„Ruhe, Ruhe.
Wen haben wir denn hier?“
„Euer Ehren, das ist Kleopatra,
Königin Ägyptens.
Ihre Liebschaften ruinierten
zwei der besten Generäle Roms
und führten das Ende der Republik herbei.“
„Eurer Ehren, das ist Kleopatra,
eine der mächtigsten Frauen
der Geschichte.
Ihre Regentschaft bescherte Ägypten
nahezu 22 Jahre Stabilität und Wohlstand.“
„Warum wissen wir nicht, wie sie aussah?“
„Die meisten Kunstwerke und Darstellungen
entstanden lange nach ihrem Tod
im 1. Jahrhundert v. Chr.,
so wie die meisten Texte über sie.“
„Was ist uns nun tatsächlich bekannt?
Kleopatra VII. war die letzte
der ptolemäischen Dynastie,
einer mazedonisch-griechischen Familie,
die über Ägypten nach der Eroberung durch
Alexander den Großen herrschte.
In Alexandria herrschte sie
gemeinsam mit ihrem Bruder,
mit dem sie außerdem verheiratet war --
bis er sie ins Exil verbannte.“
„Aber was hat das alles mit Rom zu tun?“
„Lange Zeit war Ägypten
ein Satellitenstaat Roms.
Kleopatras Vater hatte
hohe Schulden bei der Republik.
Nach der Niederlage gegen Julius Cäsar
im Römischen Bürgerkrieg
bat General Pompejus
um Zuflucht in Ägypten.
Er wurde jedoch von
Kleopatras Bruder hingerichtet.“
„Das hat Cäsar bestimmt gefallen.“
„Er verurteilte den Mord und forderte
von Ägypten die Rückzahlung der Schulden.
Er hätte Ägypten besetzen können,
doch Kleopatra überzeugte ihn davon,
stattdessen sie auf den Thron zu setzen.“
„Soweit wir wissen,
war sie sehr überzeugend.“
„Warum auch nicht? Kleopatra war
eine faszinierende Frau.
Mit 21 befehligte sie Armeen,
sprach mehrere Sprachen
und erhielt ihre Bildung in der Stadt
mit der weltbesten Bibliothek
und einigen der
größten Gelehrten der Zeit.“
„Hmm.“
„Wegen ihr faulenzte Cäsar monatelang
in Ägypten herum, als Rom ihn brauchte.“
„Cäsar faulenzte nicht nur herum.
Er war fasziniert von der Kultur
und dem Wissen Ägyptens.
Er lernte viel während seiner Zeit dort.
Wieder in Rom zurück,
reformierte er den Kalender,
ordnete eine Volkszählung an,
entwarf eine öffentliche Bibliothek
und regte viele
neue Infrastrukturprojekte an.“
„Ja, alles sehr ambitioniert,
weshalb er auch ermordet wurde.“
„Die Königin trägt keine Schuld
an Roms merkwürdiger Politik.
Ihre Aufgabe, über Ägypten
zu herrschen, erfüllte sie gut.
Sie stabilisierte die Wirtschaft,
leitete den riesigen Beamtenapparat
und bekämpfte die Korruption
unter Priestern und Beamten.
Während einer Dürre öffnete sie
die Kornspeicher für das Volk
und erließ Steuern.
Daneben sorgte sie für die Stabilität und
Unabhängigkeit ihres Königreichs.
Bis zum Ende ihrer Regentschaft
gab es keine Aufstände.“
„Was ist dann schiefgelaufen?“
„Nach Cäsars Tod mischte sich die fremde
Königin immer wieder in Roms Belange ein.“
„Es waren eher die römischen Fraktionen,
die um ihre Hilfe baten.
Natürlich musste sie Octavian und
Marcus Antonius helfen,
Cäsar zu rächen,
schon um ihres Sohnes willen.“
„Und wieder bot sie Marcus Antonius
eine besondere Unterstützung an.“
„Ist das von Belang?
Warum stört sich niemand
an Cäsars oder Antonius’
zahllosen Affären?
Warum sollen die Beziehungen
von ihr ausgegangen sein?
Warum werden nur mächtige Frauen
über ihre Sexualität definiert?“
„Ruhe.“
„Kleopatra und Antonius
waren ein Desaster.
Sie erzürnten die Republk
mit ihren lächerlichen Festen,
saßen auf goldenen Thronen
und kleideten sich wie Götter,
bis Octavian ganz Rom von
ihrem Größenwahn überzeugt hatte.“
„Und doch war Octavian derjenige,
der Antonius angriff,
Ägypten besetzte
und sich selbst zum Kaiser ernannte.
Roms Angst vor einer mächtigen Frau
führte das Ende ihrer Republik herbei,
und nicht diese Frau selbst.“
„Welch Ironie.“
Kleopatras Geschichte überlebte vor allem
in den Berichten ihrer Feinde in Rom.
Schreiber ergänzten später Lücken
mit Gerüchten und Klischees.
Die ganze Wahrheit über ihr Leben und
ihre Herrschaft erfahren wir wohl nie,
aber wir können Tatsachen
von Gerüchten unterscheiden,
wenn wir die Geschichte
auf den Prüfstand stellen.