Herald Angel: Herzlich Willkommen Alvar Freude,
der uns jetzt was über Internetfilter und
besonders wie Internetfilter gone wrong ... ähm
genau... darüber erzählen wird.
Es geht um Jugendgefährdung versus Medienkompetenz.
Viel Spaß!
Applaus
Alvar Freude: Ja hallo, guten Morgen allerseits.
Jetzt sind wir sogar überpünktlich.
Das schaffe ich sonst nie.
Also normalerweise bin ich immer derjenige
der zu spät kommt.
Ich erzähle euch ein bisschen etwas über
den Grusel-Garten Jugendschutzprogramme.
Da wir nur eine halbe Stunde haben,
werde ich ein bisschen durchhetzen.
Aber wir haben ja zum Schluss auch noch ein
paar Minuten zum Fragen stellen.
Das sind ein bisschen die Themen, die ich
erzähle
und zum Schluss kommt dann auch noch was zu
der rechtswidrigen Datensammlung der Telekom.
Im Fernsehen ist das ja ganz einfach.
Gelächter
Ab 23 Uhr können dann auch die halbnackten
Leute auftauchen
oder die anderweitig wenig Bekleideten .
Und, ich mein, das Internet
sieht doch genauso aus, oder?
Gelächter
Viereckige Kiste
und naja... also Tatort ab 20 Uhr und so weiter
Alles ganz einfach.
Aber das hat nicht nur uns gestört sowas,
sondern das hat auch die Leute gestört,
die irgendwelche halbnackten Leute oder Bilder
von halbnackten Leuten verkaufen wollten
und so weiter. Deswegen haben die 2003,
so alt ist der JMStV,
der Jugendmedienschutzstaatsvertrag schon,
haben damals hinein verhandelt,
dass man auch so Filterprogramme nutzen kann
und wer sein Angebot für ein
Jugendschutzprogramm programmiert,
wie es so schön heißt,
der darf dann auch nachmittags um 12
die halbnackten Leute zeigen.
Das hat allerdings nicht so geklappt.
Deswegen gab's dann 2010 ...
ja das sollte hier dann so der
eingezäunte Garten sein …
deswegen gab's 2010 einen Versuch
einer Novelle vom JMStV,
wo das ganze mit Filterprogrammen und so weiter
nochmal ein bisschen forciert werden sollte.
Und dann endlich die Vision der Jugendschützer:
Wir haben den schönen Garten für die Kinder,
wo die in Ruhe spielen können und
die ganzen bösen Monsterchen außen
dann fern gehalten werden.
Also eine typische gated community.
Damit sind wir ja auch beim Thema
vom diesjährigen Kongress.
Das war so der Wunsch der hauptamtlichen Jugendschützer
oder professionellen Jugendschützer,
meistens irgendwelche ergrauten Herren,
die relativ wenig Ahnung von der Praxis haben.
Es gibt auch noch ein paar Jüngere dabei,
aber das ist häufig leider so der Fall.
Das Ganze klappt aber nicht wirklich.
Einer dieser geschützten Surfräume, wie
man es nennt, ist FragFinn.
Das ist eine Kindersuchmaschine.
Und FragFinn hat eine sogenannte Whitelist,
die für die Filterprogramme
herausgegeben wird.
Und in dieser Whitelist sind ganze 10.000
Domains verzeichnet.
Natürlich normalerweise nicht so ersichtlich,
aber es gibt ja Mittel und Wege, um an solche
Listen heran zu kommen und
sich mal anzuschauen, was da so drin steht.
Wenn man die ganzen Dubletten raus schmeißt,
also mit www. und ohne www.,
dann landet man irgendwo bei 5.000 Domains,
die letztendlich mit drin sind und die dann
für die 6-12-jährigen
Kinder freigeschaltet sind.
Alles andere ist bei den typischen Filterprogrammen
erstmal blockiert.
Das ist natürlich lächerlich, wenn man sieht,
dass wir
über 30.000 Schulen in Deutschland haben,
davon 15.000 Grundschulen.
Also die meisten Kinder werden die
Website ihrer eigenen Schule
noch nicht mal aufrufen können,
wenn sie so einen Filter haben.
Gelächter
Zeitung. Ich hab keine einzige Zeitung da
drin gefunden,
außer einem Zeitungsmuseum, in der Liste.
Gelachter
Wenn wir jetzt mal den KIKA weglassen, der
natürlich auch Nachrichten hat und so weiter.
Aber ja...
Angeblich werden diese Daten regelmäßig
aktualisiert.
Irgendwo habe ich in Erinnerung mal gelesen
zu haben täglich.
Wenn man sich den Timestamp in den xml-File,
wo die ganzen URLs drinstehen anschaut,
dann ist die letzte Aktualisierung von 2013.
Ob das stimmt oder nicht sei mal dahin gestellt,
aber so ist der Timestamp.
Ich habe dieses File im Juni diesen Jahres
mir geholt
und ich habs nochmal jetzt am irgendwann Mitte
Dezember, vor ein paar Tagen geholt.
Es gab keine Änderung.
Also 2013 dürfte irgendwie stimmen.
Hier ist eine kleine Auswahl von den Websiten.
Da sind durchaus kindertaugliche Websiten
dabei.
Gelächter
Es sind aber auch Sachen, bei denen man sich
fragt
wie kommt da eine Hautcreme-Webseite dazu.
Gelächter
Da ist es.
Wie kommt die da rein und noch so ein paar
Sachen,
wo man sich fragt, ok eine schwedische Website
ist auch dabei.
Also da sind schon Sachen drin, da fragt man
sich dann schon, wie das kommt.
Ein kostenpflichtiger 10-Finger-Tipp-Kurs.
Es gibt natürlich keine kostenlosen,
deswegen muss man die Kinder zu den
kostenpflichtigen 10-Finger-Kursen schicken.
Also man könnte schon den Eindruck gewinnen,
das hat irgendein Praktikant gemacht
oder was auch immer …
Natürlich sind auch die ganzen Webseiten
der FSM dann auch mit dabei.
Also wir sehen, so funktioniert das nicht
wirklich.
Das Netz ist viel zu groß, viel zu schnell,
viel zu umfangreich
und viel zu interessant als ob da irgendein
Redaktionsteam, wenn es das denn gibt,
das ganze erfassen könnte.
Ohne permanente Updates sowieso nicht.
Von Kindern genutzte Seiten sind häufig nicht
dabei.
Ich hab mal mich ein bisschen umgehört im
Bekanntenkreis.
Oder auch geguckt was unserer Tochter, die
wird jetzt im Januar 9,
so anschaut.
Da wäre ungefähr die Hälfte von den Webseiten
bei den meisten Leuten blockiert.
Ich glaube bei uns wären es
irgendwie 80 oder 90%.
Außer "Die Sendung mit der Maus" wäre irgendwie
dann fast alles blockiert.
z. B. YouTube, viele Spieleseiten,
aktuelle Webseiten,
Kindernachrichten, Schulen usw., usf.
Ja, YouTube wird blockiert.
Da kommt man als 6-12-Jähriger nicht drauf.
Der Telekomfilter war so schlau,
dass er bis vor kurzem sogar noch alle https
Seiten blockiert hat.
Gelächter
Applaus
Die Default-Einstellung haben sie jetzt geändert.
Also ich das jetzt nochmal im Dezember getestet
hab,
war dann https auch erlaubt
und dann kommt man immerhin
auch auf ein paar Webseiten.
Die Wikipedia z. B. ging dann nicht mehr
Die, sie aber selber empfohlen haben.
Da passieren natürlich interessante Sachen.
Weil das alles irgendwie nicht so klappt
und da kein Redaktionsteam irgendwie das gesamte
Internet durchforsten kann,
ist die geniale Idee, die gibt es übrigens
schon seit 1997,
dann machen wir halt Kennzeichen.
Das funktioniert ja offline auch.
Im Kino oder bei Spielen und deswegen können
wir das auch online machen.
Dann muss jeder Webseiten-Betreiber eben sagen,
für welche Altersstufe seine
Webseite geeignet ist.
Und dann soll das halt so klappen.
Steht sogar im Gesetzestext.
Im alten, wie auch im neuen.
Der neue hat relativ wenig Änderungen.
Sag ich später noch ein paar Worte dazu.
2010 war dann sehr viel mehr an Umbauarbeiten
drin,
die sie jetzt ein bisschen gekürzt haben.
Aber wie gesagt, die Kennzeichnung steht auch
im Gesetzestext.
Ihr sollt alle eure Webseiten kennzeichnen.
Oder zumindest, wer im großen Stil Webseiten
betreibt.
Wer hat hier alles irgendwie eine Webseite
oder betreut beruflich irgendwas?
Ok, und wer davon hat ein Alterskennzeichen?
Gelächter
Zwischenrufe
Einer. Ja einer erwarte ich. Und da ist auch
noch einer.
Applaus
YouTube hat auch ein Alterskennzeichen.
Deswegen wird es vom Telekomfilter auch blockiert.
Selbst für die 16-Jährigen
oder 17-Jährigen.
-Publikum: Beim Hochladen oder beim Anschauen?
-Alvar: Beim Anschauen natürlich. Beim Hochladen
ja erst recht.
Wobei, moment, das Hochladen dürften andere
Mengen sein.
Das müsste also wieder klappen.
Gelächter
Und das Einbetten von YouTube mit der Nocookie-Webseite
dürte auch klappen,
fällt mir da so ein, weil ist ja eine andere
Domain.
Man muss also nur die Videos auf einer anderen
Webseite einbetten
mit der Nocookie source, dann dürfte es wahrscheinlich
gehen.
Ich habe es jetzt nicht getestet.
Das YouTube Problem hat sich also nicht wirklich
dadurch gelöst.
Wir sehen an diesem kurzen Beispiel, dass
das mit der Alterseinstufung
alles nicht wirklich funktioniert.
Alterseinstufung ist ziemlich aufwendig, wenn
man das richtig macht.
Es ist kostenintensiv.
Es ignoriert Echtzeitkommunikation.
Also wie will man einen Chat bitteschön mit
einem Alterskennzeichen versehen?
Das kann sich von Sekunde zu Sekunde ändern.
Oder diese Videoübertragung hier.
Ich könnte ja jetzt auch irgendlwelche halbnackten
Leute darstellen.
Das würde in den USA auf jeden Fall unter
mindestens 18 fallen
und hier dann wahrscheinlich unter 16 oder
12.
Gelächter
Da sehen wir viele Problem.
Die Versuche mit Alterskennzeichnung,
die gibt es seit Mitte der 90er Jahre.
Da ist PICS. Vielleicht hat noch jemand das
in Erinnerung.
PICS vom W3C war ein Versuch,
Alterskennzeichnen einzuführen, ist gescheitert.
Vom ICRA – Internet Content Rating Association –,
die hat mal ein System entwickelt.
Ist auch gescheitert.
Es gibt immernoch Webseiten, die das ICRA
Label tragen.
Aber ICRA existiert de facto nicht mehr.
Selbst die Domain ist in der Hand von Domain
Grabbern gelandet in der Zwischenzeit.
Es ist alles nicht mehr da.
W3C hat noch einen 2. Versuch gemacht, mit
POWDER.
Hat auch nicht den durchschlagenden Erfolg.
Weil einfach das Prinzip der Alterseinstufung
eben,
naja, es ist extremst aufwendig, entsprechende
Inhalte zu kennzeichen.
Wer möchte denn bitteschön die Wikipedia
kennzeichnen.
Da kann man sagen ok,
die ganze Wikipedia ab 18,
weil vielleicht irgendwo irgendein Artikel
über irgendwelche Sexualpraktiken drin steht.
Aber das kann's ja auch nicht sein.
So, wie sich das die Herrschaften,
die die Gesetzestexte machen
in den Bundesländern wünschen,
klappt das nicht.
Ich habe auch noch einen Praxistest gemacht.
Ich hab mal rund 4 1/2 Mio Domains getestet.
Wie viele so ein Label nach dem JMStV, also
der deutschen Gesetzeslage,
der bestehenden und der kommenden, tragen.
Naja, von den 4 1/2 Mio sind es 1.600 irgendwas,
also 0,03%.
Da kann man sagen: Nagut, das ist jetzt weltweit
gewesen.
Da waren auch irgendwelche chinesischen Webseiten
usw.
Nehmen wir nur die deutschen, dann sind es
trotzdem nur 0,22%.
Aber was ist mit den Kinderseiten?
Die Kinderseiten müssten ja ein Interesse haben,
ihre Seiten entsprechend zu kennzeichnen.
Mit ab 6 oder ab 0.
Selbst da ist es von über 9.000 Seiten nur
66, die ein entsprechendes Label tragen.
Also auch hier, wir sehen, das funktioniert
nicht.
Für die Hacker unter uns einen kleinen Einschub
am Rande.
Ich musste dafür natürllich von diesen 4
1/2 Mio Webseiten eine bestimmte Datei,
nämlich diese age-de.xml abrufen,
um zu gucken, ob die da ist.
Dann gab es prompt gleich mehrere abuse complains
von irgendwelchen Banken in Hong Kong
und ähnlichen Sachen, weil ich so frech war
diese Datei abzurufen.
Zum Glück ist mein Provider da
nicht sehr nachtragend, aber …
Man ruft einfach eine Datei auf, die einen
404 Fehler bietet und peng,
schon kriegt man eine abuse Meldung.
Diese Datei ruft natürlich
auch der Filter auf.
Also wenn ein Kind mit installiertem Filter
diese Hong Kong Bank aufrufen würde,
Gelächter
Wenn dann der Provider sich bei den Eltern
meldet, würden die sich, glaube ich,
schon ganz schön wundern, was da los ist.
Aber wahrscheinlich wird auch kein Kind eine
Hong Kong Bank aufrufen.
Das ganze kann man auch umgekehrt machen.
Der Praxistest umgekehrt.
Wie viele Leute haben denn überhaupt so einen
quasi zugelassenen,
also zumindest anerkannten,
wie es im Gesetz heißt,
anerkannten Filterprogramm
für ihre Kinder installiert?
Kann man auch schauen,
indem man einfach in seinen Webserver logfile
schaut nach zugriffen auf eben diese Datei.
Ich hab das mal bei mir gemacht.
Und ich hab da auch noch mal bei ein paar
anderen Leuten nachgefragt,
die große Websites betreiben.
Das ist alles ein verschwindend geringer Prozentsatz.
Meistens um die 0,00 irgendwas.
Ich hab auch schon mal 3 Nullen gehabt nach
dem Komma.
Weil bei einer Seite...ähm...
Ich kann sagen Heise online, die haben mir
offiziell die Zahlen gegeben,
da gabs 15 Zugriffe bei ca 650.000 Besuchern
am Tag .
Wenn man da die Rate ausrechnet, ist das auch
noch mal niedriger.
Wenn man das als Rate so sehen mag.
Heise Online ist natürlich sehr speziell,
aber diese 10 Mio Besucher
in der Zeile da drüber,
das ist eine Webseite, die ist einfach eine
allgemein gültige Webseite.
Ich kann leider den Namen nicht nennen,
aber das ist eine Webseite, die von ganz normalen
Familien und ähnlichen aufgerufen wird.
Und da ist die Rate eben auch extremst niedrig.
Ich hab noch ein paar Zahlen von den
Top 10 Webseiten aus Deutschland
und da ist es ähnlich schlimm.
Ich versuche nochmal,
Zahlen offiziell zu kriegen.
Auch die ich dann nennen darf,
von den Website-Betreibern.
Wer selber irgendwie eine größere Webseite
betreibt, darf mir gerne anonym oder auch
mit Name der Webseite seine Zahlen liefern.
Es gibt da auch einen Artikel bei mir im Blog,
wo das beschrieben ist,
wie man das machen kann.
Also warum nutzt das keiner:
Die Programme sind furchtbar schlecht.
Man sieht auch, sie sind eigentlich nur eine
Notlösung für die Pornoindustrie,
weil die Pornoindustrie eben
auch vor 23 Uhr mal
irgendwelche halbnackten Frauen zeigen möchte.
Es ist halt so eine Art Alibifunktion.
Ich mein, könnte man sagen, das ist jetzt
nicht weiter schlilmm.
Das stört uns dann nur relativ begrenzt.
Aber wir haben das Problem mit dem Alterskennzeichen.
Und das Problem mit den Alterskennzeichen,
hier geht es schon weiter.
Ich hab das vorhin kurz gezeigt.
Im Gesetz steht drin, dass jemand,
der eine Webseite betreibt,
im großen Umfang oder kommerziell,
die eben auch kennzeichnen soll.
Und die Juristen hier im Raum
werden jetzt wissen,
was "soll" bedeutet in Juristensprache.
"Soll" ist nämlich "muss" mit Ausnahme.
Und wer nicht unter die Ausnahmen fällt,
soll eben seine Seiten,
auch wenn sie nicht
kinder- oder jugendgefährdend sind,
mit einem Alterskennzeichen versehen.
Die Frage ist natürlich immer, ob das jemand
durchsetzt und wann das jemand durchsetzt.
Aber es steht einfach im Raum und hier
müssen wir, denke ich, sehr wachsam sein.
Das ist das Gesicht meiner Tochter, wenn sie
so einen Filter sehen würde.
Gelächter
Wahrscheinlich würde sie mir eher einen Vogel
zeigen.
Wobei die Haare in der Farbe nicht stimmen.
Was ist also die Lösung,
wenn man sieht als Gesetzgeber,
es nutzt keiner die Filter?
Das wissen die ja auch.
Die sind ja nicht ganz blöd.
Nutzt keiner die Filter,
und die Webseiten werden auch nicht gekennzeichnet.
Was macht man also?
Man muss gucken, dass möglichst viele die
Kennzeichnung durchführen
und gleichzeitig muss man eben schauen,
dass die Filter weiter verbreitet sind.
Das macht man am besten so wie die Briten,
indem man Zwangsfilter einführt.
Man muss es ja nicht ganz so machen
wie Zensursula damals,
dass man es nicht mehr abschalten kann,
aber einfach ein Zwangsfilter beim Provider,
zack, peng und dann haben es
alle eben erstmal drin.
Und das ist jetzt nicht irgendwie
aus der Luft gegriffen,
sondern die Kommission für Jugendmedienschutz,
die in Deutschland eben für die Umsetzung
des JMStV zuständig ist,
die fordert das seit langem.
Die Länder sagen noch "nö",
aber wer weiß, wie lange noch.
Wenn die Rate weiterhin so niedrig ist …
Zum Glück.
Also ich meine … hat jemand …
Wer von euch hat Kinder im Alter irgendwie
so bis 12, sagen wir mal?
Und hat von euch jemand
einen zugelassenen oder
ein anerkanntes
Jugendschutzprogramm installiert?
Einer. Einer, ok.
Dann werde ich wahrscheinlich nachher
die Beschwerden hören,
das ist ja alles gar nicht so schlimm,
das funktioniert ja ganz toll.
Publikum: Das funktioniert beschissen!
Gelächter
Applaus
Ich hätte da einen Tipp: deinstallieren.
Ich hab aber auch mal den Tipp gehört
von einem Hersteller
von so einem Filterprogramm:
Naja, man darf auch nicht die Altersstufe
nehmen, in dem sein Kind ist.
Gelächter
Sondern man muss mindestens 1-2 Stufen drüber
gehen.
Wenn man ab 18 einstellt, dann sind wirklich
nur noch die Sachen,
die von der Bundesprüfstelle für
jugendgefährdende Medien indiziert sind, blockiert.
Kann man natürlich auch machen.
Man kanns auch einfach ganz sein lassen.
Zwangsfilter ist dann natürlich irgendwann
das, was dann eben im Raum steht.
Wir haben jetzt auch,
hat der ein oder andere vielleicht verfogt,
vom BGH das Urteil in Bezug zu Netzsperren,
was die Contentlobby fordert.
Es wurde zwar erstmal abgelehnt, aber nur
unter Auflagen.
Also da drohen uns aus diesem Bereich Netzsperren
und es ist sicherlich auch denkbar,
dass in diesem Falle da
das ein oder andere passieren könnte.
Jetzt aber noch ein bisschen zu einem anderen
Bereich.
Nein, zum gleichen Bereich.
Nur zu einem speziellen Teil.
Die Telekom Kinderschutz-Software.
Also es gibt 4 offiziell von der Kommission
für Jugendmedienschutz anerkannte Filterprogramme.
Von denen sind 3 quasi gleich, mehr oder weniger.
Die kommen von einem Hersteller,
der die einmal unter dem Verein JusProg e.V.
zur Verfügung stellt
und dann hat er selber nochmal
zwei Produkte im Angebot.
Einmal als Hardware und einmal als Software
für Windows.
Und die Telekom hat ein eigenes Produkt.
Das basiert auf einer Software, die in der
Zwischenzeit IBM gehört.
Ehemals Cobion, hat vielleicht
schon mal jemand gehört.
Kann jeder kostenlos unter Windows nutzen
und die macht ganz tolle Sachen.
Z.B. bei jedem Start folgenden Zugriff.
Wir sehen hier, dass bei jedem Zugriff oder
bei jedem Start vom System
die MAC-Adresse übertragen wird.
Die MAC-Adresse ist die weltweit eindeutige
Hardware-Adresse der Netzwerkkarte.
Das heißt, ein Server von IBM,
iss.net, das ist eine IBM-FIrma, von IBM aufgekauft,
erfährt jedes Mal, wenn ihr dieses Programm
installiert habt,
nicht nur eure private IP-Adresse,
sondern auch die MAC-Adresse der Netzwerkkarte.
Ungefragt. Das Programm fragt nicht um Genehmigung.
Weder in den AGBs, noch in den nicht
vorhandenen Datenschutzinformationen,
noch irgendwo anders steht ein Wort dazu.
Das ist ganz klar rechtswidrig.
Und eigentlich müsste dieses Programm
sofort vom Markt,
weil das ist nach deutschem Datenschutzrecht
rechtswidrig.
Einfach personenbezogene
und auch noch sensible Daten,
erst recht ungefragt,
an irgendeinen Server, auch noch im Ausland,
zu übertragen.
Aber nicht nur das.
Ohne Einwilligung schickt
das Programm auch noch
mit einem manuell – das andere war auch verschlüsselt,
aber das hier ist manuell verschlüsselt,
mit einem eigenen speziellen Verfahren –
per HTTP an einen Telekomserver für vermutlich
fast alle Webseiten, die man so aufruft.
Das ist irgendwie nicht ganz klar,
wenn man sich so mal anschaut, was für Aufrufe
da passieren.
Aber für vermutlich fast alle Webseiten,
die aktuelle URL.
Da die Daten verschlüsselt sind mit irgendeinem
block cipher im CBC-Modus
also NICHT im CBC-Modus.
Das wiederholt sich alle 16 Bytes.
Beim 128-Bit-Schlüssel wiederholen sich die
Sachen alle 16 Bytes,
aber das ist nicht irgendein simpler XOR,
sondern das ist halt irgendeine Verschlüsselung,
die ich bisher nicht geknackt habe.
Da müsste man halt mal ein bisschen ins debugging
ran gehen vom Programm selber.
Also wenn hier irgendwie im Raum jemand ist,
der Ahnung hat von Windowsprogrammen debuggen,
dann können wir uns gerne mal anschauen,
was da wirklich übertragen wird.
Aber ich habe zumindest raus gefunden, dass
es sich verändert mit der URL, die man überträgt.
Es wird länger mit der URL.
Und wenn man den gleichen Buchstaben
in der URL hat,
dann wiederholt sich auch der Block.
Das heißt es ist extremst wahrscheinlich,
dass innerhalb diesen codierten Blocks,
und das ist nahezu sicher,
dass innerhalb diesen codierten Blocks die
URL, die das Kind angesurft hat, drin steht.
Das heißt, die Telekom lässt sich dann auch
das exakte Surfverhalten der Kinder mitteilen.
Ungefragt und nicht abschaltbar.
Beim Konkurrenzprogramm ist es immerhin so,
dass bei der Installation gefragt wird.
Bei der Installation wird halt
mehr oder weniger darum gebettelt,
dass man dann doch bitte erfahren darf,
welche Webseiten die Kinder aufrufen.
Auch das halte ich schon für bedenklich.
Weil ich mein, es geht niemanden was an, was
meine Tochter im Internet surft.
Wenn sie denn so einen Filter
installiert hätte.
Wenn wir überhaupt einen Windows-Rechner
zu Hause hätten.
Gelächter
Applaus
Also wir hören schon, diese Programme gibt
es nur unter Windows.
Mit dem neuen Gesetz sollte sich das alles
ein bisschen ändern,
weil die Zulassungshürden noch ein bisschen
gesenkt werden.
Aber das ist alles dann ähm dann die Details,
für die wir dann jetzt auch in der Kürze
der Zeit nicht wirklich Zeit haben.
Ich denke der wichtige Punkt ist
es ist natürlich immer interessant,
auf den Filterhersteller rumzuhacken.
Die machen das letztendlich halt auch nur,
um ihre Nacktbilderchen und ähnliches vor
23 Uhr online zeigen zu können.
Das ist einfach der Hintergrund,
weswegen es diese Filter gibt.
Deswegen ist der
eigentliche Adressat die Politik.
Das Problem ist hier, dass es
hier die Landespolitik ist.
Also 16 Bundesländer einigen sich auf einen
Staatsvertrag.
In dem aktuellen Staatsvertrag, den die
Mininsterpräsidenten im Dezember unterzeichnet haben,
und der von den Landesparlamenten noch beschlossen,
also ratifiziert werden muss,
ist es so, dass es gekoppelt ist mit dem neuen Kindersender
von ARD und ZDF.
Und die Wahrscheinlichkeit, dass diese Koppelung
– durch diese Koppelung –
die Landesparlamente jetzt sagen: "Nö!",
wie 2010, ist relativ unwahrscheinlich.
Weil sie wollen, alle wollen, den Kindersender
haben und das mit dem JMStV,
naja gut, das ist halt eine Beigabe,
die nimmt man halt da mit.
Also das ist ein ganz großes Problem auf
politischer Ebene.
Ich habe auch versucht, andere Leute haben
auch versucht,
noch rein zu bringen, dass zugelassene Filterprogramme
mindestens ein
hohes Datenschutzniveau haben müssen.
Haben die Länder abgelehnt.
Jetzt ist auch klar, warum.
Da haben die Filterhersteller offensichtlich
irgendwie das ein oder andere ins Ohr geflüstert,
dass sie dann irgendwie gar nicht mehr funktionieren
oder sowas angeblich.
Also Politik ist einfach der Adressat.
Und ich denke ganz wichtig ist, dass das weg
von den Ländern muss.
Und das muss zum Bund hin.
Ich meine 16 Länder in einem weltweiten Medium.
Das klappt nicht so ganz, ne.
Also der Bund sollte das machen,
da hat man dann auch ein bisschen mehr Transparenz,
was die ganzen Verhandlungen angeht.
Da kann man auch mal schneller was ändern.
16 Länder ändern so einen Staatsvertrag
nicht mal eben.
Aber im Grunde kann man ein Gesetz ändern,
wenn man merkt, da ist irgendwas schief gelaufen.
Wir haben auch immer noch die Sache, das mit
der Alterskennzeichnung.
Für ein großes Unternehmen wie YouTube ist
das kein Problem.
Ok, die haben jetzt erstmal ihr ab 18 Label
auf der Startseite drauf.
Aber wer weiß, ob die nicht schon längst
daran basteln
mehr oder weniger automatisch zu erkennen,
aufgrund was auch immer,
welche Alterseinstufung denn die einzelnen
Videos haben.
Das heißt, YouTube kann sowas leisten.
Aber der kleine Blogger hier unter uns,
der kann das nicht leisten.
Da kann man immer sagen, den betrifft es ja
auch gar nicht.
Der hat ja gar keine jugendgefährdende Inhalte.
Das ist ja auch nicht richtig.
Weil man ist ja sehr schnell in dem Bereich
drin, wo man etwas tun muss.
Nämlich ab 16er Inhalten muss man was machen.
Und das kann schon sein,
wenn man eine Kritik über ein Spiel schreibt,
das z. B. ab 18 ist oder sowas.
Oder ein Video einblendet, weil dann einfach
die entsprechende Altersschwelle da ist.
Also, der Gesetzgeber ist hier gefordert endlich
mal was zu machen.
Wir brauchen reale Diskussionen und nicht
irgendwie wir müssen was tun.
Gar nichts tun geht ja auch nicht.
Das ist immer so die Argumentation, wenn
man da mit den Leuten in den Ländern redet,
die dafür zuständig sind.
Aber Filter lösen das Problem eben nicht.
Ganz großes Thema auch, was der JMStV, der
Jugendmedienstaatsvertrag, adressieren sollte
ist die Medienkonvergenz.
Online offline verschmelzen.
Jugendschutz soll dem gerecht werde.
Nur, naja, die machen es halt mal wieder falsch.
Ein Buch, das man ganz normal
im Laden kaufen kann
oder auch als Verlag ganz normal ohne Alterskennzeichnung
in den Laden reinbringen kann,
muss online als E-Book
ein Alterskennzeichen tragen,
wenn es denn ab 16 wäre.
Bei den 12ern ist es noch freiwillig,
in Anführungsstrichen.
Aber ab 16 muss es ein Alterskennzeichen tragen.
Das ist doch vollkommen hirnrissig.
Es ist das gleiche Buch.
Das kann einem keiner erklären, was da auch
die höhere Gefährdung sein sollte.
Das ist einfach nur man versucht halt Regelungen
vom Fernsehen zu übernehmen,
die hier einfach nicht funktionieren.
Ok ist von mir aus Alterskennzeichnung bei
bereits bewerteten Inhalten.
Also Kinofilme, Spiele die von der USK bewertet
wurden, und so weiter.
Und freiwillige positive Alterskennzeichnungen
für Kinderinhalte.
Um einfach die Auffindbarkeit zu erhöhen.
Also da können Suchmaschinen diese positiven
Kennzeichen nehmen,
um die Sachen besser aufzufinden.
Wichtig wäre auch strengeres Vorgehen gegenüber
Datenschutzverletzung bei Kindern.
Nicht nur im gezeigten Beispiel, sondern insgesamt.
Und natürlich die realen Risiken betrachten.
Die realen Risiken ist doch nicht,
dass irgendwie das 10-jährige Kind
auf goatse.cz oder sowas kommt.
Mag vielleicht 1 von 10.000 Fällen geben,
wo das passiert ist.
Wäre aber auch so drauf gekommen.
Natürlich zeigen die sich im Schulhof irgendwelche
Filmchen rum usw.
Aber das verhindert man
mit dem Filter überhaupt nicht.
Die Kommunikationsrisiken sind die Risiken,
die tatsächlich in der Realität bestehen
und wird man mit einem Filter nie adressieren
können.
Wir brauchen Medienbildung, Medienkompetenz
und den ganzen Bereich.
Der muss deutlich gestärkt werden.
Und dann kann man noch ein bisschen was
flankierend machen.
Und Eltern, die unbedingt einen Filter installieren
wollen, sollen das tun.
Ich werde da niemanden
verprügeln oder beschimpfen deswegen.
Beim Beschimpfen bin ich mir da noch nicht
so ganz sicher.
Gelächter
Wer das macht kann das tun.
Der hat da auch Auswahl aus vielen Produkten.
Es gibt ja nicht nur die paar zugelassenen
– Nein, es heißt nicht zugelassenen –
anerkannten Programme.
Sondern es gibt auch nocht viele andere.
Der kann das tun, hindert ihn keiner daran.
Aber der Staat soll da meines Erachtens
nicht das irgendwie enforcen.
Das war mal so ein Schnelldurchlauf, Schnellritt.
Fragen?
Applaus
Herald Angel: Wir haben 4 Minuten. Also 3
Fragen oder so passen rein. Bitte.
Q: Ah jetzt gehts. Ich habe eine Frage von
der anderen Seite.
Ich bin Lehrer und ärgere mich in der Schule
mit diesen Filtersystemen rum.
Das Problem ist natürlich: Zugänglichmachen
von Pornografie ist ein Straftatbestand,
deswegen müssen wir diese Dinger,
als Schule, als Provider gelten wir ja dann,
installiert haben.
Was für Möglichkeiten siehst du da?
A: Naja das mit dem Muss ist so eine Sache.
Es wird immer behauptet, dass dem so sei.
Es gibt meines Erachtens kein Urteil,
noch nicht mal ein Erstinstanzliches,
was das so sieht.
Ich erinnere mich noch an einen Fall bei uns
an der Schule.
Da hat eine Lehrerin irgendwie in einem Diavortrag
irgendwelche Sachen gezeigt
und zwischendurch war ein Pornobild drin.
Das passiert halt auch, wenn sich ein Schüler
einen Spaß erlaubt.
Gelächter
Das kann natürlich heutzutage auch passieren.
Ich denke wichtig ist, dass man da in der
Schule schaut,
dass der Lehrer die Kontrolle
über alle Monitore hat.
Da gibt es ja entsprechende Lösungen.
Das ist ein Punkt.
Ich würde auch keinen Filter
in einer Schule installieren.
Die rechtliche Begründung halte ich für
vorgeschoben von dem ein oder anderen,
der einfach auch nicht versteht,
was da passiert im Netz.
Das ist ja, nicht bei allen, aber bei einigen
Lehrern so,
dass sie überhaupt nicht verstehen,
was da passiert
und da ja natürlich
auf Nummer sicher gehen wollen.
Kann ich natürlich verstehen.
Aber das kann eigentlich nicht die richtige
Lösung sein.
Q: Gibt es tatsächlich bisher Bestrebungen,
das irgendwie mit Open Source zu regeln?
Das, was mich nämlich wundert ist,
meine Nichte bringt es fertig den
YouTube-Unlocker zu installieren,
irgendwie als Plugin,
der in 20.000 Versionen vorhanden ist.
Mein Vater bringt es hin,
sich auf hijackthis.de zumindest noch
geradeso die Usebewertungen durchzulesen.
Ich denke es gibt genügend Eltern da draußen,
die interessiert wären, das tatsächlich
selber zu raten.
A: Ich sehe keine Chance.
Man könnte das natürlich machen, klar.
Aber ich sehe keine Chance,
dass es ein Ratingsystem gibt,
was den Anforderungen, die man als vernünftiger
Mensch hat, gerecht werden kann.
Also ich denke viel wichtiger ist,
dass die Eltern sich darum kümmern,
was machen denn die Kinder da,
mit den Kindern darüber reden,
sie anleiten und einfach, dass der Rechner
natürlich auch am besten
irgendwo im Wohnzimmer steht.
Oder in einem anderen einsehbaren Bereich.
Klar, die Begründung ist immer,
wir brauchen die Filter für die Familien,
die sich eben nicht um die Kinder kümmern.
Die vernachlässigten Familien.
Laut wird das kaum einer sagen, aber
für die prekären Verhältnisse und so weiter.
Aber die kriegst du auch nicht dazu,
die Filter zu installieren.
Das kriegst du nur
mit einem Zwangssystem hin.
Und dann hats Papi ratz fatz deaktiviert.
Ja also … aber klar, also
machen kann man das sicherlich.
Ich meine den Zulassungsprozess bei der KJM.
Ist sicherlich nochmal
eine andere Frage, ob man den
mit einer Open Source Lösung
schaffen wird.
Q: Hat die Telekom sich irgendwie geäußert
zu dem Thema, zu viel Daten einzusammeln?
Weil die brauch die Daten ja definitiv nicht.
IP-Adresse vom lokalen Netzwerk
ist ja ein bisschen …
A: Ich habe sie bisher noch nicht gefragt,
muss ich gestehen.
Das liegt einfach daran,
dass ich mal wieder
bis 5 Minuten vor dem Vortrag
meine Folien gebastelt hab.
Applaus
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