Hinter uns mein Land.
Alles, was ich bin, wurde dort geboren.
Alles, was mir Heimat war.
Der Bolzplatz, wo wir als Kinder spielten.
Das Lächeln meiner ersten Liebe.
Der Apfelbaum bei uns im Park
und der kleine See hinterm Berg versteckt.
Der heiße Tee auf dem Blechtablett.
Faltige Geschichtenerzähler,
Lachfalten zieren ihre Gesichter.
Quatsch machen auf dem Rückweg
von der Schule nach Hause.
Und nachts warten, bis die Eltern
schlafen, und dann wieder raus.
Das quietschende Fahrrad meines Bruders,
die Gedichte Nerudas und
der Geruch von nassem Rasen.
Radios, die gequälte Töne
trotzdem wie Melodien raus tragen.
Das Singen meiner Schwester
am Morgen. Meine Mutter.
Meine Mutter mit all ihren Geldsorgen.
Und ich weiß nicht warum: Marienkäfer.
All das war mir Heimat.
All das war mir einst Heimat.
Aber ich konnte nicht mehr bleiben.
Hinter uns: der Krieg,
das frische Grab meiner Eltern,
der letzte Erdkrumen rollt noch ab, hat
seinen festen Platz noch nicht gefunden.
So frisch ist die Trauer.
Und nichts ist verarbeitet.
Ich konnte nicht mehr bleiben.
Man sprach von uns als den Todgeweihten.
Unsere Leute in Züge gezwungen,
die im Rauch der Locks dahingleiten.
Unsere Türen zertrümmert,
Schaufenster in Scherben.
Unsere Eltern verängstigt,
Geschwister geschunden
und grausame Nachrichten von Freunden,
denen, die noch da waren,
die meisten waren verschwunden.
Man konnte nicht mehr bleiben,
keinen weiteren Tag mehr.
Der nächste Schritt in meiner Stadt,
war der letzte Schritt in meinem Land
und der schlimmste Schritt dann
auf dieses rostige Boot.
Was wanken wird zunächst,
uns halten wird zunächst.
Und dann wird es sinken,
uns dem Meer übergeben.
Im Meer so trostlos,
der Mond versteckt sich
hinter den Wolken.
Die Nacht so dunkel,
du siehst nichts, stundenlang nichts.
Und wenn ich im Dunkeln
die Augen schließe,
höre ich meiner Mutters Stimme.
Um uns her nur das Meer, als wäre
unser Boot das Herz aller Dinge.
Ich öffne die Augen und
flüstere Richtung Himmel.
Denn Gebete sind unsere Segel.
Rettungswesten werden den Rest übernehmen,
nur die Hoffnung können sie nicht tragen.
Ein Mann schwimmt auf mich zu:
“Hier, nimmt es du.
Ich schaffe es nicht mehr.
Ein Jahr ist er alt
und Bassem ist sein Name.”
So wurde ich das erste Mal Vater.
Im Meer, also. Der Übergabe, also.
Der Mann aus der Weste
gab mir sein Erbgut als Erbe.
Im Exil angekommen, hab ich schnell
gelernt, die wichtigsten Wörter
sind Aufenthaltsgenehmigung,
Entschuldigung und Danke.
Im Exil angekommen, sah ich
eine Familie nach langer Zeit vereint.
Wie der Vater vor Glück wimmerte,
still und aus tiefsten Innern,
mit all der Scham
eines Menschen, der selten weint.
Ich folgte der Familie Schritt
für Schritt, aber nur mit meinem Blick.
Im Exil angekommen,
aber die Heimatserde
nimmt man an den Fußsohlen mit.
Denn ich bin von dort
und ich hab Erinnerungen.
Ich bin geboren,
wie die Menschen geboren werden:
ich habe eine Mutter, die mich liebt.
Es bricht mir das Herz:
in den Briefen, die sie schrieb,
sehe ich, wie ihre Hand
inzwischen zittert.
Wenn ich nun Heimweh sage, sage ich Traum,
denn die alte Heimat gibt es kaum.
Und bleiben wir hier,
werden wir wie der Strand,
nicht ganz Meer und nicht ganz Land.
Und bleiben wir hier,
werden wir wie der Strand,
nicht ganz Meer, nicht ganz Land.
Im Exil angekommen:
heißt mich ein Heer willkommen,
das andere Heer hisst mir fremde Fahnen.
Manchmal spürt man die Liebe,
manchmal spürt man den Hass.
Dir schauen sie auf das Kopftuch,
mir in den Pass.
Aber sei ihnen nicht böse,
Habibi, vergib ihnen,
sie vergaßen die Liebe, sie vergaßen
die Bibel, wünsch ihnen den Frieden.
Im Gegenteil, zeig es Ihnen:
Wir sind Stehaufmännchen!
Reiß uns die Beine weg
und wir gehen auf Händen!
Reiß uns die Beine weg
und wir gehen auf Händen!
Machen das Beste aus unseren Leben,
bis unsere Leben enden.
Und wer weiß.
Vielleicht kehre ich eines Tages heim
und es wird nicht alles verwandelt sein.
Vielleicht sehe ich
unseren alten Apfelbaum,
oder den Bolzplatz,
hinter dem rostbraunen Zaun,
und ich umarme meine Geschwister
und ich küsse meine Mutter
und das Glück beißt
seinen kleinen Zahn in mein Herz.
Mein Name ist Ahmed Yusuf,
Vater von Bassem,
und ich bin Flüchtling.
Ich bin aus Syrien geflohen.
Mein Name ist Daniel Levy
und ich bin Flüchtling.
Ich bin aus Deutschland geflohen.
Das Jahr ist 2015.
Das Jahr ist 1938.
(Musik)
(Beifall)
(Englisch) Thank you very much.
Thank you very much.
We are Babak and Usama.
We are from RebellComedy in Deutschland.
And we wrote this poem for everyone
who had to leave behind his home,
his country, his family, his beloved ones.
And we hope that
this poem can contribute to
more tolerance towards refugees
because maybe one day we all need help.
And let's be more tolerant. Thank you.
Thank you very much. Have fun.
(Beifall)