1 00:00:00,000 --> 00:00:04,000 Wie ernährt man eine Stadt? 2 00:00:04,000 --> 00:00:06,000 Das ist eine der großen Fragen unserer Zeit. 3 00:00:06,000 --> 00:00:08,000 Und dennoch ist es eine, die selten gestellt wird. 4 00:00:08,000 --> 00:00:11,000 Wir nehmen es als gegeben hin, wenn wir in ein Geschäft gehen 5 00:00:11,000 --> 00:00:15,000 oder ein Restaurant, oder in das Foyer hier in ca. einer Stunde, 6 00:00:15,000 --> 00:00:18,000 dass dort Essen auf uns wartet, 7 00:00:18,000 --> 00:00:20,000 das wie aus dem Nichts zu kommen scheint. 8 00:00:20,000 --> 00:00:25,000 Aber wenn Sie daran denken, dass für eine Stadt so groß wie London 9 00:00:25,000 --> 00:00:28,000 täglich genug Nahrung produziert, 10 00:00:28,000 --> 00:00:31,000 transportiert, gekauft und verkauft, 11 00:00:31,000 --> 00:00:35,000 gekocht, gegessen, entsorgt werden muss 12 00:00:35,000 --> 00:00:37,000 und dass etwas vergleichbares jeden Tag passieren muss 13 00:00:37,000 --> 00:00:39,000 in jeder Stadt der Welt, 14 00:00:39,000 --> 00:00:42,000 ist es bemerkenswert, dass Städte überhaupt ernährt werden. 15 00:00:42,000 --> 00:00:44,000 Wir leben an solchen Orten 16 00:00:44,000 --> 00:00:47,000 als wäre es das Natürlichste auf der Welt 17 00:00:47,000 --> 00:00:49,000 und wir vergessen, dass wir Tiere sind 18 00:00:49,000 --> 00:00:51,000 und dass wir essen müssen 19 00:00:51,000 --> 00:00:55,000 und wir eigentlich von der Natur abhängig sind, 20 00:00:55,000 --> 00:00:57,000 so wie unsere Vorfahren es auch waren. 21 00:00:57,000 --> 00:00:59,000 Und je mehr Menschen in die Städte ziehen 22 00:00:59,000 --> 00:01:02,000 umso größere Naturräume 23 00:01:02,000 --> 00:01:05,000 werden in solche außerordentlichen Landschaften verwandelt, wie Sie das hinter mir sehen können. 24 00:01:05,000 --> 00:01:08,000 Es sind Soja-Felder in Mata Grosso in Brasilien, 25 00:01:08,000 --> 00:01:11,000 um uns zu ernähren. 26 00:01:11,000 --> 00:01:13,000 Es sind außerordentliche Landschaften. 27 00:01:13,000 --> 00:01:15,000 Aber nur wenige von uns kriegen sie je zu sehen. 28 00:01:15,000 --> 00:01:17,000 Und in zunehmendem Maße dienen diese Landschaften 29 00:01:17,000 --> 00:01:19,000 nicht nur unserer Nahrungserzeugung. 30 00:01:19,000 --> 00:01:21,000 Weil immer mehr Menschen in die Städte ziehen, 31 00:01:21,000 --> 00:01:23,000 essen wir immer mehr Fleisch, 32 00:01:23,000 --> 00:01:26,000 so dass ein Drittel der jährlichen weltweiten Getreideproduktion 33 00:01:26,000 --> 00:01:28,000 an Tiere verfuttert wird 34 00:01:28,000 --> 00:01:30,000 statt an uns, die menschlichen Tiere. 35 00:01:30,000 --> 00:01:34,000 Und weil man dreimal so viel Getreide braucht -- 36 00:01:34,000 --> 00:01:36,000 eingentlich zehn mal soviel -- 37 00:01:36,000 --> 00:01:39,000 um einen Menschen durch Nahrung tierischen Ursprungs zu ernähren, 38 00:01:39,000 --> 00:01:44,000 ist es kein sehr effizienter Weg dies zu machen. 39 00:01:44,000 --> 00:01:46,000 Und es ist auch ein größer werdendes Problem. 40 00:01:46,000 --> 00:01:49,000 2050 werden schätzungsweise doppelt so viele von uns 41 00:01:49,000 --> 00:01:51,000 in den Städten leben. 42 00:01:51,000 --> 00:01:53,000 Und es wird auch geschätzt, dass doppelt so viel 43 00:01:53,000 --> 00:01:55,000 Fleisch- und Milchprodukte konsumiert werden. 44 00:01:55,000 --> 00:02:00,000 Der Fleischkonsum und Urbanisierung gehen Hand in Hand. 45 00:02:00,000 --> 00:02:02,000 Und das wird sich zu einem gewaltigen Problem entwickeln. 46 00:02:02,000 --> 00:02:05,000 Sechs Milliarden hungrige Fleischfresser zu ernähren 47 00:02:05,000 --> 00:02:09,000 bis 2050. 48 00:02:09,000 --> 00:02:11,000 Das ist ein großes Problem. Und falls wir wie bis jetzt weitermachen, 49 00:02:11,000 --> 00:02:14,000 ist es unwahrscheinlich, dass wir dieses Problem werden lösen können. 50 00:02:14,000 --> 00:02:18,000 19 Millionen Hektar Regewald gehen jedes Jahr verloren, 51 00:02:18,000 --> 00:02:20,000 um anbaufähige Landflächen zu schaffen. 52 00:02:20,000 --> 00:02:23,000 Und zur gleichen Zeit geht eine schon bestehende, gleich große 53 00:02:23,000 --> 00:02:27,000 Anbaufläche verloren durch Versalzung und Erosion. 54 00:02:27,000 --> 00:02:30,000 Wir sind auch hungrig nach fossilen Brennstoffen. 55 00:02:30,000 --> 00:02:33,000 Ungefähr 10 Kalorien werden benötigt, um eine Kalorie 56 00:02:33,000 --> 00:02:37,000 Nahrung, die wir im Westen konsumieren, zu produzieren. 57 00:02:37,000 --> 00:02:41,000 Und obwohl die Nahrung zu einem hohem Preis hergestellt wird, 58 00:02:41,000 --> 00:02:43,000 wissen wir sie nicht zu schätzen. 59 00:02:43,000 --> 00:02:47,000 Die Hälfte aller in den USA produzierten Lebensmittel wird weggeschmissen. 60 00:02:47,000 --> 00:02:50,000 Und am Ende dieses langen Prozesses 61 00:02:50,000 --> 00:02:53,000 sind wir nicht einmal in der Lage den Planeten ordentlich zu ernähren. 62 00:02:53,000 --> 00:02:58,000 Eine Milliarde von uns ist fettleibig, während die andere Milliarde hungert. 63 00:02:58,000 --> 00:03:00,000 Das macht alles nicht wirklich Sinn. 64 00:03:00,000 --> 00:03:03,000 Und wenn man bedenkt, dass sich 80% des globalen Lebensmittelhandels 65 00:03:03,000 --> 00:03:08,000 von nur fünf multinationalen Korporationen kontrolliert wird, 66 00:03:08,000 --> 00:03:10,000 sehen wir ein düsteres Bild. 67 00:03:10,000 --> 00:03:13,000 Während wir in die Städte ziehen, übernimmt die Welt auch westliche Ernährungsweise. 68 00:03:13,000 --> 00:03:16,000 Und in die Zukunft blickend, 69 00:03:16,000 --> 00:03:18,000 ist eine solche Ernährung nicht zu erhalten. 70 00:03:18,000 --> 00:03:20,000 Also, wie sind wir soweit gekommen? 71 00:03:20,000 --> 00:03:23,000 Und noch wichtiger, was werden wir diesbezüglich machen? 72 00:03:23,000 --> 00:03:27,000 Zuerst die Antwort auf die etwas einfachere Frage. 73 00:03:27,000 --> 00:03:29,000 Vor ungefähr 10.000 Jahren 74 00:03:29,000 --> 00:03:31,000 begann dieser Prozess 75 00:03:31,000 --> 00:03:33,000 im Nahen Osten, 76 00:03:33,000 --> 00:03:35,000 auch als Fruchtbarer Halbmond bekannt. 77 00:03:35,000 --> 00:03:37,000 Wie Sie sehen hatte das Gebiet die Form eines Halbmondes. 78 00:03:37,000 --> 00:03:39,000 Und es war auch fruchtbar. 79 00:03:39,000 --> 00:03:42,000 Und hier fanden, vor ungefähr 10.000 Jahren, 80 00:03:42,000 --> 00:03:44,000 zwei außerordentliche Erfindungen statt: 81 00:03:44,000 --> 00:03:47,000 Landwirtschaft und Städtebau fanden sich 82 00:03:47,000 --> 00:03:50,000 zur gleichen Zeit am gleichen Ort. 83 00:03:50,000 --> 00:03:52,000 Das war kein Zufall. 84 00:03:52,000 --> 00:03:56,000 Weil Landwirtschaft und Städte zusammen gehören. Sie brauchen einanander. 85 00:03:56,000 --> 00:03:58,000 Die Entdeckung des Getreides 86 00:03:58,000 --> 00:04:01,000 gab unseren Vorfahren zum ersten mal 87 00:04:01,000 --> 00:04:04,000 eine Nahrungsquelle, die groß genug 88 00:04:04,000 --> 00:04:08,000 und stabil genug war um dauerhafte Siedlungen zu unterstützen. 89 00:04:08,000 --> 00:04:10,000 Und wenn wir uns anschauen wie diese Siedlungen aussahen, 90 00:04:10,000 --> 00:04:12,000 sehen wir sie waren kompakt. 91 00:04:12,000 --> 00:04:14,000 Sie waren von fruchtbarem Land umgeben 92 00:04:14,000 --> 00:04:17,000 und von großen Tempelanlagen dominiert 93 00:04:17,000 --> 00:04:19,000 wie diese in Ur 94 00:04:19,000 --> 00:04:21,000 die im Grunde 95 00:04:21,000 --> 00:04:24,000 geistige, zentralisierte Nahrungsdistributionszentren waren, 96 00:04:24,000 --> 00:04:27,000 weil in Tempeln die Ernten organisiert wurden 97 00:04:27,000 --> 00:04:29,000 Getreide eingesammelt, den Göttern angeboten, 98 00:04:29,000 --> 00:04:33,000 um dann den Rest unter den Menschen zu verteilen. 99 00:04:33,000 --> 00:04:35,000 Also wenn Sie wollen 100 00:04:35,000 --> 00:04:37,000 das ganze geistige und physische Leben dieser Städte 101 00:04:37,000 --> 00:04:40,000 war von Getreide und Ernten dominiert, 102 00:04:40,000 --> 00:04:43,000 weil sie die Lebensgrundlage waren. 103 00:04:43,000 --> 00:04:46,000 Und eigentlich trifft das auf jede alte Stadt zu. 104 00:04:46,000 --> 00:04:48,000 Aber natürlich waren nicht alle so klein. 105 00:04:48,000 --> 00:04:51,000 Bekannterweise hatte Rom um eine Million Einwohner 106 00:04:51,000 --> 00:04:53,000 im ersten Jahrhundert n.C. 107 00:04:53,000 --> 00:04:57,000 So wie ernährte sich eine solche Stadt? 108 00:04:57,000 --> 00:05:00,000 Ich nenne die Antwort "antike Nahrungswege". 109 00:05:00,000 --> 00:05:03,000 Rom hatte Zugang zum Meer, 110 00:05:03,000 --> 00:05:06,000 durch welchen es für die Stadt möglich war, Nahrung von weit weg einzuführen. 111 00:05:06,000 --> 00:05:09,000 In der alten Welt, war das die einzige Möglichkeit so etwas zu machen 112 00:05:09,000 --> 00:05:12,000 weil es schwer war, Nahrung über die Strassen zu transportieren, 113 00:05:12,000 --> 00:05:14,000 weil sie schlecht waren. 114 00:05:14,000 --> 00:05:16,000 Und das Essen verdarb sehr schnell. 115 00:05:16,000 --> 00:05:18,000 Also führte Rom Kriege 116 00:05:18,000 --> 00:05:21,000 gegen Karthago und Ägypten 117 00:05:21,000 --> 00:05:23,000 nur um an deren Getreidequellen zu gelangen. 118 00:05:23,000 --> 00:05:26,000 Und im Grunde könnte man sagen, dass die Erweiterung des Reiches 119 00:05:26,000 --> 00:05:29,000 eine in die Länge gezogene 120 00:05:29,000 --> 00:05:31,000 militärische Shoppingwut war. 121 00:05:31,000 --> 00:05:33,000 (Gelächter) 122 00:05:33,000 --> 00:05:35,000 Eigentlich -- ich mag das, deswegen muss ich das erwähnen: 123 00:05:35,000 --> 00:05:38,000 Zu einem Zeitpunkt führte Rom 124 00:05:38,000 --> 00:05:40,000 Austern aus Britannien ein. Ich denke das ist außerordentlich. 125 00:05:40,000 --> 00:05:43,000 Also formte Rom sein Hinterland 126 00:05:43,000 --> 00:05:45,000 mit seinem Appetit. 127 00:05:45,000 --> 00:05:47,000 Aber interssanterweise passierte auch etwas anderes 128 00:05:47,000 --> 00:05:49,000 in der vorindustriellen Welt. 129 00:05:49,000 --> 00:05:52,000 Wenn wir uns London des 17. Jahrhunderts anschauen 130 00:05:52,000 --> 00:05:55,000 sehen wir, dass sein Getreide über die Themse kommt, 131 00:05:55,000 --> 00:05:57,000 hier am unteren Ende der Karte. 132 00:05:57,000 --> 00:06:00,000 So waren die Getreidemärkte im Süden der Stadt. 133 00:06:00,000 --> 00:06:02,000 Und die Straßen, die von ihnen weg führten 134 00:06:02,000 --> 00:06:04,000 nach Cheapside, wo der Hauptmarkt war, 135 00:06:04,000 --> 00:06:06,000 das waren alles Getreidemärkte. 136 00:06:06,000 --> 00:06:08,000 Und wenn man sich einen der Straßennamen ansieht, 137 00:06:08,000 --> 00:06:11,000 Bread Street (Brotstraße), wissen sie, 138 00:06:11,000 --> 00:06:14,000 was sich dort vor 300 Jahren abgespielt hat. 139 00:06:14,000 --> 00:06:16,000 Das gleiche gilt natürlich auch für den Fisch. 140 00:06:16,000 --> 00:06:19,000 Dieser kam natürlich auch über den Fluss. Hier das gleiche. 141 00:06:19,000 --> 00:06:22,000 Und natürlich war Billingsgate Londons bekanntester Fischmarkt, 142 00:06:22,000 --> 00:06:26,000 welcher bis Mitte der 80er hier existierte, 143 00:06:26,000 --> 00:06:28,000 Das ist wirklich außerordentlich, wenn Sie das bedenken. 144 00:06:28,000 --> 00:06:30,000 Während viele mit ziegelsteingroßen 145 00:06:30,000 --> 00:06:32,000 Handys herumliefen 146 00:06:32,000 --> 00:06:35,000 kam der stinkende Fisch unten im Hafen an. 147 00:06:35,000 --> 00:06:38,000 Das ist noch so eine Sache über die Nahrungswege einer Stadt: 148 00:06:38,000 --> 00:06:41,000 Wenn die Wurzeln an einer Stelle einmal geschlagen sind, 149 00:06:41,000 --> 00:06:43,000 bewegen sie sich kaum noch. 150 00:06:43,000 --> 00:06:45,000 Bei Fleisch sieht es schon ganz anders aus, 151 00:06:45,000 --> 00:06:47,000 weil Tiere natürlich die Städte betreten konnten. 152 00:06:47,000 --> 00:06:49,000 So kam das meiste Fleisch in London 153 00:06:49,000 --> 00:06:51,000 aus dem Nordwesten an, 154 00:06:51,000 --> 00:06:53,000 aus Schottland und Wales. 155 00:06:53,000 --> 00:06:56,000 Also kam es im Nordwesten der Stadt an, 156 00:06:56,000 --> 00:06:58,000 dort bei Smithfield, 157 00:06:58,000 --> 00:07:01,000 wo sich Londons großer Fleischmarkt befindet. 158 00:07:01,000 --> 00:07:05,000 Geflügel kam aus Ostanglien, im Nordosten. 159 00:07:05,000 --> 00:07:06,000 Ich fühle mich ein bisschen wie in der Wettervorhersage. Wie auch immer. 160 00:07:06,000 --> 00:07:10,000 Also kam das Geflügel, 161 00:07:10,000 --> 00:07:13,000 deren Füße durch kleine Stofffetzen gebunden waren. 162 00:07:13,000 --> 00:07:15,000 Und beim Erreichen der Stadt im Osten, 163 00:07:15,000 --> 00:07:17,000 in Cheapside, werden sie zum Verkauf angeboten. 164 00:07:17,000 --> 00:07:19,000 Das ist warum es Poultry (Geflügel) heisst. 165 00:07:19,000 --> 00:07:22,000 Und wenn Sie sich die Karte einer beliebigen Stadt anschauen, 166 00:07:22,000 --> 00:07:26,000 die vor dem Industriezeitalter enstanden ist, 167 00:07:26,000 --> 00:07:28,000 können sie die Spuren der ankommenden Nahrung entdecken. 168 00:07:28,000 --> 00:07:31,000 Man kann tatsächlich sehen, wie sie von der Nahrung geformt wurde, 169 00:07:31,000 --> 00:07:34,000 in dem man sich die Straßennamen auguckt, die geben viele Hinweise. 170 00:07:34,000 --> 00:07:36,000 Friday Street (Freitagstraße) war damals, 171 00:07:36,000 --> 00:07:38,000 wo sie sich den Fisch am Freitag holten. 172 00:07:38,000 --> 00:07:40,000 Aber Sie müssen sich die Straßen voller Lebensmittel vorstellen, 173 00:07:40,000 --> 00:07:43,000 weil nur auf den Straßen und den öffentlichen Plätzen 174 00:07:43,000 --> 00:07:46,000 die Lebensmittel gekauft und verkauft wurden. 175 00:07:46,000 --> 00:07:49,000 Und wenn man sich Smithfield im Jahre 1830 anschaut, 176 00:07:49,000 --> 00:07:52,000 sieht man, dass es sehr schwer wäre in einer solchen Stadt zu leben, 177 00:07:52,000 --> 00:07:54,000 ohne zu wissen woher das Essen eigentlich kommt. 178 00:07:54,000 --> 00:07:56,000 Und während sie ihr Sonntagsessen genossen, 179 00:07:56,000 --> 00:07:58,000 konnte man davon ausgehen, dass es vor wenigen Tagen 180 00:07:58,000 --> 00:08:00,000 noch unter ihren Fenstern bähte und muhte. 181 00:08:00,000 --> 00:08:03,000 Also war das eine Bio-Stadt, 182 00:08:03,000 --> 00:08:06,000 Teil eines biologischen Kreislaufs. 183 00:08:06,000 --> 00:08:09,000 Und 10 Jahre später, änderte sich alles. 184 00:08:09,000 --> 00:08:12,000 Das ist das Bild der Great Western Eisenbahn im 1840. 185 00:08:12,000 --> 00:08:14,000 Und wie man sieht, waren unter den ersten Zugreisenden 186 00:08:14,000 --> 00:08:16,000 Schweine und Schafe. 187 00:08:16,000 --> 00:08:20,000 So laufen die Tiere auf einmal nicht mehr zum Markt. 188 00:08:20,000 --> 00:08:22,000 Sie werden nicht mehr im sichtbarem Umfeld geschlachtet, 189 00:08:22,000 --> 00:08:24,000 sondern irgendwo auf dem Land. 190 00:08:24,000 --> 00:08:26,000 Und werden mit der Eisenbahn in die Städte gebracht. 191 00:08:26,000 --> 00:08:29,000 Und das verändert nun alles. 192 00:08:29,000 --> 00:08:31,000 Zum einem, ist es zum ersten mal möglich 193 00:08:31,000 --> 00:08:32,000 Städte beliebiger Größe und Form 194 00:08:32,000 --> 00:08:34,000 an einem beliebigen Ort wachsen zu lassen. 195 00:08:34,000 --> 00:08:38,000 Die Städte waren durch ihre geografische Lage eingeschränkt, 196 00:08:38,000 --> 00:08:41,000 denn die Lebensmittelbesorgung gestaltete sich schwierig. 197 00:08:41,000 --> 00:08:45,000 Doch auf einmal sind sie von der geografischen Abhängigkeit befreit. 198 00:08:45,000 --> 00:08:48,000 Man kann das an diesen London-Karten sehen, 199 00:08:48,000 --> 00:08:50,000 90 Jahre nachdem die Eisenbahn kam. 200 00:08:50,000 --> 00:08:54,000 Es wächst von einem einfach zu ernähernden kleinen Kleks, 201 00:08:54,000 --> 00:08:56,000 wo die Tiere noch auf ihren Beinen kamen, 202 00:08:56,000 --> 00:08:58,000 zu einem großen Schlamassel, 203 00:08:58,000 --> 00:09:01,000 das man sehr sehr schwer mit irgendwas was auf den Beinen kommt, ernähert - 204 00:09:01,000 --> 00:09:04,000 weder Tiere noch Menschen. 205 00:09:04,000 --> 00:09:07,000 Und das war natürlich erst der Beginn. Nach der Eisenbahn kamen die Autos. 206 00:09:07,000 --> 00:09:11,000 Und somit ist der Prozess beendet. 207 00:09:11,000 --> 00:09:13,000 Es ist der endgültige Bruch der Städte 208 00:09:13,000 --> 00:09:16,000 mit allen Beziehungen zur Natur. 209 00:09:16,000 --> 00:09:19,000 Und so eine Stadt ist frei von Gerüchen 210 00:09:19,000 --> 00:09:21,000 frei von Chaos, und sicher auch frei von Menschen. 211 00:09:21,000 --> 00:09:24,000 Weil es sich niemand vorstellen konnte so eine Landschaft zu betreten. 212 00:09:24,000 --> 00:09:27,000 Wenn man jetzt an Nahrung kommen wollte, nahm man sein Auto, 213 00:09:27,000 --> 00:09:30,000 fuhr damit zu einem Geschäft am Stadtrand, 214 00:09:30,000 --> 00:09:32,000 holte sich die wöchentliche Ration 215 00:09:32,000 --> 00:09:34,000 und wunderte sich, was damit anzustellen sei. 216 00:09:34,000 --> 00:09:37,000 Und an diesem Punkt ändert sich unsere Beziehung komplett, 217 00:09:37,000 --> 00:09:40,000 sowohl zur Nahrung als auch zu den Städten. 218 00:09:40,000 --> 00:09:43,000 Hier haben wir das Essen - also war hier der Mittelpunkt, 219 00:09:43,000 --> 00:09:46,000 der soziale Kern einer Stadt -- in der Peripherie. 220 00:09:46,000 --> 00:09:48,000 Nahrungsmittel kaufen und verkaufen war ein gesellschaftliches Ereignis. 221 00:09:48,000 --> 00:09:50,000 Jetzt ist es anonym. 222 00:09:50,000 --> 00:09:52,000 Wir kochten; jetzt geben wir nur noch Wasser hinzu, 223 00:09:52,000 --> 00:09:57,000 oder ein Ei, falls Sie einen Kuchen backen oder sowas. 224 00:09:57,000 --> 00:10:01,000 Wir riechen nicht mehr an den Lebensmitteln, um zu prüfen, ob sie in Ordnung sind. 225 00:10:01,000 --> 00:10:04,000 Wie lesen das Etikett auf der Rückseite durch. 226 00:10:04,000 --> 00:10:07,000 Und wir schätzen das Essen nicht. Wir vertrauen ihm nicht. 227 00:10:07,000 --> 00:10:09,000 Also anstatt ihm zu vertrauen, fürchten wir uns vor ihm. 228 00:10:09,000 --> 00:10:13,000 Und anstatt es zu schätzen, schmeissen wir es weg. 229 00:10:13,000 --> 00:10:16,000 Eine große Ironie des modernen Ernährungssystems ist, 230 00:10:16,000 --> 00:10:18,000 die Dinge die einfacher werden sollten 231 00:10:18,000 --> 00:10:20,000 sind jetzt viel schwieriger. 232 00:10:20,000 --> 00:10:24,000 Weil es möglich wurde die Städte an beliebigen Orten zu bauen 233 00:10:24,000 --> 00:10:28,000 entfernten wir uns von unserer wichtigsten Beziehung, 234 00:10:28,000 --> 00:10:31,000 und zwar die zwischen uns und der Natur. 235 00:10:31,000 --> 00:10:34,000 Und diese machten uns von einem System abhängig, das nur sie bieten können, 236 00:10:34,000 --> 00:10:36,000 und welches - wie wir gesehen haben - nicht aufrechtzuerhalten ist. 237 00:10:36,000 --> 00:10:39,000 Also was machen wir diesbezüglich? 238 00:10:39,000 --> 00:10:41,000 Das ist keine neue Frage. 239 00:10:41,000 --> 00:10:45,000 Vor 500 Jahren hat sich das Thomas More auch gefragt. 240 00:10:45,000 --> 00:10:48,000 Hier ist das Titelbild seines Buches "Utopia". 241 00:10:48,000 --> 00:10:51,000 Das war eine Anzahl von halb-unabhängigen Stadtstaaten - 242 00:10:51,000 --> 00:10:53,000 falls das bekannt vorkommt. 243 00:10:53,000 --> 00:10:56,000 Sie waren eine Tagesreise voneinander entfernt, wo jeder 244 00:10:56,000 --> 00:10:58,000 Gemüse im Garten anbaute, 245 00:10:58,000 --> 00:11:00,000 an gemeinsamen Mahlzeiten teilnahm und so weiter. 246 00:11:00,000 --> 00:11:02,000 Und ich glaube argumentieren zu können, 247 00:11:02,000 --> 00:11:05,000 dass die Nahrung das fundamentale Ordnugsprinzip von Utopia ist. 248 00:11:05,000 --> 00:11:08,000 Auch wenn More das nie so formuliert hätte. 249 00:11:08,000 --> 00:11:11,000 Und hier ist eine andere berühmte "Utopia" Vision, 250 00:11:11,000 --> 00:11:13,000 die von Ebenezer Howard "Die Gartenstadt". 251 00:11:13,000 --> 00:11:16,000 Die gleiche Idee. Eine Anzahl von halb-unabhängigen Stadtstaaten. 252 00:11:16,000 --> 00:11:20,000 Kleine urbane Flächen, mit bebaubarem Land dazwischen 253 00:11:20,000 --> 00:11:22,000 untereinander durch die Eisenbahn verbunden. 254 00:11:22,000 --> 00:11:24,000 Und wieder könnte man sagen, dass die Nahrung 255 00:11:24,000 --> 00:11:27,000 das Ordnungprinzip dieser Vision darstellt. 256 00:11:27,000 --> 00:11:29,000 Es wurde sogar gebaut, hatte aber nichts mit der Vision zu tun, 257 00:11:29,000 --> 00:11:31,000 die Howard hatte. 258 00:11:31,000 --> 00:11:34,000 Aber das ist das Problem von Utopien, 259 00:11:34,000 --> 00:11:36,000 sie sind utopisch. 260 00:11:36,000 --> 00:11:39,000 Das Wort Utopie nutzte Thomas Moore absichtlich. 261 00:11:39,000 --> 00:11:43,000 Es war irgendwie ein Scherz, weil es aus dem griechischen eine Doppelbedeutung hat. 262 00:11:43,000 --> 00:11:45,000 Es bedeutet entweder ein guter Ort oder nirgendwo. 263 00:11:45,000 --> 00:11:49,000 Weil es ein Ideal ist. Eine unwirkliche Sache. Wir können es nicht haben. 264 00:11:49,000 --> 00:11:51,000 Und ich denke, als Konzeptrahmen, 265 00:11:51,000 --> 00:11:54,000 um über das tiefgründige Problem der menschlichen Siedlungen zu denken, 266 00:11:54,000 --> 00:11:56,000 hilft es nicht viel. 267 00:11:56,000 --> 00:11:59,000 Also bin ich mit einer Alternative gekommen, 268 00:11:59,000 --> 00:12:02,000 und die ist Sitopia, aus dem Altgriechischen, 269 00:12:02,000 --> 00:12:04,000 "sitos" ist Nahrung und "topos" ein Ort. 270 00:12:04,000 --> 00:12:06,000 Ich glaube wir leben schon in einer Sitopia. 271 00:12:06,000 --> 00:12:09,000 Wir leben in einer Welt, die von der Nahrung geformt wird, 272 00:12:09,000 --> 00:12:12,000 und wenn wir das wissen, können wir die Nahrung als mächtiges Instrument benutzen, 273 00:12:12,000 --> 00:12:16,000 ein konzeptionelles Instrument, ein Designwerkzeug, um die Welt anders zu formen. 274 00:12:16,000 --> 00:12:21,000 Sollten wir das machen, wie würde Sitopia aussehen? 275 00:12:21,000 --> 00:12:23,000 Also ich denke, sie sieht in etwa so aus. 276 00:12:23,000 --> 00:12:25,000 Ich muss diese Folie benutzen; nur des Hundeblicks wegen. 277 00:12:25,000 --> 00:12:28,000 Wie auch immer, das ist -- (Gelächter) 278 00:12:28,000 --> 00:12:30,000 das Essen ist im Mittelpunkt des Lebens 279 00:12:30,000 --> 00:12:32,000 Mittelpunkt des Familienlebens, es wird gefeiert, 280 00:12:32,000 --> 00:12:34,000 genossen, Leute nehmen sich dafür Zeit. 281 00:12:34,000 --> 00:12:37,000 Hier müsste die Nahrung in unserer Gesellschaft stehen. 282 00:12:37,000 --> 00:12:42,000 Aber solche Szenen wird es nicht geben, bevor es solche Leute gibt. 283 00:12:42,000 --> 00:12:44,000 Übrigens, es können auch Männer sein. 284 00:12:44,000 --> 00:12:47,000 Es sind Leute, die über Ernährung nachdenken, 285 00:12:47,000 --> 00:12:49,000 die vorausdenken, die planen, 286 00:12:49,000 --> 00:12:51,000 die sich verschiedene Gemüsesorten anschauen 287 00:12:51,000 --> 00:12:53,000 und sie tatsächlich benennen können. 288 00:12:53,000 --> 00:12:56,000 Wir brauchen diese Leute. Wir sind Teil eines Netzwerks. 289 00:12:56,000 --> 00:12:59,000 Weil wir ohne solche Leute solche Orte nicht haben können. 290 00:12:59,000 --> 00:13:02,000 Das habe ich absichtlich ausgesucht, weil ein Mann hier Gemüse kauft. 291 00:13:02,000 --> 00:13:06,000 Aber Netzwerke, Märkte, wo Lebensmittel regional angebaut werden. 292 00:13:06,000 --> 00:13:08,000 Es ist natürlich. Es ist frisch. 293 00:13:08,000 --> 00:13:10,000 Es ist Teil des sozialen Lebens einer Stadt. 294 00:13:10,000 --> 00:13:13,000 Man kann nicht ohne das solche Orte haben. 295 00:13:13,000 --> 00:13:16,000 Nahrungsmittel, das lokal angebaut wird, ist auch ein Teil der Landschaft 296 00:13:16,000 --> 00:13:18,000 und nicht nur eine Nullsummen-Ware 297 00:13:18,000 --> 00:13:20,000 aus einem dunklen Loch. 298 00:13:20,000 --> 00:13:22,000 Kühe mit Aussicht. 299 00:13:22,000 --> 00:13:24,000 Dampfende Haufen von Humus. 300 00:13:24,000 --> 00:13:27,000 Das bringt im Grunde das Ganze zusammen. 301 00:13:27,000 --> 00:13:29,000 Das ist ein Gemeindeprojekt. 302 00:13:29,000 --> 00:13:31,000 Letztens war ich in Toronto. 303 00:13:31,000 --> 00:13:33,000 Das ist ein Gewächshaus, wo die Kinder erklärt bekommen, 304 00:13:33,000 --> 00:13:36,000 wie man das eigene Essen anbaut. 305 00:13:36,000 --> 00:13:39,000 Hier ist eine Pflanze namens Kevin, oder vielleicht 306 00:13:39,000 --> 00:13:41,000 gehört sie einem Kind namens Kevin. Ich weiss es nicht. 307 00:13:41,000 --> 00:13:44,000 Wie auch immer, solche Projekte, 308 00:13:44,000 --> 00:13:48,000 die unsere Beziehung zur Natur wiederherstellen, sind immens wichtig. 309 00:13:48,000 --> 00:13:50,000 Also ist für mich Sitopia eine Betrachtungsweise. 310 00:13:50,000 --> 00:13:54,000 Es geht darum zu erkennen, dass Sitopia 311 00:13:54,000 --> 00:13:56,000 hier und da schon in kleinem Maße existiert. 312 00:13:56,000 --> 00:13:58,000 Es geht darum sich anzuschliessen 313 00:13:58,000 --> 00:14:01,000 und das Essen als Betrachtungsweise zu benutzen. 314 00:14:01,000 --> 00:14:04,000 Und wenn wir das machen, werden wir die Städte nicht mehr 315 00:14:04,000 --> 00:14:07,000 als große, unproduktive Klekse sehen, wie diese es sind. 316 00:14:07,000 --> 00:14:09,000 Wir werden sie dann eher 317 00:14:09,000 --> 00:14:12,000 als Teil eines produktiven, biologischen Systems ansehen, 318 00:14:12,000 --> 00:14:14,000 dem sie zwangsläufig gehören 319 00:14:14,000 --> 00:14:16,000 und mit dem sie symbiotisch verbunden sind. 320 00:14:16,000 --> 00:14:18,000 Aber das ist auch nicht das ganz große Bild. 321 00:14:18,000 --> 00:14:21,000 Weil wir die Lebensmittel nicht mehr so herstellen müssen. 322 00:14:21,000 --> 00:14:23,000 Wir müssen mehr über die Permakultur nachdenken, 323 00:14:23,000 --> 00:14:25,000 weshalb für mich dieses Bild das Ganze 324 00:14:25,000 --> 00:14:27,000 auf den Punkt bringt, was wir tun müssen. 325 00:14:27,000 --> 00:14:29,000 Es ist eine Rekonzeptualisierung 326 00:14:29,000 --> 00:14:32,000 der Wege, wie die Nahrung unser Leben beeinflusst. 327 00:14:32,000 --> 00:14:35,000 Das beste Bild, das ich diesbezüglich kenne, ist 650 jahre alt 328 00:14:35,000 --> 00:14:38,000 Es ist Ambrogio Lorenzettis "Das Sinnbild der Guten Regierung". 329 00:14:38,000 --> 00:14:41,000 Es geht um das Verhältnis zwischen Stadt und Land. 330 00:14:41,000 --> 00:14:44,000 Und die Botschaft ist denke ich sehr klar. 331 00:14:44,000 --> 00:14:46,000 Wenn sich die Stadt um das Land kümmert, 332 00:14:46,000 --> 00:14:48,000 wird sich das Land um die Stadt kümmern. 333 00:14:48,000 --> 00:14:50,000 Und ich will, dass wir uns fragen, 334 00:14:50,000 --> 00:14:53,000 wie Ambrogio Lorenzetti das Bild malen, 335 00:14:53,000 --> 00:14:55,000 wenn er es heute malen würde. 336 00:14:55,000 --> 00:14:58,000 Wie würde die Allegorie guter Regierung heute aussehen? 337 00:14:58,000 --> 00:15:00,000 Ich denke es ist eine dringende Frage. 338 00:15:00,000 --> 00:15:02,000 Eine, die wir stellen müssen 339 00:15:02,000 --> 00:15:04,000 und anfangen müssen sie zu beantworten 340 00:15:04,000 --> 00:15:07,000 Wir wissen, wir sind was wir essen. 341 00:15:07,000 --> 00:15:09,000 Wir müssen verstehen, dass die Welt auch das ist, was wir essen. 342 00:15:09,000 --> 00:15:11,000 Wenn wir diese Idee akzeptieren, können wir das Essen nutzen 343 00:15:11,000 --> 00:15:15,000 als ein mächtiges Werkzeug, um eine bessere Welt zu erschaffen. 344 00:15:15,000 --> 00:15:17,000 Vielen Dank. 345 00:15:17,000 --> 00:15:20,000 (Applaus)