Hier ist Game Maker's Toolkit. Ich heiße Mark Brown.
Wenn es ein Spiel gibt, welches ich mehr als alle anderen gespielt habe, ist es Spelunky: ein bösartig schwerer
Platformer, der den Reiz von Sidescrollern wie Mario und Castlevania übernimmt, aber einem
die Fähigkeit entzieht, den Levelaufbau und die Position von Gegnern auswendig zu lernen, indem es die Karte bei jedem
Tod neu gestaltet.
Aber das Besondere an Spelunky ist, dass die Level immer fair und spaßig sind, obwohl
sie zufällig zusammengeflickt sind. Selbst nach 1000-mal spielen bin ich ich nie
auf einen dämlichen Level gestoßen.
Sie fühlen sich einfach nicht wie das Ergebnis eines Programmablaufs an, was in manchen Spielen Level
ausspuckt, die chaotisch, unübersichtlich und voller Sackgassen sind. In Spelunky sind diese prozedural
erstellten Level so gerissen und zufriedenstellend wie solche aus handgemachten Spielen.
Und das liegt daran, dass der Schöpfer Derek Yu die perfekte Harmonie aus zufälligen und auferlegten Anteilen
getroffen hat.
Wie er das fertigbekommen hat, erklärt er in seinem neuen Buch mit dem Titel "Spelunky", welches ich dringend jedem empfehle,
der an Design interessiert ist. Aber während Ihr darauf wartet, dass es in der Post liegt, nehme ich mir
einige Infos aus dem Buch heraus und erkläre, wie ein Spelunky-Level halb errechnet und halb designt wird.
Und dann schauen wir, warum es für das Spiel so wichtig war, über einen endlosen Vorrat einmaliger
Level zu verfügen.
Allerdings müssen wir zuerst zum Anfang zurückblicken. Denn obwohl Ihr bei Spelunky vielleicht
an diese Bilder hier denkt, hat es eigentlich als kostenloses Pixel-Spiel angefangen, welches
jetzt Spelunky Classic heißt.
Also: jeder Level in Spelunky wird durch ein Skript erstellt, welches mit der selben Form und
Größe beginnt: 16 Räume in einem rechteckigen 4x4-Gitter.
Als erstes wird ein zufälliger Raum aus der ersten Reihe ausgewählt, der als Eingang
festgelegt wird.
Dann platziert der Algorithmus zufällig einen Raum links, rechts oder unterhalb davon. Dieser Vorgang
wird Raum für Raum wiederholt. Und wenn der Weg den Rand vom Level erreicht, führt er ebenfalls
nach unten, bis er auf der untersten Ebene ankommt. Beim Versuch, noch einen Raum darunterzusetzen, wird ein Ausgang
erstellt.
Jeder Raum auf diesem Hauptpfad hat links und rechts Durchgänge, aber wo der
Weg nach unten führt, hat der Raum einen Durchgang nach unten, während dem Zielraum ein Durchgang nach
oben hinzugefügt wird.
Dadurch erhält man in jedem Fall einen Weg durch den Level, den man immer ohne
Seile oder Bomben zu benutzen durchqueren kann. Die anderen Räume sind abseits des kritischen Pfads,
also können diese je nach Design offen oder auch abgesperrt sein.
Als nächstes wird jedem Raum ein Grundriss zugewiesen. Derek Yu hat eine Palette an Räumen selbst entworfen,
verschiedene Layouts für Räume, in denen man hinabsteigt, in denen man landet, Gänge, durch die
man durchläuft, und Räume, die nicht auf dem kritischen Pfad liegen.
Aber diese Grundrisse sind nicht in Stein gemeißelt, und teilweise werden sie zufällig erstellt.
Manchmal werden ganze Erdbrocken nach Zufallsprinzip aufgeklatscht. Das bedeutet, auch wenn einem
einige Strukturen bekannt vorkommen, haben diese immer ihre persönlichen Eigenheiten.
Als nächstes durchläuft das Skript jedes Feld der Karte und wirft einen Würfel, um zu entscheiden, ob dort
ein Monster, ein Schatz oder ein anderes Objekt platziert werden soll. Auch das ist kein reiner Zufall: Edelsteine
und Kisten tauchen mit höherer Wahrscheinlichkeit in von Wänden umringten Feldern auf und Gegner erscheinen üblicherweise nicht
in engen Bereichen. Dabei wird alles gewichtet, sodass ein Level nicht vor Feuerfröschen oder
Kisten mit Jetpacks strotzt.
Derek Yu beschreibt seinen Levelentwurf-Algorithmus folgendermaßen: "Die Methode erschafft nicht die
realitätsgetreuesten Höhlen aller Zeiten und Spieler werden schnell anfangen, bestimmte
Bauwerke wiederzuerkennen und vielleicht sogar bemerken, dass die Level auf einem Gitter erstellt werden. Aber mit genügend
Grundrissen und zufälligen Abwandlungen ist trotzdem eine große Vielfalt möglich. Wichtiger noch,
sie erstellt kurzweilige und fesselnde Level, in denen der Spieler nicht hängenbleibt. Das ist
viel wertvoller als Realismus, wenn es ums Gestalten einer lebensechten Erfahrung geht.
Natürlich ist das nicht alles bei einem Spelunky-Level. Die Räume abseits des kritischen Pfads
können goldene Statuetten enthalten, die eine Felsbrockenfalle auslösen, oder einen Opferaltar, an dem man Personen
gegen hilfreiche Gegenstände tauschen kann.
Ein Raum kann auch ein Laden sein, in dem man Gegenstände kaufen oder auch klauen kann. "Das Problem, alle Items,
die man will, zu kaufen und die Auswirkungen auf die Punktzahl" - die Endwertung basiert auf
der Menge Beute, die man gemacht hat - "führt einen stark in Versuchung, etwas aus dem Laden zu stehlen", meint Yu.
Wenn man wirklich etwas mitgehen lässt, versucht der Ladenbesitzer nicht nur, einen mit der Schrotflinte umzubringen,
sondern schickt seine Kumpel ans Ende jedes Levels in diesem Durchgang, die einen in
blinder, ungeahnter Wut angreifen.
In jedem Level gibt es außerdem eine Jungfrau in Nöten, die einem einen zusätzlichen Lebenspunkt verschafft.
Während Gesundheitsitems in anderen Spielen - ob Pilz, Putenschenkel oder Pizza -
sofort Wirkung zeigen, wird man in Spelunky gezwungen, das Mädchen zum Ausgang zu tragen. Das führt zu verzwickten
Situationen, in denen man mehrere Gegenstände durch ein tückisches Labyrinth schleppen muss.
Und schließlich gibt es noch den Geist. Bleibt man zu lange in einem Level, erscheint ein Gespenst
und tötet einen mit einer Berührung sofort.
All diese Extras, die absolut manuell angelegt, aber über die prozedural erstellten
Welten verstreut wurden, drehen sich um Entscheidungen und ums Abwägen aller Möglichkeiten. Derek Yu sagt: "Ich wollte
[den Spieler] zu schwierigen Entscheidungen zwingen und ihm die Genugtuung einer richtigen
wie auch das Bedauern über eine falsche Entscheidung nahebringen."
Opfert man also ein paar Punkte für einen Gegenstand aus dem Laden? Oder raubt man ihn einfach aus und
wird mit den Konsequenzen fertig? Riskiert man, das Mädchen hier hinunterzuwerfen oder lässt man die Schrotflinte
zurück? Schnappt man sich die goldene Statue und riskiert, von einem Felsen zerquetscht zu werden? Und kriegt man
diese Edelsteine noch bevor der Geist erscheint?
Diese Entscheidungen fielen einem viel leichter, wenn man den Level schon mal gespielt
hätte und den richtigen Weg kennen würde oder die direkten Folgen vorhersehen könnte, wenn man
die Goldstatue packt. Aber da man nie weiß, wie der Level aufgebaut ist, zwingt einen das Spiel,
die Umstände zu erfassen und einen Plan zu entwickeln, bevor alles ordentlich schiefgeht.
Umso unangenehmer ist es, zu wissen, dass man ganz an den Anfang des Spiels zurückgeschickt
wird und ganz neue Level in Angriff nehmen muss. Es geht um Alles oder Nichts in diesem Spiel.
Dass man keine einzelnen Stufen des Spiels bewältigen kann heißt zudem, dass man stattdessen die Mechaniken beherrschen
muss. Man muss die abstruse Physik der Sprünge und die winzige Reichweite der
Peitsche begreifen. Man muss die besonderen Eigenschaften jedes Gegners lernen, sodass man vohersagen kann, was
passiert, wenn man ihre Welt betritt. Und man muss etwas über die Gegenstände,
die Geheimnisse und über die Tricks erfahren, mit denen man länger überlebt.
Spelunky beweist, dass ein Programm nicht notwendigerweise leblose Level erzeugt: ein Gleichgewicht
aus handgemachten und zufälligen Teilen kann zu erfreulichen Leveln führen. Und da es unmöglich ist,
Level auswendig zu lernen - entweder nachdem man stirbt oder wenn man das Spiel zum zweiten oder tausendsten mal spielt -
ermuntert einen dieses Spiel, die zugrundeliegenden Mechaniken zu erlernen und die Situation genau zu
erfassen, bevor man schwerwiegende Entscheidungen trifft.
Vielen lieben Dank fürs Zuschauen.
Spelunky ist eines meiner absoluten Lieblingsspiele, deshalb ist es toll, mal nur einen
Aspekt zu vertiefen, der es so besonders macht.
Zweifelsohne werde ich auch noch andere Elemente beleuchten - wie zum Beispiel das selbsttätige Gameplay und die verrückten
Geheimnisse - in kommenden Videos.
Wenn Ihr dieses Programm unterstützen wollt, abonniert vielleicht den Youtube-Kanal, um neue
Folgen direkt in eurem Postfach zu erhalten, oder spendiert sogar ein paar Dollar pro Folge bei Patreon,
so wie diese höchstrangigen Abonnenten.