35C3 Vorspannmusik
Herald: Inside the Fake Science Factories
heißt unser nächster Talk und ich habe
mich ich habe mir das kurz mal
durchgelesen und habe mich dann sofort
gefragt, gibt es eigentlich in
Himmelpforten eine Universität oder eine
Fachhochschule und die Antwort ist: es gibt
beides oder auch keins von beiden man ist
sich nicht so richtig sicher aber auf
jeden fall gibt es Wissenschaftler die von
der Uni und auch von der FH kommen, dass
ist einmal Isabella Stein sie ist
Doktorandin und hat den Mob-Algorithmus
erfunden einen Algorithmus der kompakte
Technologie verbessert und Bäume anhängt
und sie hat sogar einen Preis für den
besten Vortrag bekommen als sie den Mob-
Algorithmus vorgestellt hat. Dann gibt es
da Prof. Dr. R. Funden, ja?
Der ist David Copperfield Fellow
für angewandte Wissenschaften und
Preisträger des Pinocchio Awards und Dr.
Christian Schreibaumer, Uri Geller Fellow
in Advanced Spoon Bending. Das ist alles
ein bisschen ausgedacht. Die Menschen die
wirklich für diese erfundenen Avatare
verantwortlich sind heißen Svea Eckert,
Till Krause und Peter Hornung und was sie
gemacht haben und was das mit Wissenschaft
zu tun hat und warum sie sich diesen
Blödsinn ausdenken mussten das werden sie
euch jetzt erzählen, ein großer applaus für
inside the fake science factories.
Applaus
Svea: Vielen Dank, schön dass wir heute
hier sein dürfen, hier seien können. Ich
bin Svea Eckert, arbeite als Investigativ-
Reporterin beim NDR im wirklichen Leben.
Peter: ich bin Peter Hornung und arbeite
auch als Investigativ-Reporter und
Redakteur beim NDR.
Till: Ich bin Till Krause, ich bin
Redakteur beim Süddeutsche-Zeitung-Magazin
und auch da investigativ tätig.
Svea: Einer fehlt heute in unserer Runde,
nämlich der, der alles
angestoßen hat und der unter dem
Pseudonym Dr. Dade Murphy in dem Programm
steht, das ist Chris Sammler, IT-Security-
Experte und, ja Hacker kann man so sagen.
Der konnte heute leider nicht kommen wegen
eines familiären Notfalls aber er ist
sozusagen in Gedanken auch bei uns. Warum
haben wir uns entschieden oder warum
wollen wir über dieses thema sprechen
warum ist uns das wichtig und zwar:
Wissenschaft beeinflusst uns in so viele
Art und Weise dass es uns manchmal
auch gar nicht bewusst ist in unseren
politischen Entscheidungen, in unserem
Verhalten welche Produkte wir kaufen und
auch in dem Verhalten wohin gehen Gelder,
wohin werden Millionen investiert. Ganz oft
ist die Grundlage für unsere Entscheidung
sind wissenschaftliche Studien oder
wissenschaftliche Erkenntnisse. Also
Wissenschaft beeinflusst unsere
Wahrnehmung von der Welt ganz entscheidend
und wir, also wir lieben Wissenschaft sehr
und schätzen sie auch sehr und das war
auch ein grund warum wir gesagt haben, wir
müssen sozusagen ja dieses Thema dieser
schein-wissenschaftlichen Fabriken, dieser
fake science factories, dem müssen wir uns
annehmen und da das müssen wir aufdecken.
Angefangen hat alles in diesem schäbigen
Raum. Hier der Herr mit dem Kreis um den
Kopf das ist tatsächlich Chris der eben
heute nicht da ist. Und Chris ist sozusagen
eigentlich IT-Security-Experte, hat aber ne
Organisation die kümmert sich viel um
Privacy und er macht sozusagen in seiner
Freizeit Studien und versucht die Welt
besser zu verstehen und präsentiert dann
diese Studien auch auf Kongressen und hier
dachte er sich, er hatte ne schöne Studie
gemacht auch mit Kollegen zusammen und er
dachte sich: Okay ich fahr nach Kopenhagen
und präsent- stelle dort unsere Studie die
wir gemacht haben vor, nach Dänemark, sah
ja auch so ganz seriös aus genau. Das sah
alles seriös aus bis er dann morgens in
diesem Raum sich wieder fand. Das war die
sagenhafte Konferenz. Von diesen knapp zehn
Leuten die ihr hier seht, jeder hat nen
anderen Fachbereich da saßen Psychologen
neben Politologen neben Geologen neben
Physikern. Keiner verstand was der andere
sagte, also es war ne total merkwürdige
Veranstaltung und überhaupt nicht das was
Chris sonst von Kongressen gewohnt war, wo
wissenschaftliche Erkenntnisse präsentiert
werden. Er dachte also irgendwas stimmt
hier nicht. Und er war auf ein Phänomen
sozusagen gestoßen, dass es schon relativ
lange gibt und Till wird dazu mal
ein paar Worte sagen.
Till: Genau. Predatory Publishing also
Raub-Verleger, Raub-Verlage das ist ein
Begriff den hat ein Bibliothekar namens
Jeffrey Beall geprägt und der Name leitet
sich daher ab dass diese Firmen quasi,
die ihre Opfer, seien es Wissenschaftler,
sei es Finanzierer oder sei es die
Öffentlichkeit, quasi ausnehmen wie Räuber.
Also die berauben die Wissenschaft um
eines ihrer wichtigsten Güter nämlich der
Glaubwürdigkeit. Wir haben das mal versucht
auf eine Formel einzustampfen, ein
bisschen inspiriert von Albert Einstein,
nämlich € = m c Quadrat, also etwas
das ein bisschen so aussieht wie
Wissenschaft wird für finanzielle zwecke
missbraucht. Und zwar funktioniert das
ganze so, dass diese Firmen, dieser
Konferenzveranstalter den wir gerade ja
schon gesehen haben, aber auch sozusagen
Firmen, die Journale veröffentlichen, ja
so wissenschaftliche Publikationen
veröffentlichen dabei wesentliche
Qualitätskontrollen einfach außer acht
lassen. Das heißt, die veröffentlichen
einfach wirklich alles was man ihnen
schickt. Ohne Prüfung, ohne irgendeine Art
von Instanz die nochmal nachrechnet stimmt
das überhaupt, was hier verbreitet wird
werden diese Sachen veröffentlicht und
kommen damit in die Welt. Das erkläre ich
gleich nochmal an einem Beispiel aber
vorher würde mich interessieren wer hier
im Raum, im Saal hat denn Erfahrungen mit
wissenschaftlichen Veröffentlichungen, ist
er selber Wissenschaftler oder hat so was
schon mal gemacht? Ja das sind doch einige
Hände die hoch gehen, das ist super. Ich
erkläre vielleicht trotzdem für den Rest
von uns nochmal wie das dann eigentlich
funktioniert, normalerweise. Wenn ich
etwas in einem wissenschaftlichen Journal
veröffentlichen möchte. Also man macht
eine Submission, man reicht etwas ein man
hat eine Studie geschrieben, ein Paper. Das
geht dann an einen Editor in den meisten
Fällen der das ganze sich nochmal anschaut
und dann entscheidet, wird diese Studie
sofort abgelehnt entweder weil sie
redundant ist weil sie nichts neues
enthält oder weil sie einfach schlecht
gemacht ist oder fehlerhaft oder falsch.
Wenn das nicht der Fall ist, geht die in
einen Prozess der nennt sich Peer Review.
Und dieses Peer Review ist so ein bisschen
der Dreh- und Angelpunkt dieser ganzen
Recherche und dieses ganzen
Vorganges über den wir jetzt hier gleich
reden wollen. Peer Review besagt letzten
Endes eine art Kontrollmechanismus von
Wissenschaftlern für andere
Wissenschaftler. Also das heißt bei solchen
großen Journals oder auch bei Konferenzen
teilweise gibt es Leute, die sich mit
diesem Fachgebiet sehr gut auskennen und
sich einen eingereichten Vorschlag noch
mal genau angucken. Die prüfen, die rechnen
im Idealfall noch mal nach, die
vergleichen: Stimmt die Literaturangabe
dazu, wurde da was wesentliches weggelassen,
ist das ganze plausibel, ergibt das Sinn?
Nun muss man tatsächlich dazu sagen dass
dieses Peer-Review-Verfahren wie wir es
jetzt kennen auch weit aus nicht immer
perfekt ist, da gibt es auch immer wieder
Dinge die da falsch laufen. Es sei zum
Beispiel auch erwähnt an dieser Stelle
dass die großen Verlage, die seriösen
Wissenschaftsverlage die es da so gibt
häufig auch wirklich ein sehr seltsames
Geschäftsmodell betreiben, sehr viel Geld
verdienen um dann die Wissenschaft hinter
Paywalls zu verstecken, also sozusagen der
Öffentlichkeit da oft keinen guten Dienst
erweisen. Das alles vorweg also Peer Review
und das normale Wissenschaftssystem wie
wir es bisher kennen ist weit aus nicht
perfekt, da gibt es viel zu verbessern. Aber
es ist trotzdem in vieler Hinsicht eben
der Gold-Standard den wir im Moment haben.
Und dieses Peer Review eben, um das es hier
geht ist ein Prozess, den viele Freunde von
mir, die im akademischen Bereich tätig sind
als einen gigantischen Pain in the Ass
bezeichnen, man schickt was hin man kriegt
x-mal zurück: Hier was, da was, alles passt
nicht, man muss ständig daran rumdoktern.
Aber das Ziel ist eben, dass damit dann am
Ende wirklich gute, seriöse Forschung raus
kommt. Also im Peer Review kann eben das
Ergebnis sein, dass die Studie wieder
abgelehnt wird oder dass man sie in einer
Revision noch mal überarbeiten muss. Dann
geht das ganze hin und her und hin und her
und ganz am Ende hat man dann, wenn es gut
läuft die Acceptance. Also man ist dann
angenommen und darf diese Studie
veröffentlichen. Bei den Raub-Verlegern
sieht das ganze ein bisschen einfacher
aus, da geht es nämlich so: Man reicht
etwas ein. Man bekommt mit wirklich
oberflächlichsten Kommentaren zurück, und da
können wir euch gleich ein paar Beispiele
geben wie oberflächlich das ist. Dann
bezahlt man dafür, und am Ende wird das
ganze dann angenommen. Nun ist dieser
Vorgang quasi etwas, dass man als
Wissenschaftlerin und Wissenschaftler
selbst dafür bezahlen muss etwas was auch
im seriösen Wissenschaftsbetrieb nicht
ganz unüblich ist. Es gibt das
sogenannte Open Access Movement was
eigentlich eine sehr gute Sache ist. Aber
diese Raub-Verleger nutzen das eben aus,
ziehen den Leuten das Geld aus der Tasche
dafür, etwas in der Wissenschaftswelt
sozusagen verbreiten zu dürfen, ohne dass
es irgendeine Prüfung durchlaufen hat und
ist damit letzten Endes eine riesengroße
Abzocke.
Svea: Das wollten wir überprüfen. Also ist
es wirklich so sozusagen, dass man da im
Prinzip jeden Quatsch einreichen kann.
Und dafür brauchten wir Hilfe,
und zwar von den zwei freundlichen.
Peter: Ja, und das waren unsere beiden
Identitäten, Isabella Stein und Christian
Schreibaumer. Wir haben diese Uni
erfunden, die University of Applied
Sciences of Lower Saxony at Himmelpforten.
Himmelpforten ist wirklich ein kleines
Kaff, ein ganz nettes Kaff, zwischen
Hamburg und Bremen. Es hat eine
Bahnstation und es hat ein Christkind-
Postamt - und dafür ist es eigentlich
bekannt.
Svea: Und mit den beiden haben wir unsere
erste, sozusagen, Aktion, sting operation,
oder verdeckte Recherche gestartet, und
haben uns überlegt: wir brauchen ein Paper
und das war das hier.
Peter: Und man muss dazu sagen, es ist
ganz leicht herauszufinden natürlich, dass
es diese Uni Himmelpforten nicht gibt und
Schreibaumer findet sich auch sonst nirgends
im Internet. Und wir haben dieses, diese
Namen genommen um dieses Paper zu
veröffentlichen. Bitte fragt uns nicht was
da drin steht, das ist kompletter
Blödsinn. Da passt kein Satz zum anderen.
Die investigation of red-black trees - ich
habe keine Ahnung was es ist. Ich habe es
mehrmals durchgelesen, habe nichts
verstanden. Das ganze ist aus dem sci-gen,
das ist eigentlich ein Studentenscherz von
von Studenten des MIT, wo man wirklich nur
Namen eingeben muss und dann etwas
bekommt, was aussieht wie ein
wissenschaftliches Papier.
Svea: Und das haben wir eingereicht, genau
dort wo auch eben Chris war, bei der Welt-
Akademie für Wissenschaft und Technik, und
sind tatsächlich angenommen worden, und
durften dann nach London ... zack zack!
Peter: Das ging relativ schnell. Also es
kamen ganz oberflächliche Kommentare: Also
hier bitte ein Komma nochmal, und hier
eine andere Formatierung, und bitte den
Abstract etwas länger. Aber das hat
niemand wissenschaftlich gegengelesen.
400€ und dann waren wir auf der Konferenz
mit dieser Präsentation. Hier leuchtet
jedem sofort ein um was es da geht, da
waren auch ein paar Wissenschaftler da.
Und wir wollen euch mal zeigen, weil wir
haben es nämlich gefilmt, wie das dann da
so war in London. Das ist jetzt so ein
ganz kurzer, so ein bisschen
zusammengeschnittener Ausschnitt von
unserem Vortrag, den ich jetzt mal eben
starte.
Video: Applaus
Publikum: Applaus
Svea: Dankeschön!
Till: Man sieht auch hier bisschen das
Setting, in dem das ganze statt fand. Ja,
also ein abgedunkeltes Hotelzimmer am
Stadtrand von London, mit wirklichen einer
Handvoll versprengten Leuten aus
verschiedensten Fachdisziplinen, die
überhaupt nicht richtig verstanden
haben...
Peter: Wenn euch Trip-Advisor einmal
HolidayInn Wembley vorschlägt, vergesst
es.
Svea: Und wir dachten tatsächlich, okay
auch wenn da nun Chemiker im Raum saßen
und Mathematiker und ... also nun wirklich
keine Computerwissenschaftler, dachten
wir: Okay, jetzt fliegen wir auf. Jetzt
ist es vorbei. Ja, die, die ertappen uns,
und wenn, dann ertappt uns der
Konferenzveranstalter. Direkt nach dem
Vortrag war aber nix. Wir sind dann
rausgegangen und bekam dann eine E-Mail.
Da dachten wir schon, so jetzt, jetzt
haben sie uns, aber dann kam das:
Peter: Genau, aber es kam der best
presentation award.
Gelächter und Applaus
Peter: Also wir haben uns
wirklich nen Ast gefreut als wir den
bekommen haben, und haben uns auch einige
Tage, da wirklich, dass immer wieder
angeschaut, bis ich dann irgendwann mit
einem Anderen gesprochen habe der auf der
Konferenz war, und der sagte, ja die Mail
habe ich auch gekriegt und ich konnte mir
das auch Abends runterladen. Also
wahrscheinlich kriegt jeder diesen best
presentation award der dort war. Der wird
nicht öffentlich verliehen, das heißt es
kriegt keiner mit dass die anderen das
auch alles haben.
Svea: Und damit kann man zum Beispiel zu
seiner Uni gehen, oder zu seiner Firma,
und kann sagen: hey guck mal, ich habe
hier super gut performt. Man kann es
übrigens auch googlen.
Till: Wenn ihr bei dem, bei dem Ding mal
eine Rückwärtssuche mit Bild macht, bei
Google Bildersuche, findet ihr ungefähr 50
andere Seiten wo Leute ganz stolz so etwas
präsentieren.
Svea: Okay, wer steckt dahinter? Das ganze
ist im Prinzip eine große
Gelddruckmaschine, kann man sagen. Und
einer sozusagen, der in diesem Team mit
kollaboriert hat, und der sich mit Maltego
sehr gut auskannte, der hat für uns da mal
ein paar, sozusagen investigation,
gemacht, um das nachzuvollziehen. Maltego
kennen hier vielleicht einige, ist ein
Tool mit dem man sehr gut zur Open Source
Intelligence Recherchen machen kann. Und
da sieht man, das also sozusagen hinter
WASET noch mehrere Webseiten stecken, und
das eben ganz am Ende zwei Herrschaften
interessant sind. Das sind einmal Bora
Ardil und Cemal Ardil, die tauchen immer
ganz am Schluss auf, beziehungsweise auch
deren E-Mail-Adressen. Cemal Ardil findet
man auch hier auf Linkedin. Um's schon ein
bisschen vorwegzunehmen, wir waren auf
vielen dieser Konferenzen, oder Kollegen
waren auch auf diesen Konferenzen, in
Asien. Cemal Ardil macht sozusagen Asien,
da ist er angetroffen worden. Und Bora
Ardil, den haben wir zweimal getroffen;
einmal in London und einmal in ... ne,
einmal in Berlin und einmal in London -
da sind wir! Und interessant ist, was man
dort auch sehen kann, dass die ganz viele,
sozusagen Konferenznamen schon registriert
haben. Das heißt wenn mal eine Webseite
down, geht wenn sie gesperrt, wird wenn
sie angegriffen wird, dann könne die
ziemlich gut ausweichen und ihr ganzes
Business auf eine neue Adresse
konferieren. Wenn man jetzt mal diese, nur
diese Welt-Akademie nimmt, und die mal
sozusagen zusammenrechnet, dann kommt man
da drauf.
Peter: Ja, also 13 Events in 13 Städten
jeden Monat. Wir sehen ein bisschen - es
ist ein bisschen schlecht zu sehen - die
Verteilung über den Globus. Es sind 13.000
Konferenzen pro Monat, und zwar deshalb:
Jede einzelne Veranstaltung an zwei Tagen
ist in 50 wissenschaftlichen Disziplinen
mit 20 Konferenznamen pro Disziplin. Man
kann sich unter 1000 Konferenznamen einen
aussuchen. Deshalb, wenn sich da 30 Leute
oder 50 Leute treffen, dann ist die
Wahrscheinlichkeit relativ gering, dass
jeder bei der gleichen Konferenz ist. Er
ist zwar bei der gleichen Veranstaltung
aber er kriegt Dokumente mit einem anderen
Konferenzennamen. Im Jahr 157 Events, 48
Städte, 35 Länder, und 156.000 Konferenzen
jedes Jahr.
Svea: Das ist ein lukratives
Familiengeschäft. Also wir haben mal so
geschätzt dass sie eben um die vier
Millionen Euro Jahresumsatz damit machen,
mit wirklich minimalen Kosten. Jetzt ist
das alles irgendwie noch lustig, kurios,
man könnte sagen es entsteht, okay, es
entsteht Einzelnen nen Schaden, aber ja,
was ist eigentlich der größere Schaden
dahinter?
Till: Und da haben wird uns jetzt wirklich
so ein bisschen die Frage gestellt: Wie
lässt sich dieses System, das es ja nun
mal gibt, mit diesen falschen
Konferenzen, unter diesen vielen falschen
Journals, wo niemand prüft was da
veröffentlicht wird, wie ließe sich das
maximal böse ausnutzen? Ja, da haben wir
jetzt wirklich versucht uns vorzustellen,
wenn wir jetzt total windige fiese
Geschäftemacher wären, was würden wir tun?
Wir sind relativ schnell bei dem Beispiel
gelandet, dass man über diese Journals
natürlich auch Krebstherapien
beispielsweise bewerben kann, die völlig
wirkungslos sind, den man aber den
Anschein einer wissenschaftlichen Prüfung
verleihen kann, mit dem Ziel sie dann
übers Internet teuer zu verkaufen an Leute
die verzweifelt sind weil sie einer
schweren Krankheit leiden und wirklich so
jeden letzten Strohhalm Hoffnung bereit
sind zu greifen. Das heißt, wir haben uns
gefragt, gut, wir erfinden ein
Wundermittel gegen Krebs. Wie machen wir
das? Haben uns ein bisschen hin und her
überlegt, sind zum Ergebnis gekommen dass
wir Bienen irgendwie gerne mögen. Ja,
Bienen sie nett, die fliegen schön herum,
die sind super. Ob Bienen wirklich Krebs
heilen können - wahrscheinlich nicht. Aber
wer weiß das schon so genau? Das ist ja in
dieser ganzen Welt der Scheinwissenschaft
eben das Problem, dass man da überhaupt
nicht weiß; was stimmt und was stimmt
nicht. Das heißt, was haben wir gemacht?
Wir haben ein Institut gegründet, das
IFABIR Research Institute - Institute for
applied basic industrial research, die
grottenschlechte Website gemacht, einen
relativ inaktiven Twitter-Account der
einfach nur wahllos irgendwas retweetet
hat um damit ein paar follower zu sammeln,
haben dieses Institut gegründet - hätte
man sofort auch natürlich nachprüfen
können das ist all diese Menschen gar
nicht gibt: Ja, Prof. Dr. R. Funden
- Richard Funden, der Chef dieses
Instituts. Also das ist alles sehr sehr
sehr dubios, und wir haben dann eine
Studie geschrieben die wir in einem
Journal bei einer Firma eingereicht haben
die OMICS heißt. Die ist so nach unseren
Recherchen gemeinsam mit WASET, die wir
vorhin schon gesehen haben, so der zweite
große Player in diesem Feld. Das Journal
of Integrative Oncology, also Onkologie -
ein Krebsjournal, haben wir gefunden, das
macht auf den ersten Eindruck, wirkt das
relativ seriös, wenn man sichs nicht genau
anguckt. Und dort haben wir eben eine
Studie eingereicht, die wirklich von einer
grotesken Beklopptheit ist, dass man's
eigentlich wirklich bei jedem Durchlesen
hätte sehen müssen. Es fängt damit an,
dass auch wir mit der Universität
Himmelpforten zusammenarbeiten - die es
nicht gibt, dass es lauter Namen sind die
sonst nirgendwo auftauchen, und dass wir
sozusagen in dieser Studie Bienenwachs,
also Propolis, das Bienen produzieren,
eine größere Wirkung gegen Krebs
attestieren als eine konventionelle
Chemotherapie. Dafür haben wir einen
Versuchsaufbau beschrieben, der wirklich
im wesentlichen nur darin besteht, dass
wir offen zugeben; wir haben einfach
irgendwelche Leute so oft gefragt bis sie
uns gesagt haben: Ja, ja, wir fühlen uns
jetzt besser als vorher. Das haben wir in
der Methologie sozusagen so beschrieben.
Wir haben ... ein Kernsatz unserer Studie
war, dass Bienen ja wahrscheinlich ein
sehr vielversprechender Therapieansatz
gegen Krebs sind, denn Bienen bekommen ja
gar keinen Darmkrebs. Ja, plausibel! Und
dann haben wir eben, weil wir's jetzt ja
sozusagen wissenschaftlich sehr ernst
gemeint haben, haben wir auch geschrieben,
dass das generelle Wesen von Bienen - wie
lustig sie herumfliegen und das das ja
eigentlich recht fröhliche Tiere sind - da
könnte ja eigentlich auch schon ein Indiz
darin liegen, dass sie gegen Krebs
vielleicht helfen könnten. Wir haben das
nicht uns ausgedacht, wir haben sogar ein
Buch zitiert, ja in dem wir gesagt haben,
Mensch, Bienen sind auch lustige fröhliche
Tiere , das haben wir unsere ... in
unserer Literaturverzeichnis auch
angegeben. Gibbs 2012 hat das auch schon
beschrieben dass Bienen eben sehr schöne
Tiere sind.
Das ist auch alles richtig, das Problem
ist nur, das Buch von Gibbs ist ein
Kinderbuch für Kleinkinder.
Lachen und Applaus
Till: Sehr gute Reviews bei Amazon, aber
wissenschaftlich eher nicht so super.
Applaus
Till: Auch hier haben wir gedacht, ähnlich
wie bei dieser WASET Präsentation, wir
haben es vielleicht ein bisschen
überspannt, ja, das ganze Ding war auch
voll erfundener Fachbegriffe. Wir haben
sinnlose Diagramme; einfach drei mal
gleich große Kreise, also wir haben uns
wirklich maximal ins Zeug gelegt, dass das
wirklich auffällig ist, dass man kein
super Experte sein muss um diesen, diesen
bekloppten Irrsinn dahinter zu erkennen.
Doch weit gefehlt: Wir reichen es ein,
bekommen nach kurzer Zeit Rückmeldung,
dass das eben, diese Studie "important
experimental evidence" zeigt, also dass,
dass das eine eine wichtige
ernstzunehmende Studie ist, die eben
dieses Bio99TM, so haben wir unsere selbst
erfundenen Wirkstoff genannt, ja dass der
sozusagen dieser Studie gut nachgewiesen
wird. Die einzigen Fragen und Anmerkungen,
die tatsächlich zurückkamen, waren
wirklich solche Petitessen, wie erklärt
doch mal was die Abkürzung SiTF bedeutet.
Ja, da hatten wir selber ein bisschen
Probleme das zu erklären, weil wir hatten
uns diese Abkürzung schlicht und einfach
ausgedacht. Haben dann zurück geschrieben;
das bedeutet so viel wie Signal infusions
transfer Funktion, oder so. Und damit
haben sie sich zufrieden gegeben und das
Paper wurde akzeptiert und auch
veröffentlicht. Wir haben damit auch eine
Rechnung bekommen für 2.000 Euro, die wir
hätten zahlen müssen. Die haben uns
ständig geschrieben, auf Twitter, auf
allen möglichen Mails die sie von uns
hatten, dass wir doch jetzt bitte diese
Rechnung überweisen müssen. Wir haben's
ignoriert und es ging trotzdem online.
Also das heißt Professor Dr. Funden und
sein Team hatten jetzt sozusagen eine
ernsthafte wissenschaftliche Publikation
vorzuweisen. Doch damit nicht genug: Man
hat das Gefühl, sobald man einmal in diese
Mühle der Scheinwissenschaft geraten ist,
geht's eigentlich erst richtig los. Wir
haben dann fast täglich E-Mails bekommen
von anderen Anbietern von diesen
scheinwissenschaftlichen Verlagen, die uns
eingeladen haben, ob wir nicht eine
Keynote auf einer breast cancer
conference, also einer Brustkrebs
Konferenz, in Paris halten wollen, ob wir
nicht wollen, irgendwie, Herausgeber eines
weiteren Krebsjournals werden wollen. Also
das heißt, unser ausgedachtes
Quatschinstitut mit diesem völlig
sinnlosen Bienenunsinn hat es innerhalb
weniger Wochen geschafft eine
wissenschaftliche Veröffentlichung
vorzuweisen, sich als Editor von so nem
Krebsjournal ausgeben zu können, und eine
große Rede hätten wir halten können, in
Paris, im Februar, auch über Brustkrebs.
Das heißt, wäre jetzt tatsächlich unser
Ziel gewesen Leuten im Internet unser
völlig wirkungslosen Quatsch für viel Geld
zu verkaufen, hätten wir dem jetzt relativ
plausibel den Stempel aufdrücken können:
das ist wissenschaftlich geprüft. So
einfach kann man sich da eine Reputation
erkaufen. Viele andere ernsthafte
Wissenschaftler hätten das möglicherweise
nicht so ... hätten uns diesen, diesen,
diesen Schneit offenbar nicht abgekauft,
wahrscheinlich, aber darum geht's ja oft
auch gar nicht. Es geht ja bei diesen
Sachen oft darum die Öffentlichkeit zu
täuschen, und verzweifelten Patienten das
Geld aus der Tasche zu ziehen, und das
hätte damit vermutlich wirklich
funktioniert.
Svea: Ja, das Experiment wäre lustig, wenn
es nicht so traurig wäre.
Peter: Genau, und das interessante daran
ist ja, eigentlich würde man ja sagen
diese Zeitschriften, das weiß ja jeder,
dass die schlecht sind. Aber das ist nicht
klar abgegrenzt, da rennen ganz viele hin
und publizieren da, und deshalb ist es
nicht so klar, dass es da schlechte
Wissenschaft ist. Wie das hier zum
Beispiel: GCMAF. Wir haben jetzt viel
gelacht auch, das hier ist nicht lustig.
Das ist ein Präparat, das ist entstanden
aus der Forschung eines Japaners die sich
eigentlich schon vor einem Jahrzehnt als
... als Sackgasse herausgestellt hat.
Trotzdem wird dieses Mittel produziert,
als Wundermittel gegen Krebs. es wird
verkauft, wurde verkauft in
Großbritannien, wird unterm Ladentisch
auch noch verkauft in Deutschland - da ist
es ein Nahrungsergänzungsmittel. Das ist
der Mann der es in Großbritannien groß
beworben, David Noakes heißt der, und der
hatte, hatte eine Firma die First Immune
hieß. Und da gibt's auch Videos im Netz wo
er das bewirbt, tatsächlich.
Peter: Das heißt da wird ganz klar
geworben von First Immune mit diesen
Studien, die da publiziert wurden, und die
angeblich beweisen dass das gut ist,
dieses Mittel.
Peter: Das ist genau der Punkt: die sagen
"it's scientific backed", die sagen das
ist Wissenschaft hier. Es sind
verschiedene Publikationen, links oben
haben wir OMICS, was wir gerade, wo wir
auch die Bienengeschichte hatten, das ist
SciPub, das ist nochmal SciPub, das ist
alles Mist! Wir haben das anschauen
lassen, von einer renommierten deutschen
Onkologin, Jutta Hübner am Klinikum in
Jena, die sagt diese Studien sind total
schlecht. Das ist allerdings, und das ist
das schlimme, nicht klar für einen Laien.
Das sieht wissenschaftlich aus und selbst
ein Hausarzt, der keine onkologischen
Fachkenntnisse hat, wird da möglicherweise
darauf hereinfallen. Und mit diesen
Studien wird eben tatsächlich geworden,
die sind verlinkt auf der Seite von First
Immune, und sagen: wir haben hier die
Studien, das beweist dass das ein gutes
Mittel ist. Kleiner Nachsatz dazu: David
Noakes ist von paar Wochen verurteilt
worden, von nem Gericht in London zu 15
Monaten Gefängnis, weil er dieses Mittel
als Medikament verkauft hat. Also es
standen nicht die Studien vor Gericht, und
auch nicht das Mittel, wie der Richter
sagte, aber es ist tatsächlich dieser
Hersteller verurteilt worden. Er hat es
illegal verkauft. Wir haben ihn gefragt:
Warum haben sie mit den Studien geworben?
Was hat es auf sich, wie gut sind die
Studien? Anfragen an die Firma blieben
unbeantwortet.
Svea: Und das alles war Grund für uns zu
sagen, wir müssen uns mal das große Ganze
angucken, es reicht nicht diese kleinen,
sozusagen sting operations zu machen,
sondern wir müssen richtig mal, wir müssen
den Markt irgendwie aufreißen. Und da
haben wir uns fünf Raub-Verleger rausgesucht,
das ist WASET, OMICS, noch drei Andere,
die wir so als groß und relevant für uns,
auch für Europa, identifiziert haben. Und
da haben wir zunächst erstmal einfach ganz
viele Paper eingereicht - alle diese
computergenerierten nonsens Paper - das
haben wir gemacht, das haben auch Kollegen
gemacht aus anderen Ländern, und wir kamen
bei diesen fünf überall durch. Haben die
damit auch konfrontiert, die haben natürlich
gesagt entweder "no comment" oder die
haben sowas gesagt wie; Nee, wir sind ja
gar nicht böse, oder, das fand ich
irgendwie das Beste, nämlich; Naja, das
sind hier die Autoren die verantwortlich
für den Inhalt sind, wir sind nur eine
Plattform. Also ich ... ja es kommt einem
irgendwie bekannt vor. Und um
herauszufinden, sozusagen, wer dort
veröffentlicht bei diesen Raubverlagen,
war es hat nötig zu sagen, okay das ist ja
alles öffentliche Daten, wir scrapen die
Webseiten - ja, wir ziehen alle Daten von
den Webseiten runter, um zu sehen wer da
sozusagen seine Studien rauspustet. Sind
es jetzt nur Wunderheiler, oder ja, wer
ist das eigentlich? Ich würde es an einem
Beispiel kurz mal durchgehen: Scrapen, wie
funktioniert das? Also hier sehen wir die
WASET Webseite. Das ist sowieso sozusagen
Schritt eins für so nen Scraping-Prozess.
Man guckt sich die Webseite an, schaut wie
ist die aufgebaut in ihren Verlinkungen,
und bei WASET findet man dann relativ
schnell auch die Abstracts, und die werden
jetzt hier praktischerweise auch in ganz
verschiedenen Dateiformaten angeboten,
also als JSON, als PDF, oder auch als XML-
File. Und das ist halt sehr schön, weil
man kann viele Informationen, Metadaten
sozusagen, relativ leicht auslesen. Also
hier ist so eine ID-Nummer zum Beispiel.
Und das ist sozusagen dann der nächste
Schritt gewesen, nämlich diese ganzen
Abstracts sozusagen herunterzuladen und
die genau einmal durchzuzählen. Und das
war sozusagen das allererste, um mal zu
gucken wie groß sind die überhaupt? WASET
hatten wir damals im Juni gesehen, sind so
62.000 Abstracts auf der Webseite und
Publikationen.Und dann der nächste Schritt
ist zu gucken in den Metadaten nach
Titeln, Autoren, Datum. Wir haben noch
ganz viele andere Marker, Country zum
Beispiel haben wir noch untersucht. Und
diese sozusagen Daten haben wir dann
wiederum sortiert und in eine Datei
reingepackt. Also hier ist das jetzt ein
CSV. Man kann das Ganze auch noch ein
bisschen eleganter machen, wenn man jetzt
sozusagen nicht nur also alles von Hand
machen möchte, gibt es Scrapy oder auch
diese Scrapinghub Platform. Das ist ein
sehr schönes Framework, was helfen kann
oder was es ist relativ leicht macht,
solche Webseiten zu scrapen. Und das
Schöne eben auch ans Scrapy ist, dass es
sozusagen diesen Prozess des
Herunterladens, des Sortierens im Prinzip
ich sag mal alles in einem macht. Und
heraus fällt halt eine sehr schöne JSON-
Datei und die wiederum kann man dann in
eine Datenbank packen und mit
unterschiedlichen Programmen analysieren.
Also wir haben klar Excel haben wir auch
irgendwann mal benutzt, wobei Excel bei so
großen Dateien relativ schnell versagt.
Tableau war dann eine große Hilfe und auch
mit LINKURIOUS, wenn es darum ging um so
Verzweigungen oder Netze zu sehen. Das
sind so die Tools, mit denen wir dann
diese Daten von diesen Raubverlegern
verarbeitet haben, um dann eben
herauszufinden, wer veröffentlicht denn da
eigentlich und da haben wir für euch mal
ein paar Statistiken vorbereitet. Und da
sieht man hier OMICS und WASET sind die
großen.
Peter: Wir haben hier insgesamt fast
180.000 Abstracts, 400.000 Autoren. Klar,
die Paper haben häufig nicht nur einen
Autor, sondern mehrere. OMICS, WASET mit
um die 60.000, die anderen bisschen
kleiner. Wir haben das auch mal nach
Ländern...
Svea: Warte, warte.
Peter: Ja genau.
Svea: Das ist das erste was für mich kam.
Peter: Und dann haben wir natürlich
gedacht, oh das sind ja kräftige Zahlen,
400.000 Autoren, und haben uns gefragt,
ist die Wissenschaft tatsächlich in
Gefahr? Und ja und nein. Ich meine wenn
wir es mal vergleichen mit den regulären
Journals, mit Veröffentlichungen in
regulären Journals - ist ein bisschen
Äpfel und Birnen verglichen, wenn wir mal
die Gesamtzahl der Wissenschaftler nehmen,
die die UNESCO 2013 mal genannt hat, 8
Millionen, und die 400.000 Autoren da
nennen. Ziehen wir mal die ganzen
Dopplungen ab etc., aber dann haben wir
trotzdem ungefähr ein Verhältnis und sehen
die Veröffentlichungen in Predatory
Journals sind doch relativ wenige.
Trotzdem haben wir dieses...
Svea: Davon abgesehen dass auch der
Wissenschaftsbegriff ja relativ weit war.
Bei den Raubverlangen veröffentlicht halt
auch ein Wunderheiler. Also das ist
wirklich nur, um euch so eine grobe
Einordnung zu geben, ne? Wo stehen wir mit
diesen 400.000 Namen. Was uns aber
eigentlich sozusagen vielmehr dann auch
angetrieben hat in der Recherche, ist
diese Grafik, wo wir sehen können, wie hat
sich das entwickelt bei den Raubverlagen.
Weil wir konnten das Jahr, also den Monat,
das Jahr, wir konnten das Datum eben mit
scrapen und haben dann gesehen, dass wir
ein Anstieg haben. Ja, dass wir ab 2013/14
sozusagen, dass die immer mehr
veröffentlichen und das war für uns auch
so ein Zeichen, da ist ein Markt, da
gibt's eine Nachfrage, ja? Die Leute
veröffentlichen da, also macht es Sinn, da
auch aufzuklären. So, jetzt sind wir dran.
Peter: Dann haben wir nach den Ländern mal
geschaut. Wir sehen hier Großbritannien
ganz weit vorne. Italien, Frankreich,
Deutschland 1.800 Abstracts knapp, das
schaut jetzt auch nicht nach so viel aus,
aber trotzdem es sind gut 5.000 Autoren,
die wir da sehen und wir müssen immer
beachten, das sind nur diese Raubverleger,
die wir betrachtet haben. Es werden - sind
relativ sicher noch viel mehr Deutsche
betroffen, viel mehr deutsche
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler,
weil es eben noch mehr Raubverleger gibt.
Und wir haben es auch nach Institutionen
bisschen aufgegliedert. Wir sehen hier
gerade an dem Punkt bei WASET 229 bei der
RWTH Aachen, auch Hannover ziemlich weit
vorne. Dann kommt LMU in München, die
Fraunhofer-Gesellschaft, Humboldt-Uni.
Ganz oben das haben Aachen und Hannover,
weil da viele technische Fächer sind und
es durchaus Schwerpunkte gibt, wer bei
Raubverlegern publiziert. Das sind
technische Fakultäten, die da vor allen
Dingen auftauchen. OMICS sind sehr viele
Mediziner, die sind bei diesen beiden Unis
nicht so vertreten. Also wenn wir jetzt
mal die Mediziner betrachten, das hätte
eine andere Rangfolge, da kämen auch
andere Unis vor.
Svea: Ja, da sind sozugagen und hier die
deutschen Unis befinden sich in bester
Gesellschaft, sozusagen. Wir haben auch
nach Eliteuniversitäten geschaut. Da ist
jetzt OMICS so groß vertreten, weil sie
halt im medizinischen Bereich so stark
sind. Gerade bei den Medizinern ist der
Publikationsdruck einfach sehr hoch. So,
das ist einfach um mal so eine Vorstellung
zu geben über die Gesamtzahl. Jetzt können
wir mal noch ein bisschen so zu
Einzelfällen. Ja, also wer steckt denn
hinter so einer Zahl? Zum Beispiel der
hier.
Peter: Ja da haben wir ein paar Figuren
betrachtet. Der sieht schon aus wie ein
wichtiger Wissenschaftler und er ist es
tatsächlich. Es ist Bernd Scholz-Reiter,
Rektor der Uni Bremen, früher
Vizepräsident der DFG, der Deutschen
Forschungsgemeinschaft. Der hat publiziert
bei WASET, genau dem Laden, wo wir
aufgetreten sind mit unseren rot-schwarzen
Bäumen und dem ganzen Blödsinn. Da hat er
mehrere Publikationen. Drin steht er auch
immer ganz vorne als Hauptautor. Dazu hat
gesagt: Ja wusste ich nicht, hab ich nicht
erkannt und so. Ja war ein Fehler, mache
ich nie wieder so. Aber besser konnte er
es nicht erklären. Wir haben auch da
jemanden gefunden - nicht die Physikerin,
die rechts steht - sondern den
Wissenschaftler der links ist. Das ist
Achim Krampker - kennt ihr vielleicht, die
eckigen gelben Postautos, Streetscooter
oder der e.Go jetzt. Er ist von der RWTH
Aachen. Der hat auch zahlreiche
Veröffentlichungen -auch zu dem
Streetscooter übrigens- bei WASET, unserem
Lieblingsverleger. Und dann haben wir auch
noch den hier zum Beispiel bei SciPub, der
heißt Mahmud Ahmadinejad. Ich weiß nicht,
ob ihr den noch kennt, aber hier ist er,
nicht rechts oben sondern links unten, der
gefährlichste Mann der Welt, der ehemalige
Präsident des Iran. Auch der hat sich
dahin mal verirrt.
Svea: Warum? Was sind mögliche Gründe? Ja,
der erste ist sozusagen einfach und
offensichtlich. Das ist ja auch Chris
passiert, der eigentlich mit uns heute
hier sein wollte. Scam. Also die fallen
irgendwie drauf rein. Aber es gibt
natürlich noch andere Gründe.
Peter: Ja, es gibt den großen
Publikationsdruck. Es gibt da dieses Motto
publish or perish. Klar ist der Druck sehr
groß auf Wissenschaftler, das was sie
forschen, das was sie herausfinden auch zu
veröffentlichen und bei den normalen
Journals, was Till vorhin geschildert hat,
da braucht man viele Monate, manchmal 2, 3
Jahre und selbst gute Publikationen kriegt
man da manchmal nicht unter. Deshalb sucht
man sich was anderes und geht dann unter
Umständen dahin.
Svea: Das haben wir auch gefunden.
Peter: Genau, das Karrieredoping. Das
unterscheidet das vom zweiten Punkt so ein
bisschen. Das ist so das Freiwillige, ja?
Das eine ist der Druck, ich muss
veröffentlichen, das andere ist, mhh, ich
habe hier zum Beispiel ein Projekt und
dann hätte ich gerne noch so ein paar
Veröffentlichungen drin, die müssen nicht
drin sein aber schöner sieht's aus. Wir
haben Projektberichte, offizielle
Projektberichte auch an die
Bundesregierung gefunden, wo solche
Veröffentlichungen in predatory Journals
drin waren. Es findet sich übrigens auch
in Habilitationsschriften und tatsächlich
auch in, also Doktorarbeiten,
Habilitationsschriften auch da, wenn die
kumulativ sind, finden sich solche
Veröffentlichungen. Was sagen die
Wissenschaftler dazu? Ja, wir haben ganz
viele gefragt, wir haben viel gesprochen.
Die Uni Hannover hat gesagt, "Eine
Sensibilisierung für das Thema findet erst
nach und nach statt". "Erst durch Ihre
Berichterstattung wurde für uns die
Tragweite des Problems sichtbar", war die
Uni Bremen, wo Bernd Scholz-Reiter ist,
"Das Phänomen untergräbt das Vertrauen der
Öffentlichkeit in den
Wissenschaftsbetrieb", sagt die Uni
Frankfurt, die haben auch gesagt, wir
machen jetzt eine große Untersuchung,
schauen uns an, was da tatsächlich rein
ging, das läuft noch die Untersuchung, und
wir haben einen Pädiater, einen Kinderarzt
von der Uni Saarland, den haben wir
gefragt, was sagen Sie dazu, dass Ihre
Arbeiten in einem solchen Journal
veröffentlicht wurden? "Kacke!"
Lachen
Svea: Ja, das war eigentlich die häufigste
Reaktion, dass die Leute einfach völlig
überrascht waren. Warum ist das wichtig?
Weil, also wir haben jetzt gehört,
Wissenschaftler tummeln sich da,
Wunderheiler tummeln sich da, es gibt
irgendwie so eine Mischung aber da tummeln
sich noch ganz andere.
Till: Uns ist bei unseren Recherchen
dieser Datenbank immer wieder aufgefallen,
dass dort auch sehr viele E-Mail-Adressen
angegeben waren von großen Firmen, denn
das war ein Aspekt, den wir zunächst auch
gar nicht so sehr auf dem Zettel hatten,
wir dachten das ist so ein bisschen so
inner-universitärer Scam ja so eine
Mischung aus irgendwelchen Spam-E-Mails und
Karriere-Doping, doch das ist tatsächlich
auch so dass viele Firmen, auch wirklich
große Firmen, Weltkonzerne diese
Möglichkeit nutzen sich und ihre Produkte
als besonders wissenschaftlich fundiert
darzustellen, von den 30 DAX-Konzernen in
Deutschland, also den größten Firmen,
haben wir zwölf Firmen gefunden, die
entweder dort veröffentlicht haben oder
deren Konferenzen besucht haben und haben
jetzt mal so ein bisschen ein "Best of"
oder besser einen "Worst of" dieser Firmen
mitgebracht. Wir haben zum einen Bayer, ja
großer Pharmakonzern, kennt sicher jeder
hier, mit Aspirin viel, viel Geld
verdient, sich auch sehr verdient gemacht,
allerdings ist es tatsächlich so, dass
diese Pharmafirmen und Bayer ist jetzt da
nur ein Beispiel, diese Abkürzungen zur
wissenschaftlichen Veröffentlichung sehr
gern nutzen, so haben wie beispielsweise
zu ihrem Produkt Aspirin eine Studie
veröffentlicht auch wieder OMICS, wir
erinnern uns an die tolle Geschichte mit
den Bienen, das heißt sie haben dort einen
einen Artikel veröffentlicht, in dem sie
ihrem Produkt "Aspirin plus C", kennen
vielleicht auch viele, das ist eigentlich
nur normales Aspirin mit einem Zusatz von
Vitamin C, eine bessere Wirkung
zuschreiben als einem Placebo. Jetzt haben
wir dieses Studie uns mal angeschaut und
bemerkt, naja, das ist eigentlich ein
bisschen seltsamer Vergleich, weil
natürlich hilft Aspirin Plus C besser bei
Erkältung als einfach nur ein Placebo,
also einfach nur Brausewasser ohne
Wirkstoff, weil natürlich Aspirin ja der
nachgewiesene Wirkstoff ist.Viel
interessanter wäre zu schauen, "Hilft
Aspirin Plus C besser als Aspirin", das
wär die eigentliche Frage, die haben sie
aber nicht gestellt, ja also die haben
diesen Artikel dort veröffentlicht. Wir
haben den von anderen Forschern anschauen
lassen, die gesagt haben "Also einem
seriösen Journal hätte man damit wenig
Chancen gehabt, weil einfach der
Erkenntnisgehalt viel zu gering ist". Die
Stiftung Warentest beispielsweise hat sich
dazu klar geäußert, hat gesagt "Der
Zusatz von Vitamin C ist in diesem Fall
wirklich überflüssig". Bayer selbst sagen,
dass sie nur in Publikationen
veröffentlichen die bei Fachleuten
anerkannt sind, was ich eine ziemlich
dreiste Behauptung find', weil diese OMICS
Journals wirklich alles andere als
wissenschaftlich anerkannt sind. Man kann
sich jetzt fragen: "Warum macht Bayer
sowas?" und auch hier kommt es wieder
drum: "Es geht da nicht drum seriöse
Forscher zu täuschen", die sehen das
sofort, es geht um die Öffentlichkeit.
Und wenn man einfach mal
"Aspirin plus C" bei Google eingibt, kommt
man sehr sehr schnell - auf Platz zwei ist
eine Studie, die darauf verweist - dann
auch noch abgeschnitten, also "Aspirin
plus Vitamin C Provides Better Relief",
wenn ich jetzt irgendwo stehe und mir
überlegt "Kaufe ich mir jetzt Aspirin Plus
C, was doppelt so teuer ist wie normales
Aspirin?", finde ich vielleicht diese
Studie als Verbraucherinnen oder
Verbraucher, denken mir "Okay, gebe ich
das Geld dafür aus" und schon klingelt die
Kasse. Andere Firmen die wir gefunden
haben, natürlich die Tabakindustrie - die
ist ja sowieso, weil sie hat eine lange
Tradition die Öffentlichkeit zu belügen
und zu täuschen, gerade mit eben
wissenschaftlichen Studien oder Studien,
die wirken als wären sie Wissenschaft. Man
erinnert sich an diese ganze Diskussion,
dass Rauchen ja vielleicht auch gesund
sein könnte oder dass Krebs ja viele
Ursachen hat, oder das Passivrauchen gar
nicht schädlich ist oder Light-Zigaretten
ja auch ganz toll sind. Also die
Tabakindustrie hatte lange Tradition und
für die ist natürlich dieser Scheinverlag
ein tolles Gefäß für ihre Forschung die
veröffentlichen da ganz viel, vor allem
zur Zeit um ihre sogenannten "weniger
schädlichen Produkte", die eZigaretten und
andere Sachen, mit denen sie bewusst
Werbung machen und sagen "Das ist weniger
gesundheitsschädlich als Zigaretten" und
viele dieser Studien landen dann eben dort.
Und das ist nicht nur eine sondern gerade
Philip Morris sind da Stammgäste scheinbar
bei diesen Konferenzen, treten dort immer
wieder auf, veröffentlichen da ganz viel,
uns gegenüber wollten sie sich aber nicht
dazu äußern. Es gibt andere, es gibt
Lobbyverbände ILSI ist ein Thinktank, der
von Hershey's, McDonald's und Coca-Cola
bezahlt wird, die schicken ihre Experten
dahin, um über "Childhood Obesity &
Nutrition" zu reden, naja. Also ein
klassisches Motiv sozusagen, da werden
Zweifel gesät, da werden Vorträge
gehalten, die sozusagen ungeprüft da
letzten Endes die Thesen von großen
Wirtschaftskonzernen einfach verbreiten
können. Auch sehr interessant für uns
war die ganze welt der Klimawandelleugner,
die CO2 Coalition, die man oben sieht,
arbeitet eng mit der Trump Administration
zusammen in den USA, die findet man dort
immer mal wieder, in Deutschland das EIKE-
Institut die der AfD nahe stehen, die
verbreiten dort ihre Thesen darüber, dass
der Klimawandel ja eben gar nicht
menschgemacht sei und dass das eben alles
gar nicht so ist, wie der, wie die
Mainstream-Wissenschaft eben so erzählt,
die säen da Zweifel und ...
Svea: Die gehe damit auch in die Landtage,
zum Beispiel. Also die können dann in die
Landtage gehen, wo beraten wird über
Windkraft-Ausbau und die können dann
sagen: "Hier, ihr habt Studien - Wir haben
Studien - wer weiß?"
Peter: Und das interessante ist und dass
seht ihr ja auch hier: Wir haben in der
gleichen in dem gleichen Journal, wie
diese Wissenschaftler von EIKE publiziert
haben, haben wir auch unseren eigenen Mist
- das ist das Rechte - publiziert, und es
wurde da auch angenommen.
Till: Zwei Mal.
(unverständliches Durcheinander)
Till: Das heißt kritische Infrastruktur -
Ja also Firmen, die dafür zuständig sind,
die Sicherheit für Atomkraftwerke zu
gewährleisten, veröffentlichen auch dort
und auch hier: Das Problem ist,
möglicherweise ist diese Studie dort total
seriös. Ja es heißt ja nicht, dass jeder
Artikel, der dort landet auch automatisch
so'n Blödsinn ist, wie unsere Red-Black-
Trees oder unsere Bienen. Das Problem ist
eben nur, es prüft keiner und dann steht
eben dort seriöse Wissenschaft neben
kompletten Quatsch im selben Journal und
keiner kann es richtig auseinander halten.
Und um das jetzt noch einmal ein bisschen
zusammenzufassen, dass wir auch noch ein
bisschen Zeit vielleicht haben für Fragen
zeigt vielleicht am Anfang die Folie, die
wir gleich zu Beginn unserer Präsentation
gezeigt haben nochmal, also Wissenschaft
ist eben deutlich mehr als nur inner-
akademische Veranstaltung, es beeinflusst
die Entscheidungen, wenn
Klimawandelleugner die ihre eigenen
Studien in ungeprüften Quatsch-Journals
veröffentlichen mit genau diesen Studien
hausieren gehen, um sozusagen
Parlamentarierinnen und Parlamentarier zu
beeinflussen, ist das schon bedenklich.
Wenn wir produkte kaufen die vielleicht
nachgewiesenermaßen gar nichts bringen,
wir finden aber eine Studie dazu, kann
dass unser Kaufverhalten beeinflussen, das
heißt der Schaden für die Gesellschaft ist
ziemlich groß, weil es sickern diese
Studien, diese Lüge und diese Wahrheit,
die sich alles vermischt, ja da steht das
eine neben dem anderen, es ist ungeprüft
es gibt keinen Filter. Wir haben ein
bisschen damit verglichen, wie es wäre
quasi so, als würde der TÜV einfach auf
jedes Auto eine Plakette draufkleben.
Viele dieser Autos würden bestimmt
problemlos fahren und es gäb kein Problem,
viele hätten vielleicht extrem hohe
Abgaswerte die gegen irgendwelche Normen
verstoßen und andere Autos hätten
vielleicht einfach keine Bremsen, aber der
Siegel ist sozusagen drauf.
Svea: Das ist eigentlich das Bild was es
am besten zusammenfasst, nämlich sozusagen
erodieren das Vertrauen in eine Säule
unserer Gesellschaft und deswegen haben
das relativ groß aufgedeckt. Mitte des
Jahres mit 23 Medien weltweit also über
Südkorea, Frankreich, Österreich.
Unheimlich viele Länder haben mitgemacht,
um aufmerksam zu machen, um sozusagen auch
die seriöse Wissenschaft aufmerksam zu
machen und sozusagen das System komplett
auseinander zu nehmen. Und jetzt kommen
die drei Folien auf die freuen wir uns
eigentlich schon in den gesamten Vortrag,
wir haben nämlich gestern noch mal
geguckt, wie es so so läuft bei OMICS, ja
mit'm Business.
Lacher und Applaus
Till: Man muss dazu sagen, im Juli war
unsere Veröffentlichung, genau im Sommer
sind unsere Artikel dazu erschienen. Im
Süddeutsche Zeitung Magazin, bei Medien
weltweit, im NDR und ARD lief ein Dokufilm
dazu.
Svea: Also man konnte eigentlich nicht
anders.
Peter: Wir gucken uns WASET zum Beispiel
auch fast jede Woche nochmal an und
schauen in die Konferenzprogramme.
Deutsche verirren sich da sehr sehr selten
jetzt inzwischen dorthin, auch Leute aus,
Wissenschaftler aus Ländern wo
Partnermedien berichtet haben. Also, die
da hingehen, die pa noch hingehen die
kommen aus Ländern wo noch nicht berichtet
wurde, aber wo wir auch inzwischen
Partnermedien teilweise
haben und wo noch berichtet werden wird.
Svea: Also, das ist sozusagen auch unser
Ansinnen, deswegen sind wir auch da, wir
wollen gerne aufklären, wir wollen, dass
Verbraucher, dass Wissenschaftler genau
hinschauen, wo veröffentlichen sie ihre
Studien, wo les' ich Studien. Wir wünschen
uns sozusagen "Spread the Word" über
WASET, OMICS & co.
Till: Weil nur so kann man quasi diesen
nicht endenden Quell an Geld für diese
Firmen auch einfach abstellen, wenn
sozusagen Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler dort nicht mehr
veröffentlichen, entweder weil sie merken,
da bin ich ein sehr schlechter
Gesellschaft oder ich brauche das gar
nicht in meine Publikationsliste
reinzuschreiben, weil ich mich lächerlich
mach', nur dann schafft man es quasi
dieses System irgendwie auszutrocknen.
Svea: Chris hat dazu ne schöne Website
gemacht und auch ein Twitter-Account dazu
"WASET Watch", da twittert er regelmäßig
Neuigkeiten dazu und jeder kann natürlich
auch selber mal schauen wir twittern
nachher mal diese customized Suche, die du
entwickelt hast, da setzt ihr im Prinzip
die Uni ein oder euren eigenen Namen oder
so.
Peter: oder die Domain der Uni am Besten,
um nach E-Mail-Adressen zu suchen. Es ist
spannend
Till: Und damit kommt man schon ziemlich
weit. Wir haben natürlich systematisch
gesucht nach großen Firmen, nach
Forschungsinstituten, nach großen Unis
etc. Wir sind uns sicher in diesem
gigantischen Datenschatz lagert noch die
eine oder andere unentdeckte Perle, an
Veröffentlichungen, die da nicht landen
sollten und wenn man einfach diese Google-
Suche macht, kommt man schon ziemlich
weit. Man muss nicht alles scrapen um
zumindest mal erste Verdachtsmomente zu
finden.
Svea: Bleibt uns zu sagen "Herzlichen
Dank", zunächst an ein riesiges Team, wie
man hier sieht, die mitgearbeitet haben,
wir waren da überhaupt nicht nur zu dritt
beteiligt, sondern es waren ganz ganz
viele die unterstützt haben und vielen
Dank an euch, dass ihr uns heute zugehört
habt. Vielen Dank!
Applaus
Herald: Wir haben noch Zeit für Fragen.
Hier im Saal Adams sind acht Mikrofone
verteilt und Signal Angel - kannst du
vielleicht einmal kurz, ok, ja da sehe ich
dich - da würde ich vorschlagen, ich will
einmal kurz alle sehen, ich würde gerne
hier vorne mit der ersten Frage von
Mikrofon 2 beginnen.
Mikro 2: Hallo, erstmal danke für den
Talk. Am Ende habt ihr ja so ein bisschen
eine positive Entwicklung
aufgezeigt. Es bringt einem jetzt aber
erstmal auf lange Sicht nicht viel, zum
einem habt ihr vorhin gezeigt, dass sie
durchaus noch das andere, die ein oder
andere Domain in der Tasche haben, mit dem
sie Waset oder so einfach austauschen
können. Und sowas wie der Twitter-Account
ist auch erstmal nett, da kann man mal
gucken gehen. Da hat man aber auch eine
zentrale Stelle, so nen Pranger, wo es
dann ja auch die Frage ist, wie klommt man
da drauf, und wie kommt man da auch wieder
runter. Habt ihr da eine Idee, wie man das
einigermaßen sinnvoll und missbrauchsarm
gestalten kann, den Wissenschaftlern da
eine Möglichkeit zu geben, nicht darauf
reinzufallen.
Peter: Es ist nicht so einfach. Es gibt
keine zentrale Blacklist oder Whitelist,
die man nehmen kann, um das abzugleichen.
Erstmals gibt es grundsätzliche Problem,
was ist ein Predatory Publisher. Da gibt
es durchaus unterschiedliche Definitionen.
Zweitens: Es gibt gerade in Deutschland
falsch verstandene Liberalität des
Publizierens, die natürlich nicht
beinhaltet, dass man in nicht-
wissenschaftlichen Publikationen
publizieren kann und sollte. Da gibt es so
einen Unwillen sich abzugrenzen und
deshalb und damit verbunden gibt es auch
noch so eine juristische Komponente, dass
es schwierig ist einzelne Firmen zu
benennen, weil man Angst hat von den
verklagt zu werden, wenn ich als
Wissenschaftler wissen will wo ich
publizieren kann, mache ich zwei Sachen:
Erstens mal es gibt tatsächlich eine
kommerzielle Liste, die ganz gut ist:
Cabells List ist heißt die, eine Firma
in Texas, die ist aber hinter einer
Paywall, da sind Kriterien genannt und da
steht drin, warum eine Firma predatory
publisher ist und warum nicht. Zweitens
die UBs sind da jetzt schon inzwischen
schon ziemlich weit, also auch durch die
Berichterstattung, die bieten auch
Publikations-Seminare an. Und drittens kann
man auch schauen, man muss gucken, wo
publiziere ich da, schaue ich mir die
Webseite an, wer ist denn da im Editorial
Board, wo sind die denn, also ich schau
mal nach einer Adresse, also macht man
auch mal solche sachen gebt mal die
Adresse irgendwie bei Google Maps ein oder
Google Street View, schaut euch mal, und
wenn es irgendein Farmhaus irgendwo in der
Prärie in den USA ist und ihr dann eine
Rückwärtssuche bei der Telefonnummer
macht, und seht, dass die in eigentlich
über Skype läuft und der eigentliche Laden
in Pakistan sitzt, dann wisst ihr, das ist
kein seriöser Laden, aber es ist teilweise
ein bisschen Handarbeit, man muss
hingucken, man muss richtig hingucken, um
da nicht reinzufallen.
Till: Es ist aber so, dass die Unis dieses
Problem tatsächlich auch erkannt haben
nach dieser großen Welle an
Veröffentlichungen, gabs jetzt an vielen
vielen Unis jetzt gerade zum neuen
Semester Lehrveranstaltungen dazu, wo
Doktorandinnen und Doktoranden eben genau
darauf hingewiesen wurden, also es ist ein
mühsamer Weg, aber wahrscheinlich
funktioniert es nur durch Aufklärung.
Svea: Ja, und am großen Rad dreht hat, da
läuft gerade ein Gerichtsverfahren in den
USA gegen OMICS als am groß, da die
amerikaner drehen am großen Rad das heißt
kann sein dass es OMICS vielleicht so
schnell gar nicht mehr gibt.
Herald: Okay, dann würde ich gerne
weitermachen mit Mikrofon 5, dort hinten,
du hasts gesehen, super.
Mikro 5: Vielen Dank für die investigative
Arbeit, ihr wurdet ja eingeladen eine
Keynote zu halten. Habt ihr einfach nur
"Nein, danke." gesagt oder habt ihr
überlegt hin zu gehen und die Keynote zu
halten und vielleicht ein Aufklärertalk zu
halten.
Till: Wir haben tatächlich sozusagen ein
Begrüßungs-Statement dorthin geschickt,
was auch schon gesagt hat "Ja wissenschaft
ist im Wandel und wir alle müssen eben
genau schauen, wo wir hier eigentlich
gelandet sind" daraufhin kam dann aber von
diesem Veranstaltern keine weitere Mail
mehr, wahrscheinlich hätten wir dann auch
noch mehr hinterher sein müssen oder
vielleicht ist diese Konferenz dann doch
zufälligerweise ausgefallen, also
hingefahren sind wir nicht und wir haben
ja dann ab einem gewissen Punkt uns ja
auch als Journalistinnen und Journalisten
zu erkennen gegeben. Es kann auch sehr gut
sein dass die dann jetzt gemerkt haben:
"Oh, dieser Professor Doktor R. Funden
ist doch nicht die seriöse
Koryphäe, für die wir sie gehalten haben"
Herald: Ok, dann würde ich gerne
weitermachen mit dem Signal Angel.
Signal Angel: Das Internet würde gerne
wissen, wie verständlich waren die anderen
Vorträge auf der Fake Konferenz? Hattet
dir den Eindruck, dass die anderen
Vortragenden versucht haben, schlechte
Wissenschaft zu vertuschen oder waren
diese ahnungslos?
Peter: Also das waren größtenteils Leute
die tatsächlich Wissenschaft vortragen
wollten, aber von ganz unterschiedlichster
Güte. Also bei unserer ersten Konferenz in
London erinnere ich mich noch - da waren
wir alle drei - da waren junge
Wissenschaftlerinnen aus Südkorea es waren
auch irgendwie glaube ich fünf, sechs oder
so. Das waren Vorträge, die waren auf
Proseminar-Niveau. Das kann ich beurteilen
weil es um Politikwissenschaft auch ging,
bei Computerwissenschaft hätte ich mir das
nicht angemaßt. Das ist ganz
unterschiedlich. Den Vorsatz, dass da
jemand schlechte Wissenschaft tatsächlich
verbreiten will, den festzustellen, dass
ist sehr schwierig. Wir hatten allerdings
in New York ein Fall von einem Deutschen,
wo der was runter geleiert hat, wo wir
dann tatsächlich auch sagen konnten, na ja
also wir haben es mal überprüfen lassen an
anderer Stelle, das war schon ziemlich
dünn.
Svea: Das wäre wo anders nicht genommen
worden.
Peter: Genau.
Till: Und bei einer der Konferenzen war
tatsächlich auch jemand, der quasi so
nebenher promoviert hatte, der war
eigentlich in einer Firma angestellt oder
selbstständig in seiner eigenen Firma, das
weiß ich nicht mehr genau, und er hat
tatsächlich dann auch über das Thema des
Produktes, das er mit seiner Firma
herstellt oder vertreibt da gesprochen und
hatte auch so ein Polohemd mit seinem
kleinen Firmen-Logo drauf und der hat eben
quasi da sein das Produkt seiner Firma
sehr sehr gelobt und eben auch
wissenschaftlich dargestellt, dass das
eben ganz ganz toll ist, also da war auf
jeden Fall ein kommerzielles Interesse da.
Herald: Gut, dann würde ich gerne
weitermachen hier vorne mit Mikrofon 1.
Bitte.
Mikro 1: Moin, Lambert ist mein Name.
Danke, toller Vortrag was mich wirklich
gestört hat: Ihr habt an zwei Stellen
erwähnt: "Wow das ist ja so eine kleine
Konferenz" nach dem Motto - Wenn es klein
ist, kann es... oder die Leute aus
verschiedenen Fachbereichen, wenn wir nach
dem Kriterium gehen, würde auch das
Entstehen von neuen Feldern und
interdisziplinären Dingen, müsste man dann
auch skeptisch sehen. Das ist wirklich
kein Argument, dass eine Versammlung zu
einem wissenschaftlichen Thema klein ist
und noch eine letzte kleine Bemerkung,
da...
Herald: An der Stelle muss ich jetzt
leider einschreiten. Es geht darum, dass
Menschen ihre Fragen stellen können, wenn
du Anmerkungen hast, komme nachher damit
hin, das ist... Deswegen möchte ich weiter
machen mit Mikrofon vier, dahinten bitte.
Mikro 4: Also ich wollte noch fragen, ob die
Daten, die ihr über die Fake Journals
gesammelt öffentlich zugänglich sind weil
das wäre auch zum Beispiel interessant zu
vergleichen, ob es mit den ganzen
Gesundheits-Trends die letztes
Jahr so aufgekommen sind wie Detox
oder das Lentizellenwasser lacht oder
Aktivkohle in Lebensmitteln, wie das halt
auch mit den Fake Science zusammenhängt.
Svea: Also wir wollten ursprünglich
natürlich gerne alle Daten einfach ins
Netz stellen, da hat uns unsere
Rechtsabteilung bisschen Strich durch die
Rechnung gemacht, weil die gesagt haben,
sie wollen dann nicht die
Gerichtsverfahren ausfechten, die
möglicherweise auf uns damit zukommen,
deswegen konnten wir das nicht machen und
unser Weg ist im Moment zu sagen, wenn man
sozusagen einzelne Fälle sich genauer
anschauen will, dann muss man wirklich, am
leichtesten geht es tatsächlich über diese
Google-Suche. Da kann man auch
Gesundheitstrends da bei "N.N." zum
Beispiel eintippen, die Fachbegriffe
dafür, und dann spuckt er ein auch viel -
sozusagen konzentrierter dann - diese
Sachen aus, weil in diesen Rohdaten zu
suchen, das ist nicht so leicht, wie man
sich das vorstellt, weil man einfach so
viel Ergebnisse dann bekommt.
Herald: Ok, dann würde ich hier vorne mit
Mikrofon 2 weitermachen.
Mikro 2: Hallo und ich hätte eine Frage:
Ich wollte fragen, wie sieht das denn aus
juristisch, also kann ich zum Beispiel,
wenn ich jetzt meine eigenen Feldstudien
auf diesen Seiten veröffentliche, und dann
selbst benutze, um irgendwelche Sachen zu
deklarieren, klarzustellen, kann ich dafür
in Deutschland zum Beispiel juristisch
belangt werden?
Peter: Na ja, wir sind keine Juristen,
aber ich würde mal sagen aus meinem
juristischen Verständnis heraus, wenn ich
tatsächlich damit jemanden betrüge und ihm
sage "Das ist wissenschaftlich hier. Das
ist Wissenschaft. Da ist das belegt" und
mit diesem falschen Argument etwas
verkaufe, dann komme ich tatsächlich in
eine Haftung rein, ja.
Herald: Okay dann mache ich mal weit- ich
seh'... Genau da hinten, da hinten winkt
das. Das ist glaube ich Mikrofon acht. Ja
genau, der der winkt, bitte, ihr seid
dran.
Mikro 8: Super großartige Arbeit, die ihr
da macht. Eine Frage: Das ist ja alles
recht aufwendig, wenn ihr das macht. Kann
man abschätzen, wie teuer eure Recherche
war und wer bezahlt das?
Svea: Wir, Peter und ich, wir sind
sozusagen beim NDR, Norddeutscher
Rundfunk, das heißt, es sind
Gebührengelder, die uns finanzieren und
wir haben jetzt für die Recherche zu
zweit... ja. Vielen Dank an der Stelle.
Applaus
Till: Ich bin fester Angestellte Redakteur
beim Magazin der Süddeutschen Zeitung und
wir haben das gemeinsam mit unserem
Investigativ-Ressort gemacht vor allem mit
Katrin Langhans, die auch festangestellte
Redakteurin bei der süddeutschen Zeitung
ist. Das heißt, das ging letzten Endes aus
dem Geld, was unsere Abonnentinnen und
Abonnenten für die Süddeutsche Zeitung
zahlen, sowohl online als auch print oder
eben durch das Geld, was wir mit Anzeigen
verdienen.
Svea: Also wir haben so (Till: Journalism!)
halbes Jahr - nicht ganz - also haben
wir uns damit beschäftigt.
Peter: Also wir haben noch was anderes
gemacht in der Zeit...
Svea: Kleinere Sachen.
Peter: ... aber das zu quantifizieren ist
jetzt ein bisschen schwierig, weil wir da
auch nicht den Überblick haben. Wir haben
nicht irgendwie einen Topf und sagen:
"Jetzt dürfen wir so viel ausgeben,
sondern wir arbeiten halt einfach und wenn
wir Reisen dann wird das halt gezahlt,
also wir fliegen nicht Erste Klasse oder
so.
Svea: Also wir waren für diese Recherche
nicht in Sri Lanka, also da gabs auch
Vorträge, also dass ging dann nicht.
London war dann schon thumbs-up zeigend.
Herald: Gut, dann da ganz hinten bei
Mikrofon 7 sehe auch jemand. Ist da ein
Fragewilliger, ja okay, dann das ist also
eine Frage, dann bitte.
Mikro 7: Hallo, habt ihr eigentlich auch
versucht eure Fake-Studien bei anerkannten
Journals zu veröffentlichen, so als
Gegenprobe? Pfeifen und Applaus
Till: Das ist eine gute Frage. Ja das
hatten wir uns tatsächlich auch überlegt,
aber wir hatten dann irgendwie das Gefühl,
dass wär ehrlich gesagt unlauter, weil wir
das gefühl hatten, dann hätten wir quasi
ernsthafte Wissenschaftler wertvolle
Arbeitszeit damit geklaut, sich unseren
Quatsch sozusagen, ohne es zu wissen
anschauen zu lassen. Was wir dann
gemacht haben aber ist, wir haben die
Studien, die wir dort eingereicht haben,
natürlich seriösen Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftlern vorgelegt, die dann
gesagt haben, ja das ist natürlich
wirklicher Unsinn.
Svea: So haben wir das dann gemacht. So ne
Art nachgelagerten Peer Review kann man sagen.
Peter: Es ist tatsächlich so dass auch
auf große Journals, renommierte Journals
Probleme haben im Peer Review, das ist
bekannt und es, da wird auch mal Mist
veröffentlicht und so, aber dieses
hohle Zeug, was wir da eingereicht
haben, da bin ich mir relativ sicher dass
würde bei einem seriösen Journal, wenn ein
seriöser Wissenschaftler, eine
Wissenschaftlerin drauf schaut, nicht
durchgehen. Svea: lacht
Einruf: Nein, das stimmt nicht, da gibt es
ganz viele Beispiele, 'tschuldigung.
Herald: Wir sind jetzt Leider, es tut mir
sehr leid, dass du a kein Mikro hast und
wir haben jetzt auch leider keine Zeit
mehr. Das heißt es tut mir Leid, alle die
an den Mikrofonen angestanden haben, die
Zeit für Frage und Antwort ist vorbei,
aber man wird euch hier auf jeden Fall
noch finden, hoffe ich, gibt es irgendwie
einen Ort wo man euch aufsuchen könnte?
Svea: Wir sind den ganzen Tag heute und
morgen wahrscheinlich auch auf dem
Kongress. Also ihr seht uns,
ansonsten schreibt er uns zum Beispiel
über Twitter, da sind wir recht gut
erreichbar.
Herald: Die Twitter-Handle standen da, ich
würde um einen großen Applaus für Inside
the Fake Science Factories und die drei
Sprecher bitten.
Applaus
Till: Vielen Dank.
35C3 Abspannmusik
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