WEBVTT 00:00:06.833 --> 00:00:08.725 "Einige werden hoch geboren, 00:00:08.725 --> 00:00:10.620 einige erwerben Hoheit, 00:00:10.620 --> 00:00:15.711 und einigen wird sie zugeworfen", schrieb William Shakespeare. 00:00:15.711 --> 00:00:17.301 Oder doch nicht? 00:00:17.301 --> 00:00:21.969 Einige Menschen bezweifeln, ob Shakespeare wirklich das schrieb, 00:00:21.969 --> 00:00:24.889 was seinen Namen trägt, oder ob er überhaupt existierte. 00:00:24.889 --> 00:00:28.809 Sie glauben, dass Shakespeare das Pseudonym eines anderen Autors war, 00:00:28.809 --> 00:00:30.236 oder mehrerer Autoren. 00:00:30.236 --> 00:00:32.438 Mögliche Kandidaten für den wahren Shakespeare 00:00:32.438 --> 00:00:37.945 sind andere bekannte Autoren, Politiker und einige berühmte Frauen. 00:00:37.945 --> 00:00:41.436 Könnte es sein, dass der größte Schriftsteller der englischen Sprache 00:00:41.436 --> 00:00:44.031 so fiktiv war wie seine Stücke? 00:00:44.941 --> 00:00:47.867 Die meisten Shakespeare-Experten weisen diese Theorien 00:00:47.867 --> 00:00:51.439 wegen historischen und biografischen Beweisen zurück. 00:00:51.439 --> 00:00:55.514 Aber es gibt eine andere Möglichkeit, um zu prüfen, ob seine berühmten Zeilen 00:00:55.514 --> 00:00:58.500 tatsächlich von jemand anderem verfasst wurden. 00:00:58.500 --> 00:01:00.689 Linguistik, also Sprachwissenschaft, 00:01:00.689 --> 00:01:04.090 kann uns viel darüber sagen, wie wir sprechen und schreiben, 00:01:04.090 --> 00:01:09.585 indem sie Syntax, Grammatik, Semantik und den Wortschatz untersucht. 00:01:09.585 --> 00:01:11.416 Im späten 19. Jahrhundert 00:01:11.416 --> 00:01:15.447 entwickelte ein polnischer Philosoph namens Wincenty Lutosławski 00:01:15.447 --> 00:01:18.226 eine Methode, Stilometrie genannt, 00:01:18.226 --> 00:01:23.428 in der er dieses Wissen anwendete, um einen literarischen Autor zu beweisen. 00:01:23.428 --> 00:01:25.395 Aber wie funktioniert Stilometrie? 00:01:25.395 --> 00:01:29.279 Man geht davon aus, dass der Stil eines Autors spezielle Merkmale hat, 00:01:29.279 --> 00:01:33.613 die sich in seinen Werken kaum ändern. 00:01:33.613 --> 00:01:37.094 Merkmale wie die durchschnittliche Satzlänge, 00:01:37.094 --> 00:01:38.953 die Anordnung der Wörter, 00:01:38.953 --> 00:01:42.487 und auch wie oft ein Wort vorkommt. 00:01:42.487 --> 00:01:47.566 Schauen wir uns das Wort "thee" [dich] an und veranschaulichen es auf einer Achse. 00:01:47.566 --> 00:01:50.844 Jedes von Shakespeares Werken kann auf dieser Achse platziert werden, 00:01:50.844 --> 00:01:54.668 wie ein Datenpunkt, basierend darauf, wie oft das Wort vorkommt. 00:01:54.668 --> 00:01:59.635 Die Dichte dieser Punkte gibt uns die Varianz, 00:01:59.635 --> 00:02:02.498 den erwarteten Bereich unserer Daten. 00:02:02.498 --> 00:02:07.995 Aber dies ist nur ein einziges Merkmal in einem mehrdimensionalen Raum. 00:02:07.995 --> 00:02:11.340 Mit einem strukturierenden Verfahren, der Hauptkomponentenanalyse, 00:02:11.340 --> 00:02:16.131 können wir diesen multidimensionalen Raum auf die wesentlichen Bestandteile bringen, 00:02:16.131 --> 00:02:19.905 welche insgesamt die Varianz in Shakespeares Werken messen. 00:02:19.905 --> 00:02:22.396 Dann kann man die Werke der Kandidaten 00:02:22.396 --> 00:02:24.867 gegen die wesentlichen Bestandteile testen. 00:02:24.867 --> 00:02:26.055 Zum Beispiel, 00:02:26.055 --> 00:02:30.394 wenn viele Werke von Francis Bacon in die Varianz von Shakespeare fallen, 00:02:30.394 --> 00:02:32.263 kann es sehr gut sein, 00:02:32.263 --> 00:02:37.045 dass Francis Bacon und Shakespeare tatsächlich dieselbe Person waren. 00:02:37.045 --> 00:02:39.161 Was zeigen die Ergebnisse? 00:02:39.161 --> 00:02:42.477 Die Stilometriker, die dies erforschten, kamen zu dem Schluss, 00:02:42.477 --> 00:02:46.557 dass Shakespeare kein anderer als Shakespeare selbst ist. 00:02:46.557 --> 00:02:49.191 Der Barde ist der Barde. 00:02:49.191 --> 00:02:51.370 Das Werk der möglichen Kandidaten 00:02:51.370 --> 00:02:54.370 passt einfach nicht zu Shakespeares unverkennbarem Stil. 00:02:54.370 --> 00:02:57.642 Dennoch fanden unsere kühnen Statistiker 00:02:57.642 --> 00:03:00.884 handfeste Beweise für Zusammenarbeit. 00:03:00.884 --> 00:03:03.138 Zum Beispiel fand eine neue Studie heraus, 00:03:03.138 --> 00:03:06.976 dass Shakespeare zusammen mit dem Autor Christopher Marlowe 00:03:06.976 --> 00:03:10.624 an "Heinrich VI." Teil 1 und 2 arbeitete. 00:03:10.624 --> 00:03:13.352 Shakespeares Identität ist nur eines der vielen Probleme, 00:03:13.352 --> 00:03:15.642 die mit Stilometrie gelöst werden können. 00:03:15.642 --> 00:03:18.628 Sie hilft uns herauszufinden, wann ein Werk geschrieben wurde, 00:03:18.628 --> 00:03:21.040 ob ein historischer Text eine Fälschung ist, 00:03:21.040 --> 00:03:23.685 ob ein Student ein Plagiat begangen hat, 00:03:23.685 --> 00:03:29.020 oder ob die E-Mail, die du gerade erhalten hast, wichtig oder nur Spam ist. 00:03:29.020 --> 00:03:31.551 Aber wird dadurch Shakespeares zeitlose Dichtkunst 00:03:31.551 --> 00:03:34.475 bloß auf Zahlen und Statistiken reduziert? 00:03:34.475 --> 00:03:35.885 Nicht ganz. 00:03:35.885 --> 00:03:37.900 Die stilistische Analyse zeigt, 00:03:37.900 --> 00:03:40.900 was Shakespeares Werke linguistisch besonders macht, 00:03:40.900 --> 00:03:45.525 aber sie erklärt nicht die Schönheit der Gefühle und Emotionen, die sie bedeuten, 00:03:45.525 --> 00:03:48.509 oder warum sie uns so berühren. 00:03:48.509 --> 00:03:50.826 Zumindest noch nicht.