Wikipaka Intro Musik
Herald: Im folgenden Beitrag geht es um
andere, nicht so leicht sichtbare
Erkrankungen und Behinderungen. Von den
Erkrankungen Myalgische Enzephalomyelitis
und bis hin zur
Gliedergürtelmuskeldystrophie und was das
alles heißt und was das für das Leben für
Auswirkungen hat. Bitte begrüßt mit mir
unsere folgenden Vortragenden Hannah,
Kali, Bianca, Melzai und Daniel.
Melzai: Hallo, schön, dass ihr
vorbeischaut in unserer Panel rund um das
Leben, Leben mit Behinderung,
"Behinderung" oder auch über die Idee über
Barrierefreiheit. Bevor wir anfangen aber
noch ein paar Worte. Alle Menschen hier
auf diesem Panel sprechen aus persönlicher
Betroffenheit heraus aber unterscheiden
sich deutlich in Arten, wie wir unser
Leben leben können oder leben könnten
können und die Gründe, die dahinter
stehen. In den nächsten Minuten geben wir
euch einen Überblick über das Wie und
Warum, aber auch unsere Sorgen und
Ansprüche, die wir eigentlich ans Leben
haben. Wenn alles klappt, schließen wir
das Panel mit einer Einschätzung, ob
Barrierefreiheit für alle überhaupt in
nächster Zeit erreichbar ist. Und wenn die
Technik genau dann gibt's tatsächlich noch
eine Live Q&A. Und damit fangen wir jetzt
einfach mal an mit der Vorstellungsrunde.
Ich würde mal als erstes gehen in die
erste Vorstellungsrunde. Und zwar bin ich
Agnes. Ich gehöre zu den Hacksen und bin
fast fertig promovierte Informatikerin mit
Schwerpunkt auf Bioinformatik /
Chemieinformatik. Genau. Möchte jemand als
nächstes? Bianca?
Bianca: Ja, okay. Ich bin Bianca. Ich
würde mich noch als Neu-Haeckse
bezeichnen, bin Diplom-Psychologin,
arbeite im klinischen Bereich und das war
es eigentlich schon. Die nächste bitte,
der nächste bitte.
Melzai: Daniel, willst du?
Daniel: Ja, dann mache ich weiter. Mein
Name ist Daniel, ich bin Ende dreißig. Ich
bin, komm nicht aus der Technik Ecke. Ich
bin vom Beruf Jurist und privat bin ich
seit 2016 verheiratet.
Melzai: Hannah, möchtet ihr?
Hannah: Ja, hallo, wir sind Hanna. Wir
sind Mediengestalterin, das ist unser
Kontext zu Technick und engagierte
Benutzerinnen, Mitte 30 und jetzt das
erste Mal dabei.
Melzai: Kali, willst du schließen?
Kali: Ja, sehr gerne. Ich bin Kali. Ich
bin einunddreißig. Und auch das erste Mal
bei so einem Panel dabei und ich freue
mich sehr.
Melzai: Ja, das sind wir als Personen.
Aber es gibt ja einen Grund, warum wir
hier zusammen sind und damit würde ich
jetzt mal mit meiner Komponente anfangen.
Ich weiß nicht, ob ihr es seht, aber mein
Kopf bewegt sich relativ holprig. Manche
bezeichnen das als nervöser Tick. Aber es
ist in Wirklichkeit etwas anderes. Ich
habe einen Nystagmus, was bedeutet ich hab
ein Gen-Cluster, was von aus der Familie
herkommt, was dazu führt, dass unter
anderem meine Pupillen wackeln. Wir nennen
das "tanzende Augen". Wir haben das auch in
der Familie. Das heißt die nächste
Generation, die Kinder haben das jetzt
auch. Das ist der Begriff, womit wir
arbeiten. Das schränkt den
Gleichgewichtssinn ein. Das kann dazu
führen, dass man stark blendeempfindlich
ist und deswegen nicht nachts mit dem Auto
fahren darf. Und das führt auch dazu, dass
man z.B. kaum 3D-Sicht hat. Und ja, das
ist, das ist meins, weswegen ich hier zum
Beispiel da bin. Wollen wir wieder gleich
rum gehen?
Bianca: Ja, machen wir das, genau. Ich habe
eine Muskelsdystrophie, das ist eine
seltene Erkrankung und darum bin ich hier,
weil ich denke, es macht Sinn, seltene
Erkrankungen bekannter zu machen. Es ist
ein Gendefekt, der aber nicht unbedingt
bei den Verwandten auftritt. Das heißt, es
kann auch relativ überraschend, weil ich
die Auswirkungen auch erst so mit Anfang
20 gemerkt habe. Das schleicht sich so
heran und wird über das Leben immer
stärker. Man würde es mir jetzt auch nicht
unbedingt ansehen, weil ich auf dem Sofa
sitze, aber normalerweise benutze ich
einen Rollstuhl. Also wenn ihr mir jetzt
auf der Straße begegnet oder so, dann
sieht man es schon. Aber es gibt auch
einen Teil, den man mir nicht ansieht,
also Dinge, die ich kann oder nicht kann,
kann man jetzt nicht daraus schließen,
dass ich einen Rollstuhl nutze. Es gibt ja
auch so ein Bild von Rollstuhlfahrern, das
sind meistens die mit einem tiefen
Querschnitt die sehr stark trainierte
Oberarme haben und damit Bäume ausreißen
können. Das kann ich nicht. Ich kann schon
an einem schlechten Tag an einer sehr,
sehr fest zugeschraubten Flasche
scheitern. So, dann gebe ich erst mal
weiter.
Daniel: Dann mache ich weiter. Ich bin
seit Anfang 2018 an ME/CFS erkrankt,
ME/CFS steht für Myalgische
Enzephalomyelitis oder chronisches Fatigue
Syndrom. Die Krankheit ist vor allem in
Deutschland praktisch kaum bekannt und
gilt als selten, ist aber tatsächlich
eigentlich gar nicht selten. Es ist
ungefähr dreimal so häufig wie HIV oder
ungefähr so häufig wie Multiple Sklerose.
Man nennt es eine Multi System Erkrankung,
weil alle möglichen Körpersysteme davon
betroffen sind und entsprechend ist auch
die Vielfalt an Symptomen groß. Also man
kann vielleicht ein paar Beispiele nennen.
Also es gibt so immunologische Symptome.
Das ist z.B. so ein starkes
Krankheitsgefühl was man hat. So
grippeähnlich beschreiben das viele. Dann
gibts neurologische Symptome oder auch
Symptome was die... was den Metabolismus
anbetrifft und das Kardinalsystem ist
aber eine Belastungsintoleranz, das heißt,
alle Symptome an dem Gesamtzustand
verschlechtern sich nach Überschreiten
einer Belastungsgrenze, die
krankheitsbedingt sehr niedrig liegt. Also
es ist so, dass zwei Drittel ungefähr der
Betroffenen komplett arbeitsunfähig sind.
Deswegen ein Drittel kann die Wohnung
nicht mehr verlassen und die noch
krankeren, kommen nicht mal mehr aus dem
Bett heraus. Problem an der Krankheit ist
auch, man sieht es jetzt ja, also man
sieht das, wenn man die Leute nicht kennt.
Auf den ersten Blick sieht man es eben
nicht, denn dieser Effekt der
Verschlechterung, der tritt eben auch
immer erst zeitlich nachlaufend ein. Das
heißt also, wenn ich jetzt hier heute das
zu lange machen würde, dann würde ich
wahrscheinlich morgen dafür, ab morgen
dafür bezahlen für einen längeren
Zeitraum. Dann gebe ich auch weiter.
Melzai: Hannah, möchtest du?
Hannah: Ja, wir haben uns ja schon als
Person mit Plural-Pronomen vorgestellt.
Wir erleben uns als viele und zwar
aufgrund einer komplexen
Traumafolgestörung, die sich dissoziative
Identitätsstörung nennt. Ich bezeichne die
selbst als dissoziative Identitätsstruktur
Es kommt daher, dass ich als Kind so
viel und so umfassende Gewalt erlebt habe,
dass mein Persönlichkeitsbild so in der
Form nicht ausgebildet werden konnte. Also
ich erlebe mich selber, als wäre ich
viele, in verschiedenen Zuständen, die
dissoziativ sind, erscheine ich mir selber
fremd und wirke auch nach außen fremd, als
wäre ich jemand anders. Und von dieser
Erkrankung in Anführungsstrichen - es ist
so ein bisschen die Frage, ist es eine
Krankheit oder ein Anpassungsmechanismus
und damit eine Entwicklungsstörung, eine
traumabedingte? Die Folge ist einfach,
dass ich auch so wie Daniel z.B. viel
gucken muss: Was mache ich. Also bei mir
ist der Auslöser Stress. Dann gibt es eben
diese Wechsel und entsprechend wird
Dissoziation aus, also dissoziiere ich und
wechsel in andere Persönlichkeitszustände
oder Ich-zustände. Und erinnere das nicht
als mir zugehörig, von mir selbst erlebt
oder manchmal auch als nicht echt erlebt.
Und manchmal erinnere ich mich auch gar
nicht daran. Das hängt so ein bisschen am
Stresslevel und weshalb wir hier so bei
dem Panel dabei sind, um so ein bisschen
aufzuzeigen, dass so Traumafolgenstörungen
durchaus auch eine Behinderung darstellen
können. Also nicht nur, weil es denkbar
behindernd ist, traumatisiert zu werden.
So im Leben und was allgemein so die Sicht
aufs Leben angeht, sondern dass die
Folgen, immer dauerhaft sind und auch, ja,
so ein Stück weit Barrierefreiheit
erfordern. Außerdem leben wir seit 5
Jahren mit der zusätzlichen Diagnose des
Autismus. Da kann ich hier aber nicht so
viel sagen, weil wir das auch irgendwie
alles noch lernen und, was das irgendwie
ist und so. Nur dass ihr es wisst. Es ist
auch da. Man sieht es nicht, aber es ist
da. Und damit gebe ich weiter an Kali.
Melzai: Kali, machst du deinen Ton noch
an? Das ist die Sache mit diesem
virtuellen.
Kali: Entschuldigung. Danke. Ja, genau.
Ich bin Autistin. Ich wurde vor zirka drei
Jahren diagnostiziert als Asperger
Autistin. Autismus wird an sich als eine
Entwicklungsstörung klassifiziert im ICD
und im DSM 5. Ich persönlich würde es
nicht als Störung bezeichnen. Unser Gehirn
ist sozusagen ein wenig anders
verschaltet. Das Betriebssystem ist ein
bisschen anders als von anderen Menschen.
Genau. Was kann ich dazu sagen? Also was
ganz wichtig ist: Jeder Autist ist anders.
Deswegen ist es für mich jetzt schwer,
allgemein zu sagen, was Autismus jetzt
genau klassifiziert persönlich. Aber es
gibt halt einen ICD 10 Katalog, der
sozusagen abgearbeitet wird und in meinen
Augen auch reformbedürftig ist. Aber was
ich zu mir sagen kann, ist, dass meine
Reizschwelle sehr weit unten liegt. Das
heißt, ich nehme sehr sehr viel wahr.
Genau. Und ich bin hier bei diesem Panel
und vertrete Beta Lars und hoffe, dass ich
einiges dazu sagen kann. Ja, genau. Was
ich noch sagen kann, mein Bruder ist auch
Autist. Also es liegt sozusagen in den
Genen. Es ist vererbbar. Man sagt
ungefähr, dass bei einem autistischen
Elternteil jedes sechste Kind also eins zu
sechs ist. Ungefähr dass ja, dass ein Kind
dann autistisch sein kann.
Melzai: Deine Familie, wusste die, wie man
damit umgeht? Oder ist es nur eine
Diagnose gewesen jetzt seit drei Jahren,
oder? Also ich mein, es ist ist es ja. Es
gibt ja immer Krankheiten und dann ist die
Frage, erstmal richtige Diagnose finden.
Und die andere Frage ist ja, kann die
Umgebung jetzt damit umgehen? Weil er hat
jetzt ein Konzept, was jetzt vielleicht
besser funktionieren könnte oder sowas.
Klappt das bei dir? Also gibt es die
Möglichkeit dazu auch?
Kali: Könntest du die Frage ein wenig
spezifizieren?
Melzai: Ähm, kann dein Umfeld mit Autismus
umgehen? Wissen Sie, was das heißt? Auch
wenn du sagst, dass ist sehr, sehr
individuell.
Kali: Ja, sie kann sehr gut damit
umgehen. Also ich hab tatsächlich auch
großes Glück, ein Umfeld um mich herum zu
haben, an Freunden, die sehr, sehr offen
sind für Persönlichkeiten, die jetzt, ich
sage jetzt mal, auch wenn ich das Wort
nicht sehr gerne sage, der "Norm"
entsprechen. Und sie sind sehr, sehr
offen. Ich bin tatsächlich, also ich bin
ganz froh, dass ich sehr gut kommunizieren
kann. Es gibt auch einige Autistinnen, die
darin ein wenig mehr Probleme haben, jetzt
im Vergleich zu anderen. Das hilft mir
tatsächlich, einiges auch zu kompensieren
oder darzulegen, wenn ich anders erfahre
oder empfinde. Für meine Familie war es
ja, also auch ein sehr schönes Erlebnis.
Diese Diagnose, dass ich diese Diagnose
bekommen habe, weil sie einfach besser
verstehen konnten. Das heißt, sie haben im
Vorfeld Verhaltensweisen oder
Denkstrukturen, die ich aufgezeigt habe,
vielleicht nicht so ganz einordnen können
oder konnten es nur so einordnen, wie Sie
es halt kennen. Und das hat schon sehr
geholfen für die. Für meine Freunde war
das nichts Neues. Also Sie haben gesagt:
Okay, du bist Autistin. Ja, hätten wir ja
nicht gedacht. Da kommen wir zu diesem
typischen Stereotyp, was halt existiert.
Aber da gehen sie sehr gut mit um. Und da
ist eigentlich nicht sehr viel passiert
bei meinen Freunden.
Melzai: War das bei allen von euch so,
dass das Umfeld damit umgehen konnte? Wenn
dann eine Diagnose kam? Oder ist das ein
bisschen komplizierter gewesen?
Bianca: Dann sage ich kurz was, das ist
bei mir tatsächlich immer noch
kompliziert, das war am Anfang ganz easy,
weil ich ganz wenig Einschränkungen hatte.
Also bei mir bauen ja die Muskeln nach und
nach ab durch ne Stoffwechselstörung.
Und am Anfang waren es so Kleinigkeiten -
ich konnte nicht mehr so gut
Treppensteigen oder sowas. Das wird jetzt
aber immer mehr und ich kann immer weniger
und ich habe Tagesschwankungen und es ist
tatsächlich so, dass mein Umfeld, die mich
da unterstützen müssen, mir unter die Arme
greifen im wahrsten Sinne des Wortes, mir
helfen müssen manchmal auch nicht
verstehen, dass es an einem Tag besser
geht und einem anderen schlechter. Oder
wenn ich gestresst bin, dann geht auch
alles noch schlechter. Und dass ich dann
auch teilweise ein bisschen ängstlich
werde und angespannt reagiere. Das wird
dann schwierig. Dann kommt es manchmal so
zu kleinen Konflikten. Wir lösen das dann
auch auf, weil ich kann mich ja auch
artikulieren. Aber es ist tatsächlich
nicht immer einfach. Also gebe ich weiter,
Daniel?
Daniel: Ja, dann schließe ich mich da
gerne an. Also bei mir ist es ja so, dass
ME/CFS bei mir, wie es in den meisten
Fällen ist, im Anschluss an eine Infektion
ausgebrochen ist. Also man bezeichnet es
eben als insbesondere postvirale
Erkrankung. Bei mir war es diese eine
Grippe in der schweren Grippesaison 17/18,
also Anfang 2018. Und bei mir begann das
dann ganz plötzlich, wirklich so von einem
Tag auf den anderen. Und diese
Einschränkungen setzten plötzlich ein. Das
heißt also, alle schon ganz konkreten
weiteren beruflichen Pläne sind zerstoben
und auch privat war, natürlich hatten wir
uns, wir hatten ja ungefähr ein gutes Jahr
vorher erst geheiratet. Wir hatten uns
natürlich ein ganz anderes Leben
vorgestellt und mein Glück war jetzt in
dem Fall, dass ich relativ schnell
herausgefunden habe, 2018, was ich
eigentlich habe, was das Problem ist und
was das bedeutet, nämlich also, dass das
jetzt eben nicht ein vorübergehender
Zustand ist, sondern eben aller
Wahrscheinlichkeit nach einer, der
jedenfalls nicht signifikant besser wird,
möglicherweise schlechter, man weiß es
nicht. Aber das eine, das eine ist
natürlich, selber damit klarzukommen. Aber
auch wenn jetzt mein unmittelbares Umfeld
sehr positiv reagiert hat, ist die
Herausforderung natürlich riesig, weil
alle müssen sich völlig neu auf die
Situation einstellen. Und ich erlebe das
auch jetzt. Ich habe jetzt ja viele
Bekanntschaften geknüpft mit anderen
Betroffenen und das ist teilweise sehr
viel, es verläuft oftmals sehr viel
weniger günstig als jetzt in meinem Fall.
Insbesondere wenn dann von ärztlicher
Seite nicht erkannt wird, um was es sich
handelt. Und wenn dann gesagt wird: Ja,
die betroffene Person, die ist eigentlich
gesund. Das wird ja bei ME/CFS Patienten
häufig von Ärzten erstmal, weil Standard-
Untersuchungen eben dafür gegenwärtig noch
nicht etabliert sind und übliche Standard-
Untersuchungen zu keinem Befund führen. Da
wird gesagt: Person ist gesund, die muss
nur wollen und sich mehr anstrengen und
dann geht das schon. Und deswegen bekomme
ich das mit, dass diese Krankheit dann
auch häufig wirklich auch die sozialen
Banden zerstört, weil die Menschen dann
von den Betroffenen einfach erwarten,
jetzt wieder zu funktionieren und sich
doch mal anzustrengen. Aber das geht eben
krankheitsbedingt nicht. Man kann sich
anstrengen und das auch wollen, nur wird
es dann immer schlechter und der Zustand
verschlechtert sich immer weiter. Also das
ist, also es ist sehr schwer, weil das so
plötzlich ist mitten im Leben sehr
schwieriger Vorgang für mich gewesen.
Aber wenn ich so sehe, wie es anderen
damit geht, muss ich sagen glaub ich,
hatte ich ja noch sehr viel Glück. Und was
ich gerade an der Stelle auch noch sagen
will. Das geht jetzt momentan sehr vielen
Menschen, andere Menschen genauso. Denn
ich hab's gesagt ME/CFS ist meistens in
einem postvirale Erkrankung und die Corona
Pandemie wird jetzt eben auch zu vielen
anderen Fällen dieser Art noch führen. Das
ist jetzt unter Long Covid bekannt und ein
Teil dieser Long-Covid Betroffenen, die
haben genau die Symptome, die ich auch
habe und die haben jetzt alle sie stehen
jetzt alle vor dieser Situation. Gebe ich
weiter.
Hannah: Ja, bei uns war das so, dass wir
das Umfeld gar nicht weiter darüber
informieren konnten, dass wir viele waren,
weil wir die Diagnose bekommen haben, als
wir 16 waren und selber noch nicht so viel
darüber wussten. Also es wurde uns
erklärt, was es ist und dass es eine
seltene "Erkrankung" in Anführungsstrichen
und eine, die bis heute in einer scheinbar
nie enden wollenden Diskussionen überhaupt,
es wird überhaupt diskutiert,
ob sie echt ist, ob es sie wirklich gibt.
Und wir persönlich - Disclaimer - für uns
persönlich gibt es sie. Wir leben damit.
Und sie steht im ECD10. Also für uns ist
sie Existenz. Aber es gibt Menschen, die
tatsächlich noch darüber diskutieren
wollen, ob das, ob es das gibt oder nicht,
ob meine Lebensrealität so ist, wie sie
ist oder nicht. Oder in Wahrheit irgendwie
was ganz anderes. Und als ich 16 war und
dann später 18/19 erst hatte ich den
Zugang zu Fachliteratur. Und würde sagen,
dass in unserem Fall so ein bisschen der
Vorteil war, dass wir als Jugendliche
diagnostiziert wurden, also das ist
sowieso immer ganz günstig, wenn man jung
mit schwierigen Dingen diagnostiziert
wird, aber wir haben eben nichts aufgebaut
und dann durch die Diagnose verloren oder
mussten ganz viel in Frage stellen,
sondern sind einfach schon damit erwachsen
geworden, dass wir eben nicht alles
erinnern, auch ziemlich in eine ziemlich
große biographische Erinnerungslücken
haben. Also dass wir einfach nicht viel
über Kindheit und frühe Jugend wissen,
sondern einfach, dass so ein bisschen mit
dieser Diagnose beginnt, das biografische
Gedächtnis. Und damit gehen wir einfach
um. Und das ist etwas, was wir nicht
verstecken können oder irgendwie in
irgendeiner Form maskieren können. Es sei
denn, wir reden gar nicht drüber. Und wir
haben uns relativ früh dafür entschieden,
das nicht zu machen, weil es uns einfach
zu anstrengend ist. Und wir jetzt wissen
wir auch. Es ist Autismus bedingt einfach
nicht gut in der Lage sind zu lügen im
Sinne von raten können, woraus die andere
Person schließen könnte, dass wir gerade
eine Lüge erzählen. Das hat uns einfach
immer überanstrengend und von daher sind
wir relativ offen damit und sind auch
nicht empfindlich, was das angeht. Also.
Wir merken halt, entweder müssen wir
darüber reden, dass es das wirklich gibt,
oder wir müssen sagen, wie es bei uns ist
und was wir brauchen, ob wir überhaupt
irgendetwas brauchen. Und für uns steht da
halt immer im Vordergrund, dass wir ganz
konkrete Rückmeldung brauchen, weil wir
häufig einfach nicht Dinge mitkriegen, die
andere von uns mitkriegen. Und
entsprechend ist die Unterstützung, die
wir brauchen, eine kommunikative. Also ja,
Kommunikation und, also eine gewisse
Klarheit insgesamt ist das, was wir am
meisten brauchen, noch mehr als irgendwie
träger Armut oder irgendwie, also so einen
traumasensiblen Umgang. Denn erstaunlich
viel, was als traumasensibel bezeichnet
wird, ist einfach höflich, Höflichkeit und
Respekt und vielleicht ein bisschen
Achtsamkeit. Aber ja, uns hilft am meisten
eben diese Kommunikation. Gleichzeitig die
größte Barriere, aber das ist eben das,
was am meisten hilft. Und so leben wir
halt damit rum. Auch unser Umfeld.
Melzai: Hier bei mir in der Familie ist es
so, dass dieser Nystagmus halt schon seit
mehreren Generationen auftritt. Das heißt,
so 50 Jahre Erinnerungen in der Familie
daran, wie man in den verschiedenen Phasen
der Schulinklusionssituation durch die
Schulen geht, wie Ärzte und Ärztinnen mit
einem umgehen und so weiter. Ein Nystagmus
tritt 1 zu 100 000 auf der ist
X-chromosomal, das bedeutet in meinem
Fall, in meiner Generation war es ganz
klar es kommt vom Vater und
dementsprechend: Oh, ein Mädchen. Ja, das
wird ein Nystagmus haben, weil sofort
quasi klar bei Geburt. Und das heißt, man
passt sich dann, man passt sich halt das
Leben an. Wir haben gesagt, je früher man
das bekommt, desto einfacher ist es. Wir
haben jetzt die nächste Generation,
dementsprechend erklären wir den Kindern,
wie jetzt die, die wir jetzt haben, dass
sie zum Beispiel nicht Hubschrauberpilot
werden können. Das ist halt. Aber viele
Menschen können sich Hubschrauberpilot
werden. Dementsprechend ist das nicht
weiter billig. Aber man verändert halt die
die Ansprüche. Man hat allerdings auch das
Problem, dass wenn man zu den Ärzten geht,
dass sie tendenziell keine Ahnung haben.
Das heißt, da muss man als Elternteil
eventuell eingreifen muss. Die Kinder
gehen teilweise eigentlich in die
Regelschule. Alle meine zwei Schwestern
und ich wurden für die Blindenschule
empfohlen. Wir sind aber nun wirklich
nicht blind. Also solche Sachen kommen
dann. Das heißt aber auch zu dem Zeitpunkt
wusste man auch noch nicht viel. Als ich
aufgewachsen bin, über den Nystagmus, es
war unklar, wie er sich ausprägt und das
wars. Das heißt, der Lehrer hatten keine
Ahnung. Es gab keinen Begleitdienst. Man
hat keine Sonderregel im Schulsport
bekommen, z.B. mit 3D Sicht ist halt
Ballsportarten, ist halt nicht drin. Das
bedeutet, deswegen bezeichne ich das als
eine unsichtbare Behinderung, weil man die
jemandem nicht ansieht. Man glaubt
maximal, die Person hat einen nervösen
Tick und dann funktionieren halt
überraschende Dinge nicht. Zum Beispiel
ich bin die Person weswegen in der Schule,
die Sitzordnung nicht geändert werden
kann. Und das ist sehr frustrierend für
neue Lehrer, die reinkommen und die
unbedingt aber jetzt haben wollen, weil
die Quatscher aus der letzten Reihe bitte
dann nach vorne müssen. Da sitzt da einer
sagt Nee, das geht aber nicht, weil dann
kann ich nichts mehr lesen. Das ist die
Person, die sagt: Nein, aber Volleyball,
das wird jetzt aber nix. Aber natürlich
muss man trotzdem mitmachen. Und dann
kommen diese obskuren Sport Noten zustande
und man kriegt auf dem Schulweg nach Hause
Wörter hinterher gebrüllt, die man
tendenziell Kinder mit Down-Syndrom
hinterher brüllt und so weiter und so
fort. Genau. Und dazu kommt auch dann die
Geschichte, dass es in meiner Familie von
der familiären Erinnerung her: Wir reden
über Teile des Lebens zum Beispiel meiner
Eltern nicht. Weil die Schulzeit von
Teilen von meinen Eltern, über das wird
nicht gesprochen. Und dazu gehört dann
natürlich auch noch, dass meine Eltern von
ihren Eltern großgezogen worden sind, die in der
Nazizeit groß geworden sind. Und da kommt
dann der Spruch von den minderwertigen
Genen, das heißt auch die Erinnerung haben
wir in der Familie. Der Unterschied ist
nur, dass unsere jetzige Generation, die
ja jetzt die nächste Generation mit
Nystagmus großzieht, sich damit
konstruktiver auseinandersetzen kann. Das
bedeutet, dass wir unsere Kinder anschauen
und überlegen: Wie geben wir diesen
Kindern Resilienz mit, aber auch
Lebensfreude. Nicht nur, nicht nur Flucht,
sondern auch Mut. Und das ist, das ist das
familiäre Umfeld, was versucht, diese
ganzen Situationen aufzufangen, die zwar
behauptet wird, in der Schule, dass es
Inklusion gäbe, aber - es ist besser
geworden in den letzten fünfzig Jahren, so
ist es nicht, aber es ist noch ein langer
Weg und den sehen wir halt in der Familie
und den müssen wir auch gehen. Das heißt
unser Umfeld arbeitet so in dem
Gesamtkontext mit dieser Behinderung
vorwärts. Ich denke, das wollte ich dazu
sagen. Deswegen kann man nicht sagen, dass
sich mein Leben per se eingeschränkt hat.
Ist es eher. Es ist eher so, dass ich
quasi dreimal in der Woche Leuten erklären
muss, was ich tatsächlich habe und dass 52
Wochen im Jahr. Jede Weihnachtsfeier in
der Firma muss anders laufen,
Präsentationen müssen anders laufen im
Zweifelsfall. Und zwar nur, wenn ich
auftauche. Und wenn ich nicht da bin,
können alle machen, was sie wollen. Oder
wenn ich am Bäcker stehe, muss ich
Bescheid sagen, dass ich nicht sehen kann,
weil ich kann die Schriften an dem blöden
Etikett da nicht lesen. Und so weiter und
so fort. Ich denke, das ist das Besondere,
vielleicht für Menschen, die was haben,
was man ihnen echt nicht ansieht, die aber
tatsächlich aktive Unterstützung brauchen.
Also ich rate die Produkte ich einkaufe.
Weiß nicht. Ja. Was macht ihr damit?
Daniel? Wie war das bei dir? Also mit dem
Leben neu klarkommen, wenn man von heute
auf morgen quasi umkippen muss. Alles.
Daniel: Hm, ja, also ich sag einfach mal,
ich komme damit klar. Ich meine das ist
so. Was soll ich? Was soll ich machen? Ich
meine. Es ist natürlich so ein Prozess.
Ja, und das ist nun mal so. Wenn man dann
so, man realisiert das halt so Schritt für
Schritt, was man eigentlich alles verloren
hat, welche Pläne und Hoffnungen und
Erwartungen und überhaupt so, dieses so.
Also ich meine, mein Leben ist im Alltag
jetzt ja sehr eingeschränkt. Also ich mein
draußen einfach mal spazieren gehen, das
ist für mich z.B. nicht mehr drin. Arbeit
am Schreibtisch kann ich eben noch leisten
in gewissen kleineren Umfang, aber halt
nicht mehr so wie früher. Aber dieser
Verlust eben, dass man eben so eine
Zukunft verloren hat, die man sich halt
auch vorgestellt hat und die man, für die
man ja vorher auch hart gearbeitet hat.
Das ist, das ist sehr schwierig, kann ich
nur sagen, aber ich komme damit klar. Aber
ich wüsste jetzt auch nicht, was ich jetzt
zu jemandem sagen soll. Also wenn jetzt
jemand darüber. Also ich habe so den
Eindruck, dass bei manchen, dass manche
diesen Prozess, sehr noch irgendwie
schmerzhafter empfinden. Verstehe ich. Was
soll man dazu sagen? Aber was so, was bei
uns, was wir mit ME/CFS noch so ein. Was
mich immer so besonders ärgert, weil es so
vermeidbar ist, dass eben. Dass dieser
Verlust eben auch vielfach nicht gesehen
wird. Es gibt so andere Erkrankungen, da
sagt man dann: Oh, das ist ne schwere
Erkrankung und alles, was die Leute dann
auch schaffen, wird sozusagen als
bewundernswerte Leistung angesehen, was es
ja auch ist. Nur bei uns ist es so: Da
kommen, da gehts dann auch schon so ein
bisschen zu dem Thema, zu dem ich jetzt
noch nicht kommen will, Klischees,
problematische Ansichten. Aber bei uns
sieht man, sieht man das halt nicht und es
wird sozusagen mehr so als "ja ist, halt
weg. Will halt nicht. Macht halt nicht
mehr mit" angesehen. Und das finde ich so
ein bisschen schade, dass das ja nicht
freiwillig ist, dass ich mich ja nicht
freiwillig sozusagen von allem
zurückgezogen habe und dass man eben mit
etwas Unterstützung auch nicht sich von
allem zurückziehen müsste. Aber
Unterstützung gibt's halt bei dieser
Krankheit eigentlich überhaupt keine.
Melzai: Möchte eine:r noch was dazu sagen?
Bianca: Vielleicht ganz kurz, also bei mir
ist das teilweise ähnlich, weil ich auch
diese permanenten Verluste hab oder die
Verluste habe und die setzen sich ja auch
fort. Das heißt, es kommen auch
Zukunftsängste, Sorgen dazu. Wenn ich zu
viel darüber nachdenken würde, weil ich ja
weiß, dass es immer schlecht wird. Das
andere ist aber: Genau, ich lebe im Hier
und Jetzt und ich kann nur gucken, wie ich
am besten damit klarkommen kann, sonst
kann ich auch im Bett liegen bleiben
quasi. Das ist das eine. Und Unterstützung
ist das andere. Also es gibt manche
Sachen. Ich kann draußen spazieren gehen.
Kein Problem. Ich hab ein Hilfsmittel. Ich
hab ein Rollstuhl mit elektrischer
Unterstützung. Super. Aber ich muss dieses
Mittel auch bekommen und das ist dann
nochmal eine Frage: Bekomme ich das
Hilfsmittel, das ich brauche? Gibt es das
vielleicht auch wirklich? Weil manche
Sachen funktionieren nicht richtig, weil
ich das nicht bedienen kann und so was, zu
kompliziert.
Melzai: Wir wollten ja auch noch über
Klischees und Ansprüche reden. Möchte noch
jemand zu dem einen Punkt sagen, weil dann
würden wir direkt drüber rutschen, Bianca
du kannst gerne weiter warten. Einmal den
Rant über die Sache mit dem Rollstuhl.
Bianca: lacht
Hannah: Wir würden auch gerne noch über
Hilfsmittel sprechen.
Melzai: Ja genau.
Bianca: Also ja wohl Klischees oder
problematische Ansichten sind das ja gar
nicht. Einfach, dass Hilfsmittelversorgung
ein Problem ist, dass man alles beantragen
muss. Das muss genehmigt werden. Es gehen
Kostenvoranschläge hin und her. Es gibt
wieder Ablehnungen, Widersprüche. Ja, also
das ist halt schwierig. Es ist sehr
bürokratisch. Es ist nicht einfach, die
offizielle oder institutionelle
Unterstützung zu bekommen. Du bräuchtest,
weißt vielleicht, was es alles gibt, aber
du kriegst das nicht unbedingt, außer du
kaufst es dir selbst. Bei mir passt halt
auch nicht einfach alles, weil es bis zum
gewissen Grad gut geht. Aber dann bräuchte
ich vielleicht Hilfe, um dann am Rollstuhl
die Seitenlehne abzubauen, damit ich
rüber rutschen kann, oder sowas, zum
Beispiel. Aber sonst, weiß ich nicht. Ich
glaube dann wollte Hannah jetzt
weitermachen.
Hannah: Ja, wir können ja auch genau, was
du sagst bestätigen, dass wir das auch so
erlebt haben. Wir haben nach, ich glaube
so 4 oder 5 Jahren oder so haben wir uns
für die Ausbildung unseres Hundes zum
Assistenzhund entschieden. Also überhaupt
dieses für dieses. Jetzt nicht. Für dieses
Hilfsmittel und zwar aus genau dem Grund,
dass alles andere nicht geholfen hat, also
bzw. dass wir immer wieder der Erklärbär
waren für alle, die uns helfen sollten.
Also wir haben uns für Betreuung
entschieden, für Eingliederungshilfen,
weil wir Unterstützung brauchten, in
unserem Alltag, in unserer normalen
Lebensgestaltung. Aber das war alles
unfassbar kraftintensiv, weil wir immer
wieder alles erklären mussten und die
Leute, deren Job es war, uns zu
unterstützen, nicht die Ressourcen hatten,
sich selber irgendwie fortzubilden oder
denen diese Möglichkeiten gar nicht...
Melzai: Ich glaube, jetzt haben wir einen
im Internet...
Hannah: auch selber ausgebildet, weil auch
das wieder etwas ist, was man, wenn man
einen Hund passend ausbilden lässt, das
ist auch wieder nicht zu finanzieren. Und
dann hab ich aber auch erst gemerkt, was
mir da gefehlt hat. Also wie es sein
könnte, wenn man Hilfe hat und wieviel
noch einfacher viele Dinge wären, wenn
Menschen mir eine bessere Hilfe wären oder
sein könnten. Das ist sowas, was ich auch
ganz schwer Menschen begreiflich zu machen
empfinde, die das nicht so kennen. Also
für die andere Menschen immer hilfreich
sind. Die verstehen nicht, wie das ist,
also wie dann der normale Kontakt einfach
auslaugen kann. Da, da hab ich gerade
daran gedacht und das wollte ich auch
gerne noch teilen.
Kali: Ich hätte noch was, was ich
ansprechen würde wollen noch zum Thema
davor, man hatte mich glaube ich grade
nicht richtig gehört. Inwiefern sich mein,
das Leben geändert hat seit der Diagnose.
Und zwar bei mir ist es jetzt so und ich
glaube, es ist zum Glück bei den
Autist:innen, die ich kennengelernt habe
so, dass es für mich eine ganz, ganz große
Erleichterung war, diese Diagnose zu
bekommen, da ich tatsächlich vorher, ich
bin auch ziemlich spät diagnostiziert, was
relativ typisch ist bei Frauen, weil ich
halt vorher mein ganzes Leben lang
probiert habe, in einer Welt zu
existieren, die ich probiere durch
Analyse, durch Kopflastigkeit irgendwie zu
begreifen und mich dessen, dem anzupassen
und dadurch bin ich als Person, mein
Inneres total verschütt gegangen. Also ich
wusste immer, mein Inneres ist da. Ich
habe einen sehr schönen, für mich schönen
Kern, aber ich konnte nicht sein, so wie
ich bin. Weil ich mich sehr gut anpassen
konnte, maskieren konnte und dadurch meine
Persönlichkeit gar nicht so zum Vorschein
kommen konnte, wie sie es hätte eigentlich
sollen und auch gesund ist. Das ist
nämlich auch so ein Punkt. Das geht dann
nämlich sehr an die Psyche. Ne also
Depression ist dann wirklich ein sehr,
sehr großes Thema, weil jeder möchte sich
ja auch kennenlernen und auch so sein, wie
man ist. Und das ist schon ziemlich schwer
in unserer Gesellschaft, finde ich
persönlich. Und als ich dann die Diagnose
bekommen habe, war das für mich eine
Erleichterung, weil es war so als ob wenn
die Analyse meines Lebens aus einer Formel
bestehen würde, gab es immer Variablen.
Manche Dinge habe ich einfach nicht
einordnen können und sie wurden zu einer
Konstanten. Und dadurch war das ein
unfassbar glückliches Gefühl. Und es
brauchte dann so um die ein bis zwei
Jahre, um wirklich zu sehen wo hab ich
maskiert und ich darf jetzt sein, wie ich
bin. Also ich durfte mein ich wiederhaben.
Also ich habe sozusagen mein Inneres
wiedergefunden und das hat mich sehr
gefreut. Andererseits habe ich halt auch
erfahren, dass dadurch, wenn man
Hilfsmittel haben möchte, wie z.B. eine
Ausbildung, die ich damals noch
abschließen wollte zur Ergotherapeutin,
man ziemlich oft mit Diskriminierung zu
tun hat. So gerade was da in dem Fall mit
Nachteil, also da war, hab ich
Nachteilsausgleich beantragt und der wurde
nicht angenommen aus dem Grund, weil es
nicht in der Prüfungsordnung stehen würde,
wo ich mir auch dachte: Was ist das denn
hier bitte für eine Inklusion? Und das auf
einer Schule, die Ergo-Therapeutinnen
ausbildet. Das war ein Schlag ins Gesicht
und das mit kurz vor 30 Jahren. Das, also
sowas z.B. auszuhalten. Da muss man schon
ziemlich gefestigt sein, um da nicht
irgendwie in ein tiefes Loch zu geraten.
Und was dann noch der Fall war, ist, dass
man durch diese plötzliche Diagnose, die
man hat, die ja im Endeffekt eine ganz
schöne ist, weil man kann sozusagen damit
arbeiten. Man kann darauf aufbauen. Man
aber natürlich auch für sich entdecken
möchte: ok. Wo kann ich Hilfe bekommen?
Was kann ich beantragen? Und da wird einem
nicht geholfen. Man wird sozusagen
komplett ins kalte Wasser geschmissen.
Jedenfalls war es bei mir so und bei
vielen anderen auch, mit denen ich reden
durfte. Man wird komplett überrannt mit
Ämtern, wo man hingehen kann. Man kann
sonst wie viele Anträge ausfüllen und und
das ist eine unfassbare Zeit, die da in
Anspruch genommen wird. Und im Endeffekt
kann man, wenn man Pech hat, wirklich von
wie bei Asterix und Obelix in diesem roten
Haus wirklich von Schalter zu Schalter
geschickt werden und man wird damit
alleingelassen. Und das, also ich brauchte
ziemlich lange, um da wirklich dann Hilfe
zu bekommen, weil ich ständig rum
telefoniert habe und genervt habe wie
blöde. Aber es gibt Menschen, die dazu
einfach nicht in der Lage sind. Warum auch
immer. Und da Hilfe zu bekommen kann ganz
ganz schwer sein. Und damit musste ich
mich befassen und das finde ich doch schon
ziemlich schade. Und da ist einiges
reformbedürftig, was das angeht.
Melzai: Ja, ich denke, dass es, das ist
eins der Punkte: Warum schmeißt man auf
Menschen, die sowieso schon mehr Arbeit
haben, sich durchs Leben zu navigieren, in
den Rahmen die von vielen anderen gesetzt
werden, das der Durchschnitt, "normal".
Warum schmeißt man nach denen vielen Leute
dann noch unglaublich viel Bürokratie,
gleich initiale Ablehnungen, etc. Kann man
das vielleicht besser machen? Schlauer?
Meine Brille wird in den nächsten Jahren 1
000 Euro pro Jahr kosten, weil sich der
Nystagmus nicht mit einer
Hornhautverkrümmung gut verträgt. Also
leichte Änderungen müssen dann immer
gleich sofort neue Brillengläser
übersetzt. Das sind halt ein tausend Euro
pro Jahr. Das ist schon die Größe und das
wird nicht von der Kasse übernommen. Also.
Es ist ja keine notwendige Leistung, so
war die Formulierung.
Hannah: Was ich so ein bisschen
interessant finde, ist, dass man
Behinderungen immer an den Personen
festmachen muss. Also... Aber für dich ist
notwendig, dieses Hilfsmittel zu besorgen
oder für andere Personen vielleicht eine
Begleitung im Alltag und darüber wird dann
die Behinderung definiert, also der Kampf
um Unterstützung wird dann die Behinderung
der Leute. Aber das, was Leute, die nicht
in diesen Lebensrealitäten leben, sehen,
ist; ah, da ist eine Person, die hat die
und die Hilfsmittel, die ist behindert.
Also Leute, die ohne Behinderung leben,
konstruieren über diese Hilfsmittel die
Behinderung und sehen dann halt eben nicht
den Struggle der Menschen, die mit
Behinderung umgehen oder die im Leben
haben. Das ist so ein Widerspruch, den ich
manchmal auch nicht so gut auszuhalten
empfinde. Weil ich bin eigentlich voll
okay. Und eigentlich sollte ja, wie man
mit der Welt und mit sich selbst umgeht
oder sich selber empfindet, sollte ja
eigentlich einfach in der Welt so sein
können. Aber das ist es halt nicht. So
werden wir nicht gesehen.
Melzai: Ja, mir kommt diese Rediagnose.
So: Ja, ich seh schlecht. Du hast ja eine
Brille. Äh nein, das ist jetzt nicht der
Punkt. Ich denke auch die Pupillen kann
man nicht mit der Brille ausgleichen. Das
ist halt nicht drin, das ist was komplett
anderes. Es ist nur auch eine Brille und
dann muss man quasi nochmal. Eventuell ist
wieder ein Rechtfertigungsdruck oder die
man das Gesicht des anderen kann plötzlich
oh, jetzt muss ich inkludieren sch*.
Da bin ich jetzt aber emotional nicht
drauf vorbereitet. Und ich so na. Also es
ist ja nicht mach doch einfach die ganzen
Schilder größer oder was auch immer. Aber
dazu, da kommen wir dann halt auch jetzt
schon langsam zum Schluss:
Barrierefreiheit. Ich glaub nicht, dass
ihr es schafft, die Welt so anzupassen,
dass ich jedes Mal alles lesen kann. Weil
ich kann kein Mono Space besonders gut
lesen. Was in der IT Welt ein tierisches
Problem ist, anscheinend. Was meint ihr?
Bianca: Also ich glaube, was zu
Barrierefreiheit beitragen würde, wäre die
Hilfsmittelversorgung oder
Unterstützungsversorgung, das muss ja
nicht ein Hilfsmittel sein, persönliches
Budget oder was auch immer, das zu
vereinfachen, also die Hilfe, die
Unterstützung zu vereinfachen. Denn
dadurch wird es für uns leichter, spart
unglaublich Energie, das zu besorgen.
Dadurch ist mein Leben leichter und ich
kann dann auch mit eventuellen Barrieren,
die dann doch noch in der Umwelt
auftauchen, die ich alleine nicht
überwinden könnte, durch diese
Unterstützung damit umgehen. So, das würde
es leichter machen. Das andere sei halt
auch einfach der Wille. Du sagtest ja
vorhin, könnte man was besser machen? Man
könnte ganz viel besser machen. Das wär
sicherlich auch alles schon machbar. Man
muss es nur wollen. Es ist die
Vorgehensweise, die es schwer macht, die
Herangehensweise, alles zu prüfen und erst
mal abzulehnen. Das muss man ja so nicht
machen. Es ist ja ne Entscheidung.
Daniel: Dann schließe ich an. Also ich
sehe es auch als sehr schwierig von
Barrierefreiheit zu sprechen, bei ME/CFS
ist das einfach nicht möglich. Wenn für
viele Patienten z.B. schon einfach, der
sensorische Reiz Licht oder auch jetzt so
das was ich mache, hier auf den Monitor
schauen, bewegenden Bildern, bewegten
Bildern. Das vertragen viele auch nicht
mehr. Wenn das nicht toleriert wird, da
gibt es, da gibt es eben keine Workaround,
das ist bei dieser Krankheit ohnehin so
ein bisschen das Problem, dass für die
eigentliche Beeinträchtigung einfach kein
Workaround zur Verfügung steht, außer eben
Belastungen zu lassen. Aber natürlich wäre
eine Schritt Richtung Barriereabbau
jedenfalls möglich in vielen Bereichen.
Aber das würde aber halt auch bei uns
voraussetzen, dass man die Krankheit halt
überhaupt mal sieht, dass man halt sieht,
es gibt diese Menschen mit diesem Problem.
Das ist ja leider immer noch die Ausnahme
und nicht die Regel. Und wenn man dann mal
sieht, was uns alles zusetzt, könnte man
anfangen. Beispiel Arztbesuch: Wenn ich in
der Praxis gehe, stundenlang im
Wartezimmer, riesen Lärm, riesen Stress,
dann gestresster Arzt, der mich noch
irgendwie anraunzt. Also da bin ich fertig
für eine Woche, und zwar jetzt nicht und
zwar einfach von diesen Sinnesreizen und
der körperlichen Anstrengung und dieser
und der Dauer der An- und Abreise. Also
das ist ein kleines Beispiel, aber das
könnte man natürlich vielfach anders
gestalten, insbesondere online
Sprechstunden. Ich könnte an dieser
Veranstaltung nicht teilnehmen, wenn das
jetzt ein Anreisen zu einem bestimmten Ort
für mich erfordert hätte. Ich kann auf
diese Art und Weise noch teilnehmen. Also
das ist auch ein Beispiel, wie man
Barrieren jedenfalls reduzieren könnte.
Das geht. Barrierefreiheit ist leider bei
uns sicher nicht möglich.
Hannah: Kali, möchtest du noch was sagen,
sonst würde ich gleich?
Kali: Ja. Ich würde, also das, was ich
dazu sagen kann, ist: Ich würde auch nicht
sagen, dass man hier eine Barrierefreiheit
bekommen kann im Allgemeinen. Ich glaube
auch, dass in unserer Gesellschaft und
auch an dem, was für Ansprüche generell an
den Menschen gestellt werden, auch in
unserem Wirtschaftssystem schon Menschen,
leider, die relativ, also die nicht
erkrankt sind oder keine Behinderung
haben, schon Probleme haben, überhaupt das
zu stemmen. Da fängt es glaub ich meiner
Meinung nach schon an. Und gerade mit
Menschen, die dann einfach Einschränkungen
haben oder sehr sinnesoffen, was auch
immer sind, wird es schwer. Wir können
vielleicht damit arbeiten, dass wir uns
Micki Mäuse aufsetzen, also Hörschutz oder
Sonnenbrillen. Genau. Und was auch ganz
wichtig ist, ist einfach das, was ich
vorhin schon erwähnt hatte. Das einfach,
wenn man mit den Ämtern in Kontakt hat,
das alles nicht auf verschiedene Ämter
ausgeweitet wird, wenn man irgendwas
beantragt, sondern dass zusammengearbeitet
wird, dass ein Plan entsteht und dass
einfach von vornherein, dass man Hilfe
angeboten bekommt. Weil viele, wenn man
damit überrascht wird, wissen noch gar
nicht, wonach sie suchen sollen. Und da
fängt es auch schon an für mich.
Hannah: Wir sehen Barrierefreiheit auch
als zu hohes Ziel an. Wir sprechen in
unseren aktivistischen Kontexten und auch
in unseren eigenen Schriften häufig eher
von Zugänglichkeit und von Teilhabe, also
Teilhabe ermöglichen. Weil es das ist,
worum es geht. Also sich um Barrieren zu
kümmern, ist so ein bisschen wie über
Stöckchen springen, weil das so vielfältig
ist. Also wir allein die Runde, in der wir
jetzt hier gerade miteinander sprechen,
ist so vielfältig und unsere Bedarfe sind
so unterschiedlich, dass es sehr schwierig
ist, überhaupt die Barriere zu definieren.
Aber wir haben es selbst geschafft, hier
alle zusammenzukommen. Wir haben Zugänge
gefunden, um miteinander zu sprechen und
auf eine bestimmte Art zugänglich
miteinander, also unsere Lebensrealitäten
zugänglich zu machen und unsere Inhalte
mitzuteilen. Und das ist sowas, wo ich
immer wieder feststelle, dass das ein ganz
großer Anteil ist, um das Thema
Barrierefreiheit an sich überhaupt erst
mal begreiflich zu machen, also
verständlich zu machen, worum geht es? Es
geht nicht darum, dass alle mühelos
irgendwie quasi überall hin sliden können,
sondern es geht darum, dass alle teilhaben
können und zwar mit allem, wie sie da sind
und was sie so einbringen können. In
unserem Fall ist es zum Beispiel so, dass
es uns, mich mit diesen selbst, mit dieser
Selbst und Umwelt-Wahrnehmung nicht gäbe,
wenn es in dieser Gesellschaft nicht so
üblich wäre, Kinder zu misshandeln und so
üblich wäre, so verzögert zu helfen und
nicht üblich wäre nicht über Gewalt zu
sprechen. Denn ich wurde nicht einmal
geschlagen und dann war ich viele, sondern
da ist eine Menge passiert und es passiert
jeden Tag sehr vielen tausend Menschen und
davon entwickeln manche ne dis, manche einfach
"nur" in Anführungsstrichen eine andere
dissoziative Störung oder eine
posttraumatische Belastungsstörung. Und
alle erleben aber unterschiedliche
Barrieren. Aber die Ursache ist die
gleiche. Und es ist in in unserem Fall
also recht einfach, über Ursachen zu
sprechen und über Prävention. In anderen
Fällen wäre Prävention Eugenik. Und
entsprechend, also worauf ich damit hinaus
will ist, dass man so ein bisschen schaut,
wann könnte man von vornherein im
Miteinander so sein, dass es barrierefrei
ist im Sinne von zugänglich und Teilhabe
ermöglichen und am Ende ja auch immer ein
Miteinander sichernd, indem alle so sein
können, wie sie sind und zwar okay und
ganz und mit allem, was sie so der Welt zu
bieten haben. Ich glaube, dass das am Ende
ein Miteinander ist, in dem es, egal wie
es dann letztlich im Konkreten, im
Kleinen, im Alltag ausgestaltet ist, eins
ist, das in sich einfach die Diskussion,
die wir jetzt gerade geführt haben,
obsolet macht. Weil wenn man ja so ein
Miteinander hat, indem es einem wichtig
ist, dass alle teilhaben können, dann
braucht man nicht mehr über
Barrierefreiheit zu reden. Das ist so ein
bisschen das Mindset, das ich zu dem Punkt
gerne mitgeben möchte.
Melzai: Ja, für mich persönlich war das
jetzt ein sehr gutes Schlusswort. Die Zeit
läuft, möchte einer noch ein, zwei Sätze
sagen? Sonst würde ich vorschlagen, dass
wir das Panel damit schließen. Gut, dann
danke für alle fürs Mitmachen und wir
sehen uns hoffentlich in der Q&A,
wir schauen mal ob es klappt.
Alle: Tschüss!
Herald: Und nun sind uns nach dieser
Aufzeichnung unsere Vortragenden auch live
zugeschaltet für Fragen und Antworten, die
ihr nach wie vor stellen könnt, und zwar
im Kanal rC3-Wikipaka, der ist im Hackend-
IRC, das seht ihr auch wenn ihr über das
Streaming Fenster zuseht, da gibt's unten
ein Tab Chat. Dort könnt ihr euch
einloggen. Wir beobachten auch den Hashtag
rC3-Wikipaka auf Twitter und wir versuchen
dem auch auf Mastodon zu folgen. Dort
beobachten wir aber halt nur die
Instanzen, die wir kennen und nicht alle.
Das heißt, wenn ihr auf irgendwelchen
abstrusen Instanzen wie BaWü-Social oder
sowas seid, dann ist es vielleicht ein
bißchen unpraktisch. Gut, wir haben
bislang eine Frage. Eine kleine Vorwarnung
noch. Wir werden nicht unbedingt alle
Fragen beantworten, die werden ein
bisschen im Vorfeld dann, das ist einfach
der Situation hier geschuldet. Und es gibt
auch hinterher die Möglichkeit, in einem
relativ geschützten Raum nochmal direkt
mit den Vortragenden sich auszutauschen.
Diesen Link werden wir auf jeden Fall noch
im IRC teilen und ich habe gerade auch
gemerkt, dass wir den eigentlich im
Fahrplan auch abbilden wollten, was wir
nicht getan haben. Was mich jetzt vor die
Herausforderung stellt, gleichzeitig das
nachtragen zu müssen und noch irgendwie
dieses Panel zu moderieren. Aber es ist
Tag 4 und wir haben jeglichen Anspruch an
Professionalität bereits aufgegeben. Nein,
das stimmt natürlich nicht. Vielen Dank
auf jeden Fall zunächst für für diesen
Beitrag. Das sind ja wirklich auch
Einblicke, die ja nicht so unbedingt im
Alltag. Ja. Für Wald und Wiesen
Hacker:innen irgendwie direkt
nachvollziehbar sind. Das ist ja auf jeden
Fall eine Erweiterung oder eine
Bewusstseinserweiterung für alle, die da
was draus ziehen können. Wir hatten eine
Frage auf jeden Fall schon direkt aus dem,
aus Twitter bekommen. Ich lese mal vor:
Wäre es eine Idee, zur Barrierefreiheit
auf kommenden C3s, egal ob sie in der
großen Welt stattfinden oder online, wäre
das eine Chance sowas wie digitale Tandems
zu bilden, sodass Besucher der dort ist,
wen online in Anführungszeichen mitnimmt,
könnte mir extrem gut vorstellen, das zu
machen. Also da gemeint ist, wenn wir
wirklich wieder in der Hosen Welt sind und
man quasi so digital und reale Welt
verbindet. Wa, was meint ihr dazu?
Melzai: Ich glaube die Idee ist die nicht
Jogginghosen Welt überhaupt, nicht wahr?
Herald: Also ja ja.
Melzai: Da hat man dann einfach das reine
Datenschutzproblem. Kali, kannst du dir
bitte das Mikro ausmachen? Und eventuell
Bianca auch. Und zwar einfach visuell
akustisch wäre dadurch der Fehler das
Aufnahmeproblem. Dafür müsste man eine
Lösung finden, sonst finde ich das ist ne
super, ne gute Idee, weil der Kontrast ist
sowieso zu groß und wenn man da ist, als
Person rein schaut oder sowas. Wenn man
sich schon auskennt, hat man sicherlich
bestimmte Wünsche. Wenn man sich nicht
auskennt, ist das extrem hilfreich, wie
z.B. mit den Chaospat:innen reinzukommen
und ansonsten dazu ein virtuelles Konzept
zu bauen. Bin ich der Meinung, wäre super.
Aber ich denke da haben einen
Datenschutzphänomen, was wir erst einmal
lösen müssten.
Herald: Na ja, wobei das ja keine
Hindernisse sein müssen. Man soll es ja
nicht benutzen.
Hannah: Für uns würde sich die Fragen nach
Abhängigkeit stellen. Also.
Herald: Jetzt war ein bisschen abgehackt.
Hannah: Rede ruhig weiter.
Herald: Okay.
Hannah: Ich habe so ein Leck. Ich hör euch
immer ein bisschen später, als ihr
eigentlich redet und dann rede ich euch
rein. Also sorry. Du kannst auch erst
sagen, was du sagen wolltest.
Herald: Ja, wir haben sowieso nicht nicht
furchtbar viel Zeit. Ich habe jetzt den
Link nochmal zu dem BigBlueButton, wo man
sich austauschen kann, nachgetrage. Wir
haben aber noch ca. 4 Minuten Zeit. Genau,
Datenschutz war noch die eine Frage. Wir
kennen die Diskussion ja aus der Debatte
gerade um die Corona Warn App, wo so getan
wird, das ist eine Debatte zwischen
Datenschutz und Nicht-Datenschutz. Ich
glaube die spannende Frage wäre ja hier
bei diesem bei diesen Tandem-Prinzip, ob
man es einfach so realisieren kann, dass
mit dem Einverständnis aller Beteiligten
das dann einfach umsetzbar ist. Ja, das
ist...
Hannah: Ja. Ich würde dazu aus der
Perspektive einer Person, die das gerne
nutzen würde, dann, wenn es da wäre,
einfach nur anmerken. Es ist cool, wenn
Dinge möglich sind. Es ist ungünstig, wenn
dabei so ein Stück weit die Abhängigkeit,
die dadurch entsteht, so hinten drüber
fällt. Weil wenn man quasi als Tandem
Partner ja selber ja nur die bestimmen
kann, dabei zu sein oder nicht dabei zu
sein. Dann ist das die einzige Wahl, die
man hat. Das ist dann ja nicht, das ist
nicht die umfängliche Teilhabe, die man
sich eigentlich wünscht. Von daher coole
Idee und besser als nix, aber eigentlich
auch kein Ersatz oder keine genauso
umfängliche Teilhabe, wie wenn man sich
sieht, wenn man direkt dabei sein kann.
Herald: Der Spagat, der zu bezwingen ist.
Wir haben noch eine Frage aus dem IRC
bekommen, eine Frage an alle, die
praktisch analog zu dem, was wir schon im
vorigen Talk hatten. Wenn ihr euch was von
all den Menschen, die den Kongress
besuchen oder hier zuhören, etwas wünschen
könntet, für mehr Barrierefreiheit? Was
wäre das denn?
Bianca: Ich glaube, was ganz wichtig ist,
ist: Nicht machen, was du als Nicht-
Betroffener denkst, sondern die
Betroffenen fragen, was für die wichtig
sind, was deren Bedürfnisse sind und
zuhören, sie ausreden lassen und dann mal
gucken, ob das möglich ist und nicht
hinein fantasieren, was vielleicht passen
könnte, sondern wirklich fragen. Die
Betroffenen können am besten Auskunft
geben.
Kali: Genau. Also da würde ich genauso
zustimmen. Ich denke, es geht hier darum,
dass eine offene Kommunikation geschaffen
wird und dass dann auch alle Beteiligten
bereit dazu sind, anzuhören, was der, was
das Gegenüber zu sagen hat und sich dann
auch darauf, ja, beziehen können. Und
offene Kommunikation halt. Ich denke, das
hilft schon zur Barrierefreiheit.
Hannah: Wir würden noch immer...
Herald: Ja bitte.
Daniel: Ja, bitte Hannah.
Hannah: Danke. Wir würdem dem hinzufügen,
dass es wichtig ist, die Behinderung der
Menschen oder von allen Menschen nicht
primär in den Menschen zu suchen, sondern
in der Umgebung und einfach gelassen als
Blickshift so ein bisschen zu
verinnerlichen, sodass Betroffene nicht -
natürlich, ich finde es auch gut, zuerst
gefragt zu werden, aber ich habe auch kein
Bock, immer gefragt zu werden, sondern
teils auch gut, wenn man mal ein bisschen
mitdenkt und aus eigener, aus diesem, aus
dieser veränderten Perspektive schaut: Was
könnte eine Barriere darstellen im Umfeld
von Menschen? Was könnte hindern, dass da
so ein eigenes Mitdenken passiert.
Und ich geb ab.
Daniel: Ja, also mir geht
es auch so, dass die
meisten mit der Art der
Beeinträchtigungen, mit denen ich oder
andere, die an ME/CFS erkrankten, zu
kämpfen haben, sich einfach nichts
vorstellen können. Und deswegen würde ich
mir einfach oftmals wünschen, dass man
aufgeschlossen ist dafür und einfach
bereit ist, dazuzulernen, ohne eben auch
sozusagen mit eigenen Vorurteilen über die
Fähigkeiten oder Einschränkungen des
anderen an so was, an so einen Kontakt
heranzugehen.
Herald: Ok, vielen Dank für die
Beantwortung der Fragen, wir sind jetzt
auch schon, wir haben nicht die
Constraints, die wir sonst haben durch
physische Bühnen, also den Raum haben wir
schon hinter uns gelassen, aber die Zeit
beschränkt uns dann doch noch. Es gibt
nach, wie gesagt vorhin, es gibt die
Möglichkeit noch mit dem Teil der
Vortragenden noch eine Weile sich
auszutauschen in einem Big Blue Button.
Den Link gibt es im Fahrplan, der unter
cfp.verschwoerhaus.de zu erreichen ist.
Also praktisch in der Ankündigung dieses
Beitrags und auch im IRC. Ich bedanke mich
nochmal vielmals für euren Beitrag und
hoffe, dass es noch eine spannende
Diskussion gibt. Und ihr habt auf jeden
Fall hier dazu beigetragen, den Horizont
unserer Zuschauenden und Zuhörenden zu
erweitern. Dafür vielen herzlichen Dank!
Melzai: Vielen Dank! Dann sehen wir uns im
BigBlueButton.
Wikipaka Outro Musik
Untertitel erstellt von c3subtitles.de
im Jahr 2021. Mach mit und hilf uns!