sitzt, steht auf der Speisekarte. 00:36:18.810 --> 00:36:23.560 Von daher auch problematisch. Herald: Mikrofon 2 bitte. 00:36:23.560 --> 00:36:28.240 Frage: Vielleicht noch mal bezugnehmend auf das Szenario in Brasilien und E-Waste. 00:36:28.240 --> 00:36:31.869 Inwiefern sollte man besonders unter der Überschrift Gerechtigkeit auch 00:36:31.869 --> 00:36:36.440 Generationengerechtigkeit und vielleicht eher so etwas wie Right to Repair oder 00:36:36.440 --> 00:36:42.130 Modify die Geräte in Betracht ziehen, sodass es nicht unbedingt um Produktion 00:36:42.130 --> 00:36:46.050 geht, die sich dann unterbieten muss? Sven: Das ist natürlich ein richtiger 00:36:46.050 --> 00:36:52.090 Ansatz. Wiir waren – hast du ja auch erzählt – Wir waren ja bei Bits und Bäumen dabei. Da 00:36:52.090 --> 00:36:55.570 ging es vor allem um ökologische Nachhaltigkeit, vor allen die Punkte. Die 00:36:55.570 --> 00:36:59.370 sind ja auch im Forderungskatalog mit aufgehoben. Ich habe mich ja nur auf einen 00:36:59.370 --> 00:37:03.190 kleinen Bereich konzentriert, weil das Thema, die makroökonomische Auswirkung der 00:37:03.190 --> 00:37:07.050 Digitalisierung auf den globalen Süden in der allgemeinen Disskussion viel zu kurz 00:37:07.050 --> 00:37:10.160 kommt. Ansonsten natürlich Zustimmung dafür. Danke. 00:37:10.160 --> 00:37:14.010 Herald: Noch das Bedürfnis, eine ganze Diskussion zu führen, sollten wir für 00:37:14.010 --> 00:37:19.330 nächstes Jahr beim Kongress einreichen, auch auf Englisch mit Menschen aus dem 00:37:19.330 --> 00:37:26.480 globalen Süden in Anführungszeichen. Ein Tipp noch: Wenn ihr euch für die Grassroots 00:37:26.480 --> 00:37:31.250 Initiativen interessiert: Es gibt eine arte- Dokumentation, die heißt Made in Africa, 00:37:31.250 --> 00:37:41.290 die Hackerspaces and Innovation Labs in Afrika sich anschaut und dokumentiert. 00:37:41.290 --> 00:37:46.560 Ansonsten freue ich mich, dass wir gleich noch ein bisschen weiter reden können. Und 00:37:46.560 --> 00:37:49.920 ihr könnt uns auch noch im Open Infrastructure Orbit und beim Bits und 00:37:49.920 --> 00:37:55.300 Bäume Bereich bei About Freedom besuchen kommen, wenn ihr heute im Lauf des Tages 00:37:55.300 --> 00:37:59.610 noch Zeit habt. Dann: Dankeschön! Und Tschüss auch dem Stream! 00:37:59.610 --> 00:38:02.250 Applaus 00:38:02.250 --> 00:38:05.870 36c3 Abspannmusik 00:38:05.870 --> 00:38:13.875 Untertitel erstellt von c3subtitles.de im Jahr 2020. Mach mit und hilf uns!