Im Jahr 2000 machte ich Abitur, das ist schon ein paar Jahre her. Davor lagen 13 Jahre Schulzeit und daran erinnere ich mich eigentlich gern zurück. War eine schöne Zeit, es gab viele Partys, das kennt ihr wohl alle. Man hat viel gelernt, die Lehrer waren nett ... (Gelächter) Ich verbinde die Zeit aber auch mit einem anderen Gefühl, einem nicht so schönen. In der Schulzeit hatte ich öfter mal das Gefühl der Angst. Die Angst war damals ein großes Thema. Damit meine ich nicht Angst vor Lehrern oder vor Prüfungen oder Angst, den Bus zu verpassen. Sondern ich hatte Angst, im Unterricht nach vorne zu müssen, um vor anderen Menschen zu sprechen. Ich war froh, als ich 18 war; da kann man sich selbst Entschuldigungen schreiben. Es war selten das Fieber oder die Erkältung, weshalb ich nicht zum Unterricht kam. Es war tatsächlich die Angst, weil ich ein Referat hatte. Im Studium später genau das gleiche Spiel. Ich versuchte immer, als Letzter zu präsentieren, und hoffte, es kommt etwas dazwischen: Feueralarm, der Dozent wird krank, der Professor kommt nicht. Es klappte selten und ich hatte öfter die Wahl zwischen Präsentieren und Durchfallen. Tatsächlich fiel ich ein paarmal wirklich durch und machte das Modul lieber noch einmal. Mein erster Job bestand darin, für eine private Hochschule auf Bildungsmessen unterwegs zu sein. Ich hatte viele Gespräche an den Messeständen, was richtig Spaß machte, aber dann kam immer der Moment, wo ich vor hundert Menschen die Hochschule vorstellen musste. Ich musste auf einer Bühne vor Fremden sprechen. Das war Panik, das bedeutete Schweißausbrüche und so ein komisches Gefühl im Bauch. Wer kennt das Gefühl? Das sind die meisten. (Puuuh) (Gelächter) Heute -- dieser Schritt ist eigentlich irrational -- stehe ich regelmäßig auf Bühnen. Ich bewarb mich vor einigen Jahren bei einer führenden Agentur für Präsentationen und verdiene heute mein Geld damit, auf Bühnen zu stehen und zu zeigen, wie man präsentiert. Ich mache nichts anderes. Wenn man die Geschichte erstmals hört, klingt sie abstrus: Warum hat er das gemacht? Es gibt einige Gründe, die ich euch mitteilen möchte. Der erste Grund war, dass ich sagte: Mit dieser Bühnenangst, diesem Lampenfieber möchte ich nicht ständig leben. Denn jeder von uns, von euch muss einmal auf die Bühne. Ob es die kleine Bühne im Vertrieb ist, wenn man beim Vorgesetzten ein Projekt pitchen oder sogar Speaker werden möchte. Das ist ja heute alles möglich. Die erste Erkenntnis war, dass Angst nur ein Gefühl ist, nichts anderes. Mit dieser Angst kann man umgehen, man kann sie annehmen. Ihr habt ja schon gemerkt und gesehen, dass diese Angst bzw. das Lampenfieber durch einen ganz normalen Prozess hervorgerufen wird, der uns vor vielen Jahren das Überleben sicherte. Es ist nichts anderes als die Reaktion auf einen lebensbedrohlichen Prozess, der auch auf der Bühne vielleicht bei dem einen oder anderen vorkommt. Hier war die Frage bei unseren Vorfahren: Wenn morgens beim Aufwachen der Säbelzahntiger in die Höhle guckt habe ich zwei Optionen: Flucht oder Angriff. Auf der Bühne ist beides kontraproduktiv. (Gelächter) Aber die Reaktion ist die gleiche. Die Pupillen werden weit, der Puls geht hoch, man beginnt zu schwitzen, der Adrenalinspiegel steigt, man kann nicht mehr komplex denken und fällt in eine Art Schockstarre. Vielleicht hattet ihr auf der Bühne auch schon diese Blockade. Die ist ganz normal. Eigentlich sind es nur drei Gründe, drei Ursachen, drei Möglichkeiten der Angst, die das Lampenfieber hervorrufen: entweder die Angst vor dem Scheitern, die Angst vor Bloßstellung oder die Angst vor Zurückweisung. Mehr ist es nicht. Es ist nicht lebensbedrohlich. Mit dieser Erkenntnis kommt man schon einen Schritt weiter. Was ich heute weiß: Ich war mit dieser Angst nicht allein. Wenn man Statistiken und Menschen fragt: "Was sind eure größten Ängste?" Da sind alle Statistiken etwa gleich. Auf Platz vier steht der Tod. Die Frage ist: Was ist noch schlimmer als der Tod? (Gelächter) Ungeziefer. Ganz vorne dabei. (Gelächter) Höhenangst -- auch ein großes Thema. Egal welche Studie oder Statistik man sich vornimmt, unangefochten auf Platz eins ist immer das öffentliche Reden. Es gibt prominente Beispiele wie John F. Kennedy. Er wurde durch seine Reden berühmt. Wer würde ihm Redeangst unterstellen, diesem Mann mit der kraftvollen Stimme und der Überzeugungskraft? Fakt ist aber, wenn man hinter ihm auf dem Podium saß, sah man, wie seine Beine beim Sprechen zitterten. Auch so eine Person hat Lampenfieber, das ist ganz normal. Es gibt mehrere Beispiele; das bringt mich zum nächsten Punkt. Den Mythos vom geborenen Redner gibt es nicht. Es gibt keinen geborenen Redner. Niemand wird als Redner geboren. Reden ist ein Handwerk und das kann man lernen. JFK nannte ich bereits. Martin Luther King bekam in seinem Rhetorikseminar im Studium nur eine Drei. Es gibt wohl keinen anderen Menschen in der jüngeren Geschichte der USA, der die Geschichte mit seinen Reden so prägend verändern konnte. Oder König George VI. Er war definitiv kein geborener Redner, er stotterte. Doch er schaffte es über eine wirklich phänomenale Rede, die Nation für den bevorstehenden Krieg zu motivieren. Vor allem, weil ihm gezeigt wurde, wie es funktioniert. Ich bin der Überzeugung, dass das der Knackpunkt ist, warum wir so ungern öffentlich reden: Weil wir es nie gezeigt bekommen. Weil die Kunst der Präsentation, die Kunst der Rede kein Bestandteil unseres Schulsystems ist. Mir hat niemand gezeigt, wie Präsentieren funktioniert, weder in der Schule noch im Studium. Man muss Glück haben, wenn man vernünftige Tipps und Tricks kriegt; wenn wirklich jemand da ist, der einem zeigt, wie es funktioniert. Heute ergreife ich die Möglichkeit, gehe in Hochschulen, Schulen, Grundschulen und zeige den Schülern, was Präsentieren bedeuten kann. Egal ob Studenten, Führungskräfte oder Grundschüler, alle lernen im Prinzip das Gleiche, denn alle ihre Ideen, die die Welt verbinden und verändern können ... die beste Idee ist nichts wert, wenn sie nicht richtig präsentiert und kommuniziert werden kann. Es gibt ein ein paar Geheimnisse, wie man besser kommunizieren und besser präsentieren kann. Zuerst muss man sich im Klaren sein, woraus eine Präsentation besteht. Das sind im Wesentlichen drei Teile: Inhalt, Visualisierung und Sprecher. Wenn wir diese drei Teile durchgehen, ist der erste Schritt zur Erkenntnis, dass der Inhalt das Fundament der Rede oder der Präsentation ist. Es ist nicht einfach, den richtigen Inhalt zu finden. Es gibt den Begriff "The Curse of Knowledge", "Der Fluch des Wissens". Man weiß sehr viel; die Kunst ist nun, nur relevantes Wissen zu vermitteln, nur das Wissen zu vermitteln, das dem Publikum etwas bringt. Das ist nicht einfach, vor allem, wenn ich nur eine kurze Präsentationsdauer habe. Woodrow Wilson wurde einmal gefragt -- er war von 1913 bis 1921 Präsident der USA --, wie lange er sich auf Reden vorbereite. Er sagte, für eine zehnminütige Rede bereite er sich sieben Tage vor; für eine fünfzehnminütige Rede drei Tage; für eine halbstündige Rede waren es noch zwei Tage und für eine einstündige Rede bereite er sich gar nicht vor. Weil es wesentlich schwieriger ist, die richtigen und wichtigen Inhalte in eine kurze und kompakte Dauer zu bringen, als die Möglichkeit zu haben, eine Stunde lang um den heißen Brei zu reden. (Gelächter) Das kennt man vielleicht. Kombiniert mit der Kernbotschaft, kann das eine ziemliche Macht entwickeln. Um es gehirngerecht zu verpacken, sollte ich die Inhalte in eine gute Struktur bringen. Eine gute Struktur, die oft angewendet wird, ist die sogenannte Dreierstruktur, die jeder anwenden kann. Warum Dreierstruktur? Weil man sich drei Dinge gut merken kann und weil die Drei in unserer Kultur verankert ist. Denken wir an die Heiligen drei Könige, die Heilige Dreifaltigkeit, an "Herr der Ringe" -- drei Teile, (Gelächter) Star Wars -- waren mal drei Teile -- jetzt sind es drei mal drei Teile. Beim Sport bekommen die ersten drei eine Medaille, der Vierte geht quasi leer aus. Die Drei ist in unserer Kultur verankert. Drei Dinge kann man sich gut merken -- nicht zwei, vier, sieben -- drei Dinge. Wir machen einen Test. Ich sage Zahlen und Sie versuchen, sie zu wiederholen. 42 (Publikum: 42) 23, 812. (Publikum: 23, 812) 37, 509, 12. (Publikum: 37, 509, 12.) 37, 95, 743, 12. (Gemurmel, Lachen) Das waren keine unterschiedlichen Zahlen, aber vier Dinge kann man sich nicht mehr merken. Deswegen ist es gut, mit drei Argumenten zu arbeiten oder einer Dreierstruktur wie "gestern, heute, morgen", "Ist, Soll, der Weg dahin". Nicht versuchen, eine breite Präsentation zu erschaffen, die in zehn Kapiteln lebt. Das wird nicht funktionieren. Wenn ich den Inhalt habe, kann ich ihn durch einen visuellen Verstärker noch besser machen. Mit visuellem Verstärker meine ich: manchmal Folien, manchmal Flipchart, je nachdem. Es sollte eine sinnvolle Visualisierung sein. Kein betreutes Lesen, also den Text, den ich sowieso spreche, auch auf den Folien zu haben. Es ist Sommer, ihr fahrt vielleicht demnächst in den Süden, an den Strand. Schließt bitte die Augen und stellt euch vor, wie es da ist. Stellt euch vor, wie ihr am Strand seid, wie das Meer rauscht, die Wellen an den Strand gespült werden, wie die Sonne langsam am Horizont untergeht und wie ihr mit Partner oder Partnerin ganz entspannt am Strand entlanglauft. Habt ihr das Bild? Öffnet die Augen. Habt ihr das hier gesehen? (Gelächter) Oder eher das? Menschen sind visuell. Mit Bildern erreicht man Menschen wesentlich besser als mit Text. Deswegen ist es wichtig, mit großen Bildern zu arbeiten und dazu zu sprechen. Das bringt uns zum letzten Punkt, zum Sprecher: Was kann er machen? Er muss nichts anderes machen, als zu üben, zu üben und nochmal zu üben und immer wieder auf die Bühne zu gehen. Mit dieser Sicherheit verliert er auch sein Lampenfieber. Das ist so wichtig. Denn dann kann man erst die Welt verändern, Menschen verbinden, Welten verbinden. Wie zum Beispiel John F. Kennedy, als er die Nation dazu aufrief, als erste auf dem Mond zu sein. Oder Martin Luther King beim Marsch auf Washington. Oder Steve Jobs mit seiner phänomenalen Abschlussrede, vor den Stanford-Absolventen. Das Problem ist hier, dass wir die persönliche Kommunikation aufgrund der Digitalisierung immer mehr verlernen. Digitalisierung ist gut, um Prozesse zu vereinfachen, zum Austausch mit Menschen auf der anderen Seite der Welt. Aber vor allem der persönliche Kontakt, das persönliche Sprechen mit und vor anderen Leuten ermöglicht es erst, die Welt zu verändern. Oder glaubt ihr, dass Martin Luther King es mit einem Tweet geschafft hätte? (Gelächter) Oder John F. Kennedy mit einem Strategie-Paper auf dem Download-Center des Weißen Hauses? (Gelächter) Oder Steve Jobs mit einem Post in der WhatsApp-Gruppe der Stanford-Absolventen? Ich glaube nicht. Es geht um den persönlichen Kontakt. Damit kann ich anders sein, einen Unterschied machen. So kann ich Menschen inspirieren, weil sie mir zuhören. Wenn ich Menschen inspiriere, kann ich Menschen und die Welt verbinden und Menschen bewegen. So ging es mir damals auch auf diesen Bildungsmessen, wo ich allein durch die Vorträge, wie eine Hochschule aufgebaut ist, Menschen zeigen konnte, wie sie etwas anderes studieren, ihnen einen neuen Weg zeigen konnte. Diese Erkenntnis und das Feedback brachten mich dazu, immer öfter auf die Bühne zu gehen, das Lampenfieber abzulegen und mich schlussendlich bei der führenden Agentur für Präsentationen zu bewerben. Das Schöne: Jeder von uns kann es. Jeder von uns ist ein geborener Redner. Jeder kann es lernen. Es ist ein Handwerk. Das Tolle ist, dass es vor allem in der Zeit der Digitalisierung so einfach gemacht wird, weil wir auffallen, weil wir anders kommunizieren und sprechen als über Facebook, WhatsApp und Co. Man kann einen Unterschied machen -- sein Team führt man nicht virtuell. Ein Unternehmen führt man nicht virtuell. Man kann im Vertrieb virtuell nicht gut verkaufen, das geht mit Präsenz, mit Kommunikation vor Ort. Ich glaube, dass wenigstens einer hier im Saal mit einer guten Idee morgen aufsteht und sie kommuniziert und dafür kämpft, dass seine Idee gehört wird. Ich bin mir auch sicher, dass hier im Raum in den Köpfen noch viel mehr Ideen existieren, die nur darauf warten, präsentiert zu werden. Darauf hoffe ich. Danke. (Applaus)