rc3 Vorspannmusik
Herald: Martin Weise ist, hat
Kulturwissenschaften und Management
studiert, arbeitet mit Menschen mit
Behinderung und möchte sich ein paar Jahre
lang gegen seinen, so wie er sich
ausdrückte, Lieblingsgreuel Außenwerbung
einsetzen. Dr. Erik Flick engagiert sich
bei FIfF, dem Forum Informatiker*innen für
Frieden und gesellschaftliche
Verantwortung. Er hat über Software-
verifikation promoviert und ist ebenfalls
terminal genervt von der aggressiven,
grell schreienden Werbung. Euer Talk, eure
Bühne. Genießt es.
Erik Flick: Hi. Unser Vortrag besteht aus
5 Teilen. Zuerst werde ich über die
Probleme sprechen, die wir mit und durch
bestimmte Formen von Außenwerbung sehen.
Dann werde ich belegen, dass es da in
Hamburg eine enorme Eskalation gegeben
hat. Dann stellt Martin unsere
Volksinitiative vor und den
internationalen Kontext, erklärt den
Gesetzentwurf, mit dem wir Außenwerbung
regulieren wollen und nennt den Zeitplan
und wie man sich einbringen kann. Vorab,
nicht jede Form von Werbung ist gleich
schlimm. Es geht uns hier um Werbung, die
stark in die Stadtgestaltung eingreift,
zum Beispiel die Art von Anlage, die hier
auf dem Foto mitten im Weg steht. Stille
- sie zu drücken. Wer eine stark
betroffene Stadt wie Hamburg nicht aus dem
Alltag kennt, hat oft keine Ahnung, wie
ablenkend und belastend das für
empfindliche Menschen sein kann. Und es
ist in jedem Fall nicht einvernehmlich.
Die Anlagen dominieren das Stadtbild
absolut und sind durch ihre hohe
Leuchtdichte und das Zappeln der Bilder
enorm aufdringlich. Das gilt auch schon
für die analogen in denen drei Plakate
hoch und runter scrollen, nicht erst für
die digitalen. Meine Motivation, exzessive
Außenwerbung an sich zu kritisieren,
entspringt diesem Leidensdruck. Beim
1. Mal ist es vielleicht interessant,
aber die ständige Wiederholung der dummen
Inhalte an jeder Ecke und teils monatelang
und die maßlose Überreizung, das macht was
mit einem. Ich weiß, dass es anderen auch
so geht. Nicht allen. Manche stört es
gefühlt weniger. Freut mich. Probleme mit
Außenwerbung. Die Frage, warum muss ich
das sehen, drängt sich auf und keine
Antwort überzeugt. Warum ist das so
problematisch ? Stille - Wirkung in
Kauf nimmt. Es geht letztlich auch um
fehlende Mitsprache bei der Gestaltung der
eigenen Lebensumgebung. Dieser Zwang zum
Rezipieren betrifft Erwachsene ebenso wie
Jugendliche und Kinder. Ungefragt werden
sie heimgesucht, egal wie es ihnen gerade
geht, mit Tabakwerbung an jeder
Bushaltestelle und sogar vor dem
Krankenhaus. All das angeblich
alternativlos. Wenn sie nicht wirkt,
könnte man sie ja weglassen. Wenn sie
wirkt, muss man sich fragen, ob es
wünschenswert ist, dass in solch einem
Ausmaß zuzulassen. Schließlich fehlt jede
Einwilligung. Viele sagen, Werbung kann
ich gut ignorieren. Trotzdem gibt es zum
Beispiel den wissenschaftlich gut belegten
Mere Exposure Effect, der beschreibt, wie
Markenwerbung dennoch wirken kann. Ist es
denn dennoch ein guter Deal für die Stadt?
Es gibt immer jemanden, der sagt, auf
dieses Geld kann die Stadt aber schlecht
verzichten. Das gibt es aber nicht
umsonst. Welches immaterielle Gut wird
denn hier verkauft? Eure Daten sind es
diesmal nicht. Gleichwohl werden die
Möglichkeiten dazu im Rahmen der
Digitalisierung durchaus schon ausgelotet
mit Kameras und Bluetooth-Tracking in den
Anlagen. Aktuell wird hier ohne zu fragen
eure Aufmerksamkeit verkauft und der
Schreibzugriff auf eure Gedanken. Für
garantiert waren 508 Millionen über 15
Jahre. Das klingt viel, aber es bedeutet
20 Euro im Jahr soll der tagtägliche Raub
von Lebensqualität und Mindshare jedem von
uns wert sein. 20 Euro, die sich angeblich
nicht anders auftreiben ließen. 20 Euro,
die sich nicht anderswo hätten einsparen
lassen. 20 Euro, die wir doch zahlen.
Jedes Mal, wenn wir nur von A nach B gehen
oder aus dem Fenster schauen, zahlen wir
den Preis. Was die Befürworter sehen ist
ein Geldsegen, der scheinbar gratis ist
und angeblich unverzichtbar und
Werbegimmicks obendrauf, Stadtmöblierung,
Toilettenhäuschen. So viel davon habe ich
nicht gesehen. Was ich sehe, ein
Danaergeschenk. Unsere Bedürfnisse werden
damit als konform dargestellt, sind aber
nach Ansicht der Stadtverwaltung
zweitrangig gegenüber dem Interesse der
Eigentümer der Anlagen. Das haben wir
schwarz auf weiß. Zur Public-Private-
Partnership, das klingt bequem, aber die
Partnerschaft macht die Verwaltung zum
Bittsteller in Sachen Infrastruktur. Die
sie alternativ auch demokratisch
kontrolliert und ohne Zielkonflikt selbst
betreiben könnte. Eine Stadt ist keine
Gratiszeitung und kann daher auch nicht
werbefinanziert sein, das ist ein fataler
Irrtum. Der Profit kommt aus einer
psychischen Ausbeutung der Bewohner*innen,
einer unfreiwilligen
Aufmerksamkeitsbewirtschaftung. Das wird
mit der offiziellen Budgetbegründung
bequem unter den Teppich gekehrt, ist aber
letztlich ein schiefer Handel, bei dem wir
der Rohstoff sind, aus dem ein Produkt
gemacht wird,wie Shoshana Zuboff im
Kontext von Daten schreibt Hier einmal
anders. Alle Argumente, die ich kenne,
warum man das denn unbedingt zulassen
muss, haben einen unguten Drall mit dem
Mythos, dass es Werbung doch schon immer
gab. Räume ich später noch auf. Es handelt
sich bei kommerziellen Werbeträgern im
öffentlichen Raum auch mitnichten um eine
unverzichtbare Öffentlichkeit, wie oft
behauptet wird. Das sind nämlich andere
Menschen. Oder ein Dialog. 1. was
ist mit Passant*innen, die gerade keine
Konsumenten sein möchten? 2. ist es
ein sehr lauter, einseitiger Monolog ohne
Widerrede, eine Konzentration von
Meinungsmacht für Geld. Man muss sich klar
machen, dass auf diesen Bildschirmen im
Allgemeinen nicht diverse lokale Angebote
erscheinen. Diese gleichgeschaltete Form
von Werbung ist also nicht mal gut für die
Wirtschaft. Sie nutzt eher Monopolisten
oder solchen, die es werden wollen. Ist
Werbung etwa wichtige Information für den
Verbraucher? Nein. Denn gute Quellen für
Produktinformationen sind unabhängig und
objektiv und Werbung kann das nicht sein.
Es gibt noch ein paar. Ich erspar euch
die, denn keines hat irgendwelche
Substanz. Die Anlagen sind unnötig und
wenn man sie abschafft, geht nichts
Wertvolles verloren. Im Gegenteil. Das
einzige wären Arbeitsplätze, das
Lieblingsargument alle obsoleten
Industrien. Es ist im Prinzip ein valides
Argument, aber wenn jede Branche per se
als schützenswert gilt und jedes
Geschäftsmodell, kann es zum Beispiel auch
nie einen Kohleausstieg geben. Probleme
durch Außenwerbung. Hm, welche negativen
Auswirkungen sind bekannt? Anlagen mit
schnellen Bildwechseln werden mit voller
Absicht am Straßenrand und nah Ampeln
positioniert, weil man dort hingucken
muss. Dort lenken sie ab und verdecken
andere Verkehrsteilnehmer*innen. Toll. Das
ist nicht nur grob fahrlässig, das ist
perfide. Ressourcenverschwendung ist
offensichtlich. Werbung ist unnötig,
kostet Strom und Arbeitskraft und feuert
den Konsum an. Das Problem der
Lichtemissionen betrifft viele Formen von
Außenwerbung, z.B digitale
Screens, die immer häufiger auch in Läden
erscheinen. Da scheint es einen neuen
Anbieter zu geben. Die Störung des Tag-
Nacht Rhythmus schadet nachweislich Mensch
und Tier. Da hilft auch eine Abschaltung
irgendwann nach Mitternacht wenig. Zu den
psychischen Auswirkungen liegen dem Senat
übrigens auf Anfrage dieses Jahr keine
Erkenntnisse vor. Nach all den Jahren. Das
hat von Anfang an nicht interessiert,
scheint es. Auch zur Verkehrssicherheit
wurden offenbar keine Daten erhoben. Wir
werden da nachhaken. Zusammenfassend kann
man sagen, das Vorsorgeprinzip scheint
außer Kraft gesetzt. 4000 Anlagen für
Hamburg? Yay. In Hamburg wurden zwischen
den Jahren 2000 und 2020 ca. 4000
Werbeanlagen mit Hinterleuchtung und
Bewegt- oder Wechselbildtechnik
installiert, in Folge der sogenannten
Werberechtsverträge von 2007 mit zwei
großen Playern Ströer und WallDecaux.
Werbung gab es schon immer, aber in dieser
Form eskalierte das bei uns erst in den
letzten beiden Dekaden. In den frühen
2000ern wurde erst mal das Wasser
getestet, wie man hier auf der Kurve
vielleicht sieht. Es tauchten die 1.
Bushäuschen mit hinterleuchteten
Werbekästen auf. 2007 kamen die neuen
Verträge, dann legte Ströer vor und dann
zog WallDecaux nach und hält bis heute den
Löwenanteil. Obwohl es Anwohnerbeschwerden
gab, wurde fast nie etwas abgebaut. Ich
möchte nochmals betonen, diese Anlagen
sind unnötig für das Funktionieren der
Stadt. Vor 2000 gab es sie nicht. Und
Hamburg war trotzdem eine florierende
Handelsmetropole. Trotzdem bleibt die
Frage: Sind die 4000 Anlagen über die
Stadt verteilt viel oder wenig? Schauen
wir uns das mal an. Häufungsmuster, falls
jemand dachte, ich übertreibe. Der Umfang
der Außenalster links im Bild beträgt 7
1/2 km, 3 nach oben, 3 nach unten. Jeder
blaue Punkt ist eine Außenwerbeanlage,
wobei hier nicht zwischen den etwa 7 Typen
im Datensatz unterschieden wurde. Aber die
meisten davon sind sind hinterleuchtet und
mit Wechselbild. Außerdem gibt es harmlose
traditionelle Litfaßsäulen, aber das sind
relativ wenige. Außerdem gibt es noch
großformatige Aufhänger an Fassaden, die
da nicht drin sind. Gleicht das zum Teil
aus. Man beachte die hohe Dichte an
sämtlichen Verkehrsachsen und an
Kreuzungen. Das sieht nicht nur auf der
Karte so aus. Auge und Geist finden auf
diesen wichtigen Straßen keine Ruhe vor
der unaufhörlichen Aggression durch
zappelnde Werbung. Sollen es nicht finden.
Auch reine Wohngebiete sind betroffen,
unter anderem wegen der Bushaltestellen.
Die Quelle dieser Grafiken ist übrigens
Open Data, Link folgt am Ende. Wir pflegen
ein Repo mit Jupiter Notebooks und
bereiten das so auf, dass ihr damit unsere
Auswertungen möglichst leicht
nachvollziehen und eigene anstellen könnt.
Wir haben auch ausgewertet, wie sehr man
wirklich zum Konsum der Werbung gezwungen
wird. Vielleicht gibt es ja Routen durch
die Stadt, auf denen die Werbebelastung
geringer ist. Da muss ich leider
enttäuschen. Hier zunächst die Situation
mit dem Auto von einem zentralen Punkt
aus. Den CCH habe ich ausgewertet, wie
vielen Anlagen der besonders störenden
Typen man zwangsläufig ausgesetzt ist,
wenn man sich über das Straßennetz zu
einem beliebigen anderen Ort in der Stadt
begibt. Es ist unmöglich, stellt sich
raus, vom CCH nach Barmbek, Horn oder
Osdorf zu fahren oder andersherum, ohne 40
dieser Anlagen frontal zu begegnen. Und
vermutlich ist diese Zahl methodenbedingt
noch ein wenig unterschätzt. Außerdem sind
sie weithin sichtbar. Es ist unmöglich,
mit unter 50 wegzukommen, um noch weiter
zu fahren. Die gestrichelte Linie, das
sind durchaus normale Wege, die viele
Menschen jeden Tag auf sich nehmen müssen.
Mit dem Fahrrad scheint es noch krasser zu
sein. Es könnte daran liegen, dass
Fernstraßen und Autobahnen schon immer
werbefrei sind. Aus Gründen. Eventuell hat
OpenStreetMap aber hier auch nicht alle
Wege, obwohl das Netzwerk für Fahrrad sehr
viel größer ist als das für Autos, wenn
man es runterlädt. Weiß ich nicht. Fein
raus ist man also mit Bus und Bahn leider
auch nicht. Die Haltestellen im HVV-Netz
strotzen oft vor bewegter Werbung. Somit
ist das Versprechen, Finanzsenator Freytag
hat es anscheinend 2007 geäußert, Hamburg
werde schon nicht mit Werbung voll
gepflastert, im Laufe der letzten 14 Jahre
spektakulär, meines Erachtens mit Vorsatz,
gebrochen worden. Und so wird wird es
jeder Stadt ergehen, die sich mit JC
Decaux einlässt. Ich hoffe, ich habe die
Notwendigkeit einer gesetzgeberischen
Intervention hinreichend motiviert. Unsere
Gruppe Hamburg Werbefrei hat die
Herausforderung angenommen. Ich übergebe
an Martin.
Matrin Weise: Die Initiative Hamburg
Werbefrei ist aus dem Wunsch heraus
entstanden, etwas gegen Außenwerbung zu
unternehmen. Wir sind eine sehr kleine
Gruppe von Leuten. Uns ist öffentlicher
Raum und Demokratie und Klimaschutz und
Umweltschutz mega wichtig. Wir finden
Außenwerbung mega nervig und aufdringlich
und sehen sie auch als Teil von einem
größeren Problem, nämlich der
Kommerzialisierung von immer mehr
Lebensbereichen und von der Macht großer
Konzerne. Wir kommen aus Bereichen wie
Kultur, Kunst, Streetart, Architektur,
Stadtplanung. Wir haben uns überlegt, wie
wir als kleine Gruppe möglichst großen
Impact ausüben können und sind dann zu dem
Schluss gekommen, dass das, was in Berlin
schon die Initiative Berlin Werbefrei
gemacht hat, direkte Demokratie als Tool
zu benutzen etwas gegen Außenwerbung zu
unternehmen, als vielversprechend
erscheint. Dazu sage ich später mehr.
Vorher möchte ich noch ein paar
internationale Beispiele erbringen, wie
Politik und Organisationen etwas gegen
Außenwerbung unternommen haben. In São
Paulo wurde 2007 auf Initiative des
Bürgermeisters ein Gesetz beschlossen, das
Werbeanlagen und übergroße
Ladenbeschriftungen verboten hat. Viele
tausend Plakatwände wurden entfernt. Hier
auf dem Bild sehen wir ein vorher-nachher
Bild von einer Straße mit nicht sehr hoher
Bebauung. Es gibt im Internet auch Bilder
von Hochhäusern, auf denen sehr große,
ausgesprochen sexistische Werbetafeln
waren, die entfernt wurden. Nachdem was
ich online gelesen habe, war der Großteil
der Bevölkerung sehr glücklich mit den
Veränderungen. In Grenoble war es ein
bisschen ähnlich, auch dort ging die
Initiative von der lokalen Regierung aus,
von einem Bürgermeister der Grünen.
Werbeanlagen auf öffentlichem Raum wurden
entfernt. Hier im Bild sehen wir links
eine sehr große Anlage. Die gibt es so
auch in Hamburg. Das wird als Mega-Light
bezeichnet. Das kleinere dadrunter wird
als City-Light bezeichnet. Im rechten Bild
sehen wir, dass beide verschwunden sind
und stattdessen ein Baum gepflanzt wurde.
Von Genf habt ihr vielleicht kürzlich in
den Medien gehört. Da gab es eine aktuelle
Entwicklung. Den Ausgang nahm die
Entwicklung 2017, als durch eine Panne in
den Werberechtsverträgen hunderte Anlagen
längere Zeit nicht bespielt wurden und
weiß blieben. Daraufhin haben Menschen
sich diesen Platz, der nun frei wurde,
angeeignet und dort Kunst und Slogans
angebracht. Das erfreute sich großer
Beliebtheit und brachte auch die Frage
auf, warum ist dieser Raum eigentlich
normalerweise für große Unternehmen wie
Coca Cola oder Amazon da? Werbung ist doch
eigentlich kein Naturgesetz. Daraufhin
trat ein neuer Werberechtsvertrag in
Kraft. Die Flächen wurden wieder
zugekleistert mit kommerzieller Werbung.
Und dann gründete sich eine
Volksinitiative Zéro Pub und hat
Unterschriften gesammelt und die
eingereicht. Daraufhin gab es eine, ich
glaube 3 Jahre lange Phase, in der
juristisch geprüft wurde, ob die
Initiative juristisch zulässig war. Und im
September diesen Jahres gab es ein Urteil
des Bundesgerichts in der Schweiz, das
gesagt hat, die Initiative ist zulässig.
Daraufhin hat das Parlament von Genf die
Initiative angenommen, so dass eine 2.
Unterschriftensammelphase und ein
Volksentscheid nicht notwendig sein
werden. São Paulo, Grenoble, Genf. Voll
gut. Da wurde was gegen Außenwerbung
unternommen. Allerdings sind die Städte
heute überhaupt nicht werbefrei. São Paulo
und Grenoble haben Public-Private
Partnership Verträge mit dem
Weltmarktführer JC Decaux geschlossen. An
den Bushaltestellen ist deshalb derselbe
Werbebrei zu sehen, wie überall auf der
Welt. Die Initiative in Genf wird erst in
ein paar Jahren rechtsgültig sein und
betrifft nur Flächen auf öffentlichem
Grund. Für Individuen, die gezwungen sind,
Werbebotschaften zu rezipieren, ist es
total egal, ob die Anlagen auf
öffentlichen oder privaten Grund stehen.
Juristisch macht das leider einen großen
Unterschied. Jetzt möchte ich 2
Organisationen aus England und Frankreich
vorstellen. In Großbritannien gibt es das
supercoole Adfree Cities Network. Die
veröffentlichen unter anderem Reader zum
Thema 'What's Wrong with Advertisement?'.
Die behandelten Themen sind mentale
Gesundheit, Sexismus, Umwelt, lokale
Wirtschaft. Das Adfree Cities Network hat
7 Ortsgruppen und die arbeiten mit
Methoden wie Petitionen, Kunstaktionen und
Lobbying gegen Außenwerbeanlagen, die
schon stehen oder die geplant und
beantragt sind. Weiterhin haben sie
überregionale Aktionen gegen Werbung für
bestimmte Produktgruppen. Zum Beispiel das
Ban Fossil Fuel Ads Programm, das sich
gegen Werbung für besonders
klimaschädigende Produkte wie SUV oder
Kreuzfahrten einsetzt. In Frankreich gibt
es schon seit 1992 einen Verein, der sich
gegen schädliche Werbung einsetzt. Soweit
ich es verstehe, arbeiten die nicht nur
zum Thema Außenwerbung, sondern auch zu
anderen Werbeformen wie beispielsweise
Briefkastenwerbung oder Fernsehwerbung. Es
gibt 15 Ortsgruppen und die machen viele
lokale Petitionen dagegen, dass digitale
Außenwerbeanlagen aufgestellt werden,
'Stop Pub Video'. Ein Zwischenfazit: Es
gibt Widerstand gegen die
Kommerzialisierung des öffentlichen Raums.
Dabei gibt es Ansätze von engagierten
Regierungen, also top-down und Bewegungen
von Aktivist*innen, Bürgern, von Gruppen,
von direkter Demokratie, bottom-up. Und es
ist kompliziert. Es gibt nicht ein Gesetz,
das geändert werden kann und dann
verschwindet die Außenwerbung, sondern es
muss unterschieden werden. Stehen die
Anlagen auf öffentlichem oder privatem
Grund? Zusätzlich gibt es diese
unsäglichen Public-Private Partnership
Agreements, bei denen private Firmen
Bushaltestellen und andere Einrichtungen
aufstellen und betreiben und dafür dort
Werbung schalten dürfen. Jetzt komme ich
zur Initiative Berlin Werbefrei. Die hat
im Sommer 2018 Unterschriften gesammelt,
nämlich über 40.000. In Berlin wären für
die erste Stufe der direkten Demokratie
nur 20.000 Unterschriften notwendig
gewesen. Daraufhin hat sich der Senat
eineinhalb Jahre Zeit gelassen, den
Gesetzentwurf zu überprüfen und dann
entschieden, nein, der ist mit anderem
Recht nicht zu vereinbaren. Daraufhin hat
das Berliner Landesverfassungsgericht die
Sache geprüft und beschlossen, doch, die
Volksinitiative ist zulässig. Der
Gesetzentwurf darf jetzt an einigen
Stellen nachgebessert werden und die
Initiative kann dann in die 2. Phase,
das Unterschriften sammeln für den
Volksentscheid, gehen. Diese Folie zeigt
die Situation von Berlin Werbefrei,
Hamburg Werbefrei und das Konzept, die
Initiativen in andere Städte auszuweiten.
Berlin Werbefrei wird abhängig von der
juristischen Situation im nächsten oder
übernächsten Jahr die Unterschriften für
den Volksentscheid sammeln. Wir in
Hamburg, werden am 15. März nächsten
Jahres mit dem Unterschriftensammeln
starten. Wir brauchen in Hamburg 10.000
gültige Unterschriften von Menschen, die
in Hamburg registriert sind. Bitte helft
uns, bitte unterschreibt für unsere
Initiative. Wir haben dann 6 Monate Zeit.
Wir gehen davon aus, dass wir es schaffen,
10.000 Unterschriften zu sammeln. Wir sind
auch darauf vorbereitet, dass der Senat
unseren Gesetzentwurf nicht annehmen wird
und dass es eine Klärung durch das
Landesverfassungsgericht geben wird. Wenn
das geschehen ist, werden wir die 2.
Stufe nehmen für den Volksentscheid. Wenn
alles gut läuft, wird parallel zur
Europawahl 2024 in Berlin und in Hamburg
unser jeweiliger Gesetzentwurf zum
Volksentscheid bereitstehen. Und ihr könnt
dann mit 'Ja' für den Gesetzentwurf
stimmen. Zusätzlich gibt es Bestrebungen
in Göttingen eine Initiative aufzubauen,
ein Logo könnt ihr hier schon sehen. Wenn
ihr aus Göttingen kommt oder da Leute
kennt, kontaktiert uns gerne. Und im
Dezember diesen Jahres, also ganz neu,
haben Leute aus Berlin, Hamburg und
Enthusiasten aus anderen Städten zusammen
den Verein Public Spaces e.V. gegründet.
Der Verein soll die Volksinitiativen
tragen und sich für schönen, öffentlichen
Raum ohne übermäßige Kommerzialisierung
einsetzen. Jetzt möchte ich unseren
Gesetzentwurf vorstellen. Mit Begründung
hat der Gesetzentwurf 7 Seiten. Er zielt
darauf ab, die Hamburgische Bauordnung zu
ändern. Zulässig und nicht mehr zulässig,
nach unserem Gesetzentwurf sind Anlagen.
Es ist immer wichtig zu unterscheiden. Ist
etwas eine Werbeanlage oder nicht. Links
Im Bild sehen wir eine Werbeanlage nach
der Bauordnung. Das Ding rechts ist ein
Bus auf der Werbung ist. Das ist voll
ätzend, dass da groß Milchschnitte-Werbung
drauf ist und dass wenn man drin sitzt,
man nicht ordentlich rausgucken kann.
Leider können wir dem Problem mit einer
Änderung der Hamburgischen Bauordnung
nicht Herr werden. Man darf auch nicht
verschiedene Gesetzesänderungen in eine
Volksinitiative zusammenbringen. Das
verbietet das sogenannte Kopplungsverbot.
Nach unserem Gesetzentwurf sind
Werbealagen auf öffentlichem Grund und vom
öffentlichen Grund aus sichtbaren
Verkehrsraum teilweise und eingeschränkt
zulässig. In 5 Punkten, nämlich: an der
Stätte der Leistung als temporäre Anlagen,
an Bushaltestellen, an Litfaßsäulen und an
einzelnen Flächen auf privatem Grund. An
der Stätte der Leistung, wie links im
Bild, also im Schaufenster und Laden,
Firmenschilder sind zulässig. Wie rechts
im Bild, riesige Firmenschilder, die in
den Himmel ragen, sind nicht zulässig.
Temporäre Anlagen wie bei
Sportveranstaltungen sind weiterhin
komplett zulässig. Sie werden auch wieder
abgebaut. An Bushaltestellen darf es
weiterhin Werbung geben, jedoch maximal im
Format A0. Also da wo jetzt ein großes
Plakat hängt, müssen nach unserem
Gesetzentwurf 2 kleinere oder 4 noch
kleinere Plakate hängen. Weiterhin dürfen
die Plakate nicht hinterleuchtet sein,
sondern nur beleuchtet. Das heißt, sie
emittieren in der Dämmerung und Dunkelheit
weniger Licht und sind optisch weniger
deutlich dominant. Klassische Litfasssäulen
sind weiter zulässig. Diese super
nervigen, sich drehenden, hinterleuchteten
Teile sind nicht zulässig und kommen weg
und geben dann auch Sicht frei, zum
Beispiel für Menschen, die mit dem Fahrrad
unterwegs sind und gerne sicher von A nach
B kommen möchten. Einzelne Flächen auf
privatem Grund. Sie dürfen maximal 4 Meter
über der Geländeöberfläche sein, die
Plakatierung darf maximal DIN A0 betragen,
sie dürfen nicht hinter leuchtet sein und
die Gesamtwerbefläche darf 10 Quadratmeter
nicht überschreiten. Jetzt ein paar Folien
um das zu veranschaulichen. Das hier ist
eine klassische Litfaßsäule, die ist
weiter zulässig. Die Plakatierung ist
allerdings nicht zulässig. Anstatt 2
riesengroßen Plakaten dürften nach unserem
Gesetzentwurf nur noch mehrere kleinere im
Format A0 sein. Das hier wäre aus mehreren
Gründen nicht zulässig. Es ist mehr als 4
Meter über der Geländeoberfläche. Die
Werbefläche ist mehr als 10 Quadratmeter
groß. Und die Plakatierung ist weit, weit
mehr größer als A0. Das hier ist schon
gesagt, eine drehende Litfaßsäule ist
nicht zulässig. Diese Teile werden
euphemisch als Stadtinformationsanlagen
bezeichnet. Die stehen ja auf
Bürgersteigen einfach nur krass im Weg.
Die gibt es in digital wie auf diesem
Bild, oder als Plakatwechsler. Die sind
nach unserem Gesetzentwurf nicht als
zulässig definiert. Alles, was nicht als
zulässig definiert ist, ist unzulässig.
Die würden dann also verschwinden und
Platz machen für Menschen, die zu Fuß oder
mit dem Rollstuhl, mit dem Kinderwagen
unterwegs sind. Hier sehen wir einen
Werbemonitor auf dem Bahnsteig der S-Bahn.
Leider sind die von unserem Gesetzentwurf
überhaupt nicht betroffen. Die stehen auf
privatem Grund, nämlich Grund der
Deutschen Bahn, der vom öffentlichen
Verkehrsraum aus nicht einsehbar sind. Das
heißt, wir heißen Hamburg Werbefrei,
selbst wenn wir maximalen Erfolg haben,
wird es leider immer noch Werbung in der
Stadt geben, nämlich auf S-Bahn-Steigen.
Ich finde das richtig krass, wie viel
digitale Werbemonitore da mittlerweile
sind. Man kann nicht mehr auf dem
Bahnsteig sitzen und ein Buch lesen, ohne
dass irgendwo im Sichtbild bewegte Bilder
zu sehen sind. Ich finde das auch
dystopisch. In dystopischen Filmen sind
immer große Digitalwerbeanlagen zu sehen.
Ich finde das passt. Und in dem Fall noch,
es wird Werbung mit redaktionellen
Inhalten vermischt. Da werden Nachrichten
gezeigt. Auf welcher demokratischen
Grundlage eigentlich? Wer wählt da aus,
welche Nachrichten gezeigt werden? Ich
finde das total problematisch. Das hier
ist ein Werbeplakat. Man sieht es nicht so
gut. Es ist an einer Bahntrasse, damit
steht es auf privatem Grund von der
Deutschen Bahn. Es ist auch nicht höher
als 4 Meter über der Geländeoberfläche Die
Fläche ist knapp unter 10 Quadratmetern.
Das spricht dafür, dass es zulässig ist.
Was nicht zulässig ist, ist die
Plakatierung. Die ist nämlich größer als
A0. So wäre es zulässig. Viele kleine
Plakate statt einem großen. Und so würde
sich auch das Stadtbild nach unserem
Gesetzentwurf ändern. Es gäbe weiterhin
Werbung, die wäre allerdings optisch nicht
mehr so dominant. Es wären nicht mehr
diese krass ressourcenverschwendenden
Werbeformen zulässig. Ja. Vorletzte Folie.
Volksinitiativen in Hamburg sind oft
erfolgreich. Das hier ist ein Ausschnitt
aus dem Wikipedia-Artikel zu
Volksgesetzgebung in Hamburg. Von den
bisher an den Start gegangenen Initiativen
haben es 72% geschafft, die erforderlichen
10.000 Unterschriften der 1. Stufe zu
sammeln. Viele der Initiativen, oder
einige, werden vom Senat angenommen.
Einige handeln einen Kompromiss mit dem
Senat aus. Einige schaffen die 2.
Stufe des Unterschriftensammelns und auch
den Volksentscheid, wie zum Beispiel die
Initiative zur
Rekommunisal...Rekommunil..., also zum
Rückkauf des Stromnetzes. Dass das
Stromnetz jetzt nicht Vattenfall, sondern
der Stadt gehört, ging auf einen
Volksentscheid zurück. Ein Beispiel für
einen Kompromiss, der mit einer Initiative
und dem Senat ausgehandelt wurde, ist die
Initiative für Verbesserungen im
Radverkehr. Da wurden einige der
Forderungen, aber nicht alle, in einem
Kompromiss mit der Bürgerschaft umgesetzt.
Falls es jemals einen Kompromiss zwischen
Hamburg Werbefrei und der Bürgerschaft
geben sollte, würde der auf jeden Fall von
unserer Seite beinhalten: Es darf keine
außenwerbe, digitalen Werbemonitore im
öffentlichen Raum mehr geben. Ja, das ist
die letzte Folie. Im März, wie gesagt,
fangen wir an, Unterschriften zu sammeln.
Wir freuen uns voll über Unterstützung.
Wenn ihr euch für das Thema interessiert,
meldet euch gerne bei uns. Wir haben
keinen Bock auf Facebook, Instagram,
Twitter. Deshalb könnt ihr uns gerne auf
Mastodon folgen und unseren Newsletter
abonnieren. Wir brauchen jede
Unterstützung, wenn ihr technisch oder
wissenschaftlich gut drauf seid und Bock
habt mitzuarbeiten, wäre das super. Auch
soziale Leute, spread the Word, die so als
Distributoren fungieren können und uns
helfen können Hamburg Werbefrei bekannt zu
machen und Unterschriften an den Start zu
bringen, sind super mega willkommen. Ich
bin fertig. Danke schön.
Applaus
Herald: Vielen, vielen Dank für diesen
euren Talk. Gerade die Visualisierung der
Daten, die ihr erhoben habt, hier in
Hamburg, war beeindruckend. Es scheint,
dass diese aggressive Außenwerbung die
Straßen entlang zu kriechen scheint.
Danke. Ich übernehme noch mal das Mikro.
Vielen Dank. Alles klar. Auch der
Vergleich... Setzt euch ruhig, macht es
euch bequem, nehmt einen Schluck Wasser.
Ihr habt euch ja bis zur rauen Stimme
vorgearbeitet. Gerade auch der Vergleich
zu den verschiedenen Städten im
internationalen Vergleich war sehr beredt
und hochinteressant. Wir haben Fragen.
Dank euch, aus dem Publikum haben uns
verschiedene Fragen erreicht. Aber
vielleicht vorab die Frage: Braucht ihr
denn noch Aktivist*innen, die euch
unterstützen?
Erik: Oh ja, die Frage ist einfach zu
beantworten. Wir sind relativ wenige Leute
im Moment. Wir sind alle sehr engagiert,
aber das Ganze kostet Arbeitskraft und
auch die Idee zu verbreiten und mit
anderen in Kontakt zu treten. Es kostet
alles sehr viel Zeit und da würden wir uns
über jede Unterstützung auf jeden Fall
freuen.
Herald: Dann hoffe ich nur, dass eure
Server den jetzt kommenden Ansturm
irgendwie überleben werden. Also
Aktivist*innen sind natürlich gefragt.
Frage auch, jetzt vielleicht erweitert:
Braucht ihr finanzielle Unterstützung?
Habt ihr Unterstützung schon aus der
Politik? Erik: Also wir sind von der
Bewegungsstiftung momentan etwas
unterstützt worden. Vielen Dank dafür. Und
in der Politik haben wir Schützenhilfe
beim Stellen von parlamentarischen
Anfragen bekommen. Fragen, die man
ansonsten nicht so einfach beantwortet
bekommt. Von der Linksfraktion in Hamburg.
Da eine sehr gute Fokussierung auf das
Thema momentan. So von Seiten der
Regierungsparteien noch nicht so sehr.
Aber da hoffen wir natürlich auch auf den
einen oder anderen interessanten, oder
interessierten Menschen, der sich der
Sache vielleicht annehmen möchte. Die
2. Frage...?
Herald: Ob ihr nicht vielleicht auch
finanzielle Unterstützung gebrauchen
könnt.
Erik: Finanzielle Unterstützung ist
momentan nicht das große Problem. Eher
tatkräftige, halt.
Herald: Danke für die ehrlichen Antworten.
Und dank euch, dank der Signal Angel
erreichen mich auch über das
Question&Answer Pad weitere Fragen. Eine
Frage: Gibt es Statistiken, wie viel
Unfälle durch die Ablenkung von
Außenwerbung im Durchschnitt entstehen
bzw. entstanden sind?
Erik: Das ist eine sehr gute Frage. Das
ist eine Frage, auf die wir auch gerne
eine Antwort hätten. Es ist in Hamburg
nicht erhoben wurden. Das geht aus der
großen parlamentarischen Anfrage vom
Frühjahr hervor. Es gibt Studien. Es gibt
beispielsweise eine Studie aus Tel Aviv.
Da gibt es eine Stadtautobahn, an der
zwischenzeitig einmal keine Werbung war.
Dann war da wieder Werbung. Anfangs war da
auch Werbung und dort konnte man wohl eine
Korrelation zu erhöhter Unfallgefahr
feststellen. Es gibt andere Studien, in
denen sich das nicht zeigen ließ. Aber das
wäre auf jeden Fall interessant zu wissen.
Auch für Hamburg.
Martin: Ja, ich find - Ich habe ja ein
Mikro, oder?
Herald: Ah. Ja, so ist das.
Martin: Der Kaiser ist ja nackt.
Außenwerbung ist ja mega gefährlich für
den Straßenverkehr. Ich meine
offensichtlich, die Dinger stehen doch an
Straßen. Die sind dafür da, dass Menschen
da hingucken und... Also unsere
parlamentarische Anfrage war auch so
formuliert. Glaubt der Senat, dass die
Gefährdung gleich Null ist? Wenn nein,
warum wird diese Gefährdung denn
hingenommen? Ich finde, dass das kollektiv
diese Gefahr im Autoland Deutschland und
Werbeland, also, ignoriert wird. Es gibt
auch noch auf der englischen Seite von
Adfree Cities UK einen Artikel, der auf
einige Studien verweist. Aber wir fänden
es auch cool, eine eigene Studie
vielleicht anzustellen. Und haben ja den
Verein gegründet, Public Spaces e.V. Und
vielleicht wäre das ein Thema, was wir in
Zukunft machen könnten, falls sich da
Menschen, die wissenschaftlichen
Background haben, finden würden, solche
Studien anzustellen.
Herald: Danke! Nun bin ich kein Jurist,
aber wenn diese Wirkung wirksam ist,
Aufmerksamkeit erzeugt, na ja, dann lenkt
sie auch im Straßenverkehr ab, oder?
Erik: Ja, darauf wollte ich auch gerade
noch hinaus. Es gibt ja durchaus Eye-
Tracking-Studien, was Online-Werbung auf
Webseiten angeht und die lenkt definitiv
ab. Und wenn man im Straßenverkehr vom
Verkehr abgelenkt wird, aus dem Grund ist
es ja auch nicht erlaubt auf ein
Smartphone zu gucken, beispielsweise um
eine Nachricht zu lesen beim Fahren, kann
ich mir durchaus vorstellen, dass es einen
messbaren Effekt hat. Deswegen, wenn da
jemand beispielsweise in einem Fachbereich
für Psychologie gerade immatrikuliert ist
und noch ein interessantes Thema für eine
Arbeit sucht... Vielleicht kann man das ja
im Fahrsimulator nachweisen, dass Werbung
Reaktionszeiten verlängert, wenn sie
nervig im Straßenraum Straßenraum
auftaucht. Also das wäre interessant.
Herald: Danke. Nun habt ihr natürlich mit
der Initiative sicherlich auch den einen
oder anderen potenziellen, potenten Gegner
auf euch aufmerksam gemacht. Ich gehe auf
eine weitere Frage ein, die nämlich diesen
Gegnern eine gewisse Cleverness nicht
absprechen kann. Und die Frage ist, was
tun gegen mögliche Ausweichshandlungen.
Also wie zum Beispiel Fahrzeuge, die mit
Werbung plakatiert sind und in
Wohnvierteln dauerhaft geparkt werden und
sowohl werben als eben auch noch Platz
wegnehmen. Wer möchte?
Erik: Also ja, diese Fahrzeuge gibt es ja
in manchen Ländern durchaus auch mit
Megafonen auf dem Dach. So dass man den
selbst dann nicht ausweichen kann, wenn
man diese Nachrichten unter Umständen
hören kann. Und die Taktik habe ich
tatsächlich in Hamburg in grauer Vorzeit
auch einmal gesehen. Es gab tatsächlich
Kleinlaster mit Werbetafeln auf der
Ladefläche, die umher gefahren sind. Und
ich frage mich auch schon, ob das nicht
unnötiges Herumfahren ist, was die
Straßenverkehrsordnung eigentlich gar
nicht hergibt.
Martin: Ich nochmal. Zu Ausweichsachen,
das falls Außenwerbung eingeschränkt wird,
argumentieren wir auch so mit
Arbeitsplätzen, wahrscheinlich, die
Werbebudgets werden wohl nicht kleiner,
dann geht das Geld zur Online-Werbung,
TV-, Printwerbung. Ja, zu alternativen
Möglichkeiten den öffentlichen Raum mit
Werbung zu bespielen. Könnte man sich
vorstellen. Da steckt ja Geld hinter, dass
das gemacht wird. Aber dann wäre die
Hoffnung, dass dann dagegen wieder
vorgegangen würde. Z.B halt auch
gegen Werbung an Fahrzeugen, was ja unser
Gesetzentwurf jetzt nicht betrifft, aber
dass in Zukunft dann auch so was
bearbeitet werden könnte.
Herald: Du willst noch etwas ergänzen?
Erik: Ich möchte anknüpfen.
Herald: Anknüpfen?
Erik: Ich möchte anknüpfen und das Konzept
des Opt-In noch einmal in den Raum
stellen. Bei anderen Werbeformen ist es ja
durchaus so, dass Cold-Calling, zum
Beispiel jetzt irgendwelche Versuche
Kunden zu akquirieren, so per Telefonspam
eigentlich gar nicht mehr erlaubt sind in
der EU. Und da frage ich mich warum das
auf der Straße noch erlaubt ist. Also eher
andersherum. Warum ist das noch erlaubt,
wenn auch schon gegen Postwurfsendungen
vorgegangen wird? Die zwar auch
verschwenderisch sind, aber nun deutlich
weniger penetrant sein können als so eine
bewegte Werbetafel im öffentlichen Raum.
Da in die Richtung kann man es glaube
ich auch noch entwickeln.
Herald: Danke! Aber apropos Straße und
Fahrzeuge, die auf der Straße rumfahren um
noch Werbung zu machen. Ob ihr es
vielleicht gehört habe oder nicht, das
Piepen während eures Talks, was ihr
vielleicht gehört habt, war unsere CO2
Ampel, die die allererste Warnung von sich
gegeben hat. Und wir haben gleich
reagiert. Die Fenster aufgemacht. Es wird
zwar jetzt wieder ein bisschen kühler,
aber wir sind jetzt auch wieder mehr mit
Sauerstoff und weniger CO2 versorgt. Das
ist im Showbusiness. That's live. Eine,
explizit von mir jetzt nicht konstruktiv-
destruktiv vorgestellte Frage, möchte ich
eher in Richtung rein wissenschaftliches
Interesse verstanden wissen. Die Frage
lautet: Was würde denn passieren, wenn
diese Werbebildschirme kurzer, starker
Mikrowellenstrahlung oder einem EMP
ausgesetzt wären? Könnt ihr das bitte rein
wissenschaftlich versuchen zu beantworten?
Erik: Ich denke, sie würden ausfallen?
Herald: Ach.
Erik: Ich denke, das kommt wahrscheinlich
auf die Stärke des Impulses an. Ob das...
wie dauerhaft das ist? Also keine Ahnung,
ich habe es nicht probiert.
Herald: Don't try this at home. unhörbar
So kann das keiner hören. Genau.
leises Gelächter
Eine weitere Frage. Und ich
freue mich über die ganzen Fragen, die ihr
stellt und wir haben tatsächlich noch...
Es wird knapp, aber ihr könnt noch fragen,
das Pad ist noch offen. Eine weitere ist:
Würde die Initiative auch Werbung auf
offiziellen Webseiten der Stadt
inkludieren? Wuh!
Erik: leises Lachen Sehr interessanter
Punkt, denn die Ströer Digital Media Group
hat tatsächlich Werbetracker auf
Hamburg.de. Ich habe dazu auch eine IFG-
Anfage gestellt und mich auch an den
Datenschutzbeauftragten schon mal
gewendet, ob das denn nun eigentlich vor
einer Einwilligung erlaubt ist. Die
Antwort war so ein bisschen lavieren, und
sie wussten es alle auch nicht so genau.
Also die befragten Partner, da sind noch
irgendwelche Mittelsleute zwischen. Was
aber das angeht, habe ich tatsächlich
nachvollziehen können - Ihr könnt das auch
nachvollziehen. Guckt mal, was für
Anfragen rausgehen, wenn ihr auf
Hamburg.de geht und alle Cookies und
Skripte aktiviert.
Herald: Eine weitere Frage: Wurde schon
versucht, die digitalen Anzeigen zu
"befreien"?
Martin: Nochmal? Die digitalen Anzeigen zu
befreien? Was...
Erik: Ja, da sind mir einige destruktive
Beispiele bekannt, bei denen eher nicht so
schöne Bilder dann gezeigt wurden. Also
Pornoseite drauf gehackt oder so was, das
bitte nicht. So viel ist mir da noch nicht
bekannt. Also, keine Ahnung.
Herald: Es soll ja in Hamburg neuerdings
auch eine andere Form von Werbung geben,
die auf bestimmte Verhältnisse aufmerksam
macht. Ach, Andy. Ehm. Sollte es für
nichtkommerzielle bzw. politische
Kommunikation vor Wahlen andere Regeln,
Ausnahmen geben? Wie ist da eure Position
zur Wahlwerbung im öffentlichen Raum?
Martin: Nach unserem Gesetzentwurf ist
Wahlwerbung explizit nicht tangiert. Daran
würde sich nach unserem Gesetzentwurf
überhaupt nichts ändern.
Herald: Vielen Dank! Das Pad... habt
vielen herzlichen Dank für die ganzen
Fragen, die hier in dem Pad sind. Ich
hoffe, dass wir eure Fragen, wenn jetzt
keine mehr reinkommt, alle erschöpfend
beantwortet haben und bedanke mich noch
einmal ganz, ganz herzlich für euch. Dass
ihr uns mit diesen Informationen versorgt
habt. Dass ihr uns ein Bewusstsein darüber
vermitteln konntet, was da, wenn niemand
etwas dagegen tut, in absehbarer Zukunft
auf uns zukommt. Habt herzlichen Dank für
diesen 1. Talk. Ich fand, das war
schon mal sehr gelungen. Dank euch!
Erik: Danke.
Martin: Danke, dass wir hier sein dürfen.
Herald: Ja.
Abspannmusik
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