Ich möchte eine Geschichte erzählen,
von der ich wirklich besessen war,
als ich mein neues Buch geschrieben habe,
und es ist eine Geschichte von etwas,
das vor 3000 Jahren passiert ist
als das Königreich Israel
in den Kinderschuhen steckte.
Und es spielt in einer Gegend,
die Schefela heißt,
dort, wo heute Israel ist.
Und ich war von
dieser Geschichte so besessen,
weil ich dachte, dass ich sie verstanden hatte,
und als ich sie nochmal durchging,
stellte ich fest, dass ich sie
kein bisschen verstanden hatte.
Es gab im alten Palästina,
entlang seiner östlichen Grenze,
eine Gebirgskette.
Das gleiche gilt heute für Israel.
Und in der Gebirgskette befinden sich
all die alten Städte der Region,
also Jerusalem, Bethlehem, Hebron.
Und es gibt zudem eine Küstenebene
entlang des Mittelmeers,
wo heute Tel Aviv ist.
Und mit der Küstenebene
verbindet die Gebirgskette
ein Gebiet namens Schefela,
eine Reihe von Tälern und Kämmen,
die von Osten nach Westen verlaufen,
und man kann die Schefela durchqueren,
um von der Küstenebene
in die Berge zu kommen.
Falls Sie schon mal in Israel waren,
wissen Sie, dass die Schefela
wohl der schönste Teil von Israel ist.
Sie ist umwerfend, mit Eichenwäldern
und Weizenfeldern und Weinbergen.
Noch wichtiger allerdings ist,
dass sie in der Geschichte der Region
eine sehr strategische Funktion erfüllt hat,
und zwar war sie der Weg,
über den feindliche Armeen
in der Küstenebene ihren Weg
in die Berge fanden und die bedrohten,
die in den Bergen lebten.
Und vor 3000 Jahren
ist genau das passiert.
Die Philister, die größten Feinde
des Königreiches Israel,
leben in der Küstenebene.
Sie kommen ursprünglich aus Kreta.
Sie sind ein seefahrendes Volk.
Und vielleicht beginnen sie, sich ihren Weg
durch eins der Täler des Schefela
hoch in die Berge zu bahnen,
weil sie das Hochlandgebiet
bei Betlehem einnehmen möchten,
und das Königreich Israel in zwei teilen.
Und das Königreich Israel,
das von König Saul geführt wird,
bekommt davon natürlich Wind,
und Saul führt seine Armee
aus den Bergen hinunter
und konfrontiert die Philister im Tal Elah,
einem der schönsten Täler der Schefela.
Und die Israeliten verschanzen sich
entlang des Nordkamms
und die Philister verschanzen sich
entlang des Südkamms
und die zwei Armeen sitzen dort wochenlang
und starren einander an,
weil sie festgefahren sind.
Sie können weder den anderen attackieren,
denn um die andere Seite zu attackieren,
muss man vom Berg runter ins Tal gehen
und dann auf der anderen Seite wieder hoch
und man ist vollkommen ungeschützt.
Schlussendlich,
um die verfahrene Lage zu überwinden,
schicken die Philister
ihren mächtigsten Krieger
in die Talebene, und er ruft laut
zu den Israeliten hinauf:
"Schickt euren mächtigsten Krieger herunter,
und wir werden dies
unter uns zweien ausfechten",
Das war eine Tradition in alter Kriegsführung,
die man Einzelkampf nannte.
Es war ein Weg, Streitigkeiten beizulegen
ohne das Blutvergießen
einer großen Schlacht zu erleiden.
Und der Philister,
der hinuntergeschickt wurde,
ihr mächtiger Krieger, ist ein Riese.
Er ist 2,10 Meter groß.
Er ist von oben bis unten
mit einer glänzenden Bronzerüstung ausgestattet,
und er hat ein Schwert und er hat einen Speer
und er hat seine Lanze.
Er ist absolut furchterregend.
Und er ist so furchterregend, dass keiner
der israelischen Soldaten gegen ihn antreten will.
Es ist Selbstmord, oder? Sie glauben,
sie können es auf keinen Fall mit ihm aufnehmen.
Und letztendlich
ist die einzige Person, die hervortritt,
ein junger Hirte,
und er geht auf Saul zu und sagt:
"Ich werde gegen ihn kämpfen."
Und Saul sagt: "Du kannst nicht
gegen ihn kämpfen. Das ist lächerlich.
Du bist ein Kind.
Dort ist der mächtige Krieger."
Aber der Hirte ist hartnäckig.
Er sagt: "Nein, nein, nein,
Ihr versteht nicht.
Ich habe meine Herde jahrelang
gegen Löwen und Wölfe verteidigt.
Ich kriege das hin."
Und Saul hatte keine Wahl.
Es gab nur den Freiwilligen.
Also sagte her: "Also schön."
Und er sagt zu dem Jungen:
"Aber du musst diese Rüstung tragen.
Du kannst nicht so dorthin gehen."
Er versuchte, dem Hirten
seine Rüstung zu geben,
aber der Hirte sagt: "Nein."
Er sagt: "Ich kann dieses Zeug nicht tragen."
Der biblische Vers sagt: "Ich kann dies
nicht tragen, da ich es nicht erprobt habe",
was bedeuten soll: "Ich habe noch nie
eine Rüstung getragen. Du bist wohl verrückt."
Stattdessen greift er zu Boden
und hebt fünf Steine auf
und packt sie in seine Hirtentasche
und beginnt, den Berghang hinab zu laufen,
um dem Riesen zu begegnen.
Und der Riese sieht
die Gestalt näher kommen,
und ruft: "Komm zu mir,
sodass ich dein Fleisch an die
Vögel der Lüfte und Tiere
des Feldes verfüttern kann".
Er spricht mit diesem gewissen Spott
gegen diese Person, die kommt,
um gegen ihn zu kämpfen.
Und der Hirte kommt näher und näher,
und der Riese sieht,
dass er einen Stab trägt.
Mehr hat er nicht.
Statt einer Waffe nur dieser Hirtenstab,
und er sagt – er ist beleidigt –
"Bin ich ein Hund, dass du
zu mir mit Stöcken kommst?"
Und der Hirtenjunge nimmt einen
seiner Steine aus der Tasche,
legt ihn in seine Schleuder,
spannt sie und lässt ihn fliegen
und er trifft den Riesen
genau zwischen die Augen –
genau hier, am verwundbarsten Ort –
und dieser fällt um,
entweder tot oder bewusstlos
und der Hirtenjunge rennt zu ihm
und nimmt sein Schwert
und hackt seinen Kopf ab,
und die Philister sehen dies und
sie drehen sich um und rennen einfach davon.
Und natürlich,
der Name des Riesen ist Goliath
und der Name des Hirten ist David,
und ich war
von dieser Geschichte so besessen,
während ich mein Buch schrieb,
weil alles, was ich über
die Geschichte zu wissen glaubte,
sich als falsch herausstellte.
Also David, in der Geschichte,
soll der Unterlegene sein, oder?
Genau genommen gibt es
den Ausdruck 'David und Goliath'
in unserer Sprache als eine Metapher für
unwahrscheinliche Siege
von einer schwächeren Seite
über jemand viel stärkeren.
Also, warum nennen wir
David einen Unterlegenen?
Nun, wir nennen ihn einen Unterlegenen,
weil er ein Kind ist,
ein kleines Kind, und Goliath
ist ein großer, starker Riese.
Wir nennen ihn auch einen Unterlegenen,
weil Goliath ein erfahrener Kämpfer ist,
und David nur ein Hirte.
Was aber am wichtigsten ist:
Wir nennen ihn einen Unterlegenen,
weil alles, was er hat –
Goliath ist ja mit all
diesen modernen Waffen ausgestattet,
dieser glänzenden Rüstung
und einem Schwert und
einem Speer und einer Lanze,
und David hat nur eine Schleuder.
Beginnen wir mit dem Satz:
"Alles was David hat, ist eine Schleuder",
denn das ist unser erster Fehler.
In antiker Kriegsführung gibt es
drei Arten von Kriegern.
Es gibt die Kavallerie,
Männer auf Pferden und mit Streitwagen.
Es gibt schwere Infanterie,
das sind Fußsoldaten,
bewaffnete Fußsoldaten
mit Schwerten und Schilden
und einer Art Rüstung.
Und es gibt Artillerie,
das sind die Bogenschützen,
aber, noch wichtiger, die Schleuderer.
Und ein Schleuderer ist jemand,
der einen Lederbeutel hat
mit zwei daran hängenden Schnüren,
und er legt ein Projektil,
einen Stein oder eine Bleikugel,
in den Sack, wirbelt es so herum
und lässt eine der Schnüre los,
und als Resultat wird das Projektil vorwärts
Richtung Ziel geschleudert.
Genau das hat David,
und es ist wichtig zu verstehen,
dass diese Schleuder kein Kinderkram ist.
Das ist es nicht, oder?
Es ist kein Spielzeug.
Tatsächlich ist es eine verheerende Waffe.
Als David sie so herumdreht,
dreht er die Schleuder wahrscheinlich
bei sechs oder sieben
Umdrehungen pro Sekunde
und das bedeutet, dass der Stein,
wenn er losgelassen wird,
sehr schnell vorwärts fliegt,
wahrscheinlich 35 Meter pro Sekunde.
Das ist wesentlich schneller
als ein Baseball,
selbst wenn er von einem der
besten Werfer geworfen wird.
Das ist noch nicht alles,
denn die Steine im Tal Elah
waren keine normalen Steine.
Sie waren Bariumsulfate,
also Steine, die die zweifache Dichte
von normalen Steinen haben.
Wenn man die Ballistik vom Bremsvermögen
des von Davids Schleuder
geschleuderten Steins berechnet,
ist die ungefähr gleich zum Bremsvermögen
einer .45 Kaliber Handfeuerwaffe.
Dies ist eine unglaublich verheerende Waffe.
Treffsicherheit: Wir wissen
aus historischen Belegen,
dass erfahrene Schleuderer
ein Ziel in einer Distanz
von bis zu 200 Meter verletzen
oder sogar töten konnten.
Von mittelalterlichen Wandteppichen
wissen wir, dass Schleuderer
imstande waren, fliegende Vögel zu treffen.
Sie waren unglaublich treffsicher.
Wenn David sich aufstellt –
keine 200 Meter von Goliath entfernt,
er ist recht nah an Goliath dran –
als er sich aufstellt und
das Ding auf Goliath schießt,
hat er die Absicht und Erwartung,
Goliath an seinem verwundbarsten Ort zu treffen,
zwischen seinen Augen.
Wenn man in der Geschichte
antiker Kriegsführung zurückblickt,
findet man wieder und wieder,
dass Schleuderer
in den verschiedensten Schlachten
der entscheidende Faktor
gegen Infanterie waren.
Also was ist Goliath?
Er ist schwere Infanterie
und seine Erwartung, als er
die Israeliten zum Duell fordert,
ist, dass er gegen einen anderen
schweren Infanteristen kämpfen wird.
Als er sagt: "Komm zu mir,
sodass ich dein Fleisch an die
Vögel der Lüfte und Tiere
des Feldes verfüttern kann!",
ist der Kernsatz "Komm zu mir."
Komm zu mir, denn wir werden kämpfen,
in einem Handgemenge.
Saul hat die gleichen Erwartungen.
David sagt: "Ich möchte
gegen Goliath kämpfen",
und Saul versucht ihm,
seine Rüstung zu geben,
denn Saul denkt:
"Oh, wenn man 'kämpfen' sagt,
meint man ein Handgemenge,
Infanterie gegen Infanterie."
Aber David hat absolut keine Erwartung.
Er wird nicht in dieser Weise
gegen ihn kämpfen. Warum auch?
Er ist ein Hirte. Er hat seinen
ganzen Berufsweg über
eine Schleuder benutzt, um seine Herde
gegen Löwen und Wölfe zu verteidigen.
Dort liegen seine Stärken.
Nun ist er hier, dieser Hirte, erfahren
im Gebrauch einer verheerenden Waffe
gegen diesen schwerfälligen Riesen,
der von von einer Hundert Pfund
schweren Rüstung niedergedrückt wird
und diesen unglaublich schweren Waffen,
die nur im Nahkampf nützlich sind.
Goliath ist leichte Beute.
Er hat keine Chance.
Warum nennen wir David
also den Unterlegenen
und warum nennen wir
seinen Sieg unwahrscheinlich?
Es gibt einen zweiten Teil, der wichtig ist.
Wir verstehen nicht nur David
und seine Waffenwahl falsch.
Zudem missverstehen wir Goliath zutiefst.
Goliath ist nicht der,
der er zu sein scheint.
Es gibt alle möglichen Hinweise
im biblischen Text,
Dinge, die rückblickend recht verwirrend sind
und nicht mit dem Image
des mächtigen Kriegers übereinstimmen.
Nun, zunächst einmal
sagt die Bibel, dass Goliath
von einem Begleiter in die Talebene geführt wird.
Das ist komisch, oder?
Da haben wir einen mächtigen Krieger,
der die Israeliten zu einem
Eins-zu-Eins-Kampf auffordert.
Warum wird er von einem
vermutlichen jungen Knaben
an der Hand
zum Ort des Kampfes geführt?
Zum Zweiten weist die Bibel-Geschichte
speziell darauf hin,
wie langsam Goliath sich bewegt,
eine andere komische Sache
zu erwähnen, wenn man
den bis dahin mächtigsten Krieger
aller Zeiten beschreibt.
Und dann gibt es noch
diese ganze komische Sache,
wie lang es dauert, bis Goliath
auf den Anblick von David reagiert.
Also kommt David den Berg hinunter
und er bereitet sich offensichtlich
nicht auf einen Eins-zu-Eins-Kampf vor.
Nichts an ihm sagt:
"Ich werde gleich so gegen dich kämpfen."
Er trägt noch nicht einmal ein Schwert.
Warum reagiert Goliath darauf nicht?
Als wäre er sich gar nicht bewusst,
was an diesem Tag passiert.
Und dann äußert er einen komischen
Kommentar gegenüber David:
"Bin ich ein Hund,
dass du mit Stöcken zu mir kommst?"
Stöcke? David hat nur einen Stock.
Nun, wie sich gezeigt hat,
gab es in medizinischen Kreisen
über die Jahre eine ganze Reihe
von Spekulationen
darüber, ob etwas
grundsätzlich nicht stimmt mit Goliath,
ein Versuch, diesen offensichtlichen Anomalien
einen Sinn zu geben.
Viele Artikel wurden geschrieben.
Der erste war 1960 im Indiana Medical Journal,
und das hat eine Reihe
von Spekulationen losgetreten,
die mit einer Erklärung
für Goliaths Größe beginnt.
Also Goliath ist um Längen größer
als seinesgleichen zu der Zeit,
und normalerweise
gibt es eine Erklärung dafür,
wenn jemand so weit außerhalb der Norm ist.
Die häufigste Form von Gigantismus
ist ein Leiden, das Akromegalie heißt,
und Akromegalie wird
durch einen gutartigen Tumor
an der Hirnanhangdrüse verursacht,
der eine Überproduktion
von Wachstumshormonen verursacht.
Und in der ganzen Geschichte
hatten viele dieser berühmten
Riesen Akromegalie.
Der größte Mann aller Zeiten
war ein Mann namens Robert Wadlow,
der noch immer wuchs,
als er mit 24 Jahren verstarb
und er war 2,47 Meter groß.
Er litt an Akromegalie.
Erinnern Sie sich an
den Wrestler André der Gigant?
Berühmt. Er litt an Akromegalie.
Es wird sogar spekuliert,
ob Abraham Lincoln an Akromegalie litt.
Für jeden, der ungewöhnlich groß ist,
ist das die erste Erklärung,
die wir uns einfallen lassen.
Und Akromegalie hat sehr
ausgesprägte
Begleiterscheinungen,
die vorwiegend
mit dem Sehvermögen zu tun haben.
Wenn er wächst,
fängt der schleimabsondernde Tumor oft an,
die visuellen Nerven
im Gehirn zusammenzudrücken,
mit der Folge, dass Menschen mit Akromegalie
entweder doppelt sehen
oder sehr kurzsichtig sind.
Als Menschen zu spekulieren begannen,
was mit Goliath verkehrt gewesen sein könnte,
sagten sie: "Moment mal,
er sieht aus und hört sich
ziemlich stark an wie jemand,
der Akromegalie hat."
Und das würde auch vieles erklären,
was an seinem Verhalten
an dem Tag komisch gewesen ist.
Warum bewegt er sich so langsam
und warum muss er von einem Begleiter bis
runter in die Talebene begleitet werden?
Weil er den Weg nicht
alleine zurücklegen kann.
Warum ist er merkwürdig
blind gegenüber David,
dass er bis zum letzten Moment
nicht versteht,
dass David nicht gegen ihn kämpfen wird?
Weil er ihn nicht sieht.
Als er sagt: "Komm zu mir,
damit ich dein Fleisch an die
Vögel der Lüfte und Tiere
des Feldes verfüttern kann!",
ist der Satz "Komm zu mir"
ein Hinweis auf seine Verletzlichkeit.
Komm zu mir, weil ich
dich nicht sehen kann.
Und dann gibt es auch noch "Bin ich ein Hund,
dass du mit Stöcken zu mir kommst?"
Er sieht zwei Stöcke,
obwohl David nur einen hat.
Nun haben die Israelis
oben auf dem Bergkamm,
die auf ihn herunterschauten,
gedacht, dass er
ein außergewöhnlich starker Feind wäre.
Sie verstanden nicht, dass
genau der Grund für seine
offensichtliche Stärke
auch der Grund für
seine größte Schwäche war.
Und ich denke, dass darin eine
sehr wichtige Lektion für uns alle steckt.
Riesen sind nicht so stark
und kräftig, wie sie aussehen.
Und manchmal hat der Hirtenjunge
eine Schleuder in seiner Tasche.
Danke.
(Applaus)