1889 entdeckten Marie und Pierre Curie Radium. Weil ihm heilende Wirkung zugeschrieben wurde, wurde Radium zu Zahnpasta, Medizin, Wasser und Speisen hinzugefügt. Als leuchtendes, strahlendes Grün wurde es auch für Schönheitsprodukte und Schmuck verwendet. Erst Mitte des 19. Jhd. erkannte man, dass schädliche Effekte von Radium als radioaktives Element seine visuellen Vorzüge überwogen. Leider war Radium nicht das einzige Pigment, das einst harmlos oder nützlich wirkte, sich aber als tödlich herausstellte. Dieser traurige Titel gebührt einem Trio von Farben und Pigmenten, die wir lange dazu nutzten, um uns und unsere Produkte zu verzieren: Weiß, Grün und Orange. Unsere Geschichte beginnt mit Weiß. Bereits im 4. Jahrhundert v. Chr. stellten die Griechen das bekannte, strahlend weiße Pigment aus Blei her. Das Problem dabei? Menschen nehmen Blei direkt in den Körper auf, es verteilt sich im Blut und im weichen und festen Gewebe. Gelangt es ins Nervensystem, imitiert und unterbricht Blei die normalen Funktionen von Kalzium, was zu Schäden führt: von Lernschwierigkeiten bis zu hohem Blutdruck. Trotzdem wurde dieses giftige Pigment über lange Zeit und verschiedene Kulturen hinweg weiterhin genutzt. Bleiweiß war die einzige praktische Wahl für weiße Öl- oder Temperafarben, bis ins 19. Jahrhundert hinein. Künstler zermahlten Blei zu Pulver, um die Farbe herzustellen, und setzten sich damit den hochgiftigen Staubpartikeln aus. Dieser freizügige Umgang resultierte in sogenannten Künstler-Koliken. Heute würden wir es Bleivergiftungen nennen. Maler, die mit Blei arbeiteten, klagten über Lähmungen, Melancholie, Husten, vergrößerte Netzhäute und sogar Blindheit. Aber die Dichte, Opazität und der warme Ton von Bleiweiß waren für Künstler wie Vermeer oder die Impressionisten unwiderstehlich. Nichts kam seinem Leuchten gleich und das Pigment wurde weiter benutzt, bis es in den 1970ern verboten wurde. So schlimm das alles klingt, verblasst die gefährliche Wirkung von Weiß im Vergleich zu einem anderen, noch weiter verbreiteten Pigment: Grün. Die zwei synthetischen Grüntöne Scheeles Grün und Schweinfurter Grün kamen im 18. Jahrhundert auf den Markt. Sie waren viel lebhafter und heller als die vergleichsweise faden Grüntöne aus natürlichen Pigmenten. Deshalb waren sie bald sehr gefragt als Malfarben, aber auch um Textilien zu färben, Tapeten, Seifen, Kuchendekorationen, Spielzeuge, Süßigkeiten, und Kleidung. Diese grünen Pigmente stammten aus einer Verbindung namens Kupfer(II)-arsenit. Bei Menschen kann der Kontakt mit Arsen der Kommunikation zwischen den Zellen und deren Funktionen schaden. Hohe Arsenkonzentrationen sind direkt mit Krebs und Herzerkrankungen verbunden. Infolgedessen waren Arbeiter in Textilfabriken häufig vergiftet und Berichten zufolge, brachen Frauen in grünen Kleidern zusammen, weil sie dem Arsen auf ihrer Haut ausgesetzt waren. Es hieß, dass Bettwanzen nicht in grünen Räumen lebten und es wird vermutet, dass Napoleon an einer langsamen Arsenvergiftung starb, weil er in einem Zimmer mit grüner Tapete schlief. Die hohe Giftigkeit dieser Grüns blieb lange unter Verschluss bis das Arsenrezept 1822 veröffentlicht wurde. Einhundert Jahre später wurde es als Insektizid wiederverwendet. Synthetisches Grün war eine der gefährlichsten, verbreiteten Farben, aber immerhin war es nicht so radioaktiv wie Radium. Eine andere Farbe aber schon – Orange. Vor dem zweiten Weltkrieg wurde für Keramikgeschirr häufig Uraniumoxid für die Farbglasur verwendet. Diese Mischung erzeugte strahlende Rot- und Orangetöne, die sehr schön waren, wäre da nicht die Strahlung gewesen. Natürlich kannte man bis ins späte 19.Jahrhundert weder Strahlung, noch die damit assoziierten Krebsrisiken, die noch viel später entdeckt wurden. Während des zweiten Weltkriegs, konfiszierte die US-Regierung das Uranium für die Herstellung von Bomben. 1959 lockerte die Atomenergiekommission diese Beschränkungen wieder und abgereichertes Uranium kehrte in die Keramik- und Glasfabriken zurück. Die Oberfläche von orangem Geschirr aus dem folgenden Jahrzehnt kann bis heute noch gefährlich sein. Besonders bei sogenannter Fiestaware ist noch immer Radioaktivität nachweisbar. Obwohl das Niveau so niedrig ist, dass es offiziell kein Risiko darstellt, wenn es im Schrank steht, warnt die US-Umweltbehörde davor, davon zu essen. Obwohl es nach wie vor Probleme mit synthetischen Lebensmittelfarben gibt, helfen uns wissenschaftliche Erkenntnisse, so gefährliche Farben aus dem Verkehr zu ziehen.