Wir gehen das Ganze etwas anders an. Ich zeige Ihnen keine Präsentation. Ich spreche mit Ihnen und gleichzeitig sehen wir Bilder aus einem Foto-Stream, der fast live ist: Schnappschüsse aus Second Life Hoffentlich wird es faszinierend. Ich konkurriere mit den seltsamen Bildern auf der Leinwand, die von dort kommen. Ich erzähle ein wenig über die großen Ideen dahinter und hole dann John auf die Bühne zurück, um ein wenig darüber zu sprechen, nachzudenken und Fragen zu stellen. Ich glaube, die erste Frage ist: Warum sollte man überhaupt eine virtuelle Welt bauen? Die Antwort wird immer, in gewissem Maß, von den ersten Leuten abhängen, die verrückt genug sind, so ein Projekt zu starten. Darum möchte ich erst ein wenig über mich erzählen und über das, was mich schon als Teenager und als Erwachsener bewegte, so eine Sache umzusetzen. Ich war ein sehr kreatives Kind, das viel las und erst die Elektronik, dann das Programmieren schon sehr früh entdeckte. Ich versuchte ständig, Dinge zu bauen. Ich war besessen vom Zerlegen und Bauen von Dingen, von allem, was ich mit meinen Händen oder mit Holz machen konnte, mit Elektronik oder Metall oder was auch immer. Ich hatte zum Beispiel ein Schlafzimmer -- das ist ein großes Thema in Second Life -- Jeder Teenager hat dieses Zimmer, in das er sich zurückzieht -- Aber ich dachte, es wäre toll, wenn meine Tür hochfahren würde, statt sich wie in Star Trek zu öffnen. Ich fand die Idee prima, stieg hoch in die Decke, und sägte die Deckenbalken durch -- zur Freude meiner Eltern. Ich montierte die Tür so, dass man sie durch die Decke ziehen konnte. Ich installierte im Speicher einen Garagenöffner, der diese Tür hochziehen sollte. Sie können sich vorstellen, wie lange ich brauchte, um dem Haus all das anzutun, und das Missfallen meiner Eltern. Ich fand es immer bemerkenswert, dass uns Menschen so viele Fantastisches einfällt, was wir gerne tun würden, das wir aber -- in der wirklichen Welt -- oft nicht in der Lage sind, umzusetzen, das Material zusammen zu schustern und in einer Ausführungsphase wirklich umzusetzen, was man sich im Entwurf vorgestellt hat. Was mich betrifft, als das Internet entstand, schrieb ich Computerprogramme und versuchte einfach nur, meine kleine Firma zu führen und herauszufinden, was man mit Internet und Computer tun könnte. Mir war sofort klar, dass die beste Sache, die man mit Internet und Computern machen könnte, wäre das Internet und vernetzte Computer eine Welt simulieren zu lassen und die Gesetze der Physik und die Regeln, wie Dinge zusammenpassen, nachvollziehen -- wie die Idee von Atomen und dem Zusammensetzen von Dingen -- Das sollte in einem Computer geschehen, damit wir alle darin Sachen machen können. Das war es, was ich so anziehend fand. Ich wollte einfach diesen Ort, an dem man Dinge bauen könnte. Das erkennt man, denke ich, an der Entstehungsgeschichte von Second Life, und ich glaube, das ist wichtig. Ich denke auch, unsere Nutzung von Internet und Technologie als gemeinsamer Raum für Kreativität und Design liegt generell im Trend. Für den Menschen ist das eine Art großer Fortschritt: Technologie wird ganz allgemein genutzt, um uns schöpferische Arbeit auf gemeinsame und höchst gesellige Weise zu ermöglichen. Second Life und virtuelle Welten stellen generell das Beste dar, was wir derzeit tun können, um das zu erreichen. Eine andere Betrachtungsweise in Bezug auf den Inhalt -- wenn wir an das All denken -- ist das Verbinden von virtuellen Welten und Weltraum. Ich dachte, es könnte Spaß machen, darauf kurz einzugehen. Wenn Sie an die Reise ins All denken, dann ist das eine faszinierende Sache. So viele Filme, so viele Kids -- irgendwie träumen wir alle davon, das All zu erforschen. Warum ist das so? Fragen Sie sich mal: Warum diese Anmaßung? Warum wollen wir als Menschen zu tun? Ich denke, es gibt mehrere Gründe. Wir sehen das in Filmen -- diesen Traum, den wir alle teilen --, dass wir neu anfangen könnten, wenn wir ins All aufbrächen. Auf der Reise würden wir in gewissem Sinn jemand anderes, weil wir die Gesellschaft und das Leben, wie wir es kennen, zurücklassen würden. Wir würden uns also unvermeidlich -- wohl auch unwiderbringlich -- verwandeln auf dieser Entdeckungsreise. Der zweite Punkt ist das fast greifbare Gefühl, dass Sie, wenn Sie weit genug reisen, da draußen das finden -- Oh, ja, ja – Sie haben keine Ahnung, was Sie finden würden, wenn Sie da draußen im All ankommen. Es wird anders als hier sein. Tatsächlich wird es so anders als das, was wir hier auf der Erde sehen, dass alles möglich sein wird. Das ist der Sinn: Wir als Menschen sehnen uns nach der Idee, eine neue Identität zu erschaffen und an Orte zu gehen, wo alles möglich ist. Ich denke, wenn Sie sich hinsetzen und darüber nachdenken: Virtuelle Welten -- und wo wir uns mit mehr und mehr Computertechnologie hinentwickeln -- stellen im Grunde die wahrscheinliche, taktisch wirklich mögliche Version der Erforschung des Weltraums dar. Die Idee der virtuellen Welten bewegt uns, weil sie uns -- wie der Weltraum -- erlauben, uns selbst neu zu erfinden, weil sie alles und jeden enthalten und dort wohl alles passieren kann. Um Ihnen eine Größenvorstellung vom Maßstab zu geben: Wenn man All und Second Life vergleicht, sehen die meisten Leute nicht, dass es dem Internet in den frühen 90ern gleicht. Second Lifes virtuelle Welten und das Internet der frühen 90er haben heute viel gemein: Alle sind sehr aufgeregt. Hype und Aufregung um diese oder jene Idee sind groß, von einem Moment zum anderen. Da ist Verzweiflung, und alle denken, das Ganze wird nicht funktionieren. Was mit Second Life geschieht und mit virtuellen Welten allgemein, gab es in den frühen 90ern. Wir spielen im Büro gern ein Spiel: Wir nehmen irgendeinen Artikel und suchen den gleichen Artikel, indem wir die Worte "Second Life" durch "Netz" ersetzen und "virtuelle Realität" durch "Internet". Sie finden genau die gleichen Artikel und sie schrieben über alles, was Leute jetzt beobachten. Um Ihnen eine Idee vom Maßstab zu geben: Second Life umfasst heute etwa 20.000 CPU. Das sind etwa 20.000 vernetzte Computer in drei Einrichtungen in den USA, die in diesem Moment diesen virtuellen Raum simulieren. In dem virtuellen Raum selbst wandern am Tag über 250.000 Leute umher. Die aktive Bevölkerung entspricht in etwa der einer kleineren Stadt. Der Raum selbst ist etwa 10 mal so groß wie San Francisco und ist ähnlich dicht bebaut. Nun haben Sie eine Idee vom Maßstab. Es wächst rasant -- um zirka fünf Prozent pro Monat in Bezug auf neue Server, die hinzukommen. Damit wächst dieser Raum -- anders als reale Welt und Internet -- rasend schnell und dehnt sich, historisch gesehen, exponenziell aus. Der Erkundung des Alls entspricht hier die Masse an Content, die sich darin findet. Diese Masse ist wesentlich. Für virtuelle Welten ist es entscheidend, ein Raum mit wahrhaft unbegrenzten Möglichkeiten zu sein. Als Menschen sind wir da sehr feinfühlig. Sie erkennen das sofort. Sie merken, ob Sie in einem Raum alles tun können oder nicht. Second Life umfasst heute 20.000 Rechner. und rund 100 Mio. von Benutzern geschaffene Objekte -- so wie dieses etwa -- die vielleicht sogar interaktiv sind. Zig Millionen von ihnen denken ständig; sie sind mit Code verbunden. Was die Masse an Dingen darin angeht, ist dies bereits eine wirklich große Welt. Das ist sehr wichtig. Sagen wir, jemand spielt World of Warcraft. World of Warcraft wird auf etwa vier DVDs geliefert. Im Vergleich dazu beinhaltet Second Life ungefähr 100 Terabyte von Benutzern erzeugte Daten und ist damit 25.000 mal so groß. Noch einmal: Wie das Internet im Vergleich zu AOL und den Chat-Räumen und Inhalten auf AOL damals ist das, was hier passiert, etwas ganz anderes weil schon das Maß dessen, was Leute hier leisten können, . wenn man ihnen alle Möglichkeiten bietet, ziemlich erstaunlich ist. Der letzte große Gedanke: Es ist fast sicher, dass -- wohin auch immer sich [Second Life] entwickeln wird -- seine Gesamtnutzung wird die des Netzes selbst übertreffen. Lassen Sie mich das mit zwei Aussagen rechtfertigen. Normalerweise nutzen wir das Internet um Information zu organisieren, auszutauschen, herzustellen und zu konsumieren. Es ist, wie Irene über Google gesagt hat, "datengetrieben". Ich stelle mir die Welt als Information vor. Alles, mit dem wir interagieren, alle unsere Erlebnisse -- wir treiben durch ein Meer an Information, mit der wir auf verschiedene Weisen interagieren. Das Netz liefert Information in Text und Bildern. Die Topologie, die Geographie des Web besteht großteils aus Text-zu-Text-Links. Das ist eine Möglichkeit, Informationen zu organisieren. Beim Zugriff auf Information in einer virtuellen Welt gibt es zwei Dinge, die auf wichtige Weise anders und viel besser sind, als das, was uns das Netz bislang bieten kann. Der erste Unterschied besteht, wie gesagt, darin, dass Ihnen Information in der virtuellen Welt mit Hilfe der eindruckvollsten Bildsymbole präsentiert wird, die man im Umgang mit Menschen verwenden kann. So ist, zum Beispiel, das deutsche Wort hierfür S-T-U-H-L. Hingegen ein Bild davon ist ein universelles Symbol. Jeder weiß, was es bedeutet. Übersetzen muss man nicht. Es ist auch einprägsamer, wenn ich Ihnen das Bild zeige als S-T-U-H-L auf einem Stück Papier. Tests würden zeigen, dass Sie sich Tage später viel besser daran erinnern, dass ich von einem Stuhl sprach. Wenn wir zum Organisieren von Information Symbole aus unserem Gedächtnis nehmen, die am meisten verbreiteten Symbole, die uns unser ganzes Leben umgeben haben, erregen und stimulieren wir es auf intensivste Weise und können uns an Daten erinnern, sie übertragen und manipulieren. Virtuelle Welten liefern uns also die beste Methode, um Information zu organisieren und zu erleben. Ich denke, Menschen sprechen seit 20 Jahren darüber -- Sie wissen, dass 3D -- so wie realistische Umgebungen -- uns auf magische Weise wichtig ist. Aber die zweite Sache -- und die ist weniger offensichtlich -- dass Information zu erschaffen, konsumieren und erforschen, in der virtuellen Welt implizit und dem Wesen nach eine soziale Erfahrung ist. Sie sind immer mit anderen Menschen dort. Als soziale Wesen wird das Aufnehmen von Information durch die Gegenwart anderer gefördert und erfreulicher. Es ist wesentlich für uns und unausweichlich. Wenn Sie auf amazon.com nach Digitalkameras oder etwas anderem suchen, sind Sie in dem Moment mit 5.000 anderen auf der Website, aber reden können Sie mit ihnen nicht. Sie können sich nicht an die anderen wenden, die auf der gleichen Seite wie Sie nach Digitalkameras suchen, und fragen: "Hast du von denen schon eine gesehen? Ich überlege, ob ich sie kaufe". Dieser Erfahrung des gemeinsamen Shoppens ist ein einfaches Beispiel, das zeigt, wie wir als soziale Wesen auf diese Art Information erleben wollen. Dieser zweite Punkt, dass wir Information von Natur aus gemeinsam erleben oder gemeinsam erleben möchten, ist im Grunde entscheidend für den Trend, Technologie zu nutzen, um uns zu verbinden. Deshalb glaube ich: In einem Jahrzehnt oder so werden virtuelle Welten für uns Menschen die wohl gängigste Form sein, in der wir die "Elektronik des Internet" gemeinsam nutzen werden, um Information zu konsumieren. Kartographie in Indien ist ein gutes Beispiel. Vielleicht wird dort die Lösung sein, dass Leute in Echtzeit mit anderen sprechen, und um Rat fragen statt um eine auf jede erdenkliche Weise statisch organisierte Karte. Das ist ein weiterer wichtiger Punkt: Wo diese Reise auch hinführt, ob es Second Life, einer seiner Nachkommen oder etwas Umfassenderes ist, das in aller Welt an vielen verschiedenen Orten geschieht -- Wir werden sehen, dass das Internet dafür verwendet wird. Die Nutzung insgesamt und die Zahl echter Nutzer wird sich umkehren und das Netz und sein bibliographisches System aus Text- und Bildinformation wird zu einem Werkzeug oder Teil dieses Konsummusters. Ausgeübt wird das Muster aber vorrangig in einem solchen Umfeld. Eine große Idee, aber ich denke, es spricht viel dafür. Lassen Sie mich hier schließen und John zurückholen, um uns etwas ausgiebiger zu unterhalten. John Hockenberry: Das ist großartig. [Applaus] JH: Warum ist die Schöpfung, der Impuls Second Life zu schaffen, kein utopischer Impuls wie etwa im 19. Jahrhundert, als zahllose Werke der Literatur, die alternative Welten entwarfen, ausgesprochen utopisch waren. Philip Rosedale: Das ist toll. Das ist tiefsinnige Frage. Neigt eine virtuelle Welt dazu, auch eine Utopie zu sein? Die Antwort ist Nein. Ich denke, der Grund ist: Das Netz wird, als gutes Beispiel, im Grunde von der Basis geführt. Die Idee der unendlichen Möglichkeiten, diese Magie, dass alles passieren könnte, kommt nur in einer Umgebung auf, in der man wirklich weiß, dass es eine grundlegende Freiheit auf der Ebene des einzelnen Handelnden gibt -- auf der Ebene der Lego-Steine, aus denen die virtuelle Welt besteht. Man muss dieses Maß an Freiheit haben. Ich werde oft gefragt, ob es eine utopische Tendenz in Second Life oder [ähnlichen Welten] gibt, ob man eine Welt erschafft, der ein großer Plan zu Grunde liegt? Diese "Systeme von oben" schrecken so ziemlich jeden ab, selbst wenn Sie es, im Entwurf gut meinen. Wichtiger noch: Wenn man die menschliche Gesellschaft kontrolliert, wenn man ein großes Regelwerk festlegt -- ob es eine neue Form der Interaktion oder eine neue Stadtplanung ist --, diese Sachen sind in der Geschichte nie größer geworden als -- wenn ich das sage, muss ich immer lachen -- die Mall of America. Das ist das größte Beispiel zentral gestalteter Architektur, wie Sie wissen, das je gebaut wurde. JH: Der Kreml war ziemlich groß. PR: Der Kreml -- Ja, das ist wahr --, der ganze Komplex. JH: Erzähl mir von einer Funktion, die du zu Beginn von Second Life entwickelt hast, bei der du sicher warst, dass Leute damit gerne ihre Avatare erzeugen oder kommunizieren würden. das die Leute in der Praxis aber ablehnten und völlig uninteressant fanden. Nenn mir auch etwas, das dir nicht eingefallen ist, das das Volk aber fast sofort verlangte, PR: Für beides fallen mir mehrere Beispiele ein. Ein Favorit -- ich hatte eine Funktion in Second Life angelegt, von der ich wirklich begeistert war. Man konnte ganz nah an jemandem herantreten und ein privateres Gespräch führen. Es war kein "Instant Messaging"; das ging nur unter Freunden. Es war nur die Idee, dass man privater sprechen könnte. Es war eines jener Beispiele für datengesteuertes Design. Aus meiner Sicht war das eine gute Idee, aber es wurde nie verwendet, und schließlich haben wir -- ich denke, es ist jetzt abgeschaltet. Wir haben aufgegeben un die Funktion aus dem Code genommen. Mir fällt ein allgemeineres Beispiel ein, das gut zur Idee des Utopischen passt. Ursprünglich gab es in Second Life 16 Simulatoren. Heute sind es 20.000. Als es nur 16 waren, war [Second Life] nur etwa so groß wie dieser College-Campus. Wir hatten Zonen ausgewiesen: Wir richteten einen Nachtclub ein, eine Disco, in der man tanzen konnte; dann einen Ort, wo man mit Schusswaffen kämpfen konnte, wenn man wollte. Es gab eine Strandpromenade, die Coney Island ähnelte. Wir haben Zonen ausgewiesen, aber natürlich konnten Leute um sie herumbauen, wie sie wollte. Was von Anfang an erstaunlich war: Das Zonenkonzept wurde, wie sich herausstellte, sofort und gründlich ignoriert. Schon nach zwei Monaten -- in Second Life ist das ein wirklich kurzer Zeitraum -- kamen die Nutzer -- die Leute, die Second Life verwendeten, -- die Bewohner zu mir und sagten: "Wir wollen die Disco kaufen" -- ich hatte sie gebaut -- "wir wollen den Grund kaufen, sie abreißen und dort Häuser bauen". Ich verkaufte sie ihnen. Wir übertrugen das Eigentum, feierten eine Riesenparty und sprengten das Gebäude. Ich erinnere mich, dass das typisch war, dass man nie genau wusste, was passieren würde. Wenn man bedenkt, was gebaut wurde, das beliebt ist -- JH: Auch CBGB musste zumachen. So ist das Leben. PR: Genau. Nur sie hat schon am ersten Tag zugemacht -- in Internet-Zeit. Ein anderes Beispiel ist Schwangerschaft. In Second Life kann man ein Baby bekommen. Dazu verwendet man nur die Funktionen, die in Second Life integriert sind. Das Konzept von Schwangerschaft und Geburt selbst hat -- in Second Life auf Plattformebene und auf Unternehmensebene bei Linden Lab -- in Second Life keinerlei Spieleigenschaften. Es gibt keinen Versuch, das Erlebnis zu strukturieren, in dem Sinn, dass wir es utopisch gestalten. Wir hätten nie eine Funktion zum Kinderkriegen angelegt, indem wir etwa unter zwei Avatare verschmelzen oder so. Aber Leute haben die Option, Babys zu bekommen und zu pflegen als Erfahrung in Second Life angelegt, die man kaufen kann. Ich meine, das ist ein faszinierendes Beispiel für das, was in der Gesamtwirtschaft möglich ist. Die Volkswirtschaft ist eine weitere Idee. Die habe ich nicht erwähnt, aber sie ist sehr wichtig. Wenn man Leuten in einer Welt erlaubt, etwas zu erschaffen, dann wollen sie zwei Dinge: Erstens, das Eigentum an den Dinge, die sie erschaffen und zweitens, wenn sie Lust dazu haben -- und sie tun das nicht immer, aber oft -- wollen sie in der Lage sein, ihre Schöpfungen zu verkaufen, um für ihren Lebensunterhalt zu sorgen. Das gilt im Netz; das gilt in Second Life. Eine Wirtschaft ist also entscheidend. JH: Fragen an Philip Rosedale? Hier bitte. [Publikum: Erst eine Beobachtung: Sie sehen wie eine Figur aus.] JH: Die Beobachtung ist: Philip wird bezichtigt auszusehen, wie eine Figur, ein Avatar in Second Life. Antworte! Dann hören wir den Rest der Frage. PR: Aber ich sehe nicht wie mein Avatar aus. [Lachen im Publikum] Wie viele hier wissen, wie mein Avatar aussieht? Wahrscheinlich nicht sehr viele. JH: Kopierst du den Avatar von jemandem? PR: Nein, aber einer im Büro hatte einen tollen Avatar -- einen weiblichen Avatar--, der ich früher ab und zu "war". Aber mein Avatar ist ein Typ mit Cowboy-Chaps, stacheligen Haaren -- stachliger als diese --, in Orange, breiter Schnauzbart, eine Art Village-People-Avatar. Also -- sehr cool! JH: Und Ihre Frage? Publikum: [unverständlich] JH: Die Frage: Es scheint, als mangele es Second Life an kulturellen Feintönen. Es scheint, keine eigene Kultur zu haben. Unterschiede, die es in Realität gibt, übertragen sich nicht auf Second Life. PR: Erstens sind wir noch sehr jung; die Entwicklung ist erst ein paar Jahre alt. Was Sie sehen, ist teils dieselbe Evolution menschlichen Verhaltens, die man in frühen Gesellschaften beobachtet. Eine faire Einschätzung von Second Life heute wäre, dass es -- kulturell gesehen -- eher dem Wilden Westen als Rom gleicht. Aber die Entwicklung und die nuancierte Interaktion, durch die Kultur entsteht, schreitet 10mal schneller voran als in der realen Welt, und das in einer Umgebung, in der, wenn Sie in eine Bar in Second Life gehen, 65 Prozent der Gäste nicht in den USA sind und zudem ihre vielen verschiedenen Sprachen sprechen. Ein Weg in Second Life, Geld zu verdienen, ist wirklich coole Übersetzer zu machen, die man auf seinen Körper zieht. Sie öffnen sich als Pop-up auf dem Schirm und lassen Sie Google, Babel Fish oder einen anderen Online-Übersetzer verwenden, der den gesprochenen -- Verzeihung! -- eingegeben Text der User sofort übersetzt. Der multikulturelle Charakter und der kulturelle Schmelztiegel, der in Second Life entsteht, ist ziemlich -- er ist ziemlich bemerkenswert im Vergleich zu dem, was wir Menschen in der realen Welt je erreicht haben. Ich glaube, die kulturellen Feintöne werden entstehen, aber es wird noch einige Jahre dauern, bis das entsteht, was wir als natürlich empfinden. JH: Weitere Fragen? Gleich hier. [Publikum: Wie setzt sich Ihre Demographie zusammen?] JH: Die Demographie? PR: Die Frage nach der Bevölkerung -- Das Durchschnittsalter einer Person in Second Life ist 32. Allerdings erhöht sich die Nutzung von Second Life dramatisch mit dem tatsächlichen Alter. Geht man von 30 zu 60 Jahren -- viele in den Sechzigern nutzen Second Life --, dann ist das keine steile Kurve, sondern sehr, sehr breit verteilt. Die Nutzung in Stunden pro Woche steigt um 40 Prozent im realen Leben im Verlauf von 30 Jahren zu 60 Jahren. Viele Leute glauben zu Unrecht, Second Life sei eine Art Online-Spiel. Aber es ist in der Regel unattraktiv -- ich spreche ganz allgemein und kritisch -- Für Online-Spieler ist es nicht sehr attraktiv, weil die Grafik noch nicht ebenbürtig ist. Ich meine, es sind schöne Bilder, aber die Grafiken sind nicht ganz auf dem Niveau der fein aufgelösten Grafiken, die Sie in Grand Theft Auto 4 sehen. Also Durchschnittsalter: 32. 65 Prozent der Benutzer sind nicht in den USA. Die Verteilung nach Ländern ist extrem breit. Es gibt heute Nutzer aus nahezu allen Ländern der Welt in Second Life. NImmt man Europa und Großbritannien zusammen, sind sie am stärksten vertreten. Sie machen etwa 55 Prozent der Nutzung in Second Life aus. Was die Psychographie angeht -- Männer und Frauen sind in Second Life fast gleich stark vertreten. Etwa 45 Prozent der Leute, die jetzt in Second Life online sind, sind Frauen. Frauen verbringen Second Life etwa 30 bis 40 Prozent mehr, Stunden als Männer. Mehr Männer als Frauen melden sich an, und mehr Frauen als Männer bleiben und nutzen es. Das ist eine weitere demografische Tatsache. In Hinblick auf die Psychographie: Die Menschen in Second Life sind -- vielleicht wider Erwarten -- erstaunlich unterschiedlich, wenn man sie trifft und sich unterhält. Ich würde Sie herausfordern, das zu tun! Es ist kein Haufen von Programmierern. Die Demographie ist schwer zu beschreiben. Wenn ich ein grobes Bild zeichnen müsste, würde ich sagen: Erinnern Sie sich, wer sich in den ersten Jahren wirklich mit eBay beschäftigte? Diese Art Leute -- in anderen Worten "Pilotanwender". Sie neigen zur Kreativität und zu unternehmerischem Denken. Viele -- bisher etwa 55.000 -- schreiben schwarze Zahlen. Sie verdienen Geld -- ich meine "echtes" Geld -- mit dem, was sie in Second Life tun. Es geht sehr -- immer noch kreativ, Dinge herstellen --, in Richtung Bau-dir-eine-Existenz-auf. Das wäre also das. JH: Philip, würdest du sagen, dass du in jungen Jahren wirklich kreativ warst und gern selbst Dinge gebaut hast? Man hört nicht oft, dass sich jemand selbst als wirklich kreativ beschreibt. Es könnte ein Euphemismus für einen mittelmäßigen Schüler sein, der viel Zeit in seinem Zimmer verbrachte? Kann das sein? [Lachen] PR: Es gab Zeiten, da war ich ein mittelmäßiger Schüler. Das ist witzig, als ich aufs College ging und Physik studierte, wurde ich wirklich -- Es war witzig, weil ich ein eher ungeselliges Kind war. Ich las die ganze Zeit. Ich war schüchtern. Das wirkt heute nicht so, aber ich war sehr schüchtern. Ich war oft umgezogen. Die Erfahrung habe ich auch gemacht. Also habe ich in meiner eigenen Welt gelebt. Es fördert natürlich die Beschäftigung mit Dingen, die einen wirklich interessieren. JH: Bist du inzwischen beim fünften Leben angekommen? PR: Wenn man Städte zählt ja. Aber ich war -- in der Schule nicht so gut, wie ich hätte sein können. Da haben Sie Recht. Ich war nicht der Typ, der darauf versessen war, Einser zu haben. Es war eine großartige gesellige Erfahrung im College, die neu für mich war, eine eher brüderliche Erfahrung. Ich lernte 6 oder 7 Jungs kennen. Wir studierten Physik und ich empfand große Rivalität. Also fing ich an, Einser zu haben. Aber du hast Recht: Ich war kein Einser-Schüler. JH: Letzte Frage! Gleich hier! [Publikum: In der Broschüre heißt es --] JH: Möchtest du das umformulieren? PR: Ja, lass mich das neu formulieren. Sie sagen, in der Broschüre steht, es kann passieren, dass wir unser digitales Ich dem realen Ich vorziehen -- unsere eher formbaren, lenkbaren digitalen Identitäten den realen Identitäten -- dass ein großer Teil menschlichen Lebens und menschlicher Erfahrung künftig im digitalen Raum stattfinden könnte. Natürlich ist das irgendwie ein schrecklicher Gedanken. Es ist eine Furcht einflößende Veränderung, ein erschreckender Bruch. Ich vermute, Sie wollen wissen, wie ich das sehe? JH: Was sagst du, wenn Leute das erschreckend finden? [Publikum: Wenn jemand sagt: "Ich finde das beunruhigend". Wie reagieren Sie?] PR: Nun, ich würde ein paar Dinge sagen. Erstens ist es beunruhigend, wie es das Internet oder Strom war. Das heißt, es ist ein großer Wandel, aber er ist unausweichlich. Egal wie sehr man zurückrudert, sein Verhalten steuert oder politisch aktiv ist, nichts hält diese technologischen Wandel davon ab, uns untereinander zu verbinden, denn die Grundmotivation der Menschen ist es -- kreativ und unternehmerisch tätig zu sein -- wird die Energie liefern, von der virtuelle Welten ebenso zehren wie das Internet. Dieser Wandel ist, glaube ich, ein gewaltiger Umbruch. Offensichtlich bin ich Optimist und ein großer Anhänger dessen, was hier passiert, Aber ich denke, selbst ein absolut nüchterner unabhängiger Betrachter, der das vom Spielfeldrand verfolgt, muss nach Datenlage zum Schluss kommen: Wenn solche wirtschaftlichen Kräfte am Werk sind, wird es definitiv eine grundlegende Veränderung geben. Diese Veränderung wird tiefgreifend sein, und zwar proportional zu unserem Konzept von Leben, Existenz und Identität. Ich glaube nicht, dass wir diesen Veränderungen entkommen können. Ich denke, generell -- wir haben das angesprochen -- Wenn man sich in einer virtuellen Welt befindet und durch sie gefordert wird -- -- dort überleben muss, dort sozusagen ein schönes Leben führt, dann besteht die Herausforderung in der Multikulturalität dort. Das liegt an den Sprachen, an der unternehmerischen Vielfalt, am Flohmarkt-ähnlichen Wesen, wenn man so will, der virtuellen Welt heute. Er stellt Herausforderungen auf uns zu. Wir müssen uns in vielerlei Hinsicht besser sein. Wir müssen lernen, Dinge und Sie wissen, werden toleranter, und intelligenter und schneller lernen und mehr Kreativität, vielleicht, als wir in der Regel im realen Leben sind. Und ich denke, wenn das stimmt, virtuelle Welten, dann ändert dies, obwohl beängstigend-- und ich sage, unvermeidliche-- sind letztlich zum besseren, und deshalb etwas, das wir raus fahren sollten. Aber ich würde sagen, die-- und viele andere Autoren und Referenten dazu, andere als ich, haben gesagt, Sie wissen, anschnallen weil die Änderung kommt. Es wird große Veränderungen geben wird. JH: Philip Rosedale, vielen Dank. (Beifall)