Guten Morgen. Ich habe Alcatraz überlebt, dagegen ist das hier doch ein Kinderspiel, oder? (Lachen) (Applaus) Ich frage mich, was Ihnen einfällt, wenn Sie an unsere Zukunft denken, an die Zukunft der Menschen mit Downsyndrom. Einige von Ihnen denken vielleicht: "Gibt es überhaupt eine Zukunft für Menschen wie uns?" Angesichts einer Welt, die von Pränataldiagnostik geprägt ist, würde das jeder in Frage stellen. Ich bin heute nicht nur hier, um mich für das Downsyndrom auszusprechen, sondern auch, um die Auffassung zu verbreiten, dass jedes Leben zählt. (Applaus) Zuerst möchte ich Ihnen von meiner Lehrerin in der 5. Klasse erzählen. Sie unterrichtete im ersten Jahr, als ich in ihre Klasse kam. Sie wusste nichts über das Downsyndrom, aber das spielte keine Rolle, denn sie wusste, dass ich lernen wollte, und sie wollte unterrichten. Wir sind über all die Jahre in Kontakt geblieben, sogar nachdem sie heiratete und nach Deutschland zog. Sie nahm sich immer Zeit für mich, wenn sie zurück nach Amerika kam. Vor ein paar Jahren bekam ich einen besonderen Brief von ihr. Sie schrieb mir, dass sie schwanger sei und meine Hilfe brauche. Sie brauchte meine Hilfe, weil ihr Baby mit Downsyndrom geboren werden würde. Sie erhielt die Diagnose schon sehr früh während ihrer Schwangerschaft. Sie lehnte jede Diskussion eines Schwangerschaftsabbruch ab, weil sie das Downsyndrom aus einer ganz anderen Sichtweise kannte, als ihr Arzt. Sie erzählte ihm von einer ihrer Fünftklässlerinnen. Von mir. Aber was ist das Downsyndrom eigentlich? Versetzen Sie sich mal zurück in Ihren Bio-Unterricht am Gymnasium, wo Sie von Chromosomen erfahren haben. (Lachen) Sie haben 23 Chromosomen-Paare in jeder Zelle Ihres Körpers. Insgesamt 46. Tja, ich habe eines mehr als Sie. (Lachen) (Applaus) Ich habe 47, genauso wie alle anderen, die so sind wie ich. Es ist keine Krankheit. Man kann sich nicht anstecken. Es ist einfach etwas, das passiert. Bis heute weiß man nicht, warum es passiert. Von diesem zusätzlichen Chromosom hat man erst vor etwa 50 Jahren erfahren. Ein Forscherteam unter der Leitung von Dr. Jérôme Lejeune fand heraus, dass jeder von uns mit Downsyndrom ein zusätzliches Chromosom "trägt". (Lachen) Dr. Lejeune widmete sein Leben der Suche nach Wegen, um das Leben derjenigen zu verbessern, die mit diesem zusätzlichen Chromosom zur Welt gekommen sind. Er hatte nie beabsichtigt, dass seine Entdeckungen zu dem Test führen würden, der unsere Leben verhindert. Etwa zur gleichen Zeit, Mitte des 20. Jahrhunderts, wurde die Praktik, Menschen wie mich kurz nach der Geburt ins Heim zu geben, endlich eingestellt, weil die Familien begannen, sich gegen die Praktik zu sperren. Es dauerte trotzdem noch eine Weile, bis manche Heilberufler das begriffen. Ich habe meinen Vater über den Arzt reden gehört, der mit ihm die Heim-Option besprach, als ich geboren wurde. Der Arzt sagte voraus, dass ich froh sein könne, wenn ich mir die Schuhe binden oder meinen Namen schreiben könnte. Die Sache mit dem Ärmelkanal vergaß er allerdings, zu erwähnen. (Applaus) (Beifall) Nachdem Heime nicht mehr in Betracht kamen, suchten Familien nach Wegen, ihren Kindern mit Lernbehinderungen ein besseres Leben zu ermöglichen. Zu der Zeit kam es nicht in Betracht, sie in die örtliche Schule zu schicken. Also machten sie es möglich. In den frühen 60er und 70er Jahren hatten wir Eltern, gewöhnliche Eltern, und Freunde und Unterstützer, die sie gewinnen konnten, die von Haustür zu Haustür zogen und alle Hebel in Bewegung setzten, um sich für unsere Rechte und für ein Gesetz einzusetzen, dass Menschen wie mir den Zutritt zu den Klassenzimmern der 80er und 90er Jahre erlauben würde. Für viele dieser Eltern, die Eltern aus der Generation vor mir, war es zu spät, was ihre eigenen Kinder betraf, aber sie bewegten etwas für meine Generation. Sie haben uns Türen geöffnet. (Applaus) Sie haben Türen geöffnet, und wir gingen geradewegs durch. Ich denke, man kann sagen, dass sie uns eine Zukunft geschenkt haben, und wir schulden ihnen großen Dank. Damit kommen wir zur Gegenwart. Während wir den Weg ins 21. Jahrhundert einschlagen, sehen wir immer häufiger junge Menschen mit Downsyndrom, die im ganzen Land ihre Schulabschlüsse machen, und von denen einige an Hochschulen berufliche Fähigkeiten erwerben. Nur damit Sie es wissen, es ist noch lange nicht perfekt. Der Durchbruch ist noch nicht für jeden gekommen. Wir kämpfen immer noch in zu vielen Klassenzimmern im ganzen Land für Inklusion. Arbeitslosigkeit ist immer noch eine gewaltige Hürde für uns. Aber diese volksnahen Familienbewegungen arbeiten hart daran, durch Zusammenarbeit und Einsatz eine Verbesserung zu bewirken. Der Fortschritt, den wir gemacht haben, ist leicht zu sehen, liebes Publikum. Sie können irgendeine Stadt oder einen Staat in den USA wählen, dort die verschiedenen Unterstützergruppen für das Downsyndroms durchsuchen und über einige der Leistungen lesen, von denen ich hier spreche. Sie werden über fähige Musiker und Künstler lesen. Sie werden über schwarze Gürtel im Taekwondo lesen, über Golfer, Tänzer, Models, Schauspieler und öffentliche Redner, ebenso wie gute Mitarbeiter, die erheblich zu ihren Unternehmen und zur Gemeinschaft beitragen. Alles Beispiele dafür, was man trotz eines zusätzlichen Chromosoms erreichen kann. Sie alle helfen mit, die Geschichte des Downsyndroms neu zu schreiben. Was ist also das Problem? Während wir den Weg ins 21. Jahrhundert einschlugen, passierte noch etwas anderes. Während wir alle damit beschäftigt waren, neue Kapitel zum Downsyndrom zu schreiben, hat sich offenbar die ganze Industrie unbemerkt weiterentwickelt und liefert sich nun ein Rennen um immer neuere, schnellere Methoden zur Früherkennung des Downsyndroms. Das Problem ist, dass eine fehlende Aufklärung über unsere Fortschritte dazu führt, dass bei einem positiven Testergebnis Schwangerschaften abgebrochen werden. Außer bei denjenigen, die sich wie meine Lehrerin in der 5. Klasse sagen, "Ich kenne ein anderes Downsyndrom", oder, "Moment mal, darüber will ich mehr erfahren". Es finden sich immer noch Fachärzte, die Familien auf Grundlage veralteter Daten beraten. Daten, die nur die Vergangenheit spiegeln und nichts über die Gegenwart sagen. Stellen Sie sich einmal vor, meine Damen und Herren, da machen wir gerade die Schäden durch das Leben in Heimen rückgängig, beseitigen Hindernisse für unsere Ausbildung, ebnen den Weg, um Menschen wie mir ein erfülltes Leben zu ermöglichen. Und dann gibt es Menschen, die sagen, wir sollten gar nicht erst geboren werden. Meine Lehrerin in der 5. Klasse hat ihr Baby Mia Rose genannt. Mia ist jetzt acht Jahre alt. Sie geht in die Schule ihres Viertels. Sie spricht Englisch und Deutsch, aber was noch wichtiger ist: Mia schwimmt. (Lachen) (Applaus) Mit Mia ist unsere Welt eine bessere. Ich glaube, ein Leben mit Downsyndrom ist es wert, gelebt zu werden. Es ist ein Leben, das man bewahren sollte. Und zum Glück bemüht sich diese volksnahe Familienbewegung, die uns aus den Heimen geholt hat und uns ermöglicht hat, mit allen anderen zu leben, zu lernen und aufzuwachsen, diese Bewegung bemüht sich, genau das zu tun: unsere Leben zu bewahren. Die Stiftung "Global Down Syndrome" wurde vor ungefähr 10 Jahren von einem Großvater gegründet, der nichts über das Downsyndrom wusste, bis sein Enkelkind geboren wurde. Er erforschte unsere Vergangenheit, er befasste sich mit unserer Gegenwart, und was er sah, beunruhigte ihn. Er scharte Menschen um sich, um sich auf unsere Zukunft zu konzentrieren. Ihre Antwort auf den Sektor der Pränataldiagnostik ist das "Linda Crnic Institute for Down Syndrome", das erste seiner Art in den USA, das sich ausschließlich der Forschung und medizinischen Versorgung verpflichtet, mit dem erklärten Ziel, die medizinischen und kognitiven Nebenwirkungen infolge des zusätzlichen Chromosoms aus der Welt zu schaffen. Dann gibt es auch noch die LuMind-Stiftung, eine weitere volksnahe Elternbewegung, die sich um die Finanzierung gezielter medizinischer Forschungsprojekte kümmert. Ihr Augenmerk liegt auf unserer Lernschwäche, unseren Sprachschwierigkeiten, unserer Gedächtnisschwäche sowie auf der enormen Bedrohung, der viele von uns entgegensehen, nämlich dem frühen Eintritt der Alzheimer-Krankheit. Diese Organisationen ändern die Bedingungen für diejenigen von uns mit Downsyndrom, und sie halten den Schlüssel zu unserer Zukunft in den Händen. Genau wie die Familien der 60er und 70er, die "Nein" zum Heim sagten und "Ja" zu Bildung und Inklusion. Diese Organisationen wissen, was für uns in Zukunft alles möglich ist, denn wir machen gerade unglaubliche Fortschritte. Margaret Mead sagte einmal: "Zweifle nie daran, dass eine kleine Gruppe aufmerksamer, engagierter Bürger die Welt verändern kann. Tatsächlich ist sie die einzige, die das jemals geschafft hat." Für den Beweis müssen Sie nur etwa 50 Jahre zurückblicken, als genau das für diejenigen von uns mit Downsyndrom eingetreten ist. Sehen Sie, wie sie unsere Welt verändert haben und weiter ändern. Können Sie sich wirklich keine Zukunft für Menschen wie mich vorstellen, die gerade erst am Anfang stehen? Ich weiß, dass ich es kann. Bevor ich zum Ende komme, habe ich eine Bitte an alle Anwesenden, und an alle, die das hier sehen. Bitte trennen Sie sich von dem Wort "zurückgeblieben". Bitte streichen Sie es aus Ihrem Wortschatz. Dieses Wort sollte schon längst abgeschafft sein. Sie denken vielleicht, dass wir das Wort nicht verstehen, oder dass wir es nicht hören, wenn es ausgesprochen wird. Aber glauben Sie mir: Wir verstehen es sehr wohl. Wir können es hören, und es tut weh. Es hat keinen Platz in unserer Welt, bitte helfen Sie mir hier also dabei. Lassen Sie mich den Vortrag mit einem Gedanken schließen: Jedes Leben ist wertvoll. Jedes Leben zählt, gleichgültig, wie viele Chromosomen wir haben. Danke. (Applaus)