Im Sommer 2015 erlebte Europa
den größten Anstieg an Flüchtlingen
seit dem zweiten Weltkrieg.
Warum?
Hauptsächlich, weil Syrien zur weltweit
größten Ursache für Flüchtlinge wurde.
Syrien liegt im mittleren Osten,
ein antikes, fruchtbares Land,
besiedelt seit mindestens 10.000 Jahren.
Seit den 1960ern wird es von
der al-Assad Familie geführt,
die es als quasi-Diktatoren regierten,
bis zum "Arabischen Frühling" in 2011:
Eine revolutionäre Bewegung von Protesten
und Konflikten in der arabischen Welt,
die viele autoritäre Regimes
zum Sturz brachte.
Aber die Assads verweigerten ihren
Rücktritt und starteten einen
brutalen Bürgerkrieg.
Verschiedene Ethnizitäten und religiöse
Gruppen bekämpften sich in
wechselnden Vereinigungen.
ISIS, eine militaristische, dschihadistische
Gruppe, nutze die Möglichkeit
mit dem Ziel, ein totalitäres
islamisches Kalifat zu errichten.
Schnell wurde daraus eine der weltweit
gewalttätigsten und erfolgreichsten
Extremisten-Organisationen.
Alle Parteien begangen Kriegsverbrechen wie
chemische Waffen, Massenhinrichtungen,
Folter und wiederholt tödliche
Angriffe auf Zivilisten.
Die syrische Bevölkerung war
gefangen zwischen
dem Regime, Rebellengruppen und
religiösen Extremisten.
Ein Drittel der Syrer wurde aus
ihrer Heimat vertrieben.
Und über 4 Millionen sind
aus dem Land geflohen.
Die Mehrheit davon in
Flüchtlingslagern der Nachbarstaaten,
welche sich um 95% der Flüchtlinge kümmern,
während die arabischen
Golfstaaten zusammen
gar keine Syrer aufgenommen haben,
was von Amnesty International als
besonders beschämend bezeichnet wurde.
Die UN und die Organisation
World Food Programme
waren auf die Ausmaße
der Flüchtlingskrise nicht vorbereitet,
daher sind viele Flüchtlingslager
überfüllt und unterversorgt,
weshalb Menschen unter Kälte,
Hunger und Krankheiten leiden.
Die Syrer haben die Hoffnung verloren, dass sich
ihre Situation in absehbarer Zeit verbessern wird,
daher suchen viele Asyl in Europa.
Zwischen 2007 und 2014 hat die EU 2 Milliarden Euro
in Abwehr, Hochsicherheitstechnik
und Grenzpatrouillen investiert,
aber nicht viel für die Vorbereitung einer
Flüchtlingszunahme.
Daher war es schlecht vorbereitet für den
Ansturm der Asylsuchenden.
In der EU muss ein Flüchtling in dem
ersten Ankunftsland bleiben,
was enormen Druck für die angeschlagenen
Grenzstaaten bedeutet.
Griechenland, mitten in einer Krise,
ähnlich der "Great Depression",
konnte nicht so viele Menschen
auf einmal aufnehmen,
was zu verzweifelten Szenen führte,
wie Hungernden auf Inseln,
wo sich sonst Touristen erholen.
Die Welt hätte sich zusammenschließen
und vereint agieren müssen,
aber stattdessen wurde sie
noch mehr gespalten.
Viele Staaten verweigerten schlicht
die Aufnahme von Flüchtlingen
und lassen die Grenzstaaten im Stich.
2014 sorgte das Vereinigte Königreich für
den Stopp der Hilfsmission "Mare Nostrum",
die das Ertrinken von Asylsuchenden im
Mittelmeer verhindern sollte.
Die Idee, so schien es, war, dass eine
höhere Todeszahl auf dem Meer
zu weniger Flüchtlingen führt.
Aber das ist nicht, was geschah.
Die Weltanschauung rund um die Krise
änderte sich plötzlich,
als Fotos eines toten syrischen Jungen
den Umlauf machten,
welcher an einem Strand in
der Türkei gefunden wurde.
Deutschland kündigte an,
dass es ausnahmslos alle
syrischen Flüchtlinge aufnehmen wird
und bereitet sich jetzt darauf vor 800.000
Menschen im Jahre 2015 aufzunehmen,
mehr als die gesamte EU
in 2014 aufgenommen hat,
nur um wenige Tage später temporäre
Grenzkontrollen einzuführen
und eine EU-weite Lösung einzufordern.
Im ganzen Westen fangen mehr und mehr
Leute an, etwas zu unternehmen.
Doch die Unterstützung für
die Asylsuchenden
kommt hauptsächlich von Bürgern,
nicht von Politikern.
Aber es gibt auch Ängste in
der westlichen Welt:
Islam, hohe Geburtenraten,
Kriminalität und der
Zusammenbruch des sozialen Systems.
Lasst es uns anerkennen,
aber schauen wir einmal auf die Fakten.
Selbst wenn die EU allein alle 4 Millionen
syrischen Flüchtlinge aufnehmen würde,
und 100% davon Muslime wären,
würde der Prozentsatz der Muslime
in der europäischen Union
gerade einmal von 4% auf 5% steigen.
Das ist keine drastische Veränderung
und macht aus Europa
sicher keinen muslimischen Kontinent.
Eine muslimische Minderheit ist weder neu
noch ein Grund zur Beunruhigung.
Geburtenraten in vielen Teilen der
westlichen Welt sind gering,
also haben einige Angst davor, dass die
Asylsuchenden in ein paar Jahrzehnten
die einheimische Bevölkerung überholen.
Studien haben jedoch belegt,
dass obwohl
die Geburtenrate unter Muslimen in Europa
höher ist, sie eher sinkt und sich an
die steigenden Lebens- und Bildungs-
Standards anpasst.
Die meisten syrischen Flüchtlinge sind
bereits gebildet,
die Geburtenrate war in Syrien
vor dem Bürgerkrieg nicht sehr hoch,
und die Einwohnerzahl sank sogar,
anstatt zu steigen.
Die Angst, dass Flüchtlinge zu höheren
Verbrechensraten führen,
stellt sich auch als unbegründet heraus.
Flüchtlinge die zu Einwanderern werden,
neigen seltener dazu, Verbrechen zu begehen,
als die einheimische Bevölkerung.
Wenn ihnen erlaubt wird, zu arbeiten,
neigen sie eher dazu, Unternehmen zu gründen
und sich auf schnellstem Wege
in die Arbeiterschaft zu integrieren,
wodurch sie mehr ins soziale System
einzahlen, als sie davon beziehen.
Syrer, die in den Westen kommen,
sind potenzielle Fachkräfte,
welche dringend gebraucht werden,
um Europas alternde Bevölkerung zu unterstützen
Ein weit verbreiteter Irrglaube ist außerdem,
dass Flüchtlinge, die Smartphones besitzen,
gar keine wirkliche Hilfe benötigen.
Soziale Medien und das Internet
wurden zu einem Lebensnotwendigen
Bestandteil eines Flüchtlings.
GPS wird dazu genutzt, den langen Weg
nach Europa zu finden;
Facebook-Gruppen stellen Tipps und
Informationen über Hindernisse in Echtzeit.
Das beweist nur, dass
diese Menschen wie wir sind:
Wenn du eine gefährliche Reise auf dich nehmen würdest,
würdest du dein Handy zu Hause lassen?
Die europäische Union besteht aus den
ertragreichsten Wirtschaften der Welt,
gut durchdachte Staaten mit
funktionierenden sozialen Systemen,
Infrastruktur, Demokratie
und gewaltige Industrien.
Es kann die Herausforderung der
Flüchtlings-Krise bestehen, wenn sie es will.
Das kann ebenfalls von der gesamten
westlichen Welt behauptet werden.
Doch während das kleine Jordanien mehr
als 600.000 Flüchtlinge aufgenommen hat,
hat das Vereinigte Königreich, welches ein
78 mal höheres Bruttoinlandsprodukt hat,
gerade einmal die Aufnahme von
20.000 Syrern bestätigt,
innerhalb der nächsten 5 Jahre.
Die USA akzeptiert 10.000,
Australien 12.000 Flüchtlinge.
Insgesamt werden die Dinge langsam besser,
aber nicht schnell genug.
Wir schreiben gerade Geschichte.
Doch wie soll man sich an uns erinnern?
Als fremdenfeindliche, reiche Feiglinge,
die sich hinter Zäunen verstecken?
Wir müssen begreifen, dass diese Menschen
die vor Tod und Zerstörung fliehen,
nicht anders als wir sind.
Wenn wir sie in unsere Länder und Gesellschaften
integrieren und akzeptieren,
gewinnen wir viel dazu.
Es gibt aber nur Verluste,
wenn wir diese Krise ignorieren.
Mehr tote Kinder werden an die Strände gespült,
wenn wir nicht aus Menschlichkeit und Vernunft handeln.
Lasst es uns richtig machen
und unser Bestmögliches versuchen.