Angeregt von meinem Vorredner
werde ich jetzt ein kleines Lied
über Internetpornographie machen.
Nein, war nur ein Scherz.
Die weitverbreitete Nutzung der Internet-
pornographie ist eines der rasantesten
weltweiten Experimente, die je –
unbewusst – durchgeführt wurden.
Fast jeder junge Mann mit Internetanschluss
wird zum eifrigen Testsubjekt.
Der kanadische Forscher
Simon Lajeunesse hat herausgefunden,
dass sich die meisten Jungen spätestens
mit 10 für Pornographie interessieren,
gesteuert von einem Gehirn, das
plötzlich von Sex fasziniert ist.
User finden Internetpornographie
viel verlockender
als die älteren Formen der
Pornographie. Warum?
Unaufhörlich Neues.
Bei diesem australischen Experiment
lässt nicht bloße Nacktheit, sondern
Neues die Erregung emporschnellen.
Testpersonen schauten 22 Pornobilder an.
Sehen Sie diesen Spitzenwert?
Da haben Forscher zu Pornobildern gewechselt,
die die Männer zuvor noch nicht gesehen hatten.
Was ist passiert? Die Erektionen in
ihrem Gehirn sind angesprungen.
Warum diese Aufregung?
Mutter Natur lässt ein Männchen gerne
willige Weibchen befruchten,
so lange neue
in der Nähe sind.
Der Bock in der oberen Linie
braucht für dasselbe altbekannte
Schaf immer länger.
Aber wenn man die Weibchen wechselt –
die untere Linie – es ist nicht dasselbe.
Er kann nach 2 Minuten fertig sein und
bis zur völligen Erschöpfung weitermachen.
Das nennt man den Coolidge-Effekt.
Ohne den Coolidge-Effekt gäbe es
keine Internetpornographie.
Dieses alte Säugetierprogramm,
der Coolidge-Effekt, nimmt jede
neue Frau auf dem Bildschirm des
Mannes als genetische Chance wahr.
Damit der Mann den Bildschirm weiterhin
befruchtet, schüttet sein Gehirn
bei jedem neuen Partner oder Bild
das neurochemische "Hol's dir"-Dopamin aus.
Der Bock wird schließlich müde,
aber solange der Mann
weiterklicken kann,
kann er es weiter tun,
ebenso sein Dopamin.
Durch die Internetpornographie kann ein
Mann in 10 min mehr heiße Mädchen sehen
als seine Vorfahren in
mehreren Leben zusammen.
Das Problem dabei: Er hat
ein Jäger-Sammler-Gehirn.
Das Gehirn eines eifrigen Nutzers
vernetzt sich bei dieser genetischen Fülle neu
und assoziiert sich langsam mit
diesem Pornoharem.
Typische dazugehörige
Verhaltensweisen sind Alleinsein,
Voyeurismus, Klicken, Suchen,
viele offene Browser-Tabs,
Vorspulen, ständige neue Sensationen
und Überraschungen.
Ein junger Mann
hat einmal gefragt:
Sind wir die erste Generation,
die linkshändig masturbiert?
Richtiger Sex dagegen ist
Werben, Berühren,
Berührtwerden, Gerüche, Pheromone,
emotionale Verbindung,
Interaktion mit einer
realen Person.
Was passiert, wenn unser Mann
schließlich eine reale Partnerin trifft?
Forscher wissen aus
mehreren Gründen nicht viel
über die Folgen von
Internetpornographie:
Als Lajeunesse 2009 versuchte,
die Folgen der Pornographie zu erforschen,
konnte er keine jungen Männer im
College-Alter finden, die sie nicht konsumierten.
Das erste Dilemma ist also, dass Studien
keine Kontrollgruppen haben.
Das schafft einen riesigen
blinden Fleck.
Wenn alle Jungen mit 10
zu rauchen beginnen würden,
und es keine Gruppen gäbe,
die es nicht tun,
würden wir denken, Lungenkrebs
ist bei Männern ganz normal.
Unbeirrt vom Mangel an Nicht-Konsumenten
fragte Lajeunesse 20 männliche Studenten:
"Beeinflusst Internetpornographie dich
oder deine Einstellung zu Frauen?"
Sie antworteten:
"Nein, ich glaube nicht."
Aber damals hatten sie sie bereits ca.
10 Jahre lang fast non-stop konsumiert.
Genausogut könnte man einen Fisch fragen,
was er über Wasser denkt.
["Wasser - was ist das?"]
Das führt uns zum
zweiten Problem.
Forscher haben Pornokonsumenten
nicht nach den Symptomen gefragt,
die Zimbardo in "Der Niedergang
der Männer" beschrieben hat.
Symptome für Erregungssucht
werden leicht mit denen für
ADHS, Sozialphobie,
Depressionen,
Konzentrationsproblemen, Versagensängsten,
Zwangsstörungen und vielen anderen verwechselt.
Gesundheitsdienstleister glauben oft,
dass diese Erkrankungen in erster Linie
vielleicht der Grund für Süchte,
aber nie deren Folgen sind.
Folglich verschreiben sie
diesen Männern Medikamente,
ohne ernsthaft nachzufragen,
ob sie internetsüchtig sind.
Männern ist nicht bewusst,
dass sie diese Symptome
einfach durch Verhaltensänderung
überwinden könnten.
Das dritte Problem: Es
ist schwer zu glauben,
dass sexuelle Aktivität Sucht verursachen
kann, weil Sex gesund ist.
Aber Internetpornographie
ist kein Sex.
Internetpornographie
unterscheidet sich von Sex
so wie die heutigen Videospiele
von dem Brettspiel Dame.
Der Anblick eines Bildschirms
voll nackter Körperteile
schützt einen nicht automatisch
vor Erregungssucht.
Bei dieser holländischen Studie –
das ist der Titel –
hat man herausgefunden, dass
von allen Internetaktivitäten
Pornographie potentiell
am süchtigsten macht.
Der Grund:
Dieses uralte Programm,
das Belohnungssystem,
entwickelte sich, um uns
hin zu natürlicher Belohnung
wie Sex, Bindung
und Essen zu führen.
In Folge davon haben extreme Versionen
natürlicher Belohnungen
eine einzigartige
Macht über uns.
Stark kalorienhaltige Nahrung oder neue heiße Mädchen
z. B. bescheren uns zusätzliches Dopamin.
Zuviel Dopamin kann jedoch unseren
natürlichen Sättigungsmechanismus aufheben.
Gibt man Ratten beispielsweise
unbegrenzten Zugang
zu Junk Food, werden sich fast alle
bis zur Fettleibigkeit vollstopfen.
Deshalb sind auch 4 von 5
Amerikaner übergewichtig
und ca. die Hälfte
davon ist fettleibig.
Das ist die Ess-Sucht.
Im Gegensatz zu natürlicher
Belohnung machen Drogen wie
Kokain oder Alkohol nur ca. 10% ihrer Konsumenten süchtig, egal ob Ratten oder Menschen.
Der Exzessmechanismus für Nahrung oder Sex
war einmal ein evolutionärer Vorteil.
Im Grunde bedeutet es: Zugreifen,
solange die Gelegenheit günstig ist.
Egal, ob das jetzt Wölfe sind, die
10 Kilo Fleisch pro Beutefang fressen
oder es Paarungszeit ist und Sie
das Alphamännchen sind.
Und wenn die
Paarungszeit nie endet?
Die ganzen Dopaminschübe können in
Ihrem Gehirn zwei Dinge auslösen:
Zuerst sagen sie: "Mann, du hast den
evolutionären Jackpot geknackt."
Dann legen sie einen Molekularschalter
namens Delta-FosB um.
Ich weiß, das ist ein komisches Wort,
aber Dopamin setzt Delta-FosB in Gang,
das beginnt, sich im Belohnungssystem
des Gehirns anzusammeln.
Bei exzessivem chronischem Konsum
von Drogen oder natürlicher Belohnung
beginnt die Ansammlung von Delta-FosB
das Gehirn zu verändern und
den Kreislauf von gierigem Konsum
und Verlangen zu fördern.
Wenn der Konsum fortfährt,
baut Delt-FosB sich auf
und kann zu Hirnveränderungen führen,
die es bei allen Süchtigen gibt.
Die Faktoren sind also
exzessiver Konsum,
exzessives Dopamin, Delta-FosB,
Hirnveränderungen.
Eine erste Veränderung ist eine
gedämpfte Reaktion auf Genuss.
Sie setzt ein, und in Folge befriedigen alltägliche
Genüsse einen Pornographiesüchtigen nicht.
Gleichzeitig lassen weitere
physikalische Veränderungen im Gehirn
das Gehirn auf Pornographie
hyperreagieren.
Das restliche Leben des Süchtigen ist langweilig,
aber Pornographie ist sehr aufregend.
Schließlich schwindet seine Willenskraft
durch die Veränderung im Frontalkortex.
Das kann man nicht
genug betonen.
Allen Süchten sind dieselben
Gehirnveränderungen
und derselbe molekulare Schalter,
der sie in Gang setzt – Delta-FosB – gemein.
Wissenschaftler haben Gehirnscans
eingesetzt, um diese Veränderungen
bei Drogenabhängigen
zu messen.
Hier oben zeigen die Scans eine reduzierte
Reaktion auf Genuss bei Drogensüchtigen.
Diese sowie einige andere Veränderungen wurden
auch bei Spielsüchtigen, Esssüchtigen,
kürzlich bei Computerspielsüchtigen und jetzt
bei Internetsüchtigen festgestellt.
Es tut mir leid, dass ich die Folie mit Hirnstudien ausfülle – beachten Sie das Datum –
aber ich möchte, dass Sie von
ihrer Existenz wissen.
Die gesamte Hirnforschung scheint in
eine einzige Richtung zu weisen:
Konstant Neues per Mausklick
kann süchtig machen.
Das wissen wir,
weil Wissenschaftler
bei der Untersuchung
ehemaliger Internetsüchtiger
herausgefunden haben, dass sich diese
Hirnveränderungen zurückbildeten.
Leider gibt es keine Studie speziell
für Pornographiekonsumenten,
aber sie schließen
sie mit ein.
Hier ist die große
Neuigkeit:
Endlich haben wir eine Gruppe Männer,
die keine Internetpornographie mehr konsumieren.
Richtig! Intensive Nutzer geben
freiwillig scharenweise auf.
Diese Männer sind die fehlende
Kontrollgruppe im großen Pornoexperiment.
Sie zeigen den Experten, was die Veränderung
einer einzigen Variablen bewirken kann.
Ich nenne es "Die Wiederauferstehung der Männer"
im Gegensatz zum "Niedergang der Männer".
Bevor ich fortfahre, möchten Sie
wahrscheinlich wissen,
warum um alles in der Welt
ein Pornoliebhaber aufhören sollte.
Ein Wort: Erektionsstörung.
Internetpornographie vernichtet die
sexuelle Leistung junger Männer.
Laut Zimbardo erlöscht die Flamme
junger Männer bei Frauen.
Diese Umfrage italienischer
Neurologen bestätigt
unsere Beobachtungen
während der letzten Jahre.
Potenzsteigernde Mittel wirken bei diesen Männern
nicht mehr – falls sie es jemals taten –,
weil das Problem nicht unter der Gürtellinie
liegt, wo Viagra funktioniert.
Ihr Problem ist auch nicht
rein psychologisch.
Es hat mit physikalischen
Hirnveränderungen zu tun,
mit suchtbezogenen
Veränderungen.
Ihre gedämpften Hirne senden ihren
Bananen immer schwächere Signale.
(Lachen)
Dr. Foresta hat gesagt:
"Es beginnt mit schwächeren
Reaktionen auf Pornoseiten.
Dann fällt die Libido
generell ab
und am Ende ist
eine Erektion unmöglich."
Es gibt 3 Schlussfolgerungen:
Zuerst beschreibt Foresta einen
klassischen Abhängigkeitsprozess
– graduelle Desensibilisierung.
Zweitens unterscheidet sich Internet-
pornographie qualitativ von Playboy.
Weitverbreitete Erektionsstörungen im jungen Alter
hat man früher nie beobachtet.
Und schließlich sind Erektionsstörungen das einzige Symptom, das diese Männer aufhorchen lässt.
Die Frage ist, welche unauffälligeren
Symptome übersehen sie?
Die meisten merken es erst,
nachdem sie aufgehört haben.
Das ist ein Mann Ende 20.
"Ich war in den letzten 8 Jahren bei
Psychologen und Psychiatern,
wurde mit Depressionen,
schwerer Sozialphobie,
schweren Gedächtnisstörungen
und anderen Dingen diagnostiziert.
Ich habe Fexer, Ritalin,
Xanax, Paxil probiert,
habe zwei Schulen abgebrochen,
wurde 2x gekündigt,
habe mit Marihuana meine
sozialen Ängste beruhigt.
Nicht wenige Frauen haben
mich angequatscht –
wahrscheinlich wegen meines
Aussehens und meines Status –
aber sie sind gleich wieder
abgehauen, weil ich so schräg bin.
Seit ich 14 bin, war ich ein
Hardcore-Porno-Konsument.
In den letzten 2 Jahren
habe ich herumexperimentiert
und schließlich bemerkt, dass
Pornographie ein Problem war.
Vor 2 Monaten habe ich
komplett damit aufgehört.
Es war sehr schwer, aber
das war es wirklich wert.
Seitdem nehme ich keine
Medikamente mehr.
Ich habe keine Ängste mehr.
Gedächtnis und Konzentration
sind schärfer als je zuvor.
Viele Frauen finden mich anziehend,
und ich habe keine Erektionsstörungen mehr.
Ich fühle mich wie neugeboren, als
hätte ich eine zweite Chance im Leben."
Deshalb suchen Männer scharenweise
im Internet – Bodybuildingseiten,
Sportseiten, Seiten von Aufrisskünstlern –
wo auch immer Männer zusammentreffen.
Im Grunde suchen sie eine
neurochemische Wiedergeburt.
Das ist eine Gruppe auf reddit.com, die
sich selbst "Fapstronauts" nennt.
Fapping ist umgangssprachlich
für Solo-Sex,
aber was sie in Wahrheit meinen,
ist, Pornographie aufzugeben.
Seit dieser Aufnahme von vor 1 Monat
sind etwa 2.000 neue Mitglieder dazugekommen.
Diese Bewegung, von Pornographie
loszukommen, wächst sehr schnell.
Überall im Internet und auch in Europa
entstehen Gruppen.
Aber es gibt ein bizarres
Haar in der Suppe.
Männer Anfang 20 überwinden ihre Erektionsstörungen langsamer als ältere Männer.
Wie kann ein 50-jähriger sein gutes Stück
schneller zurück haben als ein 20-jähriger?
Obwohl ältere Männer schon länger
Pornographie konsumiert haben,
haben sie nicht bei den
heutigen Internetpornos angefangen.
Wir wissen, dass das ein
Schlüsselfaktor ist, weil
die älteren Männer keine
sexuellen Probleme hatten,
bevor sie Hochgeschwindigkeits-
Internet hatten. (Lachen)
Die heutigen Jugendlichen beginnen
mit dem Hochgeschwindigkeits-Internet.
Ihr Gehirn ist dann am Höhepunkt der
Dopaminproduktion und Formbarkeit.
Zu diesem Zeitpunkt sind sie auch am anfälligsten
für Süchte, aber es gibt noch ein Risiko.
Im Erwachsenenalter stärken sie
stark genutzte Hirnströme
und reduzieren die ungenutzten.
Mit ungefähr 22 sind die sexuellen Vorlieben
im Gehirn tief verwurzelt.
Das kann Panik verursachen, wenn
ein Mann auf extreme Pornographie oder
auf Pornographie umgestiegen ist, die seiner
sexuellen Orientierung nicht mehr entspricht.
Zum Glück ist das Hirn formbar. Seine Vorlieben
können sich nach dem Aufhören wieder umkehren.
Wenn ein Mann zur normalen
Sensibilität zurückkehrt,
sucht sein Gehirn nach der
versprochenen Belohnung,
wie freundschaftliche Kontakte
und natürlich reale Partner.
Hier ist ein weiteres Beispiel
davon, was wir täglich hören:
"Ich fühle mich wie der nächste
Sir Isaac Newton oder Leonardo da Vinci.
Seit ich vor einem Monat aufgehört habe,
habe ich tatsächlich:
eine Firma eröffnet, mit Klavierspielen angefangen,
täglich Französisch gelernt,
programmiert, gezeichnet, geschrieben,
meine Finanzen in den Griff bekommen,
und ich habe weitere tolle Ideen,
die ich umsetzen will.
Mein Selbstvertrauen ist enorm.
Ich habe schon das Gefühl,
ich kann mit jedem Mädchen reden!
Ich bin derselbe Typ, der für seinen
Studienabschluss 2,5 Jahre länger gebraucht hat,
weil ich immer alles hinausgeschoben
hatte und depressiv war."
Ich schließe mit einem Wunsch:
Ich möchte sehen, wie
Zimbardos untergehende Männer,
ihre Betreuer und Experten
den Tausenden von Männern
zuhören, die uns
etwas über Erregungssucht sagen,
indem sie von ihr loskommen.
Danke fürs Zuhören.
(Applaus)