Ich nehme Sie mit auf eine Zeitreise,
1.400 Jahre in die Vergangenheit
in die Stadt Medina nach Saudi-Arabien.
Damals sollte der Prophet
Mohammed dafür sorgen,
dass Frauen in Städten nicht mehr
angegriffen und belästigt wurden.
Die Situation war folgende:
Es war um das Jahr 600 n. Chr.,
lang vor dem modernen Komfort
der Kanalisation.
Wenn eine Frau nachts aufwachte
und einen gewissen Drang verspürte,
musste sie allein aus der Stadt
hinaus in die Wildnis gehen,
um ungestört zu sein.
Eine Gruppe Männer --
so unglaublich es klingt --
sah diese nächtlichen Gänge
der Frauen als Gelegenheit.
Sie trieben sich im Schutz der Dunkelheit
am Stadtrand herum und warteten.
Wenn eine Frau vorbeikam
und einen Dschilbab trug,
ein mantelähnliches Kleidungsstück,
ließen die Männer sie in Ruhe.
Vor vielen Jahrhunderten
war ein Dschilbab ein Statussymbol
wie ein Burberry-Trenchcoat
oder eine Jacke von Chanel.
Er zeigte, dass die Frau frei war,
und eine freie Frau
wurde von ihrer Familie geschützt.
Sie konnte problemlos
gegen den Angreifer aussagen
und ihn identifizieren.
Aber wenn die Frau,
die nachts aus der Stadt ging,
keinen Dschilbab trug,
sondern freier gekleidet war,
wussten die Männer,
dass sie eine Sklavin war,
und griffen sie an.
Besorgte Mitglieder der Gemeinschaft
trugen die Sache dem Propheten vor.
Wie bei so vielen anderen sozialen,
politischen und familiären Problemen,
mit denen Mohammed
als Prophet konfrontiert wurde,
wandte er sich in dieser Sache an Gott
und ihm wurde ein Vers
für den Koran offenbart,
das heilige Buch der Muslime.
"O Prophet", heißt es darin,
"Rate deinen Frauen und Töchtern
und den gläubigen Frauen,
sich zu bedecken.
Dadurch vermeiden sie es,
erkannt und belästigt zu werden."
Im Grunde rät der Vers allen Frauen,
sich ähnlich zu kleiden,
damit man sie nicht
voneinander unterscheiden,
aufs Korn nehmen und angreifen kann.
Oberflächlich gesehen scheint das
eine recht einfache Lösung des Problems.
Das war aber nicht der Fall.
Früher waren Muslime stark hierarchisch
geprägte Stammesgemeinschaften
und der Gedanke, eine Sklavin
könne wie eine freie Frau aussehen,
war fast eine Beleidigung.
Es gab auch praktische Überlegungen.
Wie könnte eine Sklavin ihre Arbeit tun,
wenn ein Mantel ihren Körper behinderte?
Wie könnte sie kochen,
putzen oder Wasser holen?
Schließlich verfügten die frühen
muslimischen Gelehrten,
die Kleidung einer Frau solle sich
nach zwei Überlegungen richten:
der Funktion der Frau
in der Gesellschaft --
also ihrer Rolle, was wir
als ihre Arbeit betrachten könnten --
und den speziellen Sitten
der Gesellschaft.
Oder in anderen Worten:
Sie solle sich anpassen.
Muslime übertragen gern
historische Entscheidungen
auf die heutige Zeit.
Also tun wir das jetzt einmal.
Die Kleidung einer Frau sollte sich
nach Tradition und Funktion richten.
Was bedeutet das also für eine Muslima,
die heute in Amerika lebt,
für jemanden wie mich?
Erstens bedeutet es:
Ich habe in der Gesellschaft
eine Funktion, eine Rolle,
einen Beitrag, den ich leisten kann.
Zweitens bedeutet es:
Während ich diesen Beitrag leiste
und in einer Gesellschaft lebe,
wo Verschleierung nicht Sitte ist,
und wo sie sogar
zu Belästigungen führen könnte,
dann ist das Tragen
der üblichen Kleidung --
z. B. Kleider, Jeans, sogar Yogahosen --
nicht nur akzeptabel,
sondern eine Empfehlung.
Doch Moment mal -- stimmt das wirklich?
Meinen wir inzwischen nicht alle,
dass sich Muslimas verschleiern müssen,
dass ihr Glaube das erfordere?
Es gibt sogar ein Wort,
das wir alle mit dem Schleier
der Muslima in Verbindung bringen,
ein arabisches Wort,
das wir alle schon gehört haben,
ob bewusst oder unbewusst:
"Hidschab".
Vielleicht ist mir etwas entgangen.
Vielleicht steht die Forderung
nach Verschleierung woanders im Koran.
Zur Information: Der Koran
besteht aus 114 Kapiteln.
Jedes Kapitel ist, wie Poesie,
in Versen geschrieben.
Es gibt mehr als 6.000 Verse im Koran.
Von diesen 6.000 beziehen sich 3 darauf,
wie sich eine Frau kleiden sollte.
Den ersten Vers habe ich schon erwähnt.
Der zweite Vers wendet sich
direkt an die Frauen des Propheten:
Wegen ihrer gesellschaftlichen Rolle
und Position als seine Ehefrauen
sollten sie sich
etwas bescheidener kleiden.
Der dritte Vers ähnelt dem ersten
und wurde als direkte Reaktion
auf eine historische Situation offenbart.
Frühe Aufzeichnungen zeigen,
dass es in vormuslimischer Zeit
Tradition und Mode für Frauen war,
einen Schal namens "Khimar"
auf dem Kopf zu tragen.
Er wurde hinter die Ohren gesteckt
und fiel frei über den Rücken.
Vorne trugen die Frauen
eine enge Weste oder ein Mieder,
das offenstand und ihre Brüste zeigte --
so, wie Sie es von
"Game of Thrones" kennen.
(Gelächter)
Als sich der Islam auf der
Arabischen Halbinsel verbreitete,
wurde ein Vers offenbart,
der Frauen gebot,
mit diesem Schal oder einem
anderen Kleidungsstück
ihre Brüste zu bedecken.
Das ist eigentlich alles,
was im Koran darüber steht,
wie sich eine Frau kleiden sollte.
Offenbar zählt Gott nicht
alle weiblichen Körperteile auf,
die er den Blicken entziehen will.
Man könnte also argumentieren --
und das passiert auch --
ich betone hier extra:
So argumentieren
viele muslimische Gelehrte:
Diese Verse wurden deshalb
absichtlich so vage formuliert,
damit eine Frau über ihre Kleidung
selbst entscheiden konnte,
und zwar gemäß der vorherrschenden Kultur
und dem Zeitgeschmack.
Der Begriff "Hidschab" --
stellen Sie sich nur vor! --
erscheint in keinem dieser drei Verse.
An keiner Stelle im Koran
bezieht er sich direkt
auf den Schleier einer Frau.
Das heißt nicht, dass das Wort
im Koran nicht vorkommt,
denn das tut es.
Aber wenn es vorkommt,
dann in der richtigen Bedeutung
als "Barriere" oder "Trennlinie":
etwa eine Barriere oder Trennlinie
zwischen uns Menschen und dem Göttlichen
oder zwischen Gläubigen und Ungläubigen.
Oder es bedeutet eine Barriere
im Sinn einer Trennwand,
hinter die sich Männer
zu Mohammeds Zeit stellen mussten,
wenn sie mit seinen Frauen sprachen.
Oder es bedeutet
Abgeschiedenheit, Trennung,
die Maria suchte, als sie Jesus gebar.
Trennung und Abgeschiedenheit:
Das bedeutet "Hidschab".
Trennwand: Das bedeutet "Hidschab".
Barriere, Trennlinie:
Das bedeutet "Hidschab".
"Hidschab" bezeichnet nicht
den Schleier einer Frau.
Doch ist es nicht seltsam,
dass die tatsächliche Bedeutung --
Abschirmung, Abtrennung,
Ausschluss, Absonderung --
dass uns gerade
diese Bedeutungen einfallen,
wenn wir an muslimische Frauen denken?
Kein Wunder.
Wir erleben alle,
wie einige muslimische Frauen
auf der Welt behandelt werden.
Wollen sie in die Schule gehen,
schießt man ihnen in den Kopf;
wollen sie Auto fahren,
kommen sie ins Gefängnis;
wollen sie am politischen Aufstand
in ihrem Land teilnehmen,
gehört und ernst genommen werden,
greift man sie öffentlich an.
Vergessen Sie die verborgenen
Gestalten am Stadtrand.
Einige Männer haben heute kein Problem,
Frauen auf dem Gehsteig
in aller Öffentlichkeit anzugreifen.
Sie verbergen nicht einmal, wer sie sind,
denn sie wollen in die
internationalen Schlagzeilen kommen.
Unermüdlich drehen sie Videos,
laden sie auf YouTube hoch
und prahlen mit ihren Taten.
Warum verbergen sie ihre Verbrechen nicht?
Sie fühlen sich nicht als Verbrecher.
Die Frauen begehen die Verbrechen!
Die Frauen haben seltsame Ideen im Kopf,
Ideen, die sie aus dem Haus
und in die Gesellschaft geführt haben,
weil sie glauben,
einen Beitrag leisten zu können.
Und wir wissen alle:
Ehrbare Frauen bleiben zu Hause,
ehrbare Frauen bleiben unsichtbar,
so, wie es zu Zeiten des Propheten
Sitte für ehrbare Frauen war.
Stimmt das wirklich?
Vor 1.400 Jahren gab es
noch längst keinen Feminismus.
Waren Frauen im Haus eingesperrt
und mit Schleiern verhüllt?
Tatsächlich war
die erste Frau des Propheten
modern gesagt Managerin.
Sie war eine erfolgreiche Händlerin
und ihre Karawane war so groß
wie die der anderen Händler zusammen.
Sie leitete im Grunde eine
erfolgreiche Import-Export-Gesellschaft.
Als sie Mohammed bei sich einstellte,
war sie von seiner
Rechtschaffenheit so angetan,
dass sie ihm schließlich
einen Heiratsantrag machte.
(Gelächter)
Ich weiß nicht, wie viele Frauen heute
Männern Heiratsanträge machen.
Und Mohammeds zweite Frau?
Sie war auch nicht faul.
Sie zog auf einem Kamel in den Krieg.
Das würde heute einer Frau entsprechen,
die im Geländewagen
oder Panzer in den Krieg zieht.
Und die anderen Frauen?
Frühe Aufzeichnungen zeigen,
dass Frauen darauf bestanden,
bei der islamischen Revolution
um den Propheten miteinbezogen zu werden.
Eine Frau wurde als Generalin berühmt,
als sie ihr Männerheer
in die Schlacht führte
und eine Rebellion unterdrückte.
Männer und Frauen hatten
freien Umgang miteinander,
tauschten Geschenke aus.
Es war Sitte, dass Frauen sich
ihren Mann wählten
und ihm einen Antrag machten.
Und wenn die Ehe nicht glückte,
leiteten sie die Scheidung ein.
Frauen debattierten sogar laut
mit dem Propheten selbst.
Mir scheint, wenn Fundamentalisten
die heutige muslimische Gesellschaft
des Jahres 600 n. Chr.
wieder einführen wollen,
wäre das ein großer Schritt nach vorn.
(Gelächter)
Fortschritt.
(Applaus)
Aber da wäre noch eine wichtige Frage.
Wenn islamische Geschichte
und der Koran hier keine Rolle spielen,
warum verbinden wir in der heutigen Zeit
muslimische Frauen mit dem Hidschab?
Mit Abtrennung von der Gesellschaft,
Abgeschiedenheit, Isolation,
Ausschluss von den
menschlichen Grundrechten?
Es wird Sie kaum überraschen,
dass das kein Zufall ist.
In den letzten Jahrzehnten
haben genau die Leute,
deren wichtige Aufgabe es ist,
den Koran in verschiedenen muslimischen
Gemeinschaften zu lesen und auszulegen --
also gewisse Geistliche --
sie haben den drei Versen über Frauen
eine bestimmte Bedeutung hinzugefügt,
z. B. dem Vers, den ich
schon erwähnt habe:
"O Prophet, rate deinen Frauen
und Töchtern und den gläubigen Frauen,
sich zu bedecken.
Dadurch vermeiden sie es,
erkannt und belästigt zu werden."
Nicht alle, aber einige Geistliche
haben dem ein paar Worte hinzugefügt,
sodass in gewissen Koranübersetzungen
dieser Vers so lautet:
"O Prophet, rate deinen Frauen
und Töchtern und den gläubigen Frauen,
sich zu bedecken."
Klammer auf: "Und zwar mit einem Schleier,
der den ganzen Kopf
und das Gesicht bedeckt,
auch Hals und Brüste,
und bis zu den Füßen und Händen reicht.
Der Körper einer Frau
ist verhüllt bis auf ein Auge,
denn sie muss sehen, wohin sie geht.
Und die Hände müssen
von Handschuhen bedeckt sein."
Denn es gab damals sicher viele Handschuhe
in der Wüste Saudi-Arabiens.
(Gelächter)
Und so weiter und weiter,
Klammer zu.
"Dadurch werden sie
nicht erkannt und belästigt."
Und die sogenannten Geistlichen
schlussfolgerten,
dank dieser Einschübe,
dass eine Frau nur eine Funktion hat.
Um diese Funktion zu verstehen,
muss man nur einige der Fatwas
oder gesetzlichen Regeln lesen,
die diese sogenannten Geistlichen
herausgegeben haben.
Hier eine Auswahl:
Eine Frau muss nur
die Grundschule beenden,
bevor sie heiratet.
Das geschieht wohl im reifen Alter
von 11 oder 12 Jahren.
Eine Frau kann ihre religiösen Pflichten
Gott gegenüber nicht erfüllen,
bevor sie ihre körperlichen Pflichten
gegenüber ihrem Ehemann erfüllt.
Falls er sie begehrt,
wenn sie auf einem Kamel sitzt,
sollte sie gehorchen.
Der Islam hat Frauen verboten,
einen BH zu tragen,
weil der BH die Brüste hebt
und die Frau jünger aussehen lässt,
und das ist gewollte Täuschung.
Hier mein Favorit:
Hat ein Mann ein eiterndes Geschwür,
das ihn von oben bis unten bedeckt,
und sie leckt es für ihn,
würde sie immer noch nicht erfüllen,
was sie ihm schuldet.
Diese und viele ähnliche
die Frauen betreffenden Regelungen
wollen nur auf eins hinaus:
Die beste, ehrenwerteste Frau
ist ungebildet und daher machtlos,
nicht viel anders als eine Sklavin.
Sie bleibt also zu Hause,
klaglos und ohne BH.
(Gelächter)
Sie ist ständig bereit und verfügbar,
um jeden seiner Wünsche zu erfüllen,
selbst wenn sie seinen
ganzen Körper ablecken muss.
Sie befriedigt ihn, wann er sie auch ruft,
ob in seinem Bett oder auf einem Kamel.
Klingt das wie Gottes Wille für Sie?
Klingt das wie die Heilige Schrift?
Oder klingt das nach
seltsamer, abartiger Erotik,
wie die schlimmsten
frauenfeindlichen Fantasien?
Diese sogenannten Geistlichen
samt Fundamentalisten und Extremisten,
die sie unterstützen --
reinigen sie den Islam wirklich von innen
und bringen ihn zurück
zu seiner beabsichtigen Form?
Oder sind diese Männer
nicht anders als jene,
die in der Dunkelheit am Stadtrand stehen,
um einer Frau aufzulauern?
Danke.
(Applaus)