35C3 Vorspannmusik
Engel: Herzlich willkommen zu unserem
nächsten Talk: Desinformation und Fake
News - Bekämpfung und Verifizierung leicht
gemacht mit unserem Speaker Robert
Clausen. In letzter Zeit - aber was heißt
in letzter Zeit, das ist in den letzten
Jahren oft vorgekommen wenn irgendein
Ereignis war, was die Leute emotional
besonders aufgewühlt hat, dann tauchen ja
häufig irgendwelche Videos oder Fotos auf
wo jemand sagt: "Oh, das ist Bildmaterial
von diesem Ereignis". Und alle die nicht
dabei waren, können das nicht beurteilen.
Und dann stellt sich raus, das ist
Bildmaterial das irgendwie von ein paar
Jahren vorher am anderen Ende der Welt
ist. Aber das muss man ja erstmal rausfinden.
Und da gibt es verschiedene Möglichkeiten,
da wirds gleich drum gehen.
Kurze Frage: Wer von Euch hat schon mal
Image Research benutzt um irgendwie
rauszufinden, ob ein Bild irgendwo anders
schonmal vorgekommen ist? Kurzes
Handzeichen. Sehr gut. Ich würde sagen,
das ist so ein Drittel im Publikum. Ich
hab das vor kurzem erst gemacht als ich
Videos von meinem Talk rausgesucht hab. Es
ist sehr nützlich damit man da keine
Fehler begeht. Und... gerade in unseren
aktuellen Zeiten, wo immer sehr viel die
Lügenpresse und Fake-News-Keule rausgeholt
wird, wird es um so wichtiger, dass man
rausfindet was wirklich echt ist und was
vielleicht nicht echt ist. Gleichzeitig
wissen wir, die technischen Möglichkeiten
werden immer besser. Es gibt jetzt auch
schon Deep Fakes. Und vor dem Hintergrund
ist es gut, dass wir einen Experten hier
haben. Robert ist nämlich Producer beim
Fernsehen und arbeitet seit zweieinhalb
Jahren in einem Verifizierungsteam. Und
der wird uns jetzt erzählen wie eigentlich
die Verifizierung von Bildmaterial
funktioniert und wie Verifizierungsteams
arbeiten. Ganz viel Spaß dabei und einen
ganz herzlichen Applaus für Robert. Viel
Spaß!
Applaus
Robert: Ja. - Vielen Dank ???? (Legune?).
Schön, dass es doch zu später Stunde noch
einige hierhin verschlagen hat. Es hat mir
auf jeden Fall sehr gute Laune gemacht,
dass ich gerade gesehen habe wie viele von
euch zumindest schon 'mal so ein bisschen
Ahnung davon haben, bisschen Reverse Image
Search gemacht haben. Das lässt auf jeden
Fall hoffen und hier möchte ich jetzt auch
erklären was für weitere Möglichkeiten und
was für weitere Tools es vor allem gibt,
die einem das Leben bei so etwas deutlich
leichter machen. Denn Verifizierung und
generell so Online Recherche ist halt
keine Rocket Science, das kann im Grunde
genommen jeder. Und ich fang' erstmal an
mit dem Begriff Fake News, warum ich den
eigentlich nicht besonders gerne mag,
warum er aber manchmal doch geeignet sein
kann. Mach dann einen kleinen
theoretischen Teil, welche Arten von
Fälschungen gibt's überhaupt. Womit hat
man so am meisten zu tun? Welche
Motivationen stecken dahinter? Und habe
dann auch noch ein paar ganz schöne
Praxisbeispiele um zu zeigen, wie man
diesen Leuten dann eben auf die Schliche
kommen kann. Da fangen wir mal an mit der
Definition, da habe ich eine sehr nette
gefunden.
"Fake News sind Falsch- und
Fehlinformationen, die häufig über
elektronische Kanäle vor allem soziale
Medien verbreitet werden. Sie gehen von
Einzelnen oder Gruppen aus, die in eigenem
oder fremden Auftrag handeln." Joa, ist
schön zusammengefasst, aber genau darin
liegt halt eben auch das Problem. Dieser
Begriff 'Fake News' ist erstmal nur ein
supergroßer Sammelbegriff für viele
verschiedene Arten von Fälschungen, von
Lügen, die man früher doch so ein bisschen
präziser bezeichnet hat. Propaganda ist
auch weiterhin Propaganda, das ist nicht
zwingend Fake News. Ne Lüge ist weiterhin
eine Lüge und ja, deswegen... es ist ganz
praktisch, wenn man sich jetzt dem gesamten
Themengebiet nähern will. Dass man das
zusammenfasst, aber so für die wirkliche
Analyse eigentlich nicht. Denn es enthält
halt eben keine Information über die
Urheber, die Art der Fälschung oder deren
Motivation. Wie gesagt, das ist aber eben
wichtig für diese Bekämpfung und am besten
verwendet man da präzisere Begriffe.
Der Grund, warum das jetzt in den letzten
Jahren so hochgekocht ist, dieses ganze
Thema, ist natürlich, dass die Erstellung
und die Verbreitung davon noch nie so
einfach war wie heute. Also, klar.. wir
haben jetzt irgendwie in der westlichen
Welt - sag ich mal - schon länger
irgendwie Internetanschlüsse und
Smartphones. Jetzt auch seit ungefähr elf
Jahren. Aber andere Teile der Welt halt
eben nicht. Aber weltweit nimmt diese
Verbreitung eben zu. Auch in
Krisengebieten, vor allem wenn ich mir
Syrien anschaue. Das ist wahrscheinlich
der erste Krieg in dem es so viel
Bildmaterial gibt, dass man den Überblick
einfach verliert. Es ist schwierig
geworden das einzuordnen, es ist kaum ein
professioneller Journalist vor Ort. Und...
Ein Kollege vom Spiegel hat es schon mal
bezeichnet als den ersten post-faktischen
Krieg. Find ich ist ein sehr schöner
Begriff dafür, weil egal welche
vorgefertigte Meinung man hat, man wird
mit dieser Meinung halt eben beliefert.
Egal ob man jetzt glaubt ob jetzt
ausländische Mächte dahinter stehen, ob
Assad das eigene Volk angreift, ob die
Rebellen alles Terroristen sind, man wird
halt mit dieser Meinung eben in dieser
Meinung bestärkt. Man wird mit den
entsprechenden Fakten beliefert. Diese
Verbreitung wird natürlich durch Soziale
Netzwerke nochmal enorm beschleunigt. Es
ist halt eben einfach geworden heutzutage
brauchst du nur noch ein Handy mit einer
Kamera, den Twitter-Account dazu und du
bist dein eigener Nachrichtenproduzent.
Und hast im Zweifelsfall sogar noch eine
höhere Reichweite als die traditionellen
Medien. Das gab's halt vorher so nicht und
sorgt natürlich dafür, dass diese
Realitätsfilter durch traditionelle Medien
wegfallen. Wer sich mal so ein bisschen
mit der Gatekeeper-Theorie beschäftigt
hat, der weiß, dass die traditionellen
Medien den Menschen eher nicht sagen,
'was' sie zu denken haben oder 'wie' sie zu
einem Thema zu denken haben, aber das sie
zumindest mit beeinflussen, worüber die
Leute sich überhaupt Gedanken machen und
mit was sie sich überhaupt beschäftigen.
Und dieser Filter ist halt einfach
komplett weggebrochen. Ja, und als
Journalist oder als jemand der in den
Medien arbeitet, der hat natürlich eine
absolute Diversifizierung von
Nachrichtenquellen. Gerade im
Bewegtbildbereich - vor 10, 20, 25 Jahren
war Bewegtbild entweder eigen-produziert
von den eigenen Leuten, es wurde von
anderen Sendern eingekauft oder es kam
über die Agenturen rein. Aber man kannte
halt seine Quellen. Das gibt's halt 'so'
nicht mehr und das sind halt mal grob
zusammengefasst die Gründe, warum es jetzt
halt eben so ein großes Thema ist. Aber
wir wollen uns hier mal anschauen, was
denn überhaupt dahinter steht und was die
Motivation der Leute sein kann. Das erste
ist jetzt 'Unterhaltung'. Kann sein - hab
ich gleich in der zweiten Folie auch noch
was dazu. Das typische Beispiel dafür wäre
halt Satire. Es ist auch etwas, was nicht
wahr ist. Es gibt auch da manipulierte
Fotos, manipulierte Videos, aber es sind
halt eben nicht erstellt worden, um jetzt
jemandem zu schaden, sondern der
hauptsächliche Zweck ist erstmal die
Unterhaltung. Dann gibt’s natürlich, wie
gerade schon erwähnt, 'politischer
Einfluss' oder 'Propaganda'. Das kann von
Staaten gemacht werden, das kann von
Privatpersonen, von Parteien gemacht
werden. Ich erinner' mich da an ein
schönes Foto aus dem Iran, vom iranischen
Militär. Die waren mit ihrem Raketenstart
leider nicht ganz so zufrieden. Es sind
nicht alle abgehoben. Das sah auf dem Foto
natürlich blöd aus, also hat man einfach
Photoshop aufgemacht, zwei Raketen rüber
kopiert, die Rauchschweife der Raketen
eins zu eins rüber kopiert und schon hatte
man eine wunderbare
Propagandainszenierung, nur halt leider
falsch. Dann - 'Profit'. Profit steckt
eigentlich hinter dem was wir so aus dem
amerikanischen Wahlkampf unter dieser Fake-
News-Debatte gehört haben: wirklich
gefälschte Nachrichtenseiten mit großen
reißerischen Schlagzeilen, die meist eher
pro-republikanisch und anti-demokratisch
waren. Ja, dahinter steckte zu einem nicht
geringen Teil mazedonische Jugendliche,
die halt festgestellt haben: damit lässt
sich ganz gut Geld machen. Und, ja.. die
Republikaner sind halt eher auf diese Art
der Schlagzeilen angesprungen, deswegen
gab es halt eher diese Arten von Seiten
und weniger pro-demokratische. Das ist
jetzt in Deutschland noch nicht so das
große Problem - verglichen jetzt mit dem
amerikanischen Wahlkampf. Aber auch hier
muss man sich natürlich die Frage stellen:
Wo zieht man die Grenze? Diese Seiten aus
dem amerikanischen Wahlkampf waren jetzt
vielleicht Extrembeispiel, weil es halt
wirklich 100% erfunden und erstunken und
erlogen war. Aber auch hier.. wie sieht es
denn aus mit clickbait? Sachen, die halt
einfach massiv aufgebauscht werden, die
teilweise ja auch von traditionellen
Medien benutzt werden - aber es steckt
halt am Ende nicht das hinter, als was es
angekündigt war. Und natürlich -
'Aufmerksamkeit', gerade online. Wenn
irgendwo eine Breaking News passiert und
auf einmal 20'000 Twitter-Accounts
irgendwelche Bilder raushauen, die freuen
sich wahnsinnig über 500 Retweets, über
1000 Facebook-Likes. Die machen das
einfach, weil sie es dann vielleicht mal
schaffen irgendwie im Fernsehen zu landen,
bei einer Zeitung zitiert zu werden. Denen
geht es hauptsächlich um Spaß und um
Aufmerksamkeit. Ja, die Unterteilung der
Arten - wie eben schon erwähnt - die
'Satire': für jemanden der es versteht,
jetzt vielleicht nicht unbedingt eine Art
der Fälschung. Aber ich hab mir hier eine
schöne Geschichte rausgesucht von 'The
Onion', vielleicht kennt das ja einer von
euch. Das ist quasi der große
amerikanische Bruder vom 'Postillon'. Die
haben 2012 einen Artikel veröffentlicht,
der quasi eins zu eins von einer
iranischen Nachrichtenagentur übernommen
wurde. Und zwar war der Titel: "Gallup-
Umfrage: Weiße Landbevölkerung bevorzugt
Ahmadinejad gegenüber Obama". Laut dem
Artikel würden "77 Prozent der weißen
Landbevölkerung lieber mit Ahmadinejad
zu einem Baseballspiel oder auf ein Bier
gehen". So stand es dann in der iranischen
Nachrichtenagentur. Für die Leute, die
diese Satire jetzt nicht verstanden haben:
es ist auch erst mal eine Art der
Falschinformation. Dann das, was
wahrscheinlich am häufigsten auftaucht:
das ist altes Bildmaterial einfach in
einen falschen Kontext gesetzt wird. Liegt
wahrscheinlich daran, dass es einfach die
einfachste, die simpelste Art ist, so eine
Fälschung zu veröffentlichen. Man muss
kein Photoshop-Profi sein, man muss nicht
irgendetwas komplett inszenieren. Es
reicht, wenn man Google bedienen kann,
sich das erste Bild aus der Bildersuche
klaut von einem anderen Ereignis und das
veröffentlicht. Dann haben wir
bearbeitetes Bildmaterial, das
grundsätzlich authentisch ist, aber wo
nachgeholfen wurde. Ich erinnere mich da
an ein Foto aus dem Libanon, das Beirut
zeigt mit großen Rauchschwaden nachdem es
von Kampfjets bombardiert wurde. Da wurde
auch nachgeholfen; die Rauchwolken wurden
etwas dichter gemacht, etwas dunkler, damit
ein beklemmenderes Bild entsteht. Sowas
hat in Nachrichten auch nichts verloren!
Und zu guter Letzt natürlich komplett
inszenierte Sachen, die keinerlei realen
Bezug - sag ich mal - haben, wo vielleicht
sogar mit Schauspielern gearbeitet wurde.
Sowas hatten wir in der Vergangenheit auch
bei uns zur Prüfung. Da stellte sich dann
halt heraus, dass das von so einem Viral-
Vermarktungsnetzwerk halt eben gefakt
wurde, die damit natürlich auch eben
Profit machen wollen. Das Video ist auch
viral gegangen, aber war halt komplett
inszeniert. So. Wie gerade schon gesagt
wurde, seit ungefähr zweieinhalb Jahren
bin ich in diesem Verifizierungsteam und
der Anlass dafür war der Amoklauf in
München 2016. Da erinnern sich ja
vielleicht auch noch einige dran. Da
konnten wir das erste Mal so wirklich in
geballter Kraft sehen, was da alles zu
einem einzelnen Ereignis an
Falschmeldungen kursiert. Ich habe hier
mal ein paar Sachen mitgebracht. Das hier
wurde zum Beispiel von einem großen
deutschen Sender auch getwittert. Ich hab
das hier mal so ein bisschen unkenntlich
gemacht, die Details. Die schreiben dazu:
"Ein Student hat ein Foto gepostet."
Soweit erst mal nicht falsch, das hat
bestimmt irgendein Student gemacht. Aber
der Amoklauf am Olympia-Einkaufszentrum,
der ist das nicht. Hier können wir sehen
ein Artikel aus der Daily Mail. Ist.. war
zu diesem Zeitpunkt bereits ein Jahr alt
und zeigt eigentlich einen Raubüberfall,
der schiefgegangen ist auf ein
Einkaufszentrum in Südafrika. Hätte man
jetzt mit so einer einfachen Bilder-
Rückwärtssuche, die ja am Anfang auch
erwähnt wurde, rausfinden können. Es ist
halt schade, weil das einfach vermeidbar
ist. Dann gab's auch den seriösen Twitter-
Account "TRUNEWS TM". Entferntes
Gelächter hörbar
'Your Trusted News Source', die in Frage
gestellt haben, ob das Ganze denn
überhaupt stattgefunden hat oder ob das
nicht auch inszeniert ist oder vielleicht
eine Übung ist. "You be the judge." - Yes,
I am. Es sind tatsächlich Darsteller und
zwar in Manchester. Dort gab's eine Anti-
Terror-Einheiten für die Polizei. Auch
hier, wie bei dem anderen einfach ein
altes Bild im neuen Kontext gesetzt und -
damit halt gelogen. Hier haben wir so ein
schönes Beispiel für das 'manipulierte'.
Das ist tatsächlich das Dach vom Olympia-
Einkaufszentrum, das Parkdeck. Aber die
Person da drin - vielleicht kann das der
eine oder andere schon erkennen oder
erkennt ihn hier. Es ist - er ist quasi
verantwortlich für jede Massenschießerei,
für jeden Anschlag der letzten Jahre. Es
ist einfach zum Meme geworden ihm das
anzuhängen. Das ist ein Sam Hyde, ein
eigentlich amerikanischer YouTube-
Comedian, der nur dafür berühmt wurde halt
eben mit solchen Ereignissen in Verbindung
gebracht zu werden. Ja, alles furchtbar.
Aber, was tun? Am besten glaubt man erst
'mal gar nichts. Und vor allem muss man
sich zurückhalten, wenn Geschichten oder
Bilder zu gut sind, um wahr zu sein. Da
muss man auch wirklich die Distanz
bewahren und.. ja. Weil, wenn es zu gut
ist um wahr zu sein und gerade kurz nach
so einem Ereignis auftaucht, dann besteht
zumindest eine gute Chance, dass es
vielleicht nicht ganz so wahr ist, wie es
uns verkauft wird. Gesunder
Menschenverstand ist immer eine super
Sache und achten auf: Details, Details,
Details. Das können zum Beispiel Sachen im
Hintergrund sein. Welche Kennzeichen sind
zu sehen? Oder gibt es dort Werbetafeln?
Das hat uns zum Beispiel weitergeholfen
bei dem Video aus Chemnitz, wo ja
behauptet wurde es hätte keine Hetzjagden
gegeben. Andere haben gesagt, die Szenen
sind eigentlich aus dem letzten Jahr. In
dem Video konnte man im Hintergrund eine
Werbetafel sehen und aus anderen
Perspektiven konnte man auch sehen,
welches Plakat da drauf war. Da haben sie
nämlich für ein Theaterstück geworben, das
erst Anfang dieses Jahres angelaufen ist.
Also kann es zumindest nicht aus den
letzten Jahren gewesen sein. Und.. da
empfiehlt es sich einfach wirklich nur an
dieses Video ranzugehen und zu gucken: was
sehe ich? Also nicht: was möchten die mir
dazu sagen? Was soll es darstellen,
sondern: was sehe ich? Und, wenn man das
dann übereinander legt mit dem, was es
halt eben versucht zu sein, oder die
Details vor Ort vielleicht schon kennt,
dann erkennt man da auch so ein paar
Unstimmigkeiten. Als nächstes Video habe
ich hier eins mitgebracht, das aus
Thailand stammen soll. Vielleicht erinnern
sich noch ein paar daran: die jugendliche
Fußball-Mannschaft, die wochenlang in der
Höhle eingeschlossen war, dann von
Tauchern rausgebracht werden musste - was
ja zum Glück auch alles gut geklappt hat.
Auch da gab es dann während der
Bergungsaktion ein Video, das wir uns mal
angucken. Sehen halt schon Engstellen;
Taucher, die eine Trage entlang schieben.
Ein Taucher, der den Weg frei räumt. Aber
so runde Kieselsteine auf dem Grund von
einer Höhle, die unregelmäßig verläuft und
eigentlich im tiefsten Inneren eines
Berges ist. Da liegen keine runden
Kieselsteine, die sich im Laufe der Zeit
in einem Flussbett oder wo auch immer rund
geschliffen haben. Das kann also schon mal
nicht sein. Und eigentlich zeigt es auch
eine Übung aus der Schweiz von Höhlen-
Rettungstaucher; wie dann im Nachhinein
festgestellt wurde. Aber dieses Video
hatte auch - glaube ich - über 10'000
Views. Das weiß ich gerade nicht mehr.
Wenn man sich dann sowas anguckt, kann man
z.B. überprüfen, ob es markante Ortsmarken
gibt. Gibt es besonders herausstechende
Gebäude? Gibt es Straßenzüge, die
ungewöhnlich aussehen? Denkmäler oder auch
Felsformationen im Hintergrund? Stimmt das
Wetter mit der Aufnahme überein? Wenn ich
ein Video sehe, das im Winter spielen soll
und die Menschen rennen da alle nur in
T-Shirts rum - ist das schon mal
vielleicht ein Indiz dafür, dass das alles
nicht ganz so hundertprozentig stimmt.
Aber da kann man ja, zum Glück, irgendwie
sich auch die Wettervorhersagen von allen
Orten angucken. Man kann sich historische
Wetteraufzeichnungen angucken; war der
Himmel an dem Tag bedeckt? War es sonnig?
Wie warm war es? Hat es geregnet? Das kann
man auch bei - wie gesagt - historischen
Aufnahmen machen. Die Kennzeichen,
Straßenschilder und Werbetafeln, die ich
eben erwähnt habe. Und man kann auch
überprüfen, ob der Schattenwurf denn
überhaupt zur angegebenen Uhrzeit passt.
Da habe ich gleich nochmal - ganz am Ende,
stelle ich ein paar Tools vor, die einem
das so ein bisschen erleichtern. Ich habe
auch noch in der Beschreibung, im
Fahrplan, ist eine Linkliste drin, kann
ich dann auch nur empfehlen. Wer das jetzt
- wem das jetzt ein bisschen zu schnell
geht, sich das alles noch mal anzugucken.
Die Tools, die ich da vorstelle, die sind
auch alle darin verlinkt, inklusive noch
einem relativ dicken 'Verifikation
Handbook'. Es lohnt sich auf jeden Fall
mal durchzulesen. Der nächste Schritt wäre
dann, die Primärquelle des Bildmaterials
zu finden. Gerade bei so einem Ereignis,
wie einem Amoklauf oder auch
Naturkatastrophen oder allen anderen
schönen Dingen, taucht ein Video auf und
Minuten später ist es von Dutzenden
Accounts halt eben noch einmal wieder
runtergeladen, wieder hochgeleitet worden.
Manchmal noch irgendwie an Bekannte bei
WhatsApp verschickt oder wo auch immer.
Und wichtig ist es halt eben, die
Primärquelle des Bildmaterials zu finden,
um eventuell Rückschlüsse ziehen zu
können. Wir hatten eins, dass ein Erdbeben
auf einer griechischen Insel zeigen
sollte. Dort haben wir uns dann den
original Uploader angeguckt und haben
gesehen, dass er zum Beispiel auf seinem
Instagram-Account Tage vorher Videos und
Fotos von diesem Urlaubsort gepostet hat.
Das wir halt wissen: er ist wirklich da
vor Ort gewesen und hat diese Videos und
Bilder gemacht. Rückwärtssuche, aber nicht
nur bei Google, sondern über mehrere
Plattformen. Auch das eine Tool, dass
ich am Ende vorstelle, hat diese
Möglichkeit, direkt über sämtliche
Suchmaschinen eine Rückwärtssuche zu
machen. Der Personencheck - wie gesagt -
und die Prüfung, wo die Szene
stattgefunden hat. Das kann auch hilfreich
sein, wenn man jetzt vielleicht die
Primärquelle nicht unbedingt findet. Aber
man weiß ja zum Beispiel: wie oft hat es
jetzt in München am Olympia-
Einkaufszentrum vorher eine Explosion
gegeben oder woanders. Da kann man
zumindest die Sachen etwas eingrenzen. Und
es hilft lokal zu denken. Gibt es
irgendwelche lokalen Besonderheiten vor
Ort? Wie sehen vielleicht bei Videos von
der Armee, von der Polizei, von der
Feuerwehr die Uniformen aus? Die
Abzeichen, die sie auf ihren Schultern und
auf ihren Ärmeln haben? Und die Kfz-
Kennzeichen vor Ort. Gibt es lokale
Experten? Das kann auch hilfreich sein.
Vielleicht, wenn es in Deutschland spielt,
in irgendeinem kleinen Ort, wo sich jetzt
niemand großartig auskennt, gibt es aber
vielleicht einen Heimatforscher, der
irgendwann mal erwähnt wurde oder so einen
Heimatforscherungsverein, einen
Kulturverein, die einem eventuell auch
historisches Bildmaterial zur Verfügung
stellen können. Und - die bei uns
bekannten Seiten und Tools sind nicht
immer die besten. Damit meine ich jetzt
vor allem Google, Google Maps und andere
Sachen - und warum können wir im nächsten
Video sehen. Das zeigt die Explosion vor
der US-Botschaft in Peking in diesem Jahr.
Ist auch auf Twitter gepostet worden. Viel
erkennen kann man da nicht, man sieht ein
bisschen die Häuser, ein Straßenschild und
ein Geländer. Eben konnte man noch
Stromleitungen sehen, die über die Straße
verlegt wurden. Und das soll die Szenerie
eben vor der US-Botschaft sein. Da habe
ich erst mal geguckt, natürlich auf Google
Maps ist diese Botschaft. Gut. Schön. Dann
gucken wir uns einmal das Satellitenbild
an. Ouh! Das passt so nicht ganz. Straßen,
die irgendwie durch Häuserblocks gehen,
die durch Seen durchgehen, durch Parks.
Und ich war mir jetzt erst nicht sicher,
ob die Chinesen so schnell bauen, dass
Google mit der Aktualisierung nicht
hinterher kommt. Das gleiche Problem hatte
auch Bing. Am Ende hat sich halt nur
herausgestellt: es ist halt ein Offset von
mehreren hundert Metern auf beiden Achsen
und somit nicht wirklich zu gebrauchen.
Und Streetview in China bei Google kann
man sowieso vergessen. Aber es gibt hier
noch ein chinesisches Google: Baidu. Die
haben dieses komische Offset nicht drin.
Die haben die deutlich schöneren
Satellitenbilder und sie haben auch ein
Street View. Und hier kann man eben sehen,
das Schild, das da im Video zu erkennen
war. Das Haus dahinten, mit der Spitze,
die übers Dach etwas hinausragt. Das
Geländer, die Stromleitung. Also kann man
sich ziemlich sicher sein, dass es
tatsächlich dort aufgenommen wurde, wo es
eben vorgab, aufgenommen worden zu sein.
Und, das meine ich halt eben: nicht immer
auf das Erstbeste verlassen, nicht immer
nur irgendwie eurozentristisch dran gehen
und denken "Bei uns hat doch Google alles".
Ne! Es gibt Teile in der Welt, da sind
andere Anbieter einfach besser. Dieses
Video zeigt den Tsunami auf Sulawesi,
einen kleinen Ausschnitt davon habe ich
einmal hier. Der vor einigen Monaten. Hier
sehen wir im Hintergrund eine Moschee, die
schon ziemlich mitgenommen aussieht. Eine
bunte Wand und im Teil, den ich
rausgeschnitten hab, weil er sonst zu lang
gewesen wäre, kann man erkennen, dass es
halt in einem runden Raum aufgenommen
wurde. Man kann halt im Hintergrund die
Biegung der Wand erkennen. Nur wo genau -
das stand halt eben nicht dran. Und auch
auf Sulawesi ist die indonesische Küste
sehr lang und da mühsam nur mit Google
Maps die Küste abzusuchen, wo eine Moschee
eventuell ein ähnlich farbiges Dach hat.
Ja - das dauert sehr lange. Aber zum Glück
gibt's auch Programme wie Wikimapia. Die
haben sich als Motto gesetzt, dass sie
alles kategorisieren wollen. Und so kann
man sich den ungefähren Küstenabschnitt
raussuchen und eine Kategorie auswählen -
in dem Fall halt: Moschee. Sie haben aber
auch Kategorien wie: Kirchen, Denkmäler,
Schulen, Regierungsgebäude. Was auch sehr
hilfreich sein kann - das hatten wir
einmal bei einem Video aus Syrien. Da war
im Video-Beschreibungstext die Angabe,
dass es angeblich an - zwischen einer
Schule und einem Regierungsgebäude
aufgenommen worden sein soll. Hier kann
man sich beide Layer anzeigen und gucken,
ob es tatsächlich stimmt. Und es ist
deutlich angenehmer, als die ganze Küste
nur mit Google Maps abzufahren und auf
Hausdächerfarben zu achten. Ja. Warum
sollte das jetzt eigentlich jeder können?
Man will Gegenöffentlichkeit schaffen.
Diese Videos verbreiten sich so
superschnell und jeder der kann, sollte -
und die Möglichkeit hat - der sollte die
Leute aufklären und halt sagen, dass es
eine Fälschung ist. Das Ganze waren jetzt
halt noch vergleichsweise harmlose Sachen.
Aber auch da gilt: die Verbreitung sollte
möglichst eingedämmt werden. Denn, diese
Fakes können eben auch falsche Narrative
bilden. Also klar, ob jetzt der Tsunami
unbedingt 'da' ist, das ist jetzt
vielleicht für die öffentliche Debatte
nicht so wirklich wichtig. Aber wir hatten
auch Bilder vom Olympia-Einkaufszentrum da
in München, die ich jetzt hier nicht
zeigen möchte. Die einfach komplett andere
Tatorte dargestellt haben. Und es gab
Videos und Fotos von einem vermeintlichen
Täter, der nicht der Täter war. So schnell
wie die sich im Netz verteilen, kostet das
im Zweifelsfall den falschen Menschen das
Leben, wenn er mit seinem Leben nicht mehr
froh wird, wenn dieses Bild nicht mehr aus
dem Netz verschwindet und er ständig als
der Täter gehalten wird. Und.. im
Zweifelsfall, als worst-case, kann das
natürlich auch gesellschaftliche Debatten
beeinflussen. Wenn halt versucht wird,
einem einen falschen Täter unterzuschieben
oder ein besonders grausames Bild, weil es
klickt sich besser, als vermeintlichen
Tatort zu präsentieren. So, wie macht man
das jetzt am besten, welche Tools gibt's
denn da. Hab ich hier eine kleine
Übersicht - die Links stehen immer unten
dran. Sehr praktisch bei Videos zum
Beispiel aus Syrien ist die unten genannte
Website. Fast sämtliche Rebellengruppen
veröffentlichen ihre Videos immer mit
ihren Logos im Bild. Ich kann kein
Arabisch, viele andere Leute können kein
Arabisch und mit den Logos kann ich,
ehrlich gesagt, nichts anfangen. Ein paar
hat man mal gesehen, aber welche Art von
Gruppe da jetzt wirklich hinter steht -
keine Ahnung. Bei der Webseite kann man
einfach seine Bilder oder seine Videos
hochladen oder den Link dahin schicken,
sie extrahieren dir das Logo, sagen dir zu
welcher Gruppe das gehört und bieten dir
praktischerweise direkt noch den passenden
Wikipedia-Artikel dazu an. Das machen sie
nicht nur für diese Gruppen, es sind auch
noch die verschiedensten Logos von
Fernsehsendern aus der ganzen Welt
hinterlegt. Wenn man jetzt also nicht
weiß, welcher Fernsehsender aus welchem
Land so ein Bild eventuell immer
ausgestrahlt hat und wo man da
weiterforschen will, ist das auf jeden
Fall ein sehr praktischer und spannender
Ansatz. Die Details im Hintergrund. Wer
weiß denn, wie afghanische Nummernschilder
1950 ausgesehen haben? Diese Website hat
auch zu sämtlichen afrikanischen Ländern
die Nummernschilder und zwar die
historischen, die aktuellen und alles
irgendwie dazwischen. Wenn man jetzt also
weiß, dass ein - oder vermutet - dass ein
Video an einem bestimmten Ort aufgenommen
wurde und kann so etwas im Hintergrund
irgendwie identifizieren, kann man dort
einfach schauen, ob die Kennzeichen dort
wirklich so aussehen. Den Sonnenstand zum
Beispiel kann man mit diesem Tool hier
ganz gut berechnen. Man gibt einfach einen
Ort ein, ein Datum und halt eben eine
entsprechende Uhrzeit. Bei dem Ereignis,
von dem man weiß, wann es stattgefunden
hat, hat man natürlich auch die Uhrzeit.
Wenn da jetzt bestimmte Schatten im Bild
zu sehen sind, kann man zumindest
überprüfen ob es halbwegs hinkommt. Sowohl
von der Länge - hier wird ja angezeigt: an
diesem Ort, zu der Uhrzeit, in der
Jahreszeit, wirft ein Objekt mit einem
Meter Größe einen Schatten von 1,71m. Kann
man ungefähr überprüfen, wenn man
Anhaltspunkte hat. Man kann auf jeden Fall
gucken, ob die Richtung des Schattens
stimmt und ob es wirklich um diese Uhrzeit
aufgenommen wurde. Ja, auch gut
abgeschirmte Facebook-Accounts bieten doch
irgendwie so ein bisschen mehr Hinweise,
als Facebook dich ich jetzt vielleicht
glauben lassen will. Auch wenn du dir das
Profil aus der Sicht eines fremden
angucken kannst oder von dem eines
Freundes. Was nämlich nicht privat ist,
sondern was öffentlich ist, ist das was du
gelikt hast, was du kommentiert hast.
Weil, das ist ja nicht nur mit deinem
Account verknüpft, sondern eben auch mit
einem Account von.. der vielleicht offen
ist oder mit einer Seite. Da steht ja dein
Name und dein Kommentar öffentlich
einsehbar für jeden. Und.. gewisse
Websites können halt eben diese Sachen für
dich herausfinden. Du kannst halt gucken
nach Posts, hier: 'Photos tagged with Mark
Zuckerberg'. Du kannst gucken, welche ihm
gefallen, wo er kommentiert hat. Du kannst
gucken, welche Orte jemanden.. jemand
besucht hat oder mit jemandem zusammen
besucht hat. Kannst gucken welche
Beziehungen zwischen den Leuten halt eben
bestehen oder wann, welche Personen die
andere Person in einem Beitrag erwähnt
hat. Das sind halt Sachen, die siehst du
nicht bei Facebook in der normalen
Ansicht, selbst wenn du deinen Account
komplett dicht gemacht hast. Und für
englischsprachige Accounts gibt's diese
Suchfunktion bereits, aber da muss man
sich mit der nicht so logischen, nicht so
einfachen -ja, wie soll ich's nennen. Nicht
so einfachen Suche einfach
auseinandersetzen. Zum Beispiel kann man
auch suchen nach 'Users, who liked', aber
ist es dann wirklich Users oder ist es
People. Bei dem einen gibt er dir halt
keine Fehlermeldung, sondern nur keine
Ergebnisse; bei dem anderen gibt er dir
die Ergebnisse. Und sich das alles
auswendig zu merken, das alles zu behalten
ist halt doch ein bisschen kompliziert,
deswegen gibt's da gute Seiten, die das
für einen übernehmen. Kommentiert Das
war zurück. So. Wieder ans Publikum Ein
Plugin, das ich auch noch jedem ans Herz
legen möchte, ist InVid. Bietet viele
Funktionen, zum Beispiel das Auslesen von
Keyframes aus YouTube-Videos, die Anzeige
des Originalload-Datums. Weil, Upload-
Daten und Zeitzonen sind nie schön. Bei
ganz vielen Plattformen gibt es
Unterschiede: bist du eingeloggt, bist du
nicht eingeloggt, beim einen ist es
irgendwie UTC, die anderen machen dir dann
Pacific Time, die anderen machen deine
lokale Zeitzone, wenn du eingeloggt bist.
Weil es halt auch niemals die Zeitzone des
Uploaders. Hier gibt es halt irgendwie
einen Standard, der eben vergleichbar ist.
Das bietet die Möglichkeit 'Magnifier' -
Lupe. Gut, das kann man jetzt im
Zweifelsfall auch noch selbst auf dem
Rechner machen. Bietet hier die
Möglichkeit über alle Plattformen hinweg
zu suchen. Eine Bild-Rückwärtssuche zu
machen und mit einem Klick auch direkt die
gespiegelte Variante davon zu suchen.
Manche Leute denken, ja sie sind schlau
und spiegeln einfach das Bild und
schneiden es ein bisschen zu, dann wird es
in der Rückwärtssuche nämlich nicht mehr
gefunden. Hier ist das halt alles sehr
schön in einem - wie Sie selbst nennen -
Schweizer Taschenmesser für diese Arbeit
zusammengefasst. So, ich hoffe ich konnte
zeigen, dass Verifizierung jetzt nicht so
großartig die Raketenwissenschaft ist.
Neugier, Geduld und Training sind aber
schon nötig. Aber es gibt halt eben super
viele Programme, Websites und Plugins, die
einen dabei unterstützen. Es gibt gute
Literatur dazu, es ist gut dokumentiert.
Es würde mich also freuen, wenn ich hier
den einen oder anderen vielleicht so ein
bisschen.. oder in dem einen oder anderen
so ein bisschen das Interesse daran
geweckt habe. Wer Übung braucht, dem kann
ich nur empfehlen: folgt '@quiztime'. Das
ist ein Account von - einmal Journalisten
der Deutschen Welle, von Journalisten vom
NDR und von anderen Medien, die das halt
in ihrer Freizeit machen. Dort regelmäßig
Quize und Rätsel posten, wo man halt
selber irgendwie ein bisschen aktiv werden
muss, sich selber nochmal auf den neuesten
Stand bringen kann, was für Programme es
gibt. Welche Schritte muss ich machen, um
zum Ergebnis zu kommen. Und das ist
eigentlich immer ein ganz netter
Zeitvertreib für zwischendurch. So, 26
Minuten sehe ich hier, dann bin ich auch
schon fast am Ende. Wenn es denn noch
Fragen gibt.
Applaus
Engel: Genau. Wir haben tatsächlich noch
ungefähr zehn Minuten Zeit für Fragen. Und
wenn ihr Fragen habt, dann könnt ihr euch
an die Saal-Mikrofone stellen und wir
beginnen traditionell mit einer Frage aus
dem Internet.
Sprecher (liest Frage aus dem Internet
vor): Gibt es bestimmte Quellen, wo du aus
deiner Erfahrung sagst: da muss man mit
Nachrichten vorsichtig sein? Und.. Würdest
du die nennen?
Robert: Bestimmte Quellen?
Sprecher: Also Nachrichtenseiten oder so.
Robert: Atmet geräuschvoll aus
Schwierig. Ich würde jetzt einfach mal
generell sagen: das Internet. Ich hab ja
gesagt: im Grunde muss man halt eigentlich
immer kritisch sein, weil.. Was wir bei
uns eben auch gesagt haben: nur weil jetzt
ein anderes Medium - und sei es auch
irgendwie ein Medium, das man selbst für
vertrauenswürdig hält - darüber berichtet,
heißt es nicht, dass die Leute nicht auch
auf die gleiche Sache reingefallen sein
können. Und sich einfach nur auf andere
Medien zu berufen ist da halt einfach
nicht genug. Weil, jeder macht Fehler,
warum sollte es denen nicht auch
passieren. Und das einfach nur zu
übernehmen, das ist zumindest bei uns -
und ich kenn's auch von anderen
Redaktionen, von anderen Sendern, von
anderen Medien so, dass sie sagen: Das ist
jetzt kein Argument auf der Pro-Seite, das
es schon mal woanders erwähnt wurde.
Engel: So, wenn wir jetzt mit den Fragen
aus dem Saal weitermachen, dann denkt
bitte dran, dass ihr immer ganz nah an die
Mikrofone ran geht und da direkt rein
sprecht. Die beißen euch nicht in die
Nase. Die erste Frage kommt vom Mikrofon
Nr. 7. Ganz nah ran bitte.
Sprecher: Es gibt ja einen Wettstreit
zwischen dem Verbreiten von
Fehlinformationen und dem Gegen-
Recherchieren und man läuft da ins
Skalierungsproblem. Es ist im Zweifel
aufwendiger Falschheit zu belegen, als die
Lüge einfach weiter zu verbreiten. Glaubst
du, dass ist eine ausreichende
Gegenstrategie?
Robert: Atmet geräuschvoll aus Naja, ich
sag mal selber als Journalist bist du ja
jetzt erst mal ein Filter. Dein Anspruch
ist ja nicht, das du jetzt selbst jede
einzelne Lüge im Internet widerlegst. Aber
wenn du dich mit einem bestimmten Thema
beschäftigst und dafür zum Beispiel Bilder
suchst und Bildmaterial brauchst, dann
kannst du natürlich auswählen, welches du
nimmst. Und so erfolgt halt die
Verifizierung. Ist ja jetzt nicht so, dass
dein Anspruch quasi ist, jede einzelne
Lüge im Internet widerlegen zu können.
Hat, glaube ich, niemand die Kapazitäten
für
Engel: Mikrofon Nr. 5 bitte.
Sprecher: (OffMikro Für) wie
vertrauenswürdig hältst du deine
Verifizierungstools? Und benutzt du immer
mehrere, um es zu korrelieren?
Robert: Vertrauenswürdigkeit - würde ich
sagen, im Rahmen von dem was sie können,
sind sie gut. Bei einigen Sachen ist halt
auch so ein bisschen Interpretation und,
ja, Erfahrung nötig. Oftmals hilft aber
eben auch der gesunde Menschenverstand.
Wovon ich jetzt zum Beispiel nicht so viel
halte, sind diese Foto-Forensics-Tools,
die dir mit der ELA Analyse zeigen, ob
jetzt angeb-.. oder zeigen 'wollen', ob
dir da angeblich was rein geshoppt wurde
oder nicht. Weil, das ist halt nicht
wissenschaftlich, da gibt es keine
wissenschaftliche Begründung. Du siehst
dann halt dieses Foto, mit dieser drüber
gelegten Analyse. Aber es ist deine
Interpretation: ist das jetzt dieses
Muster, das sich da abzeichnet; ist das
eine Fälschung oder ist es nicht. Das
taugt eigentlich noch nicht mal als
Anhaltspunkt, weil selbst bei besonders
starken Kontrasten oder ungünstigen
Lichtverhältnissen es eine Fälschung zeigt
und wenn halt eine Fälschung gut gemacht
ist, es das eigentlich nicht anzeigt.
Also, den anderen Programmen, wo du halt
wirklich noch selber was machen musst,
denen vertraue ich soweit, so wie ich sie
da vorgestellt habe. Aber den.. diesen
Sachen eher nicht.
Engel: Mikrofon Nr. 4 bitte.
Sprecher: Ja, vielen Dank. War super
informativ. Du hast nicht so viel dazu
gesagt, wie man die Primär-Quelle finden
könnte. Macht man das, hast du da so..
Robert: Also, ja. Der erste Schritt wäre
halt zum Beispiel so eine Rückwärtssuche.
Weil die meisten Fälschungen, denen wir
jetzt eben so begegnest eben dieses
recycelte Material ist. Findest du da halt
super schnell dann eben heraus, dass ein
Video jetzt fünf Jahre alt ist. Dann musst
du jetzt auch nicht gucken, wer es vor
fünf Jahren als erstes gepostet hat. Da
reicht dir halt die Info, dass es eben
fünf Jahre alt ist und nicht von heute
oder von gestern. Und ansonsten einfach
deskriptiv gucken was.. was.. was zeigt es
denn. Dann kann man auch auf den.. auf
Plattformen, auch auf anderen Plattformen
einfach mal nach den Wörtern suchen, die
einem dazu in den Sinn kommen, wenn... Wir
hatten da ein Video aus dem ägyptischen
Frühling, das angeblich damit.. das
angeblich zeigen sollte, wie Demonstranten
ein Polizeiauto von der Brücke werfen. War
falsch. der hat einfach einen
Rückwärtsgang eingelegt und hat sich
verfahren und ist von der Brücke gefallen.
Aber da kann man halt eben auch nach
Stichwörtern suchen, wie: police, car,
bridge, demonstrants. Das Ganze halt eben
dann auf Arabisch übersetzen, einfach
diese Stichwörter in die Suchmaschinen
reinpumpen und gucken, was einem da eben
zuerst auffällt. Wer das zuerst
hochgeladen hat.
Engel: Mikrofon Nr. 2, bitte.
Sprecher: Danke noch mal für den
spannenden Talk. Engel sagt etwas
unverständliches
Sprecher: Ich bin ich. Engel: Es geht
immer noch mehr. Sprecher: lacht Jawohl.
Engel: Siehst du.
Sprecher: Reuters...
Publikum lacht und applaudiert
Robert lacht
Sprecher: Zu der Frage: Reuters hatte -
ich vor einigen Jahren - einen 'ban' auf
Rohmaterial ausgesprochen und hat gesagt:
'Ab heute wollen wir nur noch JPEGs'. Du
hattest vorhin das Beispiel mit den
Raketen. Robert stimmt zu Kannste dir
das erklären, warum man plötzlich ein -
sagen wir Mal - schwieriger zu fälschendes
Medium ablehnt und sagt: 'Ich möchte jetzt
doch lieber die Billigdaten haben.
Robert: Ganz ehrlich: keine Ahnung. Ich
kann es mir nicht erklären. Ich wusste bis
jetzt auch ehrlich gesagt diese Policy von
Reuters nicht. Aber ich kann es mir auch
nicht wirklich erklären. Nein.
Engel: Mikrofon Nr. 3, bitte.
Sprecher: Ja, auch räuspern noch von
meiner Seite vielen Dank. Es war in
letzter Zeit viel die Rede von diesen Deep
Fakes. Hast du sowas dann auch schon mal
in freier Wildbahn dann selber gesehen.
Also außer jetzt diese bekannten,
einschlägigen Beispiele.
Robert: Ne, in freier Wildbahn so noch
nicht. Also zumindest nicht so, dass es
halt irgendwie auffällig genug und
relevant für uns ist. Da gibt's so ein
paar Sachen irgendwie, die die Zukunft
bringen kann, wie zum Beispiel Deep
Fakes. Die kann man noch irgendwie - noch,
finde ich - relativ gut irgendwie
unterscheiden. Wenn man sich halt eben auf
die Details konzentriert, ob der
Hintergrund auf einmal anfängt zu wackeln
oder ob die gerade Linie auch wirklich
gerade bleibt. Aber das ist jetzt noch
nicht so das Riesenthema für uns. Genauso
wie die Software von Adobe mit der du
Stimmen fälschen kannst - oder können
sollst. Die vor zwei Jahren da vorgestellt
wurde. Da hat man auch nichts wieder von
gehört. Das ist jetzt... bringt vielleicht
die Zukunft. Da müssen wir gucken, wie man
damit umgeht. Aber aktuell noch nicht.
Engel: Jetzt ist das Internet wieder mit
einer Frage am Zug.
Sprecher: Hast du Beispiele für Recherchen
oder Material, was im schulischen Kontext
genutzt wurde um Schülerinnen und Schüler
zu sensibilisieren für das Thema.
Robert: Ne. Also, natürlich irgendwie wäre
es eine super Sache, aber ich glaube bis
sowas in den Schulen ankommen wird es
wahrscheinlich leider auch noch etwas
dauern. Das geht ja schon fast ein
bisschen über das allgemeine Thema
Medienkompetenz hinaus - wäre zumindest
eine große Ergänzung dazu. Aber, da weiß
ich bisher noch nicht, ob das so in der
Art stattgefunden hat.
Engel: Mikrofon Nr. 2, bitte.
Sprecher: Jo, Moin und 'Höllö'. Eine Frage
- erst mal Dankeschön für deinen Vortrag.
Super klasse.
Robert: Danke. Sprecher: Wie weit ist das
Thema Algorithmen und das was man ja in
vielerlei Hinsichten kennt - gerade von
seinen FB-Freunden und so wat - ein Thema
für dich, für euch? Weil da ja auf eine
ganz andere Weise Fake News produziert
werden, weil sie ja eben aus bestimmten
Interessenslagen gesteuert werden und
nicht so ganz nachzuvollziehen ist, was
jetzt, wo ich welche Algorithmen, wie denn,
hervorkommt. Ist das ein Thema für euch.
Robert: Ich weiß jetzt nicht ganz, was du
meinst. Meinste die Strukturierung, wie
z.B. Facebook seinen Newsfeed
strukturiert. Dass dir Beiträge angezeigt
werden, die eher deinen Sachen entsprechen
oder was meinst du? Sprecher: Aber Hallo!
Genau. Ja. Genau das.
Robert: Ja, ist auf jeden Fall
problematisch, ne. Sprecher: Sehr!
Robert: Das ist auch eine der Sachen,
warum sich diese Beiträge eben so
verbreiten. Diese Echokammern, diese
Strukturierung auch eben durch die
sozialen Netzwerke, die meinen, dir den
Content präsentieren zu müssen, der für
dich interessant ist. Da ist es natürlich
schwer irgendwie die ganze Sache zu
durchdringen.
Sprecher: Aber einen Tipp hättest du
nicht? Wie man dagegen oder wie man das
transparenter machen kann oder...
Robert: Atmet geräuschvoll aus Also, wie
man das jetzt als Medien transparenter
machen kann, würde ich sagen: Da haben wir
jetzt nicht die Möglichkeit. Also, es muss
halt aufgeklärt werden, klar. Aber im
Endeffekt entscheidet halt auch jeder
Nutzer selbst, ob er seine Nachrichten
irgendwie nur darüber konsumieren möchte
oder ob er auch noch andere Quellen nimmt.
Sprecher: Klar. Danke.
Engel: Mikrofon Nr.4, bitte.
Sprecher: Hallo. Im Internet gibt's
verschiedene Bestrebungen Webseiten zu
klassifizieren, zum Beispiel als Satire,
rechts, links oder auch als problematisch.
Und dass dem Nutzer sehr direkt
anzuzeigen. Was hältst du davon?
Robert: Schnauft aus Schwieriges Thema.
Also, bei Facebook.. ich bin mir noch
nicht ganz sicher. Es gab ja diese
Vorschläge das zumindest, wenn jetzt viele
Leute einen entsprechenden Link, der
irgendwie herumgereicht wird, als Fake
klassifiziert haben oder es halt von einer
- ich sag mal - Expertengruppe als Fake
eingestuft wurde. Das es halt zumindest
irgendwie mit dran steht: 'Dieser Beitrag
ist umstritten, klicke hier um mehr zu
erfahren.'. Damit kann ich mich im
Zweifelsfall noch mehr anfreunden, als
jetzt Websites irgendwie dazu zu
verpflichten, sich zu klassifizieren oder
von anderen klassifiziert zu werden.
Weil,.. ich mein, auch so etwas wie
Satire, selbst wenn es manche Leute nicht
verstehen und das für Sie eine Art von
Fälschung ist, lebt halt eben auch davon,
dass es nicht in roten Lettern oben drüber
prangt.
Engel: Mikrofon 2 hat die vorletzte Frage
für heute Abend.
Sprecher: Ja, danke nochmal für den
Vortrag. Frage und vielleicht ein
Vorschlag: wie sieht das aus. Vor der
Recherche ist klar - jedes einzelne Medium
arbeitet für sich - klar Konkurrenzdruck.
Aber wenn ihr ein Ergebnis habt und ihr
habt ganz klar ein Fake gefunden, wie
sieht es mit dem Austausch mit anderen
Medien aus? Und, Zusatzfrage: wäre das
nicht was so im Sinne der Öffentlichkeit
auch genau diese Ergebnisse dann zu
veröffentlichen, damit alle wissen, dass
ist nicht koscher.
Robert: stimmt zu Also, ich kenne das so
von anderen Medien. Wir haben auch
regelmäßig Konferenzen, wo man sich
natürlich auch irgendwie mit den Kollegen
austauscht. Da gibt's dann eben auch
entsprechend größere Gruppen, in denen man
sich irgendwie mal über diese Themen
unterhält. Und.. ich weiß zum Beispiel,
dass es halt bei den.. bei größeren
Medienhäusern, sag ich jetzt mal, die mehr
als nur ein einziges Produkt haben, das es
da auch durchaus zusammengefasst ist. Das
da eben auch die Kollegen von
verschiedenen Marken sitzen und sich
austauschen und alle halt alle Infos dann
lesen.
Engel: Und wie so oft im Leben hat das
Internet das letzte Wort.
Sprecher: Jemand hat auf einen Talk vom
letzten Jahr hingewiesen, wo die These
vertreten wurde, dass Fake News
Problematik gar nicht so groß sei, als es
damals in den Medien der Fall gewesen sei.
Und jetzt war die Frage an dich, ob du das
Gefühl, dass es sich im letzten Jahr
verändert hat, ob es mehr, weniger oder
anders geworden ist.
Robert: Hm, wirklich anders würde ich
sagen: nein. Also die Muster sind halt
immer noch die gleichen, die Motivation
der Leute ist noch die gleiche. Leute, die
halt Aufmerksamkeit wollen oder die Profit
machen wollen. Das hat sich nicht
großartig verändert. Was wir halt so
gemerkt haben: es gab halt jetzt in diesem
Jahr zum Glück deutlich weniger Breaking
News Lagen, wo halt irgendwie ein Anschlag
hier in Europa passiert. Das war ja 2016,
sage ich mal aus der Hinsicht ein sehr
schlimmes und auch sehr anstrengendes
Jahr. Und da kann man halt merken, gerade
wenn es halt irgendwie was hoch
emotionalisierendes ist. Bei
Naturkatastrophen natürlich auch, aber vor
allem halt bei solchen Sachen wie
Anschlägen in Europa. Da ist halt der
Output an gefälschten Sachen einfach viel,
viel höher als so das normale
Grundrauschen. Deswegen war 2018 ein eher
ruhigeres Jahr.
Engel: Vielen Dank für die Einschätzung.
Damit sind wir am Ende. Vielen Dank
nochmal an eure vielen Fragen und ganz
besonders vielen Dank nochmal an Robert,
für diesen sehr informativen Talk. Gebt
ihm noch mal einen großen Applaus bitte.
Applaus Robert: Vielen Dank.
Abspannmusik
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