Engel: Der nächste Talk
trägt den wunderschönen Titel
"Zahnrad aus Fleisch
Expeditionen ins Kommentierreich"
Und ich bitte um einen herzlichen Applaus
um unsere beiden Expeditionsleiter
André und fraufeli
Applaus
André: Ja, super. Dankeschön.
Oh, noch mehr?
Engel: (unverständlich)
André: Achso, zum Weiterschalten, super!
Na gut, ok.
Ja, was hat's damit auf sich?
Journalisten, die kriegen ja häufig
Briefe ihrer Leser.
Und zwar auch Moderatoren,
Leute die professionell moderieren,
wie z.B. Feli. Und in einem von diesen
kam diese Formulierung vor:
"Weißt du Zensor Zahnrad aus Fleisch.
Du bist nur eine Nummer.
Du bist ein garnichts.
So sind wir doch alle, auch die,
die sich über alle anderen stellen.
Doch du begreifst das nicht,
sonst würdest du diesen
Zensorquatsch nicht machen.
Hier besitzt doch keiner den Mut,
sein Leben gegen diese Bande
einzuseten.
So wie die mutigen Männe
rund Frauen in anderen Ländern,
die ihr Leben einsetzen
um sich von den Une..tr..drückern befreien,
die sich als Wohltäter aufspielen.
Ihr lebt von unseren Minilöhnen
und ihr Scheißjuden"
Gelächter aus dem Publikum
vereinzeltes Klatschen
Also Journalisten kriegen häufig
unangenehme Leserpost,
das war auch schon immer so,
das war auch schon in den Zeiten so,
als es noch gar kein Internet gab.
Aber irgendwie haben wir so
in den letzten Jahren, oder
in diesem Jahr jetzt besonders,
gab es so gefühlt den Eindruck,
als ob sich irgendwie alle
darüber beschweren, was da nun
im Internet gerade vor sich geht.
Also, wenn man es auf einen Slogan
bringen kann: "Wo Netz, da Hetz"
Das ist so das, was irgendwie
durch die Gazetten geht,
ob sich Frau Göring-Eckardt,
eine Politikerin der Grünen,
bei der es das Gerücht gibt,
dass sie auch schon mal von Moderatoren
äh, Beiträge zensiert worden sind,
weil sie den Namen
"Göring-Eckardt" erwähnen,
also die Frau heißt ja wirklich so,
vereinzeltes Lachen
aus dem Publikum
die einfach sich hingesetzt hat
und einfach mal Briefe vorgelesen hat,
die sie so bekommt.
Hassmails.
Oder beispielsweise...
.. ja, oder ob ich heute, gestern dann
ins Fahrkartenzentrum gehe in Berlin
und da hat mal wieder die Bitkom
ne schöne Studie gemacht
zum Thema Hasskommentaren.
Ich glaub das dieses Thema so,
ja, oder ganz besonders für den
deutschen Fernsehpreis nominiert.
Am 5. August in den Tagesthemen
hat sich Anja Reschke zu Wort gemeldet
gegen die Hetze gegen Ausländer
im Internet, das ist ja gerade mit diesen
seltsamen Bewegungen wie Pegida oder diese
Partei AfD mit ihrem Rechtsruck
ein sehr großes Thema in Deutschland,
auch in Zusammenhang mit der sogenannten
Flüchtlingskrise. Also, dass da so
ein bisschen die Emotionen hochkochen
und Journalisten jetzt dazu übergehen,
quasi Briefe an ihr Publikum zu schreiben,
Briefe an ihre Leser zu schreiben,
was relativ neu ist.
Und es betrifft eben nicht nur Journalisten,
es betrifft auch Blogger,
die sich darüber beklagen, wie's einfach
in ihren Kommentarbereichen aussieht.
Vor Kurzem war ich in Berlin
auf 'ner Konferenz,
da war Alexander Kluge da,
und er sagte ...
also ein deutscher Intellektueller,
schon bisschen älteres Semester,
und er sagte: "Ja, so das Internet,
das ist ja ganz toll, und das hat ja quasi
die Brecht'sche Radiotheorie umgesetzt.
Das waren so Ideen, die Brecht
irgendwie in den 30er Jahren
zum Rundfunk formuliert hat.
Dass es darum geht,
ein Interaktionsmedium zu machen,
wo dann nicht nur gesendet wird,
sondern auch die Empfänger
wieder zurücksenden können.
Und ganz lange Zeit, wenn's
um Medienreform gegangen ist,
Reformen von Fernsehen,
Reformen von Zeitungen,
spielte immer eine sehr große Rolle
in der Debatte der sogenannte Rückkanal.
Also, dass sich dann die Leute,
die das Medium konsumieren,
zurück an den Autor des entsprechenden
Artikels wenden können.
Und wie gesagt, Alexander Kluge sagt,
das ist jetzt umgesetzt,
aber irgendwie ist da trotzdem
so ein schaler Geschmack dabei,
wie man eben an diesen
ganzen Rückmeldungen merkt,
die sind da alle gar nicht
so einverstanden damit,
was ihnen da so entgegenschallt
aus dem Internet,
aus den sozialen Medien,
und ja..
Man könnte eigentlich sagen, so:
diese Kommentare drunter,
unter Artikeln oder professionellen
Zeitungsartikeln online
sind sowas Ähnliches
wie eine Schmuddelecke.
Damit beschäftigt sich
Feli hauptberuflich,
indem sie dann dort
etwas aufräumen muss.
Und es gibt eine allgemeine
Unzufriedenheit mit der Art und Weise,
wie diese Kommentarbereiche aussehen.
Das hat jetzt gar nichts mit der
aktuellen, zugespitzten Situation
mit den Flüchtlingen zu tun,
sondern das war eigentlich schon vorher,
dass viele Zeitungen davon
abgerückt haben.. angefangen haben,
ihre Kommentarbereiche zu schließen,
dass denen das zu aufwendig geworden ist.
Das kann wirtschaftliche Gründe haben,
das kann aber auch Gründe damit haben,
dass man einfach mit diesem Medium
nicht so richtig...
oder mit der Moderation
nicht richtig klarkommt.
Und wenn wir dann weiterdenken,
worum es heute eigentlich
nicht so gehen soll,
um solche Dienste wie Facebook,
da ist ja quasi alles Kommentar.
Und da ist man natürlich
auch sehr unzufrieden,
Also viele, professionelle,
journalistische Medien
die haben ja auch da immer
so einen Facebook-Kanal,
wo alle Artikel reingepumpt werden,
und was da dann direkt kommentiert wird,
das ist auch manchmal
ein bisschen unangenehm.
Auf der anderen Seite,
im professionellen Medienbereich
ist man sich eigentlich einig,
so, ja .. anfangs war's ja so,
man hat die Medien,
die man ohnehin gehabt hat,
Print, dann auch online gespiegelt,
dann gab's irgendwann
z.B. Spiegel online und den Spiegel.
Aber mittlerweile ist es ja so,
dass die ganzen Medienhäuser
irgendwie verstanden haben,
kein Leistungsschutzrecht wird sie retten.
Es geht in Richtung auf den digitalen Bereich,
das wird jetzt die Zukunft sein.
So, man kann natürlich allgemein
unzufrieden sein mit der Politik,
hier z.B.:
"Nichts ist eines Kulturvolkes unwürdiger,
als sich ohne Widerstand
von einer verantwortungslosen
und dunklen Trieben ergebenen
Herrscherclique regieren zu lassen.
Ist es nicht so, dass sich heute
jeder ehrliche Deutsche heute
seiner Regierung schämt"
Ja, so eine Aussage
stimmt natürlich immer irgendwie.
Und man kann natürlich über alles
abranten, auch über den Zustand
der Kommentare im Internet,
über die Art und Weise
wie es politisch aussieht,
das Fernsehprogramm ist
natürlich auch immer, immer
eigentlich großer Mist,
und was die im Radio einem vorsetzen
das ist ja auch wirklich unverschämt.
Aber in einer freien,
in einer offenen Gesellschaft
brauchen wir natürlich auch
sowas wie eine offene Gesprächskultur,
wo man dann auch mal gegen die
herrschenden Verhältnisse sein darf.
Das ist eigentich selbstverständlich,
das ist guter stil in einer Demokratie,
und erst recht in einer
freiheitlichen Gesellschaft.
Wenn wir dann aber an die
Situation einer Diktatur denken,
dort sind diese Bereiche dann natürlich
in sehr starkem Maße gefährdet,
also die freie Meinungsäußerung,
und darum ist es schon sehr wichtig,
das auch zu verteidigen.
Denn unter den Bedingungen einer Diktatur
gibt es immer ganz harte Sanktionen
für Oppositionelle und im Beispiel,
was ich gerade angebracht habe,
ich weiß nicht, wie viele es erkannt haben,
das war der Beginn
des ersten Flugblattes
der münchner Widerstandsgruppe
die "Weiße Rose".
Das Regime, was damit angesprochen war,
war das nationale sozialistische Regime.
Und, ja, das ist damals so mit
Schreibmaschine vervielfältigt worden,
dann haben sie diese
Flugblätter rumgegeben.
Das Nazi-Regime war davon
natürlich nicht so ganz begeistert.
Und die Leute sind dann,
die "Weiße Rose", das wisst ihr alle,
sind .. die jungen Leute sind
abgeurteilt worden vom Volksgerichtshof
aufgrund ihrer vier Flugblätter,
die sie veröffentlicht haben,
und mit dem Fallbeil hingerichtet.
Heute ist die Situation ganz anders,
also keiner wird umgebracht,
aber natürlich gibt es
Sanktionsmechanismen auch.
Und die Frage, wie viel freie Rede
wollen wir haben,
was ist da sozusagen die richtige Balance,
wie gehen wir damit richtig um,
Und dann gibt es ja auch immer so
bestimmte Äußerungen, mit denen
wir nicht so einverstanden sind,
also wenn irgendjemand, ja, irgendwie...
sich auf 'ne Art und Weise äußert,
wie das vielleicht nicht so ein guter Stil ist.
Oder auch strafrechtlich,
z.B. Volksverhetzung
oder auch Holocaustleugnung,
sowas in der Richtung.
Vielleicht habt ihr's gemerkt,
ich hab halt gleich am Anfang
quasi Godwin's Law erfüllt,
also ich habe, ich bin
sozusagen auf den Nazivergleich
gegangen, das war ja so 'ne Regel,
die ja schon relativ früh im Internet
mal formuliert worden ist,
also: "im Verlaufe längerer Diskussionen
im Internet, beispielsweise in Usenet-Newsgroups"
ich weiß nicht, wie viele von euch
tatsächlich noch Usenet-Usegroups kennen,
aber das war so ein Diskusisonsmedium,
ein bisschen so ähnlich wie eine
Email-Liste kann man das eigentlich sagen.
Das Gesetz von ihm besagt, dass
"mit zunehmender Dauer die Wahrscheinlichkeit,
dass jemand einen Nazi-Vergleich einbringt,
sich dem Wert 1 annähert."
Das ist auf eine sarkastische
Art und Weise formuliert worden.
Ein Gerücht besagt, dass das Argument
von der Gegenseite automatisch gewonnen wird,
sobald irgendeiner den Nazivergleich bringt.
Leider funktioniert das in der Praxis nicht
so.
Aber solche sarkastischen Regeln
bei entgleisenden Diskussionen,
die sind natürlich besonders...,
das sind natürlich solche
Selstregulierungsmechanismen,
dass man solche Gesetze formuliert.
Allgemein könnte man sagen,
ja, es gibt natürlich auch noch
Hitler-Vergleiche, die
irgendwie harmlos sind
also wenn ich hier z.B. das
Dokuprogramm von N24 karikiere.
Lachen aus dem Publikum
Aber allgemein so kann man sagen
irgendwie: "Wo Netz, da Troll",
das gehört irgendwie zusammen. Das
kann man gar nicht voneinander trennen.
Und es gab ja in diesen Zeiten des Use-Nets
auch noch ganz andere, wirklich harte Regeln
also beispielsweise, dass man, ..
ja, diese TOFU-Zitierweise,
dass das keine gute Sache ist,
besagt einfach, man soll nicht
den ganzen Rattenschwanz mitkopieren,
was die Leute vor mir gepostet haben,
wenn ich auf irgendwas antworte.
Und heute, wenn ihr dran denkt,
wenn ihr eine Email zurückschreibt,
und das ist nur eine Zeile,
dann werdet ihr wahrscheinlich
angeblufft, warum ihr nicht den Kontext
irgendwie mitgeliefert habt.
Das heißt, Regeln die damals
im Use-Net formuliert worden sind,
die hatten natürlich auch einen
bestimmten technischen Hintergrund.
Da sind ja die Bits und Bytes einzeln
quasi da über das Modem gerückelt
und es war auch noch alles teuer.
Heute gibt es da halt einfach
ganz andere Bedingungen
unter technischen Medien.
Das heißt, solche Gesetze,
die auch formuliert werden, oder auch
Regeln, die formuliert werden,
die man durchsetzen will,
die kann man nicht
für alle Ewigkeit formulieren.
Das ändert sich auch immer mal,
was da gute Sitte ist und was da
gute Praxis ist.
Was halt diese ganzen
Nazi-Vergleiche betrifft, natürlich,
das machen jetzt auch die Großen.
Hillary beispielsweise hat diese...
Hillary Clinton hat die Krim-Annektion
mit Hitler verglichen
und danach hat Herr Schäuble
das nochmal getan,
dafür kritisieren dann auch
irgendwelche Leute Herrn Schäuble
als den Durchsetzer des Euro
oder der deutschen Position des Euro
und nutzen dann auch wieder
ihrerseits Nazivergleiche.
Ich glaube, man kann einfach nicht sagen,
dass so der Nazi-Vergleich
eine reine Sache des Netzes ist,
sondern das passiert
auch außerhalb des Netzes.
Interessant in dem Zusammenhang auch,
weil ich sie gerade schon mal positiv angeführt habe,
die Nominierte für den Fernsehpreis
mit ihrem Kommentar vom August.
Sie hat ja auch einen Kommentar
gemacht damals, der sehr populär
geworden ist, zum Gedenken am
Jahrestag der Befreiung von Auschwitz,
das war sehr populär,
das war sehr bekannt.
Was, was für mich irgendwie
total schockierend war,
als ich das gesehen hab,
ich war sozusagen ganz d'accord
die ganze Zeit bei dieser Präsentation,
aber am Ende hat sie dann...
also zum Jahrestag von Auschwitz,
dann irgendwie den Bogen gekriegt
zu diesen Demonstranten in Dresden.
Und das fand ich schon ein bisschen hart.
Also so diese ... ich weiß nicht,
Also der Auschwitz-Vergleich ist dann
sozusagen der Hitler-Vergleich plus, ja,
da muss man ein bisschen
vorsichtig mit sein.
Ganz wichtig:
Wie sieht's eigentlich aus...?
Also, meine Aufgabe seh ich ein
bisschen auch darin, jetzt Wasser
in den Wein zu gießen,
in dem Sinne:
Die Journalisten kritisieren das Internet
und
ich versuche jetzt so ein bisschen zu sagen:
Naja, aber alles was Journalismus macht,
ist ja auch nicht so prima.
Was mich dieses Jahr sehr schockiert hat,
war z.B. dieser Beitrag,
das ist jetzt Facebook,
da hatte die Süddeutsche Zeitung
diese Zusammenfassung,
oder Social Media Team gemacht,
Thomas Middelhoff, ein Manager
von Bertelsmann meines Wissens,
der im Gefängnis ist, sich über
seine Haftbedingungen beschwert hat,
ist für Viele die Inkarnation
eines arroganten Geldsacks.
Warum hat er das selbst
nie verstanden? Ja?
Und das ist für mich wirklich
ein Fall von Demagogie,
man kann sich vorstellen,
wie die Kommentare ausgesehen haben,
die da drunter waren.
"Warum hat er selbst das nie verstanden?"
"Weil er ein arroganter Geldsack ist."
Lachen aus dem Publikum
Bis hin zu der Forderung,
die Väter der sozialen Marktwirtschaft
hätten so einen wie ihn
an die Wand gestellt usw.
Also alles so ganz hämische und
kritische Kommentare.
Ist insofern auch ganz interessant,
weil dieser Facebook-Eintrag
der Süddeutschen Zeitung verweist auf
einen Artikel von Hans Leyendecker,
also nicht irgendein Journalist, sondern
einer der Premiumklasse-Journalisten
in Deutschland.
Ich hab mich beschwert über diesen Kommentar,
und die haben mir geantwortet:
"Ja wieso, das steht doch da so
in dem Artikel auch drin."
Steht es schon, ja, aber, ...
in dieser Verkürzung
find' ich das schon
ein bisschen demagogisch.
Und ich meine, man muss sich ja nicht
nur beschweren über Artikel,
über diese Kommentare,
die da drunter kommen,
sondern auch mal fragen, sozusagen,
womit wird das denn eigentlich angereizt.
Und ich sehe gerade, dass
in sozialen Medien viel stärker
da nochmal bei Verweisen
auf Artikel polarisiert wird.
Und, wie sagt man so schön,
wie man in den Wald hineinruft,
so schallt es heraus.
Ich hab von Demagogie gesprochen,
da gibt es so eine schöne Definition:
"Demagogie betreibt, wer bei
günstiger Gelegenheit öffentlich
für ein politisches Ziel wirbt, indem
er der Masse schmeichelt"
Ok, das ist vielleicht ein bisschen
abwertend, "der Masse" ...
"der Masse schmeichelt, an ihre
Gefühle, Instinkte und Vorurteile appelliert,
ferner sich der Hetze und Lüge
schuldig macht, Wahres übertrieben
oder grob vereinfacht darstellt"
Und das ist ja auch
ein ganz interessanter Punkt:
"Die Sache, die er durchsetzen will,
für die Sache aller Gutgesinnten ausgibt,
und die Art und Weise, wie er sie durchsetzt
oder durchzusetzen vorschlägt,
als die einzig mögliche hinstellt."
Also gut, das ist hier etwas,
da kennen wir ja durchaus andere Leute,
die ihre Position jetzt so
als alternativlos darstellen
und der Meinung sind, es ist alles...
wir sind die Guten
Lachen und Applaus aus dem Publikum
Ja, man kann eigentlich sagen, das Bekannte
ist ja eigentlich diese Situation, ... oder
...
die Wahrheit stirbt im Krieg zuerst.
Warum?
Ja, ganz einfach deshalb,
weil wir eben diese Polarisierung haben:
Wir - Wir sind die Guten
und das sind Sie - und Sie ist der Feind.
Und damit ist eigentlich auch schon klar,
wie sozusagen die Wertung auszufallen hat.
Das Dumme ist natürlich:
im Journalismus wird das
— das könnt ihr in sehr vielen
Artikeln nachvollziehen —
wird das auch häufig so gemacht.
Und der entscheidende Punkt ist immer:
Nimmt man das überhaupt wahr?
Reflektiert man das?
Wer ist da jetzt die
ausgeschlossene Gemeinschaft?
Und das ist Herr ...
Lachen aus dem Publikum
der Kommissar Öttinger im Gespräch
mit der Taliban oder mit dem Netz.
Lachen aus dem Publikum
Auch Öttinger ist ja, ich denke
in unseren Zirkeln so ein bisschen
so eine Hassfigur für manche
und auch in der Berichterstattung.
Also die EU-Kommission
die ist irgendwie doof und wir
sind die Schlauen, und umgekehrt.
Da gibt's so ganz, ganz
viele Polarisierungen
Westen gegen Putin,
die demokratischen Staaten Europas
und die Braven gegen Assad,
die Griechen gegen Merkel,
und friedliebende Völker
gegen die Terroristen usw.
Diese Narrative findet ihr in der
gesamten Medienberichterstattung
und immer geht's so: Wir gegen Sie.
Und es ist sehr wichtig, zu verstehen,
dass wir Teil eines Wir gemacht werden
und solange wir zu diesem Wir
auch mit dazugehören,
sind wir da häufig auch einer Meinung,
aber problematisch wird's in dem Moment,
wo wir dann nicht so sehr zu
diesem Wir dazugehören wollen
und plötzlich zu dem Sie dazugehören.
Und ...
dann den ganzen Bias
plötzlich wahrnehmen.
Und dann empfinden wir das plötzlich
nicht mehr so balanciert,
was da in den Medien
uns vorgesetzt wird,
sondern dann sagen wir: "Oh Gott,
wir werden da ja von ausgeschlossen"
Also das wäre z.B. auch das Problem,
das ich mit diesem Auschwitz-Kommentar
da von Anja Reschke,
der ja toll war, am Anfang, ...
Aber wenn ich jetzt ein Anhänger von diesen
seltsamen Demonstranten in Dresden wäre,
ja, dann würde ich mich ja davon
ausgeschlossen fühlen,
dann würd ich ja sagen: "Oh Gott,
was ist das für 'ne schreckliche Presse,
die sind jetzt nicht auf meiner Meinung,
auf meiner Seite.
Und ich glaube, das ist sehr wichtig
für guten Journalismus, dass man
quasi immer die Brücke
baut zum Anderen.
Und für mich ist eigentlich das Ideal
dieses alte BBC-Ideal, diese Vorstellung,
dass es darauf ankommt, quasi
den Feind so zu überzeugen, dass er
dass er meiner Berichterstattung mehr
glaubt als seiner eigenen Propaganda.
Ja, und .. ähm...
Ja nun kann man natürlich sagen,
Journalisten werden sagen:
"Ja, es gibt ja gar nicht das 'Sie' und so,
und wir berichten ja neutral."
Ich halte das für nicht so
ganz reflektiert, ehrlich gesagt.
Und auch dieser bekannte Ausspruch,
dass man
.. ja, wie hieß das?
... sich nicht gemein machen soll,
auch nicht mit irgendeiner Sache,
das ist ja auch aus meiner Sicht
so ein bisschen unreflektiert.
Also, wenn man an Journalismus denkt,
kann man davon ausgehen,
es gibt bestimmte Möglichkeiten,
wo ein Journalist versucht,
professionelle Standards zu bringen,
einer ist diese Betonung von
den Belegen und dem Belegprinzip,
auf der anderen Seite: Man kann
natürlich auch mit ganz, ganz vielen Fakten,
kann man auch einfach
die Unwahrheit erzählen.
Indem man selektiv bestimmte
Fakten rauspickt, die gerade
in ein bestimmtes Bild reinpassen.
Also, ich halte von ...
sicher, gute Belege sind eine schöne Sache,
aber das allein ist es nicht.
Dann eben die Frage der Neutralität,
was neutral ist.
Die Frage ist: Wer entscheidet darüber,
was neutral ist?
Und sehr häufig ist es ja so,
es kommt darauf an,
wer ist sozusagen dein Gegenüber,
was sind die Leute, die jetzt
dir zubilligen, dass es neutral ist?
Und wahrscheinlich sind die Leute,
die am besten über Neutralität
entscheiden können auch diejenigen,
die, naja, ... so ein Stück weit
ausgeschlossen werden, oder
die nicht auf deiner Seite sind.
Das andere ist, dass man natürlich
im Journalismus, wenn's irgendwie
technisch komplizierte Sachen gibt,
Netzneutralität, Vorratsdatenspeicherung usw.
Versucht, das auf irgendwelche ganz
simplen Narrative zurückzukondensieren,
um das irgendwie seinem Leser
verkaufen zu können.
Und ganz bekannt ist dann,
das habt ihr immer wieder in so
netzpolitischen Debatten,
dass es dann irgendwie,
die gerade Innenpolitik betrifft,
dass es dann auf so Generalnarrative
wie "Freiheit gegen Sicherheit"
zurückbezogen werden.
Das ist so ein Kasperkram,
insofern, weil die Politiker,
die brauchen dann auch von den
einzelnen technischen Sachen
da überhaupt keine Ahnung zu haben.
Die wissen ja, die haben
tausendfach Vorträge zum Thema
Freiheit gegen Sicherheit gehalten,
die wissen, auf welcher Seite sie stehen,
und es ist häufig ... solche Narrative
sind dann häufig irreführend,
es kommt einfach darauf an, wer
dominiert denn?
Also wenn man beispielsweise
sagt jetzt bei der NSA-Überwachung
da sind halt die Bürger,
die wollen ihre Freiheit,
und dann gibt es die sicherheitspolitischen
Gründe der Nachrichtendienste,
dann kann man das natürlich
immer auch umdrehen und kann sagen:
Was ist denn hier eigentlich mit der
Sicherheit Deutschlands,
wenn jetzt Verbündete starten, uns hier
überwachen und unsere Bürger überwachen.
Und ja, genau ...
... wo geht dann unsere Freiheit hin?
Um's jetzt nochmal so zu kondensieren:
Wenn es Kommentare gibt,
und wir meinen jetzt Kommentare
unter Artikeln, dann gibt es im
Grunde genommen 2 Möglichkeiten,
entweder man ignoriert das vollkommen,
oder man solidarisiert sich,
man sagt ... das ist ja sehr selten:
"Mensch, ein toller Artikel, das hat mir
aus der Seele gesprochen!"
Interessanterweise eben bei diesen
Reschke-Kommentaren war es ja so,
dass sie super angekommen sind,
viele Leute haben das geteilt,
die haben gesagt, das ist eine tolle Sache,
aber sonst kommt es relativ selten vor,
dass sich Leute wirklich mit Journalisten
so konkret jetzt, positives Feedback geben.
Häufiger ist es doch eher,
auch in Kommentaren dann,
dass man eher der Linie des Journalisten
widerspricht, sie ergänzen möchte,
und sich auch als Anwalt
von Positionen geriert,
die ausgeschlossen sind.
Also, ja..
meinetwegen pro Putin, ja?
Und bei diesen ausgeschlossenen
Positionen wird es dann ja häufig auch
irgendwie ganz interessant.
Ich behaupte einfach, dass der
Widerspruch besonders hart ausfallen wird,
wenn Journalisten sehr stark polarisieren.
Und es gibt gewisse Ökonomien derzeit,
die dafür sorgen, dass Presseerzeugnisse viel stärker polarisieren
als es in der Vergangenheit
der Fall gewesen ist.
Und tendenziell wird's immer so sein,
dass ... naja, ...
das was kommentiert wird, irgendwie
gegen die Linie geht, des Blattes.
Und damit muss natürlich auch
der Journalist schon klarkommen können.
Und ich glaube, dass man
Nutzer-Kommentare oder
"den Hass" im Internet nicht
so ganz trennen kann
von den journalistischen Artikeln,
denn es gibt durchaus auch Tendenzen,
im stärkeren Maße einfach
mehr Emotionen zu erzeugen
um mehr Klicks zu erzeugen,
ich glaube darauf wirst du
jetzt gleich noch mehr eingehen.
... achso, das war noch ein Bildbeleg.
Applaus
Sektkorkenknallen
Lachen
Ich bräuchte nochmal technische Hilfe lacht
Äh, und zwar hab ich meinen Text...
Engel: So, diese kleine Zwischenpause
können wir ja kurz nutzen,
um die Sitzverteilung noch
so ein bisschen zu verbessern.
Können alle, die neben sich einen
freien Platz haben mal die Hand heben?
So, und für Leute, die hinten stehen,
die noch einen Platz suchen,
die können jetzt einfach sich hier
einen Handpartner quasi suchen.
Ok, ich glaub, ihr könnt die Hände
wieder runternehmen, dankeschön.
Feli: Geht sofort los!
Ok, wo befinden wir uns
mit der Kommentardebatte?
Ich führe hier als erstes Silde
einen Tweet von mir an, der sich
eigentlich ging's mir um den
Ursprungstweet, der unten drunter steht,
der englische,
also dass die Kommentatoren
den Artikel nicht lesen,
die Autoren lesen die Kommentare nicht
und niemand klickt auf die Werbung.
Das ist im Prinzip mein Vortrag
in einem Satz zusammengefasst.
lacht
Applaus
Ich erzähl' das jetzt aber auch
noch mal ausführlich lacht
Lachen aus dem Publikum
Seit es die Menschheit gibt,
werden Debatten geführt,
die in Prügeleien ausarten,
wenn man jetzt an Faustkeile
im Museum denkt z.B.,
seit es das Internet gibt
werden Debatten online geführt,
die eben dann in virtuelle
Prügeleien ausarten.
Community-Redakteurinnen wie ich jetzt,
oder -Managerinnen nennt man sie auch,
arbeiten vor allem daran,
die Debatten, die Streitereien
mit den virtuellen Faustkeilen,
aufzulösen oder wieder
eine sachliche Diskussion
zu ermöglichen.
Im Idealfall hat die Community
eine gute Gruppendynamik,
sodass aufkommende Streitereien
unter den Lesern selbst gelöst werden
und wir dann gar nicht direkt
eingreifen müssen.
Das ist oft aber leider nicht so.
Wir müssen also eingreifen.
Und meine Devise
bei der Arbeit lautet:
Ich will Menschen miteinander
ins Gespräch bringen, und
ich will, dass sich möglichst
viele Leute mit möglichst vielen
verschiedenen Standpunkten
äußern können.
Und da kann ich auch gleich an was
anknüpfen, bevor ich es wieder vergesse,
was André auch eben gesagt hat.
Es ist nicht nur so, dass eine
Gruppierung sagt:
"Die Kommentare von euch sind schlecht,
und die müssen jetzt rausgenommen werden"
Sondern es ist immer so,
es gibt verschiedene Lager,
und alle Lager fordern von
allen anderen Lagern,
dass deren Kommentare...
überflüssig oder übergriffig sind
oder irgendsowas.
Insoweit, wir bei unserer Arbeit
arbeiten gar nicht mit einem
politischen Impetus oder mit
irgendeiner Agenda oder
was uns immer vorgeworfen wird
als Zensoren, sondern wir haben
einfach am Tag, wie das bei den
meisten Nachrichtenportalen,
bei den größeren zumindst,
so ist, mit mehreren tausend
Kommentaren zu tun.
Das heißt, dass wir überhaupt nicht
die Zeit haben, uns mit irgendwelchen
politischen Grundsätzen, die wir vielleicht
privat verfolgen, auseinanderzusetzen.
Und insoweit entscheiden wir dann
innerhalb von Sekunden oder innerhalb
von einer Minute vielleicht, die wir
Zeit haben für einen Kommentar,
bleibt der drin oder muss der raus.
Und wir machen uns ganz wenig
Gedanken darum, ob da jemand vielleicht
uns persönlich unsympathisch ist.
In Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise
hatten eine Reihe von Nachrichtenseiten
ihre Kommentare nur eingeschränkt geöffnet
oder gleich ganz geschlossen,
das waren z.B. die Süddeutsche,
wie jetzt bei diesem Slide,
oder die FAZ, was sich inzwischen
aber wieder gelockert zu haben scheint.
Ich hab's gestern Abend nochmal
nachgeguckt, und
inzwicshen ist es wohl so, dass
bei den großen Nachrichtenportalen
viele Artikel offen sind und nur
zu bestimmten Themen
Artikel geschlossen werden.
Aber wenn es grundsätzlich so ist,
dass Nachrichtenportale quasi
aufgeben und Kommentare ganz schließen,
wie jetzt z.B. das bei der Süddeutschen
auch immer noch der Fall ist,
dass nur ganz vereinzelt
Debatten zugelassen werden,
dann müssten sie sich ja eigentlich
auch fragen, was sie selber
falsch gemacht haben, weil
das ja immer eine
mehrseitige Debatte ist.
Kommentare grundsätzlich, das
sagte André ja auch schon,
haben ein schlechtes Image,
auf Redaktions- wie auf Leserseite.
Die Studie von Echo und Newsroom
von 2014 z.B. sagt,
dass 2011 noch 68,2% der Leser,
die Diskussion ..
äh, Entschuldigung, 68,2% der
Journalisten sagten, die Diskussion sei
in hohem Maß oder
überwiegend sachlich.
Und 2014 hat sich das
reduziert auf 59%.
Also das sind fast 10%.
Das ist eine ganze Menge, und
nach meiner Erfahrung
beteiligen auch immer noch
wenige Journalistinnen an den
Diskussionen unter ihren Artikeln.
In der Studie, die ich eben genannt habe,
sind es 14,3% der Journalisten.
Also ein kleiner Anteil. Und so,
wie ich das auch aus meiner Arbeit kenne,
ist es so: Das sind immer dieselben,
die sich dann wirklich engagiert
mit den Nutzern auseinandersetzen,
und der Großteil ignoriert es
oder sagt eben: "Oh, ne, die Kommentare,
das ist so fürchterlich, und
das muss man sich nicht angucken,
weil das total unterirdisch ist"
Das ist eben halt auch ein Punkt, weshalb
Kommentare so ein schlechtes Image haben.
Sie erscheinen grundsätzlich
unter dem Artikel,
es entsteht dadurch schon
so eine Degradierung oder ..
so eine Zuordnung, weil der Artikel oben
steht und die Kommentare unten drunter.
Die Nutzer fühlen sich dadurch
oft nicht ernst genommen.
Dann kommt hinzu, die Löschregeln
bzw. die Nutzungsregeln
heißt das dann offiziell meistens,
werden nicht deutlich genug kommuniziert
von den Nachrichtenportalen,
zum Teil werden sie von der
Community aber auch nicht gelesen.
Wir bekommen dann ganz viele Emails
von Lesern, die können dann halt
nachfragen, warum irgendwas
entfernt worden ist,
und dann regen sie sich
fürchterlich auf und dann sagen wir
"Ja, wir haben z.B. Ihren
Kommentar gelöscht, weil sie
auf einen Kommentar
geantwortet haben, der gegen die
Nutzungsregeln verstoßen hat."
Also das heißt, der Kommentar,
wo sich der Leser beschwert hat,
der war völlig in Ordnung,
aber eben der
Ursprungskommentar nicht.
Und das ist den Leuten dann
oft gar nicht klar, dass das
ganz banale Gründe haben kann.
Ein weiterer Punkt ist, dass die
Nutzeroberflächen nicht gut konzipiert sind,
Nachrichtenwebsites sind
immer noch nach dem Vorbild
klassischer Zeitungsseiten aufgebaut
und die Kommentare
entsprechen quasi den Leserbriefen.
Das heißt, man könnte eigentlich
viel mehr mit der Community machen,
wenn man diese starke Anlehnung
an eine Papierzeitung auflösen würde
und die Leser viel stärker
miteinbeziehen würde.
Wie z.B., dass Leser auch selber
Artikel veröffentlichen können,
dass es Veranstaltungen gibt,
vielleicht mit Lesern.
Oder Chats - sowas hatten wir auch schon,
dass dann Autoren mit Lesern gechattet haben,
was total cool war, was allerdings
technisch oft schwer zu machen ist.
Eine optische Sache ist noch,
dass bei vielen Nachrichtenseiten
die Kommentare sogar
eingeklappt erscheinen.
Beim Spiegel z.B. ist es so,
dass man auf eine
ganz andere Seite
weitergeleitet wird.
Also man sieht die Kommentare nicht
direkt unter dem Artikel.
Und das trägt halt auch noch
zu dieser Spaltung quasi,
zwischen Lesern und Nutzern bei.
Grundsätzlich kann man dazu sagen,
die Redaktionen müssten
das Vertrauen der Leserinnen
zurückgewinnen, um
überhaupt noch eine Weiterentwicklung
oder .. um irgendwie noch anzuknüpfen
an die bisherige Entwicklung.
So ...
ne, das war falsch..
so, jetzt haben wir's.
Ja, gibt es eine Zäsur?
Wir hatten in diesem Sommer
den Eindruck,
in Zusammenhang mit der
Flüchtlingsdebatte war halt
viel Aufmerksamkeit
auf der Kommentardebatte
und .. ich bin mir gar nicht so sicher,
ob tatsächlich die Kommentare
so viel schlimmer geworden sind,
sondern eine Gruppe von Menschen,
die bisher wenig oder weniger
im Internet kommentiert hat,
hat sich sehr stark
auf das Internet hinorientiert.
Und die haben dann kommentiert.
Und ich glaube, es hat quasi
so eine Verlagerung stattgefunden.
In den 90er Jahren haben Zeitungen
Plattformen im Netz gegründet,
ohne an Einnahmen zudenken,
zunächst zumindest,
und schließlich setzten genau diese
elektronischen Medien dem Kerngeschäft zu.
Das heißt, heutzutage ist es so:
Print stirbt, der Anzeigenmarkt
steht schlecht da und der
Abonenntenmarkt damit auch.
Heute ist klar, wir brauchen
neue digitale Formate,
was ich eben auch schon gesagt hatte,
zum Aufbrechen der alten Struktur.
Die Zukunft sucht man dann
irgendwo online, das ist aber
eben noch offen.
Onlinemedien leben von Klicks
auf ihre Artikel,
die wiederum den Preis
der Werbeplätze
auf der jeweiligen
Seite bestimmen.
Daraus folgt die Optimierung
von Artikeln auf Klickreize hin,
also z.B. clickbaiting oder..
eben die populistische
Formulierung von Überschriften.
Na, was ist jetzt? Äh...
Ist sie jetzt abgestürzt?
Das ist jetzt aber nicht so toll.
(Engel: unverständlich)
Hat es? Ne, also bei mir eigentlich nicht
...
Flüstert: Da sieht's ganz normal aus.
Dankeschön!
Ja
Das ist ein Kommentarklassiker,
den ich da jetzt als Anzeiger hab,
den bekommen wir ganz häufig,
dass Leute sagen, sie sind
nur wegen der Kommentare gekommen
und den Artikel haben sie gar nicht gelesen.
Diese Taktik der Polarisierung
von Medien entspricht eben
genau der Taktik von Trollen,
und das ist eben die Frage,
macht das Netz
dann Trolle aus uns,
das ist eben die Frage,
die es zu diskutieren gilt,
wie kann man dagegen vorgehen
und was ist ein Troll überhaupt.
für mich ist ein Troll jemand,
der weniger an einem
Meinungsaustausch interessiert
ist, als an Wirkung.
Durch bewusste Provokationen
und Angriffe auf andere Mitglieder
der Community oder
auf den Artikelautor
erreichen Trolle es, dass sich die
Diskussion schließlich um sie dreht
bzw. um das Thema, was sie
unbedingt unterbringen wollen.
Also sie versuchen, die Diskussion
dann abzudrängen sozusagen.
Das aktuelle Problem
in der Kommentardebatte
ist aber keines allein von Trollen,
sondern - das denke ich - dass wir
das debattieren verlernt haben,
genaueres Zuhören,
abwägen von Argumenten,
beherrschen wir oft gar nicht mehr.
Applaus
Ich hab jetzt natürlich auch
ein paar Kommentare dabei
lacht
Die soll ich vorlesen lacht
Also dieser Nutzer nennt sich
"merkels mutter judensau"
Die alte Hure Merkel Fotze.
Bei Wikipedia haben die den Satz raus genommen,
dass Ferkel's Mutter eine Jüdische Polin ist.
Mit... mehreren Ausrufezeichen.
Zum Glück haben viele es auf ihre Homepages kopiert.
Warum versteckt man das ihr Hurensöhne.
lacht
Lachen aus dem Publikum
vereinzeltes Klatschen
Kommt gleich noch einer lacht
Nutzer "Ich pisse auf jeden von ihnen":
"Wann findet sich endlich ein mutiger Patriot,
der
Widerstand leistet und Merkel mit allen anderen
dieser ultra-hochverräterischen Polit-Schranzen
per
Kopfschuss aus dem Weg räumt?"
Jaa, ähm..
also manchmal muss man auch lachen drüber
lacht
Ich hab neulich einen Artikel gelesen,
wo es um Frauke Petry ging
und ihren Auftritt bei Plasberg
und das fand ich...
... der Artikel war von Falk Heunemann
bei Opinion Club,
"Die 6 Rhetoriktricks der Frauke Petry"
Und das war sehr interessant, weil
die Rhetoriktricks, die er ausgemacht hat,
entsprechen halt dem, was ganz
viele Trolle bei uns machen.
Und dahzu gehören: "Reden, reden,
reden, bis das Thema stimmt",
also das heißt, sie hat dem Gegenüber
gar keinen Raum gegeben.
Als 2. Punkt: "Die anderen haben
aber auch", also Relativierung.
Das 3.: "Das Thema ist kein Thema", im
Sinne von Kleinreden des Gesprächsthemas.
Als 4. Punkt: "Die angeblich falschen
Begrifflichkeiten".
Sie hat dadurch vom Thema abgelenkt, indem
sie auf was ganz anderes eingegangen ist.
Als 5. Punkt: "Es ist doch alles nur Spaß",
d.h. Lächerlichmachen,
Kleinreden des Themas.
Und als 6.: "Niederschreien" natürlich,
wenn gar nichts mehr hilft.
Genau. Eine von meinen Thesen ist,
dass Trolle sich als Künstler betrachten,
und dass sie quasi mit Journalisten
um den Status konkurrieren wollen.
Das ist auch ein Grund weshalb
Trolle so schwer zu händeln sind,
weil es ganz schwer ist,
sie zu entmutigen.
Weil jeder Versuch,
einen Troll zu entmutigen,
ist ja nur noch wieder
eine Unterstützung des Trolls.
Insoweit, dieses
"Don't feed the Trolls"
kann es nicht besser
auf den Punkt bringen,
weil Ignoranz ist das, was sie
am meisten entmutigt oder stört.
Das angestammte Kunstverständnis
sagt, dass Kommunikation
vom Künstler zum
Betrachter funktioniert.
D.h., der Künstler / die Künstlerin
erfahren oft gar nichts von
der Reaktion des Betrachters.
Und es gibt heute natürlich
auch viele Künstlerinnen,
die das versuchen, auszulösen,
aber nichtsdestotrotz,
das ist das klassische Verständnis.
Und so ähnlich ist es ja in der
Presse heute auch noch so, dass
viele Autoren, viele Journalisten
überhaupt nicht mitbekommen,
was die Nutzer von
ihren Artikeln denken.
Und es gibt halt auch immer noch
Journalisten, die sich darauf berufen,
dass sie ihre Unabhängigkeit
nur dann aufrechterhalten können,
wenn sie sich gerade eben nicht
um die Meinung der Nutzer
oder der Leser kümmern,
sondern eben sich
quasi nicht beeinflussen lassen.
Und mir haben Journalisten das
tatsächlich auch schon so gesagt.
Ich denke dann halt ok, in unserem
Zeitalter, wo Klicks immer wichtiger werden,
verliert es an Bedeutung,
weil die natürlich dann
entsprechend gezwungen sind,
sich an einem Publikum zu orientieren.
Mein nächster Punkt ist:
Wie wird eigentlich moderiert?
Ich versuch das kurz zu fassen,
weil gar nicht mehr so viel Zeit ist.
Die Frage grundsätzlich ist:
Moderiert man vorher oder hinterher?
Also werden entweder
alle Kommentare freigesschaltet
und man sortiert dann das aus,
was übergriffig ist,
oder macht man das umgekehrt,
man hat sämtliche Kommentare
verborgen für die Leser und die..
lacht
die werden dann nachträglich
freigeschaltet, sodass die übergriffigen
gar nicht erst zu sehen ist.
Das ist eben die Taktik, die die
meisten Nachrichtenportale heute
verfolgen,
abgesehen von Facebook.
Facebook ist ja irgendwie
ein ganz klassisches Beispiel,
wo dann auch viele Sachen
stehenbleiben und
das ist einfach die
naheliegendste Taktik.
Ja, jetzt ist irgendwie die Zeit um.
Leider Gottes.
Ich hatte eigentlich auch noch
ein paar schöne Slides,
ich klick mal schnell durch.
lacht
Das kommt natürlich auch ganz oft,
Kommentare zu unserer Arbeit
Lachen aus dem Publikum
lacht
Da hat er sich auch vertippt,
weil er so sauer war.
Ok, das ist jetzt glaub ich
schlecht zu lesen
auf die Entfernung hin, oder?
xkcd-Comic, der sich mit
Kommentaren im Internet beschäftigt.
Ja, und mein letzter Punkt
wäre halt gewesen,
wie sieht der ideale
Kommentarbereich aus,
aber ich fürchte, das
muss ich jetzt abhaken.
Lachen aus dem Publikum
lacht
Das ist sehr subtil,
auf einer gewissen Ebene
Da wären dann halt
Kommentarbereiche,
die ich gut finde.
Und das ist das letzte Slide.
Zum Abschluss.
Vielen Dank.
Applaus
Engel: Ja, vielen Dank für diesen
interessanten und jetzt doch
am Ende doch schnell
zum Schluss kommenden Vortrag.
Wir haben leider nur noch
6 min Zeit für Q&A, deswegen
fangen wir relativ schnell damit an.
Ok, dann einmal da drüben!
Frage: Hi. Danke für den Vortrag.
Ich wüsste gerne, so nach dem
Allem, was wir gehört haben,
über Kommentarbereiche,
wozu wir die überhaupt haben,
weil ihr habt ja selber gesagt,
die Leute, denen der Artikel gefällt,
die also tatsächlich die Nutzerschaft sind,
an denen sich vielleicht Journalisten
orientieren sollten,
wie du ja auch gesagt hattest,
die kommentieren gar nicht,
die sind ja zufrieden.
Und die ganzen Leute,
die ihre Gegenmeinung
dazu vertreten, oft auf eine
sehr unflätige Art und Weise,
sorgen halt einfach dafür,
dass Kommentarspalten
durchgehend toxisch sind, also
ganz ehrlich, auf Nachrichtenseiten
wie zeit.de oder sowas,
die sind einfach nicht lesbar, da
findet nie eine sinnvolle Diskussion statt.
Also, warum nicht einfach alles zumachen?
Das ist in meinen Augen
dann auch keine Zensur,
weil überall anders im Internet
kannst du immer noch darüber diskutieren.
Werden Kommentarspalten nicht
sogar einfach nur aufrechterhalten,
damit die Nachrichtenseiten
mehr Klicks kriegen?
Antwort: Also, das letzte
was du gesagt hattest,
ich kann das natürlich total
nachvollziehen, das auf jeden Fall.
Prinzipiell ist es so, wenn das
funktioniert mit Kommentaren,
dann kann es total dynamisch sein,
und sehr viel Ertrag bringen
für beide Seiten
weil es halt die Möglichkeit gibt,
dass die Nutzer der Presse oder
den Nachrichtenportalen
Informationen geben,
die sie sonst vielleicht
gar nicht bekommen würden.
Wie z.B. auf Twitter gibt es ja Leute,
die aus Kriegsgebieten live Fotos posten,
die sonst mit großem Aufwand
erstellt werden müssten.
Und insoweit,
das kann schon
sehr positiv sein, da kann
schon sehr viel bei rumkommen,
aber das Ding ist,
man muss es aktiv pflegen.
Und man muss richtig viel,
man muss richtig Zeit investieren
und ich denke halt wie gesagt,
Websites müssen umgebaut werden.
Nachrichtenseiten, die funktionieren
einfach nicht mehr so wie heute aussehen.
Und ich glaube das ist ein
ganz wichtiger Punkt,
um eine positive Debatte
zu erzielen.
Engel: Nochmal ganz kurz an alle,
die kommen und gehen,
bitte ein bisschen leise,
weil man sonst die Fragen
und Antworten relativ
schwer versteht.
Nächste Frage von
da drüben bitte.
Frage: Ja, hallo! Ich hab mal eine Frage,
also angenommen es gelänge uns,
dass die ganzen Trolle
nicht mehr da kommentieren
auf den Mainstream-Webseiten,
und wo anders sind.
Ich frag' mich, ob das wirklich
eine bessere Situation wäre,
weil angenommen, die ganzen bösen
Menschen sind gar nicht mehr da,
wo man mit ihnen reden kann,
sondern sind auf ihren eigenen Webseiten
und kommentieren da fröhlich
ihren Hass umher.
Ist es nicht fast sogar beängstigender?
Also, mir kommt oft so der Satz in den Kopf:
Wir werden uns noch mal wünschen,
dass sie mit uns reden wollten.
Feli lacht
Weil, ja ... (unverständlich),
Was ist das Ziel eigentlich,
mit den Trollen?
Sollen die wirklich verschwinden?
Oder wo sollen die hin?
Antwort: Also.. ich bin froh über jeden
Kommentar, den ich freischalten kann.
Das auch gerade Kommentare, die nicht
meiner persönlichen Meinung
entsprechen, weil dadurch
hab ich ja nur noch mehr
Möglichkeit, zu betonen,
hier, wir sind fair.
Das Ding ist glaube ich, dass
man versuchen müsste,
eine Debatte zu erreichen,
wo die Leute, die jetzt Trolle sind,
sich etwas sachlicher äußern.
Oder wo die halt,
wie sagt man so schön?
Wo sie mit abgeholt werden.
Wo ganz unterschiedliche
politische Lager
die Möglichkeit haben
ihre Standpunkte zu äußern. Und
das ist im Moment einfach nicht so.
Vereinzeltes Klatschen
André: Ja, und dann glaub ich auch noch,
dass es sehr große Rolle spielt,
wie dieser Kommentarbereich
technisch designed ist.
Darüber wollten wir
auch noch sprechen.
Also ich mein, man kann's ja an Diensten,
das ist nun eine ganz andere Ebene,
aber ihr kennt ja stack
overflow beispielsweise,
was die gemacht haben durch
eine Gameifizierung der Oberfläche.
Es gibt ja auch ganz unterschiedliche
Kommentarsysteme
und dementsprechend
andere Trollkulturen.
Also ein Stück weit bestimmt
auch die technische Ausgestaltung
von diesen Systemen, wie sich
so eine ...
wie sich das entwickelt,
oder ob da gewissermaßen
die Community umkippt.
Die andere Frage, die man
durchaus zurückwerfen kann, ist:
Was bringt das Trollen
eigentlich, dort zu trollen?
Also was haben die Leute
eigentlich davon?
Oder wie kann man, sagen wir mal
destruktive Personen eher demotivieren
und da gibt es natürlich
viele technische Möglichkeiten,
beispielsweise bei Heise gibt es
ja diese Möglichkeit, dass man nur...
wenn man eine zu hohe Schussfrequenz hat,
dass man dann ausgebremst wird beispielsweise.
Das ist so eine Lösung, die
sie dort eingesetzt haben.
Oder die Möglichkeit, dass das
System so gemacht wird, dass man
gute Kommentare in irgendeiner
Art und Weise herausstellt und
die anderen ausblendet.
Ich weiß, dass ..
auf Spreeblick wurde jetzt damit
experimentiert, als Idee, dass man
vielleicht die Kommentare, die einem
unangenehm sind, die man nicht
zensieren will, aber dass man sie
weißt, also dass man sie gar nicht mehr
sehen muss. Und solche Möglichkeiten...
Ich glaube, wir wären da gerne
noch drauf eingegangen, aber
dass diese technischen Bedingungen
eine ganz, ganz große Rolle spielen.
Und man kann einfach auch bessere
Kommentarbereiche dadurch kriegen,
je nachdem wie man die designed.
Und was diese...
"Ja, die leute, die wollen ja trollen,
dann trollen sie woanders..."
Ich weiß das gar nicht, ob die
dann auch ...
also es ist ja manchmal auch so
das Umfeld, was dann bestimmt,
wie die Leute sich verhalten, und...
es gibt auch Troll-Subkulturen.
Also wenn du so
an einen Dienst wie 4chan denkst,
der einfach nur ein Trollboard ist, ja?
Aber auch da entstehen ja
spannende, eigene Kulturen
und popkulturelle Impulse,
insofern .. ja.
Die Frage, wenn ich das
nochmal zurückwerfen darf,
für mich, ist wirklich:
Was hat der Troll vom Trollen?
Das ist eigentlich das richtig
spannende für mich.
Engel: Wir müssen jetzt
Schluss machen
Klatschen
Engel: Genau, wir sind leider
am Ende der Zeit, deswegen
können wir keine weiteren Fragen
mehr entgegennehmen. Nocheinmal
einen herzlichen Applaus
an die Vortragenden bitte,
für diesen interessanten Vortrag.
Applaus
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