Titel: Das Internet in der Gesellschaft:
gibt es den BürgerInnen mehr Mitbestimmung oder mehr Zensur?
Wir haben viele Geschichten gehört
über den Einfluss des Internets auf Protest-Bewegungen.
Wir haben viel gehört über die Informations-Revolution
und wie sie Länder verändert
Länder wie China, wie den Iran,
viele der Länder der ehemaligen Sovietunion.
Und die Annahme war bisher:
Das Internet ist eine gute Sache,
wenn es um die Verbreitung von Demokratie geht.
So... Viele dieser Illusionen
entanden Mitte der 90er
von Leuten, die ich nur als Cyber-UtopistInnen bezeichnen kann
Leute die wirlich an die tansformative Kraft des Web glauben
die Kraft Gesellschaften zu verändern, sie positiv zu verändern.
Das berühmtestes Zitat war
"wenn es Social Networks und Blogs schon in den 90ern gegeben hätte...
hätte der Völkermord in Ruanda nicht passieren können."
das wird heute oft zititert als Beispiel für die sehr naiven
Ansichten, die die Leute damals hatten.
Viele der Leute die das noch glauben, denken wirklich,
dass Blogs das sind, was Faxe und Kopierer in den späten 80ern waren,
als die DissidentInnen in Polen und Ost-Europa wirklich
diese Technologien stark verwendet haben.
Die Argumentation ist also eine wirtschaftliche und logistische
Internet und neue Medien machen es sehr billig
für Leute Inhalte zu produzieren.
Und die AktivistInnen und NGOs werden
diese Technologien unweigerlich verwenden
um Reformen und Veränderungen zu fordern
Zusammenfassen kann man diese Sicht
"Wenn man genug Netzverbindungen und Geräte hat,
dann ist Demokratie fast unvermeidbar."
Das erklärt warum wir so viele Initiativen gesehen haben
um China, Iran online zu bringen, Russland online zu bringen,
sicherzustellen dass Leute genug Internetzugang haben
sicherzustellen dass Leute wissen was Blogging ist
und irgendwie - man weiss nicht genau wie -
wird das das dazu führen, dass die Leute
mehr Demokratie zu verlangen
und zusammenarbeiten, und Druck machen.
Ein Name den die ExpertInnen dafür haben ist
"iPod Liberalismu"
Dieser Glaube, dass, wenn Leute iPods haben,
oder eine andere westliche Technologie,
dass sie dann auch westliche Werte haben werden
und Demokratie nach westlichem Vorbild.
Die Annahme ist also: Wenn man den ChinesInnen, IranerInnen, RussInnen
genug iPods, Laptops, oder Fax-Geräte gibt,
dann werden sie von sich aus demokratische Veränderung verlangen.
Das wäre natürlich ein toller Titel
für einen Kolumne von Thomas Friedmann
"iPods statt Bomben abwerfen"
Aber das ist selten ein gutes Zeichen.
Diese Ansicht missachtet
viele politische, kulturelle, soziologische Kräfte
die in diesen Gesellschaften wirken.
Es ist ein sehr technologie-gläubiges und technologie-gesteuertes Weltbild.
Die Haupt-Verwirrung hier ist:
Wir verwechseln die vorgesehene verwendung von Technologie
mit der realen Verwendung.
Wir wollen glauben, dass Radio helfen kann
die Demokratie in die Sovietunion zu bringen
was es ja teilweise getan hat.
Aber auf der anderen Seite wurde Radio während des
Genozid in Ruanda sehr aktiv verwendet
- des Genozids den wir ja mit Technologie verhindern wollten.
Wir haben diesen Mythos,
dass autoritäre Führer und Diktatoren
sich vor dem Internet fürchten.
dass sie Technologie fürchten.
Wenn man sich ganz genau anschaut
wie Regierungs-Führer versuchen
das Internet zu benutzen um UserInnen und BürgerInnen zu erreichen
dann ist das einfach nicht wahr.
Fast überall - ausser vielleicht in Nordkorea und Burma -
verwenden autoritäre Führer sehr aktive das Internet, Computer, u.s.w
Manchmal erlauben sie Debatten rund um Themen,
die nicht politisch sind.
zum Beispiel rund um den Klimawandel
All das passiert. Es passiert blos nicht zu Themen wie zB. Menschenrechte.
Es gibt Kritik in chinesischen Blogs.
Es gibt mehr Kritik als Nicht-Kritik.
Sowohl Kritik an der nationalen wie an regionalen Regierungen.
Die Frage ist dann: Warum lässt die Regierung das zu?
Erstens: um Informationen zu erheben, die sie
fürs Regieren brauchen.
Die meisten Bürokraten in den Regierungen,
in Russland, China, Iran oder wo anders
die meisten BürokratInnen arbeiten in einem Informations-Vakuum.
Sie wissen nicht wirklich was daraußen passiert.
Für sie ist es hilfreich, wenn Leute bloggen,
und dabei Informationen liefern.
Es hilft lokale Korruption zu bekämpfen und diese Probleme zu beseitigen.
Das ist vielleicht nicht sehr politisch
aber hilft ihnen ins nächste Jahrhundert zu überleben.
Es gibt ihnen Legitimität.
Für sie ist diese pseudo-Offenheit im Cyberspace
sehr hilfreich, weil sie hilft Spannungen abzubauen
und einige BürgerInnen zu überzeugen,
ja, die sind bereit .....?????.....
Das passiert verschieden in verschiedenen Ländern.
Teilweise manipulieren sie es,
teilweise nutzen sie die Unterstützung durch ihre AnhängerInnen
im Internet
zum Beispiel in Thailand gibt es eine sehr interessante Website
mit dem Namen "beschützt den König".
Sie wurde von einem Parlamentarier aufgesetzt
Auf diese Webseite können Leute Links zu subversiven Webseiten melden.
Du kannst da also alle Webseiten, die dir nicht gefallen,
als königs-kritsch melden.
Die Seiten werden binnen 24 Stunden geblockt.
Es ist dann eine langwierige Prozedur so eine Blockade aufzuheben.
Das funktioniert sehr gut.
Schon 24 Stunden nach dem Start waren 3000 Seiten blockiert.
Und es gibt genug LoyalistInnen die gerne diesen Beitrag leisten
Dasselbe passiert in Saudi Arabien, wo
Internet-User aufgeforder werden YouTube nach Videos zu durchsuchen
die Saudischen Werten widersprechen.
Und diese Videos dann zur Löschung zu nominieren.
Wenn so ein Video genug Lösch-Stimmen bekommt
dann MUSS YouTube es löschen.
Einfach weil sich so viele Leute beschwert haben.
es gibt organisierte Kampagnen um westlicher Firmen zu beeinflussen
Die iranischen Behörden durchsuchen nach den Protesten
nun ganz genau die Spuren die auf Facebook und Twitter hinterlassen wurden
Sie verfolgen ganz gezielt Leute,
die im Cyberspace aktiv waren.
Eine ihrer Initaiven ist eine Webseite
mit Photos von ProtestantInnen auf der Straße
wo diese Leute identifiziert werden können.
Sie verwenden also "Crowdsourcing" - die Verteilung von Arbeit an
viele Leute im Internet - um diese Gesichterkennung zu erledigen.
Und man kann sich vorstellen was mit den erkannten Leuten passiert.
Es gibt hier viele Gefahren die wir noch gar nicht verstehen.
Was die Leute nicht realisieren ist, dass Twitter,
eine wirklich öffentliche Plattform ist.
Und wenn Du eine Revoluation auf Twitter planst,
dann sind deine Aktivitäten für Alle sichtbar.
Früher mussten Staaten foltern um an diese Daten zu kommen
heute müssen sie sich blos bei Facebook anmelden.
Wenn man wissen will, dass ich als Aktivist in Weissrussland oder Iran,
mit 20.000 anderen AktivistInnen verbunden bin
brauch man nur meine Facebook-Freunde anschaun.
Mein letzter Punkt wäre:
Diese Annahme, dass die junge Generation,
die noch nicht der Gehirnwäsche unterzogen wurde,
bei der sich alles um digitale Medien dreht
Mobiltelefone, Blackberrys, Laptops,
dass diese Junge Generation zur Revolution neigen würde.
dass diese Junge Generation Demokratie wollen würde.
das Problem daran ist: wir hören viel
über Cyber-Aktivismus, aber wenig über
Junge leute sind vielleicht gar nicht scharf darauf
an irgend einer politischen Aktion teilzunehmen (online oder offline)
gerade weil es so viele schöne Angebote im Internet gibt.
Porno, Chat, E-Mail macht einen viel größeren Teil des
Internet aus als Politik und Nachrichten.
(drei blinde Mäuse sagen: lerne von uns, bleib bei Politik und Nachrichten)
Wir müssen das ganz nüchtern betrachten:
Das die meisten jungen Leute online tun ist: miteinander reden
und Unterhaltungs-Medien herunterladen.
Es ist gar nicht klar, wie sie von diesem Zustand in den
politisierten Zustand wechseln sollen...
Was ist, wenn das Internet sie gar nicht auf die Strasse bringt?
Das wird nicht oft disskutiert.
Wir hören viel über Digitale Eingeborene (Natives)
und Digitale Einwanderer (Immigrants)
Was wir nicht hören ist die Unterschiedung zwischen
den digitalen Abtrünnigen und den digitalen Gefangenen.
Das ist die viel wichtigere Unterscheidung.
Wir müssen wissen, wie die Zusammenhänge sind,
zwischen Technologie und gesellschaftlichem Engagement.
Wir müssen zurück zu Maslow gehen,
und uns ansehen, wie seine Bedürfnis-Pyramide
auf den Cyberspace angewandt werden kann.
Es kann schon sein, dass, wenn man Internet
nach China, Russland, Iran bringt,
dass die Leute zuerst Spass haben wollen,
Pornos schauen wollen,
oder YouTube oder Filme über niedliche Katzen
Dass sie Sachen teilen wollen,
dass manche lernen wollen,
und letztendlich werden einige auch
agitieren wollen.
Manche werden Berichte von Menschenrechts-Organisationen runterladen
aber die meisten werden einfach Pornos runterladen.
Dessen solte man sich bewusst sein.
Wenn wir wirklich verstehen wollen
was der Einfluss von Technologie auf die Gesellschaft ist,
dann müssen wir auch die negativen Auswirkungen sehen.