35C3 Vorspannmusik
Herald Angel: Ja unser nächster Talk hier
in Dijkstra ist ein etwas heikles Thema.
Es geht um Cyber-Stalking und so heißt
auch der Talk; wenn Grenzen verschwimmen.
Gehalten von Jan Kalbitzer, der ist
Facharzt für Psychiatrie und
Psychotherapie hier an der Charité, oder
nicht hier, aber ich komme aus Berlin,
deswegen sage ich hier in Berlin. Er
forscht zum Thema Umgang mit technischem
Fortschritt und er hat ein Buch
geschrieben das hat den Titel "Digitale
Paranoia". Seine Co-Referentin ist Korina
Winter, sie arbeitet und forscht ebenfalls
an der Charité und ist Neuro-
Wissenschaftlerin, die als Psychologin im
Bereich Forensik arbeitet. Bitte einen
warmen Applaus für die beiden und hier
kommt euer Talk.
Applaus
Jan Kalbitzer (JK): Hallo. Wir sind Korina
und Jan, und ich mache so ein bisschen die
Einführung, weil ich allgemein zum Thema
forsche und das viel beobachte.
Grundsätzlich ist es so, dass Psychiater
und Psychotherapeuten ihren Patienten
nicht in den sozialen Medien beobachten.
Da wird man irre als Therapeut, und auch
als diejenigen, die zum Therapeuten gehen
fühlt man sich vielleicht ein bisschen
verfolgt, wenn die auf einmal sagen: "Ja
ich hab gelesen jetzt auf Facebook, da
haben sie wieder geschrieben kurze Pause
das geht überhaupt nicht." Trotzdem lese
ich ganz viel auf Twitter und Facebook mit
und guck, wie Dialoge da funktionieren,
wie Agressionen funktionieren. Ich habe
lange versucht mich auf Twitter zu
streiten und es hat nie funktioniert. Ich
war einmal in so einem richtig heftigen
internationalen Shitstorm, da habe ich
dann ein Buch darüber geschrieben, weil
das eindrucksvoll war. Aber mir ist es nie
gelungen mich selber auf Twitter zu
streiten, was ich faszinierend gefunden
habe. Wir alle haben in unserem Beruf auch
mehr oder weniger Kontakt mit dem Thema
Stalking, weil wir eine starke
Projektionsfläche sind als Therapeuten für
Menschen, die mit uns umgehen. Auch selbst
die Erfahrung, wie grenzen wir uns ab? Wir
arbeiten natürlich mit Menschen, die
Betroffene sind, aber wir arbeiten auch
mit Menschen, die Ausführende sind. Und da
möchte ich jetzt ein paar einführende
Worte zu sagen und dann wird Korina
fortsetzen, die sich sehr spezialisiert
damit auseinandergesetzt hat. Zum ersten
möchte ich was zu unserem Verhältnis zur
Psychiatrie sagen. Kennt jemand das
Rosenhan Experiment? Ah, wunderbar, eine
Person. Hallo, hallo Tobias.
Lacht
Sonst noch jemand? Das Rosenhan Experiment
wurde von David Rosenhan in den USA
durchgeführt und war wegweisend für die
Psychiatrie, auch wenn es nachher
kritisiert wurde von Robert Spitzer. Auch
ein Psychiater der Spitzer heißt, ein
amerikanischer, sehr guter Psychiater.
David Rosenhan hat gezeigt, wie
willkürlich psychiatrische Diagnosen sind.
Das möchte ich kurz erklären, um auch unser
Verhältnis zur Psychiatrie ein bisschen darzustellen.
David Rosenhan war Psychologe, hat
Forschung gemacht und hat Mitarbeiter von
sich in psychiatrische Kliniken geschickt,
wo sie gesagt haben: Ich habe eine Stimme,
die zu mir gesagt hat - so Geräusche wie
Bump oder Lea Hollow. Und nur in der
Aufnahme haben die diese Beschreibung
abgegeben, wurden aufgenommen in
psychiatrische Kliniken, teilweise
wochenlang behandelt, obwohl die sich
danach komplett normal verhalten haben.
Sie saßen also da und am Anfang haben sie
sich heimlich Notizen gemacht für ihre
Forschung. Aber irgendwann haben sie
gemerkt, sie werden eh nicht ernst
genommen. Und haben sich als
Wissenschaftler auf die Station in
psychiatrischen Kliniken gesetzt und
dokumentiert, wie das da alles abläuft und
sind überhaupt nicht ernst genommen
worden. Also zum Beispiel hat einer der
Probanden einen vorbeigehenden Therapeuten
gefragt: "Wann kann ich denn wieder
rausgehen? Wann kriege ich denn Ausgangs-
Rechte?" Dann hat der Therapeut gesagt:
"Hello Dave, how are you?" Und hat
überhaupt nicht darauf reagiert. Das
heißt, die Probleme, die dabei gezeigt
wurden waren: Zum einen findet eine total
willkürliche Diagnostik statt. Obwohl die
Leute wieder komplett die Zeichen der
Normalität auch nach psychiatrischen
Kriterien zeigen. Und zum anderen ist es
stark stigmatisierend. Wenn man einmal
diese Diagnose über geholfen bekommen hat,
dann wird man anders behandelt. Und das
war sehr wegweisend. Es gab eine Klinik
die hat damals gesagt: Uns wäre das nicht
passiert. Das ist so der besonders schöne
Teil des Rosenhan Experiments. Weil David
Rosenhan dann gesagt hat, wir schicken
euch, oder die meinten: "Schick uns deine
Schauspieler vorbei. Wir kriegen schon
raus ob es Schauspieler sind oder nicht."
Bei 41 Leuten haben sie gesagt: "Wir sind
uns ganz sicher." Und bei 42, 43 hatten
sie so einen Verdacht, dass es
Schauspieler waren, in einem Zeitraum von
drei Monaten. Und dann hat Rosenhan
nachher gesagt: "Ich habe euch niemanden
geschickt."
Gelächter
Das heißt diese Spezialklinik, die meint:
"Wir erkennen die Schauspieler". Die haben
im Prinzip 83, 84 Patienten als
Schauspieler stigmatisiert.
Gelächter
Und es gab damals sowieso eine Bewegung,
dass man versucht hat klare Kategorien für
psychische Störungen zu schaffen. Das eine
waren so Versuche wie der von Rosenhan der
gezeigt hat: Es ist völlig willkürlich.
Und das andere war, dass man immer mehr
Forschung gemacht hat, die standardisiert
sein sollte. Und deswegen meinen die, wir
brauchen klare Schubladen für psychische
Beschwerden. Und jetzt ist es so: Wenn man
für einen bestimmten Zeitraum Symptome A,
B und C hat, zum Beispiel für zwei Wochen,
für vier Wochen, dann kriegt man eine
Diagnose. Egal was davor oder danach
passiert ist. Das ist also so: Wenn Sie
ein Riesen-Unglück erlebt haben oder ihr ein
Riesen-Unglück erlebt habt - hier wird
sich ja allgemein geduzt - glaube ich.
Wenn man ein Riesen-Unglück erlebt hat und
danach die Symptome einer Depression
entwickelt, kriegt man die gleiche
Diagnose wie jemand, der sie aus dem blauen
Himmel heraus entwickelt hat, die
Symptome. Das wird den Menschen nicht mehr
gerecht. Das heißt, wir haben total
reproduzierbare Diagnosen. Aber sie sind
nicht menschengerecht. Das ist unser
großes Problem der Psychiatrie und das
sehen wir auch, dieses riesige Problem.
Und ich bin der Meinung, und das teilen
wir auch, dass psychiatrische Diagnosen
dann wichtig sind, wenn sie Menschen vor
Willkür schützen können. Es gibt
Therapeuten, die sitzen jahrelang allein
in ihrer Praxis und es wäre ganz
fürchterlich, wenn sie sich wieder
Diagnosen ausdenken wie es im Fall von
Rosenhan der Fall war. Also einfach sagen:
"Du hast Krankheitsbild so-und-so und ich
denke mir die magische Therapie so-und-so
für dich aus." Weil die Therapeuten als
Therapeuten eh schon eine große Macht
haben. Da sind Diagnosen wichtig, und zur
Abrechnung mit Krankenkassen. Sie sind
aber nicht gerechtfertigt, um Menschen zu
beurteilen oder auch zu stigmatisieren.
Das allgemein vorweg zur Psychiatrie.
Jetzt ein paar allgemeine Worte zum Täter
und Opfer Begriff. Wir versuchen diese
Begriffe zu vermeiden und sprechen
deswegen von Ausführenden und Betroffenen.
Und manchmal lässt sich das ganz klar
zeigen. Wenn es eine Person zum Beispiel
gibt, die von irgendwelchen anonymen
Leuten gestalkt wird, die sie überhaupt
nicht kennt. Die sich Opfer aussuchen, zum
Beispiel um Gewalt auszuüben. Reine
Gewaltausübung, um sich mächtiger zu
fühlen oder weil man sich mickrig fühlt
und jemanden anderen noch schlechter
machen will und sich dann besser fühlen
will. Da kann es ganz einseitig sein. Es
gibt aber auch Fälle da ist es ein
Teufelskreis der sich gegenseitig
verstärken kann. Was mit mangelnden
sozialen Fähigkeiten auf beiden Seiten zu
tun haben kann. Ein großes Problem, was
wir zum Beispiel sehen, was in so einer
gegenseitigen Dynamik stattfinden kann,
ist Ghosting. Wenn also eine Person eine
andere ghostet und die andere Person,
jetzt wäre die Betroffene diejenige, die
den Kontakt abbricht. Gosthing nennt man
das ja, man reagiert nicht mehr auf
Nachrichten von jemand anderem. Wenn man
zum Beispiel vorher ein Paar war und die
Betroffene traut sich nicht zu sagen: "Ich
will dich nicht mehr sehen" und ghostet
einfach und die ausführende Person nimmt
sich gar nicht als Stalker oder Stalkerin
wahr, sondern versucht einfach nur eine
Klärung herbeizuführen und schreibt immer
intensivere und immer wütendere Nachrichten
und irgendwann wird es immer
unverschämter. Und das steigert sich dann
rein, weil auf der Seite der Betroffenen
dann vielleicht das Umfeld reagiert und
sagt: "Was ist denn mit dir los." Und das
wird nicht aufgelöst, das hat viel mit
sozialer Kompetenz zu tun, die nicht
ausreichend vorhanden ist. Wo sich damit
gegenseitig verstärken kann und es ist
wichtig, das zu benennen. Ich werde auch
nochmal sagen warum. Weil es wichtig ist
zu fragen, wie wir den Konflikt am besten
lösen können. Wenn wir jetzt eine Person
haben, die eine andere stalkt, dann ist
ein ganz wichtiger Aspekt, der bei all
diesen Problemen viel zu kurz kommt, dass
so Probleme nur von Gemeinschaften gelöst
werden können. Tobias sitzt hier, der hat
mir als Philosoph beigebracht, dass
Datenschutz auch eine Gemeinschaftsaufgabe
ist. Es ist ganz schwer Datenschutz allein
zu lösen, und bei Stalking ist das
genauso. Das ist ganz schwer zu sagen. Ich
werde gestalkt, ich bin betroffene Person
und dann als Therapeut hinzugehen und zu
sagen: "Mach das und das, und dann wird
das schon wieder." Das ist eine
Gemeinschaftsaufgabe, das musst du den
Menschen im Umfeld dieser Person auch
sagen. Das heißt, wenn man sieht, jemand
um mich herum ist betroffen, ist es
wichtig zu sagen: Was ist da los, wie geht
es dir damit, was passiert da, wie kann
ich dir helfen? Es ist aber genauso
wichtig, dass auch die Menschen um die
ausführende Person heraus reagieren. Also
in einer Gemeinschaft. Oft entsteht
Stalking aus zum Beispiel Paarbeziehungen,
aus Trennungen heraus. Und dann ist es
ganz wichtig, dass auch das Umfeld der
ausführenden Person darauf reagiert. Also
wenn man jemanden erlebt und merkt, der
geht immer aggressiver auf Twitter auf
jemand anderen, oder schreibt da so
Nachrichten, dann ist es wichtig zu sagen:
"Was ist denn eigentlich mit dir los, was
machst denn du da gerade?" Es ist sehr
wichtig, dabei nicht gleich in diese
Opfer/Täter Unterscheidung zu gehen,
gerade wenn man mit der Person befreundet
ist, die ausführend ist, sondern zu sagen:
"Was ist mit dir los? Was machst du da
gerade?", um diese defensive Haltung zu
vermeiden. Das Problem der defensiven
Haltung ist nämlich: Natürlich wird es so
sein, dass auch um die ausführende Person
herum einige sind, die sehen, das ist ein
Verhalten, das nicht in Ordnung ist. Da
muss man darauf reagieren. Es gibt aber
immer auch Verbündete. Und mittlerweile
gibt es, das werden gerade hier im Raum
einige wissen, es gibt mittlerweile
Gruppen, die aus Anonymität heraus sowas
richtig betreiben und Personen
kaputtmachen. Auf Twitter gibt es das
immer wieder, dass dann gesagt wird "die
und die", häufig sind es Frauen, "die und
die Frau ist zu selbstgerecht, die wird
jetzt fertiggemacht". Da gibt es so etwas
nicht, aber wenn es so eine Paarbeziehung
heraus entsteht, dann gibt es auf der
Seite des Ausführenden immer beide Seiten.
Das ist ganz wichtig in so einer
Situation, nicht gleich mit dem Ausschluss
aus der sozialen Gemeinschaft zu reagieren
oder zu drohen. Das große Problem ist
nämlich, dass wir in unserer Gesellschaft
gerade große Umbruchzeiten haben, in der
sich gesellschaftliche Werte verändern.
Und wenn wir auf Verstöße gegen die Werte,
die sich gerade entwickeln immer damit
reagieren, dass wir jemanden verstoßen
oder sagen "Du musst dich schämen". Scham
ist eine der schlimmsten Sanktionsmittel,
wenn man jemanden dazu bringt, sich
schämen zu müssen, dann schafft man eine
Grenze zu der Gemeinschaft und stößt die
Person möglicherweise aus. Wenn man eine
Person aus der Gemeinschaft ausstößt,
führt das dazu, dass sich einige von der
Person trennen mögen und sagen mögen "Wenn
du so etwas machst, wenn du Stalker bist,
dann wollen wir nicht mehr auf deiner
Seite sein". Das führt aber auch dazu dass
sich andere verbünden und Gruppen
entstehen, außerhalb der Gemeinschaft, die
immer größer werden. Das erleben wir
politisch auch gerade, dass Menschen die
nach dem Mehrheitsbild in unserer
Gesellschaft sich total daneben benehmen
einfach eine Gruppe bilden, außerhalb der
Mehrheitsgesellschaft, wo man sich
mittlerweile wunderbar wohlfühlen kann.
Die 15 Prozent, die nicht mehr mitmachen
wollen bei dem, was die Mehrheit für gute
Werte hält, die fühlen sich in ihrer Blase
wunderbar wohl, wenn sie groß genug dafür
geworden ist. Das Dramatische ist aber,
dass die Sanktionsmittel, die wir
anwenden, nicht mehr wirken. Nämlich
einmal positive Zuwendung, wenn man
jemandem sagt "Pass auf, du benimmst dich
daneben, aber wenn du dich besser benimmst, dann
kriegst du positive Rückmeldung von uns".
Aber auch die negativen Sanktionsmittel
wirken bei so Leuten, die man aus der
Gemeinschaft ausstößt, nicht mehr. Das
heißt, wenn man ihnen droht und sagt:
"Wenn du dich so benimmst...", was macht
man denn dann eigentlich? Weil das Problem
ist, dass aus der Gemeinschaft Verstoßene
die man sehr hart in diese reine
Täterrolle, die reine ausübende Rolle,
gedrängt hat, irgendwann toxisch werden.
Wenn sie nihilistisch werden, wenn sie
zynisch werden und verbittert werden, dann
kann man nicht mehr mit ihnen reden. Es
gibt Situationen, da muss man reagieren.
Da muss man Menschen ausschließen aus der
Gemeinschaft. Da muss man es mit den
härtesten Sanktionen, die uns sozial zur
Verfügung stehen strafen für das was sie
tun, das ist außer Frage. Mein Anliegen
ist nur jetzt in der Einleitung dieser
genaueren Darstellung zum Stalking, dass
wir immer wieder darüber nachdenken, dass
wir diese Mittel die wir anwenden, die
Sanktionen wohl dosiert anwenden, damit
sie nicht stumpf werden, dann wenn wir sie
wirklich brauchen. Und ob es nicht
vielleicht besser ist, auf der Seite
außerhalb der Gemeinschaft, wo die
Menschen stehen, die verbittert sind und
Hass verbreiten, bei denen eh alles egal
ist, nur 4,9 Prozent der Bevölkerung
stehen und nicht mehr 15.
Verhaltener Applaus
JK: So, noch ein paar kleine Worte zur
Unterstützung - dankeschön. Ich möchte
abschließend was dazu sagen, wie man sich
Hilfe sucht, in und außerhalb des Systems.
Wie man gute Therapeuten erkennt, aber
auch gute Helfende außerhalb des
psychiatrischen Systems. Ich finde es
absolut in Ordnung, nicht zum Psychiater
oder Therapeuten gehen zu wollen, weil man
die Denke von Therapeuten nicht mag. Ich
glaube auch dass wir Therapeuten ein
bisschen übergriffig geworden sind im
psychiatrischen System. Es gab viele
Probleme, die früher in der Familie
behandelt wurden, mit denen man zum
Pfarrer gegangen ist oder die einfach auch
keine Krankheiten waren, sondern ein
Gemeinschaftsproblem, die jetzt
individualisiert, privatisiert werden und
dann muss man alleine als der oder die
betroffene Person mit so einer Krankheit
zum Therapeuten gehen. Das halte ich für
falsch. Ich glaube, das sollte man auch
nicht immer tun. Aber wenn man sich
Unterstützung sucht, sollte man aus meiner
Sicht zwei wichtige Kriterien beachten.
Beim Thema "Stalking" ist es wichtig, dass
man, wenn man sich Hilfe sucht, dass man
zu jemandem geht, der außerhalb dieser
Schemata denkt: "Opfer", "Täter". Wenn Sie
also zu jemandem gehen, der sagt: "Wir
reden gar nicht mit Tätern", dann kann das
ein Problem werden, weil in komplexen
Fällen manchmal beide Seiten dazu
beigetragen haben, aber auch, weil sich
das Problem nicht lösen lässt. Wie ist
denn das zum Beispiel, wenn Sie betroffen
sind und merken nach einer Weile:
Eigentlich würde ich gerne einen
Mediationsversuch starten, darüber reden
und sie haben eine harte Schema-Denke. Es
ist wichtig, dass Sie Therapeuten haben,
die genug Abstand haben, um als
Außenstehende denken zu können. Das heißt
nicht, dass sie nicht parteiisch sein
sollen und sie unterstützen. Sie müssen in
der Lage sein, außerhalb des Schemas
denken zu können. Und das andere, was ich
ganz wichtig finde, was ich immer wieder
merke in Communities, die diese Strukturen
selbst aufbauen, ist, dass Helfer nicht
emotional involviert sein sollten. Wenn
Sie Gruppen haben, wo die Helfer selbst
sich wahnsinnig aufregen, wahnsinnig
emotional dabei sind, wenn sie jemandem
helfen, der ein Problem hat, dann kann das
zum Problem werden für die, denen geholfen
wird. Zum einen, weil die Helfer nicht
mehr rational denken und zum anderen, weil
sich die Menschen, die sich als Helfer
aufregen, auch sehr schnell verbrauchen.
Wenn man zu viel Empathie hat, kann man
nicht gut helfen. Das mag widersprüchlich
erscheinen, aber wenn man alles mitspürt,
was die Menschen, denen man helfen will
erleben, dann macht einen das relativ
schnell fertig. Die andere Gefahr ist
natürlich dieses Helfersyndrom. Viele
werden diesen Ausdruck kennen. Und das
Helfersyndrom hat das große Problem: Wenn
Leute privat immer gerne und viel helfen
und sehr emotional dabei sind, kann es
sein, dass sie abhängig sind vom Helfen,
co-abhängig. Das große Problem der Co-
Abhängigkeit des Helfersyndroms ist, wenn
Sie Helfende haben, zum Beispiel im
Internet, in der Community, die nicht in
klassischen Strukturen sind, wie wir das
sind, die das total brauchen zu helfen,
dann brauchen die auch das Problem.
Jemand, der ein Helfersyndrom hat, der
braucht, dass die betroffene Person weiter
ein Problem hat, um weiter helfen zu
können. Deswegen ist es manchmal schwerer,
mit Menschen, die sehr abhängig vom Helfen
sind, da rauszukommen. Das wären für mich
zwei wichtige Ratschläge, wie man in- und
außerhalb der Community - das haben auch
Therapeuten. Man merkt das auch bei
Therapeuten, wenn die das haben. Das wären
meine wichtigen Ratschläge für
Unterstützungssysteme. Damit würde ich
jetzt abgeben an dich.
Korina Winter (KW): Danke. Genau. Ich
möchte zunächst beginnen mit einer
Definition. Wir haben jetzt ja schon sehr
viel gehört. Das Wort "Stalking" ist sehr
oft gefallen. Ich möchte kurz darauf
eingehen, was es bedeutet und woher es
kommt. Das Wort "Stalking" kommt, wie man
schon hört, aus dem Englischsprachigen. Es
kam erstmalig um die 1980er Jahre vor und
wurde primär zunächst übersetzt mit "auf
die Pirsch gehen", so aus der
Jägersprache. Es wurde gerade in den
1980ern, 1990ern benutzt für Fans, die
ihre Idole sozusagen nachgestellt haben,
bedroht haben, verfolgt haben und daraus
kam dann dieser Terminus, der dann auch
immer mehr in den deutschsprachigen Raum
kam. Bei uns sieht man - im
deutschsprachigen Raum, sage ich jetzt
dazu - kam das Phänomen des Stalkings auch
in der Gesetzgebung erst in den Jahren
2007, 2008 zu tragen, auch mit dem
entsprechenden Paragrafen. Und wenn man
sich es ansieht, Stalking ist kein
Phänomen der Neuzeit. Wir finden schon
selbst bei den alten Griechen Beispiele
für Stalking-Verhalten, bei Ovids
Metamorphosen bis hin zu Orion, sodass das
gerade auch medial noch mal in den 90er
Jahren mehr in den öffentlichen Fokus kam.
Wenn man jetzt im deutschsprachigen Raum
sieht: Die erste Definition, die ich jetzt
fand, auch im wissenschaftlichen Kontext,
war von Dreßing und Gass, 2002, vor der
Gesetzesnovelle 2007-2008 und wurde
definiert - ich würde es mir erlauben, mal
vorzulesen: "... als ein Verhaltensmuster,
bei dem der Stalker einen anderen Menschen
verfolgt und belästigt, häufig auch
bedroht, unter Umständen auch körperlich
attackiert und in seltenen Fällen sogar
tötet. Der oder die Betroffene fühlt sich
durch diese Verhaltensweise bedrängt und
in Angst versetzt." Über die Jahre hinweg
- der Begriff stammt ja aus der Definition
von 2002 - hat man noch, unterschiedlich
von den Autoren her, zusätzliche Kriterien
eingeführt. Da wir viele deutschsprachige
Studien hier zitieren, wollte ich das kurz
noch mal anführen. In der Forschung geht
es vor allem um das Zeitkriterium. Manche
Autoren sagen: "Zwei Wochen", manche
sagen: "längere Woche", das ist eine reine
Forschungsfrage, ab wann man das in großen
Studien, also welche Kriterien man
einschließt, das nur formal hinzufügend.
Und dann zur nächsten Definition, aber
dann kommen keine Definitionen mehr.
Cyberstalking, da hören wir im Anschluss
ja auch noch einen Vortrag. Ganz kurz,
damit wir alle wissen, worum es geht:
Cyberstalking wird ja auch gerade in den
Medien auch sehr diskutiert, auch
gesellschaftlich. Die wissenschaftliche
Datenbasis hingegen ist sehr, sehr mau
sozusagen. Es gibt kaum Studien dazu, vor
allem auch keine großen epidemiologischen
Studien. Was wir aber sagen können ist
nach Definition von Dressing auch wieder
et al. "Cyberstalking bezeichnet die
absichtliche, wiederholte und unerwünschte
Kontaktaufnahme durch computerbasierte
Kommunikationstechniken, oder die über diese
Techniken stattfindende
Verunglimpfung,
Bloßstellung oder Bedrohung. Ein
wesentliches Definitionsmerkmal ist eben
auch, dass diese Aktion Angst auslöst."
Genau. Wichtig ist dabei, wie wir dann auch
nochmal später sehen werden, Cyberstalking
ist nicht eine eigene Entität, sondern ist
ein Teil bei den meisten zum Stalking
dazuzählend, weil in den meisten Fällen
beides vorkommt. Also es gibt also es gibt
es gibt wenig Stalkingfälle, wo keine
Cyber-Techniken zur Anwendung kommen.
Darauf kommen wir nochmal später.
Wo ich kurz nochmal vorstellen möchte über
die Epidemiologie, das heißt, wie weit
verbreitet ist Stalking eigentlich. Die
ersten epidemiologischen Studien gab es in
Deutschland 2005. Ich habe hier eine
aktuelle von Hellman und Kliem das ist
eine repräsentative Studie. Und da geht es
darum, wie weit ist sozusagen Stalking in
Deutschland verbreitet und wie hoch ist
die Lebensprävalenz. Bei Frauen ist die
Lebensprävalenz bei 19,8 Prozent, in der
Allgemeinbevölkerung, Männer 11,6 Prozent
Lebenszeitprävalenz. Bei Frauen kommt
hinzu, dass zum Beispiel Faktoren wie
aktuelle Beziehungsstatus, ob man alleine
wohnt oder in einer WG oder gemeinsam
nochmal die Lebenszeitprävalenz ansteigen
kann bis zu 32 Prozent. Genau. Das
Spannende auch bei dieser Studie war: sie
versucht haben herauszufinden, wer sind die
Stalking-Ausführenden. Sind es immer nur
Männer, sind es Frauen, die Personen
die betroffen worden von Stalking sind
diesbezüglich befragt worden. Und es kam
heraus bei den Frauen also insgesamt von
der ganzen Studie waren 64,6 Prozent der
Stalking-Betroffenen Frauen. Da, wenn man
sich weiter unten ansieht, die Stalking-
Ausführenden waren in dem Fall zu 60,2
Prozent männlich, hingegen 4,4 Prozent
Frauen, hingegen bei Stalking betroffenen
Männern, das waren in der Gesamtsumme 35,4
Prozent, dreht sich das sozusagen und hier
stellen Frauen die Mehrheit und zwar mit
23,5 Prozent. Soweit dazu. Genau. Und wie
schon erwähnt zu Cyber-Stalking gibt's
aktuell noch keine großen repräsentativen
epidemiologischen Studien. Aber was wir
wissen, nächste Folie bitte, wenn es um
die Formen des Stalkings geht, wie ich
schon erwähnt habe, wurde früher klassisch
unterschieden zwischen dem traditionellen
Stalking, das umfasst telefonische Anrufe,
also ungewollte telefonische Anrufe, SMS
auch und persönliches Aufsuchen und
unerwünschtes persönliches Aufsuchen,
Pakete schicken et cetera. Cyber-Stalking,
wenn man sich die paar Studien, die es gibt
dazu ansieht, geht es vor allem häufig um
die Kontaktaufnahme bei Social Media, aber
auch Chat, also Instant Messenger, E-Mail
oder Blogs. Wenn man sich jetzt aber auch
ansieht, also was sind so, wie sieht´s
konkret die Stalking- Episoden aus,
dann sieht man, dass die meisten
Ausführenden beide Modi benutzen, das
heißt sogenanntes traditionelles Stalking
und Techniken sozusagen neue Techniken
Cyber-Stalking. Genau. Und grad als
Psychologin fragt man sich, oder auch ihr
wahrscheinlich, ... da sein, warum stalken
Menschen überhaupt und für uns ist diese
Frage vor allem wichtiger im
beruflichen Kontext, warum wir sie stellen
und auch Forschung dazu betreiben, wir
können gern schon die nächste Folie
machen, danke, ist sozusagen die Motive
herauszufinden, um das zu verstehen. Das
Wichtige ist, warum wollen wir es
überhaupt verstehen. Es geht darum
sozusagen, Stalking-Betroffene, aber auch
Ausführenden zu helfen, ihnen auch ein
Angebot machen zu können und hierzu müssen
wir verstehen, warum stalken Menschen und
vor allem auf welche Art und Weise, was sind
die dahinter liegenden Motive und was noch
zusätzlich herauskommt, neben natürlich
auch Hilfsangeboten, ist auch, was wir
dann auch später sehen werden, eine
wichtige Domäne auch die Risikoanalyse. Es
geht ganz konkret, besteht Gefahr für
Betroffene oder auch für Drittpersonen.
Genau. Wenn wir uns jetzt hier zum
Beispiel dieses Sammeln von Motiven
ansieht, das sind so ungefähr die vier
häufigsten Motive. Ich würde jetzt kurz
noch einmal auf die verschiedenen Motive
eingehen, auch um zu verstehen, dass es
verschiedene Motive gibt und dass die
Hintergründe sehr unterschiedlich sind.
Wenn wir ganz links anfangen beim
Hauptmotiv 'Einsamkeit und Liebe suchend'.
Hintergrund ist hier vor allem das
Vorherrschen von Emotionen wie
Einsamkeit, Mangel an Liebe oder
Vertrauen. Primärintention ist die
Herstellung einer intimen Beziehung.
Hierbei spielt oft auch der Gedanke des
Seelenverwandten, also im Englischen
benutzt man oft dieses Wort 'soul mates',
das ist sozusagen der Impetus und Fokus
liegt hier nicht also liegt den
Ausführenden zumeist auf fiktiven oder
auch wahnhaft angenommenen Beziehungen mit
einer Person. Und diese hat die Funktion
echte Beziehungen zu ersetzen. Das ist ein
ganz wichtiger Faktor. Relevant ist
hierbei aber, dass das tatsächliche
Verhalten der Stalking-Betroffenen nur
eine untergeordnete bis gar keine Rolle
spielt. Wichtig ist, dass bei diesen
Menschen, die aus diesen Motiven sozusagen
Stalking ausführen, dass das meist
Betroffene sind aus dem weiteren
Bekannten- oder Freundeskreis oder auch
Fremden. Genau. Hier spielt auch, wichtig
ist hier auch sozusagen, was wir auch aus
unserer Arbeit kennen, auch Patienten sind
mit schizophrenen Erkrankungen, also der
bekannte Liebeswahn genau. Ein weiteres
Motiv - Verzeihung trinkt mal kurz - ist
auch Einsamkeit sozusagen ... Einsamkeit.
Ich bin etwas unglücklich mit der
Terminologie, in der Forschung heißts
soziale Inkompetenz, das ist schon sehr,
sehr wertend. Hier geht es vor allem als
auslösende Motivation, der Wunsch nach
menschlichem Kontakt. Hier geht es nicht
um diesen eternal soul mate, also meine
große Liebe, die ich finden will, sondern
hier geht es eher um die Etablierung von
einer Freundschaft oder auch von einer
sexuellen Beziehung. Hier sind vor allem
Menschen, die dem Ausführenden nicht
bekannt sind als Primärziel sozusagen. Der
Begriff Inkompetenz kommt daher, dass die
Annäherungsversuche von Stalking-
Ausführenden oft sehr, sehr ungeschickt
wirken aufs Umfeld und auch sehr
beharrlich verlaufen. Der Hintergrund hier
ist vor allem, dass diese Menschen
Einschränkungen in sozialen Fähigkeiten
zeigen, was dann auch wichtig später zu
wissen ist für zum Beispiel Hilfsangebote,
wo man ansetzen könnte, was vor allem für
die Betroffenen hier wichtig ist, ist dass
dass - hängt's- dass die Stalking-
Ausführenden sozusagen das Stalking-
Verhalten reduzieren, wenn sie auch
merken, so, Okay, das ist jetzt nicht so
erfolgsversprechend. Das trifft nicht auf
alle in der Gruppe zu diesem Hauptmotiv,
sondern zum Großteil. Genau. Dann die
nächste Gruppe, welche Zurückweisungen,
Versöhnung oder Rache wo das Motiv ist.
Hier ganz spezifisch, dass es sich
meistens um Personen handelt aus dem sehr,
sehr engen Umfeld, sprich Ex-Partner
-Partnerinnen oder auch teilweise Freunde.
Auslöser ist primär die Beendigung einer
Beziehung. Stalking soll hierbei den
Verlust von vertrauten Beziehungen
kompensieren. Das heißt, das ist eine Art
und Weise, zu versuchen noch die Beziehung
aufrechtzuerhalten. Oft berichten
Ausführende so: "Die Beziehung kann nicht
zu Ende sein, ich kann nicht ohne sie
weiterleben." So diese ganz, ganz starke
Fokussierung auf das Ende der Beziehung,
dass dieses ja nicht abbrechen darf. Hier
ist es oft so, dass beide Motive vorhanden
sind. Einerseits Versöhnung, dass man sich
wünscht, dass die Beziehung fortgesetzt
wird. Rache auch, wenn man sich dann doch
auch als abgelehnt empfunden wird. Und
genau, das ist eine Vermischung aus diesen
beiden Motiven. Man sieht da auch schon
die Ambivalenz an Emotionen. Noch ein
wichtiges Motiv ist: Demütigung, Verlangen
nach Rache. Hier steht vor allem im Fokus
der Wunsch wieder Gefühl von Macht und
Kontrolle zu haben. Diese Stalking-
Ausführenden haben subjektiv die
Empfindung, dass sie gekränkt worden sind.
Hier geht es vor allem um
Wiederherstellung einerseits dieses
Gefühls des kompletten Ausgeliefertseins
und eben durch die Befriedigung vom Gefühl
von Macht und Kontrolle. Der Stalking-
Ausführende sieht sich dabei oft auch
selber als Opfer in dem Kontext. Und
wirklich auch mit dieser Terminologie. Der
letzte ist ein ganz kleiner Bruchteil der
Stalking-Ausführenden, hier geht es vor
allem um Macht und Sexualität. Das sind
eher Stalking-Ausführende, die, wo
sozusagen zu, Beispiel Sadisten
undsoweiter. Das ist ein sehr, sehr
geringer Anteil. Genau. Und wenn wir uns
mal ansehen - die nächste Folie bitte -
für die Folgen für Stalking-Betroffene,
hier sieht man einerseits die psychischen
Beschwernisse, es ist ein Dauerzustand von
Anspannung. Ein Großteil also über 50
Prozent der Stalking-Betroffenen zeigen
Symptome einer psychischen Erkrankung. Das
geht einerseits vom psychischen
Beschwerden, auch von Panikattacken,
Unruhe, vor allem dieses Gefühl des
Kontrollverlustes ist für Menschen sehr
schlimm und führt einfach zu einem
kontinuierlich erhöhten Stresslevel, was
eben auch wieder die Manifestierung von
psychischen Erkrankungen begünstigen kann.
Es gibt aber auch physische Erkrankungen,
also einige kriegen auch Magenschmerzen,
Schlafstörungen ganz prominent auch mit
dabei, und was dazu führt ist, dass man
sich in Sicherheitsverhalten, Stalking-
Betroffene ziehen sich zunehmend auch
zurück und verlassen ungern das Haus, weil
sie einfach Angst haben und das führt in
einer längeren Folge dann auch oft zu
Verlust von sozialen Kontakten oder dass
sie auch aufgrund des Stalkings dann
umziehen müssen, Arbeitsplätze wechseln et
cetera. Kann natürlich auch zu
ökonomischen Konsequenzen führen. Und all
diese Faktoren begünstigen sozusagen auch
die Entstehung von psychischen
Erkrankungen. Wichtig ist hierbei, also
was wir auch nicht vergessen sollten ist,
dass auch Ausführende, also Stalking-
Ausführende - wenn ich das noch kurz
ausführen dürfte - Stalking-Ausführende
zum Beispiel ziehen sich auch zunehmend
aus ihren sozialen Umfeldern zurück,
beschäftigen sich primär mit der Thematik
des Stalkings, des Verhaltens, sodass es
hier auch zu einem sozialen Rückzug kommt.
Und das wird... Im klinischen Kontext
heißt es immer "Der Prozess der
krankhaften Fixierung", das heißt, auch
hier gibt es wieder eine
Rückkopplungskette, was ja auch Jan schon
vorher erzählt hat, sozusagen dieser
zunehmende soziale Ausschluss, spielt dann
auch noch vorbei (?), dass sie sich
einerseits sich auch in Netzwerken zu
auch anderen Stalking Ausführenden oft
sich verbinden, oder das Stalking dadurch noch
einmal stärker auftritt, das ist eine Art
Teufelskreis. Genau.
JK: Das ist vor allem die Beschreibung der
Dynamiken bei Tätern und auch des Leids,
weil Täter oft so wahrgenommen werden. Wir
sprechen ja von den Ausführenden, aber oft
werden sie als Täter wahrgenommen. Das ist
so wichtig, weil das Umfeld darauf
reagieren kann, man kann... Man sollte
nicht jemandem sagen, der betroffen ist:
"Pass mal auf, das ist doch jemand, der
fühlt sich gerade einsam.", wenn jemand
massiv unter den Folgen von Stalking
leidet. Aber es geht darum, dass man die
Analyse braucht um erstens was dagegen
tun zu können, aber auch das Umfeld muss
reagieren. Wenn ihr jemanden bemerkt der
in eurem Umfeld anfängt sich immer mehr
auf eine Person zu fixieren, darauf zu
reagieren. Dann kann man so etwas am
Anfang auch abfangen. Dem ausführenden
helfen, aber natürlich viel mehr noch der
betroffenen Person damit.
KW: Genau. Aus Zeitgründen würde ich
vorschlagen, dass wir kurz ein paar Folien
skippen.
JK: Ja. Sag mal bis wo?
KW: Ja ich würde noch die letzte Folie
kurz damit wir noch kurz die… Also es ging
hier vor allem auch kam an uns die Anfrage
das
JK: Die letzte Folie?
KW: Ja. Also was kann ich. Was kann ich.
Oder wie kann ich helfen wenn ich im
Umfeld mit einem Stalking Fall
konfrontiert werde. Also sei es entweder ein
jemand ist als Ausführender betroffen oder
als Betroffener sozusagen. Wichtig ist
hierbei wie auch Jan schon erzählt hat,
dass bei solchen betroffenen Personen dass
man die Aufrechterhaltung der sozialen
Kontakte ist das A und O. Weil es eine der
wichtigsten Stützen darstellt. Wir gehen
oft von diesem Modell aus sozusagen unsere
psychische Gesundheit oder unsere
Gesundheit allgemein ist wie ein Haus. Es
steht auf verschiedenen Säulen und eine
dieser Säulen, die größte Säule was das
Fundament sozusagen bildet, ist sind
soziale Kontakte, ein soziales Umfeld der
Menschen ein soziales Wesen und andere
Säulen wären zum Beispiel Job oder auch
andere identitätsstiftenden Inhalte. Und
je mehr von diesen Säulen wegbrechen desto
instabiler wird unser Haus sprich auch
unsere psychische und körperliche
Gesundheit. Und deshalb ist es so wichtig
zu versuchen gerade dieses große Fundament
der sozialen Kontakte aufrechtzuerhalten.
Wichtig ist gerade auch Betroffenen im
Freundeskreis zu zeigen "Du bist nicht
alleine. Wir sind da." und auch diese
starken Emotionen, die stalking Betroffene
erleben, wie sich dieses ausgeliefert
fühlen, die Hilflosigkeit und
Kontrollverlust darüber auch so ein
bisschen zu kommunizieren zu können. Was
man allerdings aufpassen sollte gerade
auch als wenn man jemand helfen möchte, im
Freundeskreis, dass man seine eigenen
Grenzen auch aufpasst weil ihr werdet
genau das gleiche erleben. Werdet euch
auch ausgeliefert teilweise fühlen,
Hilflosigkeit. Und das ist wichtig
sozusagen auch zu schauen Wie gehe ich mit
diesen Emotionen um. Und auch die eigenen
Grenzen sozusagen im Kopf zu haben.
Wichtig ist auch unterstützende Maßnahmen.
Ihr könnt mit den Betroffenen also mit
Stalking Betroffenen in eurem
Freundeskreis geht könnt zu den
Beratungsstellen gehen ihr könnt ihnen
anbieten "Hey soll ich dich begleiten".
Zum Beispiel sowas. Oder auch Wichtig ist
auch schöne gemeinsame Aktivitäten zu
machen. Sozusagen es ist nicht der Fokus
auf primär auf das Stalking sich richtet -
okay bisschen mit den Sicherheitsmaßnahmen
auch aber - Was können wir schönes
gemeinsam machen. Auch die Beziehung auch
die Qualität der Beziehung nochmals zu
stärken.
JK: Bis wann haben wir eigentlich genau?
KW: Wir haben nur noch fünf Minuten.
Mussten leider ein bisschen
JK: Das ist wenig.
KW: Ja. Ey ich dachte du bist bisschen
kürzer aber. Ist okay. lachend Alles
gut.
JK: Meine Schuld.
KW: Ne, alles gut. Genau also wichtig ist
wie gesagt weil wir es auch oft sehen ist
wirklich auch die eigenen Grenzen zu
kennen und zu sagen okay. Wichtig ist auch
dass man manche berichten auch, dass sie
Wut empfinden. Also man sieht die beste
Freundin wird Stalking Betroffene und man
hat diese Wut und sagt okay ich möchte
dass das aufhört. Ich gehe zu dem hin und
und sage "Hey hör auf damit". Davon würden
wir auch sehr stark abraten sozusagen
diese Vermittlerrolle einzunehmen. Da die
Dynamik da sehr leicht aus dem Ufer
gehen könnte zum Beispiel. Also davon
raten wir auch konkret ab. Also gerade
wenn man die andere Person auch nicht
kennt. Wichtig ist wenn man auch eine
Stalking ausführende Person im
Freundeskreis hat, was Jan auch schon
gesagt hat, ist Vorwürfe bringen nichts.
Den zu beschimpfen und zu sagen was ist es
dafür, was du da machst? Wichtig ist zwar
schon, dass man klar vermittelt, dass es
nicht in Ordnung ist, das Verhalten, aber
dass man sich auch wirklich Sorgen um
diesen Freund oder Freundin macht der
Stalkingausführende/r ist. Und darüber
auch wieder über die sozialen Kontakte und
Bindungen die Möglichkeit ermöglicht
sozusagen dass der oder diejenige sich
dann auch Hilfe holen kann oder wie auch
immer. Das heißt da ist auch wieder die
soziale Funktion sehr wichtig. Auch hier
ist mir wichtig, man sollte versuchen
keine Vermittlerrolle einzunehmen und auch
wieder eigene Grenzen natürlich zu achten.
Ich glaube es ist das Allerwichtigste was
wir hatten, ne?
JK: Also zentral ist die Überwindung der
Isolation.
KW: Ja
JK: Bei der ausführenden Person damit sie
zugänglich bleibt für soziale
Sanktionsmittel und bei der betroffenen
Person damit sie diese psychischen Folgen
nicht so stark erlebt.
KW: Genau, dass man die sozusagen oder
auch das man leichter auch externe
Beratungsangebote annehmen kann. Es ist
nach wie vor so dass unter die Hälfte
der Betroffenen von Stalking auch
professionelle Hilfe in Anspruch nehmen
und gerade in so Zeiten – also es geht gar
nicht um Diagnosen und Labelling, sondern
wirklich sozusagen man schaut sich in den
Therapien auch, das heißt offiziell
Therapien ne, therapeutische Maßnahmen,
Unterstützungsmaßnahmen einfach an wie
gehe ich mit Situationen um. Wie kann ich
mit oder wie lerne ich sozusagen mit
Situationen wie Hilflosigkeit umzugehen,
oder auch mit belastenden Emotionen. Aber
auch mit Gedanken die unverständlich ok
ich kann das Haus nicht verlassen aber ich
muss einkaufen gehen, könnte das nicht
vielleicht ne Freunding übernehmen. Dass
man da versucht dagegenzusteuern und sagt
ok was ist denn die Konsequenz daraus wenn
ich den ganzen Tag daheim bleibe, weil ich
Angst habe, dass mich jemand, dass mein
Stalker, also dass jemand der Stalking
ausführt draußen auf mich wartet
sozusagen. Also dass heißt da würde man
auch sagen ok es führt nochmal zu sozialer
Isolation Rückzug und würde dann
vielleicht gerade die Schlafprobleme
nochmal verstärken, Magenschmerzen,
Depressionen verstärken etc. Und das will
man versuchen so aus diesem Teufelskreis
rauszukommen. Ja.
JK: Ich glaube das mit euch tut mir Leid,
dass ich vielleicht hätte ich auch so Zeit
Anzeigen brauchen sollen gebraucht für
meinen Teil, Entschuldigung.
KW: Aber wie gesagt
JK: ,Ich glaube vor allem dass ich das
Publikum um den Teil mit dem Weißen Ring
gebracht habe, mit der Analyse wie man
Stalking analysiert. Genau.
KW: Genau. Also wir also ich wollte jetzt
eigentlich noch das Programm
Interventionsprogramm vom Weißen Ring
vorstellen. Der Weiße Ring macht super
Arbeit. Das sind Beratungsstellen wo man
sich hinwenden kann als
Stalkingbetroffene. Wenn man dort hingeht
bekommt man zum Beispiel auch eine Ist-
Analyse. d.h. da wird besprochen so wie
sieht genau das Stalking aus. Es wird eine
Risikoanalyse gemacht, was ich vorher ganz
am Anfang erwähnt habe. Zu sehen, okay
gibt es ein Gewaltrisiko, man muss das
einschätzen, wäre es sinnvoll jetzt
sozusagen zur Polizei zu gehen? Das
nochmal abzusprechen, sie stehen ja
beratend zur Seite. Und auch zu schauen
okay wie geht's mir selber dabei damit.
Also, brauche ich psychosoziale
Unterstützung, die haben auch z.B. so
Gruppenangebote und z.B. das kann man dort
alles besprechen und wird auch sehr, sehr
gut gemacht und das wollte ich euch noch
ans Herz legen. Das gibt es das Programm
konkret in Berlin, aber auch ich glaube
auch deutschlandweit soweit ich das
mitbekommen habe. Und es gibt auch
Programme für Tä... Stalking Ausführende.
Ich kenne auch in Berlin eins, so
Programme wie Stop Stalking usw. wo auch
wirklich auch in Gruppen-Settings zum
Beispiel mit Stalking Ausführenden das
thematisiert wird. Also gerade ähnlich wie
es Motive, ne. Da geht man drauf ein okay
was steckt denn dahinter, wie kann ich
sonst also passend jeweils zu Motiven
sozusagen werden Strategien herausgefunden
wie man das angehen kann. Und das
wollte ich auch noch kurz ans Herz legen.
Ja sonst, ja.
Applaus
Abspannmusik
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