35c3 preroll music
Herald: Dass er auf dem 22c3 schon
mindestens dabei war habe ich schon
gesagt, aber ansonsten gibt er uns wieder
einen Überblick. Auch in 2018 war sehr
viel los, für die von euch die in
Kongressen denken, das war das Jahr
zwischen dem 35c3 und dem 34c3. Es ist
wieder viel passiert in Sachen
Netzpolitik, und unser nächster Sprecher
wird uns einen Überblick über die Dinge
die auf deutscher und europäischer Ebene
passiert sind geben, und was sich in 2019
tun wird. Bitte begrüßt mit mir den
Chefredakteur von Netzpolitik.org,
Markus Beckedahl.
Applaus
Markus: Schönen guten Morgen. Ich hoffe
meine Stimme hält durch. Wir kommen zu
einer neuen Ausgabe von "Das Beste und
Schlechteste der Netzpolitik in
Deutschland und der EU von gestern und
heute". Ich habe das Problem: Ich habe nur
40 Minuten. Viele Themen die auch relevant
sind musste ich leider rausschmeißen, es
sind aber noch genug übrig geblieben. Das
neue gegenüber letztem Jahr ist: wir haben
eine Bundesregierung. Im vergangenen Jahr
hatten wir ja gescheiterte
Koalitionsverhandlungen, mittlerweile gibt
es eine große Koalition, Merkel 4.0. Was
neu ist, oder was alt ist: wir haben immer
noch keinen Digitalminister, aber wir
wissen auch von der EU-Ebene: das beste
Internetministerium bringt nichts, wenn
wir Günther Oettinger da hinsetzen.
Applaus
Die gute Nachricht ist: nach 13 Jahren
Angela Merkel als Kanzlerin ist
Digitalisierung, ist Netzpolitik auf
einmal ein Thema. Es gibt eine Vielzahl an
Arbeits- und Expertenkreisen, wir
verlieren langsam den Überblick bei
Netzpolitik.org, ich lese nur mal einige
vor, die ist jetzt neu gegründet gibt:
Digitalkabinett, Digitalrat,
Daten-Ethikkommission, Denkfabrik digitale
Arbeitsgesellschaft, KI-Plattform lernende
Systeme, Kommission Wettbewerbsrecht 4.0,
Innovation Council, Enquete-Kommissionen
zur künstlichen Intelligenz, Enquete-
Kommission zur Zukunft der Bildung, oder
Arbeit, irgendsowas. Das sind nur einige
davon. Das ist erst mal nicht schlecht.
Das Problem ist: Es fehlt an Koordinierung
in dieser Bundesregierung. Zuständig für
Koordinierung ist übrigens Dorothee Bär.
Sie ist Beauftragte der Bundesregierung
für Digitalisierung, laut Bundesregierung
zuständig für die Koordinierung der
Netzpolitik innerhalb der Bundesregierung,
und für die Kommunikation nach außen. Sie
findet Datenschutz störend, versteht
darunter aber manchmal Busfahrpläne, die
aber nichts mit personenbezogenen Daten zu
tun haben. Und es gibt so ein schönes
aktuelles Zitat von ihr, was sie sich
wünscht. Ich zitiere: "Nerds von außen
müssen uns dringend ihren Sachverstand und
ihre Schaffenskraft für eine gewisse Zeit
zum Wohle aller leihen."
Gelächter und Applaus
Also, liebe Bundesregierung, es könnte so
einfach sein. Warum nicht mal neben all
den Industrielobbyisten auch mal Vertreter
der digitalen Zivilgesellschaft ins
Kanzleramt einladen? Warum laden
eigentlich fast alle Fraktionen im
Bundestag immer Nerds als Sachverständige
ein, aber CDU/CSU eigentlich nie? Also, it
could be so easy, dann kommen die Nerds
auch, weil die Angebote stehen seit vielen
Jahren, man muss sie auch annehmen.
Die Digitale Agenda heißt jetzt
Umsetzungsstrategie, und was fehlt ist
leider die Strategie. Ist ja nichts Neues,
aber die Bundesregierung hat irgendwann
vor ein, zwei Monaten ihre Umsetzungsstrategie
präsentiert und ich habe verschiedene
Anläufe genommen das ganze auf
Netzpolitik.org zu kommentieren. Ich habe
es nicht geschafft, weil ich wusste gar
nicht wo ich anfangen soll. Das ist so ein
Sammelsurium, Sammelwerk, alle Ministerien
wurden eingeladen "schickt uns mal was ihr
gerade irgendwie mit Digitalisierung
macht" und das haben sie dann irgendwie
chronologisch hintereinander geheftet.
Aber wenigstens sieht man da drin:
irgendwie passiert viel, aber nicht mit so
viel Strategie. Kommen wir zum Wetter.
Erst mal zu den schlechten Sachen: Sturm
zieht auf, oder für die Zielgruppe, die
Sturm nur aus dem Internet kennt: zeigt
auf Bild Ein Running Gag seit vielen
Jahren, seitdem ich Netzpolitik mache ist
die EU-Urheberrechtsreform. Mittlerweile
machen sie die zweite Reform die ich
mitbekomme, und die EU Urheberrechtsreform
ist auf der Zielgeraden. Umstritten sind
vor allen Dingen zwei Punkte, das eine sind
die sogenannten Upload-Filter, Artikel 13,
das andere ist das Leistungsschutzrechtrecht,
Artikel 11. Beim Leistungsschutzrecht kann
ich euch nicht so genau erklären was die
Logik dahinter ist, das habe ich nicht so
ganz verstanden. Die Frage die wir uns
stellen: können wir eigentlich bei
Netzpolitik.org künftig weiterhin andere
Artikel mit Überschrift verlinken und
zitieren, ohne Lizenzgebühren zu zahlen?
Das können uns auch die verantwortlichen
Politiker nicht mehr so genau erklären.
Super Arbeit hat hier aber vor allem Julia
Reda gemacht, mit ihrem Team. Ohne sie
wäre alles noch viel schlechter gelaufen,
also erstmal ein großer Dank.
Applaus
Aber vor allen Dingen die Uploadfilter
sind ein Problem, weil Uploadfilter
stellen eine größere Gefahr für
Meinungsfreiheit dar als das
Netzwerkdurchsetzungsgesetz. Auch weil
hier automatisierte Entscheidungssysteme
mit definieren was wir wie angezeigt
bekommen und was überhaupt veröffentlicht
werden kann. Und die entscheidende Frage
ist: Wo sind die demokratischen Kontrollen
bei der Frage, was da wieso in den Filtern
auftaucht, und was deswegen nicht mehr
angezeigt werden kann. Dazu kommt später
noch mehr. Das Leistungsschutzrecht, das
deutsche Leistungsschutzrecht. quasi der
Exportschlager in die EU, ist vielleicht
nicht gültig. Wir haben ja schon vor
eineinhalb Jahren auf netzpolitik.org
angekündigt, dass es nicht EU-konform ist,
war gerade wieder in den Medien – zeigt:
Netzpolitik.org-Leser wissen früher
Bescheid. Wir haben auch mal geklagt rund
um das Leistungsschutzrecht, und zwar
wollten wir wissen, wer in der
entscheidenden Sitzung des Bundeskabinetts
vor fünf Jahren mit dabei war, und was
dort besprochen wurde zu dem Fall. Weil
damals war der Kanzleramtsminister Eckart
von Klaeden zuständig, unter anderem dafür
oder damit beschäftigt, und sein Bruder
war der Springer-Lobbyist Dietrich von
Klaeden, und wir sahen darin einen
Interessenskonflikt, und haben das
durchgeklagt bis zum
Bundesverwaltungsgericht. Wir haben leider
nur halb recht bekommen. Wir haben, oder
kriegen jetzt die Teilnehmerliste. Die
Bundesregierung wollte nie irgendwie die
Teilnehmerliste rausrücken wer denn jetzt
bei der Kabinettssitzung dabei war, mit
der Begründung man könnte darauf auf das
Verhalten oder Abstimmungsverhalten
einzelner Minister schließen. Das haben
wir erkämpft, nicht erkämpft haben wir
dass wir die für 30 Jahre geschützten
Kabinettsprotokolle bekommen, die bleiben
leider weiter geschützt. Aber was auch neu
ist: Girl's Day im Innenministerium...
Gelächter
Das ist ein kleines Problem, also nicht
nur das. Die letzte große Koalition hat
uns mehr Überwachungsbefugnisse wie kaum
eine andere Regierung vor ihr gebracht,
und jetzt geht sie in die Verlängerung.
Und an der Spitze des BMI sind eigentlich
nur Überwachungs-Hardliner zu sehen. Wir
hatten sie schonmal eben, verpflichtende
Uploadfilter können ein wichtiger
Bestandteil einer Zensur-Infrastruktur
werden, und sie sind es sogar schon. Es
gibt behördliche, oder auf EU-Ebene gibt
es gerade die Diskussion in Folge des EU-
Forum Internet. Ich glaube ich habe vor
zwei oder drei Jahren mal hier mal über
das EU-Forum Internet, noch in Hamburg
damals, auf dem CCC-Congress gesprochen.
Das war so ein Treffen zwischen den großen
Plattform und EU-Sicherheitsbehörden, EU-
Politikern, wo im Rahmen einer
Privatisierung der Rechtsdurchsetzung
Plattformen motiviert wurden, doch mehr
zu machen, wie Uploadfilter einzubauen. Das
haben die auch teilweise jetzt
größtenteils gemacht, von 20 Plattformen,
die da mitdiskutieren, sollen 17 schon
Uploadfilter irgendeiner Art installiert
haben. Jetzt kommt demnächst noch die
Verordnung zur Bekämpfung von
Terrorpropaganda, und das ist unserer
Meinung nach, ja, dasselbe was wir damals
mit Zensursula verhindert haben, nur auf
einem höheren Netz-Layer, nämlich bei
Plattformen. Und dahinter steht,
behördliche Lösch-Anforderungen müssen von
Anbietern binnen einer Stunde umgesetzt
werden, das heißt es geht nur durch
automatisierte Uploadfilter, und mit
proaktiven Maßnahmen bekämpft werden,
damit sind gemeint Instrumente zur
automatischen Erkennung. Und wo bleibt
eigentlich der Aufschrei, wenn hier
eigentlich fast genau dasselbe passiert
wie damals in der Zensursula-Debatte, nur
keinen interessiert es. Das ist ein echtes
Problem. Horst Seehofer hat es mit auf den
Weg gebracht, will sich aber jetzt nicht
mehr dazu äußern. Es gab zuletzt eine EU-
Innenminister-Sitzung wo das dann vom EU-
Rat beschlossen wurde. Dort sprach dann
der österreichische Innenminister statt
Horst Seehofer. Sprachform "das Internet
sei ein Brandbeschleuniger ins Negative",
das sagt der österreichische
Innenminister, der den Identitären
nahesteht. Es dürfe kein neuer virtueller
Islamischer Staat im Internet entstehen,
und der Vorschlag solle Lücken schließen,
die in der realen Welt bereits abgedichtet
seien. Was ist eigentlich Terror-
Propaganda? Das ist eine spannende Frage,
noch nicht so ganz geklärt. Aber wir
hatten in diesem Jahr einen Fall wo, sagen
wir mal, zumindest ein Teil des politischen
Spektrums der Meinung war, das hat mit
Terror zu tun: und zwar die Debatte um den
Hambacher Forst. Es gab Stimmen aus der
NRW-Regierung von RWE und von der Union,
dass darunter auch schon bestimmte Klima-
Proteste wie beim Hambacher Forst fallen
könnten. Die werden dann möglicherweise
demnächst automatisiert herausgefiltert.
Und wie das in der Praxis abläuft haben
wir mal recherchiert. Es gibt bereits eine
scharf geschaltete Hash-Datenbank großer
Plattformbetreiber. Europol verkündet da
regelmäßig: schon 50000 Hashes da drin,
schon 100 000 Hashes. Hashes sind digitale
Fingerabdrücke von einmal als
terroristisch markierten Inhalten, und die
werden halt von Europol an diese Datenbank
weitergeleitet. Uns hat mal interessiert:
Wie finden eigentlich die demokratischen
Kontrollen statt? Wir haben uns erstmal an
die EU-Kommission gewandt, die das ja
alles auf den Weg gebracht hat. Die EU-
Kommission sagt so "boah, ja, keine
Ahnung." Dann haben wir Europol gefragt,
die halt quasi diese ganzen Inhalte in
diese Datenbank rein packen. Die so: "Ja,
boah, keine Ahnung." Mit anderen Worten:
Wir haben da eine Datenbank, die diese
Uploadfilter ja quasi unterstützt, und es
gibt keine demokratische Kontrolle weil es
keinen interessiert was da immer
reinkommt, kann da möglicherweise für
immer drin bleiben, und wir können da
nicht mal darüber sprechen, weil beim
Hochladen das automatisiert weg gelöscht
und man weiß gar nicht, dass etwas
existiert. Kommen wir zum nächsten. Auch
auf EU-Ebene. EU ist gerade relativ viel,
weil die EU-Legislaturperiode im Mai
endet, das heißt ganz viele Vorhaben sind
jetzt auf der Zielgeraden bevor alle
dann ab März, April im Wahlkampf sind.
Und auf EU-Ebene gibt es auch noch
den Gesetzentwurf zu elektronischen
Beweismitteln, E-Evidence. Ich glaub Klaus
Landefeld hat da gestern drüber
gesprochen. Die Idee dahinter ist ein
äquivalent zum amerikanischen Cloud Act zu
schaffen: Betreiber von Internetdiensten
müssen Daten ihrer Nutzer nach dem
Vorschlag innerhalb von sechs Stunden
herausgeben – an Behörden aller EU-
Staaten. Sonst drohen Strafen von bis zu
zwei Prozent ihres globalen Umsatzes.
Das heißt, zukünftig kann, wenn das
so durchgeht, eine ungarische
Sicherheitsbehörde bei einem deutschen
Host-Provider anrufen und sagen "Ey, gebt
uns mal die Daten von den ungarischen
Oppositionellen die ihr bei euch hostet"
und man hat sechs Stunden Zeit darauf zu
reagieren – wie hoch ist die
Wahrscheinlichkeit, dass ein Host-Provider
da den Rechtsweg einschlägt und das Risiko
eingeht eine Haftstrafe, äh nicht
Haftstrafe, bis zu zwei Prozent des
Umsatzes Strafe zu riskieren? Und wir
haben das Problem: dieser Entwurf, der da
gerade auf der Zielgeraden ist, der
schwächt die Möglichkeiten der
durchsetzenden Behörden in anderen
Staaten, sich der Durchsetzung einer
Anordnung aufgrund einer Verletzung der
EU-Grundrechtecharta zu widersetzen.
Wichtiger Punkt für Jura-Nerds. Der
Entwurf geht fälschlicherweise davon aus,
dass Metadaten weniger sensibel als
Contentdaten sind – Bestandsdatenauskunft
und so, übliche Problematik. Der Entwurf
bringt die Möglichkeit ins Spiel,
Anordnung ohne Gerichtsbeschluss zu
treffen, und vor allen Dingen der Entwurf
bringt keine Rechtssicherheit für
Betroffene. Und das ist ein ziemliches
Problem, wie ich eben schon beschrieben
habe, weil, ja, Provider hier eigentlich,
oder Host-Provider Sicherheitsbehörden
ausgeliefert sind. Eine Debatte die es
immer schon gibt, hier habe ich mal ein
Bild von 2007 rausgesucht, vom Erfa
Karlsruhe, als damals das
Bundesverfassungsgericht über
Staatstrojaner anfing zu diskutieren. Der
Staatstrojaner heißt jetzt Quellen-TKÜ und
soll mit den meisten neuen Polizeigesetz
auf Landesebene durchgesetzt werden.
Wir haben das übliche Problem mit
Staatstrojanern: Was wir unter
Staatstrojaner verstehen, nämlich ja
quasi ein hochkomplexes System aus
Schwarzmärkten, wo Sicherheitslücken
verkauft werden, aus dubiosen Anbietern,
die Staatstrojaner-Software mit diesen
Sicherheitslücken munitionieren. Das kommt
bei vielen Politikern an wie "Ja, so ein
Staatstrojaner ist wie ein Telefon was man
im Media Markt kauft, den kauft man halt
und setzt ein und kommt auf jeden Computer
drauf." Wir müssen also noch weiter
erklären, worum es geht, weil es gilt
weiterhin: im Namen der Sicherheit wird
hier massive IT-Unsicherheit geschaffen,
wenn wir weiter den Weg der Staatstrojaner
verfolgen, und das ist der falsche Weg.
Applaus
Und vor allem: der Staatstrojaner ist auch
wieder ein schönes Beispiel dafür, wie
eine Überwachungsbefugnis auf den Weg
gebracht wird, und mit welcher Begründung
es dann wieder ausgeweitet wird.
Wir haben in diesem Jahr recherchiert, wofür
die meisten Staatstrojaner eingesetzt werden.
Die damalige Begründung war wie immer
schwerste Straftaten, darunter versteht
man Terror, Mord, oder Totschlag. Und
herausgekommen ist: das meiste, die
meisten Einsatzziele haben was mit Drogen
zu tun. Ich glaube eine andere
Drogenpolitik würde hier viel mehr helfen
als mit Staatstrojaner IT-Unsicherheit zu schaffen.
Applaus
Gelächter
Ja.
Gibt's demnächst bei uns im
Merchandising-Shop. lacht
Polizeigesetze, haben hier Marie
Bröckling und Constanze Kurz schon am
ersten Abend sehr schön
auseinandergenommen, gibt es in fast allen
Bundesländern mittlerweile, haben als
Neuigkeit dabei eine sogenannte "drohende
Gefahr", also jemanden ohne konkreten
Verdacht einer Straftat zu polizeilichen
Zwangs- und Überwachungsmaßnahmen zu
machen. In Bayern kann man damit
zukünftig, wenn man Pech hat, auch für
immer weggesperrt werden. In Bayern wurde
es dann auch irgendwie erklärt, also, CSU-
Logik: Mehr Überwachung und Ausbau der
Polizei zum Geheimdienst fördert
Grundrechte. Das war der ehemalige, oder
immer noch der aktuelle und ehemalige
Innenminister Herrmann, der tatsächlich
verkaufte, Ziel sei die Stärkung der
Bürgerrechte, aber das ist totaler
Bullshit, das war nur ein Anlass um
dahinter versteckt den Überwachungs- und
Kontroll-Apparat auszubauen. Bayern ist
hier ganz weit vorne. Aber die
Polizeigesetze haben auch einen großen
Vorteil: Endlich gehen wieder zehntausende
Menschen in Deutschland für Grundrechte
auf die Straße, und zwar nicht nur in
Bayern, auch in Niedersachsen, in
Brandenburg, in NRW, demnächst in Sachsen,
also: Polizeigesetzes stoppen ist die
Chance wieder für größere
gesellschaftliche Bündnisse für
Grundrechte auf die Straße zu bringen.
Applaus
Ja, wenns zum Thema Bündnispartner geht,
haben wir auch eine neue alte Debatte:
Kfz-Kennzeichenerfassung. Die
Bundesregierung hat total versagt beim
Ziel Klimaschutz zu fördern und
Feinstaubbelastung in den Städten zurück
zu führen, und vor allen Dingen, naja,
dieser ganze Diesel-Skandal, der zu
Feinstaub führt, was eigentlich
Manipulationen sind, das ist von der
Bundesregierung total verkackt worden,
aber die Antwort darauf ist: mehr
Überwachung! Und zwar Kfz-Kennzeichen sein
Scanner – Kennzeichen-Scanner seien laut
Andreas Scheuer – das ist übrigens unser
Verkehrsminister – die einzig praktikable
und effektive Möglichkeit, Fahrverbote
älterer Dieselautos durchzusetzen. Das sei
keine Überwachung, der Datenschutz sei
gewährt. Allerdings gibt es deutlich
mildere Mittel zur Kontrolle der
Fahrverbote, wenn das unser
Verkehrsminister nicht weiß, dann hat er
ein Problem, und wir auch. Es gibt zum
Beispiel die blaue Plakette, oder kleine
RFID-Funksender, die andere Länder bereits
in Mautsystem einsetzen, wo man nicht die
ganzen Gesichter der Fahrer und
Fahrerinnen mitfotografieren muss.
Und hier habe ich noch ein schönes Zitat
von Andreas Scheuer: "Der Einsatz von
Videoüberwachung gerade im Verkehrsbereich
wird seit vielen Jahren als akzeptiert
empfunden. Das gelte es zu beachten, wenn
der Gesetzentwurf als problematischer
Eingriff in die Privatsphäre bezeichnet
wird. Auch hier spricht niemand vom
Überwachungsstaat." Wir schon.
Applaus
Auch das ist 2018 gewesen, bunte Proteste
gegen den Testversuch zur biometrischen
Video-Überwachung am Bahnhof Berlin
Südkreuz. Viele kreative Bilder.
Der wissenschaftliche Test der
Videoüberwachung ist aus
wissenschaftlicher Sicht ein Witz, wie der
Chaos Computer Club unter anderem
festgestellt hat. Aber wir sollten
grundsätzlicher diskutieren als über
Fehlerquoten, weil die Fehlerquoten werden
mit der Zeit wahrscheinlich zurückgehen.
Und grundsätzlicher heißt: Eine anlasslose
Massenüberwachung des öffentlichen Raumes
durch biometrische Videoüberwachung
gefährdet einfach unsere Freiheit. Punkt.
Applaus
2018 ist das Jahr wo wir endlich mit
Computern sprechen können, und sie
sprechen auch zurück. Oder anders
ausgedrückt: 2018 ist das Jahr, wo
Menschen sich freiwillig Wanzen in die
Wohnung stellen und dafür bezahlen.
Applaus
Und die Diskussion um Alexa, Google und
wie sie alle heißen und Co. fängt gerade
erst an. Und es gibt da viele Fragen, die
wir diskutieren sollten: wo liegen
eigentlich die Daten? Liegen die auf
deutschen Servern unter deutschen
Datenschutzgesetzen, oder werden die in
die USA transferiert und über PRISM sind
sie dann den Sicherheitsbehörden dort
zugänglich? Wer hat alles Zugriff darauf?
Wie sicher ist das eigentlich? Wann kommt
der Punkt, wo Alexa und Co. eigentlich
alles für immer speichern, weil es einfach
bequemer für den Nutzer und für Amazon
ist? Trainieren wir eigentlich mit Alexa
und Co. ein globales Stimmen-Biometrie-
System, wo wir dann zukünftig überall
anhand unserer Stimme erkannt werden, weil
überall Alexas- und Google-Teile
rumstehen, und da erkennen mich die
Systeme dann, egal wo ich bin? Und wenn
wir so eine KI trainieren, damit sie uns
besser kennt und besser versteht und so
weiter, und wir uns daran gewöhnen, ab
wann ist der Punkt eigentlich erreicht,
dass wir nicht mehr die Alexa-Welt oder
die Google-Welt verlassen können, weil wir
sie so auf uns trainiert haben, dass wir
woanders wieder von vorne anfangen
müssten? Und vor allen Dingen: What could
possibly go wrong? Das hat die c't gerade
gefragt, da hat jemand eine Datenschutz-
Rechtsauskunft an Amazon geschickt und hat
fremde Alexa-Daten zugeschickt bekommen.
Die Herausforderung ist: künstliche
Intelligenz und Sprachsteuerung sind
gekommen um zu bleiben, das ist auch gut
so. Aber umso wichtiger sind freie,
dezentrale, offene Alternativen dazu,
denen wir vertrauen können, damit wir
diese Technik auch bei uns zuhause
einbauen können und nutzen können.
Das wünsche ich mir.
Applaus
Ansonsten gilt: von den größten
Datenschützern kann man viel lernen:
Mark Zuckerberg hat auch sein Mikrofon
verklebt. Für die Leute, die noch nicht
auf die Idee gekommen sind. Kommen wir zum
nächsten Thema, 2017 will ihre Bot-Debatte
zurück. Wir hattens hier vorher in einem
Talk von Constanze und Ingo zu
Desinformationen. Die Debatte um Des- und
Miss-Information müssen wir führen, aber
Social Bots sind da echt das kleinste
Problem. Und auch hier haben wir wieder
wie beim Staatstrojaner das Problem, dass
viele Politiker irgendsoeine wirre
Vorstellung haben, was so ein Social Bot
ist, und aneinander teilweise vorbeireden,
weil für die einen sind das russische
Trolle, für die anderen ist es die
künstliche Intelligenz eines Chatbots, mit
dem man kommuniziert, wenn man mit dem
Kundenservice kommuniziert. Was halt eine
ganz andere Debatte ist, aber man muss
dann auch immer Politiker fragen "Worüber
reden Sie jetzt genau?" um zu verstehen,
wo man hin möchte. Und was klar ist: Wenn
man mit einer KI kommuniziert, dann
brauchen wir Transparenz, das ist
eigentlich ein Verbraucherrecht, das
müssen wir auch umsetzen. Aber Transparenz
brauchen wir auch bei Studien, die Panik
verursachen, weil sie überall Social Bots
sehen, die sonst keiner nachvollziehen
kann. Und vor allem brauchen wir auch
Transparenz über die Herangehensweise
dieser Studien-Macher. Weil: Mittlerweile
es eigentlich gängig, jemanden oder einen
Twitter-Account z.B. als Social Bot zu
definieren, wenn mehr als 50 Tweets pro
Tag abgesetzt wurden. Und wir haben leider
echt das Problem, dass wir in unserer
Gesellschaft viele Menschen mit viel zu
viel Zeit und viel zu viel Wut haben, die
locker auf 50 Tweets pro Tag kommen, die
aber keine Social Bots sind, weswegen man
jetzt eine Klarnamenspflicht einführen
muss. Und die Debatte des Jahres war:
Cambridge Analytica und Facebook. Für uns
war es so ein bisschen ungewöhnlich, das
war nicht der erste Datenskandal von
Facebook, es war nicht der letzte – allein
in diesem Jahr sind wir insgesamt auf 21
Datenskandale bei Facebook gekommen - aber
normalerweise dauerten die immer nur zwei,
drei Tage, dann brachte Facebook neue
Features heraus und dann waren alle
Journalisten nur noch über die neuen
Features am Berichten und es drehte sich
wieder. Cambridge Analytica dauert immer
noch an, hat zu verschiedenen Anhörungen
geführt, zeigt aber auch:
Cambridge Analytica ist nur die Spitze des
Eisberges, und nur eine von möglicherweise
tausenden Firmen die ähnlich vorgegangen
sind, die ähnlich Daten abgegriffen haben
und möglicherweise auf ähnliche Art und
Weise diese Daten nutzen, um Menschen über
Facebook oder woanders zu manipulieren.
Und Glückwunsch an alle Menschen, die aus
Protest gegen die Firmenpraktiken von
Facebook zu Instagram und WhatsApp
gewechselt sind.
Gelächter
Das brachte uns aber auch die Debatte: wie
gehen wir mit der Macht monopolistischer
Plattformen um? Wie können wir sie
grundrechtsfreundlich regulieren, um mehr
Wettbewerb und Verbraucherrechte
durchzusetzen? Facebook zerschlagen und
Google zerschlagen ist da ein notwendiger
Weg, weil die einfach zu mächtig, zu groß
geworden sind. Und vor allen Dingen, zum Beispiel
als Facebook WhatsApp aufkaufte, hatten sie
der EU-Kommission versprochen, keinen
Datenaustausch zu machen. Das würde ich
ein bisschen bezweifeln und deswegen das
einfach zurücknehmen. Und es geht bei
dieser ganzen Debatte um
Plattformregulierung darum: wie setzen wir
dort welche Rechte wie durch, wie stärken
wir die Rechte der Nutzer gegenüber
Plattformen und ihrer Friss oder stirb
Policies? Wie schaffen wir mehr Meinungs-
und Medienfreiheit? Oder Medienvielfalt?
Wie schaffen wir mehr Dezentralität und
Wettbewerb, und wie können wir offene und
datenschutzfreundliche Alternativen
fördern? Da gibt es noch viel zu wenig,
vor allen Dingen aus der Politik. 2018 hat
auch gezeigt: Facebook tötet. In Myanmar,
in Nigeria, überall dort wo das
Unternehmen Geld verdient, sich aber nicht
verantwortlich fühlt und z.B. ausreichend
Fact Checker mit den richtigen
Sprachkenntnissen beschäftigt. Auch das
ist ein Problem. Und 2018 hat den schönen
Film "The Cleaners" gebracht, der die
Content-Moderation-Politik der großen
Konzerne mal ins Fernsehen gebracht hat.
Und da kann man auch sehen, oder 2018 hat
auch gezeigt: das
Netzwerkdurchsetzungsgesetz in Aktion
macht weniger Schaden als befürchtet, weil
das viel zu kompliziert zu melden ist, und
die Plattform einfach eh alles löschen auf
Basis ihrer Content Policies und
Community-Regeln, und das ist echt ein
Problem. Aber wenigstens hat das
Netzwerkdurchsetzungsgesetz
Transparenzberichte gebracht. Wir sind
gespannt auf die nächsten, die sie
rausbringen müssen. Kommen wir mal zu
heiter bis wolkig. Die gute Nachricht für
2018 ist: bis morgen haben alle 50 Megabit
Breitbandinternet.
Jubel und Applaus
Also hat Angela Merkel noch im Jahr 2017
versprochen. Wer hat keine 50 Megabit zu
Hause? Ah, selbst bei den Nerds gibt es
viele, die das nicht haben. Ja, ich kenne
auch viele in Berlin, die in zentralen
Gegenden liegen und froh sind über 16
Megabit, wenn sie das überhaupt bekommen.
Aber dafür haben wir einen
Verkehrsminister, der mittlerweile
Funktürme selbst eröffnet, wie hier in
Kleßen-Görne, eines der bekanntesten ex-
Funklöcher in Deutschland. 360 Bewohner,
anscheinend mit die kleinste Kommune in
Brandenburg, jetzt mit Netz, weil die
deutsche Telekom von ihm genötigt wurde,
für einen PR-Termin da einen Funkturm
aufzubauen. Und erinnert ihr euch noch an
die Durchhalteparolen, dass, wenn das
jetzt bis morgen nichts wird mit 5G alle
Probleme gelöst werden? Ja, wenn 5G mal
kommt. Mal gucken. Aber das nächste
Versprechen ist jetzt: bis 2025 haben wir
alle Gigabit! Also vielleicht. Es gab auch
mal ein paar Förder-Milliarden, die
versprochen worden sind, jetzt nach zwei
Jahren, nachdem die 4 Milliarden
Bundesmittel irgendwie gelockert wurden,
kann man sagen: 82 Millionen Euro sind
davon bereits ausgegeben worden.
Applaus
Naja, einen Teil davon an Berater, man
kann auch sagen: Der Breitbandausbau
fördert vor allen Dingen PowerPoint-Bingo.
Applaus
Es gibt ein bisschen Fortschritt beim
Thema Zero-Rating-Angebote, zumindest gibt
es neue Gerichtsurteile: das StreamOn-
Angebot der Telekom verletzt die
Netzneutralität. Ja. Sie müssen jetzt
nachbessern und so weiter. Das
Grundproblem besteht: Zero-Rating-Angebote
generell verletzen die Netzneutralität,
und hier brauchen wir eine Klarstellung.
Und vor allen Dingen: Es sind nicht nur
die Telekommunikationsunternehmen,
die sich die Hände in der
Netzneutralitätsdebatte schmutzig machen,
es sind auch vor allem die Unternehmen und
die Organisationen, die an Zero-Rating-
Programmen teilnehmen und sich darüber
einen Wettbewerbsvorteil verschaffen, weil
sie bevorzugt durchgelassen werden. Und
hiermit meine ich explizit öffentlich-
rechtliche Anstalten, die in dieser Seite
leider teilweise die Seiten gewechselt
haben und da mitmachen oder noch
mitverhandeln. Shame on you.
Applaus
Wir haben jetzt eine KI-Strategie.
Eine Einbeziehung der Zivilgesellschaft ist
bisher nicht gesucht worden, bei den
Treffen im Kanzleramt waren vor Dingen
immer nur Wissenschaftler und vor allen
Dingen Industrie-Lobbyisten da, bei der
Konsultation gab es noch nicht einmal den
Knopf den man anklicken konnte, dass man
Teil der Zivilgesellschaft ist. Was wir
brauchen, was vielleicht damit kommt, ich
bin mir nicht so sicher: mehr Forschung
für bessere Anonymisierung von Big Data
und synthetischen Daten und viel mehr
Forschungsschwerpunkte mit Privacy by
Design, Privacy by Default als Bedingung.
Ein anderes Ding was neu war: 2018 war das
erste Jahr, wo sich viele Menschen und
Unternehmen zum ersten Mal mit Datenschutz
beschäftigt haben. Da gab es viel
Verunsicherung. Es wurden Abmahnwellen
herbeigeredet, die dann nicht gekommen
sind. Vieles ist im Detail leider noch
nicht geklärt, das ist immer das Problem
mit großen komplexen politischen
Kompromissen der Fall. Aber zumindest gibt
es theoretisch Verbesserungen für Bürger,
es gibt einen Marktortprinzip, theoretisch
kann ich bei uns klagen, es gibt
europaweit einheitliche Rechte, es gibt
bis zu vier Prozent Schadensersatz,
massive Bußgelder, damit verbunden
Ansprüche auf Unterstützung durch
Aufsichtsbehörden, und die Datenschützer
warten auf qualifizierte Beschwerden. Und
wir haben einen neuen Volkssport:
Datenschutzauskunftsanfragen. Kann ich nur
empfehlen. Wenn ihr nicht wisst wie das
geht: die Seite DeineDatenDeineRechte.de
haben verschiedene Musterschreiben dafür
entwickelt. Währenddessen
versucht Max Schrems mal mit dem
Marktortprinzip auszutesten, er klagt
nämlich in Österreich, bei sich zuhause,
gegen Facebook, und Facebook ist der
Meinung: Sie möchten weiterhin in Irland
klagen, wo ihr Büro ist. Ansonsten
Glückwunsch an Andrea Voßhoff.
Sie hat ihre Amtszeit als
Bundesdatenschutzbeauftragte am 7. Januar
endlich rum. Wir kriegen dann einen
Nachfolger, Ulrich Kelber wirkt jetzt
schon deutlich engagierter, was wiederum
aber auch kein Problem darstellt oder kein
Problem ist. Und eine Sache müssen wir
noch konsequenter fordern: Es gibt viele
Politiker, die fordern eine Verdoppelung
des Personals des Verfassungsschutzes.
Stattdessen brauchen wir mindestens eine
Verdoppelung des Personals der
Datenschutzbehörden, weil die verteidigen
unsere Verfassung viel mehr.
Applaus
Kommen wir zur EU
Privacy-Verordnung auf
EU-Ebene. Die kleine Schwester der
Datenschutz-Grundverordnung, im EU-
Parlament mit einer Stimme knapp für mehr
Nutzerrechte gestimmt, ist jetzt im EU-Rat
versackt. Unsere Bundesregierung war eine
der Regierung, die da immer mit blockiert
haben, die EU Privacy-Verordnung könnte
uns verschiedene Sachen bringen: keine
Datenverarbeitung ohne Einverständnis,
einfacher Schutz vor online-Tracking,
Privacy by Default auch in Browsern zum
Beispiel, Grenzen für Offline-Tracking,
Recht auf Verschlüsselung, und mehr
Transparenz für überstaatliche Zugriffe.
Wollen die Regierungen natürlich nicht.
Aber wir sollten noch mal diskutieren:
Welche Werte sollen Innovationen
eigentlich bringen? Was sind das für tolle
Dateninnovationen, wenn die Nutzer nicht
im Bilde sind, was da im Hintergrund
passiert? Auch deswegen brauchen wir klare
Regeln gegen intransparentes Tracking.
Ansonsten: der Digitalpakt kommt. Oder
auch nicht. Vielleicht. In der Grundsache
gut, wie immer 20 Jahre zu spät. Die
Gefahr im Digitalpakt ist und bleibt,
dass es vor allen Dingen eine
Investitionsförderung für Microsoft,
Deutsche Telekom und Bertelsmann wird. Und
wir wissen alle: die am besten
ausgestattete Schulen bringen nichts, wenn
die Lehrer nicht wissen, was sie mit den
Computern anstellen sollen. Und was
darüber hinaus fehlt ist eine konsequente
Strategie zur Förderung von offenen
Unterrichtsmaterialien. Müsste man mal.
Applaus
Ja, running gag jedes Jahr: Freifunk-
Initiativen könnten gemeinnützig werden.
Der Bundesrat hat das erneut abgestimmt,
das liegt jetzt erneut im Bundestag, der
sich ja neu zusammengesetzt hat gegenüber
letztem Jahr. GroKo, macht mal endlich.
Damit fördert man nicht nur das digitale
Ehrenamt, sondern es ist auch ein guter
Beitrag zur Verringerung der digitalen
Spaltung vor Ort. Kommen wir zu den
schönen Dingen.
Ah, ich trink noch mal kurz.
Es gibt auch viele Leuchttürme. und
so feiern wir hier auf dem Kongress auch
vor allem das schöne freie und offene
Internet. Eines der spannendsten Citizen
Science-Projekte in diesem Jahr war der
Radmesser, vom Tagesspiegel gefördert, vom
Medieninnovationszentrum Babelsberg (in
dessen Jury ich sitze, als Disclaimer).
Die haben Sensoren entwickelt, die an 100
Radfahrer in Berlin abgegeben wurden, die
den Rad-Abstand zu Autos untersucht haben,
in einem längeren Test.
Applaus
Weil Autos müssen sich eigentlich an
vorgeschriebene 1,5 Meter Abstand halten.
Und wenn wir nicht genug Fahrradwege haben
und auf Straßen fahren müssen, dann sind
wir sozusagen dem ausgeliefert, dass
eigentlich Autos sich daran halten müssen
und die das aber nicht tun und uns
gefährden als Fahrradfahrer. Dieses
Projekt hat schön gezeigt, dass man auch
mit Citizen Science-Projekten A)
spannende, kreative Sachen machen kann,
aber auch eine politische Debatte im
Umgang mit Radfahrern in Berlin in diesem
Fall befeuern kann und dieses ganze Modell
soll auf andere Städte ausgeweitet werden.
Eines der schönsten Erfolge war in diesem
Jahr "offene Gesetze". Die
Bundesgesetzblätter sind die zentralen
Dokumente der deutschen Demokratie, aber
bislang waren die gemeinfreien Werke vom
Staat privatisiert worden und vom
Urheberrecht geschützt. Sie waren zwar
zugänglich, aber mit so vielen Schikanen
versehen dass man eigentlich mehr Geld
reinwerfen musste. Dank der
OpenKnowledgeFoundation hat sich das
geändert, die haben einfach alles
gescraped und auf OffeneGesetze.de
veröffentlicht. Und jetzt hat die
Justizministerin verkündet, dass das
zukünftig alles von sich aus freigestellt
wird und das Gesetz geändert wird. Das ist
ein großer Erfolg.
Applaus
Aber das sollte nur ein erster Schritt
sein, auch die Rechtsprechung sollte offen
zugänglich sein. Es gibt Fortschritte bei
Open Access, und zwar im Rahmen des
Projekt DEAL versuchen deutsche
Wissenschaftseinrichtungen mit den drei
größten Wissenschaftsverlagen freien
Zugang für ihre Forschungsergebnisse zu
verhandeln. Wer die Logik dahinter nicht
versteht: total absurd. Wir finanzieren
Wissenschaft, die finanzieren mit unseren
Steuergeldern wiederum ein paar private
Verlage, zahlen denen ganz viel Geld damit
die wiederum unsere von uns finanzierte
wissenschaftlichen Ergebnisse publizieren.
Könnte man auch anders machen, hat man
bisher nicht. Aber jetzt stellen sich
viele Universitäten schlechten neuen deals
in den Weg. Im Moment zahlen z.B. hunderte
Unis nicht mehr an den Verlag Elsevier,
weil er sich diesem Projekt DEAL
verweigert. Aber auch hier muss klar sein:
öffentlich finanzierte Forschung muss
offen zugänglich sein.
Applaus
Wir brauchen richtiges Open Access, aber
wir sind zumindest auf dem Weg dahin.
Das Weizenbaum-Institut wurde gestartet.
Ein Institut, von der Bundesregierung
finanziert, zur Erforschung der
gesellschaftlichen Auswirkungen von
Digitalisierung. Ich finde das gut und das
sage ich ganz unironisch. Es ist aber wie
immer leider 20 Jahre zu spät. Aber besser
zu spät als nie. Dann gab es in diesem
Jahr zum ersten Mal eine "Bits und Bäume",
wo sich Umweltbewegung und Netzbewegung
drei Tage lang unterhalten haben. Das ist
auch ein Fortschritt. Wir hatten mal vor
zehn Jahren eine "Sustainable
IT"-Konferenz in Berlin organisiert, da
hatten wir noch das Problem dass die
Umweltbewegung nicht wusste, dass sie auch
von der Digitalisierung betroffen ist. Die
gute Nachricht ist: Sie haben es jetzt
mittlerweile kapiert, zumindest Teile
davon. Und wir hatten in diesem Jahr 800
Menschen in Berlin bei unserer "Das ist
Netzpolitik"-Konferenzen, der fünften. Und
auf der ersten "Das ist
Netzpolitik"-Konferenz vor fünf Jahren
waren eigentlich fast alle im Publikum und
auf der Bühne so alt wie ich, männlich.
Und in diesem Jahr war ich zum ersten Mal
einer der ältesten. Der Großteil war
jünger, und viel weiblicher geworden. Das
ist eine schöne Entwicklung, zeigt auch:
Wir haben zum Glück keine
Nachwuchsprobleme. Und deswegen machen wir
auch im nächsten Jahr die nächste "Das
ist Netzpolitik"-Konferenz 13.9.2019,
Volksbühne in Berlin, und danach feiern
wir unseren 15. Geburtstag von netzpolitik.org.
Und jetzt kommen wir noch zu den letzten schönen
Sachen: Hans-Georg Maaßen ist endlich weg.
Jubel und Applaus
Wir sind noch da, und wir sind noch viel
mehr geworden.
Applaus
Und wenn ihr uns unterstützen wollt, weil
wir leben davon dass uns Menschen
freiwillig Spenden geben damit wir ein
offenes Angebot für alle schaffen können.
Eine stille SMS ist eine Möglichkeit, wenn
ihr jetzt sagt, naja ihr habt gerade kein Online-
Banking zur Hand. Anscheinend muss man
eine SMS an 81190 mit dem Text "STILLESMS"
senden. Das ist eine Möglichkeit, aber
noch besser sind natürlich Daueraufträge,
weil die machen uns, oder beruhigen uns
dann mehr. Ansonsten gilt: Niemals
aufgeben. 2019 wird ein anstrengendes
Jahr. Anfang des Jahres haben wir mit
eEvidence, mit der Terror-Propaganda-
Richtlinie und der EU Urheberrechtsreform
drei große Brocken auf EU-Ebene die
Schlimmes bringen könnten. Die
Bundesregierung läuft sich gerade warm und
wird im nächsten Jahr mehr
Überwachungsgesetze auf den Weg bringen.
Der Kampf um Kontrolle und Macht im Netz
verschärft sich auf allen Fronten.
Deswegen: Fight For Digital Rights. Viel
Spaß auf dem Kongress. Informiert euch,
werdet aktiv, macht mit, und kommt gut
nach Hause. Danke.
Applaus
Und wir haben hier noch Aufkleber und
Jutesäcke. Wer welche haben will, weil
wir waren jetzt nicht in der Lage aufgrund
unserer vielen Vorträge jetzt auch noch
nen Stand irgendwo zu machen, und dachten,
wir machen das nach unseren Talks.
Herald: Vielen lieben Dank, Markus.
Wieder das gleiche: Wenn ihr Fragen habt,
ihr findet 8 Mikrophone hier unten im
Saal. Bitte positioniert euch hinter dem
Mikrofon, die die jetzt schon den Raum
verlassen: Bitte seid ruhig, damit wir die
Fragen entgegen nehmen können.
Aus dem Internet haben wir die erste Frage?
Signal Angel: Ja, hier im Internet ist man
unsicher ob du das fact checking und
darauf aufbauend das Filtern bei Facebook
gut oder schlecht findest und wie du das
gegebenenfalls mit der Ablehnung der EU-
Uploadfilter zusammenbringt?
M: Gar nicht. lacht Also ich bringe das gar
nicht mit der EU-Uploadfilter-Sache
zusammen. Ich finde es wichtig und
richtig, dass es demokratische Fact-
Checking-Institutionen gibt, auch auf
Plattformen wie Facebook. Ich finde es
nicht okay, dass Facebook denkt, das machen
irgendwelche Freien oder Fremden und
kriegen dafür kein Geld. Hier sollte vor
allen Dingen Facebook in Ländern wie
Nigeria oder Myanmar, wo man viel Geld
verdienen möchte, aber keinerlei
Verantwortung dafür übernimmt,
dass da sich ganz viele Falschmeldungen,
Hass-Meldungen ganz schnell verbreiten und
das zu Pogromen und Völkermorden führt.
Also, hier müsste Facebook viel mehr machen.
Herald: Bitte wartet noch mit den
Jutesäcken, bis dieser Vortrag komplett
vorbei ist und die Q&A vorbei sind. Danke.
Wenn es noch weitere Fragen gibt, bitte an
die Mikrofone aufstellen.
Okay, Jutesäcke nur noch für
Fragen, das ist auch ein Weg.
Okay, wenn es keine weiteren Fragen gibt,
bist du sicherlich später auch noch
erreichbar für die ganzen Leute.
Vielen, v-- ah, es gibt noch an Mikrofon 4
eine Frage, habe ich gehört.
M4: Kurze Folgefrage zu dem eben: Wie
würdest du das, also wo siehst du die
Grenze zwischen der Verantwortung von
Facebook, und wo beginnt Zensur, quasi?
Weil das ist ja eine schwierige Sache wenn
Facebook eingreift, was veröffentlicht
werden darf und was nicht.
M: Ich glaube das Grundproblem ist, dass
wir im Moment in der Internet-Regulierung
nur zwei Wege haben: Entweder ist man
Provider, dann ist man nicht haftbar für
etwas was passiert, oder man ist ein
Medium, man ist haftbar für das was
passiert. Und wir haben es bei Facebook,
YouTube und Co. mit monopolistisch-
zentralisierten Plattformen zu tun, die
genau in der Mitte stehen, und die wir mit
einem dritten Weg regulieren sollten. Weil
Weil natürlich tragen sie eine gewisse Art
von Verantwortung, aber ich möchte jetzt
eigentlich nicht dass Mark Zuckerberg auch
meine Facebook Netzpolitik-Seite,
rechtlich dafür haftbar gemacht wird. Mit
anderen Worten: Wir brauchen da richtige
neue Regulierungsarten um das Problem zu
lösen, so mal kurz gesagt. Die Antwort ist
viel viel komplexer.
H: Vielen lieben Dank, bitte einen
riesigen Applaus für Markus Beckedahl.
Applaus
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