Alles Leben,
jedes je dagewesene Lebewesen,
wurde gemäß der Information
in seiner DNA gebaut.
Was bedeutet das?
So wie die englische Sprache
aus Buchstaben des Alphabets besteht,
mit denen man Wörter bildet,
mit denen ich Ihnen heute
diese Geschichte erzählen kann
besteht die DNA aus genetischen
Buchstaben die, zu Genen gruppiert,
den Zellen erlauben, Proteine zu bilden,
das sind Ketten aus Aminosäuren,
die komplex gefaltet sind
und es einer Zelle ermöglichen,
zu tun was sie tut,
ihre Geschichte zu erzählen.
Das englische Alphabet hat 26 Buchstaben,
das genetische hat vier.
Sie sind sehr berühmt.
Vielleicht kennen Sie sie.
Man nennt sie oft einfach
nur G, C, A und T.
Doch es ist bemerkenswert,
dass die Vielfalt des Lebens
das Ergebnis dieser vier Buchstaben ist.
Stellen Sie sich vor, unser
Alphabet hätte vier Buchstaben.
Welche Geschichten könnten Sie erzählen?
Und wenn das genetische
Alphabet mehr Buchstaben hätte?
Könnte das Leben mit mehr Buchstaben
andere Geschichten erzählen?
Vielleicht sogar interessantere?
1999 begann mein Labor im Scripps
Research Institut in La Jolla, Kalifornien
an dieser Frage zu arbeiten,
mit dem Ziel, lebende Organismen
aus einer DNA mit
sechs Buchstaben zu bauen,
den vier natürlichen plus
zwei neuen, künstlichen Buchstaben.
So ein Organismus wäre
die erste drastisch veränderte Lebensform.
Er wäre eine halbsynthetische Form,
die mehr Information speichern könnte,
als Leben es je konnte.
Er könnte neue Proteine formen,
Proteine aus mehr als
den üblichen 20 Aminosäuren,
die normalerweise Proteine bilden.
Welche Geschichten könnte
dieses Leben erzählen?
Dank der synthetischen Chemie
und der Molekularbiologie
und etwas unter 20 Jahren Arbeit
bauten wir Bakterien mit
einer DNA aus sechs Buchstaben.
Lassen Sie mich erzählen wie.
Alles, was Sie dafür
vom Bio-Unterricht wissen müssen, ist,
dass die vier natürlichen Buchstaben
zwei Basenpaare bilden.
G paart sich mit C und A mit T.
Um also neue Buchstaben zu finden,
synthetisierten wir
hunderte neue Buchstaben
und überprüften ihre Fähigkeit,
miteinander Paare zu bilden.
Nach etwa 15 Jahren Arbeit
fanden wir zwei, die ein sehr
gutes Paar bildeten,
zumindest im Reagenzglas.
Sie haben komplizierte Namen
nennen wir sie einfach X und Y.
Als nächstes mussten wir einen Weg finden,
X und Y in Zellen zu bringen
und fanden schließlich ein Protein,
das so etwas bei Algen macht,
und auch bei unseren Bakterien wirkt.
Der letzte Schritt war also, zu zeigen,
dass Zellen, die X und Y enthalten,
wachsen, sich teilen und X und Y
in ihrer DNA behalten können.
Alle Entwicklungen bis dahin
dauerten länger als erhofft --
ich bin eigentlich sehr ungeduldig --
aber dieser Schritt, der wichtigste,
klappte schneller, als ich
mir erträumte, eigentlich sofort.
An einem Wochenende im Jahr 2014
züchtete ein Absolvent in meinem Labor
Bakterien mit DNA aus sechs Buchstaben.
Ich stelle sie Ihnen gleich vor.
Hier ist ein Foto von ihnen.
Das sind die ersten
semisynthetischen Organismen.
Bakterien mit einer DNA aus
sechs Buchstaben -- cool, oder?
Manche fragen sich vermutlich
immer noch: „Warum?"
Ich erzähle Ihnen mehr
über unsere Motivation,
sowohl im philosophischen
als auch im praktischen Sinn.
Menschen versuchten schon immer
Leben zu verstehen,
was es vom Nicht-Lebendigen unterscheidet.
Viele sahen Leben als etwas
Vollkommenes an,
was als Beweis für einen
Schöpfer gedeutet wurde.
Lebendige Dinge sind anders,
weil ein Gott ihnen Leben einhauchte.
Andere suchten eine
wissenschaftlichere Erklärung.
Aber sie halten die Moleküle des Lebens
dennoch für etwas Besonderes.
Die Evolution hat sie ja
über Milliarden Jahre optimiert, oder?
Was auch immer Ihre Sichtweise ist,
es erscheint unmöglich,
einfach neue Bausteine einzufügen,
die zusammen mit den natürlichen
Molekülen des Lebens arbeiten,
ohne alles irgendwie zu vermasseln.
Aber wie perfekt erschaffen
oder entwickelt sind wir?
Wie besonders sind
die Moleküle des Lebens?
Es war früher unmöglich,
diese Fragen zu stellen,
da wir Leben mit nichts
vergleichen konnten.
Zum ersten Mal zeigt unsere Arbeit auf,
dass die Moleküle des Lebens
vielleicht nicht so besonders sind.
Vielleicht kann das Leben
noch ganz andere Formen annehmen.
Vielleicht sind wir nicht die einzige,
vielleicht nicht einmal die beste Lösung,
nur eine Lösung.
Das eröffnet grundlegende
Fragen über das Leben,
aber sie könnten esoterisch erscheinen.
Was wäre eine praktische Anwendung?
Wir wollen herausfinden,
welche neuen Geschichten
das Leben mit mehr Vokabular
erzählen könnte
und mit Geschichten meine ich
Proteine einer Zelle,
und deren Funktionen.
Welche neuen Proteine
mit welchen neuen Funktionen
könnten halbsynthetischen Organismen
bilden und vielleicht sogar nutzen?
Wir haben ein paar Ideen.
Wir wollen die Zellen dazu bringen,
Proteine für unseren Nutzen zu bilden.
Proteine werden heute für viele
verschiedene Anwendungen genutzt:
Von schützenden Materialien für Soldaten,
oder zum Aufspüren
von gefährlichen Stoffen,
aber für mich am spannendsten
ist ihre Anwendung
in Protein Medikamenten.
Obwohl sie relativ neu sind,
revolutionierten diese Mittel
bereits die Medizin.
Eines ist zum Beispiel Insulin.
Sie kennen es vermutlich.
Es wird als Medikament verwendet,
das die Behandlung
von Diabetes revolutionierte.
Problematisch ist die aufwendige
Herstellung der Proteine
und die einzig praktische Lösung
sind Zellen, die sie für uns herstellen.
Zellen, die in der Natur vorkommen,
können Proteine nur aus den
natürlichen Aminosäuren bilden
und so sind die
Eigenschaften dieser Proteine
und ihre möglichen Anwendungen
von den natürlichen Eigenschaften
dieser Aminosäuren eingeschränkt,
aus denen die Proteine bestehen.
Das sind sie also,
die 20 natürlichen Aminosäuren,
die sich zu einem Protein verketten
und wie Sie sehen, sind sie
nicht so unterschiedlich.
Sie haben wenige
unterschiedliche Funktionen.
Sie ermöglichen nur wenige
unterschiedlichen Funktionen.
Verglichen dazu sind die Moleküle,
die für Medikamente erzeugt werden,
viel einfacher als Proteine,
aber man baut sie aus einem
viel breiteren Spektrum an Bestandteilen.
Ignorieren wir die molekularen Details.
Sie können sehen,
wie verschieden sie sind.
Ihre Unterschiede machen sie
zu effektiven Medikamenten,
die verschiedene Krankheiten heilen.
Es ist also sehr reizvoll zu überlegen,
welche neuen Medikamente
man entwickeln könnte, wenn Proteine
sich diversifizieren ließen.
Können wir unseren
halbsynthetischen Organismus
zum Bau von Proteinen mit
neuen Aminosäuren bewegen?
Vielleicht Aminosäuren, durch die Proteine
mit gewünschten Eigenschaften
oder Funktionen versehen werden könnten?
Zum Beispiel:
Viele Proteine sind
im menschlichen Körper instabil.
Sie werden sofort abgebaut oder beseitigt
und können keine Wirkung entfalten.
Was wäre, wenn wir Proteine
aus neuen Aminosäuren
mit einem eingebauten Schutz erzeugen,
der sie vor ihrer Umgebung schützt,
und davor, abgebaut
oder beseitigt zu werden,
sodass sie wirksamer wären?
Könnten wir Proteine mit
kleinen Fingern bilden,
die zielgenau nach anderen
Molekülen greifen können?
Viele Moleküle scheiterten
in der Medikamenten-Entwicklung,
da sie nicht zielgerichtet genug waren,
um ihr Ziel im komplexen Umfeld
des menschlichen Körpers zu finden.
Könnten wir diese Moleküle
in neue Aminosäuren einbauen,
die dann innerhalb eines Proteins
an ihr Ziel geführt werden?
Ich gründete die Biotech Firma Synthorx.
Der Name steht für
Synthetischer Organismus.
Mit einem X am Ende, denn so macht
man das in Biotech Unternehmen.
(Gelächter)
Synthorx kooperiert eng mit meinem Labor
und interessiert sich für ein Protein,
das einen bestimmten Rezeptor auf der
Oberfläche menschlicher Zellen erkennt.
Das Problem ist, dass dieses Protein
auch einen anderen Rezeptor
an den selben Zellen erkennt
und das macht es toxisch.
Könnten wir eine Variante erzeugen,
bei dem jener Teil, der mit dem
falschen Rezeptor interagiert,
von einem großen Schirm blockiert wird,
damit das Protein nur mit
dem richtigen Rezeptor interagiert?
Das wäre sehr schwierig,
oder unmöglich mit
den normalen Aminosäuren,
aber nicht mit jenen, die für
diesen Zweck entworfen wurden.
Unsere halbsynthetischen Zellen
zu kleinen Fabriken zu machen,
die bessere Medikamente ermöglichen,
ist nicht die einzige
interessante Anwendung.
Denn die Proteine ermöglichen es
den Zellen, zu tun was sie tun.
Was wäre, wenn wir Zellen hätten,
die Proteine mit neuen Funktionen bilden?
Könnten sie Dinge tun,
die natürliche Zellen nicht können?
Könnten wir etwa halbsynthetische
Organismen entwickeln,
die Krebszellen im menschlichen
Körper aufspüren und,
wenn sie sie gefunden haben,
mit einem Gift abtöten?
Könnten wir Bakterien entwickeln,
die verschiedene Öle abbauen,
vielleicht um Ölteppiche zu beseitigen?
Das sind ein paar Beispiele
für Geschichten,
die das Leben mit einem
größeren Vokabular erzählen könnte.
Das klingt doch gut, oder?
Menschen mit halbsynthetischen
Organismen zu impfen,
Millionen von Litern
unserer Bakterien ins Meer
oder an unseren Lieblingsstrand zu kippen?
Das klingt eigentlich
ziemlich furchterregend.
Dieser Dinosaurier ist furchterregend.
Aber hier ist der Trick:
Unsere halbsynthetischen Organismen
müssen zum Überleben
mit den chemischen Vorstufen
von X und Y gefüttert werden.
X und Y unterscheiden sich stark
von allem, was in der Natur existiert.
Zellen können sie nicht erzeugen.
Wenn wir sie vorbereiten,
und sie im kontrollierten
Laborumfeld züchten,
können wir ihnen dieses
künstliche Futter geben.
Wenn wir sie dann in einem Menschen
oder an einem Strand einsetzen,
wo sie keinen Zugang
zu dem speziellen Futter haben,
können sie eine Weile wachsen,
und vielleicht lang genug überleben,
um eine bestimmte Aufgabe zu erfüllen,
doch dann beginnt das Futter
knapp zu werden.
Sie beginnen zu hungern.
Sie verhungern und verschwinden einfach.
Wir können das Leben also nicht nur
neue Geschichten erzählen lassen,
sondern auch steuern,
wann und wo das geschehen soll.
Zu Beginn dieses Vortrags erzählte
ich Ihnen, dass wir 2014 von der Erzeugung
der halbsynthetischen Organismen
berichteten, die mehr Information,
also X und Y, in ihrer DNA haben.
Aber alle Ziele, über die wir
gerade sprachen,
erfordern, dass Zellen Proteine
mit X und Y bauen,
also begannen wir daran zu arbeiten.
Innerhalb weniger Jahre zeigten wir,
dass Zellen DNA mit X und Y aufnehmen
und sie in die RNA kopieren können.
Und Ende des letzen Jahres zeigten wir,
dass sie X und Y nutzen können,
um Proteine zu bauen.
Hier sind die Stars der Show,
die ersten voll funktionalen
semisynthetischen Organismen.
(Applaus)
Diese Zellen sind grün, weil sie ein
grün-leuchtendes Protein machen.
Mann kennt es von Quallen,
und viele verwenden es
in seiner natürlichen Form,
weil es so leicht zu erkennen ist.
Aber in jedem dieser Proteine
ist eine neue Aminosäure,
mit der die Natur
keine Proteine bilden kann.
Jede lebende Zelle, alles Leben
machte alle seine Proteine
mit den vier genetischen Buchstaben.
Diese Zellen leben, wachsen
und bilden Proteine
mit sechs Buchstaben.
Das ist eine neue Lebensform.
Das ist halbsynthetisches Leben.
Wie sieht also die Zukunft aus?
Mein Labor erweitert bereits
das genetische Alphabet anderer Zellen,
auch von menschlichen Zellen,
und wir werden auch an
komplexeren Organismen arbeiten.
Denken Sie an halbsynthetische Würmer.
Womit ich den Vortrag beenden will,
meine wichtigste Botschaft an Sie ist,
dass die Zeit des halbsynthetischen Lebens
angebrochen ist.
Vielen Dank.
(Applaus)
Chris Anderson: Floyd,
das ist so beeindruckend.
Ich möchte Sie fragen,
was bedeutet Ihre Arbeit
im Hinblick auf mögliches Leben,
zum Beispiel im Universum,
an anderen Orten?
Viele unserer Annahmen darüber
basieren darauf,
dass eine DNA, wie wir sie kennen,
vorhanden sein muss.
Gehen die Möglichkeiten von
sebst-replikativen Molekülen
über die DNA hinaus, und wenn es nur
DNA mit 6 Buchstaben ist?
Floyd Romesberg: Natürlich, das stimmt
und unsere Arbeit hat gezeigt,
dass es immer das Vorurteil gab,
dass wir perfekt und optimiert sind,
dass Gott uns so geschaffen hat,
dass die Evolution uns so optimiert hat.
Unsere künstlichen Moleküle funktionieren
neben den natürlichen.
Und das weist darauf hin,
dass alle Moleküle,
die den physikalischen und chemischen
Grundgesetzen folgen
und die optimierbar sind,
die Funktionen natürlicher
Moleküle ausüben können.
Das ist keine Magie.
Und es zeigt,
dass Leben sich unterschiedlich
entwickeln kann,
vielleicht so wie wir, nur mit anderer DNA
vielleicht auch ohne DNA.
CA: Wie groß, meinen Sie,
ist der Raum der Möglichkeiten?
Können wir das wissen?
Wird es einem DNA Molekül ähneln,
oder kann es etwas anderes sein,
das sich auch replizieren
und möglicherweise lebende
Organismen erzeugen kann?
FR: Ich denke, falls wir
neues Leben finden,
würden wir es vielleicht
gar nicht erkennen.
CA: Die verbissene Suche nach
Goldilocks Planeten
an der perfekten Stelle,
mit Wasser und so weiter
ist vielleicht zu eingeschränkt?
FR: Wenn Sie Leben suchen, mit dem
Sie sprechen können, vielleicht nicht,
aber wenn Sie nur nach irgendeiner
Lebensform suchen,
stimmt, dann schöpfen wir bei weitem
nicht alle Möglichkeiten aus.
CA: Danke für die verblüffenden Einblicke.
Vielen Dank Floyd.
(Applaus)