Sklaverei -- die Behandlung von Menschen als Eigentum ohne Rechte -- trat bereits in aller Welt in verschiedenen Formen auf. Eine davon sticht jedoch durch ihr globales Ausmaß und ihre bleibenden Folgen besonders hervor: Der atlantische Sklavenhandel vom Ende des 15. bis Mitte des 19. Jh. umfasste drei Kontinente und brachte mehr als 10 Millionen Afrikaner gewaltsam nach Amerika. Die Folgen betrafen nicht nur die Sklaven und deren Nachkommen, sondern auch wirtschaftliche und historische Entwicklungen großer Teile der Welt. Bereits seit Jahrhunderten waren Europa und Afrika über das Mittelmeer in Kontakt gewesen. Doch der atlantische Sklavenhandel begann erst im späten 15. Jahrhundert mit portugiesischen Kolonien in Westafrika und der Besiedlung Amerikas durch Spanien kurze Zeit später. Der Anbau von Zuckkerrohr, Tabak und Baumwolle in den neuen Kolonien war arbeitsintensiv und es gab nicht genug Siedler oder Schuldknechte, um das ganze neue Land zu bestellen. Amerikanische Ureinwohner wurden versklavt, aber viele starben an neuen Krankheiten und andere wehrten sich erfolgreich. Um also die riesige Nachfrage nach Arbeitskräften zu decken, wandten sich die Europäer Afrika zu. Sklaverei gab es in Afrika bereits seit Jahrhunderten in mehreren Formen. Einige Sklaven waren Schuldknechte, die sich nach einer bestimmten Zeit frei kaufen konnten. Andere wurden eher wie europäische Leibeigene behandelt. Mancherorts wurden Sklaven Teil der Familie ihres Herrn, besaßen Land und stiegen sogar in einflussreiche Positonen auf. Aber als weiße Schiffskapitäne Fabrikwaren, Waffen und Rum gegen Sklaven anboten, gab es für afrikanische Könige und Händler keinen Grund zu zögern. Sie sahen in den Menschen, die sie verkauften, keine gleichwertigen Afrikaner, sondern Kriminelle, Schuldner oder Kriegsgefangene feindlicher Stämme. Durch den Verkauf bereicherten sich die Könige und stärkten ihre Reiche gegen feindliche Nachbarn. Diese Königreiche florierten durch den Sklavenhandel, aber die riesige europäische Nachfrage führte zu einem heftigen Wettbewerb. Sklaverei ersetzte andere Strafurteile. Die Gefangennahme von Sklaven wurde ein Grund für Krieg, nicht seine Folge. Um sich vor Sklavenraubzügen zu schützen, brauchten benachbarte Königreiche europäische Feuerwaffen, die sie sich ebenfalls mit Sklaven erkauften. Der Sklavenhandel war zum Rüstungswettlauf geworden. Er veränderte Gesellschaften und die Wirtschaft auf dem gesamten Kontinent. Die Sklaven selbst waren unglaublicher Brutalität ausgesetzt. Sie mussten zu Sklavenfestungen an der Küste marschieren, wurden zum Schutz vor Läusen rasiert, gebrandmarkt und dann auf Schiffe nach Amerika verfrachtet. Etwa 20 % von ihnen sahen nie wieder Land. Die meiste Kapitäne pferchten die Sklaven dicht zusammen und stopften so viele wie möglich unter Deck. Ohne sanitäre Einrichtungen erkrankten viele und starben, andere wurden über Bord geworfen, weil sie krank waren oder als Strafe. Die Kapitäne sicherten sich ihren Profit, indem sie die Ohren der Sklaven als Kaufbeweis abschnitten. Einige Gefangenen nahmen die Sache in die eigene Hand. Viele Afrikaner aus dem Landesinneren hatten nie zuvor Weiße gesehen und hielten sie für Kannibalen, die immer wieder Leute mitnahmen und zurückkamen, um mehr zu holen. Aus Angst, gegessen zu werden, oder um dem Leid ein Ende zu setzen, begingen sie Selbstmord oder hungerten sich zu Tode im Glauben, dass ihre Seelen nach Hause zurückkehren würden. Wer überlebte, wurde vollständig entmenschlicht und als bloße Fracht behandelt. Frauen und Kinder blieben über Deck und wurden von der Besatzung missbraucht, während die Männer Tänze aufführen mussten, um fit zu bleiben und Aufständen entgegenzuwirken. Was mit den Afrikanern geschah, die die Neue Welt erreichten, und wie die Sklaverei noch heute ihre Nachkommen betrifft, ist recht gut erforscht. Weniger bekannt jedoch sind die Folgen des Sklavenhandels für Afrikas weitere Entwicklung. Der Kontinent verlor nicht nur mehr als 10 Millionen Arbeitskräfte. Die demografischen Auswirkungen waren langfristig viel größer, da die meisten Sklaven männlich waren. Als Sklaverei in Amerika und Europa endlich verboten wurde, brachen die Königreiche, die sich darauf stützten, zusammen, und wurden leichte Opfer für Eroberungen und Kolonisation. Der verstärkte Wettbewerb und die Einfuhr europäischer Waffen schürten Kriege und Instabilität, die bis heute anhalten. Der atlantische Sklavenhandel begünstigte auch das Entstehen rassistischer Ideologien. Der Großteil afrikanischer Sklaverei war reine Rechtsstrafe oder Kriegsfolge zwischen Stämmen, doch die Europäer, die eine weltumfassende Religion predigten und seit langem die Versklavung anderer Christen verboten hatten, brauchten eine Rechtfertigung für Taten, die so offensichtlich mit ihren Idealen von Gleichheit unvereinbar waren. Deshalb wurden Afrikaner als biologisch minderwertig und zur Sklaverei bestimmt befunden. Sie bemühten sich sehr, diese Theorie zu rechtfertigen. Dadurch wurde Sklaverei in Europa und Amerika zu einer Frage der Ethnizität und machte es für Sklaven und ihre Nachkommen unmöglich, gesellschaftliche Gleichstellung zu erreichen. All diese Aspekte machen den atlantischen Sklavenhandel zu einem Unrecht gewaltigen Ausmaßes, dessen Folgen noch lange nach seinem Verbot spürbar sind.