(Musik) Ich bin Geoff Pynn und unterrichte an der Northern Illinois University. Dies ist eine Einführung in das "Kritische Denken". In dieser Lektion sprechen wir über drei Dinge: Erstens: was ist "Kritisches Denken"? Zweitens: Was ist ein Argument? Drittens: was ist der Unterschied zwischen deduktiven und ampliativen Argumenten? Was ist kritisches Denken? Beim Kritischen Denken geht es darum, sicher zu stellen, dass man gute Gründe dafür hat, an etwas zu glauben. Was bedeutet das genau? Stell dir vor, du und eine Freundin reden darüber wer heute zur Party kommt. Sie sagt voller Überzeugung: "Monty wird nicht an der Party sein" Du weisst nicht genau, ob du ihr glauben sollst. Also fragst du sie: "Wieso glaubst du das?" Es gibt vieles was sie entgegnen könnte. Wir werden über drei mögliche Antworten sprechen. Sie könnte sagen: "Ich mag ihn nicht! und ich möchte einen schönen Abend haben!" Sie könnte auch sagen: "Er ist sehr schüchtern und geht selten an Parties." Drittens könnte sie sagen: "Er befindet sich in Beijing. Es ist unmöglich, dass er es rechtzeitig hierher schafft." Die erste Antwort gibt dir keinen Grund zu glauben, dass Monty nicht da sein wird. Die zweite Antwort gibt dir Grund zu glauben, dass Monty nicht da sein wird. Wenn er schüchtern ist und selten ausgeht dann ist es wahrscheinlich, dass er heute nicht kommt Genauso gibt dir die dritte Antwort gute Gründe, zu glauben, dass er nicht kommen wird. Befindet er sich noch in Beijing und ist es unmöglich bis hierher zu gelangen, dann ist es garantiert, dass er nicht an der Party sein wird. Wenn du dir solche Gedanken machst und zwischen guten und schlechten Gründen für einen Glauben unterscheidest dann betreibst du kritisches Denken. Also sorgt kritisches Denken dafür, gute Gründe für unsere Glauben zu finden. Durch kritisches Denken können wir gute Gründe für einen Glauben von schlechten Gründen für einen Glauben unterscheiden. Ich verwende den Begriff "gut" in diesem Kontext nicht in einem moralischen oder ethischen Sinn. Es ist also nicht moralisch korrekt oder falsch, etwas aus guten Gründen zu glauben. Ebenfalls ist es nicht moralisch falsch, einen Glauben auf schlechte Gründe abzustützen. Der Begriff "gut" bezieht sich in diesem Kontext auf Wahrheit. Ein guter Grund für einen Glauben ist ein Grund, der es wahrscheinlich macht, dass der Glaube auch tatsächlich wahr ist. Der best mögliche Grund für einen Glauben macht diesen gewiss oder garantiert ihn. Weshalb ist dies von Bedeutung? Kritisches Denken ist wichtig, weil wir rationale Wesen sind, die wollen, dass ihr Glaube wahr ist. Rationale Menschen streben nach Wahrheit und meiden es, Falsches zu glauben. Und die beste Möglichkeit hierzu ist es, etwas nur dann zu glauben, wenn sich gute Gründe finden lassen. Dies bringt und zu unserer zweiten Frage: Was ist ein Argument? Ein Argument besteht aus Aussagen, die gemeinsame eine Begründung für eine weitere Aussage bilden. Zum Beispiel bilden die beiden Aussagen "Monty ist sehr schüchtern" und "Monty geht selten an Parties." eine Begründung dafür, nicht zu glauben, dass Monty an der Party sein wird. Die Aussagen, die die Begründung bilden nennen wir die Prämissen. "Monty ist sehr schüchtern" ist Prämisse 1. "Monty geht selten an Parties" ist Prämisse 2. Und die Aussage, die diese Prämissen stützen nennen wir die Konklusion oder Schlussfolgerung. In einer guten Argumentation geben die Prämissen gute Gründe, an die Wahrheit der Konklusion zu glauben. Die Prämissen machen die Konklusion wahrscheinlich. Man sagt dann, dass das Argument die Konklusion stützte. Gute Argumente stützen ihre Konklusion und schlechte Argumente tun dies nicht. Ein wichtiger Bestandteil des kritischen Denkens besteht darin, Argumente dahingehend zu analysieren ob es sich um gute Argumente handelt, das heisst ob die Prämissen die Konklusion stützen oder nicht. Das rote Argument ist die erste Antwort, die sie gab. Es besteht aus den Prämissen "Ich kann Monty nicht ausstehen" und "Ich möchte Spass haben." Die Konklusion lautet: "Monty wird nicht an der Party sein." Das dritte Argument, das wir in Lila schreiben, besteht aus den beiden Prämissen "Monty befindet sich in Beijing" und "Er kann nicht rechtzeitig an der Party sein. Also wird er nicht an der Party sein." Wie ich bereits zeigte, ist das erste Argument nicht so überzeugend, während das lilafarbene überzeugend ist. Ich erkläre nun weshalb dies der Fall ist. Wenn wir uns anschauen, was das rote Argument besagt, nämlich, dass deine Freundin Monty nicht mag, und sie einen schönen Abend verbringen möchte, dann stellen wir fest, dass die Prämissen in diesem Fall die Konklusion nicht wahrscheinlicher machen. Der Fakt, dass dein Freund Monty nicht mag und einen schönen Abend verbringen möchte begründet in keiner Weise, weshalb dieser nicht erscheinen sollte. Die Konklusion ist schlichtweg unabhängig von den Prämissen. Im lilafarbenen Argument hingegen, garantieren die Prämissen die Wahrheit der Konklusion, sofern sie selber wahr sind. Die Wahrheit der Prämissen garantiert die Wahrheit der Konklusion. Also stützen im lila Argument die Prämissen die Konklusion. Es gilt aber zu beachten, dass auch wenn das rote Argument in dieser Form schlecht ist, daraus ein gutes Argument gemacht werden kann, wenn eine zusätzliche Prämisse hinzugefügt wird. Wenn du beispielsweise herausfindest, dass deine Freundin entscheidet, wer zur Party eingeladen wird und wer nicht, dann ist der Umstand, dass die Freundin Monty nicht mag und einen schönen Abend verbringen möchte ein guter Grund, zu glauben, dass Monty nicht an der Party sein wird. Wieso sollte sie ihn einladen, wenn sie ihn ja nicht mag? In der Form wie es hier steht ist das Argument aber schlecht. Die beiden Prämissen an sich geben dir keinen Grund zu glauben, dass Monty nicht an der Party sein wird. Zum Schluss wollen wir zwei Typen von Argumenten unterscheiden. Links, in Orange, schreibe ich die zweite Antwort deiner Freundin hin. "Monty ist sehr schüchtern." Und: "Er geht selten an Parties" Auf der rechten Seite steht das lilafarbene Argument: "Monty befindet sich in Beijing" Und: "Er kann nicht rechtzeitig von Beijing zur Party kommen." Beide Argumente besitzen die gleiche Konklusion. "Monty wird nicht an der Party sein." Wie ich sagte, sind beides gute Argumente, da sie beide gute Gründe geben an die Wahrheit der Konklusion zu glauben. Beide besitzen Prämissen, die die Konklusion stützen. Aber es besteht ein entscheidender Unterschied zwischen den Argumenten, den ich hervorheben möchte. Im lila Argument verhält es sich so, dass, wenn die Prämissen wahr sind, – wenn Monty in Beijing ist und wenn er nicht rechtzeitig an die Party kommen kann – dann muss die Konklusion wahr sein. Monty wird nicht an der Party auftauchen! Die Prämissen garantieren die Konklusion. Argumente, bei denen die Prämissen die Wahrheit der Konklusion garantieren, nennt man deduktive Argumente. In deduktiven Argumenten ist die Konklusion bei wahren Prämissen notwendigerweise auch wahr. Die Informationen in den Prämissen eines deduktiven Argumentes reichen aus, um die Konklusion abzuleiten. Wenn wir uns das orange Argument anschauen, stellen wir fest, dass das hier nicht der Fall ist. Selbst wenn die Prämissen wahr sind muss die Konklusion deswegen noch lange nicht auch wahr sein. Auch wenn Monty sehr schüchtern ist und selten an Parties geht, ist es dennoch möglich, dass er seine Schüchternheit überwindet und seine Gewohnheiten bricht und unerwartet an der Party auftaucht. Es ist unwahrscheinlich, aber möglich. Beim Argument in Orange gilt also nicht, dass die Wahrheit der Prämissen auch die Wahrheit der Konklusion garantiert. Argumente dieses Typs nennt man ampliative Argumente. In einem ampliativen Argument macht die Wahrheit der Prämissen die Konklusion zwar wahrscheinlich, garantiert sie aber nicht. Bei beiden handelt es sich um gute Argumente. Ampliative Argumente können sehr wertvoll sein, sie sind aber nicht deduktiv. Die Prämissen garantieren die Wahrheit der Konklusion nicht. Wenn du ein Argument bewertest kann es wichtig sein, zu wissen, ob es ein deduktives, oder bloss ein ampliatives Argument ist . Wird ein Argument als deduktiv bezeichnet, wobei die genaue Untersuchung aber zeigt, dass die Prämissen in Tat und Wahrheit nicht die Wahrheit der Konklusion garantieren, wenn die Konklusion falsch sein könnte, selbst wenn die Prämissen wahr sind, ist dies ein Grund, das Argument als schlechtes Argument abzulehnen. Zeigt sich aber bei einem ampliativen Argument, dass die Prämissen nicht die Wahrheit der Konklusion garantieren so muss das Argument deswegen noch lange nicht schlecht sein. Wenn am orangen Argument bemängelt wird, dass die Konklusion selbst dann falsch sein könne, wenn die Prämissen wahr sind, so verfehlt diese Kritik das Ziel. Ampliative Argumente haben gar nicht diesen Anspruch. Ampliative Argumente liefern Gründe dafür zu glauben, dass eine Konklusion wahrscheinlich ist. Zu wissen, um welchen Typ von Argument es sich handelt ist also bedeutend, wenn ein Argument auf dessen Qualität hin untersucht werden soll. Wir werden uns in künftigen Lektionen weitere Werkzeuge zur Überprüfung beider Typen von Argumenten anschauen. Fassen wir diese Lektion zusammen: Kritisches Denken bedeutet, zu überprüfen, ob wir gute Gründe dafür haben, zu glauben, was wir glauben. Ein Grund ist gut, wenn er die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass der Glaube wahr ist. Ein Argument setzt sich aus Aussagen zusammen die wir Prämissen nennen und zusammen einen Grund für eine weitere Aussage bilden die wir als die Konklusion eines Argumentes bezeichnen. In einem guten Argument stützen die Prämissen die Konklusion, sie geben also gute Gründe, die Konklusion zu glauben, weil sie sie wahrscheinlich machen. Bei deduktiven Argumenten folgt die Wahrheit der Konklusion notwendigerweise aus der Wahrheit der Prämissen. Sind die Prämissen wahr, muss die Konklusion wahr sein. In ampliativen Argumenten garantieren die Prämissen die Konklusion nicht, erhöhen aber die Wahrscheinlichkeit, dass die Konklusion wahr ist. Sie können also dennoch gute Gründe dafür liefern, an die Wahrheit einer Konklusion zu glauben. Damit schliesse ich diese einführende Lektion.