34C3 Vorspannmusik
Herald: Okay, dann ist es mir jetzt eine
ganz besondere Freude, Peter Schaar
anzukündigen, der heute seinen Vortrag
halten wird über die trügerische
Sicherheit und wie die Überwachung unsere
Sicherheit gefährdet. Die meisten von euch
werden es wissen, aber Peter Schaar war
von 2003 bis 2013 Bundesbeauftragter für
Datenschutz und ist jetzt...
Applaus
und jetzt ist er Vorsitzender der
europäischen Akademie für
Informationsfreiheit und Datenschutz.
Bitte einen ganz herzlichen Applaus für
Peter Schaar! Danke.
Applaus
Peter Schaar: Meine sehr verehrten Damen
und Herren, liebe Hackerinnen und Hacker.
Ich bin sehr gerne hierhergekommen, es ist
ja nicht das erste Mal, dass ich auf einem
Chaos Communications Congress spreche. Das
erste Mal muss so ungefähr vor 30 Jahren
gewesen sein. Damals im Bürgerhaus
Stellingen in Hamburg, das war noch ganz
anders. Es waren vor allem weniger und es
war ein Stückchen weniger professionell,
muss ich sagen. Das ist nicht Kritik
gewesen, sondern jedem Anfang wohnt ein
Zauber inne. Aber gleichwohl, auch ich
freue mich natürlich darüber, dass die
Community nicht nur weiterbesteht, sondern
so rasant gestiegen ist und so rasant
gewachsen ist. Denn letztlich kommt es auf
Sie, auf Euch an, wenn es um die
Gestaltung von Zukunft geht. Und wer sich
da nicht einmischt, kann sich letztlich
über die Ergebnisse nicht beschweren.
Das haben viele in Großbritannien leidvoll
erfahren,
Applaus
als sie an einem Morgen aufwachten
nach einer Volksabstimmung, die
so ausgegangen ist, wie sie eben
ausgegangen ist, aber nicht in dem Sinne,
wie es viele gemeint hatten. Wie das auch
die Demoskopen vorhergesagt hatten,
sondern leider so, dass für Großbritannien
das Aus aus Europa, zumindest aus der
Europäischen Union, kommt.
Das hätte nicht sein müssen.
Und ich hoffe auch, dass wir in
vielleicht 5 oder in 10 Jahren nicht
auch sagen: "Das hätte nicht sein müssen".
Denn es gibt tatsächlich einige
Möglichkeiten, etwas zu bewegen. Ich
spreche hier über Sicherheit. Und was hat
dieses Bild, was ich hier an die Wand
projiziere, mit Sicherheit zu tun? Es ist
die Titelseite eines ganz berühmten
Buches. Dieses Buch ist 1651 veröffentlicht
worden, es heißt "Der Leviathan" und der
Autor ist Thomas Hobbes. Und dieses
Titelbild ist in mehrfacher Hinsicht
interessant. Wie Sie da sehen, ist ist da
ein Herr. Also eine Figur, ein Wesen, das
sich erhebt über der Landschaft. Was
symbolisiert diese Person? Und ich denke,
viele von Ihnen kennen das. Hobbes ist der
Erfinder der, oder einer der großen
Rechtfertiger moderner absoluter
Staatlichkeit. Diese Figur trägt nicht nur
ein Zepter, sondern sondern auch ein
Schwert, und unten in diesem Bild erkennen
Sie eine Vielzahl von Insignien der Macht.
Und wenn man genauer hinschaut, dann
besteht der Oberkörper dieser Person -
vermutlich auch der Unterkörper, aber
dieser Unterkörper ist nicht zu sehen -
aus einer Vielzahl von Elementen, und wenn
man ganz genau hinschaut, erkennt man darin
Menschen, die sich zu diesem Herrscher hin
wenden. Die diese Macht, kann man sagen,
anbieten, respektieren, ihr unterliegen.
Das Wichtige an dieser Figur ist, dass sie
im Prinzip eben nicht nur per se mächtig
ist, sondern eben auch eine Art
Schutzmacht darstellt, bzw. von diesen
Menschen als Schutzmacht angesehen wird,
die die Sicherheit - da sind wir beim
Thema - derjenigen gewährleisten soll. Und
um diese Sicherheit zu gewährleisten, hat
diese Figur, die den absoluten, souveränen
Staat symbolisiert, alle Gewaltmittel auf
sich gezogen. Und wer sich nicht daran
hält, ist, naja, schlimmstenfalls des
Todes. Und diese absolute Macht ist nicht
legitimiert durch Volksabstimmungen,
sondern sie ist einfach da. Von Gottes
Gnaden, wie man sagt. Ganz oben sehen Sie
einen lateinischen Schriftzug, der frei
übersetzt heißt: "Es gibt keine
gleichermaßen große Macht wie mich". Das
heißt, der Staat als derjenige, der das
Gewaltmonopol ausübt, und ich habe ja
gesagt 1651... Wer im Geschichtsunterricht
aufgepasst hat, dem wird die zeitliche
Nähe auffallen zum Ende des
Dreißigjährigen Kriegs und zum
Westfälischen Frieden. Auch hier ging es
letztlich darum, dass Frieden
wiederhergestellt wird, aber nicht einen
Frieden, der von den Völkern ausging,
sondern von den Herrschern. Cuius regio,
eius religio. Wer mich regiert, dessen
Religion habe ich auszuüben. Und man kann
natürlich auch das nochmal weiterführen:
... dessen Interessen, dessen Positionen
habe ich letztlich zu vertreten. Aber wie
gesagt: die Regierten nehmen das durchaus
wohlgefällig auf, denn der andere Zustand,
den sie gerade überwunden haben, zumindest
in dem, was heute Deutschland ist, nämlich
diesen dreißigjährigen Krieg, den wollte
sich keiner mehr zurückwünschen. Nun, wir
leben im Jahr 2017. Im Jahr 2017 hat ein
bedeutender deutscher Politiker...
Lachen
...der sagt in einem Interview: "Sie
können mich auch harten Hund nennen",
Leitlinien für einen starken Staat in
schwierigen Zeiten vorgelegt. In diesen
Leitlinien, die auf der Webpräsenz des
Bundesministeriums des Inneren abrufbar
ist, in diesen Leitlinien stellt er
diverse Forderungen auf, auf die ich, wie
gesagt, noch mal zurückkommen werde
en Detail. Die Sicherheit ist das
entscheidende Thema nicht nur für Herrn de
Maizière, sondern für viele andere
Politiker und man fragt sich natürlich:
"Warum tun die das?". Das hat ein bisschen
damit zu tun, dass wir in einer sehr
ängstlichen Gesellschaft leben. Und wenn
Sie sich diese Übersicht anschauen, die
von einer Versicherung erstellt wurde, die
jedes Jahr einen sogenannten "Angst-Index"
erhebt bei den Deutschen, dann werden Sie
dabei feststellen, dass ganz oben bei den
Ängsten der Deutschen ist, Opfer eines
Terroranschlags zu werden. 71% der
Deutschen befürchten heute, Opfer eines
Terroranschlags zu werden. Nun haben wir
tatsächlich Terroranschläge gehabt. Wir
haben auch einige Opfer gehabt, nämlich
eine niedrige zweistellige Zahl, 10 bis
15, das ist nicht ganz klar, im letzten
Jahr. Davor waren es noch sehr viel
weniger, die 10 Jahre vorher: Pro Jahr
waren es im Durchschnitt weniger als eine
Person, aber gleichwohl befürchten 71%
heute, Opfer eines terroristischen
Anschlages zu werden. Auch die anderen
Angstthemen sind durchaus so, wie man
sich das fast vorstellt. Der politische
Extremismus nimmt zu, Auswanderer oder
Einwanderer kommen zu uns, Flüchtlinge,
die destabilisieren unsere Gesellschaft.
Das heißt, offensichtlich ist unsere
Gesellschaft zutiefst verunsichert. Das
war nicht immer und gleichermaßen so. Und
interessanterweise ist es so: Wenn man
sich im Zeitverlauf diesen Angst-Index
anschaut, und zwar jetzt bezogen auf die
Angst vor terroristischen Anschlägen, dann
stellt man fest, dass es da doch
signifikante Schwankungen gegeben hat. Und
natürlich hat das auch etwas damit zu tun,
dass es spektakuläre blutige schreckliche
Anschläge gegeben hat, speziell den
Anschlag von 2001, aber danach auch einige
weitere. Aber gleichwohl fällt schon auf,
dass die Angst nicht sofort auf einen
Höchststand schnellt, sondern erst mit
einer gewissen zeitlichen Verzögerung,
oder wie man auf Englisch sagt, mit einem
Time-Lag. Wie erklärt sich dieses Time-Lag
eigentlich? Zum einen kann man sicherlich
sagen: Medien spielen dabei eine Rolle.
Aber: Mein Eindruck ist, es sind nicht nur
die Medien, sondern auch diejenigen, die
die Medien bedienen, diejenigen, die sie
befeuern. Die dafür sorgen, dass Angst und
Besorgnis zunehmen. Und kurioserweise ist
es so: Ich habe jetzt mal auf diese Grafik
einfach so ein paar Maßnahmen gelegt, ich
weiß nicht, ob man das lesen kann. Das sind
die verschiedenen Gesetze und
Massnahmenpakete, die seit 2001 im Bereich
der inneren Sicherheit - die wesentlichen
jedenfalls - die dort beschlossen worden
sind in Deutschland. Und man stellt fest,
dass diese Massnahmenpakete recht
zahlreich waren, insgesamt komme ich auf
35. Je nachdem, wie man zählt, kommt man
noch auf größere Zahlen, weil viele dieser
Maßnahmenpakete eben eine Vielzahl von
Maßnahmen enthalten. Es fällt auf, dass
sich das nicht gleichmäßig über die Zeit
verteilt, dass aber durchaus es nicht so
ist, dass dann, wenn irgendwelche
Maßnahmenpakete, neue Sicherheits- oder
Antiterrorgesetze beschlossen worden sind,
die Ängste gleichermaßen zurück gehen.
Nein, sie wachsen sogar teilweise. Und ich
denke, es gibt da vielleicht sogar einen
sachlichen Zusammenhang. Wenn über solche
Gesetzesinitiativen diskutiert wird, dann
hat man dauernd natürlich auch in den
Medien die Berichterstattung genau über
diese Fragestellungen. Und das führt
weiter zu Ängsten, weil natürlich immer
wieder begründet wird, weshalb man diese
zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen braucht,
weil nämlich alles ganz unsicher geworden
ist. Das heißt, die
Sicherheitsgesetzgebung führt nicht
automatisch zu mehr Sicherheit, sie führt
aber auf jeden Fall auch zur
Verunsicherung. Obwohl sie dem Credo
folgt, oder offiziell damit begründet
wird, dass man Sicherheit schaffen wolle
und das Sicherheitsgefühl stärken. Nun
könnte man natürlich auch annehmen, dass
sich die Entscheidungen von Gerichten auf
unser Sicherheitsgefühl auswirken. Und
wenn man jetzt der Begründung derjenigen,
die für immer schärfere Gesetze eintreten,
folgen würde, dann müsste natürlich bei
jedem Urteil des Bundesverfassungsgerichts
- und es gibt eine ganze Reihe davon - mit
denen solche Sicherheitsgesetze für
verfassungswidrig erklärt worden sind,
dann müsste ja eigentlich das
Sicherheitsgefühl darunter leiden. Ich hab
nun mal über diese Grafik nochmal die
verschiedenen Entscheidungen des
Bundesverfassungsgerichts gelegt. Und was
fällt dabei auf? Es fällt auf, dass im
Grunde mit diesen Entscheidungen eher eine
Entspannung des Sicherheitsgefühls
verbunden ist. Das heißt. Das oberste
deutsche Gericht, das deutsche
Bundesverfassungsgericht, sagt: "Der
Gesetzgeber hat hier verfassungswidrige
Gesetze beschlossen" und das
Bundesverfassungsgericht hat die
Vorratsdatenspeicherung aufgehoben, den
großen Lauschangriff für unzulässig
erklärt und eine Vielzahl von anderen
Maßnahmen auch. Und entgegen der Prognose,
die man eigentlich als
Sicherheitspolitiker aufstellen würde,
führt das nicht etwa zur Verunsicherung,
sondern dafür - dazu, dass mehr Vertrauen
wieder da ist. Das heißt: In dem Moment,
wo die Gesellschaft in einen Diskurs
tritt, der eben nicht alleine
sicherheitspolitisch, sondern auch durch
die Grundrechte geprägt ist, in einer
solchen Situation fühlen sich Menschen
wieder sicherer. Und ich finde, das ist eine
Botschaft, die immer wieder übersehen wird.
Ja, das hält manche Personen...
Applaus
nicht davon ab,
die Sicherheit zu einem
"Supergrundrecht" zu erklären. Diese
Person - der eine oder andere kennt sie
noch - war mal in dem Amt, das der andere
Herr, den ich vorhin gezeigt hab, jetzt
inne hat, nämlich er war mal
Bundesinnenminister. Hans-Peter Friedrich,
CSU. Danach war er auch Chef der CSU-
Landesgruppe im Bundestag, wenn ich mich
nicht irre. Er hat gesagt: "Sicherheit ist
ein Supergrundrecht, dem sich alle anderen
Grundrechte unterzuordnen haben".
Abgesehen davon, dass Sicherheit überhaupt
gar kein Grundrecht ist,
Applaus
..ist es natürlich richtig, dass wir in
sicheren Verhältnissen leben wollen. Aber
Sicherheit ist eben nicht auf Überwachung,
auf Registrierung und Repression alleine
zu beschränken, sondern Sicherheit hat einen
ganz viel umfassenderen Charakter. Und
wenn wir über Sicherheit reden, dann
müssen wir über soziale Sicherheit reden,
dann müssen wir über Sicherheit reden vor
Umweltverschmutzung, vor Krieg, vor vielen
anderen Gefährdungen unserer Existenz.
Applaus
In dem Sinne ist sicherlich
Sicherheit ganz wichtig.
Applaus
Aber diese Reduktion des
Sicherheitsbegriffs auf die sogenannte
"innere", oder manche sagen auch
"öffentliche Sicherheit", greift zu kurz
und ist kontraproduktiv. Ich habe übrigens
auch nochmal eingezeichnet, wann Herr
Friedrich diese Äußerung gemacht hat. Es
ist übrigens kurz nach den Enthüllungen,
die auf Edward Snowden zurückgehen. Das
war ganz interessant. Hat irgendwie nicht
gewirkt. Nicht wirklich. Was dann sich
allerdings später ausgewirkt hat, waren
verschiedene Anschläge und die Reaktionen
auf diese Anschläge, die in Europa
stattgefunden haben, in Frankreich, in
Belgien, und letztlich auch auf dem
Berliner Weihnachtsmarkt. Das ist sicher
richtig. Und natürlich das, was daraufhin
beschlossen wurde. Ich hab dann nochmal
mir die Freude gemacht, die
Sicherheitspakete mit
Regierungskonstellationen zu unterlegen.
Sie merken: das ist nicht ganz gleichmäßig
verteilt. Die allermeisten Maßnahmen, die
in diesem Bereich beschlossen worden sind,
fallen, sind von großen Koalitionen
beschlossen worden. Das ist sicherlich nur
ein Zufall. Ja, ich will nur nicht lange
mich mit Jamaika aufhalten, denn Jamaika
ist ja jetzt wieder eine Insel. Aber
interessant ist, mal sehen, ob ich das
zurückkriege noch, ja... Bei Jamaika, das
hat selbst Frau Merkel bestätigt in einem
Fernsehinterview... bei den Jamaika
Sondierungen hat die CDU/CSU die
Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung
zugesichert. Finde ich interessant. Kommt
nicht, jetzt sagt die CDU/CSU wieder:
Natürlich sind wir für
Vorratsdatenspeicherung,
selbstverständlich. Und... Gut, man
braucht immer einen Partner und da ist es
jetzt natürlich blöd, dass der mögliche
jetzt noch verbliebene Partner gesagt hat:
Opposition ist Mist. Stimmt jetzt nicht
mehr ganz, was jetzt rauskommt wissen wir
nicht. Vielleicht ist es ja wieder eine
Große Koalition und zur Großen Koalition
gehören zwei. Ich habe mir deshalb auch
angeschaut, was eigentlich Sigmar Gabriel -
er ist jetzt nicht mehr
Parteivorsitzender, aber doch immer noch
eine der wichtigsten Persönlichkeiten in
der SPD - dazu sagt. Und wie sich die
Sozialdemokratie da positionieren will.
Interessant ist dass er die letzte große
Koalition offensichtlich so in Erinnerung
hat, dass man sich in postmodernen
liberalen Debatten verzettelt habe wie Ehe
für alle, Umwelt und Klimaschutz, das ist
nicht so wichtig genommen worden wie
Industrie-Arbeitsplätze und interessant....
das soll uns hier interessieren:
Datenschutz war uns wichtiger als innere
Sicherheit, sagt Sigmar Gabriel. Hat es
sogar jetzt nochmal aufgeschrieben, war
also kein Fauxpas in irgend so einem
Interview. Nein, auch in dem Namensartikel
den er im Spiegel vor zwei Wochen
veröffentlicht hat, aus dem diese, dieses
Zitat hier entnommen worden ist, hat er
das nochmal wiederholt. Nun fragt man sich
natürlich: Ist das jetzt eine Frage des
Gedächtnisses? Ich hab deshalb nochmal
geschaut, was in den letzten zwei Jahren
der letzten großen Koalition so
beschlossen wurde. Das sind verschiedenste
Vorschriften. Ich nehme jetzt mal nur ein
paar heraus, z.B. die Wiedereinführung der
Vorratsdatenspeicherung. Man hat den
Bundesnachrichtendienst jetzt auch mit den
gesetzlichen Befugnissen ausgestattet, dass
er das weiter machen kann, was er ohnehin
vorher auch schon gemacht hat. Man hat
ZITiS eingerichtet, das ist diese Stelle,
die in München ansässig ist und die den
Behörden zuarbeiten soll um Zero Day
Exploits, also Sicherheitslücken zu
sammeln, oder vielleicht sogar zu
entwickeln. Das weiß man nicht so richtig.
Es sind ganz viele weitere Gesetze
getroffen worden: Das Bundeskriminalamt
darf jetzt die Daten, die für polizeiliche
Zwecke, für irgendwelche polizeilichen
Zwecke gesammelt worden sind, jetzt auch
für viele andere polizeiliche Zwecke, also
eigentlich für alle polizeilichen Zwecke
nutzen. Vorher gab es eine engere
Zweckbindung. Ja, die Fluggastdaten sollen
jetzt auf 5 Jahre auf Vorrat
gespeichert werden. Auch hier muss man
nochmal sagen, geht Deutschland über das
hinaus, was die Europäische Union
vorgegeben hat. So ärgerlich das auch
schon ist. Es ist auch im Rahmen des
Datenschutzrechts jetzt der
Bundesdatenschutzbeauftragten, meiner
Nachfolgerin im Amt, nicht mehr möglich,
sich in Sachen der Nachrichtendienste
direkt an den Bundestag oder ein
Bundestagsgremium zu wenden. Was ich im
übrigen gemacht habe, 2013 Herrn Friedrich
hat das, glaube ich, sehr geärgert seinerzeit.
Das ist jetzt nicht mehr möglich.
Applaus
Ja, sehr ärgerlich, sehr ärgerlich war...
Und darauf komme ich gleich auch nochmal
zurück, dieses Gesetz zur Förderung des
elektronischen Identitätsnachweises, da
ging es vordergründig darum, diese
sogenannte eID Funktion, die man im neuen
Personalausweis hat, generell
freizuschalten. Das ist von Datenschützern
kritisiert worden, sehe ich auch ein Stück
kritisch, aber ich finde das ist nicht so
schrecklich. Viel gravierender ist, dass
ganz hinten in dem Gesetz sich eine
Vorschrift findet, die allen
Sicherheitsbehörden den Zugriff auf die
Pass- und Personalausweisregister online
erlaubt, ohne dass diese Register etwas
davon merken. Nun steht im
Personalausweisgesetz und im Passgesetz
drin, es gibt keine Zentraldatei mit
biometrischen Daten. Nun gibt es eben eine
vernetzte, eine verteilte Datenbank mit
biometrischen Daten. Das ist vielleicht
auch nicht so viel besser, wobei man dann
auch sagen muss, dieses sogenannte
Videoüberwachungsverbesserungsgesetz - es
gibt ja wirklich Wortmonster, die man kaum
noch überbieten kann in der Phantasie -
das muss man zusammen lesen mit diesen
Neuerungen. Ja, 17 der 35 seit 2001....
stammenenden oder beschlossenen
Gesetzgebungsvorhaben stammen aus den
letzten beiden Jahren der letzten großen
Koalition. So viel zu Sigmar Gabriels
Gedächtnis. Nun fragt man sich: Was bleibt
da überhaupt noch? Ganz schön viel, ich
hab jetzt einfach mal ein paar Ideen
gesammelt, ich habe jetzt nur 6 Ideen
hier herausgesucht. Das ist jetzt nicht
alles. Also, da gibts noch viele andere
Forderungen, aber ich hab ja dummerweise
nur begrenzte Zeit. Aber vielleicht ist es
auch für Sie ganz gut, das würde ermüdend
sein. Fangen wir mal an mit der
Vorratsdatenspeicherung. Nicht genug dass
die Vorratsdatenspeicherung entgegen der
Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts und des
Europäischen Gerichtshofs wieder
eingeführt wurde. Ein
Oberverwaltungsgericht hat übrigens jetzt
auch schon festgestellt, dass die neu
eingeführte Vorratsdatenspeicherung nicht
diesen Vorgaben entspricht. Deshalb ist es
im Augenblick ein bisschen auf Eis gelegt.
Das führt aber nicht etwa dazu, dass man
sich überlegt, ob das der richtige Weg
war, sondern man will es weiter ausweiten.
Dieser Herr ist ein Mitarbeiter von Herrn
de Maizière, das ist Herr Maaßen. Herr
Maaßen ist Chef des Bundesamts für
Verfassungsschutzes. Und der hat ein, der
ist einfach ein ganz interessierter,
neugieriger Mensch. Neugier ist ja eine
Tugend, überwiegend zumindest. Und er
würde gerne IP-Adressen bekommen und mit
unserer Gefährderdatenbank abgleichen. Das
finde ich auch durchaus verständlich,
diesen Wunsch. Wer würde nicht gerne
wissen, wer was an seinem Computer
irgendwo gerade macht. Aber natürlich nur
Terroristen, die in Malaysia auf Servern
Enthauptungsvideos sehen. Aber wie kann
man rausfinden, wer Enthauptungsvideos
sieht? Ja, so weit reicht nun der Arm des
Bundesamts für Verfassungsschutz auch
nicht. Das ist ja auch eigentlich ein
Inlandsgeheimdienst. Das ist nicht der
Bundesnachrichtendienst, wohlbemerkt. Also
müsste man ja im Inland entsprechend die
Daten abfangen. Man muss dann natürlich
die IP-Adressen haben. Also ich denke, das
ist schon mal ein Wink mit dem Zaunpfahl,
was in der nächsten großen Koalition
gemacht werden sollte. Dieser Herr, das
ist Herr Bouillon. Er ist Innenminister des
Saarlandes. Der will auch vor allen Dingen
eine Vorratsdatenspeicherung für
Messenger-Dienste endlich einführen. Das
kann ich auch verstehen, natürlich. Das
ist eine praxisgerechte Erweiterung
einfach nur, das ist nicht etwa eine
Verschärfung. Man muss das immer so
durchaus so sehen, dass das alles seinen
Nutzen hat. Man darf auch nicht vergessen,
es handelt sich ja hier auch um schwer, um
wichtige Rechtsgüter, die es zu
verteidigen gilt, nämlich insbesondere die
Sicherheit. Also Vorratsdatenspeicherung
ist ja eine geeignete Maßnahme. wie viele
wissenschaftliche Studien ergeben haben.
Gelächter
Das ist auch richtig, den Haufen zu
erhöhen, den Heuhaufen zu vergrößern, wenn
man die Stecknadel wirklich finden will.
Ist übrigens ein Zitat eines
amerikanischen Geheimdienstchefs. Also
diese, diese Maxime ist jetzt auch bei
uns, endlich, endlich, muss ich sagen,
angekommen.
Applaus
Ja. Mehr intelligente Videoüberwachung.
Also ich muss Herrn de Maizière zustimmen.
Diese Befürchtung, dass intelligente
Videoüberwachung zur Verbrechensverhüteung
und -verfolgung, Einschüchterungeffekte
entfaltet, scheint mir weit entfernt von
der sozialen Wirklichkeit. Also wer fühlt
sich denn da wirklich beeinträchtigt, wenn
er nichts zu verbergen hat. Also mein
Gott, wer geht mit wem über den Bahnhof.
Wer geht sonst wohin. Es geht ja auch
nicht nur um einen Bahnhof, wo das mal
getestet wird. Dazu komme ich gleich
nochmal. Nein, es geht darum, die
intelligente Gesichtserkennung endlich mal
entschieden voranzubringen, damit eine
Fahndung dort möglich ist und
dementsprechend hat man ja auch, dass die
Mehrheit der Deutschen dafür ist,
wussten wir schon. Und das hab ich auch
schon gesagt, die Passfotos sind ja auch
schon jetzt vorhanden. Ja, was kann man
damit eigentlich erkennen? Also, ne
israelische Firma behauptet, dass man
Terroristen am Gesicht erkennen könnte.
Einfach so. So weit geht Herr de Maizière
noch nicht. Würde mich auch interessieren,
wie die Trefferwahrscheinlichkeit dann ist.
Und zwar ist es etwa nicht durch Abgleich
mit irgendwelchen sonstigen Dateien,
sondern anhand allgemeiner Merkmale. Das
erinnert mich ein bisschen an Diskussionen
aus dem 19. Jahrhundert, wo man die
Verbrecher am Kopf, an der Kopfform
erkennen wollte. Ich finde, man kann
natürlich...
Applaus, Bravo!
Man kann natürlich, man kann natürlich
diese alten Vorstellungen wieder
aufwärmen, aber ich glaube nicht, dass das
besonders vernünftig ist. Aber schauen wir
mal was alles möglich ist. Ja, auch andere
Dinge sind ja sehr klar auch erkennbar,
wie wir das wissen. Ja, und um jetzt
zumindest die Erkennung von Gefährdern zu
testen hat unter der Federführung des
Bundesinnenministeriums im Berliner
Bahnhof Südkreuz eine großangelegte
Testung begonnen und da ist jetzt so eine
Zwischenbilanz gezogen worden. Der Versuch
soll verlängert werden. Ich frage mich
eigentlich warum, wenn das so erfolgreich
war. "Das ist besser, als ich erwartet habe
und die meisten Kritiker auch. Die
Zwischenergebnisse versprechen einen
erheblichen Mehrwert für die Fahndung nach
Terroristen und Schwerverbrecher. Ich
finde das sehr richtig." Ich hab mir dann
nochmal die Mühe gemacht, die Zahlen
anzuschauen. Die Erkennungsrate angeblich
70 bis 85 %. False Positives, das sind
diejenigen, die nicht in der Datei drin
sind, aber trotzdem als in der Datei
drinnen stehend erkannt worden sind, die
dann Alarm auslösen, sind nur 0,3 %,
also verschwindend wenig, wie wir wissen.
Ja - 480 Fehlalarme pro Tag sind das, hab
ich mir ausgerechnet, wenn man jetzt mal
die 160.000 Personen zugrunde legt, die
alleine am Bahnhof Südkreuz dort am Tag
durchlaufen. Alle 3 Minuten einen
Fehlalarm, wenn man das auf 24 Stunden
rechnet, wobei man natürlich bei
Stosszeiten entsprechend häufiger
Fehlalarm hat. Das wird eine Freude
werden! Es ist wirklich praktikabel, wie
wir schon erkennen.
Applaus
Ach, ich hatte noch mal was sollte man
eigentlich nicht sagen, ich finde das
wirklich unfair. Ich finde es eigentlich
unfair, was ich mache, aber ich hab es
trotzdem gemacht. Ich hab mir nochmal, habe
mich nochmal beschäftigt mit dem
Pilotprojekt der Gesichtserkennung in
Mainz. Sehr ähnliches Setting wie am
Südkreuz. Und da hat der damalige BKA-Chef
Ziercke, man könnte sagen, der hatte noch
Eier, oh, das darf man jetzt nicht sagen.
das war jetzt nicht gut. lacht
Gelächter
"Ich werde dem Bundesinnenminister nicht
die Einführung der fotogestützten
Biometrie-Fahndung zur
Terrorismusbekämpfung empfehlen. Der
Einsatz dieser Systeme ist nur sinnvoll,
wenn die Trefferquote bei nahezu 100 %
liegt." Ja, 70 % ist ja fast 100!
Also insofern ist es vielleicht auch
richtig, dass das jetzt kommen wird und
zwar nicht nur dort am Südkreuz,
sondern ganz allgemein. Ja. Der erweiterte
Einsatz von DNA Analysen wird gefordert.
Ja das finde ich auch. Das ist übrigens
aus diesem Papier für den starken Staat
nochmal, wie auch das, wie andere Zitate
von de Maizière auch. "Er muss mit den
technischen Entwicklungen und Nutzungen
Privater Schritt halten." Das zieht sich da
durch. "Der Staat muss genau dieselben
Möglichkeiten haben, wie die Privaten und
er muss natürlich auch auf die privaten
Daten zugreifen können." Das ist also auch,
das gehört natürlich auch zur
Waffengleichheit, die man da braucht. Ja
und dazu gehört eben auch die DNA-Analyse.
Und das ist einfach bislang rechtlich stark
limitiert. Das stimmt. Das stimmt. Das
geht nicht zusammen. Beides. Ist schon
richtig. Das ist stark limitiert. Das
liegt am Grundgesetz, weil nämlich das
Bundesverfassungsgericht gesagt hat, DNA-
Analysen sind doch ziemlich tiefgreifender
Eingriff und sie dürfen nur bei
schwerwiegenden Straftaten erfolgen. Aber
das ist, finde ich, ein bisschen zu streng.
Da muss man doch nochmal umdenken, meint
Herr de Maizière. Bisher ist nur die
Identitätsfeststellung erlaubt und nur bei
schweren, und das auch nur bei schweren
Straftaten. In Zukunft wird gefordert,
haben sich schon Justiz- und Innenminister
Konferenzen mit beschäftigt, die
Auswertung nach dem Phänotyp. Also,
welcher Ethnie gehört sich, gehört
derjenige, dem die Spur zuzuordnen ist,
an. Muss ja kein Täter sein. Welche
Haarfarbe hat er und noch weitere
Merkmale. Kommt immer mehr dazu. Die DNA
Analytik wird ja immer besser und auch
immer einfacher. Und ich denke mal, das
sollte man dann, wenn man will. Wenn man
jetzt mal rein von der Argumentation, die
Herr de Maizière da anführt, dann eben nicht
nur auf diese wirklich schwerwiegenden
Straftaten beziehen, sondern da das
bisschen lockerer das gestalten, na ja. Ja
Reisebewegungen, das mit dem Reisen ist
natürlich wirklich gefährlich, weil
natürlich, wie wir wissen, die
Gefährdungen zum großen Teil von Fremden
ausgehen und fremd sind wir ja auch, wenn
wir reisen. Jedenfalls dort, wo wir
hinkommen. Und dementsprechend finde ich
das auch ganz wichtig, dass zumindest,
wenn wir ins Ausland reisen, oder über die
Außengrenzen der EU hinweg, dass das
registriert wird. Also da muss ich sagen,
da bin ich einverstanden. Ich habe da
nichts zu verbergen. Und wirklich alle
Reisebuchungen über die Aussengrenze
müssen erfasst werden. Das haben die
Vereinigten Staaten bisher noch nicht
einmal geschafft. Zumindest bei den
Ausreisen nicht. Bei den Einreisen
versuchen Sie es. Also, Donald Trump baut
ja jetzt auch einen Zaun zu Mexiko, um das
zu ermöglichen, endlich mal, dass da nicht
so viele Illegale nach, in die USA kommen.
Die Frage ist natürlich, was passiert,
wenn da jemand einreist und es wird
keine Ausreise festgestellt, gibts ja zwei
Möglichkeiten: Entweder hat das System
versagt, oder der ist noch da. Wenn der
aber noch da ist, was heißt das eigentlich?
Das ist jedenfalls ein sehr aufwändiges,
riesiges System, das europaweit ein-
geführt werden soll und das muss wirklich
funktionieren. Ich denke, da kann man ganz
viel Geld für ausgeben. Und wir erinnern
uns an Sigmar Gabriel: "Das schafft
Industriearbeitsplätze." Ich finde, das
muss man einfach bedenken, das sind
sogenannte Synergie-Effekte.
Applaus
Ja ein weiteres Thema, was ja jetzt in den
letzten Wochen so heiß diskutiert wurde,
das ist der Einbau von Backdoors in IT-
Systemen. Ja also ich muss wirklich sagen,
dass die Polizei es wirklich immer
schwerer hat, diese Diebstahlsicherung in
den Autos werden besser. Es gibt
Leute, die Alarmanlagen zu Hause haben. Auf
der anderen Seite haben wir doch ein
Gesetz, das den großen Lauschangriff
ermöglicht. Also großer Lauschangriff,
heißt, dass Wanzen, also Mikrofone, in
Wohnungen und in Autos und sonstigen
geschlossenen Räumlichkeiten heimlich
installiert werden und dann muss ja jemand
hinkommen, um diese Geräte dann da
irgendwie unterzubringen. Wenn dann immer
ein Alarm ausgelöst wird, das ist, finde
ich, nicht hinnehmbar für unsere
Sicherheit. Und dementsprechend finde ich
auch, dass man diese Alarmanlagen nicht so
scharf schalten sollte. Das ist, glaube
ich, eine ganz wichtige Angelegenheit. Ja.
Ach so. Mit dem, das sind jetzt die
Mikrofone.
Gelächter
Ja vielleicht gibt es ja auch, sage ich
mal, innovative Ansätze. Die, dieses
physische Hineingehen in eine Wohnung
überflüssig machen. Ich denke so etwas
wird immer einfacher. Da muss man nur noch
die Hersteller dazu überreden, dann
entsprechende Möglichkeiten auch zu
aktivieren und zu sagen, wie das denn
geht. Dafür hat man denn ZITiS. Und ich
denke, das wäre dann ja vielleicht der
nächste Schritt. Natürlich ist das
ausschließlich für Einzelfälle und nur im
Rahmen einer rechtlichen Kontrolle
möglich. Wenn da so Hintertüren drin sind,
ist es klar, dass es ausschließlich die
Polizei und vielleicht der
Verfassungsschutz sie nutzen kann. Das
wissen wir. Das wissen wir, dass kein
anderer ein Interesse daran hat. Und das
beruhigt mich nun wirklich. Nicht!
Applaus
Ja, eine letzte Maßnahme. Aller guten
Dinge sind 6. Aber, wie gesagt es gibt
noch mehr. Ich musste da auswählen. Das
ist Hackback. Ja das ist ein
interessantes, interessantes Konzept. Na
endlich mal zurückschlagen können. Nicht
immer nur nach der Bergpredigt die andere
Backe hinhalten, sondern proah. Also ich
finde das ist etwas, wo man, wo man dann
doch sagen muss, das kann man eigentlich
unseren Sicherheitsbehörden nicht
vorenthalten. So eine Möglichkeit, effektiv
wirklich zurückzuschlagen, wenn da
deutsche Daten in fremde Hände gehören,
sicherlich nur als Ultima Ratio. Nur als
Ultima Ratio, also wie das unsere
Nachrichtendienste überhaupt machen, sie
sammeln sowieso ja nur Daten und Ultima
Ratio. Im Einzelfall ganz wenige auch nur,
das wissen wir von Edward Snowden. Also
Hackback muss ein Instrument im
Werkzeugkasten unserer Nachrichtendienste
werden, sagen einige. Ja, ich komme schon
fast zum Ende. Mit einer überraschenden
Botschaft. Der Leviathan ist tot, oder er
liegt eigentlich im Sterben. Nun ist es
so, dass ich mich darüber nicht wirklich
freuen kann. Denn der Leviathan hat sich
überfressen. Da geht einem manchmal
schlecht, wenn man sich zuviel einverleibt
hat. Das ist ihnen vielleicht auch schon
mal so gegangen. Beim Leviathan ist das
schon seit einer Weile so. Er hat sich
immer mit Befugnissen aufgefüllt und
dadurch ist letztlich der Schutz, den der
Leviathan den Untertanen gewährleisten
sollte, ziemlich unter die Räder gekommen.
Denn es gibt ja auf dieser Welt nicht nur
einen Leviathan, sondern viele. Wir leben
in einer Welt der Globalisierung wo die
Leviathane dieser Welt, ich erwähne nur
den Server in Malaysia. Ja, ja durchaus
einen langen Arm haben. Auch zu uns wie
wir wissen. Ne? Und, damit haben sich die
Leviathane irgendwie delegitimiert. Viele
glauben nicht mehr so richtig dran. Das
ist nicht nur eine gute Botschaft!
Applaus
Aber es zeigt uns auf,
dass wir alleine auf diese
Schutzversprechen nicht vertrauen dürfen.
Denn wenn ich jetzt noch mal dieses Bild
vom Leviathan hier aufrufe, und zwar jetzt
die Unterseite, was davon übrig geblieben
ist, ist nicht mehr der Schutz der
Untertanen, diese ausgebreiteten Arme.
Sondern es ist die Gewaltförmigkeit. Das
macht mir richtig Sorgen. Und es geht
dabei nicht nur um Überwachung, es geht
auch um Drohnen. Um Drohnen, die nicht nur
Kamera-, mit Kameras bestückt sind,
die außerhalb der eigenen Landesgrenzen
agieren.
Ich muss das nicht weiter ausführen. Die
Sicherheit delegitimiert sich, zerstört
sich selbst. Und dann denke ich, dass es
alte Weisheiten gibt, denen, die doch ihren
Wert haben. Dass diejenigen, die bereit
sind, wesentliche Freiheitsrechte gegen
vermeintliche Sicherheit einzutauschen,
weder Sicherheit noch Freiheit verdienen.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Applaus
Herald: Super, vielen Dank schonmal.
weiterer Applaus
Herald: Genau, wir haben jetzt noch
ungefähr 20 Minuten Zeit für
Fragen, das heißt, falls Ihr Fragen habt,
dürft Ihr Euch
einfach an einem der 8
Saal-Mikrofone anstellen, ich geh
dann reihum durch und Ihr dürft Eure
Fragen Stellen. Falls jemand den Saal
vorzeitig verlassen möchte, tut es bitte
möglichst leise, und durch diese Tür zu
meiner Rechten, eurer Linken. Ja. So lange
die Menschen noch aufstehen und zu den
Mikrofonen laufen, fangen wir doch
erstmal direkt mit einer Frage des Signal
Angels an.
Signal Angel: Ja, und zwar: sollte es,
Ihrer Meinung nach, irgendwelche
Änderungen an den Aufgaben und Befugnissen
des Bundesdatenschutzbeauftragten geben,
und falls ja, wie sollten diese aussehen.
Schaar: Also, erstmal muss ich das
gendern. Auch "der
Bundesdatenschutzbeauftragten".
Applaus
Zweitens, ja, natürlich!
Auch im, auch im Sicherheitsbereich denke
ich, dass die Datensschutzbehörden, und da
meine ich nicht nur die Bundesbeauftragte
für den Datenschutz, sondern auch ihre
Kolleginnen und Kollegen in den Ländern,
mehr Möglichkeiten haben müssen, dass sie
nicht ausgeschlossen werden, dass sie ein
direktes Recht haben sich an die
jeweiligen Parlamente, also den Bundestag,
und die Landtage zu wenden.
Ja sie sollten diese Möglichkeit auf jeden
Fall haben. Die Ausnahmen, von ihren
Prüfungsrechten, die auch leider
vergrößert worden sind, zum Beispiel im
Bereich der Gesundheitsdaten, es geht hier
nicht nur um Sicherheitsbehörden, bei
Gesundheitsdaten darf im Prinizip die
Datenschutzbehörde gar nicht mehr in die
Datenbanken schauen, ne. Also das ist,
finde ich, eine sehr weitgehende und
letzlich auch nicht hinnehmbare
Einschränkung der Befugnisse der
Datenschutzaufsicht.
Applaus
Herald: Dann machen wir doch direkt mit
Mikrofon 5 weiter.
Mik 5: Danke für den Talk Peter, welches
Narrativ, glaubst du, kann gegen diese große
Sicherheitsrhetorik gewinnen. Weil oft ist
ja die,... Datensschutzargument gewinnt
zu selten. Es gibt ja auch Überlegungen,
gerade bei so Themen wie Hackback, oder
auch Zero Day Disclosure, das Ganze mehr
als IT-Sicherheit vs. Physische Sicherheit
zu framen, die Debatte, weil damit würde
man diese Sicherheitsrhetorik übernehmen
und sagen "Es geht uns um unsere IT-
Sicherheit, die ihr uns wegnehmen wollt,
wenn ihr uns Verschlüsselung kaputt machen
wollt und Zero Days geheimhalten wollt."
Schaar: Also auf jedenfall ist das ein
richtiger Ansatz, es darf nicht der
alleinige Ansatz sein. Ja, natürlich. Die
Sicherheitsversprechen demontieren sich
selbst, weil sie im Ergebnis zu weniger
Sicherheit führen. Wenn man sich anschaut,
das entsprechende geheimgehaltene
Sicherheitslücken, ich nenne hier
WannaCry, dazu geführt haben, dass
deutsche Krankenhäuser nicht mehr
funktionierten, weil sie gehackt worden
sind und still gelegt worden sind, mit genau
der Verwendung dieser Sicherheitslücken,
die Nachrichtendiensten lange bekannt
waren, da muss man sagen, ja, das ist ein
richtiges Narrativ, aber wir dürfen nicht
vergessen, dass es auch Grundrechte gibt,
dass es Freiheitsrechte gibt, dass
eine freie Entfaltung der Persönlichkeit
auch nur möglich ist, wenn wir nicht
überall registriert und überwacht werden,
Applaus
und ich finde das muss auch nochmal klar
sein, das heißt, beides gehört zusammen,
die Gewährleistung von berechtigten
Sicherheitsanforderungen einerseits und
auf der anderen Seite aber auch die
Gewährleistung von Freiheit.
Herald: Ok ich glaub Mikrofon 1 war als
nächstes.
Mik 1: Kann man mich hören? Also auch nochmal
danke für den Talk und für die engagierte
Arbeit in den letzten Jahren. Ich möchte
nur eine Ergänzung machen, oder vllt eine
Anmerkung. Ich geh mit vielem d'accord, was
Du sagst, absolut, bei Deiner Einführung
hast Du über die Terrorismus-Zahlen
gesprochen und über die Angst vor
Terrorismus, da möchte ich aber ergänzen,
vielleicht, das kann man vielleicht etwas
sensibler behandeln. Nicht jeder muss
sterben, um ein Opfer von Terrorismus zu
werden. Du hast davor davon gesprochen,
dass wir letztes Jahr 10 bis 12 Opfer
hatten in Deutschland, es gab wesentlich
mehr Verletzte, das solltest Du
vielleicht, sonst diskreditierst Du Dich
an der Stelle ein bisschen, vielleicht
solltest Du da die Zahl ein bisschen
größer fassen. Ansonsten, alles fand ich
sehr gut, danke.
Schaar: Ja also gut, das ist eine Frage,
ob das was ändert an dem Thema. Natürlich,
das Leid, das dadurch verursacht wird, geht
weit über die physischen Verletzungen
hinaus, genauso wie die Verängstigung der
Gesellschaft weit über das hinaus geht,
was da an Schäden, materiell aber auch in
Bezug auf, auf Opferzahlen verursacht
wird. Das ist ja das Ziel von Terrorismus,
dass diese Fernwirkung erzielt wird. Nicht
umsonst ist es ja so, dass, und da
kommt man wieder in so eine eigenartige
Konstellation rein, dass, so es
Untersuchungen gibt, die sagen, dass
Terroristen, jedenfalls moderne
Terroristen, sich insbesondere gut
videoüberwachte Orte für Anschläge
aussuchen, weil das Filmmaterial bringt,
und damitI die Wirkung vervielfacht. So viel
auch zum Thema, Videoüberwachung schützt
vor Terrorismus nicht, also da muss man
sagen,
Applaus
das ist richtig, ich will auch nicht
über das Leid der Menschen überhaupt
nicht hinweg gehen, und ich finde es
skandalös, wie mit, auch mit den Opfern
umgegangen wurde auch staatlicherseits,
wie lässig, wie unsensibel, wie wenig
empatisch. Ne, dass Frau Merkel jetzt,
nachdem die Proteste da waren, nachdem
die Opfer einen offenen Brief geschrieben
haben, Frau Merkel die jetzt einläd,
vorher sind sie abgespeist worden mit
Formularschreiben. Ich finde, da zeigt
sich, dass diese Sicherheitsrhetorik manchmal
doch etwas schräg ist, es gibt durchaus
Aspekte, die man dabei auch immer wieder
berücksichtigen muss, man muss, ich bin
für mehr Sicherheit, aber, wenn wir uns
jetzt den Anschlag beim Breitscheidplatz in
Berlin anschauen. Dann wissen wir doch
jetzt spätestens, seit den Aufklärarbeiten
des Sonderermittlers, der vom Berliner
Senat eingesetzt worden ist, dass hier die
Behörden nicht etwa zu wenig wussten,
sondern, dass sie ziemlich blind waren,
schlimmer noch, es gibt hinweise darauf,
dass V-Leute in dem Umfeld, zumindest im
weiteren Sinne involviert waren in den
Anschlägen. Das heißt, der
Breitscheidplatz hätte nicht sein müssen.
Also die Behörden wussten genug, viele
Behörden wussten genug, zu viele Behörden
vielleicht sogar, aber sie waren nicht
klug, und sie haben nicht sinnvoll
gehandelt. Das ist doch der Skandal!
Applaus
Und es ist ein Skandal,
wenn unter Berufung
auf solche Fälle, von denen wir heute
wissen, das, genau das letztlich
stattgefunden hat, unser aller
Freiheitsrechte eingeschränkt werden, und
genau das ist nach dem Anschlag am
Berliner Breitscheidplatz massiv
geschehen, also diese Gesetzgebungswelle,
ist ohne Beispiel dieser, die danach
gestartet worden ist. Danke.
Applaus
Herald: Dann machen wir doch an Mikro 6
weiter.
Mik 6: Vielen Dank, großartiger Talk, ich,
grad die Zusammenfassung, die
staatstheoretische, sollte eigentlich
Pflichtlektüre, sozusagen, sein für jeden,
der Gesetze macht oder darüber berichtet.
Ich frag mich, was geht in den
Protagonisten dieser neuen
Sicherheitspolitik vor, ich hab mich damit
abgefunden, dass hochbezahlte
Ministerialjuristen
nicht in der Lage sind,
Verfassungsgerichts-Urteile vollständig
auszuwerten und umzusetzen, aber was ist
denn bitte, was denkst du ist das
Rechtsverständnis, das Staatsverständnis
von beispielswiese de Maizière und
Friedrich. Das ist ein Staat, der keine
Grenzen kennt, ja, der Maß der Überwachung
fordert, er ist in meinen Augen totalitär,
wie siehts du das?
Schaar: Ich bin nicht der Auffassung, dass
Herr Friedrich oder de Maizière totalitäre
Politiker sind, das muss ich hier ein Stück
in Abgrenzung sagen, nein, aber sie
bedienen vermeintliche Stimmungslagen
in der Bevölkerung, und das ist etwas, was
natürlich gerade in einer Demokratie sehr
leicht auch stattfindet, selbst wenn viele
der Leute die, und das sind nicht nur
Datenschützer, auch viele andere
Fachleute, auch aus dem polizeilichem und
nachrichtendienstlichen Bereich, durchaus
nüchternem Blick auf die Dinge haben. Da
wird Handeln ein Stück auch suggeriert,
ein Gesetz schafft nicht mehr Sicherheit,
ne, mir ist kein Gesetz bekannt, das für
sich genommen mehr Sicherheit geschafft,
geschaffen hätte, aber es, aber, was soll
ein Bundestag machen, wenn er schnell
reagieren will? Er beschließt ein Gesetz,
und das ist nicht nur bei uns so, sondern
in aller Welt. Das ist etwas, was unsere
Demokratie stark unter Druck setzt, was
aus meiner Sicht nicht sein müsste und
wo es durchaus auch andere Wege geben
würde beim Umgang mit solchen
Gefährdungslagen, der Blick nach
Skandinavien könnte da nicht schaden, da
geht man sehr viel, sehr viel vorsichtiger
mit diesen Fragestellungen um, und ich
denke, die Skandinavier fühlen sich heute
sicherer, als viele bei uns.
Applaus
Herald: Ok, dann machen wir eine Frage von
Nummer 7, und danach 8, bitte.
Mik 7: Sehr schöner Vortrag, ich hab auch
noch eine Frage dazu, und nämlich zu
unserem Motto hier: Tu wat!, ich hab da
nämlich das Problem, wenn man aus diesem
Milieu rausgeht, und versucht die Leute
davon zu überzeugen, dass Sicherheit im
Sinne von Terrorismusbekämpfung nicht der höchste
Wert ist, dann redet man gegen Windmühlen
an, man kommt irgendwie nicht weiter. Wollte
fragen, denkst, dass die Entwicklung,
die zum Beispiel in China mit dem Social
Credit System und ähnlichem, vielleicht
die Leute auf Dauer zu einem Umdenken
bewegen könnten, auch wenn ich dazu sagen
muss, ich war letzlich auf einer
Handelsblattveranstaltung, da habe ich
denen davon erzählt, die waren erstmal
schockiert, und ham die sich auf die
Schulter geklopft und haben gesagt: "Wir
sind ja hier in Deutschland, hier ist
alles gut, wir haben den Datenschutz".
Also, wie steht du dazu- wie kann man den
Leuten das vermitteln, wie gefährlich das
alles für uns eigentlich ist.
Schaar: Das ist die
100.000 Eurofrage, aber ich meine,
ja, ich bin ein unverbesserlicher Anhänger
der Aufklärung.
Applaus
Das heißt, wir sollten uns nicht
dümmer machen als wir sind, auch
wenn sich Leute die Ohren zu halten. Aber
wir müssen natürlich versuchen, sie zu
erreichen, und dementsprechend muss man
mit ihnen diskutieren, man muss die Fragen
stellen, die, finde ich, auf der Hand
liegen, und dazu gehört einerseits die
Frage, "wie effektiv ist das, was zur
Terrorismus-Abwehr beschlossen und getan
wurde, wirklich?" Nicht so sehr die Frage
"ist es nun wichtiger oder unwichtiger als
ein anderes Thema?". Ja es wäre sehr
wichtig gewesen diesen Anschlag am
Breitscheidplatz zu verhindern, ist aber
nicht geschehen, und zwar nicht deshalb,
weil zu wenig überwacht wurde, sondern
weil dort ganz viele Dinge falsch gelaufen
sind. Das, sag ich mal sehr deutlich, immer
wieder zu betonen und natürlich gehört
dazu auch das Social Credit System, der
Citizen Score in China, weil die Methoden,
die Techniken, die Algorithmen, die dafür
verwendet werden, unterscheiden sich nicht
so sehr von Algorithmen, die bei uns zum
Einsatz kommen in vielen Bereichen, und
zunehmend auch im staatlichen Bereich.
Herald: Ok, wir haben zwar noch einige
Minuten Zeit für Fragen, aber da wir noch immer-
Schaar: Ich muss übrigens um 10 hier
scharf Schluss machen, ich
muss noch zur Bahn.
Herald: Genau, direkt mein Punkt, die
Fragen möglich kurz und präzise machen,
damit wir noch möglichst viele rein-
kriegen, bitte, Nummer 8.
Mik 8: Ja, schönen Dank für den Talk, du
hattest gerade was gesagt von "im Vorfeld
der Gesetzgebung stehen die Presse da und
die Politiker und gehen in die
Öffentlichkeit und begründen, warum sie dieses
Gesetz nun gerne so haben möchten, um uns
in Sicherheit zu bringen. Dann kommt das
Bundesverfassungsgericht und kassiert es
ein. Ist es mein falsches Empfinden, dass
die Politiker dann plötzlich viel leiser
werden, und nicht mehr in der
Öffentlichkeit sind?
Schaar: Ja, eine, eine gewisse Zeit. Bei
der Vorratsdatenspeicherung war das zum
Beispiel so, als erstmal das
Bundesverfasssungsgericht und dann auch
der Europäische Gerichtshof gesagt hatten,
"Wir wollen..., das ist nicht in
Ordnung, das widerspricht den
Grundrechten", war es erstmal ein
bisschen ruhig, dann kam Charlie Hebdo,
und dann kam Sigmar Gabriel. Es tut mir
leid das ich den Herrn wieder erwähne,
obwohl er eher nicht der Spitzenpolitiker
ist, aber er war es damals,...
Gelächter, später Applaus
und er sagte: "Wir brauchen
die Vorratsdatenspeicherung,
weil, mir müssen mit der
Vorratsdatenspeicherung Dinge wie in
Frankreich verhindern, und dann haben wir
nachgeschaut, haben geguckt, was war
eigentlich in Frankreich, in Frankreich
gabs immer Vorratsdatenspeicherung,
Applaus
ne, und trotzdem wurde dieses untaugliche
Argument genutzt, um bei uns die
Vorratsdatenspeicherung wieder
einzuführen. Wie gesagt, das ist so ein
Dämpfer, da wird vielleicht auf die
Pausetaste mal kurz gedrückt, aber dann
gehts wieder los. Ich glaube das reicht
nicht aus, dass das
Bundesverfassungsgericht bestimmte Urteile
fasst, und dass man die vielleicht
zunächst einmal auch nicht in Frage
stellt, sondern dass man auf Dauer davon
lernt, aber diese Lernfähigkeit ist nicht
überall gleichermaßen verhanden.
Herald: Ok, dann vielleicht mal noch eine
Frage vom Signal Angel, wenns da noch eine
gibt, damit die Leute von zuhause auch
zu Wort kommen.
Signal Angel: Jo, und zwar kann man da
eigentlich ganz gut anknüpfen, weil die
Vorratsdatenspeicherung schon mehrmals von
verschiedenen Gerichten gekippt wurde,
gibt es denn eine Möglichkeit, die ein für
alle mal zu beerdigen?
Schaar: Ein für alle mal nicht, aber,
es bleibt uns nichts anderes übrig, als
wieder diesen Rechtsweg einzuschlagen,
oder aber dagegen politisch vorzugehen,
ich hatte das ja kurz erwähnt, das
Thema wurde ja verhandelt, in, bei den
Sondierungen zu Jamaika, sogar mit dem
Ergebnis, dass die Union, wie mir viele
Verhandler, denke ich, glaubwürdig
versicherten, gesagt hatte, man wolle
nicht mehr diese ungezielte Überwachung,
sondern viel stärker fokussierte, gezielte
Überwachung von Verdächtigen, ne, also die
Ressourcen anders verteilen, das war wohl
tatsächlich ein Konsens, der da sich
anbahnte, ist dann nichts geworden, aus
welchen Gründen auch immer, ich will das
auch nicht weiter analysieren, ja es ist
gestaltbar, aber ein für alle mal kann man
nicht Fehler vermeiden, zumal wenn eine
gewisse Zeit verstrichen ist und man sich
nicht mehr so genau erinnert, also gehörts
auch ein bisschen dazu, die
Erinnerung immer ab und zu mal wieder
aufzufrischen.
Herald: Ok, dann machen wir doch direkt
unseren Weg hier nach vorne zu Mikro 1 bitte.
Mik 1: Ja meine Frage bezieht sich auf das
Stichwort, es schafft
Industriearbeitsplätze. Inwiefern,
unterminiert denn die Industrie unseren
Datenschutz momentan, in Form von
Lobbyarbeit, etc.
Schaar: Also das ist sehr
unterschiedlich, also was man feststellen
kann, ist das, das es schon so etwas gibt,
wie einen Überwachungs-industriellen Komplex.
Also in den USA ist das sehr gründlich
untersucht worden, aber auch bei uns, ich
hab mich etwas intensiver auch damit
auseinandergesetzt, welch zunehmende
Bedeutung diese gesamte Sicherheitsbranche
hat. Das die natürlich dann auch ein
Stück, ein Eigengewicht entwickelt, und
damit dann auch in diese Richtung,
Entwicklung, ein Stück weiter vorran
bringt, das verwundert nicht wirklich, und
ansonsten ist das sehr ambivalent, also
bei der ePrivacy Verordnung, darüber
wurde ja hier auch schon diskutiert, gibt es,
aber bei einem anderem Talk, da geht es
auch um die Frage, wie weit geht die
Souvernänität des Einzelnen, das
Informationelle Selbstbestimmungsrecht,
und dürfen Unternehmen im Rahmen ihrer
Geschäftsmodelle, ohne Einverständnis der
Betroffenen, Profile bilden, und das
Nutzerverhalten tracken, da wird im
Augenblick eine sehr intensive
Auseinandersetzung geführt in Brüssel, und
ich hoffe, dass das gut ausgeht.
Herald: Also OK, wir haben jetzt noch 3-4
Minuten, deswegen, vielleicht kriegen wir
alle offenen Fragen noch unter, dann
machen wir direkt bei 5 weiter, bitte.
Mik 5: Die Zusammenhänge, die sie
dargestellt haben, sind jetzt nicht so
leicht, eh, nicht so schwer zu verstehen,
sind unsere Politiker entweder strohdumm
und beratungsresistent, oder verfolgen
sie auf der anderen Seite vielleicht eine
ganz andere Agenda als vorgeblich sich um
unsere Sicherheit zu kümmern. Welche
Agenda könnte das sein?
Schaar: Also, ich bin da ganz vorsichtig,
bei diesen Agenda Fragen, weil das immer
so ein heimliches Programm voraussetzt,
ich bin eher skeptisch, was solche
Theorien anbelangt, andere sprechen ja da
von Verschwörungstheorien. Aber natürlich
gibt es da sicher sehr unterschiedliche
Interessen. Es geht zum großen Teil um
nichts anderes als um, sag ich mal,
Einfluss, es geht um Hegemonie, auch in
der Gesellschaft und ich finde, das ist,
sag ich mal, auch sehr gefährlich, aber es
ist etwas anderes, als wenn jetzt praktisch
jemand eine totalitäre Agenda verfolgt,
das würde ich bei den Politikern,die die große
Mehrheit auch unserer politschen Klasse in
Deutschland ausmachen, so nicht sehen.
Also insofern, man kann da anderer
Auffassung sein, ich persönlich bin da doch
ein Stück weiter optimistisch, was dann
auch bedeuten würde, dass es gelingen kann,
wenn man gesellschaftliche Strömungen auch
verändert, und daran kann man arbeiten,
dass dann auch sich die Agenda von
Politikern darauf auf ein Stück stärker
einstellt, und dass bedeutet, dass da auch
entsprechender Druck, entsprechende
Bewegung da sind. Sei das nun von der
Öfftentlichkeit ausgehend, sei es über das
Bundesverfasssungsgericht, da gibt es ja auch
Ansätze, solche Gerichte stärker auch noch
in Position zu bringen, wenn es um die
Verteidigung von Grundrechten und
Freiheitsrechten geht.
Herald: Haben wir im Saal noch eine offene
Frage, und ich glaube die reicht gerade
noch so, bitte.
Frage: Ich hab den Eindruck, dass unsere
Spitzenpolitiker heutzutage, sogenannte
Realpolitiker sind, die lieber eine
Kosten-Nutzen Rechnung aufmachen,
anstatt nach ihren Idealen zu handeln.
Bisher waren der Nutzen von
Massenüberwachung für den Staat ja relativ
groß, die Kosten für die Beschneidung von
Bürgerrechten minimal. Können sie sich ein
System vorstellen, in dem wir die Kosten
für diese Beschneidung von Rechten
hochtreiben können, oder müssen wir diese
Art von Politikern loswerden?
Schaar: Also erstmal bin ich überhaupt
nicht der Auffassung, dass der Nutzen groß
war, also das bestreite ich erstmal.
Applaus
Und zum zweiten
würde ich sagen, dass die Kosten
für Überwachung sozusagen zu
vernachlässigen sind, stimmt auch nicht.
Auch die Kostenseite ist immens, und
gerade in der Perspektive, wenn man sich
vorstellt, wie viele Polizisten die vielen
Fehlalarme jetzt abarbeiten müssen, werden
enorm sein! Ich finde, wenn man Kosten-Nutzen
nicht nur ganz kurzfristig sieht, sondern
in einer längeren Entwicklung, dann muss
auf der Haben Seite auch stehen, was für eine
Gesellschaft wir haben wollen. Und der
Nutzen für die Gesellschaft besteht in der
Freiheitswahrnehmung, und das finde ich,
muss auf die Politische Agenda
zurückkommen.
Applaus
Ich glaub, das ist jetzt aber auch ein
Schlusswort, ne?
Herald: Sehr passendes Schlusswort, wir
sind genau pünktlich fertig geworden.
Vielen Dank Peter Schaar!
Applaus
Abspannmusik
Untertitel erstellt von c3subtitles.de
im Jahr 2018. Mach mit und hilf uns!