1 00:00:00,042 --> 00:00:03,067 Du liest gerade online einen Artikel, als du per Instant Message einen Link bekommst 2 00:00:03,067 --> 00:00:06,779 zu einem lustigen Foto, das du natürlich teilen musst. Und schon bist du bei deiner Facebook Pinwall, 3 00:00:06,779 --> 00:00:10,016 von wo du zu einem Video mit einem Panda kommst, der ein Kind angreift. Und schon schlägst du 4 00:00:10,016 --> 00:00:14,058 bei Wikipedia nach, um alles über gewalttätiges Verhalten von Pandabären zu lernen. 5 00:00:14,058 --> 00:00:17,083 So können 3 Minuten im Internet aussehen. 6 00:00:17,083 --> 00:00:21,096 Wir leben so die ganze Zeit, und das muss sich irgendwie auf uns auswirken, 7 00:00:21,096 --> 00:00:25,055 Das Netz macht uns zu oberflächlicheren Denkern. 8 00:00:25,055 --> 00:00:29,064 Das ist Nicholas Carr. Er ist der Autor von "Die Untiefen: Was das Internet 9 00:00:29,064 --> 00:00:30,074 mit unseren Gehirnen macht" 10 00:00:30,074 --> 00:00:34,699 Um all das besser zu verstehen, müssen wir ein wenig in der Zeit zurück gehen, sagen wir einmal 11 00:00:34,699 --> 00:00:36,001 bis in die prähistorischen Zeiten. 12 00:00:36,001 --> 00:00:40,199 Du wolltest alles wissen, was um dich vorging, denn je mehr du über deine Umgebung wusstest, 13 00:00:40,199 --> 00:00:44,449 desto weniger wahrscheinlich wurdest du Opfer eines Raubtiers. Und es gibt sogar 14 00:00:44,449 --> 00:00:51,159 Hinweise, dass unser Gehirn etwas Dopamin freigibt - einen Lust-erzeugenden Neurotransmitter 15 00:00:51,159 --> 00:00:55,979 - um uns für das Scuhen und Finden von neuen Informationen zu belohnen. 16 00:00:55,979 --> 00:01:01,139 Abgelenkt zu werden, fühlte sich also gut an und half uns zu überleben. Aber heute ist das Problem, 17 00:01:01,139 --> 00:01:05,469 dass Raubtiere keine Rolle mehr spielen, wir aber immer noch dieselben Hirne haben. Und es gibt ... 18 00:01:05,469 --> 00:01:07,689 das Internet ... 19 00:01:07,689 --> 00:01:13,078 eine ungleublich informationsreiche Umgebung, die das Netz uns bietet. 20 00:01:13,078 --> 00:01:20,409 Deshalb nutzen wir es so viel. Ich meine: Töne, Bilder, Worde, Texte. Und das begünstigt tendenziell 21 00:01:20,409 --> 00:01:25,034 eine Art Zwangsverhalten, durch das wir ständig unser Smartphone checken, 22 00:01:25,034 --> 00:01:30,369 und ständig unsere Emails prfüfen. Wir leben quasi in diesem Dauerzustand 23 00:01:30,369 --> 00:01:32,499 von Ablenkung und Unterbrechung. 24 00:01:32,499 --> 00:01:34,039 Was gefährlich ist, denn ... 25 00:01:34,039 --> 00:01:38,084 Diese Denkweise verdrängt die eher nachdenklichen und ruhigeren Denkweisen. 26 00:01:38,084 --> 00:01:43,939 Und dieses fokussierte, ruhige Denken ist es eigentlich, durch das wir lernen. 27 00:01:43,939 --> 00:01:45,319 Ein Vorgang namens Gedächtnis-Konsolidierung. 28 00:01:45,319 --> 00:01:51,289 Und das bedeutet die Übertragung von Informationen aus dem Kurzzeitgedächtnis in 29 00:01:51,289 --> 00:01:57,084 unser Langzeitgedächtnis. Und durch das Verschieben von Informationen aus dem Kurzzeit- 30 00:01:57,084 --> 00:02:03,869 ins Lngzeitgedächtnis baust du Verbindungen zwischen diesen Informationen und seinem 31 00:02:03,869 --> 00:02:04,909 sonstigen Wissen auf. 32 00:02:04,909 --> 00:02:09,409 Du hast diese tolle, lebensverändernde Informaton im Kurzzeitgedächtnis, 33 00:02:09,409 --> 00:02:14,034 aber dann hörst du die Email klingeln, und - puff - weg ist sie. Die Email nimmt ihren Platz ein. 34 00:02:14,034 --> 00:02:18,043 Und du hatst nie die Chance, etwas zu lernen, nur wegen einer Ablenkung. 35 00:02:18,043 --> 00:02:24,709 Aufmerksamkeit ist der Schlüssel. Wenn wir die Kontrolle über unsere Aufmerksamkeit verlieren 36 00:02:24,709 --> 00:02:29,031 oder sie ständig aufteilen, dann genießen wir nicht diesen Konsolidierungs-Vorgang. 37 00:02:29,031 --> 00:02:34,051 Aber ich hör schon, wie jemand sagt: "Was bringt mir das Lernen, wenn 38 00:02:34,051 --> 00:02:38,549 alle Informationen nur eine Google-Suche entfernt sind?" - Nun ... 39 00:02:38,549 --> 00:02:45,054 Das ist eine Art Kurzschluss unseres Intellekts. Wenn du so deinen Geist gebrauchst 40 00:02:45,054 --> 00:02:49,939 nur schnell Informationen suchen und dann ebenso schnell wieder vergessen, 41 00:02:49,939 --> 00:02:54,659 baust du kein Wissen auf, Im Grunde denkst du nur 42 00:02:54,659 --> 00:02:55,009 wie ein Computer. 43 00:02:55,009 --> 00:03:00,989 Demnach steht unser Menschsein an sich auf dem Spiel. Es wäre eine Schande, wenn wir alle 44 00:03:00,989 --> 00:03:03,076 assimiliert würden, denn, naja, Menschsein ist ziemlich klasse. 45 00:03:03,076 --> 00:03:10,068 Ich gleube, wenn man die großen Augenblicke der Kultur betrachtet, dann kommen die 46 00:03:10,068 --> 00:03:17,037 von Leuten, die aufmerksam sein konnten, die ihren Geist kontrollierten. Das erlaubt es uns, 47 00:03:17,037 --> 00:03:23,005 abstrakt und konzeptuell zu denken, kritisch zu denken, und auf ein paar besonders 48 00:03:23,005 --> 00:03:24,017 kreative Weisen. 49 00:03:24,017 --> 00:03:30,000 Und diese Art zu denken ist bedroht: Sie erodiert dahin mit jedem einzelnen Niedliche-Katzen-Video. 50 00:03:30,000 --> 00:03:34,001 Das wir uns nicht missverstehen: Das Internet ist für vieles gut und sollte bejubelt werden. 51 00:03:34,001 --> 00:03:38,849 Aber das beste für unser Gehirn ist, jeden tag etwas Zeit zum Ausstöpseln zu finden, 52 00:03:38,849 --> 00:03:42,006 uns zu beruhigen und auf eine einzelne Sache zur Zeit zu konzentrieren. 53 00:03:42,006 --> 99:59:59,999 Deine Mail - und diese Katzen - sind immer noch da, wenn du wieder kommst.