Der allererste Antibiotika-Patient war ein Polizist in Oxford. An seinem freien Tag hatte er sich während der Gartenarbeit an einem Rosendorn gekratzt. Der kleine Kratzer hatte sich infiziert. Innerhalb der nächsten Tage schwoll sein Kopf mit Abszessen an, und sein Auge war so stark entzündet, dass man es herausnehmen musste. Im Februar 1941 war dieser arme Mann dem Tode nahe. Er befand sich im Radcliffe-Krankenhaus in Oxford und zu seinem Glück hatte es ein kleines Ärzteteam unter der Führung von Dr. Howard Florey geschafft, eine sehr kleine Menge Penicillin herzustellen -- ein Arzneimittel, das 12 Jahre zuvor von Alexander Fleming entdeckt wurde, jedoch noch nie am Menschen eingesetzt worden war. Niemand wusste, ob das Medikament anschlagen würde, oder ob mögliche Unreinheiten den Patienten umbringen könnten. Aber Florey und sein Team dachten, wenn schon testen, dann an jemandem, der sowieso sterben würde. Also gaben sie Albert Alexander, dem Oxforder Polizisten, das Medikament und innerhalb von 24 Stunden ging es ihm besser. Sein Fieber sank, sein Appetit kam zurück. Am zweiten Tag ging es ihm noch viel besser. Dann wurde das Penicillin knapp, also trugen sie seinen Urin über die Straße, um daraus das Penicillin wiederzugewinnen. Sie verabreichten es ihm erneut und auch das funktionierte. Am vierten Tag war er fast genesen. Das war ein Wunder. Am fünften Tag ging das Penicillin aus und der arme Mann starb. Diese Geschichte endete also nicht sonderlich gut. Aber zum großen Glück von Millionen anderer Menschen -- wie diesem Kind, das Anfang der 40er behandelt wurde und ebenfalls an einer Sepsis zu sterben drohte, und, wie Sie sehen, innerhalb von nur 6 Tagen mit Hilfe dieses Wundermittels Penicillin gesundete. Millionen haben überlebt und die globale Gesundheit wurde transformiert. Antibiotika wurden für Patienten wie diese eingesetzt, sie wurden in manchen Fällen aber auch leichtfertig verwendet, bei Erkältungen oder Grippe, die vermutlich gar nicht auf Antibiotika anspringen. Sie wurden zudem vielfach nicht-therapeutisch, sprich in niedriger Konzentration, eingesetzt, um Hühner und Schweine schneller wachsen zu lassen. Nur um ein paar Cent am Fleischpreis zu sparen, wurde eine Menge Antibiotika für Tiere ausgegeben, nicht zur Behandlung, nicht für kranke Tiere, sondern primär als Wachstumshilfe. Wohin hat uns das geführt? Der weltweit massive Einsatz von Antibiotika hat einen immensen Selektionsdruck auf die Bakterien ausgeübt, sodass Resistenzen nun ein Problem sind, da nur noch die resistenten Bakterien überleben. Sicherlich haben Sie alle davon in der Zeitung gelesen, Sie sehen das in jedem Magazin, über das Sie stolpern, aber ich möchte, dass Sie das Ausmaß dieses Problems verstehen. Das ist sehr ernst. Die folgende Folie zeigt eine Carbapenem-Resistenz im Acinetobacter. Acinetobacter ist ein fieser Krankenhauskeim und Carbapenem das so ziemlich stärkste Antibiotikum, das wir für diesen Keim haben. Wie Sie sehen können, sieht das Muster der Resistenzen 1999 folgendermaßen aus: überwiegend unter 10 % in den Vereinigten Staaten. Sehen Sie nun, was beim Abspielen des Videos passiert. Ich weiß nicht, wo Sie leben, aber egal wo, es ist heute gewiss sehr viel schlimmer, als es 1999 der Fall war. Das ist das Problem mit der Antibiotika-Resistenz. Es ist ein globales Problem, das reiche wie arme Länder betrifft. Vielleicht sagen Sie: "Ist das nicht nur ein medizinisches Problem? Würden Ärzte geschult, weniger Antibiotika einzusetzen und Patienten weniger oft danach fragen, wäre es vielleicht gar kein Problem. Vielleicht sollten Pharmakonzerne auch intensiver an neuen Antibiotika arbeiten." In einem Punkt unterscheiden sich Antibiotika jedoch grundsätzlich von anderen Medikamenten: Wenn ich Antibiotika missbrauche oder sie gebrauche, hat das nicht nur Auswirkungen auf mich, sondern auch auf andere. Das ist vergleichbar mit meiner Entscheidung, das Auto oder ein Flugzeug zu benutzen. Meinen Beitrag zum globalen Klimawandel bekommen andere überall zu spüren, aber ich bedenke diese Belastung nicht unbedingt. Volkswirte nennen so etwas "Allmendeklemme". Die Allmendeklemme ist exakt das, was wir nun mit den Antibiotika erleben: dass wir -- und damit meine ich Individuen, Patienten, Krankenhäuser, ganze Gesundheitssysteme -- nicht bedenken, was wir anderen dadurch aufbürden wie wir Antibiotika nutzen. Diese Problematik gleicht einer anderen, die wir alle kennen: der Verbrauch von Treibstoff und Energie. Energiekonsum frisst Energiereserven und verursacht lokale Umweltverschmutzung und Klimawandel. Wenn es um Energie geht, gibt es zwei Wege, damit umzugehen. Zum einen können wir das vorhandene Öl effizienter nutzen, was einem effizienterem Einsatz vorhandender Antibiotika gleicht. Hierzu gibt es verschiedene Wege, die wir gleich besprechen werden. Die andere Option ist, immer weiter zu bohren, was im Falle von Antibiotika bedeutet, neue zu entwickeln. Diese sind nicht voneinander getrennt. Sie sind eng verwandt, denn wenn wir stark in neue Ölbohrungen investieren, verringern wir den Anreiz zur Einsparung von Öl ebenso, wie das bei Antibiotika der Fall sein wird. Umgekehrt verhält es sich genauso: Wenn wir Antibiotika angemessen einsetzen, sehen wir uns nicht gezwungen, in die Entwicklung neuer Medikamente zu investieren. Wenn Sie dachten, diese beiden Optionen wären gänzlich ausgeglichen, führen Sie sich vor Augen, dass dies ein gefährliches Spiel ist. Es ist das Spiel der Koevolution und in dieser speziellen Metapher passiert sie zwischen Geparden und Gazellen. Geparden wurden schneller, denn wären sie das nicht, gäbe es kein Mittagessen; Gazellen wurden schneller, damit sie nicht das Mittagessen sind. Dasselbe Spiel spielen wir gegen die Bakterien, nur dass wir nicht die Geparden sind, wir sind die Gazellen. Und die Bakterien haben nur im Verlauf dieses kurzen Vortrags Kinder und Enkel produziert und sind allein durch Selektion und Ausprobieren immer resistenter geworden. Wie können wir den Bakterien da überlegen sein? Wir müssen die Medikamente erst entdecken, Moleküle untersuchen, medizinische Studien durchführen, und wenn wir meinen ein Medikament zu haben, gibt es das FDA-Regulationsprozedere. Und wenn wir das alles durch haben, dann versuchen wir den Bakterien einen Schritt voraus zu sein. Dies ist eindeutig kein nachhaltiges Spiel, auch können wir es nicht durch Neuentwicklungen gewinnen. Wir müssen die Koevolution verlangsamen. Hierzu können wir Ideen aus der Energiebranche ausleihen, die auch bei der Lösungsfindung im Falle von Antibiotika hilfreich sind. Wenn Sie bedenken, wie wir Energiepreisen gestalten -- wir erwägen Emissionssteuern, was bedeutet, die Kosten der Verschmutzung werden von jenen getragen, die die Energie auch verbrauchen. Wir könnten erwägen, dasselbe für Antibiotika zu tun. Vielleicht würde das dazu beitragen, dass Antibiotika angemessen eingesetzt werden. Es gibt Subventionen für saubere Energie, um weniger schmutzige Energiequellen zu fördern oder solche, die gar keine fossilen Brennstoffe benötigen. Die Analogie ist hier, dass wir vielleicht davon wegkommen müssen, Antibiotika zu verwenden. Was ist ein guter Ersatz für Antibiotika? Alles wäre hilfreich, das den Antibiotikabedarf reduziert, von optimierter Infektionskontrolle in Krankenhäusern zu Impfungen, insbesondere gegen die saisonale Grippe. Die saisonale Grippe ist wahrscheinlich die häufigste Ursache für Antibiotikagebrauch, in diesem wie in vielen anderen Ländern, und das könnte tatsächlich etwas bewirken. Eine dritte Option könnte so etwas wie handelbare Lizenzen sein. Das klingt wie ein Szenario der fernen Zukunft, wenn Sie jedoch bedenken, dass wir für eine Vielzahl infizierter Menschen womöglich keine Antibiotika haben werden wäre eventuell eine Zuteilung sinnvoll, wer welche Antibiotika vorrangig verwenden darf. Bei manchen könnte das auf klinischer Notwendigkeit, bei anderen auf Preisgestaltung beruhen. Auch Verbraucheraufklärung hilft. Antibiotika werden oft übermäßig genommen oder verschrieben, ohne dass dies den Betroffenen bewusst ist. Feedback-Mechanismen haben sich als hilfreich erwiesen, sowohl bei Energie -- weisen Sie jemanden auf seinen starken Energiekonsum zur Hauptzeit hin, reduziert er ihn in der Regel. Ein ähnliches Beispiel wurde auch im Falle von Antibiotika durchgeführt. Ein Krankenhaus in St. Louis listete auf einer Tafel die Namen der Chirurgen in der Reihenfolge ihres Antibiotikaverbrauchs im Vormonat auf. Es handelte sich hier um rein informatives Feedback, kein Anprangern. Im Wesentlichen war dies eine Rückmeldung an die Chirurgen, dass sie ihren Antibiotikaverbrauch überdenken könnten. Es gibt zudem vieles, das auf der Versorgungsseite getan werden kann. Die Kosten für Penicillin betragen täglich ca. 9 Cent. Es ist ein recht billiges Medikament. Andere Medikamente, die seither aufkamen -- Linezolid oder Daptomycin -- sind signifikant teurer. Eine Welt, die es gewohnt ist, 9 Cent pro Tag für Antibiotika zu zahlen, empfindet die Vorstellung von 160 Euro pro Tag als sehr teuer. Was sagt uns das? Dieser Preis sagt uns, dass wir billige, wirksame Antibiotika in Zukunft nicht länger als selbstverständlich erachten sollten und dass der Preis uns signalisiert, dass wir der Erhaltung viel größere Aufmerksamkeit schenken sollten. Dieser Preis ist also ein Signal, dass wir uns nach anderen Technologien umsehen sollten, ebenso wie die Spritpreise ein Signal sind und ein Impuls, zum Beispiel für die Entwicklung von Elektroautos. Preise sind wichtige Signale und wir müssen darauf achten. Wir müssen uns jedoch auch vor Augen halten, dass diese Preise zwar für Antibiotika ungewöhnlich hoch scheinen, aber nichts sind im Vergleich zu den täglichen Kosten mancher Krebsmedikamente, die Patientenleben nur für wenige Monate bis zu einem Jahr retten, während Antibiotika ein Patientenleben potenziell für immer retten könnten. Dies wird einen kompletten Paradigmenwechsel beinhalten, welcher durchaus beängstigend ist, da der Gedanke, 180 Euro pro Tag für Antibiotika zu bezahlen in vielen Teilen dieses Landes, ja in vielen Teilen der Welt, einfach unvorstellbar ist. Das muss also bedacht werden. Es gibt Auffangoptionen, sprich alternative Technologien, an denen gearbeitet wird. Diese beinhalten Bakteriophagen, Probiotika, Quorum Sensing, Symbiotika. All diese nützlichen Möglichkeiten sollten ausgeschöpft werden und sie werden noch lukrativer werden, sobald der Preis für neue Antibiotika steigt. Es hat sich gezeigt, dass der Markt tatsächlich reagiert und die Regierung erwägt nun, neue Antibiotika und deren Entwicklung finanziell zu fördern. Es gibt jedoch Herausforderungen. Geld allein löst das Problem nicht. Wir sollten auf eine Art in neue Antibiotika investieren, die den angemessenen Einsatz und Verkauf dieser Antibiotika fördert. Und das ist die eigentliche Herausforderung. Nun zurück zu diesen Technologien, Sie erinnern sich an den Spruch aus einem berühmten Dinosaurierfilm: "Die Natur findet einen Weg." Dies sind also keinesfalls dauerhafte Lösungen. Wir dürfen nie vergessen, dass die Natur ganz unabhängig von der Technologie einen Weg finden wird, diese zu umgehen. Sie halten das womöglich nur für ein Problem zwischen Antibiotika und Bakterien. Wir begegnen jedoch genau denselben Problemen in vielen anderen Bereichen, zum Beispiel mit mehrfach resistenter Tuberkulose, was ein ernstes Problem in Indien und Südafrika darstellt. Tausende Patienten sterben, weil die Reservemedikamente so teuer sind und manchmal selbst diese nicht mehr helfen. Dann haben Sie XDR-TB. Viren werden resistent, landwirtschaftliche Schädlinge, Malariaparasiten. Momentan ist die Welt im Grunde von einem einzigen Medikament abhängig, um Malaria zu behandeln -- Artemisinin. Es sind bereits Resistenzen zu Artemisinin aufgetreten und sollten diese sich verbreiten, gefährdet dies das weltweit einzig sichere und wirksame Medikament zur Behandlung von Malaria. Moskitos entwickeln Resistenzen. Wenn Sie Kinder haben, kennen Sie sicher Kopfläuse. Wenn Sie aus New York City sind, sind Sie vermutlich auch mit Bettwanzen vertraut. All diese sind resistent. Und um ein Beispiel von hinter dem großen Teich zu bringen, selbst Ratten sind nun resistent gegen Gifte. All diese Beispiele haben eines gemeinsam, nämlich die Tatsache, dass wir die Natur mit diesen Technologien lediglich 70, 80 oder 100 Jahre unter Kontrolle hatten und diese in Windeseile vergeudet haben. Wir haben nicht erkannt, dass natürliche Selektion und Evolution einen Weg zurück finden werden. Wir müssen unsere Maßnahmen im Umgang mit biologischen Organismen radikal überdenken. Ebenso müssen wir überdenken, wie wir die Entwicklung, Einführung und im Falle von Antibiotika die Verschreibung mit entsprechenden Anreizen verknüpfen und wie wir mit diesen wertvollen Ressourcen umgehen. Wir müssen diese von nun an als natürliche Rohstoffe betrachten. Wir stehen also an einem Scheideweg. Eine Option ist dieses Umdenken und das sorgfältige Abwägen von Anreizen für die Industrie. Die Alternative ist eine Welt, in der sogar ein Grashalm eine potentiell tödliche Waffe darstellt. Vielen Dank. (Applaus)