Es hat mir eine
würdevolle Existenz ermöglicht.
Früher war ich abhängig von meinem Mann.
Aber durch das Grundeinkommen
hat sich das geändert.
Wenn ich gute Kleidung herstelle,
dann verkaufe ich sie
und ich fühle mich gut dadurch.
Dann habe ich auch etwas dafür getan.
Guten Abend, willkommen bei Panorama.
Vergessen Sie alles, was Sie bisher
über Arbeit und Einkommen dachten,
wir schlagen eine
neue Seite auf
und machen einen anderen Vorschlag:
Das Grundeinkommen für alle.
Was wäre, und das ist kein Witz,
was wäre, wenn in unserem Land
jeder Bürger ab 18 Jahren monatlich
1500 Euro vom Staat bekommen würde?
Wer mehr Geld möchte, kann neben
dem Grundeinkommen noch arbeiten,
wem der Betrag reicht, der kann
andere schöne Dinge unternehmen.
Wir streichen jedoch alle Zahlungen
wie Sozialhilfe, Rente,
Arbeitslosenhilfe usw.
Einfach 1500 Euro pro Monat für jeden.
Völlig bedingungslos und
bis ans Ende Ihrer Tage.
Wahnsinn, denken Sie jetzt wahrscheinlich.
Dann bleiben Sie auf jeden Fall dran.
Sie können dann sehen,
dass die Schweizer ein Referendum
über das Grundeinkommen geplant haben
und dass es in der Praxis bereits besteht.
Unter anderem in einem Dorf in Namibia.
Reportagen von Alina Kneepkens
und Jozef Devillé.
Unser Land steht still, wir brechen
Weltrekorde, wenn es um Staus geht,
einer von zehn belgischen Arbeitnehmers
sitzt zu Hause mit einem Burnout
und nirgendwo anders als in Belgien
schlucken so viele Leute
Antidepressiva und Schlafmittel.
Wir arbeiten uns kaputt,
aber eine Regierung nach der anderen
fragt nach stets größeren Anstrengungen,
denn wir müssen noch härter arbeiten
und der Staat muss sparen.
Die Regierung will auf jeden Fall
ihr Haushaltsziel erreichen.
Hier wären eher Maßnahmen angesagt
zur Neuordnung des Haushalts.
Und jetzt müssen wir erst einmal sparen.
Flandern hat kein Geld und
der Bund auch nicht.
Der Kraftaufwand ist groß und
wird noch größer werden.
Das ist die Wahl, die wir treffen.
Es herrscht das Gefühl, dass viele
nicht mehr mitkommen
und dass auch die Mittelschicht
allmählich ausgesaugt wird.
Die Unruhe bei der arbeitenden
belgischen Bevölkerung ist groß.
Oft hören wir,
dass es keine Alternative gibt,
wir können nicht anders als sparen.
Eine Idee, um die Verteilung von
staatlichen Zuschüssen zu reformieren,
scheint sowohl die politisch linke als
auch rechte Seite anzusprechen.
Es geht um eine Mindestzahlung
bekannt als garantiertes Grundeinkommen.
Wie würde die Welt aussehen,
wenn jeder ein Einkommen hätte,
selbst wenn er keine Arbeit fände?
Eine Utopie in der
Jedermann bezahlt wird?
Die Schweiz ersetzt womöglich
ihre bisherige Armutspolitik
durch ein bedingungsloses Grundeinkommen.
Ein bedingungsloses Grundeinkommen,
was ist das?
Genau das, was der Begriff umschreibt,
dass jeder ab 18 Jahren,
unabhängig von Geschlecht oder
heutigem Gehalt,
von der Regierung
ein Grundeinkommen erhält.
Unabhängig, ob man einen Job hat,
studiert oder zu Hause bleibt,
um für die Kinder zu sorgen,
jeder bekommt dasselbe, um für
seine Grundbedürfnisse sorgen zu können.
Neben dem Grundeinkommen darf jeder so
viel arbeiten und verdienen, wie er will.
In Belgien arbeiten seit den 80er Jahren
verschiedene Menschen
am Grundeinkommen.
Damals gründete Philippe Van Parijs
eine Arbeitsgruppe
unter anderem zusammen mit
Guy Standing und Roland Duchâtelet.
Duchâtelet kennen wir noch von Vivant,
heute aber vor allem als Eigentümer
verschiedener Fußballvereine.
Francine Mestrum ist eine der wenigen,
aber sehr entschiedenen Gegner.
Psychiater Dirk de Wachter und Sarah van
Liefferinghe von der Piratenpartei
sehen die Vorteile im Wohlbefinden
des Menschen.
Wir sehen sehr viele
Menschen gefangen
in der Tretmühle von mehr arbeiten,
härter arbeiten, länger arbeiten,
damit wir mehr konsumieren können
und damit die Wirtschaft wächst.
Aber wir und viele andere fühlen,
dass uns dieses Modell frustriert,
dass es uns erschöpft und
emotional auslaugt.
Vielen Menschen wird die Arbeit zu viel,
es wird zu schwierig, sie kommen zu mir:
"Doktor, hilf mir, ich kann nicht mehr".
Und helfen als Arzt bedeutet, ein Attest
über Arbeitsunfähigkeit ausstellen.
In den letzten 10 Jahren
ist die Zahl derer,
die langfristig arbeitsunfähig sind
um 50 % gestiegen. Wir müssen da
mal ganz grundsätzlich drüber nachdenken
und das Grundeinkommen ist eines der
grundsätzlichen Dinge,
welches hier einen Anstoß geben kann.
Wir müssen jetzt ein
Grundeinkommen einführen.
Denn durch die Globalisierung, die in den
80er Jahren angefangen hat,
hat sich das Arbeitsangebot in der Welt,
die Anzahl der Menschen auf dem globalen
Arbeitsmarkt vervierfacht.
In den vergangenen 30 Jahren kann man
also von einem Abwärtstrend
unser tatsächlichen Löhne sprechen.
Der britische Ökonom Guy Standing
hat das bisher größte Experiment zum Thema
Grundeinkommen geleitet.
In Indien erhielten 20.000 Menschen zwei
Jahre lang ein echtes Grundeinkommen.
Über die verblüffenden Resultate
berichtet er in der ganzen Welt.
Kürzlich war er noch zu Gast in Brüssel
auf Einladung des ehemaligen
EU-Beauftragten
für Arbeit und Soziales, Laszlo Andor.
Vielen Dank.
Das Schlimmste wäre ein Zurückfallen in
alte Standards.
Professor Standing war lange bei der
Internationalen Arbeitsorganisation tätig.
Heute erzählt er in seinen Büchern
über die wachsende Unterschicht in
unserer Mitte
und was er mit seiner Wortneuschöpfung
das Prekariat nennt.
Das Prekariat besteht aus vielen
Millionen Menschen,
die unsicheren Arbeitsverhältnissen
ausgesetzt sind.
Ohne zu wissen, wohin es geht. Sie bauen
keine berufliche Zukunft auf.
Es ist ein Trend seit den 80er Jahren,
seit Thatcher und Reagan
und nach 30 Jahren 'Geiz ist gut'
wird es jetzt Zeit für etwas anderes.
Andere Modelle, jetzt!
Investiert in Menschen statt Waffen/
Michel, marche arrière ou à la guerre
SCHWEIGEN und ARBEITEN!
Spart nicht an unserer Zukunft!
Härter? Schneller? Länger?
Wie Maschinen?
Und diese Unsicherheit verursacht
sehr viel Stress.
Das Prekariat geht oft gebückt
unter der Androhung
einer unaufhaltsamen Schuldenlast.
Ein Missgeschick und
sie stehen auf der Straße.
Wir sind heute, den Ländern nach,
zwei- bis dreimal reicher
pro Kopf als in den glorreichen
60er Jahren
und wir haben es immer noch
zu tun mit einer
enormen Arbeitslosigkeit.
Menschen, die Angst haben um ihren Job
und wir sind zwei- bis dreimal reicher.
Das ist doch total aberwitzig, was wir
hier machen.
Armut löst man mit einem Einkommen,
also muss man armen Menschen eine
Unterstützung geben, die hoch genug ist,
was heute jedoch nicht der Fall ist.
Und da haben die Befürworter des
Grundeinkommens völlig recht,
arme Menschen brauchen ein Einkommen,
von dem sie würdig leben können.
Um mit eigenen Augen zu sehen,
was ein Grundeinkommen
mit Menschen in Armut macht,
sind wir nach Namibia gereist,
ein Land voll großer Gegensätze.
Die gigantischen Einkünfte
aus dem Diamantexport
stehen in krassem Gegensatz
zu der gefährlichen Situation,
der Menschen in Armut ausgesetzt sind.
Otjivero ist eine arme Siedlung
in der Wüste,
deren Bewohner wirklich gar nichts hatten.
Wir waren arm in Otjivero.
Bettelarm.
Aber durch das Grundeinkommen hatten wir
genug, um zu essen und zu schlafen.
Otjivero wurde im Jahr 2009 ausgewählt
für ein Experiment,
bei dem alle 930 Einwohner
jeden Monat 100 namibische Dollar bekamen,
ungefähr 7 Euro pro Person.
Bedingungslos, die Menschen
hatten selbst die Freiheit,
um zu beschließen, was sie
mit dem Geld machen.
Es gab vor allem Häuser aus Plastik
und Kartons,
in denen die Menschen wohnten.
Und durch das Grundeinkommen
sah man 6 Monate bis ein Jahr später,
wie sich das Gesicht von
Otjivero veränderte.
Der namibische Kirchenrat, verschiedener
Gewerkschaften und NGO's
sorgten für das Kapital dieses
außergewöhnlichen Projekts.
Priester Wilfred Diergaart
und Bischof Zephania Kameeta
suchten Otjivero als ideale Siedlung
für dieses Experiment aus.
Dieses Stück Niemandsland
in der Wüste
wird durch unterschiedliche ethnische
Gruppen bevölkert.
Die Wissenschaftler Claudia und
Dirk Haarmann
haben vor Ort gründlich recherchiert
und in Zusammenarbeit mit der
Universität Kapstadt
die Ergebnisse analysiert.
Am Anfang erschienen 100 namibische Dollar
kein großer Betrag.
Wir dachten, er würde Menschen helfen bei
der Nahrungssicherung
und im Umgang mit dem täglichen
Leben in Armut.
Aber die Resultate waren überraschend.
Die Unterernährung im Dorf sank
von 42 auf 10 Prozent.
Es gab genug zu essen.
Aber die Menschen kamen auch in Bewegung
und nahmen ihr Leben in die eigenen Hände.
Es wurde ein Prozess des selbstständig
Werdens in Gang gesetzt.
Durch das Grundeinkommen
blühte mein Geschäft auf.
Ich bin Möbelbauer.
Ich mache Skulpturen und solche Sachen.
Wir dachten darüber nach, wie wir unser
Leben verbessern könnten.
Marie-Rose hat als Friseurin angefangen.
Sie verkauft auch Brot und Kekse.
Das ist mein Job.
Sie bezahlt mich dafür.
Kaufkraft heißt das,
denn sobald man Menschen Geld gibt,
können sie es auch ausgeben.
Die größte Erfolgsgeschichte, die ich
gesehen habe,
war die Errichtung einer Bäckerei
mit den Einkünften aus dem Basiseinkommen.
Ich heiße Frida.
Die Bäckerei ist jetzt autark.
Wenn man jemandem Geld gibt,
warum sollte er dann faul werden?
Ich bin nicht faul, ich habe wieder
Hoffnung bekommen
und jeden Tag eine Beschäftigung.
Wenn man jemandem Geld gibt, kann er
selbst entscheiden, was er damit tut.
Die Regierung gab uns nur Maismehl,
aber nicht jeder isst Brei.
Woher will man wissen, ob jeder
Maismehl essen möchte?
Nicht jeder isst das.
Man gibt ihnen Geld und sie beschließen
selbst, was sie damit kaufen.
Und das ist die Art und Weise, wie ein
Erwachsener etwas über das Leben lernt.
Es ist eine Erwachsenenpolitik im
Gegensatz zu einer bevormundenden Politik.
Aber warum benötigen wir ein
Grundeinkommen in Belgien,
wo wir doch schon so ein ausgebreitetes
Unterstützungssystem haben?
Naja, nur wenn man der König ist, bekommt
man einfach so Geld, bedingungslos.
Belgien hat in der Tat ein sehr gutes
soziales Auffangnetz,
aber es ist auch äußerst kompliziert.
Wenn man in Teilzeit arbeitet,
was teilweise möglich ist,
ist das weniger Geld als bei der
Unterstützung im Krankheitsfall.
Dafür wird man also bestraft.
Das ist besonders kontraproduktiv.
Das macht Menschen abhängig,
das nimmt auch jede Motivation weg,
mit einem niedrig bezahlten Job,
verdient man weniger,
als wenn man eine Unterstützung erhält.
Von daher ist eines der Hauptargumente
im belgischen und europäischen Kontext,
dass das heutige System eine Art Absturz
in die Armut,
einen Absturz in die Arbeitslosigkeit
verursacht, durch den Umstand,
dass die Auszahlungen an Bedingungen
geknüpft sind.
Wir haben es so weit gebracht,
dass wir Menschen bezahlen,
um zu kontrollieren, was eine nicht
arbeitende Person macht.
Das ist doch eigentlich wahnwitzig.
Mit einem Grundeinkommen braucht man
keinen großen Beamtenapparat mehr.
Im Moment kostet das Umverteilen von Geld
sehr viel Geld,
für Menschen, die damit eigentlich
unnötigerweise beschäftigt sind.
Oder die darum zumindest
ersetzbar sind.
Man könnte also die Umverteilung viel
effizienter machen,
einfach durch ein Grundeinkommen.
Und die Menschen müssten nicht betrügen.
Es gäbe gar nichts zu betrügen.
Wenn niemand betrügen kann, um
ein Grundeinkommen zu bekommen,
muss auch niemand kontrolliert werden.
Einer der Hauptbereiche
unseres Sozialsystems wäre so überflüssig.
Wer war da noch auf der Suche nach
Einsparungsmöglichkeiten?
Das Grundeinkommen ist eine Idee, die
nicht tot zu kriegen ist.
Es hat schon mit Thomas Payne
1975 angefangen.
Aber auch 1848 in Brüssel
schrieb der belgische Liberale Joseph
Charlier darüber in diesem Haus.
Der Vorschlag ist ein Vorschlag
zu einem echten bedingungslosem
Grundeinkommen.
Bescheiden, aber wirklich bedingungslos.
"Nur der Mensch, dessen materielle
Bedürfnisse abgesichert sind,
ist unabhängig.
Wer abhängig ist von anderen zur Sicherung
seiner Grundbedürfnisse, ist ein Sklave."
Vielleicht noch ein letzter Abschnitt,
der das Bestreben gut ausdrückt.
"Die Antwort auf das soziale Problem
ist so einfach wie bereichernd."
Dass eine einfache Idee, große
Folgen haben kann,
beweist auch dieses belgische Phänomen.
Danke. Gracias. Grazie.
Ach ja, mit 2000 Euro pro Monat bist du
für den Rest deines Lebens unbesorgt.
"Win for Life"
Sie dürfen unbesorgt sein.
2010 hab ich das Gewinnerlos gezogen
und ich konnte es erst gar nicht fassen.
Aber wenn man dann das Los bei ihr
in die Maschine steckt
und die Musik geht plötzlich los
dann denkt man plötzlich:
"Es ist wirklich wahr."
Dann sagte sie:
"Oh, Sie haben Glück,
denn der Betrag wird immer am
ersten des Monats ausbezahlt,
von übermorgen an bekommen
Sie also jeden Monat 2000 Euro
auf Ihr Konto überwiesen.
Für den Rest Ihres Lebens."
Wir nennen unsere Gewinnerin Anja.
Sie ist besorgt wegen des Stigmas,
dass sie nun für den Rest ihres
Lebens faul rumhängt.
Eigentlich arbeite ich mehr als
ich früher gearbeitet habe,
seit ich "Win for Life" habe.
Aber auch, weil ich es gerne mache.
Was ich als Selbstständige mache,
fühlt sich für mich nicht an wie arbeiten,
weil ich es gerne mache, aber hätte ich
"Win for Life" nicht gewonnen,
hätte ich nie die Chance bekommen,
zu tun, was mir Spaß macht.
Das ist großartig.
Diese Frau macht das mit Freude.
Sie ist frei und das ist
der eigentliche Punkt.
Ein Grundeinkommen ist
ein Freiheitsabkommen, aber
die Menschen das verstehen noch nicht.
Und wenn man sieht wie viel kollektives
Glück verschwendet wird,
dadurch, dass man sich
weigert darüber nachzudenken,
das ist unglaublich.
In meinem Vollzeitjob stehe ich
auch nicht mehr so unter Druck
wie früher.
Viele Menschen denken: "Ich muss den
Job hier behalten,
denn das ist alles, was ich habe."
Und bei mir ist das so: "Wenn ich den Job
verliere, ist das keine Katastrophe."
Was mir als Unternehmer
auch aufgefallen ist,
Menschen, die etwas gerne tun,
die machen das dann auch sehr gut
und die sind produktiver als Menschen,
die widerstrebend an die Arbeit gehen.
Das ist auch die eigentliche Funktion des
bedingungslosen Grundeinkommens
im Sinne des Humankapitals aller
Menschen.
Ich hätte niemals meine eigene
Firma gegründet ohne "Win for Life"
aus Angst zu scheitern oder
bankrott zu gehen.
Anja hatte vor ihrem Gewinn von
"Win for Life" auch mehr Sorgen.
Stell dir mal vor, mein Föhn ist kaputt.
Zum Beispiel in Bezug auf die Sicherheit
des baufälligen Hauses, in dem sie wohnte
und sie konnte auch nicht mit Hilfe
von zu Hause rechnen,
um eine solidere Wohnung zu kaufen.
Auch hätte ich nie davon geträumt,
in so einem schönen Haus zu wohnen.
Aber das war dann kein Problem mehr,
die Bank sah uns plötzlich gerne,
mit so einem Extra-Einkommen
von 2000 Euro.
Im Fall von "Win for Life" ist es
auch wirklich für das ganze Leben.
Aber das große Problem hierbei ist,
dass es einen enormen Unterschied macht,
ob es um 10 Menschen, 100 Menschen, 1000
Menschen oder 11 Millionen Menschen geht.
Doch was geht da im Kopf
von diesen 11 Millionen Belgiern vor,
wenn wir ihnen einfach so
völlig bedingungslos
die Möglichkeit bieten, 2000 Euro
im Monat zu erhalten.
Würden sie aufhören mit arbeiten?
Zweitausend ist eine ordentliche Summe.
Ich würde vermutlich nicht sofort weniger
arbeiten, meine Frau eventuell schon.
Man kann auf einmal öfter in
den Urlaub fahren. Einen Kurzurlaub.
Das würde das Leben angenehmer und
einfacher machen.
Vielleicht noch unser Haus umbauen?
Ich würde auch sparen. Ich würde es nicht
sofort ausgeben für extravagante Dinge.
Dann muss man nicht mehr für
jemand anders arbeiten.
Ich würde einen Laden oder so etwas
eröffnen und dann kündigen.
Alles Mögliche, einen Laden oder
ein Restaurant, alles Mögliche.
Ich sag Ihnen ganz geradeheraus, ich würde
es für gute Zwecke benutzen.
Kleine Projekte für Menschen, die auch mal
was machen wollen
oder für Minderbemittelte.
Waisenkinder, mit denen hab ich auch
viel Mitleid.
Darf ich jetzt frei rubbeln?
Diese Reaktionen bestätigen
die Erwartungen
des gesellschaftlichen Effekts eines
Grundeinkommens.
Es lässt einen nachdenken über Freizeit,
es macht selbstständiger und keiner
denkt ans faul herumhängen.
Leider nicht.
Schade.
Aber was denken sie über
die Einführung eines Grundeinkommens
für alle Belgier?
Keine schlechte Idee, aber ich glaub
nicht, dass es machbar ist.
Machbar ist das nicht.
Ich bin sensibel in Bezug auf Freiheit.
Das wäre ein fantastisches System,
wenn es das für jeden gäbe.
Und wenn jeder daneben selbst entscheiden
kann, was er will.
Sofort. Ich stimme dafür.
Wenn es jedem gut geht, gibt es auch
kein Elend.
Woher nehmen sie in erster Instanz
das Geld, denk ich dann.
Ich kann nicht so lang rubbeln,
ich muss noch Kartoffeln kaufen.
Wenn es ein Land gibt, mit genug
Geld für ein Grundeinkommen,
dann ist es die Schweiz.
Die Bürger im Land der Banken
stimmen im Jahr 2016 ab
über ein Grundeinkommen
für jeden Schweizer.
Eine Künstlergruppe
nennt sich selbst
"Generation Basic Income".
Sie sammelten mehr als 100.000
Unterschriften
und verpflichteten die Regierung
zu einer Volksabstimmung
basierend auf dem Schweizer System der
direkten Demokratie.
Für den Fall, dass mit "ja" gestimmt wird,
ist die Schweizer Regierung
durch das Grundgesetz verpflichtet,
das System
dann auch einzuführen.
Damit ist die Schweiz international
am dichtesten an der
Realisierung dieser Utopie.
Daniel Häni ist Unternehmer und der Mann
hinter "Unternehmen Mitte" in Basel.
Einer großen Kaffeebar in einem
ehemaligen Bankgebäude,
in dem jeder willkommen ist,
ohne die Verpflichtung zum Verzehr.
So eine Volksabstimmung ist ein
politischer Vorgang, aber
dabei kommt ja auch ein Produkt heraus,
nämlich dass Menschen sich Fragen stellen.
Und dann denken sie nach
und dann entsteht Bewusstsein.
Und in dem Kontext, haben wir auch
diese Geldausschüttung gemacht in Bern.
Das bedingungslose Grundeinkommen ist ja
eine Idee, die in einer Situation kommt,
wo alles da ist, in Hülle und Fülle.
Dies sind tatsächlich 8 Millionen
Schweizer Franken.
Mit dieser Aktion erregte "Generation
Basic Income" internationales Aufsehen.
Und dann stand man vor diesem Geldhaufen
und musste sich fragen:
"Ja, was fehlt eigentlich,
wenn alles da ist?"
Die Schweizer mögen vielleicht so wie es
immer heißt "neutral sein",
Enno Schmidt sagt ganz entschieden:
Ein Grundeinkommen ist sogar in einem
reichen Land wie der Schweiz
möglich und notwendig.
Ob jetzt bei der Abstimmung die Mehrheit
"ja" oder die Mehrheit "nein" sagt,
das ist uns natürlich sehr wichtig.
Natürlich wollen wir gewinnen.
Aber um zu verstehen, was Demokratie ist,
muss man sagen,
auch wenn die Mehrheit das Grundeinkommen
jetzt ablehnt,
dann ist das nichts anderes als das sich
zeigt, wo es steht. Und das ist gut.
Enno und Co haben noch einen langen Weg
vor sich mit ihrer Kampagne,
denn die Menschen auf der Straße, die
zweifeln noch.
Ich weiß es wirklich nicht momentan.
Es ist immer noch eine Abwägung.
Ich hab mir zu wenig Gedanken darüber
gemacht bisher,
um sagen zu können, okay, das ist so gut
oder es ist eher in die Richtung gut.
Ich bin wirklich unentschieden.
Im Zusammenhang mit dem
Grundeinkommen wird die Diskussion
darüber, was man wirklich machen möchte
in Gang gesetzt, oder?
Ich würde wirklich mal mir die Zeit nehmen
darüber nachzudenken,
ob das was ich mache, wirklich das ist,
was meinen eigenen Werten entspricht.
Grundeinkommen ist eine Entwicklung.
Realistisch betrachtet ist das was wir
jetzt machen Teil dieser Geschichte.
Es ist nötig, dass sich viele Menschen
mit dem Grundeinkommen auseinandersetzen
und das entwickelt schon die Kräfte, die
du auch brauchst für das Grundeinkommen.
Das kannst du sehen, wenn du das
Grundeinkommen denkst.
Viele Menschen haben nicht die Kraft
selber zu denken,
fallen immer wieder auf den Rücken, das
eine Argument dagegen, fertig aus.
Das muss entwickelt werden, also
Selbstständigkeit muss entwickelt werden,
andere Kräfte, die sich nicht
immer abstützen müssen.
Und dann bist du schon beim Leben
mit dem Grundeinkommen.
Gut, liebe Schweizer, so außergewöhnlich
seid ihr nun auch wieder nicht.
Auch in Europa können Bürger eine
Initiative starten.
Die europäische Bürgerinitiative
ist eine Initiative der
Europäischen Kommission.
Christina Lambrecht von der belgischen
Initiative für das Grundeinkommen
erklärt, wie das funktioniert.
Wir haben einen Text geschrieben
zum Grundeinkommen,
den haben wir der Kommission vorgetragen
und sie haben gesagt:
"Okay, macht mal."
Zuerst müssen wir die Minimalhürde von
sieben Ländern überwinden.
15 Länder haben sich der Kampagne schon
angeschlossen und sammeln Unterschriften.
In Belgien brauchten wir 16.500
Unterschriften,
wir haben 19500 können sammeln.
Als ich mich an das Ministerium wandte,
haben sie zu mir sehr freundlich gesagt:
"Gute Frau, wir können damit im
Augenblick nichts anfangen.
Im Moment stecken alle
im Wahlkampffieber.
Und die heutige Innenministerin",
ich nenne ihren Namen mal nicht,
das wäre nicht so nett,
"die legt das einfach in die Schublade
und da wird nicht mehr
nach geguckt."
Ich hab also bei mir zu Hause 19500
Unterschriften von all den Belgiern
aus Nord und Süd, die unsere
Initiative unterstützt haben
und deren Anliegen nicht gehört wird:
"Schaut, wir möchten, dass die
EU Kommission diese Idee behandelt."
Gut, dann zurück in die Schweiz.
Genau das Land, welches nicht
zur EU gehört
und in dem eine nationale Bürgerinitiative
sehr wohl verbindlich ist.
Tumasch ist biologischer Landwirt
in dem wunderschönen
Gebirgsgebiet Unterengadin.
Kannst du dir vorstellen, was passieren
würde, wenn es
ein bedingungsloses Grundeinkommen gäbe?
Was ist deine Haltung dazu?
Ich würde gewisse Freiheiten genießen,
die ich jetzt halt nicht habe.
Es gibt auch Auflagen
bei diesem Grundeinkommen.
Aber ich wäre trotzdem hier und denke
es würde noch besser laufen.
Was zum Beispiel?
Ich finde das die einzige Chance
für unser gestörtes Verhältnis,
besser gesagt,
unser gestörtes Finanzsystem.
Es ist wirklich ein soziales Problem,
das einer Lösung bedarf
und zur Zeit gibt es nichts Besseres als
ein bedingungsloses Einkommen, denke ich.
In der Schweiz ist diese Idee am Reifen,
aber wie sieht das bei uns aus?
Wir träumen zwar von
einer besseren Zukunft,
aber unser tägliches Tun und Lassen
wird noch beherrscht durch
festgefahrene Ideen.
Das Konzept der Arbeitswoche
ist ein verfehltes Konzept.
Das Konzept der Rente ab einem
bestimmtem Alter
ist eigentlich auch
ein verfehltes Konzept.
Und dann gibt es da noch die Roboter, die
werden immer besser in ihrer Arbeit
und sie bekommen keine Burnouts.
Roboter übernehmen schon einen großen
Teil unserer Arbeit
und dieser Anteil wird in Zukunft
noch um 47 % steigen.
Wir können es uns eigentlich erlauben,
jedem Geld zu geben
und die, die arbeiten wollen,
kriegen ein bisschen mehr
und die, die nicht arbeiten wollen,
die arbeiten nicht und machen,
was sie wollen.
Die Gesellschaft ist im Grunde reich
genug, um das zu tun.
Mit einem Grundeinkommen
bekommt wirklich jeder
das erste Mal in der Menschheitsgeschichte
die Wahl, welche Art von Arbeit
er verrichten möchte.
Endlich der flexible Arbeitsmarkt, nach
dem man schon lange strebt.
Also wenn man sagt "Arbeitsmarkt", sowieso
ein Unwort, da Menschen keine Ware sind.
Aber wenn man sagt "Arbeitsmarkt', macht
das Grundeinkommen endlich einen Markt.
Denn ein Markt besteht daraus, dass jeder
"ja" oder "nein" sagen. Also auch "nein".
Mit einem Grundeinkommen für alle
wendet man sich natürlich radikal
gegen den herrschenden Status Quo.
Freiheit hat Vorrang und die, die viel
arbeiten möchten, dürfen das
und die, die nicht arbeiten möchten,
dürfen das auch.
Power to the people.
Wer sollte da etwas gegen haben können?
Wenn Menschen die Wahl habe, sind sie in
der Lage eigene Entscheidungen zu treffen,
und können verantwortungsvolle,
demokratische Bürger werden.
Das ist nicht immer im Interesse der
Wirtschaft oder der Politik.
Das Grundeinkommen würde Arbeitnehmern
die Möglichkeit geben,
"nein" zu sagen zu unattraktiven Jobs.
Bei einer kürzlich geführten Debatte
über das Grundeinkommen
kommt man auch schnell
auf diesen Aspekt.
Das Grundeinkommen ist eine Grundlage,
eine Basis,
auf der man stehen kann,
sein Leben aufbauen,
kein Netz in dem man unter Umständen
gefangen bleiben kann.
Wenn man ein bisschen darüber nachdenkt,
sieht man, dass es nicht nur gerecht ist,
sondern auch besser für die Wirtschaft
und für die Gesundheit
unserer Gesellschaft.
Was ich eben schon gesagt habe
und worüber
wir auch einig sind,
denke ich,
der Arbeitsmarkt verändert sich merklich,
aber deswegen ein Grundeinkommen
einführen, das ist völlig sinnlos.
Francine Mestrum bleibt gegen
ein Grundeinkommen
auf Grund des liberalen Gedankens dahinter
und dem möglichen Zusammenbruch
des heutigen sozialen Schutzes.
Da warten Tausende Menschen,
die alle jegliche Arbeit annehmen.
Es gibt also nicht den Hauch einer Chance,
dass Arbeitgeber sagen:
"Wir bezahlen euch trotzdem."
"Oh, Sie möchten diese Arbeit nicht
machen? Dann kriegen Sie mehr."
Die Chance ist gleich null.
Aber was kann dann passieren?
Was wohl passieren kann, also, woran
meine Organisation arbeitet
und was wir versuchen zu verteidigen,
ist die Reform des sozialen
Auffangsystems.
Wir haben 100 Jahre lang gearbeitet
an einem System
des sozialen Schutzes an das Rechte
verbunden sind.
Und nochmals, das System arbeitet
im Moment nicht gut genug.
Das bedeutet, wir müssen es verbessern,
aber wir dürfen uns nicht
von ihm verabschieden,
das Recht haben wir nicht.
Ich glaube nicht, dass es Sinn hat,
überall ein bisschen rumzuschrauben,
und erst ein bisschen mehr
Kindergeld auszuzahlen
und dann wieder ein bisschen weniger.
Das hat keinen Sinn mehr,
wir müssen radikal umdenken.
Jugendliche trauen sich nicht mehr,
bestehende Systeme zu hinterfragen
und das finden wir auch bestätigt
bei dieser Debatte.
Genau wie die meisten,
die hierher gekommen sind,
habe ich gute Argumente dafür
und dagegen gehört.
Ein Freund von mir fing vor ein oder
zwei Jahren damit an
und ich war sofort dagegen.
Ich dachte, dass ist so eine typisch linke
Utopie,
kein realistischer Mensch kann
für so etwas sein.
Aber inzwischen hab ich da soviel drüber
gelesen,
dass ich jetzt dafür bin.
Ich sehe eine junge Generation Menschen
und diese junge Generation, muss in
den kommenden Jahren
ihre Stimme erheben.
Eine junge Generation Menschen, die
ganz anders nachdenken
über Arbeit und Zusammenleben.
Nimm mich mal als Beispiel,
ich war arbeitslos,
ich hab studiert, ich bin arbeitslos
Diplom und immer noch arbeitslos,
Ausbildung abgeschlossen,
immer noch arbeitslos,
kostenpflichtige Ausbildung gemacht,
immer noch arbeitslos.
Wenn jemand anders an meiner Stelle wäre,
der würde sagen, lass mal,
ich häng jetzt einfach ab.
Jugendliche denken nicht so, wie die
vorherige Generation,
für sie ist die Welt etwas Neues
und sie entdecken sie gerade.
Ich glaube, dass die Jugendlichen auch
viel stärker
Wohlstand voraussetzen.
Ich finde es echt gut, dass auch mal
nachgedacht wird,
über die sozialen Rechte von Menschen
und heutzutage wird vor allem auf
die Pflichten gewiesen.
Heutzutage wird vor allem nachgedacht
über aktivieren, aktivieren.
In der Tat muss jeder
einen Beitrag leisten,
aber jeder hat auch Rechte.
Und das Grundeinkommen betont
dieses Recht, das finde ich gut.
Dann möchte Ihnen eben die Frage stellen,
was Sie innerhalb so eines Systems machen,
in dem zum Beispiel jemand,
der sagen wir mal deprimiert ist,
an einem Abend als verspielt,
er verliert alles.
Taschen leer. Was machen Sie mit so
jemandem?
Du hast deine Chance gehabt, Pech gehabt?
Jetzt kannst du im Rinnstein krepieren,
oder was?
In einem allgemeingültigen System, weißt
du, dass ich es bekomme und andersherum.
Das bedeutet, ich kann zu Dir sagen:
Pass auf, Du bekommst dein Grundeinkommen.
Mach was draus.
Und du kannst das gleiche zu mir sagen.
Wenn Sie mit den Menschen in Otjivero
sprechen, werden sie Ihnen sagen:
"Wir fühlen uns wie eine große Familie."
Sie sagten, früher interessierten sich
die Menschen nicht füreinander.
Selbst wenn es Streit gab bei einem der
Nachbarn, schaute niemand nach.
Aber jetzt sind wir zusammengewachsen
zu einer großen Familie.
Das Grundeinkommen verstärkt also das
Gemeinschaftsgefühl,
aber was ist mit Inflation?
Als gesunde, konsumierende Belgier,
wollen wir doch wissen,
ob unser Brot
nicht auf einmal dreimal so teuer wird?
Es hat möglicherweise einen senkenden
Effekt auf die Preise.
Wenn man für ein Grundeinkommen sorgt und
das zu mehr Nachfrage führt
nach regionalen Lebensmitteln oder
Dienstleistungen, was passiert dann?
Sie entstehen, denn die Menschen
haben einen größeren Anreiz,
das Angebot zu vergrößern.
Geld zirkuliert und verbessert die
wirtschaftliche Lage des Landes.
Und so auch die in den so genannten
ländlichen Gebieten.
Auf diese Weise stärkt man die regionale
Wirtschaft und kreiert mehr Jobs,
so dass weniger Import notwendig wird.
Das Geld verschwindet nicht,
so wie Diamanten, die exportiert werden.
Es bleibt hier.
Das führt dazu, dass das Geld
sich vermehrt,
denn die Produktion erhöht sich,
ebenso das Steuereinkommen.
Ein Grundeinkommen kann also für
Wachstumspotential sorgen.
Ich denke nicht, dass wir noch mehr
Pilotprojekte brauchen,
um zu beweisen, was wir hiermit
erreichen können.
Otjivero ist ein gutes Beispiel dafür, wie
Namibia sich entwickeln kann.
Ja, Namibia kann dieses Vorbild sein.
Wenn die Obrigkeit genug Mut und
politischen Willen zeigen,
kann Namibia ein Vorbild für
die Welt sein.
Menschen sagen auf einmal:
Wir haben jahrelang gedacht,
ein Grundeinkommen in Afrika,
das ist völlig unmöglich.
Wir haben Kalkulationen innerhalb
einer großen Koalition gemacht
und festgestellt, dass es möglich ist ein
landesweites Grundeinkommen einzuführen.
Und in Belgien?
Ist das in Belgien zu bezahlen?
Es ist nicht zu bezahlen.
Unsinn, es gibt genug Wohlstand auf
dieser Welt.
Jeder weiß inzwischen, dass die 85
reichsten Menschen der Welt
genauso viel besitzen, wie die 3,5
Milliarden ärmsten.
Man kann mit dem Grundeinkommen
gewisse Posten
streichen im sozialen Haushalt.
Sozialhilfe zum Beispiel fällt weg.
Ich hab die Berechnungen angestellt,
man kann so ungefähr 12 bis 13 Milliarden
einsparen.
12 bis 13 Milliarden, das reicht
also nicht.
Und ich fordere alle Befürworter des
Grundeinkommens auf,
eine detaillierte,
sorgfältig unterbaute Berechnung des
Grundeinkommens vorzulegen.
Gut, Frau Mestrum,
das hier sind Pierre Catelin,
Ismaël Daoud and Axelle De Brandt.
Axelle und Pierre sind Therapeuten
und arbeiten an einem Buch
über ihr Modell "Revenue de Base XXL".
Ismaël ist Ingenieur und arbeitete in
seiner Freizeit 6 Monate lang
an einem Berechnungsmodell.
In seiner Freizeit, denn wir haben
vorläufig noch kein Grundeinkommen,
um freie und innovative Bürger
sein zu können.
Das Grundeinkommen nach dem Modell
von Pierre und Axelle ist sehr großzügig.
Ich dachte erst:
Nein, das ist unmöglich.
Aber ich war doch neugierig genug,
um alles zu berechnen.
Wenn je darüber abgestimmt wird,
wird das hier passieren.
Die Abgeordneten würden dann weniger
Macht haben. Das fragt Mut.
Wir befinden uns hier im Abgeordnetenhaus,
dem föderalen Parlament von Belgien.
Vor einiger Zeit wurde hier für eine
sechste Staatsreform gestimmt,
wodurch mehr Befugnisse
übertragen wurden
auf Regionen und Gemeinden.
Aber der Bürger wurde vergessen.
Sie müssen mehr Befugnisse auf den Bürger
übertragen.
Dafür brauchen wir eine siebte
Staatsreform.
Berufsmäßig bin ich schon eine ganze
Zeit damit beschäftigt,
Menschen zu helfen, ihr Leben
in Ordnung zu bringen.
Und sie sagen häufig zu mir,
dass sie dafür mehr Geld und
mehr Zeit nötig hätten.
Die Berechnung sieht folgendermaßen aus
in Milliarden Franken.
187 Milliarden Euro brauchen wir
für ein Grundeinkommen
von 1500 Euro für jeden
Erwachsenen, lebenslang.
Auch für jedes Kind 200 Euro
und alle möglichen Privatversicherungen
für jeden bezahlt durch den Staat.
Wir haben es nachgerechnet und es scheint
als ob die Zahlen stimmen.
Aber ist das nicht alles ein bisschen
zu großzügig?
Wenn die Summen niedriger angesetzt
werden,
kann das System sein Potential
nicht entfalten,
mehr Freiheit zu kreieren.
Zuerst sind da die Staatsausgaben,
die unnötig werden,
denn die werden ersetzt.
Der Staat muss keine 41 Milliarden Euro
mehr aufbringen für die Renten,
denn das Grundeinkommen
ist eine Art Rente.
Auch Arbeitslosenunterstützung wird
überflüssig,
da es in diesem System keine
Arbeitslosigkeit gibt.
Ob man arbeitet oder nicht,
man bekommt 1500 Euro pro Monat.
Eine ganze Reihe Ausgaben wie
Unterstützungen
und Pensionen können ersetzt werden,
wodurch wir so ungefähr 71 Milliarden
sparen würde,
aber wir müssen noch
116,7 Milliarden aufbringen.
Durch eine stramme Einsparungen
des staatlichen Verwaltungsapparates
findet Ismaël nochmals
gute 25 Milliarden.
Der dritte Teil der Gesamtdeckung findet
durch eine Steuerverschiebung statt.
Man konzentriert sich auf diejenigen, die
zur Zeit wenig Steuer bezahlen müssen.
Die Kapitalsteuer liegt in Belgien bei
ungefähr 6 Prozent,
die Einkommenssteuer bei 43 Prozent.
Das ist ein großer Unterschied.
Die Idee ist, die Kapitalsteuer für
bewegliche und unbeweglicher Güter
zu erhöhen. Dadurch kann man die
Einkommenssteuer senken.
So kommt man zu einem
ausgeglichenerem Steuersystem,
in dem die Menschen nicht
betrügen müssen,
da sie für ihr Gefühl einen
Beitrag leisten.
Wir empfinden das als
einen noblen Beitrag.
Einen Beitrag, der viel Raum
schafft in der Gesellschaft.
Wenn Menschen den Begriff "Beitrag" hören,
denken sie häufig an Abzockerei.
Das ist nicht das Ziel.
Wir brauchen ein differenziertes
Mehrwertsteuersystem,
höher für Luxusgüter, niedriger
für Güter des alltäglichen Lebens.
Aber die Einkünfte aus der Mehrwertsteuer
betragen ungefähr 25 Prozent.
Das bringt uns noch einmal
16 Milliarden Euro ein.
Durch eine durchschnittliche Erhöhung
der Mehrwertsteuer auf 25 %
und andere Verschiebungen bei Abgaben und
Steuern kommen wir auf 95,4 Milliarden.
So erhalten wir eine positive Bilanz.
Dieses Modell beschert dem Staat einen
Gewinn von mehr als 4 Milliarden Euro.
Dass die Kaufkraft ansteigen kann,
sehen wir in Namibia.
Aber eine genaue Vorhersage der Kaufkraft
ist mit diesem statischen Modell
nicht möglich.
Aber diese Menschen berücksichtigen
auch bleibende Einkünfte und
Kosten des Staates.
Die Einführung eines Grundeinkommens
beträgt 0 Euro
vorausgesetzt, einige staatliche Betriebe
privatisiert werden.
Lieber Pierre, Ismaël und Axelle, seid ihr
euch dieses Modells wirklich sicher?
Ja. - Ja. - Absolut. Ja
Tatsächlich wird gespart,
ohne, dass Dienstleistungen
leiden müssen.
Denn dieses System ist viel einfacher.
Man macht eigentlich reinen Tisch.
Es gibt keine politischen Vernunftgründe
oder Ideologien.
Nochmals, warum sollte man das machen?
Warum sollte man einem reichen
Menschen ein Grundeinkommen geben?
Könnte mir jemand diese Frage
bitte mal erklären.
Das Grundeinkommen ist für alle.
Das ist ja entscheidend.
Manche Menschen merken gar nicht, dass
sie gerne die Reichen ausgrenzen.
Das ist aber auch ein Ausgrenzen
von Menschen.
Grundeinkommen ist für alle, weil es gar
nicht ausgrenzt. Es ist kein Klassenkampf.
Es ist eben der Mensch gemeint.
Das Problem ist auch geregelt.
[Applaus]
Politiker haben Angst, wenn sie
Menschen zu viel Selbstbestimmung geben,
dass diese dann Bedingungen stellen
und mündige Bürger werden.
Ich denke, da haben Politiker Angst vor,
denn in Otjivero war der Prozess
des mündig Werdens gut beobachten.
Menschen können ihre Geschichte erzählen.
Sie haben sogar zum Präsidenten gesagt:
"Wenn Sie noch Zweifel haben über
das Grundeinkommen,
warum kommen Sie dann nicht nach
Otjivero und sprechen mit uns."
Dass in der Politik nicht darüber geredet
wird, ist eigentlich gar nicht so.
Ich weiß, viele Politiker in Deutschland,
der Schweiz und Kanada sprechen darüber.
Es ist auch sehr nah daran, dass es
politisches Programm wird.
Ein Problem mit dem Grundeinkommen ist,
dass man innerhalb aller Parteien,
sowohl Gegner als auch Befürworter findet.
Manchmal sehr emotionsgeladene
Gegner und Befürworter.
Das macht es natürlich schwieriger, um
voran zu kommen,
da es schwierig für eine Partei ist,
genug Einigkeit zu finden
innerhalb der Partei,
um diese Idee zu verteidigen.
Für mich beweist das auch,
dass es ein Thema
der Zukunft ist und
nicht der Vergangenheit,
denn die heutige links-rechts Polarisation
ist ein Irrglaube.
Die ist im 19. Jahrhundert entstanden aus
unserem parlamentarischen System .
Die einzige belgische Partei, die das
Grundeinkommen in ihrem Programm hat,
ist die Piratenpartei.
"Grundeinkommen jetzt",
das ist ihre Botschaft.
Es wird nicht diskutiert über andere
wirtschaftliche Paradigmen
oder eine andere Art den
Wohlfahrtsstaat aufzubauen,
denn alle stecken fest in
"so ist es jetzt"
und "wir trauen uns da nicht raus",
weil wir unsere Wähler
an uns binden müssen
und zufrieden stellen und die glauben
da nicht dran.
Und jede neue Partei, sicher wenn sie mit
frischen und guten Ideen kommt,
die ist gefährlicher als so ein daher
gelaufener Idiot,
der einfach nur Unsinn erzählt.
Wir waren eine sehr gefährliche Partei
im Hinblick auf
unser starkes Image.
Wir hatten uns sehr gut
vorbereitet.
Duchatelet machte in den 90ern einen
deutlichen Vorschlag zum Grundeinkommen
mit seiner Partei Vivant.
Wir haben auch relativ viele
Stimmen bekommen.
Wir hatten eine von vierzig Stimmen 1999
für eine Partei,
die kaum im Fernsehen gewesen ist.
Das ist enorm.
Und dann, nach den Wahlen
hat man hier in Belgien
sofort die Sperrklausel eingeführt,
um sicher zu sein, dass wir beim nächsten
Mal nicht doch reinkommen.
Für den Profit der Reichen
müssen die Arbeitnehmer weichen.
Es wird dringend notwendig
eine neue progressive Politik
der Umverteilung
und ein neues System der
Einkommensverteilung einzuführen,
in dem Menschen ein Recht auf
eine Grundsicherung haben,
um in der modernen Gesellschaft als
menschliches Wesen leben zu können.
Wenn das Grundeinkommen keinen
Teil davon ausmacht
von dieser progressiven Politik,
dann denke ich, dass wir uns wirklich
ernste Sorgen machen müssen, was passiert.
Und darum sind diese Utopie, dieser Traum
wichtig, um den Menschen Hoffnung zu geben
und um Menschen die
Botschaft zu vermitteln:
Es ist nicht falsch, hoffnungsvoll und
optimistisch zu sein.
"Empört euch. Engagiert euch",
sagt er [Stéphane Hessel] selbst
und da gebe ich ihm Recht.
Denk nach über dein eigenes Dasein, deine
Welt, deinen Job und dein Leben
und versuche von da aus etwas
in der Welt zu bewegen.
Und warte nicht darauf, bis der eine
oder andere große Politiker verkündet:
"So ist es richtig".
Wenn wir unserer Gesellschaft erlauben
ständig ungleicher zu werden
und anfälliger für die Verunsicherung
großen Gruppen von Menschen,
dann wird es beängstigend.
Eine Gesellschaft mit weniger
unsicheren und wütenden Menschen,
kann ein Grundeinkommen da wirklich
für sorgen?
Das Grundeinkommen ruft auch viele neue
Fragen auf.
Denn was tun wir dann mit Immigration,
wenn es nur in Belgien ein Grundeinkommen
gibt?
Müsste die Einführung nicht sofort
europaweit
oder sogar weltweit geprüft werden?
Oder sprechen wir dann wirklich
über eine echte Utopie?
Ja, ich sage Ihnen, es ist undenkbar, es
nicht zu tun.
Es ist undenkbar, denn 8 % der Menschen
produzieren eigentlich alles Notwendige.
Und die restlichen 92 % müssen wir für
die unbedingt Arbeit erfinden
innerhalb einer Administration, um Ihnen
Geld geben zu können?
Nein, gib einfach allen Geld.
Menschen haben Angst vor dem System
des Grundeinkommens.
Denn es stoppt nicht bei 100 namibischen
Dollar für die Armen.
Aber es wirft sehr viele Fragen auf.
Fest steht,
dass bei jeder neuen Idee
oder bei jeder, die sich mit einem alten
Problem befasst,
Offenheit die größte Herausforderung ist.
Das hier ist mein Leben. Nicht nur mein
Job, sondern mein Leben.
Das ist doch wirklich Gesprächsstoff
für eines der Familienessen,
die auf Sie warten.
Wenn Sie noch zusätzliche
Argumente suchen,
auf unserer Facebook-Seite
finden Sie mehr Informationen
über das Berechnungsmodell von
Ismaël, Pierre und Axelle.
Und für diejenigen, die das Grundeinkommen
eine lächerliche Idee finden,
so war das auch mit dem Stimmrecht
für Frauen vor nicht allzu langer Zeit.
Lassen Sie mich Ihnen noch einen
angenehmen Jahresabschluss zu wünschen
und ein neues Jahr mit einigen
angenehmen Überraschungen.
Ich begrüße Sie gerne zu einer neuen Folge
von Panorama am Donnerstag, den 8. Januar.
Danke für's Zuschauen!