Rock Musik Tim Pritlove: Hello and welcome! First to our international guests, it's been a tradition to make everything nice and right for you at the congress, and we plan to keep it that way. But today I want to talk about a very particular and very German thing. So... bear with me, we're sorry, this is going to be in German. Better luck next time! Gelächter Herzlich willkommen zum 34. Chaos Communication Congress! Applaus Der CCC hat sich eine Menge Mühe gegeben, auch diese 34. Iteration des Kongresses zu einer tollen Geschichte zu machen. Und das Motto lautet: "tu wat". Und ich bin hier ein bisschen, um zu versuchen, dieses Motto euch näher zu bringen, warum es das gibt. Und dazu greife ich auf ein paar Zahlen und auf ein paar Symbole zurück, die der Erklärung bedürfen. Und ich greife auf Wau zurück. Wau, Wau Holland, kennen sicherlich viele von euch... nicht mehr. Denn Wau ist 2001 verstorben. Wau ist der Gründer, der Alterspräsident, unser Doktor Wau, Doyen des Informationszeitalters, Mensch, Phänomen... Wir mögen ja keinen Personenkult, aber Wau ist wichtig, in Erinnerung zu bleiben. Für alle von uns. Keiner konnte so gut die Dinge auf den Punkt bringen, wie Wau. Wau fehlt, weil Wau war für uns auch immer ein wichtiges Korrektiv. Unsere Abteilung Grundsatzfragen. Und auch unsere geheime Glaskugel, weil er irgendwie diese unfassbare Gabe gehabt hat, in die Zukunft zu schauen, wie kaum ein anderer. Und deswegen wird Wau auch heute noch ein paar Mal zu uns sprechen und immer wieder zwischendurch. Und wir fangen an mit der ersten Zahl: 1999. 1999 war das erste Chaos Communication Camp, in Altlandsberg. Für den Club auch ein ganz wichtiger Aufbruch in Sachen Events und in vielerlei Hinsicht auch eine Vorlage für das, was wir hier heute in Leipzig sehen. Und das Symbol dafür ist die Rakete. Das Symbol für für unsere Events, auch ein bisschen unser Sinnbild mit unserer Verbundenheit mit der Zukunft, aber auch so mit Technik und Individualität... Ist ja am Ende ne Eine... Ein-Frau-Rakete. Wir wollen also ein bisschen ausbrechen aus unseren normalen Rhythmen und mit unserer Peergroup schön durchs Universum schießen. Und die Rakete, die begrüßt euch seit Jahren auf diesen Events, ihr habt sie schon alle gesehen! Und das 1. Camp war von daher eben auch genau dieser Aufbruch. Und es gibt so einen kleinen Clip, wo Wau auf diesem Camp gesprochen hat - und da müssen wir auch mal reinhören. Wau - Aufzeichnung: Ich hab mich erinnert, an 19... TP: Ah, die Sache mit dem Ton... wenn es mal nicht über HDMI geht... habt ihr mich da drauf? W-A: Ich hab mich erinnert, an 19-'paar- und-80, da waren wir eingeladen in Mainz auf dem Open Ohr Festival. Da hatten wir als Platz eine Garage, die nannte sich Techno Schuppen und da war ein Telefonanschluss, mit Akustikkoppler, 300 Bit/s drin. Heute haben wir die ungefähr 100.000-fache Verbindungskapazität, aber das Meiste lief aufm Netz und das ganze Camp ist selbstorganisiert. Also das hätte ich mir damals nicht träumen lassen und... ich sage der Chaos Computer Club ist 18, volljährig, 1981, 1999... Das ist okay. verhaltenes Gelächte, Applaus TP: Ich kenne das Video, ich habe das schon tausendmal gesehen. Aber irgendwie... erst vor Kurzem ist mir ein kleines Detail aufgefallen... Als er meinte, der Club ist 18 Jahre alt und ist jetzt erwachsen. Und er bezieht sich halt auf 1981 und da wurde mir klar: Wir sind schon wieder erwachsen geworden. 2017, das ist jetzt genau 18 Jahre her, dass er das gesagt hat. Und insofern ist es sicherlich auch ein ganz interessanter Zeitpunkt, hier auch nochmal so ein bisschen ne Bilanz zu ziehen. 1981. Was hat das für eine Bedeutung? Wenn man 1981 verstehen will, in Deutschland, muss man eigentlich noch ein bisschen weiter nach hinten gucken. Da waren die 68er. Der Versuch, ein vollkommen verkrustetes, gesellschaftliches System langsam von innen aufzubrechen. Der am Ende auch gescheitert ist, was sich Ausdruck gebracht hat Ende der 70er Jahre im deutschen Herbst und im Niedergang des Widerstands in Terror und Wahnsinn. Was auch so eine Spirale in Gang gebracht hat, die nicht gut ist. Aber die Folge davon war wiederum der Versuch der Leute, die noch halbwegs klar im Kopf waren, so einen Neustart der Gesellschaft zu versuchen und anderen Ansatz zu wählen. Erinnern wir uns. taz wurde gegründet. Die Grünen wurden gegründet. Die Friedens- und Ökologiebewegung... viele Dinge sind auf einmal... haben sich auf einmal strukturiert, neu auf den Weg gemacht, um das, was sie stört, auch wirklich auf eine andere Methode anzugehen, als auf diesem etwas panischen Versuch am Anfang. Und das ist so ein Moment, den man sich klar machen muss, in den einen... in der 80er Jahren und 1981. Was ist denn 81 für uns? Ja, da ist der IBM PC rausgekommen. Klar. Wichtiger war aber, was sozusagen die weitere Folge dieser gesellschaftlichen Veränderungen war. Da gab es ein Treffen in TUNIX, wo man sich ja denkt: "Wie? Nix tun ist jetzt auch gut?" Was gemeint war, war, die Kreativität im Nichtstun suchen. Im Chaos aufgehen und langsam wieder seine Gedanken neu sortiert zu bekommen. Und ein paar Monate später wieder Widerstand. Ein TUWAT-Kongress, der sich gegen die Räumung besetzter Häuser gerichtet hat. Auch nicht gut ausgegangen. Und das waren alles diese Bewegungen, die kennen wir irgendwie alle. Und dann gab es noch eine andere Bewegung. Nämlich von ein paar Leuten, die das mit den Computern irgendwie auch schon gecheckt hatten. Und dann gab's TUWAT.TXT, ihr werdet das jetzt alle schon mal gesehen haben, ich werd's nicht noch mal vorlesen. Trotzdem dieser kleine Zeitungsausriss, in dem zu einem kleinen Treffen gebeten wurde, der in der taz erschien, enthält alle Begriffe, die heute auch noch weiterhin in der Diskussion sind. Ob's Verschlüsselung ist, ob's Überwachung ist, ob's Privatsphäre ist... All das ist drin. Und die Gruppe hat sich zusammengefunden und hat gesprochen und ihre Schlüsse gezogen. Volle Übereinstimmung bestand darin, dass der Mikrocomputer weniger eine ernstzunehmende Alternative zum Mainframe- Rechner ist, als vielmehr die Grundlage heute noch nicht absehbarer Anwendungen. 1981. Es kann festgestellt werden dass die Herangehensweise an die neuen Kommunikationssysteme äußerst blauäugig ist. Es ist nicht schwer, zu prognostizieren, dass in einigen Jahren von Großkonzernen Mitarbeiter eingestellt werden, deren Aufgabe es sein wird, die öffentlichen Datenbanksysteme regelmäßig nach verwertbaren Informationen, Anregungen, Erkenntnissen zu durchforsten. Man kommt sich immer vor, als hätte man grad Tagesschau eingeschaltet. Dieses 81 ist so ein bisschen so ein mythischer Moment. Eher so ein kleiner Ausriß. Ein Treffen. Eigentlich ein Nichts. Wo es den CCC als solchen so noch gar nicht gab, weil es brauchte natürlich jetzt eine gewisse Inkubationszeit, aber der Samen war gesät. Und die nächste Zahl ist das Symbol... das Symbolbild einer unaufgeklärten Gesellschaft schlechthin. 1984. Und das ist das Jahr, wo auch der CCC das 1. Mal sein Gesicht zeigte. Mit einem weiteren schönen Symbol: dem Knoten im Kabelfernsehen. Der Knoten im System. Und ein bisschen eben auch der Widerstand im normalen Lauf der Dinge. Ein schönes Bild. Und es ist auch ein bisschen der Abzweig aus dem Bildschirm, auf den alle die ganze Zeit starren. Und 84 gelingt dem Club so einiges. Der BTX-Hack zeigt, dass man mit Medien auch auf ne kreative Art und Weise umgehen kann. Dass man Themen positionieren kann in der Gesellschaft, die auch viel mit Spaß zu tun haben, die geradezu unterhaltsam sind. Piratenromantik natürlich, die sich hier im Pesthörnchen ausdrückt, trotzdem auch eine Druckvorlage für eine moderne Medienarbeit, die bis heute noch bestand hat. Und, ganz wichtig auch, eigene Medien, eigene Kanäle zu schaffen. In dem Fall die Datenschleuder, DIN-A4-Papier, fotokopiert, das Beste, was wir damals hatten. Aber es hat gereicht, um eine Ankündigung rauszuhauen, dass man 84 halt auch mal einen Kongress macht: der Chaos Communication Congress. 1984. Offene Netze, warum? Das wurde da alles diskutiert und da trafen sich vielleicht 100, 200 Leute - wer weiß das heute noch so genau? Und waren in ihrem kleinen Mikrokosmos. Und ich glaube, keiner von denen hätte auch nur im Ansatz sich zu träumen gewagt, was am Ende da irgendwann nochmal bei rauskommt. Und das bringt uns zur nächsten Zahl, nämlich dieses Jahr. Sicherlich ein Jahr zum Vergessen in gewisser Hinsicht, aber sicherlich auch ein Jahr, was ganz neue Energien freigesetzt hat. Jetzt sind wir hier und haben eigentlich so ne Art Version 5.0 beta vor uns. Ja? Der 5. Ortswechsel, auch das 5. Mal, dass sich das Konzept, der ganze Aufbau, die Struktur, die Größe nochmal nennenswert geändert hat. Und wir werden da alle irgendwie mit umgehen müssen. Jetzt haben wir ja unser Hamburg sehr lieb gehabt, wie auch vorher unser Berlin. Und jetzt... sind wir in Leipzig. Warum? Abgesehen jetzt von den technischen Zwängen, von Platz und Größe und Umbaumaßnahmen finden wir, ist es eigentlich auch der ideale Ort in der aktuellen Zeit. Immerhin der Ort der Revolution gegen ein Zwangssystem, was auch so ein bisschen aus der Zeit gefallen war. Und in gewisser Hinsicht herrscht ja heute auch schon wieder etwas gehobener Revolutionsbedarf. Applaus Und gerade wenn man irgendwie Sachsen eigentlich lieber nen nassen Waschlappen ins Gesicht hauen möchte, ist es wichtig, genau hier die Hand auszustrecken, und präsent zu sein, und genau auch hier die Diskussion aufzunehmen, Alternativen zu schaffen, Kommunikation aufzumachen. Applaus Die Täler müssen mit Ahnung geflutet werden. Applaus Die Sturm- und Drangphase ist bei denen, die sich als "Skript-Kiddies" betätigen, viel viel heftiger, und da muss man mal gucken, wie man das konstruktiv lenken kann. Also was mir am Klub ein wichtiger Begriff ist, vom Spieltrieb zur Wissbegier. Das zu erreichen, und, da da freue ich mich, dass auf der einen Seite viele Junge hier aufgetaucht sind, und auf der anderen Seite sieht man doch auch eine ganze Reihe vor Graubärten hier. Also die Generation von unten bis oben ist durch, und ja. Konstruktives Lenken vom Spieltrieb zur Wissbegier. Nichts würde, glaube ich, den Kongress besser zusammenfassen, als das, was Wau gesagt hat, weil Wau die Dinge immer so schön sagt. Ja. Der Kongress ist gewachsen, aber ist sich in gewisser Hinsicht immer treu geblieben, und dieser Ausgleich zwischen Jung und Alt, der ist immer noch da. Und darüber hinaus gibt es auch noch mehr Breite, kulturelle Breite, Diversität in diesem Kongress. Und wir haben uns überlegt, was könnte das Symbol sein für diesen Kongress. Und natürlich ist es der Phasenprüfer. Ihr kennt ihn alle. Wahrscheinlich auch Waus alten Witz, weil er ja immer mit 'nem Phasenprüfer durch die Gegend gelaufen ist, und wenn ihn einer gefragt hat, was er mit diesem Phasenprüfer will, sagte er halt nur: "Kann ja sein, dass ich mal telefonieren muss". Da steckt so viel drin. Aber der Phasenprüfer ist auch wie der CCC, und auch wie der Kongress. Denn der Phasenprüfer ist Sensor und Aktor in einem. Man kann damit fühlen, aber man kann damit auch walten. Und ich denke grad, wo jetzt alles Wahrhaftige so mit den Füßen getreten wird, muss man halt auch zusehen, dass man hier fühlt und waltet, um einfach mal nen neuen Polarstern da in den Himmel zu strahlen. Applaus TP: Was ist also der Kngress? Der Kongress ist deine temporäre autonome Zone. Das ist unsere Zeit, in der wir vollkommen entkoppelt von welchen Zwängen auch immer hier zusammenarbeiten können, und auch zusammenarbeiten müssen. Nehmt sie wahr! Nutzt das Gespräch! Nutzt den Kontakt! Sammelt Ideen! Kanalisiert eure Wut, und wandelt sie in was Kreatives, was Produktives, was Besonderes. Einfach was verdammt irre tolles! Und lasst euch nicht einreden, dass irgendwas nicht geht, oder nicht sein darf, oder eh nichts bringt, ja? Also nur, wer probiert, kann auch Erfolg haben. Hier geht das. W-A: Wir haben eine ganze Menge einfach nicht erreicht, wenn ich zurückschaue, und gerade im ganzen Schul- und Bildungsbereich ist da viel zu tun. Wenn ich überlege, dass die Kinder in England schon 1984 in der ersten Klasse Computerunterricht haben, dann führt das 1999 dazu, dass bei denen, die unter 18 sind, und das Internet benutzen, mehr als 50 Prozent Mädchen sind. Das heißt so, wie im Durchschnitt der Gesellschaft. Hier ist in der letzten Regierungsperiode, oder in den letzten 16 Jahren, im Verhältnis dort nichts passiert, und ich engagiere mich in Thüringen, dass wenigstens die zehnte bis zwölfte Klasse, dass dort die fitten Schüler den Schulserver betreuen, den installieren, sich darum kümmern, wenn da was nicht funktioniert, kriegen sie Druck, von allen, die keine Mail kriegen, das geht sofort. Und dass das wenigstens als Leistungsfach Informatik mal anerkannt wird. Das sind die Probleme, mit denen ich mich 1999 rumschlage, und da gibt es, wenn ich mir den Klub anschaue, da gibt es ungeheuer viel zu tun, und da ist die Generation, die jetzt so ab 14 hier reinschneit und mitmacht, die betreuen dann die Schulserver als einen Aspekt, und versuchen, bestimmte Ideen von unten in die Schulen reinzutragen, in die Gesellschaft, damit sich oben ein bisschen mehr ändert. Das ist so meine Überlegung. Applaus TP: Dass sind die Probleme, mit denen er sich 1999 rumschlagen muss, das sind die Probleme, mit den wir uns 2017 rumschlagen müssen, ja? Also es gibt noch viel zu tun. Und viel von dem wird ja auch getan. Wir leben hier Diversität. Der Kongress ist, gerade in der Hinsicht, finde ich, auf einem sehr guten Weg, und wir leben ja auch unsere Streitkultur, aber wir leben ja auch den Konsens. So. Toleranz, Offenheit, das sind wichtige Faktoren, nicht nur für den Kongress. Der Kongress ist Utopie. Und es ist wichtig, dass wir auch weiterhin unserer Zeit 30 Jahre voraus sind. Applaus Also insofern: "tut wat", "macht wat", "sagt wat", aber hört auch mal zu, ja? Fühlt und ändert, kommt auf gute Ideen, teilt sie, habt Spaß damit, denkt über den nächsten Schritt nach. Auch, wenn die anderen sich im Bewährten verheddern. Wenn einer einen Unterschied machen kann, dann ist es diese aufgeklärte, dynamische und immer junge Szene. Und die Rakete steigt heute aufs Neue, und wir fliegen mit. W-A: Wir haben hier die Rakete, die wieder starten soll, und da kommt es dann gelegentlich zu Turbulenzen, und das sind die Kotztüten für die Rakete. TP: Viel Spaß mit den Turbulenzen, viel Spaß auf dem Chaos Communication Congress! Applaus und Musik Untertitel erstellt von c3subtitles.de im Jahr 2017. Mach mit und hilf uns!