Musik
Herald: So, ich begrüße jetzt auf der
Bühne: von "Chaos macht Schule" haben wir
hier eine Professorin, einen Lehrer und
einen, der Chaos in der Schule macht, also
Chaos macht Schule, Schule und Hochschule.
Es geht selbstverständlich um digitale
Bildung und ich begrüße Steffen, den
Lehrer, Dorina, die Professorin und Benni,
den Chaoten. Bitteschön.
Applaus
Benni: Danke... danke dir. Ja, herzlich
Willkommen zu unserem Talk "Bildung auf
dem Weg ins Neuland". Schön, dass so viele
Leute gekommen sind, auch trotz der
namhaften Konkurrenz auf der anderen
Bühne. Wie der Moderator schon sagte, wir
drei sind im Projekt, im CCC-Bildungsprojekt
"Chaos macht Schule" aktiv
und wir machen uns seit längerer Zeit
Gedanken darüber, wie eigentlich eine
zeitgemäße digitale Bildung für unsere
fortschreitend digitale Welt aussehen
sollte. Das möchten wir euch heute so ein
bisschen vorstellen und wir möchten das
dem gegenüberstellen was eigentlich so die
bildungspolitischen Entwicklungen der
letzten Zeit waren. Mit diesem Begriff
"Neuland" spielen wir natürlich auf das
bekannte Zitat von Angela Merkel an. Das
heißt, große Teile unserer Gesellschaft
nutzen das Internet seit 15,20 Jahren ganz
selbstverständlich ist es. Und es ist eben
tief in den Lebens- und Arbeitsalltag von
einem Großteil unserer Gesellschaft
integriert. Und obwohl das Internet enorme
Veränderungen für unser Leben gebracht
hat, ist in den Schulen davon bis heute
relativ wenig zu spüren. Also in Bezug auf
die Digitalisierung unterscheidet sich der
Schulunterricht nur geringfügig von dem,
was vor 10, 20 oder 30 Jahren war. Deshalb
ist es für Schulen immer noch absolutes
Neuland, wie man neue Technologien in den
Unterricht integrieren kann. Damit ihr
aber erst einmal wisst, wer wir eigentlich
sind und aus welcher Perspektive wir auf
dieses Thema blicken, möchte ich uns kurz
vorstellen. Wir haben
Steffen hier, der ist Informatiklehrer
an einem Gymnasium in Heidelberg und ist
außerdem beim CCC Mannheim aktiv.
Dann haben wir Dorina hier.
Dorina ist beim CCC Hamburg aktiv und ist
außerdem Professorin an der FH Lübeck und
lehrt da Informatik. Und wenn ich, Benni
aus Berlin, mit der Lehre zu tun habe, so
findet das meist im Rahmen von "Chaos
macht Schule" statt. Genaugenommen sind
wir natürlich alle 3 bei "Chaos macht
Schule" aktiv und dazu möchte ich auch
noch ein paar Worte verlieren.
"Chaos macht Schule" ist eine
Bildungsinitiative des Chaos Computer
Clubs.
Und wir verfolgen das Ziel,
Technikbegeisterung und digitale
Mündigkeit bei jungen Menschen zu fördern.
In der Praxis heißt das, dass Mitglieder
vom CCC in zahlreichen Städten in
Deutschland und neuerdings auch in
Österreich immer mal wieder für Workshops
in Schulen gehen. Dort geht es dann um
neue Technologien, um das Internet, um
soziale Netzwerke und ähnliche Themen. Die
betrachten wir natürlich im Spannungsfeld
zwischen Technik und Gesellschaft und
diskutieren mit den jugendlichen
Teilnehmern viel über Datenschutz und über
die Vor- und Nachteile der digitalen Welt.
Das Projekt gibt's mittlerweile seit über
10 Jahren. Das heißt, wir haben in dem
Bereich schon relativ viel Erfahrung
gesammelt.
In Bezug auf digitale Bildung ist in der
letzten Zeit in der Politik aber auch
tatsächlich einiges passiert. Darüber wird
euch Steffen gleich mal einen gewissen
Überblick geben. Wie ihr vielleicht schon
mal gehört habt, ist Bildung halt
Ländersache. Deshalb muss man auch
dazusagen, die jeweiligen Bundesländer,
wir sind ja in 3 verschiedenen
Bundesländern auch unterwegs, wir 3, haben
deshalb auch einen völlig anderen
Bildungsplan und blicken dabei jeweils auf
eine andere Bildungspolitik.
Bevor wir damit anfangen, müssen wir aber
erst mal sagen, das muss ich erst mal
sagen, dass in der Debatte rund um die
Digitalisierung der Schulen - da
wird ja zur Zeit relativ viel diskutiert -
dass da oftmals sehr sehr viele Sachen
miteinander vermischt werden und das macht
eine Diskussion teilweise schwierig.
Deshalb wird Dorina jetzt erst mal
anfangen und uns erstmal unterschiedliche
Aspekte von digitaler Bildung vorstellen.
Dorina: Vielen Dank Benni, für die
Einleitung. Unserer Titel des Vortrags,
"Bildung auf dem Weg ins Neuland" kommt ja
nicht von ungefähr. Knirscht es doch echt
an sehr vielen Ecken und Enden. Sei es,
dass technische Ausstattung fehlt, der
Punkt 1. Sei es, dass um die
Sinnhaftigkeit von Softwaretools zur
Unterstützung des Unterrichts gestritten
wird; Stichwort "Unterricht mit digitalen
Medien" oder sei es das über oder um...
für oder gegen Informatikunterricht in der
Grundschule bis zum Abi gekämpft wird;
Stichwort "Unterricht zu digitalen
Themen". Und allein diese 3 Felder sind so
unterschiedlich in ihren Herausforderungen
und auch in ihren Lösungsmöglichkeiten,
dass wir es sehr wichtig finden, die zu
differenzieren und nicht in einen Topf zu
werfen - was aber häufig gemacht wird. Und
wir möchten uns diese 3 Felder mal genauer
anschauen, um auch
deutlich zu machen, wo wir eigentlich die
größten Schmerzpunkte sehen und wo
eigentlich der Schwerpunkt liegen sollte.
Fangen wir mit der technischen Ausstattung
an. Darüber könnte man eigentlich einen
ganzen eigenen Vortrag halten. Sei es,
dass zu wenig Technik (Rechner, Tablets,
Internetzugang) vorhanden ist. Sei es,
dass die Technologie geklaut wird, kaputt
geht, nicht gewartet wird oder schlicht
auch irgendwann veraltet ist. An anderer
Stelle kann man sich fragen, ob vielleicht
zu viel davon passiert.
Momentan werden z.B. in den verschiedenen
Bundesländern unterschiedliche Cloud-
Angebote entwickelt. Dabei wird sowohl auf
kommerzielle Produkte gesetzt, andere
streben Eigenentwicklungen an. Um ein paar
Beispiele zu nennen: Da gibt es die
Schulcloud vom Hasso-Plattner-Institut. Da
gibt es die Baden-Württembergische
Bildungscloud. Es gibt itslearning in
Bremen oder IServ-Schulserver in Hamburg
und sicherlich noch viele mehr.
Man kann sich natürlich mal fragen, ob da
nicht eigentlich permanent das Rad neu
erfunden wird und möglicherweise
Ressourcen auch anders gebündelt werden
könnten. Aber eigentlich ist diese ganze
technische Ausstattung selbst gar nicht so
in unserem Fokus. Denn wir denken, dass
dieses Problem theoretisch recht einfach
gelöst werden könnte.
2016 hat ja die damalige
Bildungsministerin Wanka uns ein paar
Milliarden Euro versprochen, um Schulen
mit Technik auszustatten. Mal davon
abgesehen, ob diese Milliarden jetzt
gereicht hätten, ist es aber relativ
einfach zu beschließen: Man gibt Geld für
die technische Ausstattung der Schulen
aus, schließt Wartungsverträge und
Versicherungsverträge, etc., dann wäre das
Problem gelöst. Wenn wir aber schon über
technische Ausstattung sprechen, dann ist
eigentlich das größere Problem, dass die
Lehrkräfte mit diesen Technologien
alleingelassen werden. Ja, die kriegen
vielleicht eine kurze Einführung, wie
Tools funktionieren, wo man sie ein- und
ausschaltet oder wie bestimmte
Funktionalitäten zu bedienen sind. Aber
sie werden damit alleingelassen, diese
Technologien in den Unterricht
einzubinden, ihre pädagogischen Konzepte
dazu anzupassen.
Und wenn sowas passiert - es gibt
natürlich auch einige sehr engagierte
Lehrer - dann müssen sie sehr viel
Freizeit dafür opfern. Und dadurch bleibt
Technologie, wenn sie überhaupt schon mal
vorhanden ist in Schulen, häufig
ungenutzt. Ja, und ich hab da manchmal so
ein Bild wie hier vor Augen: Ein Kind, das
zu viele Geschenke bekommt und es kann
sich gerade mal mit einem beschäftigen und
vieles andere bleibt ungeöffnet und das
ist einfach schade drum. Ja, aber die
technische Ausstattung ist eben auch nur
eines der 3 Problemfelder. Also kommen wir
mal zum 2.
Und das ist das Thema, den Unterricht mit
digitalen Medien zu unterstützen. Wenn wir
darüber sprechen, haben wir auch mit ganz
unterschiedlichen Softwaretools zu tun.
Zum einen natürlich Lernsoftware, also
z.B. Software zum Vokabeltraining lernen,
was dann sicherlich mehr Spaß macht, als
im Schulbuch sich eine Spalte zuzuhalten
von den ganzen Vokabellisten. Es geht aber
auch um Software, die die Kooperation
unterstützt, damit Schüler an Projekten
gemeinsam arbeiten können. Vielleicht
sogar von zu Hause aus, ganz innovativ.
Und es geht auch um administrative
Software, die dann eher von Lehrern oder
Schulleitern, Planern eingesetzt wird. Um
nur ein Beispiel zu nennen, das wären die
digitalen Klassenbücher. Wenn man solche
Software gut einsetzt, gut geplant
einsetzt, dann können die auch super
gewinnbringend sein. Ich glaube da sind
wir uns schon einig, wenn man es falsch
macht kann das ein Schmerz sein.
Aber letztendlich sind das, aus unserer
Sicht, wenn man so auf diese Software
guckt, auch nur Werkzeuge für die
Unterrichtsgestaltung. Und damit
eigentlich nicht so viel anders, als wenn
wir mit Tafel und Kreide arbeiten oder ein
Biologie-Labor oder ähnliches haben. Und
wenn man es mal genau nimmt, befinden wir
uns in diesem Themengebiet auch nicht
wirklich mehr im Neuland. Jedenfalls, wenn
ich mal die Technik-Zeitrechnung als
Maßstab nehmen kann. Die werden schon seit
20 oder mehr Jahren erprobt, eingesetzt.
Also befinden wir uns hier schon auf - man
kann sich streiten - mehr oder weniger gut
beackertem Grund und Boden.
Also kommen wir mal zum 3. Thema. Und das
ist der Unterricht zu digitalen Themen.
Also, wo diese digitalen Technologien
nicht Werkzeug der Unterrichtsgestaltung,
sondern Thema des Unterrichts sind. Und da
wird es für uns langsam spannend. Und auch
in diesem Bereich werden aus unserer Sicht
sehr viele Dinge in einen Topf geworfen,
die es aus unserer Sicht zu differenzieren
gilt.
Da sprechen wir über Informatikunterricht,
also darüber, dass Schülern die Grundlagen
unserer digitalisierten Welt nähergebracht
werden. Das kann sowas sein wie
Programmierkonzepte, aber auch sowas, wie
Netzwerke funktionieren, insbesondere das
Internet. Oder mathematische Grundlagen.
Zum Beispiel die Aussagenlogik. Und das
ist aus unserer Sicht auch elementar für
die Schüler, solche Kenntnisse zu haben,
um unsere digitalisierte Welt verstehen
und mitgestalten zu können. Natürlich kann
man hier streiten, wie tief man das haben
möchte, ob das von der 1. Klasse bis zum
Abi sein muss. Wie viele Stunden pro
Schuljahr etc.
Das ist aber gar nicht so sehr in unserem
Fokus. Sondern eben, dass es um den
Informatikunterricht selbst geht. Es gibt
aber viele Menschen, die das... die reden
von Informatikunterricht, meinen aber
eigentlich sowas wie
"Anwendungsunterricht". Also, "Wie bedient
man ein Präsentationsprogramm?", "Wie
erstellt man Videos?" oder "Wo findet man
die Wikipedia?".
Ich denke, wir sind uns hier im Raum alle
einig, dass das natürlich nicht das
Gleiche ist. Aber es wird oft in einen
Topf geworfen. Und noch schlimmer ist das,
wenn das aus Not passiert. Ich hatte
neulich mal wieder ein Gespräch mit einer
Lehrerin, die mir erzählte, dass sie jetzt
die ehrenwerte Aufgabe habe, Informatik zu
unterrichten. Sie ist aber nicht dafür
ausgebildet. Sie kriegt dann eine
2-Tagesschulung. Um Informatik zu
unterrichten. Hm.
Danke für das Gemurmel.
lacht
Und sie sagte halt, also ihr ist schon
klar, dass das ein Unterschied ist. Und
sie sagte aber auch, es wird darauf
hinauslaufen, dass sie eben nicht nur
Informatik macht, sondern dass sie auch
Anwendungsunterricht machen wird.
Dann wird auch noch über Medienkompetenz
gesprochen. Als Querschnittsaufgabe, die
Unterricht oder die Schulen bewältigen
soll. Manchmal sogar als eigenes Fach. Und
Medienkompetenz, so wie wir es verstehen,
da geht es darum, in der aktuellen Welt,
so wie sie jetzt gestaltet ist, oder
digitalen Welt, zu leben und sich
zurechtzufinden. Und gegebenenfalls oder
bestenfalls selbstbestimmt Entscheidungen
treffen zu können.
Das heißt dann im Bildungsalltag so was
wie "Lernen mit digitalen Medien", sowohl
individuell als auch kooperativ. Das kann
auch heißen, digitale Produkte zu
gestalten, eine Präsentation, einen Film
oder ähnliches. Oder auch sich mit
Medienschutz auseinanderzusetzen. Da sind
wir dann beim Thema Mobbing. Oder auch wie
man Nachrichten bewerten sollte, Stichwort
fakenews. Was aber bei all diesen
Diskussionen, ob man nun von
Informatikunterricht, von
Anwendungsunterricht oder Medienkompetenz
spricht, kommt aus unserer Sicht zu kurz,
was wir seit kurzer Zeit unter dem
Stichwort "Digitale Mündigkeit"
diskutieren, was aber schon seit vielen
Jahren im Prinzip unser Anliegen ist, dass
es dahin gehen muss. Dass unsere Bürger
digital mündig werden oder in ihrer
Mündigkeit gefördert werden. Ich möchte
jetzt nicht zu tief in die Diskussion
einsteigen, was digitale Mündigkeit ist,
was sich da alles drin hinter verbirgt.
Aber um klarzumachen, wie wir das Ganze
hier diskutieren, einmal kurz: Dass wir
darunter verstehen, die Fähigkeit,
technische Entwicklungen zu verstehen und
auch hinterfragen zu können. Und natürlich
auch die Chancen und Risiken dieser
Entwicklungen einschätzen zu können. Und
das ist etwas anderes, als einfach zu
verstehen "Wie wird ein Rechner
programmiert?". Oder "Wie funktioniert das
Internet?". Oder "Wie kann ich Mobbing
vermeiden?". Und aus unserer Sicht sollte
genau hier eigentlich der Schwerpunkt
liegen.
Was jetzt Digitalisierung betrifft, wenn
es um die Bildung geht, was eigentlich
eine Querschnittsaufgabe über alle Fächer
hinweg sein sollte. Und gerade hier, wo
wir eigentlich den Schwerpunkt sehen,
sehen wir auch die allergrößte Lücke in
der Bildungsdiskussion. Im Unterricht
passiert da derzeit verdammt wenig. Es ist
zwar schön zu sehen, dass immer mehr
Schüler etwas lernen, ja, teilweise
programmieren sie schon in der Schule, ich
habe auch schon mit Schülern gesprochen,
die tatsächlich Netzwerke aufgebaut haben.
Aber das sind Einzelfälle. Und das wundert
auch nicht, weil es in der
Lehrerfortbildung auch kaum Thema ist und
in der Ausbildung auch nicht. Es gibt zwar
Angebote, ich selbst bin auch schon mal
auf eine Lehrerfortbildung eingeladen
worden, um einen Workshop zu machen zu
Datenschutz, was ja auch nur ein ganz
kleines Thema ist, aber das ist eben auch
ein punktuelles Angebot, das ist nicht
flächendeckend und es ist vor allem nicht
Pflicht für Lehrkräfte. Und insofern sind
sie auch gar nicht in der Lage, damit
etwas... dazu etwas mit den Schülern zu
machen.
Und wenn diese Schüler dann irgendwann bei
mir landen als Studierende und ich mit
denen arbeite, zu Themen wie "Daten im
Auto", "Gesundheitskarte", "Individuelle
Preisgestaltung". Dann bin ich manchmal
doch überrascht - manchmal auch nicht so,
wie überrascht wiederum die Studierenden
sind - und manchmal auch wie fassungslos -
ob der Möglichkeiten und auch der
Konsequenzen, die mit diesen Technologien
verbunden sind. Und das sind nicht
irgendwelche Studierenden, sondern das
sind welche in Technikstudiengängen, im
3., 4., 5. Semester.
Dabei könnte man zu diesen ganzen Themen
auch so viel in der Schule machen, für
verschiedene Altersgruppen. Mit relativ
wenig oder sogar gar keiner technischer
Ausstattung. Man könnte doch über GPS im
Geographie Unterricht über maschinelles
Übersetzen im Fremdsprachenunterricht oder
über Freifunk im Politikunterricht
sprechen. Aber es passiert eben nicht. Und
das sind nur einige der vielen Beispiele,
die wir auch intern schon diskutiert
haben, was man nicht alles machen könnte.
Wir sehen hier ein ganz großes Defizit und
deswegen haben wir damit begonnen, mal zu
hinterfragen, wie eigentlich diese
Bildungspolitik funktioniert, wie
Lehrpläne entstehen, was da eigentlich
passiert oder warum so wenig in den
Schulen ankommt. Es ist ja nicht so, dass
da gar nichts passieren würde. Also auf
großer, auf höchster bildungspolitischer
Ebene werden Strategiepapiere verfasst.
Wie Digitalisierung in Lehrplänen
verankert werden soll. Und um euch das
näherzubringen wird Steffen gleich
darlegen wie das ganze
Bundeslandübergreifend eigentlich
funktioniert. Und wie so etwas dann, am
Beispiel vom Bundesland Baden-Württemberg,
umgesetzt wird. Ich übergebe das Wort an
Dich.
Steffen: Dann auch Dankeschön Dorina für
die Anmoderation. Irgendwo auch dass ihr
wisst worüber ich jetzt spreche. Ich
wollte mit einem Zitat einsteigen, von
Claudia Bogedan. Die war damals
Vorsitzende der Kultusministerkonferenz
und sie hat gesagt, das ist ungefähr ein
Jahr her, wir wollen dass sie - also
unsere Schülerinnen - gestaltend in das
gesellschaftliche Leben eingreifen können.
Auch im Sinne von demokratischer
Mitwirkung an der Gesellschaft und der
Gestaltung an der rasanten Umwälzung die
wir gerade beobachten können. Und im
Prinzip kann man eigentlich sagen, das was
du Dorina gerade als digitale Mündigkeit,
als zentrales Thema, für uns umrissen hat
ist mit diesem Zitat eigentlich ganz gut
auch angesprochen. Einige können
auch wahrscheinlich
das Symbol rechts erkennen - das is Waus
Phrasenprüfer - weil wir natürlich auch
diese Zitate oder generell andere Aussagen
der Politiker uns ein bisschen näher
angeschaut haben. Auf jeden Fall ist das
ein Positivbeispiel und macht Hoffnung.
Jetzt wissen vielleicht nicht alle was die
Kultusministerkonferenz, kurz KMK, ist -
also was der Kontext von dem Zitat ist.
Wie schon gesagt, Frau Bogdan war 2016
Vorsitzende dieser Konferenz und hat es in
einem Interview im Deutschlandfunk gesagt,
zu dem veröffentlichten Strategiepapier
was Dorina schon angesprochen hat. Hier
ist das Deckblatt zu sehen.
Kultusministerkonferenz - das meint: Wir
haben in Deutschland, wie Benni vorhin
schon Euch gesagt hat, insgesamt 16
Bundesländer die eigenverantwortlich
Bildung gestalten, was ja im Sinne unserer
Hacker Ethik ist, dass ist dezentral. Hat
auch Vorteile definitiv, siehe z.B. das
Saarland, das hat als Bundesland nicht
Englisch sondern Französisch als erste
Fremdsprache. Und grundsätzlich können
natürlich in kleineren Einheiten auch
Änderungen, Reformen schneller
durchgeführt werden. Die KMK ist ein
freiwilliger Zusammenschluss von diesen
Bundesländern - ist deswegen aber nicht
gesetzgebend, sondern hat reinen
Abstimmungscharakter, also ein Abstimmungs-
instrument. Und als Teilnehmer
werden üblicherweise die Repräsentanten,
die das Kultusministerium unter sich haben aus den
Bundesländern geschickt, plus noch jemand
aus dem Bund. Im Prinzip ist es die
Organisation schlechthin wenn es um
bundesweite Bildung geht an unseren
Schulen. Ja und wie gesagt: das haben wir
uns genauer angeschaut. Da finden sich
neben dem Zitat im Deutschlandfunk noch
ganz andere positive Dinge. Es wird zum
Beispiel von Open Educational Resources
ganz direkt gesprochen - auch da weiß ich
jetzt nicht ob jeder im Raum, jede, den
Begriff kennt. Das sind also offene
Lernmaterialien. Die haben eine im
Internet-Zeitalter umso wichtigere sehr
freie Lizenz. Meistens sind es Creative
Commons, es gibt natürlich auch viele
andere Lizenztypen. Mit denen man eben
ganz anders arbeiten kann. Kollaborativ
kann man arbeiten, man kann die Werke
leichter teilen, ganz anders als mit den
heutigen Schulbüchern und dem aktuell
gültigen bzw. im März 2018 geupdateten
Urheberrecht. Aus unserer Sicht hat diese
Strategie aber - Dorin hat es vorhin schon
ein bisschen angedeutet - weil es ein
bisschen durcheinander geht in der
Diskussion, hat dieses Strategiepapier
auch echte Mängel. Der Fokus liegt auf dem
Medieneinsatz - und nicht auf der
digitalen Mündigkeit. Das Papier spricht
vor allem davon, dass Lehrende
Medienexperten werden müssen.
Und was damit gemeint ist, ist hier
eingeblendet. Das bedeutet also dass sie
im jeweiligen Fachunterricht
professionell, didaktisch sinnvoll,
digitale Medien nutzen, so wie gemäß den
Bildungs- und Erziehungsauftrag inhaltlich
reflektieren können. Der Schwerpunkt der
hier ein bisschen aus unserer Sicht, nicht
nur ein bisschen, schief liegt hat aber
wenn man genauer hinschaut auch noch
deutliche Implikationen - zum Beispiel
gibt es daraus einen hohen Ausbildungs-,
Fortbildungsbedarf bei den Lehrkräften,
die nötige IT-Ausstattung muss geschaffen
werden, die muss darauf finanziert werden,
und auch da wird es wieder kompliziert.
Neben dem Bund gibt es die Länder die
eigene Bildung machen, aber die
Schulträger die die Schulen technisch
ausstatten, das sind halt die Kommunen.
Und da kann man sich schon fast vorstellen
dass es hier wieder regional zu Problemen
kommen kann. Der Bund hat sich zwar vor
kurzem eine Gesetzesgrundlage geschaffen
um da auch reingehen zu können, siehe die
angekündigten und von Dorin vorhin
erwähnten Banker-Milliarden, aber auch aus
denen es bisher noch nichts geworden. Also
Planungssicherheit ist das für viele
Kommunen sicherlich nicht.
Das Layout von dem Beschluss der KMK ist
ein bisschen älter das sieht man
vielleicht auch irgendwie wie es ausschaut
- 2012. Das ist also schon deutlich
vorher, da gab es einen Beschluss der in
eine ganz ähnliche Richtung geht, dass
eben diese in dem Strategiepapier
Medienbildng genannte Sache in der
Lehrerausbildung zu verankern ist, sowohl
in der Ausbildungsstätte explizit, als
auch in der Fortbildung der Lehrenden.
Also eigentlich schon relativ lange klar
wo die Reise hingeht. Die 16 Bundesländer
sind, habe ich ja vorhin auch kurz
umrissen, auch dazu angehalten solche KMK
Beschlüsse individuell umzusetzen. Baden-
Württemberg wurde schon genannt, war das
erste Land das den neuen Bildungsplan
diesem Strategiepapier entsprechend
verabschiedet hat. Das schauen wir uns
jetzt näher an. Das einmal jetzt diesen
Grund: Ich bin dort Lehrer, kenne ich ein
bisschen aus. Man könnte sogar noch eins
weiter gehen: Die Frau Eisenmann, das ist
meine Kultusministerin, ist aktuell
Vorsitzende dieser KMK. Und da schauen wir
mal exemplarisch drauf. Als Aufhänger habe
ich ein Schreiben ausgesucht, was genau
zwei Wochen vor Weihnachten an alle
Schulen ging in Baden-Württemberg. Und
zwar ein Aufruf sich zu bewerben für die
Fortbildungsinitiative Digitalisierung.
Schauen wir uns da mal ein Zitat daraus
an.
Da rechts ist das Schreiben: Bewerberinnen
und Bewerber sollen bereits umfänglich
Erfahrungen und Kenntnisse beim Einsatz
digitaler Medien mitbringen. Und wenn man
genau liest, dann steht da eben beim
Einsatz digitaler Medien. Und auch hier
stellen wir fest: falscher Schwerpunkt.
Ansonsten ist es natürlich super, also
plus eins von uns, ganz im Sinne unseres
Kongresses TUWAT. Wenn jemand in Baden-
Württemberg unterrichtet, das läuft
natürlich noch bis zum 15. Januar. Also
zuschlagen. Ein weiterer Punkt dabei macht
uns Sorgen. Wenn im Jahr 2018 damit
begonnen wird, die Ausbilder auszubilden:
Wann werden die dann aktiv? Wann hat es
irgendwie flächendeckend eine Wirkung?
Absehbar ist auch dass einige Generationen
junger Menschen ohne adäquate Schulbildung
durch das Baden-Württembergische
Bildungssystem gehen werden. Was besonders
schwer wiegt, wenn man sich zum Beispiel
das 2012er Dokument ansieht. Und neben den
geplanten Weiterbildungen oder
Lehrerfortbildungen gibt es auch noch die
eigentliche Lehrerausbildung.
Und da ist es halt auch ähnlich. Ich war
vor wenigen Wochen im Seminar für
angehende Gymnasiallehrerin in Heidelberg
in meinem Wohnort und die Leitung macht
sich definitiv Gedanken, dass da irgendwie
mehr getan werden muss, um die
Referendarinnen und Referendare adäquat
vorzubereiten auf den Schuldienst. Aber
passiert ist auch noch wenig. Es gibt so
kleine Teilaspekte die auch gemacht
werden. Aber das große Ganze fehlt und
nochmal - der Schwerpunkt sitzt halt auf
dem Medieneinsatz und nicht auf der
digitalen Mündigkeit. Und dann muss man
auch einschränkend sozusagen auch noch
sagen, Heidelberg ist jetzt eigentlich
auch ein hoffnungsvoller Fall. Die Stadt
hat einmal gerade eine Agentur gegründet
die sich ausschließlich mit Digitalem
beschäftigt, auch mit der Bildung. Es gibt
an der Uni coole Projekte, wie z.B. so ein
Wheelmap-Project, wo auf OpenStreetMap
aufsetzend eine Navigation für
Rollstuhlfahrer gebaut wurde, auch unter
Einbeziehung der Community. Es gibt
Fortbildungsreihen in der Stadtbücherei,
da sind wir von Chaos macht Schule
eingebunden. Es werden Hackathons
durchgeführt. Also Geld ist auch da, der
Oberbürgermeister hat Digitalisierung zur
Chefsache gemacht - also irgendwie klar,
politische Interessen spielen da natürlich
auch eine Rolle. Aber irgendwie ist es,
wirkt es so gar nicht so schlecht. Sie
wissen aber aus unserer deutschlandweiten
Arbeit in Chaos macht Schule, dass es eben
an anderen Orten noch weit schlechtere
Voraussetzungen gibt und deswegen auch
anders aussieht. Und wir machen uns auch
ein Stück weit Sorgen.
Wenn wir schon in Baden-Württemberg sind,
dann nochmal: diese Medienbildung heißt es
da, nicht Medienkompetenz, umfasst ja im
Prinzip auch ganz vernünftige Aspekte. Es
ist eine sogenannte Leitperspektive. Das
heißt, es muss fächerübergreifend
unterrichtet werden, hat eine ganz hohe
Priorität. Also wirklich gut. Aber leider
gibt es dazu verpflichtend für die Schulen
wirklich nur eine Sache und zwar in
Klassenstufe 5 den Basiskurs Medienbildung
Das ist im Prinzip, muss ich selbst kurz
überlegen, einstündig, also insgesamt grob
30 Wochenstunden oder so, 30 Wochen hat so
ein Schuljahr oder 35 - und das ist das
einzig verpflichtende. Alles andere, das
übrige Mediencurriculum heißt es
offiziell, bleibt den Schulen überlassen.
Und jetzt muss man aber auch wieder sehen
dass die Schulen auch noch anderes zu tun
haben: Wir haben Inklusion, wir haben neue
Fächer. Es ist also wirklich schwierig für
viele Schulen da dann wirklich adäquat
dieser Leitperspektive gerecht zu werden.
Und da wären wir auch beim nächsten Punkt:
neue Fächer.
Informatik wird gestärkt. in Baden-
Württemberg. Das ist definitiv
begrüßenswert wenn die Schülerinnen
Schüler früh auch in Kontakt mit einer
Programmiersprache kommen. Sei es zum
Beispiel Snap, Scratch oder ein
Mikrocontroller wie die Caliope Mini. Die
gibt es ja auch glaube ich hier auf dem
Kongress zum Ausprobieren, also erstmal
alles gut. Auch das, wie Dorina schon
sagte, es unumgänglich ist einige Konzepte
der Informatik kennen zu lernen wenn man
digital mündig werden möchte. Es ist so,
dass seit diesem Schuljahr der Aufbaukurs
Informatik in Klassenstufe 7 läuft. Ich
unterrichte den jetzt auch erstmalig
dieses Schuljahr, aber wäre ich
Realschullehrer dann wäre das nicht so.
Das Fach startet da verspätet, angeblich
zum neuen Schuljahr. Das ist nicht so
toll. Anders als bei der Medienbildung
sind wenigstens die Inhalte der Informatik
sehr klar und verbindlich geregelt, wobei
es auch hier die üblichen
Anfangsschwierigkeiten gibt wie z.B. kein
vernünftiges Unterrichtsbuch. Und dann
gibt es noch eine Erweiterung, dass man
als Wahlmöglichkeit in Klassenstufe 8, 9,
10 - das ist dann die Mittelstufe - und
auch in der Oberstufe als Kursstufenfach
Informatik belegen kann. Insgesamt macht
das eigentlich auch ein bisschen Hoffnung,
allerdings auch hier nochmal der Hinweis
von Dorina: Es ist halt darauf zu achten
dass nicht zu viele MedienkompetenzInhalte
in der Informatik landen, sondern dass
wirklich sauber Grundlagen vermittelt
werden, die über reines programmieren weit
hinausgehen.
Und dann ist es auch nicht damit getan
dass man für Klassenstufe 7 z.B. zwei
eintägige Fortbildungen macht für die
Lehrerinnen und Lehrer. Und sie dann das
Fach sauber unterrichten können. Und
generell wird es immer so sein dass in dem
Fachgebiet Lehrkräfte zu finden die das
unterrichten können, Schwierigkeiten
machen wird. Ja.
Benni: Ja, die Folgerung aus dieser
Bildungspolitik die Steffen beschrieben
hat, ist dass wir heute immer noch sehr
analoge Klassenräume haben, die sich
relativ wenig von dem unterscheiden was
ich irgendwie in 80ern oder 90ern in der
eigenen Schulzeit erlebt habe. Damals war
es halt so: die Schulen hatten separate
Klassenräume, hatten separate
Computerräume, die waren im Regelfall
abgeschlossen und die wurden hier und da
nur mal sporadisch im Unterricht
eingesetzt. Das ist heute immer noch so.
Sehr viele Schulen haben immer noch
abgeschlossene Computerräume und relativ
wenig Computer in ihrem eigenen
Klassenzimmer. Wenn wir das Foto genau
angucken, dann sieht man tatsächlich: da
ist doch tatsächlich hinter dem Lehrer ein
Smartboard zu sehen, das tritt da so ein
bisschen in den Hintergrund. Es gibt da
auf jeden Fall schon irgendwas digitales.
Ich muss auch sagen In Berlin gibt es da
auch relativ viele von. Das sehe ich
relativ häufig. Und, ja, man muss aber
dazu sagen mit diesen Smart Boards sind
durchaus einige Sachen möglich. Damit
werden halt richtig neue
Unterrichtskonzepte möglich. Allerdings
werden sie eher benutzt wie Tafeln auf
denen man noch Filme zeigen kann. Ich frag
wenn ich Workshops im Rahmen von Chaos
macht Schule gebe in den Schulklassen
immer gerne mal nach: Wie ist das denn
eigentlich bei euch im Unterricht mit dem
Einsatz von Computern. Nutzen ihr Rechner
in eurem Schulunterricht oder bei den
Hausaufgaben. Nutzt ihr das Internet, und
in den meisten Fällen antworten mir die
Schüler darauf: Nee, sie nutzen Computer
und das Internet kaum. Höchstens mal
irgendwie privat für die Hausaufgaben. Und
ja, in Wirklichkeit steht aber dieses
Smart Board in den Schulen.
Das heißt es wird oftmals gar nicht so
richtig als solches wahrgenommen. Was man
aber sagen muss, ist einfach dass die
Folgerungen dieser Bildungspolitik, die
technischen Entwicklungen seit Jahren
ignoriert, fatal sind. Und natürlich
werden die Probleme immer größer. Wir
haben solche Inhalte der Medienbildung,
haben wir bis heute noch nicht richtig ins
Lehramtsstudium integriert. Und bis das
passieren wird, wird es halt nochmal
dauern. Bis dann wiederum die Lehrer
ausgebildet in den Schulen ankommen, wird
nochmal viel mehr Zeit vergehen. Das heißt
irgendwie da haben wir erst mal eine ganz
lange Spanne in der erst mal in der Schule
relativ wenig passieren wird. Hinzu kommt
noch dass wir ganz viele Lehrer haben, die
heute schon im Einsatz sind oder die heute
ihr Studium abschließen und dann in die
Schulen kommen, die in diesen Bereichen
nicht ausgebildet sind. Die werden aber
noch 30, 35 oder wie viele Jahre auch
immer, irgendwie ihr Berufsleben
durchgehen und werden mit dem Wissen was
sie haben, den Unterricht gestalten.
Fortbildungskonzepte für bereits
ausgebildete Lehrer, damit sieht es eher
mau aus. Es werden halt auch sehr schwer
realisierbar. Mal eben eine
Wochenendfortbildung zu machen kann
natürlich die Defizite die da irgendwie
bestehen, nicht beheben. Wenn wir
natürlich irgendwie sehen, wie Dorina am
Anfang gesagt hat, oder wie wir in den
Medien oft hören, dass diese Diskussion
sich einfach um die fehlende Technik an
Schulen dreht. Es ist natürlich eine
völlig falsche Diskussion.
Die lenkt natürlich stark davon ab, dass
es durchaus ein ganz anderes und viel
größeres Problem gibt, was einfach die
Fortbildung der Lehrkräfte ist. Sprich:
die teure Anschaffung von durchaus
notwendiger Technik wird halt die Probleme
nicht lösen. Solange die Lernenden damit
nicht umgehen können, ist es halt
einfach herausgeschmissenes Geld. Wenn man
die Technik angeschafft hat, ist halt die
Wartung der Technik - und die damit
verbundenen Kosten - eben auch ein sehr
wichtiger Faktor. Es reicht nicht Rechner
einfach aufzustellen.
Man muss sie warten. Das sind laufende
Kosten, die meistens in den Schulen oder
von der Bildungspolitik überhaupt nicht
eingeplant werden. Die Administration der
Rechner übernimmt dann meistens der
Informatiklehrer der Schule oder die
Informatiklehrerin. Die Person hat kaum
Zeit dafür zur Verfügung. Das heißt in der
Praxis macht sie viel von dieser Arbeit
einfach in ihrer Freizeit. Und man muss
dazu sagen: Informatiklehrkräfte wurden
aber nicht für die Administration
ausgebildet. In Firmen machen das ja nicht
umsonst auch Administratoren, die dafür
ausgebildet wurden und die damit viel Geld
verdienen. Und das kann man eben nicht von
einem Lehrer erwarten. Sprich: Wenn ein
Lehrer das aber trotzdem macht, was er im
Regelfall tun muss, dann ist es einfach so
dass man eine schlecht gepflegte IT-
Infrastruktur an den Schulen hat. Daraus
resultiert dann wieder das Problem: wenn
man diese Technik dann mal einsetzen
möchte im Unterricht kann man sich einfach
nicht darauf verlassen dass sie
funktioniert, woraus wieder neue Probleme
entstehen. Ein typisches Beispiel ist da
zum Beispiel der Internetzugang an
Schulen, kann man sich leider relativ
selten darauf verlassen.
Wenn wir in Schulen gehen fragen wir immer
nach: Gibt es eine Internetverbindung die
wir nutzen können, und die Schulen
Antworten sehr oft: Ja, es gibt eine, aber
verlasst euch nicht drauf. Was man auch
sagen muss, was Steffen dargestellt hat,
neue Technologien werden in der Lehre zwar
eingesetzt, aber sie werden kaum
hinterfragt. Oder es wird darüber geredet
wie man sie halt gestalten kann. Dabei
ermöglicht das Netz und neue Medien
einfach eine gesellschaftliche Teilhabe
und Gestaltung. Und sie müssen nicht
einfach nur konsumiert werden. Da darüber
relativ wenig diskutiert wird, stellt sich
natürlich die Frage ob die Bildungspolitik
das Internet in dem Sinne auch verstanden
hat oder das Internet und neue
Technologien. Eine Entwicklung die man
heute schon beobachten kann seit ein paar
Jahren ist, dass Firmen immer mehr in den
Bildungsmarkt drängen.
Ich meine damit große IT-Konzerne. Wenn
die Bildungspolitik das Problem weiter
verschläft, wird sich diese Entwicklung
natürlich noch verstärken. Man kann zum
Beispiel, als Beispiel Google sagen, die
sind mit ihren Chromebooks an
amerikanischen Schulen sehr stark
vertreten. In Deutschland haben wir das
noch nicht so. Und in Deutschland hat uns
diesen Sommer aber die Meldung überrascht,
dass Google mehrere Schulungszentren in
Deutschland eröffnet hat, in denen sie die
digitale Bildung für die Bevölkerung
vorantreiben wollen. Und sie haben das
Ziel damit bis zu zwei Millionen Menschen
in Deutschland zu erreichen. Das Problem
was wir dabei sehen ist einfach, dass
Schulen, dass Firmen natürlich sowohl
finanzielle als auch politische Interessen
verfolgen. Und das im Zweifelsfall halt
Auswirkungen auf die Lehrinhalte hat. Denn
vielleicht sollten wir darüber reden worum
es eigentlich bei der Bildung ganz
allgemein gehen soll. Soll Schulbildung
wirklich auf das Berufsleben vorbereiten?
Manchmal scheint es so, aber tatsächlich
ist es eben so, dass Schule eine
Allgemeinbildung sein soll, die aufs Leben
vorbereiten soll.
Applaus
Schulen sollen Schülerinnen und Schüler
befähigen, eine Berufsausbildung
durchführen zu können -aber die Schulen
machen eben nicht die Berufsausbildung.
Doch gerade bei unserem Thema, also
Technik und Digitalisierung wird immer
wieder argumentiert, dass Schülerinnen und
Schüler bestimmte Themen lernen müssen
damit sie im Berufsfeld bestehen können.
Ja, diese Ausbildung eher für den
Berufsalltag an Schulen, die gab es
sicherlich schon immer irgendwie. Das hat
halt in der Vergangenheit glaube ich auch
immer irgendwie funktioniert. Aber ich
glaube, dass das zukünftig noch
schwieriger wird, denn früher konnte man
noch einfach abschätzen wie die
Arbeitswelt von morgen aussieht. Heute ist
es aber einfach so, dass sich die
Arbeitswelt - oder allgemein unsere Welt -
sehr viel schneller ändert als das in der
Vergangenheit passiert ist. Berufsbilder
verändern sich sehr schnell und wir können
halt überhaupt nicht absehen wie diese in
der Zukunft aussehen werden. Ziemlich
sicher ist einfach nur dass sich sehr viel
verändern wird.
Und wenn wir nicht wissen wie diese
Berufswelt der Zukunft aussieht, ist es
natürlich umso schwieriger in Schulen
darauf vorbereiten zu können. Denn genau
deshalb dürfen Schulen keine Berufsbildung
anstreben, sondern müssen einfach, werden
ihren Bildungsauftrag, ihrem allgemein
Bildungsauftrag, aus unserer Sicht eben
eher gerecht, wenn sie eine digitale
Mündigkeit wie wir sie vorgestellt haben,
anstreben würden.
Dorina: Wenn wir mal zurückblicken auf
unsere Chaos macht Schule Historie, dann
haben wir vor zehn Jahren damit begonnen,
genau da was zu tun und Schulen genau
damit zu unterstützen. Und als wir damit
angefangen hatten, vor zehn Jahren,
beziehungsweise etwas weniger Jahren bei
uns, hatten wir eigentlich immer so die
Idee im Hinterkopf dass das was wir tun
etwas Temporäres ist. Ja, die
Technisierung der Welt, die geht schneller
voran als die Bildungspolitik, ist so,
kann man hinnehmen, wir helfen ein
bisschen. Und wir sind davon ausgegangen,
dass es Themen sind, die Schule sich zu
eigen machen wird. Zum einen weil das ihre
Themen sein sollten. Zum anderen weil
diese Lücke ja auch nicht von Initiativen
wie uns oder anderen aus Kapazitätsgründen
getragen werden kann. Uns ist aber bewusst
geworden, dass das scheinbar gar nicht so
eine temporäre Sache ist. Eben weil die
Politik nicht hinterherkommt, weil da
keiner hinterherkommt. Und daneben die
Konzerne in diese Lücke reingehen, was man
kritisch hinterfragen muss und sollte. Und
deswegen tun wir immer noch wat. Und neben
den Workshops, die wir punktuell an
Schulen machen, haben wir eben auch
angefangen uns in die Bildungspolitik
quasi mit einzumischen. Deswegen haben wir
im Mai diesen Jahres unsere Forderungen an
die Bildungspolitik veröffentlicht. Die
Bennie auch schon auf der re:publica
vorgestellt hatte. Wo es zum Beispiel, wo
wir auch insbesondere sagen: Stellt die
digitale Mündigkeit in den Vordergrund.
Macht das fächerübergreifend. Schult...
Danke, schult die... schult die
Lehrkräfte, entlastet die Lehrkräfte,
damit sie das leisten können. Um nur ein
paar Details aus diesen Forderungen
nochmal aufzugreifen. Ja, in diesem Sinne:
Tut wat. Mischt euch auch in die
Bildungspolitik ein ,falls es euch möglich
ist. Falls ihr vielleicht beruflich da zu
tun habt, falls ihr Kinder habt die
schulpflichtig sind. Wir würden uns
freuen, wenn ihr da mit uns geht und
danken euch für eure Aufmerksamkeit und
stehen euch für Fragen und Antworten zur
Verfügung.
Applaus
H: Vielen Dank. Ja, wir haben jetzt gute
20 Minuten Zeit für Fragen und Antworten.
Ich hoffe dass ihr genügend Fragen
mitgebracht habt, und ich hoffe dass es
genügend Antworten dann geben wird. Wir
haben hier Mikrofone aufgestellt. Hier
vorne stehen welche, in der Mitte, auch
Hinten. Platziert euch an den Mikrofonen,
stellt eure Fragen. Wer auch immer das
Saallicht angemacht hat, vielen dank,
jetzt sehe ich wenigstens was hier
passiert. Ich fang einfach mal hier vorne
mit der 5 an.
Mikro 5: Ja, hallo. Mein Name ist Thomas,
ich bin auch Lehrer an einer Berufsschule
und versuche auch viel mit digitalen
Medien Unterricht zu machen, hab im Bezug
auf meine Kollegen festgestellt dass ein
ganz großes Problem die Sache des Fixed-
und des Growth-Mindset ist. Wer das kennt
das Konzept, das bedeutet also dass man
davon ausgeht das sehr viele Lehrer ein
Fixed-Mindset haben, und von sich selbst
sagen sie müssen nichts mehr dazu lernen,
sie kennen sich ja in ihrem Fachgebiet
aus, und das ist eine ganz, ganz große
Hürde das sie mit einem modernen Medium
irgendwas – also ich bin in der
Erzieherausbildung, da ist digitale
Bildung noch ganz, ganz weit weg – dass
sie halt von sich selbst sagen "Mit sowas
beschäftige ich mich nicht, ich hab ja
mein Fachgebiet und damit kenn ich mich
aus". Was habt ihr da für Erfahrungen
gemacht in der Hinsicht?
H: Erfahrungen mit Fixed-Mindsets bei
Lehrkörper
S: Ok, als Leher kann ich auch mal dazu
antworten, ich mach auch Vorbildungen in
Baden-Württemberg mit Lehrerinnen und Lehrer
soweit hab ich ein bisschen Einblick, ich
teils teilweise so zu sagen, ja es gibt
solche Kollegen und Kolleginnen da ist das
so. Ist schwierig. Ja, weil den...
praktisch... ich sag immer in der Schule
ist bisschen wie in der Käseglocke. Und
eigentlich sollte Schule eher so sein wie
das Abbildung der Gesellschaft in klein,
natürlich noch ein bisschen gefiltert, ein
bisschen ruhiger, aber das fehlt glaub ich
oft, dass man gar nicht mitbekommt was
da außenrum passiert, dass erleb ich auch
so. Wenn das deine Frage beantwortet.
Mikro 5: Nicht ganz, aber ich darf nicht
nachfragen.
sanftes laches
D: Wir haben uns da viel drüber
unterhalten, dass es eben die Lehrer gibt
oder Lehrkräfte, die einfach nicht wollen
und natürlich ist das dann ein Problem und
was wir halt sagen ist, dass die
Fortbildung von Lehrer eben auch gestärkt
werden muss, dass das mehr zum Thema
gemacht wird, dass auch Lehrer sich
weiterbilden müssen und das andere ist aus
meiner Sicht, dass wenn man zu sehr darauf
guckt, welche Lehrer und Lehrerinnen sich
so dagegen sperren, dass das eigentlich
den Blick ablenkt von den Lehrkräften, die
wirklich was tun wollen würden, wenn man
ihnen mehr Freiraum dafür geben würde.
H: Machen wir weiter mit der 1.
Mikro 1: Hallo, bin ich zu hören?
H: Ja.
Mikro 1: Gut. Ihr habt überhaupt keine
Informationen zu der sozialen Spreizung
innerhalb der Schulsysteme gegeben. Ich
komm nun zufällig auch aus Lübeck, bin
seit C64-Zeiten Informatiklehrer,
eigentlich studiert Mathemathik/Physik.
Immer als Autodidakt, immer
zusammengebettelt, aber Lübeck kriegt
seinen Haushalt, ist stark verschuldet,
regelmäßig nicht durch bei der
Kommunalaufsicht. Die Gymnasien werden
super ausgestattet, weil die Lobby haben.
Die haben die Staatsanwälte, die haben die
Ärzte, die haben die Rechtsanwälte und so
weiter. Und alle Schultypen darunter kann
man gucken bis wirklich in die tiefste
Ebene runter, fallen hinten über. Habt ihr
da irgendwelche Informationen sammeln
können in verschiedenen Bundesländern? In
einer armen Stadt zu leben kann also auch
Schicksal sein.
S: Ich hab es versucht vorhin auch
bisschen anzudeuten bei Heidelberg, weil
Heidelberg eben finanzielle ganz gut
dasteht und die es relativ einfach leicht
haben alle Schulen auszustatten. Also die
haben zig, ich hab jetzt die Zahl nicht im
Kopf, zig Millionen in letzten jahren in
alle Schulformen gesteckt. Aber man sieht
es auch schon bei mir im Bundesland mit
der Verspätung der Informatik in den
Realschulen was überhaupt nicht
verständ... also... das ist für mich...
ich bin da verständnislos, wie das sein
kann. In soweit teile ich das und wir haben
halt das - einerseits haben wir im
Strategiepapier halt zwar verbindliche
Beschlüsse für die Bundesländer, aber dann
sind ja am Ende die Kommunen eben die
Ausstatter der Schulen und das ist einfach
ein riesiges Problem. Hier mach dann
natürlich die Dezentralität irgendwie was
kaputt oder schwierig. Da gab es eben
diese Gesetzesänderung damit solchen
Kommunen geholfen werden kann, aber die
Problematik wird bestehen. Weil das ist
einfach ein teures Unterfangen.
Mikro 1: Es ist wohl Teil unserer
Kulturpolitik. Offensichtlich, Eliten
werden gefördert.
H: Ja, es ist für Fragen, nicht für
Kommentare. Danke.
Aus dem Internet haben wir eine Frage.
Signal-Angel: LostInWeb lässt fragen, gibt
es Ansätze für Informatikunterricht bzw.
IT-Anwendeunterricht in der Grundschule
und wenn ja, wo findet man gut
aufbearbeitetes Material hierzu?
Vortragende tuscheln
S: Wir wollen hier keine Produktwerbung
machen. Es gibt freie Software, die
verfügbar ist, in Grundschulen. Es gibt
ein Projekt, das hab ich vorhin beim Namen
auch genannt, die Caliope Mini, so ein
kleiner Mikrocontroller mit einer
Blocksprache. Es gibt aber auch von
Universitäten aus den USA, Scratch ist
sehr bekannt, da gibt es schon
Initiativen. In meinem Bundesland ist das
noch nicht das Thema, in anderen wird
daran gearbeitet. Es ist wohl schon Ziel
in Klassenstufe 3 zu schauen, dass ein
kleiner Kontakt mit einer
Programmiersprache spielerisch
stattfindet.
D: Ich kenne in Hamburg eine Grundschule,
die Medien, Technik und so weiter
tatsächlich in ihrem Curriculum verankert
hat. Das ist dann natürlich nur punktuell,
aber immerhin passiert da was an
verschiedenen Stellen.
H: Nummer 3 bitte.
Mikro 3: Wir haben ja nun bei 16
Bundesländern gefühlte 32 Lehrpläne.
Welcher davon ist denn jetzt aus eurer
Sicht am weitesten, was das ganze Thema
anbelangt?
H: Welches ist euer Lieblingsbundesland?
Gelächter
Mikro 3: Ja, so.
B: Das ist eine schwierige Frage. Man muss
dazu sagen, wir sind als Chaos macht
Schule zum einen dezentral organisiert,
zum anderen machen wir das nur in unserer
Freizeit. Es ist nicht so, dass wir alle
16 Bildungspläne, oder wie viele es auch
gibt, durchgearbeitet hätten, um das
beurteilen zu können. Das ist schwierig.
H: Und welcher ist von denen, die ihr
durch-
D: ... Baden-Württemberg z.B. rausgepickt
haben, weil das eben das erste Bundesland
war, das dieses Strategiepapier für sich
umgesetzt hat.
H: Und welcher ist von denen, die ihr
durchgearbeitet habt der beste?
S: Dann natürlich Baden-Württemberg, weil
wir haben uns den vor allem angeguckt.
Aber der ist ja auch nicht ganz sauber,
haben wir ja extra auch gesagt. Es gibt
wohl in allen von diesen Papieren, wenn
man reinguckt, gute Ansätze, aber auch
alle haben diese Verschiebung, weil es
eben vom KMK runtergeht, sozusagen. Der
Fehler pflanzt sich halt fort auf diesem
Medieneinsatz.
H: Die 7 bitte.
Mikro 7: Hallo, ich heiße Jonas, komme aus
Berlin. Ich studiere Informatik und
arbeite an der TU Berlin an dem
Schülerlabor. Ich habe dadurch viel
Kontakt von der 1. bis 13. Klasse,
teilweise zu den Berufsschulen und hab
selber durch mein Studium an der Uni viel
mit Didaktik zu tun. Egal wo man hinguckt,
überall gibt es Probleme was Geld angeht,
Personal, die fachliche Bildung vom
Personal, einmal das Fachliche, z.B.
Informatik oder die Didaktik. Es gibt
beständig Versprechungen, dass es besser
wird und das, so wie ich es mitbekommen
habe schon seit Jahren, aber es ändert
sich nichts. Es gibt Methoden, Flipped
Classroom, für Unis ideal geeignet-
H: Wird das eine Frage?
Mikro 7: Es wird eine Frage. Diese ganzen
Versprechungen, die da sind, werden immer
nicht eingehalten. Habt ihr das Gefühl, es
wird sich ändern oder es bleibt so?
D: Deswegen halten wir z.B. auch solche
Vorträge hier, vielleicht kommt es
irgendwo an! Liebe, liebe Politik,
schmeißt Geld auf die Bildung!
Applaus
H: Nummer 6.
Mikro 6: Ganz zu Beginn des Vortrags hieß
es, in vielen Fällen sei Schulunterricht
wie vor 30 Jahren. Leider ist es wohl so,
dass der Anteil der Schülerinnen und
Schüler, die die Schule verlassen und als
Analphabeten die Schule verlassen, zunimmt,
insofern hat sich da wohl schon etwas
geändert in der Schule. Da die
finanziellen und politischen Probleme der
letzten Jahrzehnte zeigen, dass wir hier
so schnell nichts lösen. Und, was auch
gerade im Vortrag vermittelt wurde,
Grundlagen - und es geht ja bei einer
allgemeinbildenden Schule häufig um
Grundlagen - häufig mit, ich sage mal,
klassischen Unterrichtsmethoden wie Stift,
Tafel und Papier gelöst werden können. Die
Frage: Gibt es vielleicht auch den
radikalen Ansatz, zu sagen, in
allgemeinbildenden Schulen komplett auf
den Computereinsatz zu verzichten, um
gerade die digitale Mündigkeit erfolgreich
vermitteln zu können und dann auch die
Probleme der sozialen und finanziellen
Ungleichheit gleich mit abzufedern?
B: Haben wir noch eine Stunde?
H: Nein.
S: Auf jeden Fall kann man sagen, es ist
kein Argument, dass man z.B. Technik
braucht, um Informatik zu unterrichten.
Man kann ein Netzwerk natürlich auch
spielerisch, man kann alles zeigen.
Absolut. Da müsste man wirklich in aller
Ruhe noch einmal auf die Inhalte schauen
und sehen, dass man wahrscheinlich einen
riesengroßen Anteil analog vermitteln
kann. Wobei natürlich die Kids die Geräte
nutzen und in soweit kann es auch da Sinn
machen, ihnen auch dazu Wissen an die Hand
zu geben. Weil sonst hängt es an den
Elternhäusern. Wir wissen, dass in
Deutschland ein Großteil der
Erfolgschangen in Bildung leider vom
Elternhaus abhängt. Das ist so ein
bisschen Bias, würde ich sagen. Das
generell auf Null zu fahren würde ich
persönlich jetzt auch nicht wollen.
B: Es gibt noch einen anderen Grund. Wir
stellen ja auch fest, dass Schüler, die
gehen ja mit dieser Technik privat um und
wenn das nicht auch in der Schule
thematisiert und hinterfragt wird, halten
wir das schon für kritisch. Weil die
Eltern meistens nicht das Umfeld bieten,
um einmal darüber nachzudenken, wie
kommuniziert man eigentlich mit WhatsApp
oder warum benutzt du bestimmte
Technologie auf welche Weise. Das heißt,
wenn man es komplett auf die private
Nutzung runterfahren würde und das
überhaupt nicht in der Schule
thematisieren würde, ich halte das für
problematisch.
H: Stellt sich raus, es gibt auch noch ein
Mikrophon mit der Nummer 2, da stehen die
Kameras vor aus meiner Perspektive. Ich
bitte um Verzeihung, bitteschön.
Mikro 2: Erst einmal vielen Dank für
diesen Überblick über die heutige
Situation. Ich habe eine simple Frage. Ich
hoffe, sie ist vielleicht auch simpel zu
beantworten für euch. Euer Motto ist ja
"tuwat". Was kann man denn als Einzelner
tun, effektiv tun? Sagt einfach mal, was
eure Ideen dazu sind.
Applaus
B: Wir haben, wie Dorina schon meinte,
wenn ihr vielleicht selbst Kinder habt,
setzt euch mal auf dem Elternabend dafür
ein, dass da etwas vorangetrieben wird,
dass da bestimmte Themen einfach einmal
auf den Tisch kommen. Das kann man ja auch
erstmal mit Eltern diskutieren, die haben
ja auch sehr viele Sachen nicht auf dem
Schirm. Dadurch kommen die natürlich
idealerweise bei den Kindern an. Man kann
auch, das haben auch schon Eltern gemacht,
völlig frei vom "Chaos macht
Schule"-Kontext, dass die gesagt haben,
der Papa ist Informatiker, der kennt sich
da aus, oder die Mutter. Dann geht die
einfach mal für eine Doppelstunde in die
Schule und spricht einmal ein bisschen mit
den Schülern, wenn die anderen Lehrer an
der Schule das nicht können. Und man kann
sich natürlich überall in öffentliche
Diskussionen einmischen. Es gibt ja
durchaus noch andere Orte, an denen über
Bildungspolitik diskutiert wird. Das sind
so ein paar Ansätze, die mir spontan
einfallen.
S: Ich würde auch noch ergänzen-
B: Na klar, immer!
S: Wir haben eine unserer Forderungen, ich
glaube, es war die 5. von 5.,
außerschulische Lernorte, Experten
hinzuziehen, hier sitzen ja auch ganz
viele Menschen, oder auf dem Kongress sind
ganz viele Leute, die sich wirklich gut
auskennen. Sei es im "Chaos macht
Schule"-Kontext, sei es von Jugend Hackt,
dass man einfach einmal rausgeht und
vielleicht einmal in den Makerspace geht
und sich das anschaut. Das mit
Schulklassen zu machen, die noch nie einen
3D-Drucker gesehen haben ist das auch
schon total großartig für die Kids. Oder
einmal ein Bisschen etwas zu löten. Auch
das ist noch eine Möglichkeit, dass man
über die Elternschaft einen Ausflug
organisiert und halt nicht ins Schwimmbad
geht.
D: Ja, oder sich tatsächlich eine der
Initiativen, die es so gibt, rausgucken.
Es gibt uns, aber es gibt auch Jugend
Hackt und viele andere. Mal gucken, aus
welcher Gegend du kommst, und schauen, wo
du da dich an solche Initiativen
anschließen kannst. Das ist ja auch oft
einfacher, als aus dem eigenen... komplett
eigeninitiativ zu sagen, ich mache jetzt
etwas.
S: Noch unsere Mailingliste,
schule@lists.ccc.de, ist ja auch
angeführt, sowas auch einfach mal fragen,
weil es eben, wie Dorina meine, einen
regionalen Kontext gibt, und vielleicht
kennen wir den und können dann weiter
vermitteln oder selbst sagen, hier ist ein Erfa
und da ist Chaos macht Schule
aktiv.
H: Wir werden vermutlich nicht mehr alle
Fragen beantwortet kriegen, aber immerhin
die von Mikro 5.
D: Fantastisch.
Mikro 5: Hallo?
H: Lauter.
Mikro 5: Hallo? Ja, jetzt. Hi, ich mache
es ganz kurz. Mein Thema ist Bandbreite.
Ich darf die digitale Mündigkeit in
Schulen und Jugendeinrichtungen
unterstützen und begleiten, und wir stoßen
an die Mauer Bandbreite. 16 MBit in
Berlin, das ist im Rahmenvertrag geregelt,
da hilft die beste Tablet-Klasse nichts,
weil man kommt nicht ins Internet mehr.
Habt ihr da Erfahrungen, auch im Umgang
mit der Bildungspolitik, wir beißen uns da
gerade die Zähne aus.
D: Da beißen sich viele die Zähne aus.
Also, ich... Nein, wir haben kein Rezept,
das man aus der Tasche ziehen kann. Aber
meine Hoffnung, oder unsere Hoffnung ist
auch, je mehr Leute schreien, desto eher
passiert was... Hoffe ich.
S: [Mikro aus] wahrscheinlich machen, mit
dem Vectoring, also wir haben einfach in
unserem Land eine Technologie, die so
vielleicht begrenzt ist und diesen
Flaschenhals Bandbreite irgendwann auch zu
macht. Ich glaube, bei 100 MBit oder so.
Und auch das reicht ja nicht aus für eine
große Schule. Also, da ist einfach ein
riesiges Ding... Dafür waren hauptsächlich
die Wanka-Milliarden, meine ich, gedacht.
Und die Kommunen versuchen da auch, aktiv
zu werden, dabei gibt es auch so
gesetzliche Bestimmungen, je nachdem, ob
ein privater Anbieter am Markt ist, und so
weiter. Das ist einfach hoch komplex,
insoweit würden wir - müssen wir den Ball
da woanders hinspielen. Aber klar ist,
dass vor allem deswegen vielleicht auf
digitale Mündigkeit auch ein bisschen mehr
geguckt wird, da braucht man nicht immer
zwingend ständig Internet dafür.
H: Apropos Internet, was fragt das
Internet?
Signal Angel: Das Internet fragt, genauer
Donald fragt, gibt es positive Zeichen aus
anderen Ländern, was die Digitalisierung
der Schule, sowie die Vermittlung von
digitalem Wissen angeht? Oder einfach nur
primitiv gefragt, sind wir zu langsam oder
in guter Gesellschaft?
S: Also, bandbreitentechnisch sind wir
ultra-langsam, das wissen wahrscheinlich
auch einige hier im Raum, da sind wir
schonmal sehr, sehr langsam. Und, genau,
ich habe vorhin schon per Zuruf hier
Skandinavien gesagt bekommen, das greife
ich gerne auf. Also, ich persönlich habe
einen Freund in Finnland, mit dem habe ich
darüber öfter oder länger mal gesprochen.
Und das finnische Bildungssystem, da gibt
es auch einen ganz interessanten Trailer
vom Bildungsministerium, das mal zu gucken
ist schon irgendwie anders. Also, wir
lassen uns da auch ein Stück weit wohl
abhängen, würde ich ins Internet rufen.
D: Ich möchte noch kurz auf die Keynote
heute verweisen, wo Wau Holland zitiert
wurde, der 1999, glaube ich, sagte, dass
1984 es schon in britischen Grundschulen
Computerunterricht gab. Ich weiß nicht,
wie es da heute ist, aber es gibt da auch
andere Beispiele als bei uns.
H: Ok, letzte Frage, Mikro 1.
Mikro 1: Die Forderung nach
Medienkompetenz, Technikkompetenz, ist ja
ganz großartig, aber wenn sie aus der
Politik oder aus der Wirtschaft kommt, ist
es manchmal auch ein bisschen Abtreten von
Verantwortung. Es gibt fragwürdige
Geschäftsmodelle, also müssen die
Schülerinnen am besten schon in der
Schule erkennen, was ein fragwürdiges
Geschäftmodell ist. Anstatt zu überlegen,
dass da vielleicht jemand so ein
Geschäftsmodell regulieren könnte. Das
heißt, ich finde es unglaublich schwer,
solche Kompetenzen zu vermitteln, ich habe
das auch schon gemacht, ohne gleichzeitig
im Subtext mitzuvermitteln: "Du bist auch
die Person, die dafür verantwortlich ist
in unserer Gesellschaft.", statt
vielleicht zu fragen, wer ist eigentlich
jemand anders. Und ich wollte einfach nur
fragen, ob ihr da eine gute Strategie
habt, da nicht drauf reinzufallen, das
irgendwie mitzuvermitteln.
B: Also, wichtig ist, erstmal überhaupt so
ein Bewusstsein für das Problem zu
schaffen. Wir haben zum Beispiel, letztes
Jahr haben wir einen "Chaos macht
Schule"-Talk hier gehalten, da hatten wir
relativ viele Visualisierungen gezeigt,
die man mit Schülern mal - die man
Schülern mal zeigen kann, an denen
überhaupt so komplexe technische Vorgänge
mal visuell gemacht werden, dass sie
sofort verstanden werden. Und dann wundert
man sich tatsächlich irgendwie, wie
schnell sich Schüler über die
Vorratsdatenspeicherung oder andere Themen
wundern. Also, erstmal auf jeden Fall ein
Problembewusstsein schaffen.
H: Ja, das wars, die Zeit ist um, tut mir
leid für alle, die gewartet haben, noch
Fragen stellen zu können. Vielen Dank für
den Vortrag, vielen Dank für die
Antworten, Steffen, Dorina, und Benni.
Alle drei: Dankeschön!
Applaus
Untertitel erstellt von c3subtitles.de
im Jahr 2017. Mach mit und hilf uns!