WEBVTT 00:00:06.189 --> 00:00:11.687 Wir befinden uns im St. Petersdom und betrachten einen sehr berühmten früh-christlichen Sarkophag. 00:00:11.687 --> 00:00:14.221 Es handelt sich um das Grab des Junius Bassus. 00:00:14.221 --> 00:00:20.086 Nun ist es ein wenig kompliziert, denn das, was die Leute üblicherweise sehen, ist eine Kopie, die der Vatikan 00:00:20.086 --> 00:00:24.887 in seinem Museum ausstellt - wir sind aber in der Schatzkammer und das hier ist der tatsächliche Sarkophag. 00:00:24.887 --> 00:00:31.341 Junius Baccus war ein römischer Präfekt in der Mitte des 4. Jahrhunderts. 00:00:31.341 --> 00:00:34.154 Okay, wir wissen, dass er seine Position im Jahr 359 inne hatte. 00:00:34.154 --> 00:00:38.902 So betrachten wir einen sehr frühen Moment, kurz nachdem Konstantin 00:00:38.902 --> 00:00:41.921 das Christentum im Römischen Reich legalisiert hat 00:00:41.921 --> 00:00:48.337 und Konstantin ist gerade dabei, das Christentum 00:00:48.337 --> 00:00:52.371 zur offiziellen Religion des Römischen Reiches hinzuführen - was so Ende des 4. Jahrhunderts geschah. 00:00:52.371 --> 00:00:59.041 Somit ist das ein frühes Beispiel für ein Art von Offenheit und eine wirklich großartige Darstellung 00:00:59.041 --> 00:01:01.336 der Ikonographie der christlichen Tradition. 00:01:01.336 --> 00:01:05.854 Und was wirklich interessant ist, dass es nicht so aussieht, wie wir es erwartet haben, und zwar deshalb, weil 00:01:05.854 --> 00:01:13.229 Christus hier im Zentrum mit wahrscheinlich Petrus und Paulus - den zwei Figuren auf jeder Seite - dargestellt wird. 00:01:13.229 --> 00:01:15.264 Ja, es ist wahrscheinlich, dass es sich um Petrus und Paulus handelt. 00:01:15.264 --> 00:01:19.937 Aber er sieht sehr jugendlich aus, wie ein junger Leher der Philosophie. 00:01:19.937 --> 00:01:22.257 Er hält sogar eine Schriftrolle in seiner Hand ... 00:01:22.257 --> 00:01:29.303 Und er sitzt und zwar frontal, jedoch nicht total frontal. So schätze ich, das ich damit sage: Dinge, 00:01:29.303 --> 00:01:34.102 die wir normalerweise mit Darstellungen von Christus assoziieren - wo er wie ein Herrscher aussieht, er älter ist 00:01:34.102 --> 00:01:38.299 und einen Bart trägt. Hier ist er sehr jugendlich dargestellt, 00:01:38.299 --> 00:01:44.254 obwohl er sitzt und frontal dargestellt ist, hat er eine Art Natürlichkeit und Bewegung bezüglich seines Körpers, 00:01:44.254 --> 00:01:48.020 sein linkes Bein steht ein bisschen vor, sein Kopf ist leicht gewendet. 00:01:48.020 --> 00:01:51.570 Und er hält seinen Fuß über ein Abbild eines Flußgottes 00:01:51.570 --> 00:01:54.787 was interessant ist, da es zeigt, wie das Christentum die alten 00:01:54.787 --> 00:01:57.093 polytheistischen Traditionen der antiken Römer überwindet -- 00:01:57.093 --> 00:02:05.354 Eine Verwendung der Ikonographie der antiken römischen, heidnischen Kunst im neuen christlichen Kontext. 00:02:05.354 --> 00:02:12.177 Ich bin wirklich interessiert an dem, was du vorhin gesagt hast, darüber, dass Christus nicht physikalischen Eigenschaften erfüllt, 00:02:12.177 --> 00:02:18.002 die wir erwartet hätten. Und das ist so früh, dass sich - in einer gewissen Weise - diese Traditionen noch nicht entwickelt hatten -- 00:02:18.002 --> 00:02:18.944 Genau. 00:02:18.944 --> 00:02:23.887 -- sie wurden noch nicht vollständig konstruiert und akzeptiert, somit handelt es sich um einen flexiblen Moment. 00:02:23.887 --> 00:02:28.269 Richtig, diese Ikonographie wurde erst entwickelt. Und hier sieht er in gewisser Weise wie eine heidnische Figur aus. 00:02:28.269 --> 00:02:34.394 Das ist sicher richtig, denn er trägt auch ein klassisches Gewand. Und es ist stilistisch interessant 00:02:34.394 --> 00:02:38.637 weil diese Skulptur einen ziemlich hohen Grad der Natürlichkeit aufweist 00:02:38.637 --> 00:02:43.937 bezüglich der Darstellung der Körper, des Kontraposts, in dem die Figuren stehen, 00:02:43.937 --> 00:02:47.323 und sogar in manchen emotionalen Eigenschaften der Figuren. 00:02:47.323 --> 00:02:53.055 Hier ist eine gewisse Art von Natürlichkeit, obwohl wir die Anfänge einer Art des frühen christlichen Stils sehen. 00:02:53.055 --> 00:02:59.837 Es gibt einige Hinweise, was daraus entstehen wird. Die Köpfe sind ein bisschen zu groß für die Körper. 00:02:59.837 --> 00:03:04.560 Die Körper beginnen ein bisschen gedrungener zu werden. 00:03:04.560 --> 00:03:06.821 Somit ist es ein sehr interessanter Übergangsmoment. 00:03:06.821 --> 00:03:11.056 Wir sehen andere Szenen aus der Bibel und wir sehen frühe Interpretationen davon 00:03:11.056 --> 00:03:16.716 hier, aber diese Art der Darstellung dieser Szenen wird uns sehr vertraut werden. 00:03:16.716 --> 00:03:19.753 Wir haben Adam und Eva in einem tiefer gelegenen Darstellung 00:03:19.753 --> 00:03:26.471 und auch andere Szenen aus dem Alten Testament, die Ereignisse im Leben von Christus vorweggenommen hätten. 00:03:26.471 --> 00:03:32.610 Somit die Idee, auszudrücken, dass Ereignisse aus dem Alten Testament, wie das Opfer von Isaac, vorweggenommen haben 00:03:32.610 --> 00:03:40.336 das eigene Opfer von Christus zur Erlösung der Menschheit - somit ein Weg zu sagen, dass das Leben von Christus 00:03:40.336 --> 00:03:45.134 die Erfüllung der Prophezeiung und der Ereignisse des Alten Testaments ist. 00:03:45.134 --> 00:03:51.492 Wovon wir hier Zeuge sind, ist die Erfindung einer neuen Ikonographie, die Erfindung einer neuen visuellen Sprache 00:03:51.492 --> 00:03:54.220 zur Erzählung dieser wichtigen Geschichten. 00:03:54.220 --> 00:03:59.604 Was mir ebenfalls auffällt ist, wie tief sie eingemeisselt sind. Es ist im Prinzip eine Reliefskulptur 00:03:59.604 --> 00:04:05.756 aber die Figuren sind ein sehr, sehr hohes Relief. Manche scheinen sogar getrennt 00:04:05.756 --> 00:04:12.796 vom Hintergrund aus Marmor zu sein. Ich liebe diese Säulen mit den Kapitälen und das Zusammenspiel 00:04:12.796 --> 00:04:15.457 von Klassischem und den Anfängen des Christentums.