33C3 Vorspannmusik Herald: So. Viele spenden ihre Daten an dem Internet und wieviel, wie, welche Auswirkung haben diese Datenströmung auf unsere Gesellschaft wird uns heute Karl Urban darüber mehr erzählen. Karl ist ein Geo-Wissenschaftler, ein Wissenschaftsjournalist. Vor allem freier Journalist, ein Mitglied des Fachwerkschafts und auch ein Broadcaster. Er gewann in 2013 für seinen Blogpost einen Preis, des Highblogs des..., von Spektrum der Wissenschaft. Ja, erstmal. Wir begrüßen ihn alle mit einem großen Applaus. Applaus Karl Urban: Hallo. Schön, dass ihr alle da seid und nicht in Saal 1 beim Vorsitzenden der Europäischen Weltraumagentur. Freut mich sehr. LachenApplaus Ich sag das auch, weil ich auch gern da wäre, denn Raumfahrtthemen liegen mir auch sehr nah und die digitalen Themen aber auch. Und heute will ich über die Zukunft reden. Wer hat heute schon mal in sein Horoskop geschaut? Es gibt tatsächlich ein, zwei Meldungen, hätte ich nicht mit gerechnet. Ich hätte Lachen dann noch gefragt, wer jemanden kennt. Applaus Ja wir leben ja in Zeiten, in denen Krankenkassen homöopatische Medikamente zahlen, insofern sind solche Fragen durchaus legitim. Wer glaubt, dass wir die Zukunft vorhersehen können? Oder, anders gefragt, dass wir sie vorherberechnen können? Ah, es gibt ein paar, 20, 30. Das ist mein Thema heute. Also ich möchte über Orakel 2.0 reden. Und ganz zu Beginn, ein Disclaimer: Ich bin jetzt kein Coder, also ich hab mich in diese Thematik eingelesen. Ich bin Wissenschaftsjournalist, ich lese mich gerne sehr tief in die wissenschaftliche Literatur ein, aber ich hab mich vor allem auch mit den gesellschaftlichen Folgen dieses Themas versucht ein bischen auseinanderzusetzten und deswegen bin ich am Ende, wenn uns die Zeit reicht auch sehr dankbar über eure Gedanken zu dem Thema. Denn erschlagen werde ich das sicher nicht. Ein weiterer Disclaimer: Zukunft ist natürlich ein großes Wort und Vorhersage der Zukunft erst recht und letztlich ist sowas, wie die Zukunft der Gesellschaft vorauszusagen, ja auch nicht wirklich was Neues. Also es gibt in sehr großer Zeitskala sowas wie Klima- modelle, Technik-Folgen-Abschätzung, wo man ja versucht letztlich technologische Entwicklung in die Zukunft fortzuschreiben. Es gibt auch so etwas wie Wettervorhersage, was immerhin recht gut mittlerweile funktioniert, was auch mit Daten und Modellen zu tun hat. Es gibt einen Bereich der Wettervorhersage, der funktioniert eigentlich fast garnicht, nämlich die Gewittervorhersage. Das ist eigentlich nur im Bereich von Stunden möglich und basiert überhaupt nicht auf Wettermodellen, sondern vor allem auf der Erfahrung von Meteorologen, die Echtzeitkarten beobachten. Und die Big-Data-Vorhersage, mit der ich mich heute oder über die ich heute sprechen möchte, bewegt sich auch in diesem Bereich von mehreren Stunden bis wenigen Tagen. Also, kein Voodoo da. Monate, Jahre in der Zukunft, sondern sehr kurze Zeiträume. Wenn wir jetzt ein bischen zurückschauen als Erstes. Ja also Orakel sind wahrscheinlich so alt wie die zivilisierte Menschheit, haben immer eine große Rolle gespielt. Letztlich wollte der Mensch immer, war der Mensch immer darauf angewiesen, in die Zukunft zu blicken. Alleine zu verstehen wie so der Jahresablauf funktioniert, wann Felder überflutet werden. In den ersten Hochkulturen, im Zweistromland. All das hat erfordert, dass man so ein bisschen in die Zukunft blicken kann und einfach so den natürlichen Ablauf der Jahreszeiten von Überflutungsereignissen zu kennen. Die Griechen, die antiken Griechen, haben das dann bisschen in eine andere Richtung getrieben. Das Orakel von Delphi ist ja sicher so das bekannteste griechische Orakel und das hat eigentlich Politik gemacht oder bzw. sehr viele Herrscher der verschiedenen griechischen Stadtstaaten sind nach Delphi gezogen und das Orakel hat durchaus die auch mal gegeneinander aufgehetzt oder auch im eigenen Sinne die Mächtigen manipuliert mit Vorhersagen. Denn wer die Zukunft vorhersagt, kann sie natürlich auch verändern. Ich persönlich hab mich, wie gesagt, als Journalist, eingelesen in das Thema. Im Jahr 2011, als frisch gebackener, freier Wissenschaftsjournalist habe ich einen Artikel geschrieben über die EU-Flaggschiff-Initiative, das war eine Auschreibung der EU-Kommission für ein großes europäisches Forschungsprojekt, was sozusagen kurz davor stehen sollte einen großen Durchbruch hervorzurufen und da soll sozusagen die Führerschaft in Europa liegen. Jetzt nicht an US-Unis oder in China und da haben sich 6 Projekte beworben, die auch in eine Zielrunde gekommen sind und eins dieser Projekte war FutureICT. Ist es am Ende nicht geworden. Also, ihr wisst wahrscheinlich das Graphene-Projekt und das Human Brain Project haben am Ende dieses Geld gekriegt oder die laufen jetzt und bekommen jetzt das Geld. Das ging da um 1 Milliarde Euro über 10 Jahre. Also, das ist für ein Forschungsprojekt ne ganze Menge. Ja. Aber wie gesagt, ich hab damals FutureICT vorgestellt, als das Thema noch nicht, oder die Entscheidung noch nicht getroffen gewesen ist und der Gedanke dahinter, der hat mir schon imponiert. Also, so der Gedanke: Wir haben diesen exponentiellen Datenberg, der Menscheit. Ja, also jedes Jahr produzieren wir so viele Daten, wie von Anbeginn der Menschheit bis zum letzten Silvester produziert worden sind. Machen wir jedes Jahr ja wieder neu und wenn wir all diese Daten zusätzlich zu Sensoren, die wir, irgendwelche Apps, die wir entwickeln, die wir auf Smartphones installieren lassen - also die Menschen stellen freiwillig Daten aus der Umwelt bereit - und wir nutzen all das, was wir bekommen können, stecken das in so einen Living Earth Simulator und versuchen mal verschiedene Aspekte der Gesellschaft zu simulieren. Ja also, das Versprechen war jetzt nicht wirklich die Erde als solche zu simulieren aber bestimmte Aspekte, die interessant sein könnten und ein weiterer Gedanke von FutureICT war das ganze auch öffentlich letztlich zu machen. Also ein Vorhersagesystem zu haben, was Politiker nutzen können aber auch für alle. Das es letztlich kein Herrschaftsinstrument ist, sondern transparent ist am Ende. Und die Anwendungen, die da vorgeschlagen wurden, finde ich, klangen alle auch ziemlich legitim. Z. B, wir sind in einer Situation wo eine Naturkatastrophe oder eine Kette von Katastrophen eintritt. Also Fukushima war ja so ein Beispiel. Da gabs erst Naturkatastrophen und dann noch technische Probleme und in der Situation der japanischen Regierung zu sein und zu sagen: "Wie schütze ich jetzt meine Bevölkerung? Welche Entscheidung muss ich, kann ich jetzt treffen? Und wie reagieren Menschen auf diese Entscheidung?" Also wie reagiert die japanische Gesellschaft auf diese Entscheidung und welche Kaskaden kann das in Gang setzen? Wie wahrscheinlich sind welche Ereigniszweige in naher Zukunft? Und in solchen Situationen mag es sinnvoll sein so eine Vorhersage zu machen der Gesellschaft. Und gab viele andere Ideen, eine davon vielleicht fand ich auch ganz charmant. Wenn ein Gesetz verabschiedet wird im Parlament, ist ja immer die Frage, erreicht es das, was eigentlich die Autoren des Gesetzes erreichen wollten. Und auch das war so eine Idee, sozusagen, jetzt einen längeren Zeitraum sich anzukucken und Gesetzes-, die Auswirkungen auf die Gesellschaft zu simulieren. Und zumindest so eine Spannbreite der nahen Zukunft sehen zu können. OK. Und dann hab ich das Thema, wie gesagt, 2011 recherchiert und jetzt vor einem Jahr nochmal angefangen mich tiefer einzulesen und was seitdem passiert ist. Also FutureICT hat es ja nicht geschafft. Das ist gegipfelt in einer Sendung für den Deutschlandfunk, einer halbstündigen Sendung, die jetzt im Oktober gesendet wurde. Und das, was ich da vorgestellt hab, da will ich jetzt kurz nochmal in etwas größerer Tiefe reinschauen. Also ein Beispiel, was ich gefunden hab, das ist ein bischen älter und noch relativ einfach. Das ist eine israelische Informatikerin, die mit ihrer Firma so einen Vorhersagealgorithmus entwickelt hat. Letztlich einen selbstlernenden Algorithmus, der einfach nur das Nachrichtenarchiv der New York Times der letzten Jahrzehnte analysiert und darin Kausali... , ne nicht, eben nicht Kausalitäten sondern Korrelationen sucht. Also, irgendwelche Ereignisfolgen, die statistisch häufiger auftreten als Andere und dann die aktuelle Nachrichtenlage beobachtet und im Zweifel Echtzeitwarnungen ausgibt für politische Ereignisse. Das eine Beispiel, was Kira in ihrem TED-Talk hier von 2014 gebracht hat, war es gab so ne komische Folge von Dürreereignissen in afrikanischen Staaten in dem Fall. Wenige Jahre später von Überschwemmungen und dann gab es wieder wenige oder ein Jahr später eine Choleraepidemie. Was nicht sonderlich überraschend ist, aber in dem Fall gabs so eine Warnung für Kuba. Und Kuba ist so ein Land wo es seit über 100 Jahren eigentlich keine Cholera mehr gegeben hatte. 2013 gabs tatsächlich eine große Choleraepidemie. Also, war so ihr Positivbeispiel, dass diese Warnungen durchaus was bringen können. Ja, das war so ein kleines Beispiel, wie so was anfängt. Ja dann gabs ja auch 2011 den arabischen Frühling. Wenn man nach Literatur zum Thema Arab Spring / Social Media sucht, sieht man das ist, das wurde letztlich sehr gut beforscht. Also es ist letztlich der perfekte Lerndatensatz gewesen. Auch weil ja soziale Medien einfach auch eine entscheidende Rolle gespielt haben, dass sich Menschen zu Protesten verabreden können und... genau, da kann man wirklich in den Daten beobachten, wie solche Proteste spontan entstehen. Und ja, ein bischen weiter entwickeltes System ist EMBERS. Das ist an mehreren, also wird entwickelt von mehreren US-Universitäten, die bekommen ihr Geld von der IARPA. Das ist so eine Art Forschungsfinanzierer in den USA für Geheimdienstaufgaben. Die Ausgaben..., die Ergebnisse, die man jetzt hier sieht, also das ist für Proteste, die es in Venezuela gegeben hat und das soll hier zeigen: ja, da wo wir sie vorhergesagt haben, fast an allen Orten sind sie dann auch aufgetreten. Diese Warnungen werden, also es gibt da auch Warnungen letztlich, die ausgegeben werden, die werden aber nicht veröffentlicht. Sondern letztlich den US-Diensten zur Verfügung gestellt. Wie funktioniert EMBERS? Also auch selbsternender Algorithmus, der halt jetzt nicht nur Nachrichten und Blogs untersucht, sondern auch geolokalisierte Tweets und Facebookposts aus diesen Ländern und Städten und der dann solche Warnungen ausgibt. Also hier in dem Fall: Protest in Venezuela. Wer ist dabei? Arbeiter, Businessleute. Es gab schon vorher Warnungen diesbezüglich. Die Proteste, die es geben wird sind statistisch signifikant. Also deutlich stärker, als das was man vorher beobachtet hat und auch was die wollen. Ja also, das ist das, was das Tool durch letztlich semantische Auswertung von Texten, die gepostet werden, macht und dann für die nahe Zukunft ausgibt. Kann man sich auch logisch überlegen, also es ist kein wirklicher Voodoo dabei. Wenn jemand schreibt: "Ich geh morgen auf ne Demonstration.", in einem Tweet, dann kann man dieses morgen und Demonstration, vielleicht noch den Ort natürlich rauslesen. Und wenn es viele Leute twittern, klar sagen: "Da wirds einen Protest geben!". Alles eigentlich auch noch einigermaßen primitiv. Das schöne an EMBERS ist, US-Geheimdienstfinanzierer aber doch US-Unis auch. Das heißt, die publizieren ihre Ergebnisse und die tun sich aber ein bischen schwer dann das auch kritisch zu bewerten, was sie machen. Also, da schreiben sie schön, das kann ja da helfen, dass Regierungen die Sorgen ihrer Einwohner ernst nehmen können, priorisieren können. Vielleicht um sicher zu stellen, dass der Schuh gar nicht mehr so stark drückt, weil sie einfach direkt gegensteuern können. Aber natürlich, man könnte das auch missbrauchen. Ne? Das ist hier aus dem letzten Absatz aus dem Paper. Also ich find, relativ wenig selbstkritisch. So. Das ist der aktuelle Stand gewesen, bis vor zwei, drei Jahren. Letzlich brauchte man unzensierten Zugriff auf soziale Netzwerke. Natürlich muss man solche Vorhersagen auch immer mit der Realität abgleichen. Das ist letztlich, ja eine automatische Aufgabe. Also wenn man jetzt sagt, mit 80%iger Wahrscheinlichkeit wird es zu Protesten kommen, muss man natürlich nach der Vorhersage kucken, ist es auch eingetreten und letztlich immer die Vorhersagen an das anpassen, was man vorhergesagt hat. Und natürlich muss man bei solchen semantischen Auswertungen, von Tweets zum Beispiel, auch immer den wandelnden Kontext der Daten sich ankucken. Also wenn wir plötzlich eine Zensur haben in dem Land und die Leute plötzlich einen Code verwenden um sich zu Protesten zu verabreden, dann kann das natürlich sein, dass so ein Tool auch nicht mehr funktioniert. So. Also. Ist das wirklich so? Ja also, brauchen wir das? Nicht ganz. Ja das ist jetzt ein Ergebnis, dieses Jahr im Sommer in Science publiziert, von einer Gruppe an der University of Miami. Und die haben ein bisschen versucht bisschen Extremismusforschung eigentlich zu machen. Die wollten mal sehen, wie Islamisten vom Islamischen Staat in sozialen Netzwerken eigentlich sich so organisieren. Weil die ja offenbar eine Rolle spielen, sich global zu organisieren. Und das ist auf Facebook und Twitter relativ schwierig, weil da die automatischen Filter ziemlich gut funktionieren und wahrscheinlich auch die juristischen Hürden hoch sind. Deswegen gibts da ein großes Interesse, dass sofort zu reglementieren. Also da gibts einfach keine Daten, die man analysieren kann. Und deswegen haben die sich VKontakte angekuckt, das ist ja auch eines der größeren sozialen Netzwerke, was in Russland beheimatet ist. Auch in Russland sind islamistische Postings, werden da natürlich zensiert und sind staatlich nicht gern gesehen. Aber die Moderation ist nicht ganz so hinterher. Deswegen gibt es immer Zeiträume wenn man diese Daten rechtzeitig abgreift, in denen sich kurzzeitig islamistische Gruppen dort bilden und ausgetauscht haben und was die gemacht haben, also was man hier sieht: Da ist Y-Achse, da steht Escalation Parameter. Ist nichts anderes als die haben gezählt wieviele Posts es in einem bestimmten Zeitraum gegeben hat und neue Gruppen, die sich gebildet haben, bevor dann wieder gelöscht wurde. Ja es ist letztlich nur aufaddiert, wie groß die Aktivität ist und was dabei..., was sie gesehen haben ist, dass es wenn die Aktivität sehr stark ansteigt, es einen Zusammenhang gibt zu realen Ereignissen. Das haben sie nicht nur in Syrien in dem Fall bemerkt. Also da sieht man diesen starken Anstieg und dann kurze Zeit später dieser rote Strich, das war die erste Offensive auf Kobane in Syrien. Vom islamischen Staat. Das ist eine mathematische Beziehung, die man da beobachtet, die Physiker auch aus der Thermodynamik kennen. Nämlich wenn man eine Flüssigkeit erwärmt, wird die immer heißer und ab einem bestimmten Punkt, nämlich bei Normaldruck bei 100°, gibt es einen Phasenübergang. Das heißt die Flüssigkeit wird nicht mehr wärmer. Es gibt nen steilen Anstieg und ab dem Zeitpunkt kocht das Wasser und das ist sowas wie..., was man auch in sozialen Systemen beobachtet. Ist in der Theorie nichts neues, ist aber jetzt messbar. Und wenn man diesen Verlauf sich sozusagen ankuckt, ist auch der Zeitpunkt, zu dem ein Ereignis eintreten wird in naher Zukunft erkennbar. Und das. Genau. Das haben die hier gesehen. Das andere Beispiel ist aus Brasilien. Einschränkend dazu gesagt: Also das ist wirklich letztlich Grundlagenforschung an diesen sozialen Daten. Ist ein Bereich der Physik. Die Soziophysik, die sich mit dem Verhalten von größeren Menschengruppen beschäftigt. Diese Modelle, die man da rein legt, die aus der klassischen Thermodynamik kommen, funktionieren aber nicht in jedem Fall. Das gibt, kann man nicht in jedem Fall beobachten. In dem Fall muss es eine selbstorganisation geben. Also letztlich, was in sozialen Netzwerken öfter passiert. Also keiner der jetzt sagt: "Wir müssen jetzt, wir müssen jetzt aktiv werden.", sondern das muss aus dem System heraus entstehen. Dann kann man solche Vorhersagen machen. Was die Soziophysiker aber auch sagen ist, die Gesellschaft ist natürlich kein Topf mit heißem Wasser und die Phasen, die eine Gesellschaft hat, die Aggregatzustände, das ist halt nicht nur fest, flüssig und gasförmig. Sondern die sind deutlich höherdimensional, was auch immer das heißt. Und letztlich stehen sie da am Anfang. Aber die Daten haben wir. Man kann jetzt sozusagen Sozialforschung Babyweinen aus dem Raum machen auf ähnlichem Niveau wie Naturwissenschaftler. Babyweinen aus dem Raum Ok, so viel zum ersten Teil. Also wir sehen: kollektives Verhalten wird in sozialen Daten abgerufen. Es gibt die Methoden das zu analysieren, auch wenn es sehr große Datenmengen sind und es gibt kollektive Handlungen in Gesellschaften, die physikalischen Regeln folgen. Die wir noch nicht alle kennen, aber das fängt an. So. Und im Vortrag über die Zukunft muss ich jetzt anfangen zu extrapolieren. Also das ist der Teil, wo ich mich selbst ein bisschen schwer getan habe. Ich weiß nicht wer von euch 2016 "1984" mal wieder aus dem Regal gezogen hat. Ich hab mich auch bemüßigt gesehen das mal wieder zu lesen. Auch bei dem Thema fand ich, gabs durchaus Parallelen. Also eine der Lehren, wie gesagt, kollektives Verhalten lässt sich kurzfristig vorhersehen. Man muss natürlich immer kucken, was Vorhersage bedeutet. Ne also, das ist hier eine Grafik vom deutschen Wetterdienst für Wettervorhersagen. Es gibt immer einen Punkt, da hat man die Daten gemessen. In der Regel, jetzt, im besten Fall und jetzt rechnet man einfach mal unter verschiedenen Randbedingungen in die nahe Zukunft. Und dann fangen, wenn man verschiedene Modelle rechnet, an sich so zufällige Effekte immer mehr durchzusetzen und am Ende hat man eine bestimmte Spannbreite möglicher Zukünfte. So ist die Idee. Jetzt kann man natürlich das jetzt erstmal positiv sehen, letzlich, die Vision auch von FutureICT. Es gibt so ne, das ist hier so ein Werbevideo von FutureICT gewesen für die Eu-Kommission, die das damals entscheiden sollten. Man sieht so einen lichtdurchfluteten Kontrollraum. Man sieht letztlich weise Forscher und Politiker, die da mal Fragen welche Auswirkung bestimmte Entscheidungen haben können. Eigentlich ganz toll, für die Gesellschaft. Die Gesellschaft hat ja, ist ja komplex. Ja? Wenn wir uns die Weltgesellschaft ankucken, wir haben so eine Überlagerung verschiedener Krisen. Wir haben letztlich viele Technologien, die schnell auch nicht mehr funktionieren und Kaskaden, die sich in Gang setzen können wenn ein Teil nicht mehr funktioniert. Und deswegen, klar, ist es eine tolle Idee. Wenn man jetzt sagt: "Ich will eigentlich nicht die Zukunft der Gesellschaft vorhersagen, weil ich sie nicht manipulieren will.", kann man natürlich auch sagen: "Ich nutze so ein Instrument, um die Resilienz zu erhöhen." Also letztlich, sagt man bei komplexen Systemen, Resilienz bedeutet, wenn es irgendwelche Störungen gibt, will ich... soll das System in sich stabil bleiben und auch dafür ist es natürlich gut solche Modelle laufen zu lassen für die Gesellschaft. Beim arabischen Frühling wurde aber oft auch gesagt, politische Experten haben das jetzt nicht so vorhersehen können und vielleicht ist das jetzt das Ende der politischen Experten. Also wenn wir solche Vorhersagen machen können in Zukunft, brauchen wir eigentlich noch politische Experten? Wahrscheinlich brauchen wir eher politische Experten, um die Vorhersagen oder die Datenströme zu analysieren. Da komme ich gleich zu. Aber letztlich ist natürlich so ein Tool für die nahe Zukunft, jetzt aus der Sicht eines Politikers, der nicht so richtig in die Details schauen kann, erstmal Voodoo. Ja, das was Orakel immer waren und natürlich letztlich gemäß diesem tollen Artikel von Sascha Lobo. Dieser Technikaberglaube, der erstmal kommuniziert wird. Also wir können die Zukunft der Gesellschaft vorhersagen und das müssen wir irgendwie letztlich klarmachen, dass das alles vielleicht doch nicht so einfach ist. Ein Beispiel dazu: Google Flu Trends. Können sich sicher noch einige dran erinnern. War ja so ein Tool von Google, was einfach Suchergebnisse ausgewertet hat und die Symptome, die Leute gegoogelt haben, Grippesymptome letztlich, verwendet haben um sowas wie eine Vorhersage des aktuellen Grippezyklus vorherzusehen. Was ein paar Jahre funktioniert hat und plötzlich nicht mehr, weil es Umstellungen bei Google gab und die Suchergebnisse das nicht mehr so ganz widergespiegelt haben. Das heißt, auch wenn solche Korrelationen ein paar Jahre gut gehen, kann es irgendwann nicht mehr gut gehen. Und das ist vielleicht in der Vorhersage selbst erstmal gar nicht ersichtlich. Und der entscheidende Punkt, den ich grad schon angedeutet habe, ist natürlich: In dem Moment, wo ich Vorhersagen mache, kann ich natürlich zu einem bestimmten Zeitpunkt. Da relativ früh sagen, ich will jetzt nicht dass das am Ende hier so hochspringt. Also zum Beispiel, dass sich die Leute zu einer Demonstration verabreden. Das heißt, ich muss, wenn ich so eine Vorhersage gemacht habe, einfach nur im richtigen Zeitpunkt gegensteuern. Wie auch immer ich das mache. leise Babygeräusche Ja, das ist ein Zitat aus "1984": "Wer die Vergangenheit kontrolliert, kontrolliert die Zukunft". Was George Orwell nicht voraussehen konnte, letztlich ist: Wir sind heute quasi in der Lage die Gegenwart zu kontrollieren, indem ich zum Beispiel soziale Netzwerke manipuliere. Und es wird ja auch bereits gemacht, ist jetzt überhaupt nichts neues. Ja also, wenn wir nach China kucken. Das ist aus einem Paper von 2013, da haben ein paar US-Sozialforscher, die chinesische Great Firewall und die Maßnahmen der chinesischen Zensur sich angekuckt. Kann man ja analysieren von außen und teilweise auch..., die hatten auch Daten von innen. Und die haben festgestellt, also die haben sich angekuckt, wo wird zensiert. Hier ganz rechts auf der Achse wird sehr stark zensiert, wird sehr stark gelöscht und bei 0 wird eigentlich, das sind relativ kleine Eingriffe und es gibt sogar sowas wie positive Eingriffe. Also letztlich wo Postings verstärkt werden. Und die schärfste Zensur gabs garnicht unbedingt in Momenten, wo Leute was gegen das Regime gesagt haben. Die hat man in der Regel einfach in Ruhe gelassen. Sondern in dem Moment, wo sich Leute zu kollektiven Aktivitäten verabreden. Also gerade da, wo so eine soziale Dynamik in Gang kommen könnte, da wird ganz massiv eingegriffen. Was im Fall von China zumindest im Jahr 2013 sicher noch sehr viel manuelle Arbeit hervorgerufen hat. Wir bewegen uns jetzt in eine Richtung, wo sowas wahrscheinlich zunehmend automatisch funktionieren kann. Wie sieht es bei uns aus? Die Daten liegen ja letztlich überwiegend in privaten Händen. Bei den sozialen Netzwerken zum Beispiel. Und es existiert aber gleichzeitig, das haben ja auch die Macher von FutureICT gesagt, ein sehr großes Interesse solche politischen Vorhersagen der Gesellschaft zu machen. Und dieser Artikel hier: "Ich habe gezeigt, dass die Bombe existiert, dass es die Bombe gibt", ist ja hier im Kongress auch schon viel zitiert worden. Will ich jetzt nicht mehr viel zu sagen. Und auch wieder zerlegt worden, man muss natürlich erstmal nach den Hinweisen kucken. Kucken ob die Belege existieren, dass letztlich es soziale Vorhersagen und soziale Beeinflussung von außen gegeben haben könnte. Was man aber, wenn man jetzt nach Deutschland kuckt, beobachten kann ist ja tatsächlich, es gibt einen politischen Druck auf soziale Netzwerke. Unter dem Schlagwort "Hate Speech", unter dem Schlagwort "Fake News" und die Frage ist, wo es hin führt. Wo wir vielleicht aber auch aufpassen sollten, ist die Frage: Ist es die Wahlmanipulation, die vielleicht, es ist ja letztlich nicht bewiesen, von Russland ausgeht? Ist das jetzt die neue Qualität? Wenn wir in die nahe Vergangenheit kucken, sowas wie Beeinflussung von Wählergruppen oder letztlich die Auswahl bestimmter Wählergruppen, um die zum Wählen zu bringen, ist eigentlich nicht neu und wurde auch von anderen politischen Kräften gemacht als jetzt von den Republikanern. Und deswegen wäre ich da auch vorsichtig irgendwohin mit dem Finger zu zeigen. Ja. Also am Ende wirds ein bischen schwammig. Ich hab ein paar Fragen oder Gedanken zum Schluss. Soziale Vorhersagen, wer auch immer sie macht, sind letztlich ein Machtinstrument. Also wenn das ein Algorithmus für den US-Geheimdienst macht, ist es sicher auch eine Möglichkeit Wahlen in anderen Staaten zu beeinflussen. Und ja letztlich wäre es wahrscheinlich eher an der Zeit, sobald sie aufkommen, wenn sie nicht schon existieren, Big Data-Vorhersagen zu entzaubern. Und zu sagen, das ist ein Mittel, was wir nutzen können aber letztlich müssen wir damit sehr aufpassen. Husten aus dem Raum Das Thema Propaganda vs. Fake News, auch da wo man anfängt. Wo fängt man an und wo hört man auf? Also das haben auch mehrere Forscher mir gesagt in dem Bereich. Ist die Propaganda der AFD jetzt schlecht? Ist die der CDU schlecht? Oder der CSU? Genau. Also meine Gedanken dazu letztlich, was diese Beobachtung sozialer Dynamiken und Beeinflussung bestimmter Teile, die wir jetzt bei den US-Wahlen gesehen haben, hing ja mit dieser starken Polarisierung auch zusammen und da wärs vielleicht mal an der Zeit auch diese Filterblasen zu durchstechen. Und ja, das zum politischen Bereich. Generell, wenn wir in die Zukunft blicken. Das ist wieder ein Zitat, da gehts letztlich um die griechischen Orakel: Es zählt nicht das Eintreffen der Vorhersage, sondern die Aktion, die jene hervorrufen wird. Also mit welchem Ziel wird eigentlich eine Vorhersage von Anfang an generiert. Und ich würde sagen, heute kann man schon sagen, die Zukunft hat eigentlich vier Seiten. Es gibt deine Prognose, ihre Prognose, die Zukunft (tm) und das, was wirklich passieren wird. leises Lachen Insofern vielen Dank fürs zuhören. Applaus Herald: Vielen Dank für den interessanten Vortrag. Bitte für die Leute, die uns verlassen, wenn... möglichst von dieser Tür, von rechter Seite. Ansonsten, wenn es noch Fragen gibt, bitte zu den Mikrophonen. Ich sehe 2. Wir fangen bei dir an, ja. Fragesteller: Ja, ich wollte mal fragen, kennst du eigentlich Project Cybersyn? Also wenn du das Foto... Du hattest ja vorhin das Foto von diesem Steuerraum von FutureICT und das hat mich sehr erinnert an Project Cybersyn. Das war damals unter der Regierung von Allende in Chile. Die wollten so einen Sozialismus bauen, basierend auf den technischen Möglichkeiten, die gerade so in den 70er Jahren aufkamen mit Computern alles zu steuern und sich alle Daten aus dem ganzen Land in so eine Steuerzentrale übermitteln zu lassen. Wo dann die Weisen sitzen, um dann das Land zu lenken. Also das vielleicht so für dich als weiteren Rechercheansatz, weil das auch ein schöner historischer Vergleich ist dazu. Karl Urban: Aber letztlich nicht mit digitalen Mitteln damals, oder? Wahrscheinlich. Fragesteller: Ja gabs da noch nicht so wirklich. Da wurden Daten noch mit Telex übermittelt. Herald: Ok. Frage von dieser Seite. Fragesteller: Hast du mal den Foundationzyklus von Asimov gelesen? Und wenn ja, wie nah hast du dich da dran gefühlt, mit deiner Forschung? Karl Urban: Ich bin vor dem Vortrag nach Asimov gefragt worden. Den Zyklus hab ich leider noch nicht gelesen, sonst hätte ich wahrscheinlich auch daraus was verwendet. Fragesteller: Dann empfehle ich das jetzt. Karl Urban: Ok. Herald: Vielen Dank. Vielen Dank nochmal. Ich denke wir haben keine Zeit mehr für weitere Fragen. Vielen Dank. Applaus Abspannmusik Untertitel erstellt von c3subtitles.de im Jahr 2017. Mach mit und hilf uns!