Das Leben im Marvel Cinematic Universe
wäre ein absoluter Albtraum
für eine durchschnittliche Person,
die auf der Erde lebt.
"Das ist ein Albtraum."
"Ich hatte schon bessere Albträume."
Und das nicht nur wegen der
umherfliegenden Superwesen,
die praktisch jede zweite Woche Ereignisse verursachen,
die einer Auslöschung gleichkommen.
Dies ist ein Universum,
in dem nur wenig sozialer Fortschritt bewirkt werden kann.
Obwohl es den Helden meistens gelingt,
die verschiedenen Apokalypsen wieder rückgängig zu machen,
nutzen sie ihre Superkräfte nie,
um eine bessere Welt aufzubauen.
Stattdessen verbringen sie all ihre Zeit damit,
den Status quo zu verteidigen.
"Verteidiger des Status Quo"
"Ihr wollt die Welt beschützen,
aber ihr wollt nicht, dass sie sich verändert."
Die Bösen sind stets diejenigen,
die die verwegenen Pläne schmieden,
um etablierte Institutionen umzugestalten,
oder das ganze Universum zu verändern.
Ich will zu Beginn zwei Dinge klarstellen.
Erstens:
dieses Video ist keine pauschale Verurteilung aller Marvel Filme.
Viele von ihnen sind lustige und unterhaltsame Spektakel.
Und einige der jüngeren Beiträge
haben große Fortschritte gemacht
bei der Repräsentation (von Minderheiten).
Zweitens - das hier ist auch keine
"Galaxy-Brain" (Meme)- Hot Take,
der behauptet,
dass alle Bösen eigentlich Recht hätten.
Obwohl man sagen muss,
dass ein paar von ihnen durchaus
berechtigte politische Beschwerden haben.
“Was glauben Sie denn, wie Ihre Vorfahren
die bekommen haben?"
"Glauben Sie, die haben
einen fairen Preis bezahlt?"
"Oder haben sie die einfach genommen,
wie alles andere auch?”
Im Großen und Ganzen sind die
MCU-Schurken so geschrieben,
dass sie rücksichtslos und brutal sind -
manchmal bis zu einem genoziden Ausmaß.
Was wir genauer betrachten werden
sind die unterschwelligen
ideologischen Implikationen,
die in die Superhelden-Formel
hineingemischt worden sind.
"Während euch viele Menschen als Helden ansehen,
gibt es auch diejenigen,
die das eher Selbstjustiz nennen würden."
Eine der Inspirationen für dieses Video,
ist ein Essay des verstorbenen Anthropologen David Graeber,
mit dem Titel "Super Position".
Eine längere Version davon findet man
am Ende seines Buches "The Utopia of Rules".
Sein Aufsatz, der die politischen Vorstellungen dekonstruiert,
die in Superhelden-Narrative eingeschrieben ist,
wurde ursprünglich 2012 als Antwort auf Christopher Nolans
"The Dark Knight Rises" verfasst.
Aber da Marvel nun zum vorherschenden
kulturellen Paradebeispiel in Hollywood geworden ist,
dachte ich,
es wäre ein interessantes Experiment
Graeber's Kernthese auf das
Marvel Cinematic Universe anzuwenden.
Graeber beobachtet:
"Die Helden sind rein Reaktionär.
Im wörtlichen Sinne:
sie reagieren nur auf Dinge;
sie haben keine eigenen Projekte,
außer mehr Hightech Waffen zu entwickeln
und gelegentlich
dem Akt der Wohltätigkeit zu frönen.
Tatsächlich scheint es Superhelden
gänzlich an Vorstellungskraft zu mangeln.
Die Bösewichte, jedoch,
sind erbarmungslos Kreativ.
Sie stecken voller Pläne,
Projekte und Ideen.
Es ist wichtig zu erwähnen, dass Graeber
nur über die Guten spricht,
die in ihrer Rolle als Superhelden handeln.
Auch wenn wir also vielleicht sehen,
wie Bruce Banner oder Matt Murdock eigene Projekte verfolgen
"Wie haben Sie das gerade gemacht?"
"Ich bin ein richtig guter Anwalt"
ist es extrem selten,
dass unsere Lieblings-Superhelden
sich in größeren, gesellschaftspolitischen
Projekten engagieren,
die die Gesellschaft voranbringen.
Es gibt wenige Helden, wie
den Milliardär Tony Stark,
dessen gesamte Charakterisierung
sich um den Bau und die Erfindung
neuer Technologien dreht.
Aber man beachte, dass fast alles,
das er erfindet
mit High-Tech-Waffen zu tun hat -
Waffen, welche er und seine Freunde dann
in ihren Selbstjustiz-Initiativen einsetzen.
Während das Aufhalten von etwas Bösem
notwendig sein mag,
ist es etwas ganz Anderes,
als etwas Gutes aufzubauen.
Obwohl diese beiden Dinge in der modernen Politik,
oft miteinander vermischt werden.
"Yep.
Wir sind die Agenten des Status quo"
"Ich bin Groot!"
Anstatt sich also auf
innovative Wege zu konzentrieren,
die die Gesellschaft zum Besseren verändern,
sehen wir meistens die Superhelden nur reagieren,
wann immer der Status Quo gefährdet ist.
In "Age of Ultron" wird der Plan
von Tony und Bruce,
KI Technologie zu verwenden,
um den Frieden in unserer Zeit herbeizuführen,
"Frieden in unserer Zeit."
als der Gipfel der Hybris dargestellt
und etwas, das die gesamte
Menschheit gefährdet.
"Wenn du an Frieden glaubst,
so lass ihn uns bewahren."
"Ich glaube du verwechselst
'Frieden' mit 'Stillschweigen'."
Letztendlich lernen die Avengers,
dass es ein Fehler ist,
zu versuchen die Welt neuzugestalten.
Sie müssen stattdessen darauf warten,
dass plötzlich Bedrohungen von außen auftauchen,
und dann, und nur dann,
in Aktion zu treten.
Es gibt, bislang, 29 Spielfilme
und 20 Serien,
die sich um das MCU ranken.
Aber je nachdem wann
Sie das hier anschauen,
könnten diese Zahlen
deutlich höher sein.
Es genügt zu sagen,
dass es eine überwältigende Anzahl
von Charakteren und Geschichten gibt.
Aber wenn wir einen Schritt zurück treten,
können wir ein übergreifendes Muster
in der Superhelden-Formel erkennen.
Wie David Graeber aufzeigt:
“Die grundlegende Handlung
sieht folgendermaßen aus:
Ein Bösewicht beginnt ein Projekt der Welteroberung,
Zerstörung, Diebstahls, Erpressung oder Rache.
Der Held wird auf die Gefahr aufmerksam
und findet heraus was passiert.
Nach Prüfungen und Dilemmas,
vereitelt der Held die Pläne des Bösewichts.
Die Welt kehrt in den Normalzustand zurück,
bis zur nächsten Episode
wenn genau das Gleiche noch einmal passiert.”
Diese, sich wiederholende Erzählstruktur,
bleibt bei den meisten
Marvel-Studio-Produktionen bestehen.
“Es gibt bestimmte Dinge,
in einer Superheldengeschichte,
die geschehen müssen.”
Das Schema, die Welt am Ende jeder Geschichte
auf den Status Quo zurückzusetzten,
liegt zum Teil in der Natur des sich stetig
fortsetzenden Superhelden-Genres.
Aber es ist,
innerhalb der MCU-Metaerzählung,
auch ein klares Prinzip für sich selbst.
Erinnern wir uns, dass in “Endgame”
die Avengers eine Quantenzeitmaschine bauen
und sie benutzen,
um den "Blip" rückgängig zu machen.
Aber nachdem sie alle Leute re-materialisiert haben,
die zu Staub zerfallen waren,
setzen die Helden weder diese unglaubliche Technologie,
noch die Infinity-Steine ein,
um irgendeines der anderen
systemischen Probleme anzugehen,
die den Planeten Erde plagen.
In der Tat verbieten es ihnen die Regeln
dieses fiktiven Universums, dies zu tun.
“Unsere Welt würde überrannt werden.
Millionen würden leiden.”
In ähnlicher Weise benutzt Doctor Strange
den Stein der Zeit,
um die Invasion des dunklen Universums
rückgängig zu machen
und die Welt wieder zu normalisieren.
Dennoch ist es ihm ausdrücklich untersagt
diese Macht zu benutzen,
um den Status Quo
auf andere Weise zu verändern.
"STOP!"
“Wir greifen nicht in Naturgesetze ein,
wir verteidigen sie.”
Es wird sogar ganz klar gesagt,
dass wenn ein Superheld jemals versuchen würde
die Art und Weise,
wie das Universum funktioniert,
zu verändern,
er Gefahr läuft, selbst
zu einem Superschurken zu werden.
An diesem Punkt könnte es nützlich sein
zu definieren,
was der Status quo bedeutet.
Im soziologischen Sinn,
bezieht sich der Status Quo
auf die aktuellen, sozialen,
politischen und wirtschaftlichen Strukturen,
in denen wir alle leben.
Für die meisten heutigen Gesellschaften,
umfassen diese Strukturen Dinge wie
militarisierte Nationalstaaten,
neoliberale Regierungen,
privatisierte Industrie,
und irgendeine Form
des Unternehmenskapitalismus.
Die Tatsache, dass die Hauptverantwortung
der Superhelden darin besteht,
den Status Quo zu erhalten,
wäre kein allzu großes Problem,
wenn die Welt, wie sie existiert
ein wunderbares Paradies wäre.
Aber wie wir alle wissen,
ist sie das nicht.
Unsere Welt ist voll von Ungerechtigkeit,
Ausbeutung und Unterdrückung,
ganz zu schweigen vom drohenden
ökologischen Kollaps.
“Der Klimawandel ist jetzt weit verbreitet,
schnell und intensiviert sich...”
Unsere aktuelle Realität
ist mindestens so beängstigend,
wie alles, was ein Superschurke
heraufbeschwören könnte.
Nun ist das MCU natürlich fiktiv.
Aber es ist auch als ein Spiegel
der realen Welt designt,
komplett mit all unseren Problemen -
nur mit Superwesen und Aliens
und Zauberern,
die alle mit in den Mix geworfen werden.
“Androiden, Außerirdische und Zauberer.”
“Die gibt’s doch nicht.”
“Doch, die gibt es.”
“Nein, tut es nicht!”
Man stelle sich nur vor,
was diese Superwesen erreichen könnten,
wenn sie ihre immense Macht
für die Schaffung eines
besseren Universum einsetzten.
Sie könnten daran arbeiten,
die Systeme zu beenden
die zu ausbeutender Arbeit und Ungleichheit führen.
Sie könnten ihre Energie darauf verwenden,
umweltschädliche Industrie zu stoppen
oder den Klimawandel umzukehren.
Sie könnten den Reichtum
und die Ressourcen der Milliardäre umverteilen,
im Stil von Robin Hood.
Aber unsere Helden tun nichts von alledem.
Stattdessen engagieren sich die Superhelden
in willkürlicher Wohltätigkeit.
Ein Milliardär schenkt der Welt eine ausgefallene,
neue, firmeneigene Technologie.
“Stark Tower ist dabei, ein Leuchtturm
der sich selbst versorgenden,
sauberen Energie zu werden.”
Ein Soldat bittet höflich,
dass korrupte Bürokraten es einfach “besser machen”.
“Das müssen Sie besser machen, Senator.”
Im besten Fall, baut ein reicher Monarch
ein internationales Netzwerk von Gemeindezentren.
“Dies wird das erste
Wakanda International Outreach Center”.
Diese notdürftigen Ansätze helfen vielleicht
ein paar entrechteten Menschen
hier und da,
aber sie sind auch dazu gedacht,
die derzeitigen wirtschaftlichen und politischen Strukturen
fest an ihrem Platz zu halten.
Die unbequeme Wahrheit ist,
wohltätige oder philanthropische Bestrebungen
bedrohen nur selten, wenn überhaupt,
die etablierten Positionen der Reichen und Mächtigen
in irgendeiner bedeutsamen Weise.
In diesem Licht betrachtet,
kommt einem die Tatsache, dass unsere Superhelden
ihre unglaublichen Kräfte einsetzen könnten,
um die Welt zum Besseren zu verändern,
sich aber entscheiden dies nicht zu tun,
geradezu dystopisch vor.
“Kommen Sie rein.”
Daher ist es seltsam, dass die einzigen Charaktere,
die irgendeine Art von Systemkritik äußern,
die Bösewichte sind.
“Diese Leute, Pete, diese Leute
da oben, die Reichen und Mächtigen,
die machen, was sie wollen.
Leute wie wir? Wir bauen ihre Straßen
und wir kämpfen in all ihren Kriegen
und alles andere,
wir sind ihnen völlig egal.
Wir müssen uns um sie kümmern,
wir müssen ihre Tischabfälle essen.”
Wenn wir einen Blick auf
die Ruhmeshalle der Marvel-Superschurken
und bösen Genies werfen,
fällt uns sofort auf,
dass fast alle von ihnen
danach streben, den Status Quo durcheinander zu bringen
oder in irgendeiner Weise zu zerstören.
Kurz gesagt:
sie streben nach strukturellem Wandel.
Zugegeben, das ist meistens schlechter,
autoritärer Wandel.
Aber sie sind die Einzigen,
die Interesse an einer grundlegenden Veränderung,
daran, wie die Welt funktioniert
zu zeigen scheinen.
“Das wird die Welt verändern.”
“Meine Technologie könnte die Welt verändern.”
“Sie wollten die Welt verändern.”
Die Beweggründe der Schurken reichen
von persönlicher Rache,
über Beseitigung von sozialem Unrecht,
bis hin zur guten altmodischen Gier.
Aber für unsere Zwecke hier,
sind wir mehr mit ihren ruchlosen Plänen
und Machenschaften beschäftigt.
Die in Umfang und Ausmaß, je nach Machtstufe des
des Bösewichts, variieren.
Die weniger mächtigen Bösewichte wollen vielleicht nur
eine einzelne Institution revolutionieren,
wie den militärisch-industriellen Komplex.
Andere wollen vielleicht
das größte Unternehmen der Welt
und seinen milliardenschweren CEO loswerden.
Die visionäreren Schurken hingegen,
wollen vielleicht eine ganze Stadt umgestalten.
“Ich wollte diese Stadt
zu etwas Besserem machen, als sie ist.”
Oder die ganze Welt.
Oder das ganze Universum.
Im Allgemeinen gilt:
Je größer der Bösewicht,
desto größer der Wandel,
den er umsetzen will.
“Die Expansion. Das ist mein Ziel.”
Der Drang zur Rebellion gegen
oder das Niederreißen der aktuelle Weltordnung,
ist einer der Gründe, warum das Publikum
Superschurken so fesselnd findet -
zumindest anfangs.
“Eine wirklich bessere Welt zu schaffen,
bedeutet manchmal, dass man die alte
abreißen muss.”
Graeber zitiert den russischen Anarchisten
Michail Bakunin der 1842 schrieb,
dass “die Leidenschaft für die Zerstörung,
auch eine schöpferische Leidenschaft ist”.
Womit er meinte, dass der Drang
zur Zerstörung einer ungerechten Ordnung,
notwendigerweise den Prozess beinhaltet,
zu versuchen, sich Alternativen
zum Status quo vorzustellen.
Zuschauer werden besonders angezogen von, was ich
“Pseudo-Bösewichte für soziale Gerechtigkeit” nenne.
“Titan war wie die meisten Planeten.
Zu viele Münder, nicht genug für alle.”
Dies sind Antagonisten, deren erklärtes Ziel
sich um den Versuch dreht,
eine Art soziales Problem, Ungerechtigkeit
oder eine unrechtmäßige Form der Macht zu beenden.
Im MCU wandeln die Götter unter uns.
Buchstäblich.
Und sie verfügen über enorme Mengen
von unkontrollierter Macht.
“Für eure Götter zu leiden ist eure
einzige Aufgabe.”
Aber sie sind auch grausam,
oder bestenfalls gleichgültig
gegenüber dem Leiden der Völker,
über die sie herrschen.
“Wir verkünden den Gewinner
für die meisten Menschenseelen,
die im Namen eines Gottes geopfert wurden.”
“Okay, vielleicht ist er doch nicht so toll.”
“Oh, nein, nicht gut.”
Das ist der tyrannische Status Quo,
den Gorr, der Gottesschlächter, herausfordert
und versucht, in “Thor: Love and Thunder”
zu Fall zu bringen.
“Die einzigen, um die sich die Götter scheren,
sind sie selbst.”
Das Ziel der Flag-Smashers,
in “Falcon and the Winter Soldier”,
ist die Umverteilung von Lebensmitteln und
Medikamenten an Flüchtlinge,
die Wiedererrichtung von
nationalen Grenzen zu verhindern,
und Massendeportationen nach dem “Blip” zu stoppen.
“Wie oft müssen wir noch
mit unseren Leben bezahlen,
nur um Bürger dieses
gottverdammten Planeten zu sein?”
In “Black Panther”, hofft Killmonger,
Wakandas Vibranium Technologie zu nutzen,
um die afrikanische Menschen von kolonialer Unterdrückung
auf der ganzen Welt zu befreien.
“Als die Schwarzen Revolutionen starteten,
hatten sie nie die Feuerkraft
oder die Ressourcen, um ihre
Unterdrücker zu bekämpfen.
All das ist heute vorbei.”
Als Zuschauer haben Sie sich vielleicht sogar dabei ertappt,
wie Sie zum großen Monolog des Bösewichts zustimmend nickten.
Aber kurz bevor Sie für ihre Sache gewonnen werden,
beschließen sie plötzlich
eine ganze Reihe von Menschen zu ermorden.
Selbst wenn es für diesen Charakter
keinen Sinn ergibt.
“Da sind noch Leute drin!”
“Das ist die einzige Sprache,
die diese Leute verstehen.”
Dass die Methoden des Bösewichts
immer wahlloses Töten beinhalten,
ist eine bewusste Entscheidung der Drehbuchautoren.
“Du hast gesagt,...
wir würden die Avengers zerstören.
Eine bessere Welt erschaffen!”
“Sie wird besser sein.”
“Wenn alle tot sind?”
“Das ist nicht-!”
Eine, die extra dafür entworfen wurde,
um sicher zu stellen,
dass das Publikum sich nicht mit den Bösewichten
oder ihrer Revolution identifiziert.
“Sie zwingen uns Kampf und Härte auf.
Sie bezeichnen uns als Kriminelle,
weil wir uns wehren.
Aber der Kampf ist es,
der uns alle zusammenbringt.
Menschen, die nichts gemeinsam haben.
Denn schließlich sind wir
einfach nur eine Welt und ein Volk.”
Die zugrunde liegende Botschaft,
die sich aus diesem Muster ergibt,
ist ebenso unausweichlich,
wie schädlich.
Es wird uns gesagt, dass jeder Versuch
die Gesellschaft grundlegend zu verändern,
nicht nur gefährlich, sondern geradezu böse ist.
Die Gleichsetzung von Anliegen der sozialen Gerechtigkeit
mit unverhohlener Schurkerei,
ist einer der Gründe, warum
dem Superhelden-Genre
oft vorgeworfen wird,
ideologisch konservativ zu sein.
“Wie wird die Menschheit gerettet,
wenn es ihr nicht erlaubt ist
sich ... zu entwickeln?”
Wie Graeber über Superhelden bemerkt,
“bleiben sie Verteidiger einer rechtlichen
und politischen Ordnung,
die, wie fehlerhaft oder degradiert sie auch sein mag,
verteidigt werden muss,
weil die einzige Alternative
um so schlimmer ist.”
“Glaub mir, jedes Mal, wenn es
für eine Gruppe besser wird,
wird es für eine andere schlechter.”
Nach der Ideologie von Marvel,
ist der Status Quo also das Beste,
auf das wir hoffen können.
Die Welt mag nicht perfekt sein,
aber der Versuch, sie zu ändern,
wird nur zur Katastrophe führen.
Der legendäre Comic-Autor Alan Moore
kritisierte den Aufstieg der Superhelden-Blockbustern
und sagte, der Trend zeuge von
“Realitätsverweigerung und dem Drang
nach einfachen und spektakulären Lösungen”.
Und er hat Recht.
Die meisten der heutigen, drängenden Probleme,
mit denen unsere Gesellschaft konfrontiert ist,
lassen sich nicht lösen,
indem man ein paar böse Individuen findet
und ihnen ins Gesicht schlägt -
so befreiend diese Vorstellung auch sein mag.
Halten wir also einen Moment inne
und sprechen darüber, wie sozialer Wandel
tatsächlich hier in der realen Welt zustande kommt.
“Wir werden mutig
den Status quo herausfordern.”
Sozialer Wandel wird erreicht, wenn Menschen sich proaktiv
in Massenbewegungen organisieren,
die dann den Status Quo
aufrühren und sprengen.
“Wir wollen nicht mehr kämpfen,
aber wenn wir wieder kämpfen müssen,
dann nur, um diese Schritte zu unternehmen.”
Diese Bewegungen üben Druck aus
und erhöhen die sozialen Kosten,
bis die Machthaber keine andere Wahl haben,
als den Forderungen der Öffentlichkeit nachzugeben
oder ersetzt zu werden.
So ist verändernder,
sozialer Fortschritt
schon immer gemacht worden.
Wie Frederick Douglass bekanntlich bemerkte,
“Macht gesteht nichts zu,
wenn sie nicht gefordert wird.”
Diese Tatsache stellt ein
kleines Problem für das MCU dar.
Denn es gibt keine “Öffentlichkeit”,
von der man sprechen könnte.
Es gibt nur unschuldige Opfer,
aufsässige Mobs, und natürlich,
gottgleiche Superwesen,
die die Macht für sich allein beanspruchen.
Und wenn die Öffentlichkeit nicht existiert,
dann kann das, was Graeber als
“verfassungsgebende Macht” bezeichnet, auch nicht existieren.
Wir haben dann eine Situation,
in der eine kleine Gruppe von mächtigen,
nicht gewählten Supermännern
(und ein paar Superfrauen)
alle Trümpfe in der Hand hält.
“Hi, würde es Dir was ausmachen,
ein Foto mit uns machen?”
Die einzige Funktion,
die den Bürgern des MCU bleibt,
ist die Entscheidung darüber,
welches mächtige Superwesen sie verehren sollen.
“Ich bin Ihr größter Fan.”
Auf diese Weise wird die Öffentlichkeit
jeder Macht beraubt,
und auf eine passive Fangemeinde reduziert.
Und das bedeutet, dass es einfach keinen Weg gibt
die Art von grundlegender Veränderung zu erreichen,
die notwendig ist, um den Planeten
in einen gerechten oder nachhaltigen
Ort zum Leben zu verwandeln.
“In den meisten Universen ist Essen tatsächlich kostenlos.
Es ist seltsam, dass ihr dafür bezahlen müsst.”
Nochmal, ich behaupte nicht,
dass die Avengers falsch liegen,
wenn sie größenwahnsinnige Eroberer aufhalten
oder die Apokalypse rückgängig machen wollen.
Natürlich ist das im engen Kontext dieser Geschichten,
in dem sie geschrieben wurden, das moralisch Richtige.
Ich behaupte aber,
dass die sich wiederholende Story-Formel,
die Marvels milliardenschwerem
Medienimperium zugrunde liegt,
uns ein düsteres,
oligarchisches Weltbild vermittelt.
“Ich habe erfolgreich
den Weltfrieden privatisiert!”
Wo Macht Recht schafft.
Nun, es ist ein düsteres Weltbild,
es sei denn, man ist zufällig ein Mitglied
der herrschenden Klasse,
wie diejenigen,
die Medien-Großkonzerne besitzen oder kontrollieren.
Für die ist ein Weltbild,
das den Status quo bewirbt
wahrscheinlich recht beruhigend.
Aber für den Rest von uns,
wenn wir in diese Filme gehen,
werden wir in ein Universum transportiert,
in dem die bloße Idee,
Machtsysteme in Frage zu stellen,
oder die Welt zu verändern,
dich automatisch zum Bösewicht macht.
Ich hoffe, Sie haben diesen tiefen Einblick
in die Bedeutung und die Botschaften des MCU genossen.
Wenn Sie diese Art von
kritischem Video-Essay in Langform mögen,
ziehen Sie bitte in Erwägung, zu Patreon zu gehen
um das Projekt dort zu unterstützen.
Ich habe auch einen Link zu PayPal
und einer Wunschliste hinterlassen, falls Sie dies bevorzugen.
Alles auf diesem Kanal wird zu
100% von Zuschauern wie Ihnen finanziert.
Es gibt keine Werbung, keine Sponsorengelder,
und keine Paywall.
Was auch immer Sie geben können
ist sehr willkommen.
Wir sehen uns sehr bald wieder,
mit einem weiteren Video-Essay,
dieses Mal zum Thema Kolonialismus
in modernen Brettspielen.
Vielen Dank fürs Zuschauen.